Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Das Virus schien fast besiegt zu sein. Dann wendete sich wieder das Blatt und in einer Großschlächterei schlug es mit voller Wucht wieder zu. Ein Rennradfahrer wird angefahren und stirbt. War es ein Unfall oder ein Mord? Die Geschichte bringt Hatterer aus dem Rhythmus. Vor allem weil etwas mit seiner Chefin nicht stimmt. Dann auch noch das: Sein Nachbar zieht sich vor der Kamera aus und bekommt große Schwierigkeiten und Hatterer muss ihm helfen.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 221
Veröffentlichungsjahr: 2022
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Verbrechen in Zeiten der Corona Krise
Die Personen und die Handlung des Tatsachenromans sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.
Umschlagfoto: Hans Will
Erste Auflage 2020
Zweite überarbeitete Auflage 2022
Späte Zeit des Glücks – Kitzingen-Krimi 1
Ein Leben lang – Roman
Saisonarbeit – Kitzingen-Krimi 2
Todholz – Kitzingen-Krimi 3
Deadly Running – Kitzingen-Krimi 4
Im Wendekreis des Virus – Kitzingen-Krimi 5
Das Virus schlägt zurück – Kitzingen-Krimi 6
Cranach Komplott – Kitzingen-Krimi 7
Never give up – Ratgeber gesundes Leben
Never give up Teil 2 - Ratgeber gesundes Leben (In Planung)
Back- und Lachgeschichten - Humor (Vergriffen)
Ende der Weinlese – Fantasy
Hatterer dreht die Hosenbeine seiner abgewetzten Jeans auf rechts, das Smartphone fällt aus der Hosentasche. Isabelle räkelt sich noch wohlig im Bett. Es war schön gewesen. Er seufzte, Sex mit ihr ist immer was Besonderes. Er setzt sich auf die Terrasse und genießt die warmen Sonnenstrahlen am ersten Tag im Oktober. Später muss er Delcy seinen kleinen Sohn, im Kindergarten von Westheim abholen. Die Zeitungen, Radio und Fernsehen berichten fast nur noch von dem bevorstehenden 30. Jahrestag der Wiedervereinigung. Grenze, Stasi, Mauerfall sind die Themen. Hatterer denkt zurück an das letzte halbe Jahr, als das große Durcheinander in einem Marktgebäude im chinesischen Wuhan begann. Was der Auslöser zur großen Pandemie war, wissen eigentlich nur die Chinesen. Innerhalb weniger Wochen wurde das neuartige Coronavirus auf allen Kontinenten der Erde nachgewiesen. Viele Menschen sind daran erkrankt und auch verstorben. Irgendwie ist der Virus mutiert und abgeschwächt. Es sterben nicht mehr so viele Menschen. Über eine Million sind es trotzdem die wegen Covid-19 ihr Leben lassen mussten. Trotz allen Warnungen kam der Virus Ende Oktober mit geballter Macht zurück und stellt ganz Europa vor schwerwiegende Aufgaben. Im November wird ein Teil Lockdown ausgerufen und Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht von einer nationalen Kraftanstrengung.
Um die steigenden Corona-Infektionszahlen in den Griff zu bekommen, haben sich Bund und Länder auf weitreichende neue Maßnahmen geeinigt. Sie gelten ab Montag, den 2. November, für vier Wochen. Mit diesem Wellenbrecher soll das exponentielle Wachstum des Virus gestoppt werden.
Die Geschichte beginnt am 28. Januar 2020. Kriminalhauptkommissar Arne Hatterer saß zu Hause im warmen Wohnzimmer, sein dreijähriger Sohn Delcy spielte mit Großtante Petra auf dem, von Isabella vor einer Stunde frisch abgesaugten Teppichboden, Mensch ärgere Dich nicht. Im Fernsehen dann die Meldung, dass sich ein Mitarbeiter des Automobilzulieferers Webasto mit dem neuartigen Coronavirus infiziert hat. Er wurde mit milden Symptomen, die er sich bei einer chinesischen Kollegin geholt hatte, im Klinikum Schwabing behandelt. Kein Grund zur Panik. Dann fliegt am 1. Februar die Flugbereitschaft der Bundeswehr zum ersten Mal deutsche Staatsbürger und ihre Angehörigen aus dem Corona-Epizentrum in Wuhan in China zurück nach Deutschland. Hier müssen die Ausgeflogenen in eine zweiwöchige Quarantäne. Die Medien berichten ausführlich. Hatterer geht weiterhin ganz normal seinem Dienst nach. Geflasht vom Fahndungserfolg des Massenmörders Volkow, hat er die Umstrukturierung auf der Dienststelle vorangetrieben. Sie ist bald abgeschlossen. Er hatte die Falltür aufgemacht und sich selber degradiert. Kollegin Marlene Rupisch, seine bisherige Stellvertreterin, wird dann die neue Leiterin der Außenstelle der Kripo in Kitzingen, einer kleinen Stadt in Mainfranken. Michael A. Roth, der langjährige Präsident des 1.FC Nürnberg wurde hier geboren, Johann Rudolph Glauber, der Erfinder des gleichnamigen, berüchtigten Salzes, lebte einige Jahre hier. Es gab die älteste Exportbierbrauerei Bayerns in Kitzingen und nach dem Krieg lebten in den Kasernen bis zu 15 000 Amerikaner.
Die neuartige Lungenerkrankung aus China wird von der WHO „Covid-19“ genannt. Das Virus erhält den Namen Sars-CoV-2. Nach einer Karnevalssitzung in Gangelt im Kreis Heinsberg in NRW stecken ein 47-Jähriger Unternehmer und seine Ehefrau etliche andere Menschen an. Sie kamen von einem Skiurlaub aus Ischgl. In dem Tiroler Skiort hatten sich unzählige Touristen mit dem Coronavirus infiziert. Darunter auch Kilian von Stein, Hatterers früherer Chef. Ab 18. Februar breitet sich das Virus massiv in NRW aus. Am 23. Februar gibt das Auswärtige Amt wegen der Corona-Ausbreitung eine Reisewarnung für Italien heraus. Die Lombardei, und dort speziell Bergamo, waren das Epizentrum. Hatterer und seine Familie haben zwar alles zur Kenntnis genommen, doch große Sorgen machten sie sich bis dato noch nicht. Fred Dürnberger, von dem später noch die Rede sein wird, lieferte eine kleinere Menge Koks in Volkach bei seiner Bekannten und guter Kundin Persephone Maier ab. Am 25. Februar meldet Nordrhein-Westfalen offiziell die ersten Corona-Fälle. Es sind der 47-Jährige Unternehmer und seine Frau aus dem Kreis Heinsberg. Der Mann leidet an einer bis dato nicht bekannten Vorerkrankung. Auf Teneriffa wird derweil ein ganzes Hotel mit vielen deutschen Urlaubern unter Quarantäne gestellt. Mehr als 100 bestätigte Corona-Infektionen gibt es am 1. März in Deutschland. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn empfiehlt am 8. März offiziell, Veranstaltungen mit mehr als 1 000 Personen in Deutschland abzusagen. Der erste Deutsche stirbt im Urlaub in Ägypten. Deutschland horcht auf. Einen Tag später weitere Tote, diesmal direkt in Deutschland und zwar in Heinsberg. Die Weltgesundheitsorganisation WHO verkündet am 10. März, dass die Verbreitung des Corona-Erregers jetzt das Ausmaß einer Pandemie erreicht hat. Das Virus grassiert bereits in 115 Ländern, fast 4 300 Menschen sind zu dem Zeitpunkt schon daran gestorben. Einen Mann aus der Ukraine stört das wenig. Er verliebt sich in eine Frau aus Volkach in Unterfranken. Von beiden wird noch die Rede sein. Sie verstoßen damit, mehr als einmal, an der verordneten Kontaktsperre. Der 12. März ist ein rabenschwarzer Tag an der deutschen Börse! Schon zum Handelsstart sackt der deutsche Leitindex DAX um mehr als 500 Punkte auf unter 10 000 Punkte ab. Am Ende des Tages schließt der Dax bei 9 161,13 Punkten. Er stürzt um 12,24 Prozent ab. Am nächsten Tag beginnen die Deutschen mit den Hamsterkäufen. Desinfektionsmittel, Toilettenpapier, Seife und Hefe werden knapp oder sind zum Teil in den Supermärkten und Discountern ausverkauft. Panik macht sich bei den Menschen breit. Auch in Kaltensondheim bei Hatterers Familie. Vor allem Großtante Petra, sie wird zunehmend hysterisch. Die Bundesregierung schnürt das größte Krisenpaket aller Zeiten. Die staatliche Förderbank KfW soll pleitebedrohte Firmen mit Krediten stützen. Gesamtvolumen der Rettungsaktion: bis zu einer halben Billion Euro! Es beginnen die „Corona-Ferien“! Schulen und Kindertagesstätten werden in der kommenden Woche bundesweit geschlossen. Vorerst bis zum Ende der Osterferien. Da viele Firmen ihre Mitarbeiter zeitgleich ins Homeoffice schicken, bricht jetzt in vielen Familien das Chaos aus. Kinder zu Hause unterrichten und gleichzeitig selbst arbeiten, das ist sehr schwer. Die Corona-Krise erfasst ganz Deutschland. Am 14. März erklärt das Robert-Koch-Institut die spanische Hauptstadt Madrid und das österreichische Bundesland Tirol zu Risikogebieten. Wer dort war, soll sich in Quarantäne begeben. Polen und Dänemark schließen ihre Grenzen nach Deutschland. Die Türkei lässt Deutsche nicht mehr einreisen. Türkische Staatsbürger dürfen nicht mehr nach Deutschland, sowie in acht weitere europäische Länder, reisen. Zwei Tage später macht Deutschland dicht. Bund und Länder einigen sich auf ein einheitliches Vorgehen „zur weiteren Beschränkung von sozialen Kontakten im öffentlichen Bereich angesichts der Corona-Epidemie in Deutschland“.
45 Kilometer Stau auf der A12 an der Grenze zu Polen! Das RKI schätzt die Corona-Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung als insgesamt „hoch“ ein. Am 18. März hält Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre dramatische Rede an die Nation, sie sagt u.a.: „Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst!“ Großtante Petra macht dicht. Sie spricht mit niemandem mehr in der Familie und schließt sich in das kleine Zimmer im Keller ein. Sie hat wahnsinnige Angst. Sie zählt doch zu einer der festgelegten Risikogruppe. Inzwischen haben sich in Deutschland mehr als 10 000 Menschen mit dem Virus infiziert. Rund 30 Todesopfer gibt es bislang. Einen Tag später streicht die Lufthansa ihr Flugprogramm wegen Corona zusammen. Bis 19. April finden nur noch rund fünf Prozent der ursprünglich geplanten Flüge statt. Horror-Meldung aus Würzburg, in unmittelbarer Nachbarschaft von Kitzingen und Kaltensondheim. Erstmals ist in Deutschland nachweislich eine größere Gruppe von Menschen unter einem Dach an den Folgen der Coronavirus-Erkrankung verstorben. Neun Tote auf einen Schlag, da werden die Medien wach. Im Seniorenheim St. Nikolaus im Würzburger Stadtteil Sanderau, erhöht sich die Anzahl der Toten auf Fünfundzwanzig. Die Würzburger Staatsanwaltschaft wird Ende Mai Ermittlungen aufnehmen. Am 22. März einigen sich Bund und Länder auf eine Art Kontaktverbot. Reduzierung der Kontakte zu Mitmenschen auf ein Minimum. In der Freizeit vor die Tür zu gehen ist weiter erlaubt, aber nicht in Gruppen von mehr als zwei Personen (Ausnahme: Familien). Mindestabstand zu anderen Menschen auf der Straße: 1,5 Meter! Friseure, Fußpflegeund Massagesalons müssen schließen. Strafen bei Verstößen sind in dem gemeinsamen Papier von Bund und Ländern noch nicht vorgesehen. Die Regeln sollen erst einmal für zwei Wochen gelten, also bis nach dem ersten April-Wochenende.
Am 24. März wurde bekannt, dass der Saxophonist Manu Dibango an einer Covid-19 Erkrankung in Paris verstorben ist. Hatterer hatte ihn 2008 beim Africa-Festival in Würzburg einmal live erleben können. Unvergessen vom sympathischen Kameruner sein Nummer 1 Hit: Soul Makossa.
Einen Tag später gibt es eine Historische Sitzung im Bundestag! An diesem Mittwoch beschließt der Bundestag ein riesiges Corona-Hilfspaket. Gesamtvolumen: 750 Milliarden Euro (u.a. Kredite für Unternehmen, Soforthilfe für Krankenhäuser und Solo-Selbstständige). Dafür macht Deutschland 156 Milliarden Euro neue Schulden. Am 28. März sagt Hatterer seine Geburtstagsparty ab. Jörn Kubicki, der Lebensgefährte von Berlins Ex-Bürgermeister Klaus Wowereit, stirbt infolge von Covid-19. Am Abend des 2. Aprils übersteigt die Zahl der gemeldeten Corona-Toten in Deutschland die 1 000er Marke. Rund 79 500 Menschen wurden bisher nachweislich mit dem Virus infiziert. Ab dem 6.April gilt in Jena die Maskenpflicht in der Öffentlichkeit. Die Stadt in Thüringen ist der erste Ort in Deutschland mit dieser Regelung. Der Rest Deutschlands diskutiert derweil, ob und wann Lockerungen der Kontaktbeschränkungen in Kraft treten können. Zwei Tage in Folge ging die Zahl der Infizierten in Deutschland zurück! Das gab’s seit Beginn der Coronavirus-Pandemie in Deutschland noch nicht. In Zahlen ausgedrückt – Geheilte in Deutschland am Dienstag 7. April: 28 700 Menschen. Geheilte am Donnerstag 9. April: 46 300 Menschen! Doch Merkel, Spahn und das RKI sind sich einig: kein Grund zur Entwarnung. Endlich, Erntehelfer! Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) hatten sich darauf geeinigt, 80 000 ausländische Saisonkräfte unter strengen Auflagen nach Deutschland fliegen zu lassen. Jetzt treffen sie nach und nach ein. Am Karfreitag wurde bekannt gegeben, dass 650 000 Betriebe Kurzarbeit angemeldet haben.
Hatterer hatte mit Hilfe seiner Mitarbeiter Yogi Weber und Marlene Rupisch einen Massenmörder festnehmen können. Weber ist mittlerweile beim LKA in München und Marlene Rupisch ist zur Dienststellenleiterin in Kitzingen aufgestiegen, weil Hatterer mehr Zeit für sein Söhnchen Delcy haben wollte. Seine geschiedene, 20 Jahre jüngere Frau sitzt mit ihrer Geliebten Swanhilda Lichtenberg irgendwo in Australien oder Neuseeland fest. Wo genau weiß Hatterer nicht. Sie meldet sich nur sporadisch. Seit der weltweiten Covid-19 Krise eigentlich überhaupt nicht mehr. Isabella, eine Venezolanerin, die Arne Hatterer in La Palma bei einem Urlaub im letzten November kennenlernte, besuchte ihn im Februar das zweite Mal in Kaltensondheim. In La Palma hatte er vor hunderten von Hotelgästen Isabella schon einmal einen Heiratsantrag gemacht. Sie lehnte ab und Hatterer machte sich komplett zum Horst. Jetzt konnte sie wegen der Coronakrise nicht mehr zurückfliegen. Anders als in Deutschland gibt es in Spanien keine staatliche Rückholaktion, sodass sie jetzt bei Hatterer festsitzt. Arne gefiel das natürlich sehr. Mit im Haushalt dann noch Großtante Petra, die eigentlich in Köln wohnt, aber jetzt fest bei Arne Hatterer eingezogen ist. Die wohlhabende Frau, mit einer guten Beamtenrente, hofft fest und innig, dass Beide ein richtiges Paar werden und heiraten würden. Hatterer mit seinen 56 Jahren hat nicht mehr die besten Karten. Isabella sah man ihre 45 Jahre nicht an, sie wirkte wesentlich jünger. Einige Leute im Dorf zerrissen sich schon das Maul. In ihren Adern fließt indigenes Blut, dass man aber nicht unbedingt sofort erkannte. Sie ist jedenfalls sehr hübsch und sehr nett zugleich. Sie sah die Welt pragmatischer als Hatterer. Sie hatte etwas Segmentiertes an sich. Im Gegensatz zu Hatterer der vieles einfach schleifen ließ. Seitdem sie bei ihm ist, hatten seine freien Tage mehr Struktur bekommen. Morgens Kaffee und selbstgemixtes Müsli, Jogging im nahegelegenen Wald, dann nochmal ins Bett zu Isabella. Sie war keine gebürtige Spanierin. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sind viele Canarios nach Venezuela, ins Land ihrer Träume, ausgewandert. Auch ihre Familie.
Sie wurde 1975 in Calobozo geboren. Die Stadt befindet sich etwa 200 km südlich der Hauptstadt Caracas am Ufer des Flusses Guárico in einer Hochebene des Landes. Simón Bolívar besiegte in der Nähe die Spanier. Der Universalgelehrte Alexander von Humboldt besuchte die Stadt im Jahre 1800 auf seinen Weg zum Orinoko.
Mit Beginn der großen Rückkehrer Welle ist Isabella dann 1995 zurück in die alte Heimat ihrer Vorfahren gekommen. Es war nicht leicht für sie und ihren Opa hier Fuß zu fassen. Sie hatte keine Eltern mehr. Ihr Vater ist kurz nach ihrer Geburt in Richtung USA abgehauen, ihre Mutter und ihre Oma sind in Venezuela gestorben. Ihr Opa kehrte dann mit ihr zurück nach Spanien. Zuerst nach Teneriffa und dann nach La Palma. Er ist vor drei Jahren ebenfalls gestorben. Seitdem war sie alleine. Deutsch hatte sie schon in Venezuela gelernt. Bei einem deutschstämmigen Farmer der ihre Familie ausgenützt hatte. Ihre Mutter sagte kurz vor ihrem Tod zu Isabella, dass der Farmer ihr Vater sei. Er hatte sie vergewaltigt.
Nach langem Hin und Her, mit unschönen Szenen, speiste er Isabella mit 10.000 Dollar ab. Ihr Großvater und sie haben dann die Überfahrt über den Atlantik nach Spanien gewagt und sind ausgewandert. Es war eine harte Zeit für sie.
Das Virus schien fast besiegt zu sein. Dann wendete sich wieder das Blatt und in einer Großschlächterei schlug es mit voller Wucht wieder zu.
Ein Rennradfahrer wird angefahren und stirbt. War es ein Unfall oder ein Mord? Die Geschichte bringt Hatterer aus dem Rhythmus. Vor allem weil etwas mit seiner Chefin nicht stimmt.
Dann auch noch das: Sein Nachbar zieht sich vor der Kamera aus und bekommt große Schwierigkeiten und Hatterer muss ihm helfen.
Es war sehr ruhig als Hatterer durch den Park am Main schlenderte. Karfreitag morgen völlige Ruhe, die Kirchenglocken schwiegen. Es war der einundzwanzigste Tag der Ausgangsbeschränkung in Bayern. Er dachte an den guten Kuchen den sie am P-Day gegessen hatten. Tante Petra war ein großer Fan der Tradition am 14. März einen runden Kuchen mit der Familie zu essen. Die Corona-Krise stellte jetzt alles auf den Kopf. Den Park am Main eroberten die Wildtiere zurück. Hasen, Rehe und Fasane und vor allem Krähen und Gänse konnten die wenigen Spaziergänger beobachten. Mittlerweile haben Virologen und Wissenschaftler die Letalität der Virusseuche den Bürgern näher verinnerlicht. Wichtig sind halt die nötigen Hygienemaßnahmen. Händewaschen, Abstand halten und nicht ins Gesicht greifen. Schutzmasken sind noch keine Pflicht. Es sind auch viel zu wenige vorhanden um damit alle Bürger und Bürgerinnen auszurüsten. Das große do-it-yourself Masken nähen hatte noch nicht begonnen. Einige Monate später heißt das dann schon so: AHA-Formel. Abstand halten – Hygiene beachten – Alltagsmaske (Mund-Nasen-Bedeckung) tragen.
Für seinen früheren pensionierten Chef Kilian von Stein, kamen die Maßnahmen die getroffen wurden, aber zu spät. Dieser hätte sich das sicherlich nicht vorstellen können, dass er sich nach seinem Skiurlaub Anfang März, den er wie jedes Jahr in Ischgl verbrachte, mit Covid-19 infizierte. Fünf Tage war er noch symptomfrei, dann bekam er Husten, Schnupfen und Fieber und wurde mit weichen Knien in ein Krankenhaus in Würzburg eingeliefert. Als ihm die Bettwindeln angelegt wurden, war er schon nicht mehr bei Bewusstsein. Das Beatmungsgerät leistete Schwerstarbeit, es nütze nichts mehr. Nach vier Wochen verstarb er an einer schweren Lungenembolie. Am Dienstag nach Ostern war die Beerdigung. Es durften keine Blumen ins Grab geworfen werden und auch das Sandschaufeln war verboten. Es durften nur die Angehörigen zur Beerdigung kommen. Es gibt keine Aussegnung in der Halle - nichts. Zum Glück war das Wetter sehr schön, somit war es dann doch noch etwas würdevoll.
Im Lockdown wird es immer schwieriger zu leben. Jedenfalls kommt es Hatterer, beim Spazierengehen am Main, so vor. Ein Inline Skater kommt vorbei. Durch die Schwarzacher Straße fahren drei rote Busse, ausrangierte Feuerwehrmannschaftsbusse, mit Spargelstechern aus Rumänien besetzt. Sie wurden durch eine Sonderreglung wieder ins Land geflogen. Der Spargel nimmt halt auf Feiertage und Pandemien keine Rücksicht. Auf der kleinen Brücke über den Rödelbach ist es ziemlich glatt. In der Nacht gab es noch einmal leichten Frost. Der Mammutbaum im Park hatte seine letzten vertrockneten Zapfen durch den Sturm in der Nacht verloren. Am Hallenbad lag noch ein umgestürztes Wahlplakat der SPD. Nach einer guten Stunde strammen Walking fährt er mit seinem alten Focus wieder nach Hause. Er duscht, zieht frische Klamotten an, checkt sein Facebook Konto und haut die vorher mit Pankomehl panierten Steinbeißer in die Pfanne. Dazu gibt es Spargel- und Kartoffelsalat. Den hatte er für sich und den Rest der Familie, von der Mainlust, einer der vielen Gaststätten die unter dem Lockdown leiden, mitgenommen. Isabella hatte den Tisch gedeckt. Großtante Erika stellte darauf einen gut gekühlten Silvaner. Für Delcy gab es Fischstäbchen, die er so gerne mochte.
Hatterer hatte dienstfrei, darum bekam er auch den tödlichen Unfall nicht mit, der sich auf der Staatsstraße von Schwarzach nach Volkach zutrug. Am nächsten Morgen wird er in der Mainpostille lesen: „Am Freitagnachmittag kam es auf der Staatsstraße zwischen Schwarzach und Volkach zu einem schweren Verkehrsunfall, bei dem ein 66-Jähriger Rennradfahrer wahrscheinlich von einem überholenden Auto berührt wurde. Der Rennradfahrer stürzte und wurde dabei lebensgefährlich verletzt. Laut Angaben der Polizei befuhr ein Fahrer eines schwarzen SUVs gegen 16 Uhr die Staatsstraße in Richtung Volkach. Bei dem Versuch den Rennradfahrer auf Höhe der Schleuse Gerlachshausen zu überholen, kam es aus bislang ungeklärter Ursache zu einer Kollision zwischen dem Auto und dem Rennrad. Der 66-Jährige Rennradfahrer stürzte dadurch von seinem Rennrad und zog sich lebensgefährliche Verletzungen zu. Nach der medizinischen Erstversorgung durch den Rettungsdienst und Notarzt, brachte ein Rettungshubschrauber den im Landkreis Kitzingen wohnenden Mann, in ein Krankenhaus, wo er nach wenigen Stunden verstarb. Für die Dauer der Unfallaufnahme war die Staatsstraße in beide Fahrtrichtungen für knapp drei Stunden gesperrt. Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Würzburg zog die Polizei Kitzingen einen Unfallsachverständigen hinzu, um gemeinsam mit den Beamten den Unfall detailliert zu rekonstruieren.“ Warum der Rennradfahrer nicht auf dem parallel verlaufenden Radweg gefahren ist, kann man nur vermuten. Zum Zeitpunkt des Unfalls war der Radweg ziemlich überfüllt, vor allem mit Leuten auf E-Bikes.
Noch schöpfte niemand Verdacht, dass es sich bei dem Unfall um einen gezielten Mord handeln könnte. Alle gingen von einem Unfall aus. Erst als die osteuropäische Staatszugehörigkeit des SUV-Fahrers bekannt wurde und die Vorladungen von dem Mann zu einer abschließenden Vernehmung nicht wahrgenommen wurden, schöpfte die Polizei ersten Verdacht. Die angegebene Meldeadresse war ein Gartengrundstück am Frohnberg, das zu einer Kleingartenanlage gehörte. Auf dem Grundstück stand nur ein heruntergekommenes Gartenhaus. Erst jetzt kam Hatterer ins Spiel. Eine Woche nach Ostern nahm er die Ermittlungen auf. Der unfallverursachende Fahrer war längst verschwunden. Auch der SUV war nicht mehr zu finden. Das alles hat aber auch bei Hatterer noch keinen Verdacht auf eine Gewalttat ausgelöst. Die Strafverfolgungsbehörden wurden überzogen mit Anzeigen selbsternannter Blockwarte. Die Geburtstagsfeiern von Nachbarn ebenso meldeten, wie Stammtischrunden in den abgedunkelten Nebenzimmern. Der Grat zwischen Denunziantentum und Fürsorge ist schmal. Dass viele Menschen besorgt waren. Die Angst um ihre Gesundheit, kann man nachvollziehen. Ob man deswegen andere anschwärzen muss, sei dahingestellt.
Katastrophenfall Tag 22/Ausgangsbeschränkung Tag 17: Heute haben die Osterferien offiziell begonnen. Nicht, dass dies irgendeinen Unterschied zum derzeitigen Alltag bei den Menschen machen würde. Hatterer kommt auf dem Weg ins Büro an einem Reisebüro vorbei. Dort war ein Plakat aufgehängt mit der Aufschrift: Fernweh hoffentlich bald wieder möglich. Wir sind für sie da. Der Laden hatte aber geschlossen. Optimist.
Peter Seltermann, der neben dem Streifendienst auch das Räumchen mit den Asservaten betreut, bekam den Auftrag das demolierte Rennrad zu verstauen. Es war sehr eng in dem Kämmerlein im Keller der Kitzinger Dienststelle. Er löste die Sattelstütze aus dem verbeulten Sattelrohr des blauen italienischen Gios Rennradrahmens. Ein Klassiker unter den Stahlrahmen.
Sattelstütze und Sattel legte er auf die eine, immer in Dunkelheit liegende, Fensterbank. Die Fenster wurden bei Umbauarbeiten irgendwann einmal zugemauert. Das Neonlicht flackerte und er hängte den defekten Rennradrahmen an einen Deckenhaken. Als er sich zum Gehen wegdrehte, merkte er nicht, dass aus dem Sattelrohr ein weißes Pulver rieselte. Seltermann, ein Mann wie ein Baum, ungefähr 1,95 m groß, sehr muskulös und durchtrainiert, hatte bald Feierabend und freute sich schon beim Gang in die Umkleide auf sein ausführliches Fitnessprogramm, dass er sich auferlegt hat. Dazu gehörte Laufbandtraining, Schwingstab, aber auch Yoga. Raus aus den steifen, muffigen Polizeiklamotten. In den engen hellblauen Jeans hatte er einen richtigen Knackarsch. Der hellrosa Vintage Strickpullover mit V-Ausschnitt gab unter der hellblauen Krageneinfassung ein paar Brusthaare frei. Die hellblauen Sneakers, rundeten sein Outfit geschmackvoll ab. „Er schaute auf sich“, wie es im mainfränkischen Sprachschatz genannt wird, wenn sich ein Mann/Frau besonderes stylt.
Das Ganze kam nicht von ungefähr. Er ließ sich von seinem früheren Kollegen Ex-Kriminalkommissar Eduard Gersteg beraten. Meistens bestellte der dann auch gleich die Sachen bei ihm. Gersteg hatte seinen Dienst bei der Polizei quittiert und wurde ein erfolgreicher Modeblogger und gefragter Influencer mit einer kleinen angeschlossenen Online-Boutique. Also es war keine richtige Boutique, er kleidete halt ein paar Bekannte ein, die Vertrauen zu ihm und seinen Kleidungsexpertisen hatten. Meistens waren es frühere Kollegen, aber auch Männer von der dunklen Seite ließen sich von ihm einkleiden und bezahlten ihn recht üppig. Jetzt in der Corona Zeit kam er mit den Lieferungen kaum noch nach. Der online Handel boomte.
Die Grenzen waren wegen der Covid-19 Krise geschlossen. Niemand konnte weder rein noch raus aus Deutschland. Der Schwarze SUV musste also noch im Lande sein. Erst spät merkte Hatterer, dass der Name des Fahrers nicht der war, der im Führerschein stand, den die Streifenkollegen beim Unfall zwischen Volkach und Schwarzach aufgenommen hatten. Er war auf einen Artur Pirzhkoy ausgestellt. Der ein bekannter russischer Sänger ist, wie seine Recherchen später ergaben. Er erinnerte sich an den Songs des russischen Sängers. Bei früheren Ermittlungen die ihn auch einmal nach Armenien führten. Die liefen die Songs des Russen in den Bars und Clubs rauf und runter. Richtige Ohrwürmer.
Am nächsten Morgen waren Rudi Weingart und sein belgischer Schäferhund Admiral Benbow auf den Weg in die Asservatenkammer. Weingart hatte dort verschiedene Arten von Trainingsspielzeug für seinen Hund deponiert. Der Platz in der Kitzinger Polizeidienststelle war begrenzt. Die Beamten freuten sich auf den versprochenen Neubau. Admiral Benbow ist kein Drogenhund, sondern einer der drei Fährtenhunde des Polizeibezirks Unterfranken mit sehr neugierigen Ausprägungen. Die Schutzhundeprüfung hatte er erst vor kurzem mit Erfolg bestanden. Peter Seltermann, der Verwalter der kleinen Asservatenkammer, saß auf seinem Stuhl hinter sowas wie einer Theke und schaute in ein Kreuzworträtsel. „Holmium, das chemisches Element mit der Ordnungszahl 67 ist Holmium“. Seltermann schaute ihn groß an. „Passt, woher weißt du das?“ Weingart erzählte ihm, dass sein etwas durchgeknallter Schwiegervater, zu seinen Geburtstagen, immer mit dem jeweiligen Namen der Ordnungszahlen der chemischen Elemente einlädt. Heuer war das eben „Projekt Holmium“. „Okay, was brauchst du Peter!“
Rudi Weingart suchte im Durcheinander der Kammer nach speziellem Beißspielzeug. Das verwendete er um Admiral Benbow damit zu trainieren. Nach dem Training gab es dann immer Leckerli als Belohnung. Laut Vorschrift musste er Admiral Benbow einmal in der Woche mit Belohnung trainieren. Der neugierige und immer hungrige Benbow, wie er meist gerufen wurde, leckte derweil von dem weißen Pulver, dass auf dem Fußboden zu einem Häufchen von der Größe eines Maulwurfhügels angelaufen war. Als Weingart zum Gehen aufbrechen wollte, fand er seinen Admiral in einer etwas seltsamen Haltung vor. Er lag auf dem Rücken, streckte alle Viere von sich und leckte sich mit seiner Zunge ständig über das Gesicht. Dann sah Rudi Weingart den Haufen mit dem weißen Pulver. Ihm schwante Böses dabei. Mit einem angefeuchteten Daumen probierte er von dem Zeug. Es schmeckte bitter mit einer Spur „numbing Sensation“, typisch für Kokain. „Was hat er?“ fragte Seltermann, der anscheinend mit seinem Kreuzworträtsel fertig geworden war. „Du mit deiner Scheiß Unordnung. Schau dir das an. Das ist Koks und mein kleiner Benbow hat davon eine Narkosedosis abbekommen.“ „Das kann gar nicht sein, alles ist registriert!“ „Du Penner!“, schimpfte Weingart, „Das Koks ist aus dem Fahrradrahmen herausgelaufen der da am Haken hängt!“ Der baumlange Seltermann macht große Augen und verdreht nervös seinen Nacken, sowie er es immer macht, wenn er aufgeregt war. „Tatsächlich! Scheiße! Ich habe das nicht gemerkt!“ „Und jetzt?“ schimpfte Weingart, „ich muss das melden! So ein Saustall aber auch!“ „Bitte nicht!“ bettelte Seltermann, der sowieso auf sowas wie einer Systemfehler Liste stand, weil er schon mehr als einen Bock geschossen hatte. Weingart überlegte kurz und sagte dann ganz ruhig, dass Seltermann ihm jetzt etwas schuldet. „Was du willst!“, flehte er dann Weingart an.
Die Vögel zwitscherten als Hatterer durch den Neuen Friedhof zum Grab von Felix von Stein lief. Es war kalt. Die Sonne strahlte durch das frische Grün der Bäume. Stein hatte keine Angehörige, er war nie verheiratet und hatte keine Kinder. Polizeichefin Susanna Porzuck hatte zur Beerdigung eingeladen. Ein bisschen Korpsgeist musste sein. In Corona Zeiten waren Beerdigungen unspektakuläre Ereignisse. Hatterers geschiedene Frau Elsa Menzel war auch verständigt worden, ist aber nicht gekommen. Er hätte noch einiges mit ihr wegen ihres gemeinsamen Sohnes Delcy zu besprechen gehabt. Die Kollegen von der Spurensicherung Max Steinegger und Michele Piazolo grüßten stumm. Die pensionierten Polizeihauptwachtmeister Franz Hell und Edgar Loder ließen es sich ebenfalls nicht nehmen. Zusammen mit dem früheren Assistenten und jetzigem Modeblogger Eduard Gersteg standen sie am Grab. Die neue Dekanin geleitete den kreuztragenden Bestattungsunternehmer die Treppen hinunter zum unteren Teil des Friedhofs. Die Totenglocke läutet. Die Leichenträger stellen sich hinten an. Nach einem Gebet und kurzer Ansprache singt die Dekanin „So nimm denn meine Hände“. Es fließen ein paar Tränen. Die Leichenträger lassen den Sarg in den Gottesacker. Das wars. Es dauerte keine 15 Minuten, dann war das Begräbnis zu Ende. Alle hatten Abstand gehalten, niemand hatte gehustet. Hatterer nimmt den Mundschutz ab. Er will nach Hause fahren. Im vorderen Teil des Friedhofs findet eine zweite Beerdigung statt. Fred Dürnberger der Rennradfahrer wird am selben Tag beerdigt. Seine Leiche war von der Gerichtsmedizin freigegeben worden. Außer vielen Drogen im Blut wurde nichts Auffälliges gefunden. Eine kleine Abordnung des Radsportvereins ist gekommen, ein Fahnenträger marschiert vorne weg.
Hatterer hatte sich für heute nochmal frei genommen, Überstunden abbauen. Zu Hause warten bereits Großtante Petra Danovski, seine neue Freundin Isabella Rodríguez und Söhnchen Delcy auf ihn. Auf der Terrasse war gedeckt. Es gab Kaffee und selbstgebackenen Apfelkuchen. Hatterer beobachtet einige Grünfinken die über die Pflanzsteine hüpfen.