I kissed the Boss & I kissed the CEO - Katrin Frank - E-Book

I kissed the Boss & I kissed the CEO E-Book

Katrin Frank

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Beschreibung

Verbotene Gefühle und verführerische Liebe am Arbeitsplatz: Alle Bände der Office-Romance in einem Bundle.  Was würdest du tun, wenn du auf einer Firmenfeier feststellst, dass dein neuer Boss deine Jugendliebe ist? Und was, wenn sich der heiße Typ, den du auf dem Jungesellinnenabschied deiner Freundin geküsst hast, als dein neuer Chef herausstellt?  Sinas Exfreund Leo ist ein echter Bad Boy und macht ihr als neuer Chef das Leben in der Firma zur Hölle. Trotzdem fühlt sich Sina auf unerklärliche Weise zu ihm hingezogen. Sie ist hin- und hergerissen zwischen ihren Gefühlen und ihrem Pflichtbewusstsein. Schließlich ist sie schon seit Jahren glücklich vergeben. Soll sie ihren Job kündigen? Oder gibt es vielleicht doch noch einen anderen Ausweg? Die zwanzigjährige Lia ist heilfroh, den begehrten Praktikumsplatz im New Yorker Verlagshaus Avenue Publisher zu ergattern. Doch an ihrem ersten Arbeitstag muss sie feststellen, dass sie beim Feiern am Vorabend ihren neuen Chef Niklas geküsst hat. Lia würde sich lieber von ihrem attraktiven Boss fernhalten, doch sie hat keine Wahl. Zwischen den beiden knistert es gewaltig. Und dann ist da noch ihr Geheimnis, das sie unbedingt vor Niklas verbergen muss. Sonst steht mehr als nur ihr Job auf dem Spiel … 

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I kissed the Boss & I kissed the CEO

Katrin Frank, geboren 1983, ist eine leidenschaftliche Autorin aus Klagenfurt am Wörthersee. Ihr Herz schlägt für gefühlvolle und prickelnde Romane, Reisen und Kaffee. Sie liebt es neue Orte zu entdecken und Menschen zu beobachten, besonders Flughäfen dienen als Inspirationsquelle. Die Autorin legt großen Wert auf Toleranz und nutzt die Kraft ihrer Geschichten, um Akzeptanz und Verständnis zu vermitteln. 

Verbotene Gefühle und verführerische Liebe am Arbeitsplatz: Alle Bände der Office-Romance in einem Bundle. 

Was würdest du tun, wenn du auf einer Firmenfeier feststellst, dass dein neuer Boss deine Jugendliebe ist?

Und was, wenn sich der heiße Typ, den du auf dem Jungesellinnenabschied deiner Freundin geküsst hast, als dein neuer Chef herausstellt? 

Sinas Exfreund Leo ist ein echter Bad Boy und macht ihr als neuer Chef das Leben in der Firma zur Hölle. Trotzdem fühlt sich Sina auf unerklärliche Weise zu ihm hingezogen. Sie ist hin- und hergerissen zwischen ihren Gefühlen und ihrem Pflichtbewusstsein. Schließlich ist sie schon seit Jahren glücklich vergeben. Soll sie ihren Job kündigen? Oder gibt es vielleicht doch noch einen anderen Ausweg?

Die zwanzigjährige Lia ist heilfroh, den begehrten Praktikumsplatz im New Yorker Verlagshaus Avenue Publisher zu ergattern. Doch an ihrem ersten Arbeitstag muss sie feststellen, dass sie beim Feiern am Vorabend ihren neuen Chef Niklas geküsst hat. Lia würde sich lieber von ihrem attraktiven Boss fernhalten, doch sie hat keine Wahl. Zwischen den beiden knistert es gewaltig. Und dann ist da noch ihr Geheimnis, das sie unbedingt vor Niklas verbergen muss. Sonst steht mehr als nur ihr Job auf dem Spiel … 

Katrin Frank

I kissed the Boss & I kissed the CEO

Boss-Romance Band 1 + 2 im Bundle

Forever by Ullsteinforever.ullstein.de

Sonderausgabe bei ForeverForever ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, BerlinFebruar 2024© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2024Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.E-Book powered by pepyrusISBN 978-3-95818-813-6

I kissed the BossOriginalausgabe bei Forever Forever ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin August 2017© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2017Umschlaggestaltung: zero-media.net, München Titelabbildung: © FinePic® Autorenfoto: © privat ISBN 978-3-95818-206-6 Hinweis zu Urheberrechten Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken, deshalb ist die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben. In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Ullstein Buchverlage GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

I kissed the CEOOriginalausgabe bei Forever Forever ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, BerlinApril 2022© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2022Umschlaggestaltung: zero-media.net, München Titelabbildung: © FinePic® Autorenfoto: © privat E-Book powered by pepyrusISBN 978-3-95818-637-8

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Inhalt

Titelei

Das Buch

Titelseite

Impressum

I kissed the Boss

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

I kissed the CEO

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapital 11

Kapital 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Epilog

Danksagung

Leseprobe aus VERITAS

Kapitel 1 Kolton

Kapitel 2 Vance

Anhang

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

I kissed the Boss

I kissed the Boss

Widmung

Für all diejenigen, die manchmal an ihre Jugendliebe zurückdenken.

Prolog

Jede Einschätzung der Gefühle, die er für mich hegt oder nicht, wäre nur eine vage Vermutung. Obwohl wir uns bereits kennen, bin ich nicht imstande, seinen verschleierten Blick zu deuten.

Es war eine Jugendromanze. Wir standen füreinander ein, so wie es Freunde tun. Zumindest waren wir Freunde, wenn wir nicht gerade ein Paar waren. Es war kompliziert.

Unser erstes Aufeinandertreffen liegt fünf Jahre zurück, wir waren in der Blüte unserer Pubertät, und genauso verhielten wir uns auch. An einem Tag schlugen unsere Herzen schneller, sobald wir uns sahen, am nächsten warfen wir uns die vulgärsten Schimpfworte an den Kopf. Waren wir jemals ein richtiges Paar? Vermutlich nicht.

Und heute? Was ist aus uns geworden? Jeder hechelt seinen Verpflichtungen hinterher, und dann und wann treffen wir uns wieder. Meist zufällig. Und doch bin ich mir sicher, dass er für mich einstehen würde, wenn es darauf ankäme.

Heute war es die Fügung, die uns hierhergeführt hat. Wieder einmal. Doch dieses Mal ist es anders, als die Nächte davor. Er gibt sich angriffslustig und fordernd. Und ich bin nicht in der Stimmung, seine herausfordernden Aussagen auf mich einprasseln zu lassen. Es steht nicht zur Debatte, was zwischen uns läuft, denn es zählt das Hier und Jetzt. Keiner von uns beiden denkt über ein Morgen nach. Sein Gemurmel geht mir auf die Nerven.

»Um was geht es hier eigentlich?« Ich sehe verstohlen zu ihm rüber.

Augenrollend schiebt er die Bettdecke zurück. »Wie oft haben wir dieses Gespräch schon geführt?«, fragt er.

Verblüfft, aber bereit für eine Auseinandersetzung, baue ich mich vor ihm auf. »Was meinst du?«

»Das kann doch nicht dein Ernst sein?« Sein Zorn ist unüberhörbar.

»Wovon zur Hölle sprichst du?« Langsam verliere ich die Geduld.

»Na, dass du mit meinen Freunden in die Kiste springst, und mir gibst du seit Jahren einen Korb!«

Seine Worte treffen mich unerwartet. Ich ringe um Fassung, was einige Zeit in Anspruch nimmt. Währenddessen wandert er im Zimmer umher, sucht seine Habseligkeiten zusammen und stopft sie allesamt in seine Umhängetasche. Dabei entfährt mir ein ungläubiges Lachen.

»Ich hatte was mit einem deiner Freunde, aber das war’s schon. Habe ich etwa deinen Stolz verletzt?« Ich feixe herausfordernd und ziehe einen Schmollmund.

Seine Augen blicken suchend umher, bis sie ihr Ziel erreichen. Sein Blick trifft mich mit einer sonderbaren Wucht und für einen kurzen Moment spüre ich einen stechenden Schmerz im Brustkorb.

»Bei deinen zahlreichen Frauengeschichten macht es für dich vielleicht keinen Unterschied, ob zwischen uns mehr läuft oder nicht … Für mich jedoch schon!«, schreie ich.

Unbeeindruckt zieht er sich die Jacke über und schlüpft in seine Schuhe. »Darauf habe ich keinen Bock mehr«, höre ich ihn mit gedämpfter Stimme sagen.

Kurz darauf fällt die Tür hinter ihm ins Schloss. Meine Mundwinkel wandern triumphierend nach oben. Er wird sich schon wieder beruhigen.

Kapitel 1

Es ist, als säße ich im Kino, als würde ich einen Hollywoodfilm schauen. So fühlt man sich also als Braut an seinem besonderen Tag.

Alle Geschehnisse ziehen wie im Flug an mir vorüber. Schlag auf Schlag. Friseur, Kosmetik, Standesamt, Kirche, Gratulanten, Essen, Trinksprüche, Ansprachen, Brautstehlen und die Torte. Dafür die monatelangen Vorbereitungen?

Ja, sie haben sich gelohnt. Es ist ein großartiges Fest geworden. Genießen kann ich es jedoch nicht. Wie auch? Immerfort muss ich mich um die Gäste kümmern. Ein Foto hier, ein Foto dort. Wo steckt eigentlich Marcel?

Ich erspähe ihn am Tisch unserer Großeltern und beobachte, wie er sich bemüht höflich mit ihnen unterhält. Und meine Trauzeugin amüsiert sich am Tisch nebenan.

Mist! Wer käme sonst noch infrage, mich auf die Toilette zu begleiten, um mein Kleid hochzuhalten? Noch eine Sache, auf die ich beim Kauf hätte achten sollen. Obwohl sich keine Begleitung auftut, nutze ich die Gelegenheit, gehe nach draußen und schnaufe erstmal durch. Vielleicht findet sich auf dem Weg in den Waschraum jemand, der dieser speziellen Schwierigkeit gewachsen ist.

»Na, hat doch alles geklappt«, flüstert Marie in mein Ohr und wirft ihren Arm über meine Schulter. Die Berührung lässt mich zusammenfahren.

»Meine Güte, hast du mich erschreckt«, entfährt es mir, und ich schlage die Handfläche gegen meine Brust. »Ich muss mal dringend.« Ich gestikuliere in Richtung der Toiletten.

Marie nickt mit einem wissenden Grinsen. Sie nimmt ihre Pflichten als Trauzeugin äußerst ernst. Obwohl sie nichts von der Ehe hält. Sie meint, diese Institution passe nicht zu ihr. Es sieht ulkig aus, wie sie ihr lockiges Haar aus dem Gesicht bläst und peinlichst genau darauf achtet, dass meinem Brautkleid nichts zustößt.

»Dafür liebe ich dich, ehrlich.« Ich strahle sie dankbar an.

Wir verfallen in ein freudiges Kichern. Sie ist ein Sonnenschein und lässt meine Welt erstrahlen. Es ist nicht so, dass ich mit einer Gewitterwolke über meinem Kopf durchs Leben stolziere, allerdings könnte ich an manche Dinge unbeschwerter herantreten.

»Schnell noch etwas Puder.«

Ehe ich irgendwelche Einwände hervorbringen kann, fummelt Marie auch schon mit dem Pinsel in meinem Gesicht herum.

»Es ist nach Mitternacht, ich muss nicht mehr perfekt aussehen.« Ich lache.

Meine Aussage wird mit rollenden Augen quittiert. Endlich lässt sie von mir ab und gewährt mir den Weg in die Freiheit. Ein schmaler, langgezogener Gang führt uns zurück zum Saal. Hektisch hoppelt sie neben mir her.

»Der Tag ist gelaufen. Kein Grund, so eine Unruhe zu versprühen«, tadle ich sie.

»Sina, die Party hat eben erst begonnen.«

Ich muss schmunzeln. Marie feiert für ihr Leben gerne.

Beim Eingang des Saals angekommen, streife ich mein Kleid glatt und schaue prüfend an mir hinab. Alles gut. Dann fällt mir ein Mann ins Auge, der sich lässig gegen den Tresen der Hotelbar lehnt und einen Drink in der Hand hält. Ich erkenne ihn zunächst nicht, doch dann wird mein Blick starr und mir wird bewusst, wer er ist. Die Röte steigt mir ins Gesicht, ein wärmendes Kribbeln zieht sich durch meinen Körper. Auch er lässt seinen Blick auf mir ruhen. Eine gefühlte Ewigkeit sehen wir einander an, bis ich einen Schmerz in meinem Oberarm spüre. Erschrocken fahre ich herum und lächle Marie gezwungen entgegen. Sie hat mich doch tatsächlich in den Arm gekniffen.

»Das eben war Leo, oder?«, flüstert sie, als wir endlich weitergehen.

»Sieht ganz danach aus«, antworte ich wie automatisch und vermeide es, sie dabei anzusehen.

»Du wirst doch nicht wieder schwach werden?«, bemerkt sie entsetzt.

Genervt schaue ich zu ihr auf. »Wir waren damals doch noch Kinder. Ich habe ihn ewig nicht gesehen. Das ist alles.«

Sie nickt zufrieden und mischt sich dann wieder unter die Gäste.

Kapitel 2

»Du hast was?«, kreischt Marie und schlägt sich die Hände vor den Mund.

»Na ja, immerhin waren wir mal befreundet. Da ist doch nichts dabei«, erkläre ich.

Kopfschüttelnd hockt sie vor mir.

»Marie, er hat ohnehin nicht geantwortet, was soll´s. Mach dir keinen Kopf. Ich liebe Marcel.« Beruhigend tätschle ich ihre Hand.

Hätte ich es ihr bloß nicht erzählt. Außerdem habe ich ihm nur eine belanglose Nachricht hinterlassen. Ich wollte doch nur wissen, wie es ihm in den letzten Jahren ergangen ist. Daran ist doch nichts verwerflich. Maries Sorge ist unbegründet. Zumindest aus heutiger Sicht. Damals hatte er mein Leben durcheinandergebracht, aber heute bin ich angekommen, angekommen bei Marcel. Wir sind eine Familie und daran wird Leo nichts ändern.

»Ich wette, du denkst sogar jetzt, in diesem Moment, an ihn«, wirft sie mir vor.

Müde blicke ich sie an. »Kann ich dir nun von unseren Flitterwochen erzählen?«

Sie lächelt. »Deshalb sind wir doch hier!«

Gut, in drei Tagen wird er wieder zurück sein, und dann steht ein gemeinsames Wochenende vor der Tür. Alles nicht so schlimm, denke ich mir. Seitdem er die neue Position als Geschäftsführer angenommen hat, häufen sich die Dienstreisen ins Ausland. Jeden Monat verbringt er mehrere Tage in Indien, um einen detaillierten Einblick in die Produktion vor Ort zu erhalten. Da ich als freie Dienstnehmerin tätig bin, arbeite ich hauptsächlich an diesen Tagen. Meine Kreativität tanzt nicht immer nach meiner Pfeife, also kann es auch mal vorkommen, dass ich am Wochenende an einem Projekt festsitze. Doch kommendes Wochenende habe ich mir ein striktes Arbeitsverbot auferlegt.

Vielleicht bezwingen wir am Samstag einen Klettersteig. Als wir uns kennengelernt haben, war das Erklimmen von Bergen nur seine Leidenschaft. Aber er konnte mich schnell dafür begeistern, und so verbringen wir inzwischen zahlreiche Sommertage im steinigen Gebirge. Früher ließ ich mir lieber die Sonne auf den Bauch scheinen, doch dazu kommt es jetzt nur noch äußerst selten. Weder Marie noch Marcel haben sonderlich viel dafür übrig. Was schade ist, denn wir haben wundervolle Seen in der unmittelbaren Umgebung.

Entnervt klappe ich meinen Laptop auf, um meine Mails zu überprüfen. Mein Auftraggeber textet mich mit Nachrichten zu. Wie befürchtet warten erneut Änderungswünsche auf mich. Weil ich mich nicht mit den Grafiken befassen möchte, überfliege ich die anderen eingehenden Mails. Einige Stichworte notiere ich mir in meinen Wochenplaner, so spare ich später Zeit. Zwischen den Mails vom Auftraggeber und den lästigen Newslettern entdecke ich eine ungelesene Nachricht von Leo Winter. Mein Herzschlag setzt für einen Moment aus, um daraufhin rasant wieder loszulegen. Das Hämmern in meiner Brust irritiert mich. Leo kann doch nicht eine solche Wirkung auf mich haben. Immerhin ist die Geschichte schon eine Ewigkeit her, und ich bin glücklich verheiratet. Ich lege meine Handfläche an die Brust und beruhige die Stelle mit kreisenden Wischbewegungen.

Ein winziger Teil in meinem Inneren dürfte sich noch an den damaligen Jugendwahn erinnern. Hierfür gibt es keine andere plausible Erklärung. Dann öffne ich die E-Mail.

 

Winter, Leo

An: Mouton, Sina

AW: Grüße …

Du hast tatsächlich geheiratet …

Leo

Ziemlich lange starre ich auf die wenigen Buchstaben, bevor ich meinen Blick abwende. Tage später als erwartet, habe ich also eine Antwort erhalten, die eigentlich keine ist. Ich hatte in meiner Nachricht danach gefragt, wie es ihm in den letzten Jahren ergangen ist. Hatte er eine Frau? Ein Kind? Wie sah es beruflich aus? All diese Dinge, die man einander fragt, wenn man sich nach Jahren begegnet. Was merkwürdig ist, denn in einer Kleinstadt läuft man sich eigentlich andauernd über den Weg.

Das sieht ihm ähnlich, er hat sich kaum verändert. Er mochte es damals schon, wenn ihn eine geheimnisvolle Aura umgab. Zu kindisch von ihm.

Kopflos marschiere ich zum Weinregal, öffne eine Flasche Rotwein, die noch von der Hochzeitsfeier übrig ist, und schenke mir ein Glas ein. Dazu bereite ich mir eine kleine Jause vor und setze mich mit diesen Errungenschaften vor den Computer. Hungrig beiße ich vom Brot ab und bin erleichtert, dass Marcel nicht hier ist, um das mitansehen zu müssen.

 

Mouton, Sina

An: Winter, Leo

AW: Grüße …

Gut kombiniert! Wie es dir so ergangen ist,

werde ich mir wohl ausmalen müssen …

Sina

Während der zimmerwarme Rotwein meine Speiseröhre hinabfließt und ein heißes Brennen hinterlässt, versende ich die Message. Nur wenige Minuten darauf hüpft das Briefmarken-Symbol in die Höhe und zeigt damit an, dass sich eine neue Nachricht im Posteingang befindet. Schnell klicke ich auf das Bild.

 

Winter, Leo

An: Morton, Sina

AW: Grüße …

Firmengeschäfte laufen … nach wie

vor überzeugter Single … keine Kinder …

Nun hast du deine Antworten.

Leo

Verärgert klappe ich den Bildschirm nach unten. Er zeigt sich undurchsichtig wie eh und je. Mir ist das alles zu blöd, deshalb lasse ich es gut sein.

Kapitel 3

Abgekämpft vom Weihnachtswahnsinn und mit zwei Kilos mehr am Leib, die ich nun mit mir rumschleppen muss, geht’s auf zum nächsten Fest. Vermutlich wird auch bei diesem Event an jeder Ecke das eine oder andere Häppchen auf mich warten. Marcel hat die Einladung eines Aktionärs und Großgrundbesitzer angenommen. So kommt es, dass wir uns auf der Suche nach einem geeigneten Parkplatz befinden, vor dieser stilvollen Villa am Wörthersee.

Zahlreiche Fahrzeuge parken entlang der Einfahrt und auf der Wiese des Anwesens. Marcel hantiert geschickt am Lenkrad, und mit einem Schwung manövriert er den Wagen in eine Parklücke, die ich für viel zu klein befunden hatte. Stolz blickt er zu mir rüber.

»Ja, ist schon gut.« Ich lächle anerkennend. Natürlich konnte ich meinem Mann die Bitte, ihn heute zu begleiten, nicht abschlagen, obwohl ich mir die Silvesternacht anders vorgestellt habe. Ein gemütliches Abendessen mit einer guten Flasche Wein – das hätte mir gefallen.

»Ich schulde dir was«, flüstert er.

In der nächsten Sekunde öffnet sich die Eingangstür wie von Zauberhand, und ein älterer Mann hält mir seine ausgestreckte Hand entgegen. Wir stellen einander vor. Er ist der Besitzer dieser beeindruckenden Villa, führt uns herum und stellt uns einigen Gästen vor. Schnell muss ich feststellen, dass wir wohl die Jüngsten auf dieser Feier sind.

Eine Dame reicht uns einen Aperitif, der meine Rettung zu sein scheint. Marcel unterhält sich ununterbrochen mit irgendwelchen Leuten. Ich hingegen komme nur schwer ins Gespräch. Vermutlich auch deshalb, weil es sich die Damen in der Bibliothek nebenan gemütlich gemacht haben und die Männer hier draußen beinahe ausschließlich über ihre Geschäfte sprechen.

»Ha, da sind sie, die Häppchen«, denke ich freudig, als ich die langen Tafeln an den Seiten des Raumes erspähe. Entschuldigend blicke ich in die Runde und mache mich los, um mir das Buffet genauer anzusehen. Noch zwei Stunden, die ich damit verbringen werde, mir den Bauch vollzuschlagen. Nach Mitternacht können wir uns dann schnellstens davonstehlen. Marcel sieht das bestimmt genauso.

Als ich zu ihm spähe, werde ich jedoch enttäuscht. Er scheint sich prächtig zu amüsieren. Mit einigen erlesenen Snacks auf meinem Teller wandere ich umher und komme schließlich mit zwei Damen, die um die vierzig Jahre alt sein dürften, ins Gespräch. Meine Laune bessert sich und die Party beginnt, mir zu gefallen. Angeregt unterhalten wir uns miteinander und kommen nicht voneinander los. Die Zeit verrinnt wie im Fluge.

Als ich das nächste Mal auf die Uhr blicke, ist es bereits kurz vor Mitternacht, und so kommt es, dass wir die Unterhaltung beenden. Wir machen uns auf, um unsere Begleiter zu finden. Ich laufe von einem Raum zum anderen, auf der Suche nach Marcel. Wo steckt er bloß? Langsam schlägt meine Stimmung wieder um. Ärger macht sich breit.

Als die Gäste um mich herum den Countdown der letzten Sekunden bis zum Jahreswechsel lautstark mitzählen, erreicht meine Stimmung einen Tiefpunkt. Mit hängenden Schultern gebe ich mich geschlagen und gönne meinen suchenden Augen eine Pause. Die Schläge der Pummerin, der Kirchenglocke des Stephansdoms in Wien, werden von den freudigen Stimmen der Gäste untermalt. Dong. Dong. Dong. Über eine große Leinwand wird das Spektakel am Dom live übertragen. Wenig später erklingen die Hörner der Wiener Philharmoniker, der Donauwalzer ertönt in seiner hallenden Schönheit. Um mich herum nehmen die Gäste ihre Tanzposition ein. Verloren stehe ich inmitten der provisorischen Tanzfläche. Dann setzen die Streichinstrumente ein, und ich will schon die Flucht ergreifen, als sich ein stattlicher Mann im Smoking vor mir aufbaut, mir seine Hand hinhält und mich zum Tanz auffordert. Zögernd blicke ich auf. Mein Atem setzt für einen Moment aus, bis ich wie mechanisch meine Hand in seine lege. Vor mir steht Leo Winter, den ich am Tag meiner Hochzeit zuletzt gesehen habe und davor einige Jahre nicht.

Behutsam, aber mit festem Griff hält er mich und lässt mich über das Parkett schweben. Ich atme kontrolliert und flach, wage es jedoch nicht aufzusehen, in seine verführerischen, blaugrünen Augen. Und noch viel weniger, wage ich es, auch nur einen Ton von mir zu geben. Ich gebe mich seiner Führung hin, dabei durchzieht mich ein schauderhaftes Kribbeln.

Ich hatte ihn kleiner in Erinnerung. Er muss an die ein Meter neunzig groß sein.

Wie alles im Leben endet auch dieser Tanz. Er löst sich von mir, gibt mich frei, tritt einen Schritt zurück und mustert mich prüfend. Nun riskiere ich den Blick nach oben, in seine lodernden Augen. Woher kommt er bloß? Und was macht er hier? Ich bin doch vorhin durch sämtliche Räumlichkeiten gelaufen, er hätte mir auffallen müssen. Als ich etwas sagen will, kommt mir eine mir allzu bekannte Stimme dazwischen. Marcel hat sich zu uns gesellt und zieht mich an sich heran.

»Es tut mir leid. Ein frohes neues Jahr«, haucht er mir entgegen.

Schnell fasst er sich und begrüßt Leo. Die beiden kennen sich nur flüchtig.

»Wir waren draußen und haben eine Zigarre gepafft«, erklärt er weiter, als ich keine Reaktion zeige.

»Schon gut«, wiegle ich nervös ab und schenke ihm ein strahlendes Lächeln.

Als ich mich Leo zuwenden will, um mich für seine Geste zu bedanken, stelle ich fest, dass er sich aus dem Staub gemacht hat. Wieder ohne ein Wort zu verlieren.

Der duftende Buttergeruch frischer Croissants kitzelt meine Nasenflügel. Gefolgt vom mahlenden Geräusch der Kaffeemaschine. So werde ich sanft aus meinen Träumen geholt.

»Gestern war ich ein Idiot, verzeihst du mir, Süße?«, fragt Marcel und blickt mit dem Tablett in der Hand aus dem Türrahmen auf mich hinunter.

»Schon okay!« Ich grinse bis über beide Ohren. »Gib mir endlich die Tasse Kaffee.«

Seine Mundwinkel wandern nach oben und mit einem Schwung hievt er sich aufs Bett, schlägt die Decke zurück und schmiegt seine kalten Beine an meine. Kurz schrecke ich zurück. An seine kalten Füße werde ich mich wohl nie gewöhnen.

Nachdem ich die Tasse mit nur wenigen Schlucken geleert habe, falle ich Marcel glücklich um den Hals und küsse ihn. Das wird unser Jahr. Wir wollen mehr Zeit miteinander verbringen. Vielleicht entscheiden wir uns auch, ein Kind zu bekommen. Es ist perfekt.

Kapitel 4

»Was hältst du von einem Skiwochenende?«, höre ich ihn aus der Küche rufen.

Keine schlechte Idee. Meine Skier sind zwar nicht mehr die modernsten, aber irgendwie werde ich schon den Berg hinunterkommen. Das wäre doch gelacht.

»Klingt gut.« Freudig marschiere ich in den begehbaren Schrank und krame meinen Ski-Anzug hervor. Okay, in dem Ding werde ich mich nicht mehr sehen lassen. »Ich muss mir einen neuen Ski-Anzug kaufen«, stelle ich fest und schrecke hoch, als Marcel kopfschüttelnd neben mir steht.

»Der sieht doch noch ganz gut aus.«

Augenrollend vermeide ich jeden weiteren Kommentar. Zum Glück verdiene ich mein eigenes Geld. Sonst müsste ich mich auf eine endlos lange Diskussion einlassen.

Das Vibrieren meines Telefons rettet mich aus dieser nervigen Situation. Marcel verschwindet wieder in die Küche, und ich kann in aller Ruhe meine Kleidungsstücke prüfen. Davor werfe ich noch einen Blick auf mein Handy.

Kaffee? Morgen? Leo

Perplex gucke ich auf die drei Worte. Wie kommt er an meine Telefonnummer, und weshalb will er sich mit mir treffen? Nervös sehe ich mich um. Marcel ist nach wie vor in der Küche beschäftigt, deshalb beginne ich aufgeregt, zu tippen.

10 Uhr, Wienerroither, Alter Platz, Sina

Für eine Sekunde halte ich inne. Danach ertappe ich mich dabei, wie ich mir die Kleidungsstücke für das morgige Treffen ausmale. Meine Güte, es ist nur ein Kaffee mit einem alten Freund. Was veranstalte ich hier eigentlich?

Vier Tage ist es her, dass wir gemeinsam zum Donauwalzer getanzt haben. Seither ist keine Nacht vergangen, in der ich nicht von Leo geträumt habe. Ich liebe Marcel, das ist sicher. Aber weshalb träume ich dann von einem anderen Mann?

Unsicher lasse ich die Kleidungsstücke liegen, verdränge meine Gedanken und geselle mich zu Marcel. Erstmal will ich ihm nichts von der Verabredung erzählen. Warum auch. Das würde ihn möglicherweise kränken oder verunsichern. Außerdem steckt nichts Verwerfliches dahinter, immerhin waren wir damals auch befreundet.

Mit dem Kochlöffel bewaffnet lächelt Marcel unschuldig, und schon im nächsten Augenblick schiebt er mir diesen in den Mund.

»Oh wie lecker«, plappere ich mit vollem Mund.

Hektisch hüpfe ich zum Parkautomaten und füttere diesen mit Kleingeld. Blöderweise habe ich nur sechzig Cent in meiner Geldbörse. Ansonsten nur Scheine, die der Automat nicht annimmt. Marie hat mir schon vor einiger Zeit geraten, das Handyparken zu aktivieren. Natürlich habe ich ihren Rat ignoriert. Zu dumm auch. Fünfzig Minuten steht auf der Anzeige. Wird das ausreichen? Ungeduldig krame ich in meiner Tasche, in der Hoffnung, vielleicht noch ein paar Münzen zu finden und so einige Minuten mehr rauszuschlagen.

Noch dazu bin ich spät dran, weil ich viel zu lange vor dem Spiegel rumgestanden habe. Meinen kinnlangen blonden Haaren habe ich mit dem Lockenstab ein wenig mehr Schwung verpasst und meine blauen Augen mit einem dezenten Lidschatten hervorgehoben. Das alles hat mehr Zeit in Anspruch genommen, als geplant.

Seufzend gebe ich die Suche auf, drehe mich zur Seite und stoße gegen eine hochgewachsene Person. Ein süßer, draufgängerischer Duft steigt in meine Nase. Meine Alarmglocken beginnen zu läuten.

Natürlich, an das Parfüm erinnere ich mich zu gut. Es gehört zu ihm. Nicht zu dem Leo, den ich von früher kenne, sondern zum heutigen Leo. Noch am Tag nach unserem letzten Treffen hatte ich ein seltsames Brennen in der Nase verspürt. Verlegen sehe ich nach oben.

»Nur eine Stunde Ausgang? Oder weshalb überlegst du?« Er lächelt schief, und ein Hauch von Verachtung schwingt in seiner Stimme mit.

»Oh, ich freue mich auch, dich wiederzusehen«, sage ich gespielt verärgert.

Dann endlich begrüßen wir uns. Das erste Mal nach langer Zeit. Meine Handflächen an seine Oberarme gelegt und mit meinen Füßen auf Zehenspitzen stehend drücke ich ihm links und rechts ein Küsschen auf die Wange. Auf eine minimalistische Weise erwidert er den Gruß.

Dann laufen wir tonlos nebeneinander her, bis ich das unerträgliche Schweigen breche und mit dem Verhör beginne.

Sämtliche Fragen nach Job, Familie und Co werden jedoch von Leo mit einem lässigen Spruch abgetan. Als wir bei der Bäckerei ankommen, bin ich mit der Fragerei durch, und so sehr ich mich auch bemühe, es fällt mir keine halbwegs sinnvolle Frage mehr ein.

Dabei gäbe es doch bestimmt viel zu erzählen. Ich hätte einiges zu berichten. Da er allerdings nicht danach fragt, behalte ich den Monolog für mich.

Wir bestellen jeder einen Cappuccino, und Leo ordert dazu noch ein italienisches Frühstück. Mein Magen knurrt. Doch wenn ich daran denke, etwas zu essen, zieht er sich zusammen. Deshalb muss der Cappuccino vorerst genügen.

»Marcel also …«

Irritiert über seine Aussage blicke ich ihn an. Seine Augen funkeln feurig. Als ich meine Stimme wieder zurückgewonnen habe und nicht weiter dümmlich, mit offenem Mund, vor ihm sitzen will, lege ich meine Stirn in Falten.

»Irritiert dich die Tatsache, dass ich verheiratet bin oder eher, dass es Marcel ist?« Herausfordernd halte ich seiner Frage stand.

Leo quittiert meine Haltung mit einem anerkennenden Lächeln. »Vielmehr, wie schnell die Zeit verrinnt.« Er grinst.

Endlich lockert sich die Stimmung, und ich lasse mich erleichtert in den Sessel fallen.

»Na ja, ist doch eine ganze Weile her. Und … willst du mir noch immer nicht verraten, was du so getrieben hast?«

Ich nippe an der Kaffeetasse, ohne ihn dabei großartig anzusehen. Generell versuche ich, seinen Blicken auszuweichen.

»Weshalb sitzen wir hier, wenn du mir nichts erzählen willst?«

Er lächelt. »Weil ich dich sehen wollte.«

Hab’ ich eben richtig gehört? Natürlich will er mich sehen, aber dazu gehört doch auch, dass man sich auf den neuesten Stand der Dinge bringt.

»Lebst du noch hier?« Sobald die Frage über meine Lippen kommt, ärgere ich mich.

Was für eine alberne Frage? Bestimmt nicht, denn sonst wären wir uns wohl öfter über den Weg gelaufen, in einer Stadt, die keine hunderttausend Einwohner hat. Ich fühle mich um Jahre zurückversetzt, als wäre ich immer noch das neunzehnjährige Mädchen. Dieses Gefühl löst eine derartige Unsicherheit in mir aus, dass ich nervös an meiner Jacke zupfe.

Er hingegen wirkt weltmännisch und erinnert mich keineswegs an den draufgängerischen Jugendlichen von damals. Gut, irgendwie sieht er nach wie vor wie ein verwegener Sonnyboy aus, jedoch mit Stil. Dass er eines Tages im Anzug vor mir sitzen würde, hätte ich mir nicht erträumt. Leo, der früher zerschlissene Jeans trug, in denen er zum Anbeißen aussah.

Ich bin erleichtert, als sein Handy klingelt und er sich für einen Moment entschuldigt und nach draußen geht, um zu telefonieren. Die Zeit nutze ich, um einmal ordentlich durchzuatmen und auf mein Smartphone zu spähen. Schnell überkommt mich ein unangenehmes Gefühl. Ich hätte Marcel doch einfach sagen können, dass ich mich mit Leo treffe. Dann säße ich hier nicht rum wie auf Nadeln. Marcel hätte bestimmt nichts dagegen einzuwenden gehabt.

»Guck nicht so, die bleiben.« Leo schmunzelt und deutet auf meine in Falten gelegte Stirn.

»Hör zu, ich muss los.«

Impulsiv suchen meine überraschten Augen die seinen. Wir sitzen gerade mal zwanzig Minuten in der Bäckerei. Rasch überspiele ich meine Unsicherheit und zeige mich gleichgültig.

»Kein Thema«, gebe ich lässig zurück.

Eilig übernimmt er die Rechnung, und daraufhin verlassen wir gemeinsam die Backstube. Draußen peitscht mir die Kälte ins Gesicht und die Realität holt mich ein. Unter keinen Umständen hätte ich mich auf dieses Treffen einlassen dürfen.

Zum Abschied drückt er mir einen Kuss auf die Wange. Ich erwidere nichts, stattdessen wende ich mich von ihm ab und gehe schnellen Schrittes zurück zum Wagen. Ich fühle, wie sich sein Blick in meinen Rücken bohrt.

Morgen, Längsee, 14 Uhr … denk an deine Schlittschuhe, Leo

Will er mich verarschen? Er kann mich doch nicht ständig irgendwohin kommandieren, um dann innerhalb kürzester Zeit abzuhauen. Sowas tun Freunde nicht. Außerdem habe ich keine Lust, meine alten Eislaufschuhe auszugraben. Und erst recht nicht, bei den Minusgraden auf irgendeinem gefrorenen See herum zu schlittern.

Ich ignoriere seine Mitteilung und krieche zurück ins Bett zu Marcel, der es sich schon mit einem Buch bequem gemacht hat.

»Wie war dein Tag?«, fragt er und sieht zu mir herüber.

»Geht so«, antworte ich, weiche seinem fürsorglichen Blick aus und kuschle mich an seine Brust.

Kapitel 5

Als ich am nächsten Morgen erwache, steht Marcel bereits abfahrbereit neben dem Bett. Erschlagen reibe ich mir den Schlaf aus den Augen.

»Ist es denn schon so spät?«

Augenrollend wirft er sich den Schal um den Hals. »Du solltest konsequenter an deinen Grafiken arbeiten und morgens früher aufstehen.«

Als ich gerade zum Gegenangriff ausholen will, setzt er liebevoll nach. »Ich meine es doch nur gut.«

Ich schlucke meine Worte hinunter und lächle. Während er auf Reisen ist, arbeite ich beinahe ununterbrochen und halte mich an die Abgabetermine. Es ärgert mich, von ihm getadelt und wie ein Kleinkind zurechtgewiesen zu werden. Als er meinen warnenden Blick bemerkt, legt er seine Lippen auf meine und gibt mir einen Abschiedskuss. Zumindest werde ich mir an den nächsten drei Tagen keinen seiner Vorträge anhören müssen.

Die Tür fällt ins Schloss und ich stapfe, noch immer schlaftrunken, ins Badezimmer. Dort angekommen schießt mir mein Traum von letzter Nacht in den Kopf. Leos stechend blaugrüne Augen kommen mir in Erinnerung. Sauer schleudere ich die Zahnbrüste ins Waschbecken. Das darf doch nicht wahr sein. Warum schwirrt er in meinem Hirn herum? Marcel ist ein toller Ehemann, und ich bin verflucht glücklich.

Gestern noch wollte ich mich auf kein weiteres Treffen mit Leo einlassen. Doch heute sieht die Sache ganz anders aus. Meine Handflächen auf das Waschbecken gepresst, sodass meine Arme völlig durchgestreckt sind, starre ich in den Spiegel, der eine Frau zeigt, die mir völlig unbekannt erscheint. Verflucht! Ich stampfe mit dem rechten Fuß auf den Fließboden und greife nach meinem Telefon, um Leo eine Mitteilung zu hinterlassen.

Sollte ich bis dahin meine Eislaufschuhe finden, werde ich kommen … Sina

Mit pochendem Herzen schlendere ich vom Parkplatz zum provisorischen Eingang, neben dem sich bereits einige Leute die Schlittschuhe anziehen. Vehement weigere ich mich, Ausschau nach Leo zu halten.

Entweder er findet mich, was aufgrund meines bescheidenen Talents auf dem Eis kein schweres Unterfangen darstellen sollte, oder ich drehe alleine meine Runden. Ohne Zweifel war es kein geistreicher Einfall, mich hier mit ihm zu verabreden.

Als ich mir die Schlittschuhe endlich übergezogen habe, hieve ich mich seitlich am Geländer hoch und stehe mit zitternden Knien auf dem Eis. Gut, immerhin stehe ich. In der Schulzeit waren wir oft eislaufen, aber besonders geübt war ich darin nie. Das Bremsen bereitete mir enorme Probleme, deshalb glitt ich im Schneckentempo dahin. Meine Klassenkameraden überrundeten mich immer innerhalb kürzester Zeit.

Als ich mich etwas sicherer fühle, lasse ich meine verkrampften Finger vom Geländer los und stelle erleichtert fest, dass ich zumindest beim Stehen keine großen Probleme habe. Selbstsicher schiebe ich den rechten Fuß seitlich nach vorn, gleich darauf folgt der linke, der es dem rechten nachmacht. Plumps. Plötzlich hocke ich mit meinem Po auf dem harten Eis. Verflucht. Schnell fahre ich herum, um sicherzustellen, dass Leo nirgends zu sehen ist und die Komödie nicht hautnah mitbekommt. Umständlich raffe ich mich auf und fühle einen leichten pochenden Schmerz in meinem Hinterteil. Irgendwie muss ich das hinbekommen. Ich versuche es erneut. Zu meiner Erleichterung stelle ich fest, dass es diesmal schon ganz gut klappt. Es sieht bestimmt nicht sehr elegant aus, aber ich komme einige Meter voran. Mit einem überheblichen Grinsen im Gesicht steuere ich auf den Teestand zu. Um ehrlich zu sein ist es mir jetzt schon viel zu kalt hier draußen.

Diesmal trifft es mich härter als zuvor. Wieder falle ich auf den kalten, nassen Boden. Wenig motiviert schaue ich nach vorne, um sicherzugehen, dass die Schenke nicht mehr allzu weit entfernt liegt. Allerdings verwehren mir zwei Beine in Jeans die Sicht. Schon im nächsten Augenblick hält mir jemand seine Hände vor die Nase, um mir aufzuhelfen. Leo natürlich.

Verlegen nehme ich die Geste an. Sein schiefes Grinsen ist nicht zu übersehen.

»Dachte ich mir schon, dass du das Jahre nicht mehr gemacht hast.«

Nachdem ich mich einigermaßen gefasst und seine Hand losgelassen habe, strafe ich ihn mit einem bösen Blick.

»Spar dir deine Bemerkungen«, murmle ich vor mich hin.

»Ach komm schon, lass uns eine kleine Runde drehen.« Er zeigt mit der Hand in Richtung Eislaufbahn, die vom Eingang wegführt.

Standfest tänzelt er auf seinen Schuhen neben mir her. Das war ja klar. Er war damals schon in allen sportlichen Aktivitäten äußerst talentiert. Mit einem Schwung fährt er los. Ich verharre auf meinem Platz. Schließlich folge ich ihm, äußerst unsicher und im Schneckentempo, weil ich meinem Po eine Pause gönnen möchte. Mit einer schnellen Bewegung wendet er sich mir zu und als ich zaghaft hinter ihm laufe, bleibt er stehen und reckt mir seine Hand entgegen. Seine Gefühle erfassen mich und meine Augen fixieren seine Hand, als hielte er eine Vogelspinne darin fest.

»Sina, es ist nur meine Hand …«, höre ich ihn sagen.

Nach einigen weiteren Sekunden nehme ich sie und lege meine Hand in seine. Sanft schließen sich seine Finger um sie. Die Hitze, die von ihm ausgeht, wärmt meinen gesamten Körper. Schon klar, für ihn ist es nichts weiter als eine Geste, doch für mich bedeutet es viel. Das Blatt wendet sich, und mir wird augenblicklich klar, dass er mein Herz höherschlagen lässt. Sei es die Sehnsucht eines lockeren Flirts oder mehr. Eines ist sicher: Das hier ist verdammt mies Marcel gegenüber und ruiniert vielleicht noch meine Ehe.

Leos Anwesenheit lässt mein Unbehagen in den Hintergrund rücken, und so genieße ich es, ohne große Worte neben ihm herzufahren. Eine lange Zeit vergeht, bevor er die Stille unterbricht.

»Es war schön, dich endlich wiederzusehen.«

Ruckartig halte ich an und muss kichern. »Du hast es nicht verlernt«, sage ich.

Auch er fällt in mein Lachen mit ein. »Ich gebe wie immer mein Bestes.«

Drängend versuche ich, ihn in Richtung der Teebar zu navigieren. Das gelingt nur bedingt, weil ich einfach zu unsicher auf dem Eis stehe. Doch bevor er vorschlagen kann, noch eine zusätzliche Runde zu laufen, ziehe ich fester an seinem Arm. Was sich als keine gute Idee herausstellt, denn im nächsten Augenblick verliere ich das Gleichgewicht. Anders als das letzte Mal, lande ich nicht auf dem harten Eis, sondern in seinen starken Armen.

Mit einem verschmitzten Grinsen sieht er auf mich hinunter. Mit strampelnden Beinen versuche ich, mich aus seinem Griff zu befreien. Auch das glückt mir nicht, bis ich mich ergebe und von ihm aufrichten lasse.

Verlegen streife ich meine Jacke glatt.

»Du bekommst deine Tasse Tee. Mir ist nicht entgangen, wie sehr du vor Kälte zitterst.«

Da habe ich noch mal Glück gehabt. Allerdings zittere ich nicht nur, weil es hier so kalt ist.

Kapitel 6

»Guck mich nicht dermaßen anklagend an.« Ich sehe zu Marie auf, die wortlos und kopfschüttelnd vor mir hockt.

»Ehrlich, ich hadere ohnehin mit mir und habe Gewissensbisse.«

Sie fährt sich mit ihren Fingern durchs Haar und befestigt eine lose Haarsträhne hinterm Ohr. »Du musst den Kontakt abbrechen«, rät sie eindringlich, aber keinesfalls herablassend.

Schwer atmend stelle ich den Kaffeebecher auf dem Tisch ab. »Hatte ich sowieso vor. Es waren nur zwei Treffen, und da lief auch nichts«, beteuere ich ihr.

»Gut so.« Sie nickt.

Ich weiß auch nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Zu Beginn war es wohl die Neugierde und beim letzten Treffen wurde mir dann klar, dass das Ganze in eine komplett falsche Richtung läuft.

»Irgendwie war ich gespannt, was er die Jahre über gemacht hat … wovon er ohnehin nichts preisgab. Ich weiß noch nicht mal, wo er lebt oder welchem Job er nachgeht.« Tatsächlich weiß ich nicht das Geringste über ihn.

»Hast du dich wieder in ihn verknallt?«

Beinahe bekomme ich Atemprobleme. Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht, weil es total absurd ist. Ich liebe Marcel. Man kann doch nicht einen Menschen lieben und in einen anderen verliebt sein. Blödsinn. Sowas geht doch gar nicht.

»Schätze nicht«, antworte ich leise.

»Du klangst schon überzeugender.«

Mit durchdringendem Blick, erkläre ich ihr ein weiteres Mal meine Beweggründe. Endlich lässt sie von dem Thema ab, und wir bequatschen die Neuigkeiten, die ausnahmsweise nicht mich betreffen.

Ihr grübelnder Gesichtsausdruck entgeht mir nicht. Auch wenn sie über Leo keinen Ton mehr verliert, die Sache schwirrt noch in ihrem Kopf herum. Ihre Augenbraue wandert aufmerksam nach oben, als sie mitbekommt, dass mein Handy vibriert. Weil ich vor ihr keine Geheimnisse habe, bemühe ich mich gar nicht erst, das Display zu verdecken.

»Er will sich wieder mit mir verabreden«, erkläre ich. Dann schiebe ich das Handy auf dem Tresen zur Seite und höre ihr weiter aufmerksam zu.

»Willst du denn nicht antworten?«

Auf ihre Frage hin, schenke ich ihr ein halbes Lächeln. »Später, wir wollten doch meinen Kleiderschrank aussortieren.«

Seitdem Marcel und ich dieses Reihenhaus bezogen haben und ich über einen begehbaren Schrank verfüge, bin ich zum Messie geworden, zumindest was die Klamotten angeht. Maries Hilfe kommt mir gerade recht. Rigoros übernimmt sie die Entscheidungen, welches Kleidungsstück schlussendlich hängen bleibt und welches auf dem Boden landet. Marie hat einen ausgezeichneten Stil, deshalb wehre ich mich nicht dagegen. Manche Stücke trage ich seit Jahren nicht mehr. So wie diesen engen Jeanshosenanzug, den sie gerade lachend hin und her schwenkt.

»In dem sah ich toll aus«, bemerke ich eingeschnappt.

Meine Freundin kann sich nicht mehr halten vor Lachen und bringt nur stoßweise Silben hervor, die ich, so sehr ich mich auch bemühe, nicht zu einem Wort zusammenfügen kann.

»Das glaub ich dir aufs Wort«, spricht sie dann doch noch mühsam aus.

Als sie den Hosenanzug auf den Boden gleiten lässt, breitet sich eine unheimliche Leere in mir aus. Dieses Teil habe ich getragen, als ich Leo ein allerletztes Mal mit zu mir nahm.

»Gut, das Ding muss weg«, stimme ich überzeugt zu.

Nicht nur mein Kleiderschrank macht einen kahlen Eindruck, sondern auch der Rest des Hauses. Marcel kommt erst in einigen Stunden zurück, und so finde ich mich einsam und mit einer großen Tafel Schokolade auf der Couch wieder. Nachdem ich die erste Rippe verschlungen habe, breche ich mir eine weitere ab und hole mein Mobiltelefon. Denn eine ganz wesentliche Sache habe ich noch nicht erledigt. Ich überlege nicht lange und komme sofort auf den Punkt.

Es ist besser, wenn wir uns nicht wiedersehen. Alles Gute, Sina

Bevor mich das Teufelchen auf meiner Schulter in den Abgrund bugsiert, versende ich die SMS und warte auf Leos Reaktion. Auch das sollte ich unterlassen. Aber ich kann nicht anders, als pausenlos auf das blöde Handy zu starren.

Ist vermutlich besser so … Alles Liebe, Leo

Immer und immer wieder lese ich seine Antwort, dabei wird mir klar, dass mein Herz etwas ganz anderes will.

Kapitel 7

Ein Jahr später

Warum verfliegen die Tage im Dezember so rasend schnell? Die Abgabetermine drängen. Und die Weihnachtsgeschenke müssen noch geordert werden – was ich dieses Jahr ausschließlich online erledige, obwohl ich doch die Geschäftsleute in der Stadt unterstützen wollte. Die schnelllebige Zeit lässt mich so einige gute Vorsätze über Bord werfen. Ich ernähre mich fast nur noch von Fast Food. Was sich wiederum bei meinem wöchentlichen Wiegen bemerkbar macht. Zumindest meine Essgewohnheiten will ich im neuen Jahr ändern. Jetzt wäre es zwecklos, es stehen noch viele Feiern mit gutem Essen ins Haus.

Nun bleiben mir noch dreißig Minuten Zeit, bevor uns der Bus zur Location überführt, wo die diesjährige Weihnachtsfeier stattfindet. Das gemütliche Hotelzimmer im dritten Bezirk fühlt sich so gar nicht nach einer Geschäftsreise, sondern eher nach Urlaub an. Seit drei Monaten bin ich für den Werbeauftritt in diesem Konzern verantwortlich. Nach einigen Aufträgen als freie Dienstleisterin wurde ich mit einem festen Vertrag als Angestellte übernommen. Ich musste nicht lange überlegen, das Angebot war großzügig und fair. Außerdem kann ich von Klagenfurt aus arbeiten und muss nur alle zwei Wochen in Wien antanzen.

So kommt es, dass ich mich jetzt in diesem wunderschönen dunkelblauen Overall vorm Spiegel räkle. Perfekt, noch etwas Make-up und ich bin bereit für das Fünf-Gänge-Menü im Magna Racino.

Der Reisebus hält vor dem glamourös beleuchteten Eingang. Zügig leeren sich die vorderen Plätze. Da ich ganz hinten sitze und den Ausblick noch einen Moment auskosten will, lasse ich allen anderen den Vortritt.

Ich liebe diese Art von Feierlichkeiten. Man kleidet sich schick, isst gut und unterhält sich ausgelassen, ohne vom stressigen Alltag eingenommen zu sein.

Marcel hätte mich begleiten sollen, doch leider findet auch seine Weihnachtsfeier heute Abend statt. Zu blöd, denn wir sehen uns in letzter Zeit nur selten. Ich hätte diesen Abend gerne mit ihm verbracht, weil ich jede Minute an seiner Seite genieße. Also zumindest die, in denen wir nicht wegen der Kinderplanung aneinandergeraten. Marcel möchte ein Baby, ich allerdings will mir noch ein oder zwei Jahre Zeit lassen. Ich sehe es bei unseren Freunden und Bekannten: Das Leben ändert sich schlagartig, wenn man ein Kind hat. Dafür bin ich einfach noch nicht bereit, auch wenn es nicht mehr lange dauert, bis ich eine drei vorne stehen habe. Zu gerne fahre ich am Wochenende weg, und im Job läuft es derzeit auch ganz gut.

»Kommst du?«, höre ich Natascha von vorne rufen, und als ich mich umsehe, sind alle Plätze leer. Auch der Chauffeur verrenkt sich eigenartig, um mich verwundert anzustarren. Daraufhin schnappe ich mir meine Handtasche, laufe den schmalen Durchgang hinunter und verlasse das Gefährt.

Eine eisige Kälte schmiegt sich an mein Gesicht und die feuchte Luft fühlt sich an, als würden hunderte kleiner Nadeln auf meine Haut fallen.

»Lass uns schnell reingehen«, sage ich bibbernd.

Drinnen angekommen legen wir unsere Jacken ab, und schon gesellt sich ein Kellner mit einem Aperitif zu uns. Wir lassen uns nicht lange bitten und greifen zu.

»Du wirst staunen, die Weihnachtsfeiern hier sind großartig!« Natascha prostet mir mit einem breiten Grinsen zu.

»Zum Wohl, ich kann es kaum abwarten«, gebe ich freudig zurück.

Der Empfangsbereich wurde mit edlen Accessoires bestückt, die allesamt in einem weiß glitzernden Licht erstrahlen. Ich bin erleichtert, Natascha an meiner Seite zu wissen, denn ich kenne so gut wie niemanden hier.

Über dreihundert Mitarbeiter wurden eingeladen, die sich allesamt hier versammeln. Vorwiegend die Abteilungsleiter, die Leiter der Bundesländer und die Herren aus der Chefetage. So zumindest hat es mir Natascha zugeflüstert. Die Leute stehen in Grüppchen beisammen und unterhalten sich angeregt miteinander. Wir zwei hingegen wirken wie Außenseiter, als würden wir nicht dazugehören. Wir spähen unsicher umher.

Als die musikalische Untermalung verstummt, ertönt eine maskuline Stimme mittleren Alters. Der Sprecher stellt sich vor und ruft grüßende Worte in die Menge. Er wird durch die heutige Nacht führen und bittet darum, die Plätze im Saal einzunehmen. Auch diesmal lassen sich die Leute nicht lange bitten und stürmen los. Irgendwie unpassend, wie sie sich in den schönen Abendroben drängen. Und wieder bin ich es, die von Natascha aufgefordert wird, weiterzugehen.

»Was ist los?« Sie lacht.

Schulterzuckend folge ich ihr.

Das Warten hat sich gelohnt. Wir müssen nicht umherirren, wie alle anderen zuvor, um die Plätze, die uns zugeteilt wurden, zu finden. An der rechten vorderen Seite des Saals entdecken wir einen Tisch, an dem erst zwei Personen sitzen.

»Na siehst du!« Ich strahle triumphierend und visiere das Ziel an.

Kopfschüttelnd lässt sie sich auf den Stuhl sinken. Die zwei Herren, die mit uns am Tisch sitzen, scheinen uns nicht zu bemerken, zu sehr sind sie in ihr Gespräch vertieft. Erst beim zweiten Versuch, sie zu begrüßen, werden sie auf uns aufmerksam. Es scheint ihnen nicht unangenehm zu sein, dass sie uns nicht sofort bemerkt haben. Aufgrund der beschrifteten Täfelchen vor ihnen, erfahren wir, dass sie die Qualitätskontrolle leiten.

»Na Servus«, entfährt es mir, und ich kann nicht verhindern, dass meine Augenbrauen genervt nach oben wandern.

Kurz schütteln wir einander die Hände, bis sie sich wieder abwenden und das Gespräch fortsetzen. Vielleicht auch besser so.

Ich schnappe mir die Rotweinfalsche und gieße erst Nataschas Glas voll und dann meines. Sie kann ihr Gackern kaum zurückhalten und kichert wie ein wildgewordener Teenager.

»Das tut man doch nicht.«

Ich halte ihr mein Weinglas vors Gesicht und proste ihr zu. »Wir überstehen den Abend niemals ohne Alkohol.«

Eifrig nickend stimmt sie mir zu und gönnt sich einen kräftigen Schluck.

Wenige Zeit später betritt der Moderator von vorhin erneut die Bühne und heißt uns herzlich willkommen zur diesjährigen Weihnachtsfeier. Daraufhin folgt eine kleine Showeinlage, die uns mit einem Weihnachtssong in Stimmung bringen soll.

»Mir knurrt schon der Magen.«

Prüfend schaue ich in den Korb, der vor uns auf dem Tisch steht und vorhin noch mit Brot gefüllt war. Natascha hat ihn bereits vollständig geleert. »Du isst doch schon die ganze Zeit«, stelle ich irritiert fest.

»Das ist doch nichts Richtiges«, entgegnet sie verständnislos und füllt mein Weinglas auf.

Endlich kommt die Bedienung und serviert die Vorspeise. Ihre Augen blitzen vor Erleichterung auf. Es ist vielmehr ein Feuerwerk als ein Aufblitzen.

Auch mir wird das Essen guttun, immerhin nippe ich seit geraumer Zeit immer wieder an meinem Traubensaft. Die Mineralwasserflasche hingegen steht unberührt vor unseren Nasen. Es gibt Beef Tartar ohne Brötchen, weil Natascha bereits vorweg alles aufgegessen hat. Zum Glück sorgen unsere ignoranten Tischpartner für Nachschub. Die Vorspeise schmeckt köstlich, und kaum lege ich die Gabel zur Seite, betritt der Redner erneut das Podest.

»Was soll der Blödsinn?«, frage ich zu laut, sodass ich abfällige Blicke ernte.

Meine Kollegin versucht, ein tonloses »Pssst« anzudeuten, weil sie jedoch selbst ein wenig angesäuselt ist, spricht auch sie eine Spur zu laut. Gut, wir sollten die Sache mit dem Wein langsamer angehen.

Nach einem für mich wenig humorvollen Witz, lädt der Sprecher die Vorstände ein, auf die Bühne zu kommen. Nun wird es spannend, denn noch nie zuvor habe ich einen der Herren kennengelernt. Werner, der Marketingchef, hat mich eingestellt, und alles andere wurde von der Personalabteilung abgewickelt.

»Wo sitzt Werner eigentlich?« Mein suchendes Augenpaar scannt den Saal, allerdings erfolglos.

»Er sitzt bei den Vorständen«, antwortet Natascha knapp.

Im Veranstaltungssaal herrscht absolute Stille, die Aufmerksamkeit der Mitarbeiter richtet sich auf die Bühne. Dann wandern die Scheinwerfer umher und werfen das Licht auf den Treppenaufgang, neben dem sich im Dunkeln drei Gestalten abzeichnen. Nun steigt auch bei mir die Spannung. Immerhin werden die Chefs dank dieser Showeinlage hier wie Rockstars präsentiert.

Dann betritt der Erste die Treppe. Der schon in die Jahre gekommene Mann stiert mit seiner bedrohlichen Miene auf seine Mitarbeiter. Augenblicklich fröstelt es mich. Würde mich jemand danach fragen, wie ich mir Luzifer in Menschengestalt vorstelle, würde mein Zeigefinger automatisch in seine Richtung wandern. Dicht an seinen Fersen marschiert ein Mann mittleren Alters, dessen Aura wesentlich angenehmer ist, auf das Podium. Erleichtert puste ich die angehaltene Luft aus.

Tja, ich werde wohl nicht persönlich mit ihnen zu tun haben, aber allein der Gedanke daran, für drei Männer, die aus der Hölle entflohen sind, zu arbeiten, lässt mich erschaudern. Mittlerweile hat sich die Totenstille in einen anerkennenden Applaus gewandelt. Und auch der letzte der drei Männer steigt den Aufgang hoch. Sein jugendliches Aussehen verblüfft mich. Trotz seines perfekt sitzenden Anzuges passt er so gar nicht zu den anderen beiden. Es sieht ganz danach aus, als wäre er noch nicht mal dreißig Jahre alt. Als schlage jemand auf mein Haupt, um mich wachzurütteln, ordnen sich meine Gedanken neu. Das ist doch … Das darf doch nicht … Mit weit aufgerissenen Augen verfolge ich die Person und prüfe ihre Gestalt genauestens von Kopf bis Fuß. Ach, du heilige … Plötzlich beginnt sich um mich herum alles zu drehen, und das Klatschen scheint immer weiter in die Ferne zu rücken.

»Auuaa«, kreischt Natascha mit einem schmerzverzerrten Gesichtsausdruck laut auf. Finster sieht sie mich an. Schließlich bemerke ich, wie sich meine Hand auf ihren Schenkel gelegt und sich meine Nägel in ihre Haut gegraben haben, unfähig, sich von ihr zu lösen. Ich bündle meine Konzentration, um meine Hand zu entspannen, und ziehe meine bohrenden Finger zurück.

»Jetzt wäre es noch gut, wenn du deine Hand von mir nehmen könntest!«

Mit starrem Ausdruck folgt mein Blick dem Mann auf die Bühne. Ich bin unfähig, auch nur einen Ton zu sprechen und lege die Hand zurück in meinen Schoß.

»Was ist bloß los mit dir?« Natascha sieht mich ungewöhnlich streng an.

Zum Glück sind die anderen so damit beschäftigt, das Treiben auf der Bühne zu beobachten, dass sie von alledem nichts mitbekommen. Dort oben, auf der Plattform, steht tatsächlich Leo Winter. Der Leo, zu dem ich den Kontakt vor einem Jahr abgebrochen habe, aus Angst, meiner Ehe zu schaden.

»Leo Winter, meine Jugendliebe«, erkläre ich Natascha, als wären wir seit Jahren schon befreundet – was wir nicht sind, deshalb bereue ich sogleich meine Ehrlichkeit.

Ein schallendes Lachen kommt aus ihrem Mund, woraufhin ich mir einen großen Schluck Wein genehmige, um das Brennen in meiner Kehle zu lindern.

»Der Winter, der heißeste Kerl in dem Laden hier? Der Winter, der jedes Frauenherz zum Schmelzen bringt? Du machst doch Witze! Hätte ich dir nicht zugetraut, dass du auf so einen Typen abfährst«, gackert sie.

Augenrollend blicke ich zu ihr rüber. »Ich war jung und brauchte das Geld«, sage ich augenzwinkernd und gebe mich überraschend locker.

Langsam fange ich mich wieder und versuche Luzifers Rede zu folgen.

»Hast du dir nie unsere Homepage angeguckt?«, flüstert sie in mein Ohr.

Kurz muss ich überlegen. Natürlich, immerhin habe ich einige Grafiken dafür beigesteuert. »Doch, sonst säße ich nicht hier.«

Die Art und Weise wie der Mann, sein Name ist nicht Luzifer sondern Höllenbart, spricht, erinnert an einen Diktator. Zu meiner Erleichterung und bestimmt auch der vieler anderer hier im Saal, beendet er nach nur wenigen Minuten seinen Monolog. Sobald der Applaus abklingt, beginnt der zweite Mann mit seinem Vortrag. Lobende Worte huschen über seine Lippen und offensichtlich gutgemeinte Weihnachtswünsche. Auch er fasst sich kurz und überreicht das Mikrofon an Leo, dessen Mundwinkel augenblicklich nach oben wandern.

Allmählich lösen sich seine Augen von der Menge und eine professionelle, angenehme Stimme hallt durch die Boxen. Er könnte genauso gut für einen Radiosender arbeiten. Wieder ist es, als schlüge mir jemand mit voller Wucht auf mein Hinterhaupt. Das gibt‘s doch nicht. Regungslos lasse ich seine Rede auf mich wirken. Verflucht, wann hat er sich zu einem professionellen Redner gemausert?

Natürlich, es herrschte Jahre Funkstille zwischen uns, deshalb dürfte mich das hier eigentlich nicht überraschen. Aber wir sprechen hier von Leo, dem ich nie eine solche Souveränität zugetraut hätte. Das Ganze will einfach nicht in meinen Kopf.

Als er die neuen Mitarbeiter aus den einzelnen Unternehmen begrüßt und einen Zettel aus seiner Hosentasche hervorholt, werde ich zunehmend nervöser. Meine Unruhe erreicht den Höhepunkt, als er damit beginnt, Personen namentlich zu nennen, die sich dann kurz vom Stuhl erheben, um grüßend in die Menge zu nicken.

Urplötzlich wird mir speiübel. Er wird doch nicht auch meinen Namen ausrufen? Und schon im nächsten Moment verharrt sein Blick einen Moment zu lange auf dem weißen Blatt Papier. Ich ahne, was gleich passieren wird.

Ruhig höre ich ihn meinen Namen sagen, dabei lächelt er. Ein Hieb gegen meine Rippen lässt mich zusammenfahren und bringt mich gleichzeitig zurück in die Realität. So elegant wie nur möglich schiebe ich den Sessel nach hinten und erhebe mich. Anders als meine Vorgänger schaffe ich es nicht, grüßend über die Menge hinwegzusehen und halte meinen Blick fest auf ihn gerichtet. Bis mich Natascha ein weiteres Mal stößt und ich mich ruckartig zurück auf den Sitz fallen lasse.

»Das ist doch wohl ein schlechter Witz«, schnaube ich geschafft.

Dann geht alles recht rasch, und noch bevor ich mich Nataschas fragenden Blicken aussetzen muss, wird auch schon die Suppe serviert. Beim Anblick dieser Cremebrühe wird mir kotzübel.

»Ich muss mal kurz zur Toilette«, bringe ich hektisch hervor.

Schleunigst verlasse ich den überdimensional großen Raum und steuere auf die Toiletten zu. Beinahe verschwinde ich hinter der falschen Tür, weil diese Räumlichkeiten mit einem Bild gekennzeichnet sind, bei dem man genauer hinsehen muss.

Erleichtert, doch noch in der Damentoilette gelandet zu sein, betrachte ich mein verzweifeltes Bildnis im Spiegel. Immer wieder sage ich zu mir selbst, dass ich mich zusammenreißen muss. Das alles hat nichts zu bedeuten. Bis auf die wiederkehrenden Weihnachtsfeiern, bei denen ich ihn ertragen muss, habe ich nichts zu befürchten. Höchstwahrscheinlich werde ich meine Nächte damit verbringen, von Leo zu träumen, doch das habe ich bereits vor einem Jahr überwunden und werde es auch ein weiteres Mal schaffen. Immerhin liebe ich Marcel, und daran wird diese kleine Schwärmerei nichts ändern.

Nachdem ich mein Make-up aufgefrischt habe, verschwinde ich wieder nach draußen, damit ich kein Aufsehen errege. Für Natascha jedoch werde ich mir eine kleine Ausrede zurechtlegen. Als ich gerade am Grübeln bin, packt mich jemand am Handgelenk und zwingt mich abrupt zum Stehenbleiben. Wie erstarrt verharre ich in dieser Position. Ich fürchte mich davor, mich umzudrehen, weil ich ahne, wer mich mit festem Griff zurückhält.

»Und ich dachte, du wolltest mich nicht wiedersehen«, ertönt seine tiefe Stimme.

Ich genehmige mir einen tiefen Atemzug, bevor ich mich ihm stelle. »Ich wusste nicht, dass du hier arbeitest«, erkläre ich und halte seinem Blick stand.

Es wäre zwecklos dagegen anzukämpfen, ich kann von seinen funkelnden blaugrünen Augen nicht ablassen. Er hält meinen Arm weiter fest, seine Finger zeichnen sich darauf ab. Ich versuche, den Arm ruhig zu halten und hoffe, dass mein Zittern verborgen bleibt.

»Dann sehen wir uns in Zukunft öfter.« Er zeigt ein sexy Grinsen.

»Wohl eher nicht, ich arbeite hauptsächlich von Klagenfurt aus.«

Sein Grinsen wird breiter. »Das wird sich ändern.«

Und noch bevor ich etwas entgegnen kann, lässt er mich stehen und geht schnellen Schrittes zurück zu den Feiernden. Komplett neben der Spur, was ich mir aber nicht anmerken lasse, marschiere ich wieder auf meinen Platz zu. Dort angelangt erläutere ich Natascha, dass ich vorhin überrumpelt wurde und deshalb überzogen reagiert habe. Mit einer verständnisvollen Kopfbewegung tut sie die Sache ab.

Meine kinnlangen blonden Haare lassen sich heute nicht bändigen und stehen kreuz und quer ab. Es bleibt nicht genug Zeit für eine Haarwäsche, denn meine Mitfahrgelegenheit bis nach Graz wartet bereits im Foyer. Auch meine sonst so strahlenden Augen wirken müde und sind blass und gräulich. Der gestrige Abend verlief noch recht unspektakulär, zumindest gab es für mich keine weiteren Überraschungen mehr. Ich konnte es zwar nicht lassen, immer wieder in Leos Richtung zu spähen, versuchte es aber zumindest heimlich zu tun – was mir ganz gut gelang. Was mir nicht gelang, war, ihn aus meinen Träumen fernzuhalten. Mehrmals erwachte ich mit der Befürchtung, sein Bild vor mir zu sehen, sobald ich die Augen wieder schließe. So sehr ich mich auch bemühte, es half nichts, bis ich dann am frühen Morgen nachgab und mich meinen Träumen überließ.

Warum bloß hat dieser Mann eine solche Wirkung auf mich? Und warum zur Hölle ist er nun mein Vorgesetzter? Er ist nicht mein direkter Boss, aber streng genommen könnte er mich feuern, wenn er wollte.

In Graz wird Marcel auf mich warten, denn wir wollten den Tag nutzen und unsere gemeinsamen Freunde besuchen. Wie soll ich Marcel gegenübertreten? Hintergehe ich ihn nicht ohnehin schon? Genügt die Tatsache, dass ich mich dermaßen zu Leo hingezogen fühle? Ich will das doch alles nicht.

Weil ich meinen Kollegen nicht länger warten lassen kann, beende ich meinen inneren Monolog, schnappe meinen Koffer und laufe die Treppe runter in den Eingangsbereich. Mit einem müden, aber freundlichen Augenaufschlag nimmt er mir den Koffer ab und deponiert ihn im Kofferraum des Wagens. Tatkräftig klatscht er in seine Hände.

»Gut dann lass uns fahren«, sagt er.

Als ich im Wagen sitze und er den Motor anwirft, werfe ich einen letzten Blick zurück aufs Hotel, als just in diesem Augenblick Leo aus der Drehtür schwingt. Sein Blick ist nicht zu deuten. Während der Wagen langsam ins Rollen kommt, lasse ich meinen Kopf gegen die Nackenlehne gleiten und schließe meine Lider.

In diesem Moment kann ich mir nichts Schöneres vorstellen, als mich in Marcels Armen zu vergraben. Sein vertrautes Lächeln wirkt Wunder.

»Na wie war’s?«, fragt er interessiert.

Ich will noch ein wenig in seiner Umarmung verweilen, deshalb lasse ich mir mit der Antwort Zeit.

»Sonderbar, irgendwie.« Ich lächle gezwungen. Schließlich beginne ich, ihm von gestern zu erzählen. »Zugegeben, ich bin ein wenig verstört. Also, du kannst dich doch an Leo erinnern, oder?«

Seine Stirn legt sich in Falten, um sich kurz darauf wieder zu glätten. »Klar doch, wie könnte ich deine Jugendliebe vergessen.« Er prustet los. »Außerdem haben wir ihn auf dieser Neujahrsparty gesehen.« Er fängt sich wieder.

Augenrollend sehe ich ihn an. »Tja, er ist ein Vorstandsmitglied und sozusagen mein neuer Boss«, erkläre ich möglichst emotionslos.

Stille kehrt ein, ich kann regelrecht seine Gehirnzellen rattern hören. »Das hätte ich ihm gar nicht zugetraut.«

»Ich auch nicht«, gebe ich zu.

Es ist bezeichnend für Marcel, dass er der Tatsache, dass ich Leo einmal sehr geliebt habe, keinerlei Bedeutung beimisst. Er sieht in Leo keine Gefahr. Sein Vertrauen geht ins Unermessliche. Ich blicke meinen Mann an und weiß, weshalb ich keinen Moment gezögert habe, als er damals um meine Hand anhielt.

Kapitel 8

Marie krümmt sich vor Lachen. Wie kann sie sowas Banales lustig finden? Erschöpft lege ich das Brot mit dem Hüttenkäse und den Tomaten zurück auf den Teller. Ich strafe sie mit einem strengen Blick, den sie gekonnt ignoriert. Stattdessen beißt sie ein großes Stück vom Krapfen ab, sodass die Marmelade herausquillt und auf ihrem Rock landet.

»Du hast das doch nicht nötig«, sagt sie, während sie mit ihrem Finger die Marmelade vom Schoß wischt und ihn genüsslich ableckt.

»Vermutlich nicht. Es schadet mir aber auch nicht, wenn ich ein paar Tage gesünder esse.«

Und schon hat sie den Krapfen aufgegessen und greift nach der Nussschnecke. »Sag mal, wie läuft es denn mit der Kinderplanung?«, murmelt sie mit vollem Mund.

»Du weißt doch, dass ich noch warten will«, sage ich ruppig.

»Dir fehlt wohl der Zucker.«

Ich lege das Stück Brot zurück auf den Teller und lasse meine Schultern sinken.

»Sorry … Ich kann mir ein Leben mit Baby einfach noch nicht vorstellen. Marcel stresst deshalb ohnehin schon.«