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Satire auf historischer Grundlage. 13. Jahrhundert. Menschenbilder. Parallelen zwischen dem 13. und dem 21. Jahrhundert? Eine Gruppe Frauen und Männer der Freien und Geheimen Bruder- und Schwesternschaft der Unerschütterlichen Haltlosen trifft sich 1222 an einem geheim gehaltenen Ort. Die Damen und Herren beabsichtigen in Padua eine Universität zu gründen. Schnabelfechtend geraten sie aneinander. Die sich in Szene setzenden Habichte, Gockeln und Wachteln kreieren in wacher Voraussicht das 21. Jahrhundert und markige Sprüche. Dem gegenüber der bescheidene Muhammad aus Jerusalem: "Ich bin nur ein einfacher Mann, der weder verbotene Bücher liest, noch gegen irgendeinen Mächtigen Groll hegt. Wir haben zu tun, was uns die Not, die man uns angedeihen lässt, lehrt." Die Gelehrten: "Für eine neue Theologie, für ein neues Menschenbild, für eine neue Weltsicht, für Logik, Diskurs und Widerspruch anstelle bewundernswerten Geschwätzes und der Verachtung der Vernunft."
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Seitenzahl: 65
Veröffentlichungsjahr: 2019
Geheimer Hinweis auf den Ort des Geschehens:
Besen unter dem Fenster. Hier treffen sich turnusmäßig - wie immer - am ersten Dienstag im Monat die Frauen und Männer der Freien und Geheimen Bruder- und Schwesternschaft der Unerschütterlichen Haltlosen.
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Verlag und Druck:
Tredition GmbH, Hamburg
© 2019 Rolf Kaufmann
ISBN 978-3-7482-1471-7 (Paperback)
ISBN 978-3-7482-1472-4 (Hardcover)
ISBN 978-3-7482-1473-1 (e-Book)
Umschlagsgestaltung: Richard Gruber
Dorothea Uhrlau gewidmet
Rolf Dieter Kaufmann
Immer wieder tun, was eigentlich nicht geht
oder
Zum Teufel mit der Toleranz
I.
Zum Ochsen
Im Jahr 1222 wird mit Starthilfe wohlhabender, ehrgeiziger Sponsoren und einiger Magister bzw. Scholaren, die aus Bologna herübergekommen waren, die Universität von Padua gegründet. Unter der milden Herrschaft der weltoffenen Republik Venedig steigt „Zum Ochsen“ (il bò), wie die Universität bis heute nach einem Gasthof, der auf dem Universitätsgelände einmal gestanden hat, genannt wird, zu ungeahnter Blüte auf. Sie wird Zentrum des Humanismus, aber auch der neuen Naturwissenschaften und der Auseinandersetzung mit der vorderasiatischen und islamischen Welt.
II.
Niedergang und Wiedererstarken Paduas
Nachdem die blutigen Kämpfe gegen die Kelten und der Einfall der Langobarden in den Kriegsjahren um 601 und schließlich die Zerstörung der Stadt durch die Ungarn im Jahre 899 zum wirtschaftlichen und politischen Niedergang Paduas geführt hatten und alle antiken Monumente für immer zerstört waren, dauerte es bis in das 12. Jahrhundert hinein, dass Padua wieder erstarken konnte, um als Freie Stadtkommune zum zweiten Mal die Bedeutung zu erlangen, die ihr eigentlich zustand.
Hinweise:
Ungarn? Awaren? Sie verwüsteten ganz Italien, töteten viele geistliche und andere Würdenträger. In einer Feldschlacht fielen an einem Tag 20.000 Italiener.
Die Langobarden? Der von Justinian protegierte Feldherr und Eunuch Narses rückte mit einem grossen Heer in die Po-Ebene ein und besiegte zunächst die Goten und ihren König Totila, gestorben 552.
Von Ravenna aus regierte er als Patrizius des Kaisers. Narses befriedete Italien. Er führte die in Konstantinopel geschaffene römische Gesetzessammlung CORPUS JURIS CIVILIS des Justinian ein, von der wir im deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch heute noch profitieren. Justin II. (auch Flavius Justinus), von 565 bis 578 oströmischer Kaiser, hat Narses später entmachtet, indem er ihn abberief. Narses´ Fehler war wohl, dass er im Gotenkrieg die heimatlosen Langobarden, schlaue Heidenbürschchen, für sich eingesetzt hatte. Diese machten sich 568, in der Absicht, eine Heimat zu finden bzw. zu erobern, auf den Weg nach Italien. Der Kaiser glaubte hoffen zu können, dass diese heimatlosen Burschen das Reich gegen die Franken abriegeln würden, was dann nicht geschah. Nachdem diese Haudegen eigenwillig nördlich des Po eine Stadt nach der anderen unterworfen hatten, kam ihnen in den Sinn, doch gleich alleine in Italien herrschen zu wollen. Sie einverleibten sich Pavia im Norden Italiens, am Fluss Ticino gelegen. Nicht zur Freude der Byzantiner. Sie machten sich diese Stadt zum eigenen Königssitz. Norditalien wurde lombardisch. Das erste Königreich Italien war geboren. Allerdings auch schnell wieder gestorben, weil die auf die Inseln Venetiens geflüchteten Oppositionellen und jetzt um ihre Heimat bangenden und die Bewohner im Gebiet um Bologna, Ravenna und in der Toskana, diese Entwicklung nicht gerne hinnahmen. Außer mit dem wachsenden Widerstand der Byzantiner, mussten die Langobarden mit kriegerischen Einfällen der Franken und dem gefürchteten Reitervolk der Awaren fertig werden.
III.
Das Jahr 1222
Wir sind im Jahr 1222. Eine Gruppe früh gealterten Frauen und Männer der Freien und Geheimen Bruder- und Schwesternschaft der Unerschütterlichen Haltlosen (Inconsistenza) trifft sich turnusmäßig - wie immer - am ersten Dienstag im Monat, an einem geheim gehaltenen Ort in Padua. Vermutlich treffen sie sich auf der Baustelle des bis dahin noch nicht fertiggestellten Palazzo delle Regione.
Hinweis:
Der Ort Padua, das historisch-römische Patavium, ehemals eine reiche und angesehen Stadt in der Po-Ebene, Geburtsort des Livius, beiderseits des Bacchiaglione gelegen, durch Kanäle mit Brenta, Etsch und Po verbunden, an der Schnittstelle der Verkehrswege an der nordöstlichen Po-Ebene, war richtig gewählt. Im 10. Jahrhundert wurde Padua zum Mittelpunkt einer Grafschaft. An die Stelle von Konsulen traten im 13. Jahrhundert die Podestà, eine Art mächtiger Bürgermeister, unter denen Padua seine Herrschaft über Vicenza, Bassano und Feltre ausdehnte und deshalb besonders in Gegnerschaft zu Venedig und Verona geriet.
IV.
Palazzo delle Regione (1):
Geheimes Treffen der Brüder und Schwestern der Unerschütterlichen Haltlosen
Die Brüder und Schwestern der Unerschütterlichen Haltlosen, der Inconsistenza, sitzen um einen rosafarbenen, mit grünen Bändern und weißen Lilien geschmückten Tisch, sich begrüssend, sich beschwatzend, auf den offiziellen Beginn der Aussprache wartend.
„Verspotte oder necke oder habe jemanden zum Besten oder beschwatze jemanden!“.
Es ist Hochmitternacht. Die Damen und Herren der Haltlosen, die Gutschweine - eine Anspielung auf einen Text des Petrus von Bruys, von „buona porca“ abgeleitet - beabsichtigen in ihrer Haltlosigkeit in Padua eine elitäre Universität zu gründen.
Hinweise:
Petrus von Bruys, häretischer Priester, Haupt der Petrobrusianer, predigte seit etwa 1105 in Südfrankreich gegen Kindertaufe, Eucharistie, Zölibat. Er wurde an einem Karfreitag zur Unterhaltung des Volkes „rechtmäßig“ öffentlich verbrannt. Diese kirchlichen Schauspiele der Grausamkeit waren immer auch ein erotisches Theater mit einer feierlichen Prozession. Männer- und vor allem Frauenliquidationen wurden allegorisiert durch erotische, keineswegs abschreckende Vorstellungsbilder, z.B. mit dem Verbrennen von Frauen, die durch das Feuer nackt wurden.
Inconsistenza (ital.) bedeutet Haltlosigkeit, levitas, fluxus animus (lat.).
Tatsächlich initiierten 1222 aus Bologna kommende Scholaren und Magister während der Herrschaft Friedrichs II. die Universität Padua.
Friedrich II.? Friedrich II., auch Friedrich der Staufer geheißen, geboren 1194, schon im Alter von 3 Jahren zum König von Sizilien ernannt; 16jährig zum König von Deutschland gekrönt; mit 24 Jahren wurde er Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Die Ehrwürdigen Brüder und Schwestern der Unerschütterlichen Haltlosen würde man heute als Sponsoren bezeichnen.
Was die Ehrwürdigen Brüder und Schwestern der Unerschütterlichen Haltlosen damals noch nicht geahnt hatten: Die Serenissima schuf 1463 an der Universität Padua einen Lehrstuhl für das Altgriechische. Ganz frei von Zwängen war die Universität im Zeitalter der Gegenreform. Vesalius führte an der Universität - von der katholischen Kirche krampfhaft und abwertend beäugt - seine anatomischen Studien ÜBER DEN AUFBAU DES MENSCHLICHEN KÖRPERS zur Veröffentlichung (1543). Galileo entdeckte die Gesetze des freien Falles – im Widerspruch zur Physik des Aristoteles. Er erweiterte seine Erkenntnisse durch Experimente (1592 – 1610) in Padua.
Galileo schuf eine neue Wissenschaft, die mathematische Naturwissenschaft (für die ihm durch die Inquisition von der katholischen Kirche der Prozess gemacht wurde).
V.
Palazzo delle Regione (2):
Geheimes Treffen der Brüder und Schwestern der Unerschütterlichen Haltlosen
Die Ehrwürdige Schwester Dorothea vom Kräutergarten berichtet: „Als wissenschaftliche Sekretärin der Freien und Geheimen Bruder- und Schwesternschaft der Unerschütterlichen Haltlosen und deshalb unmittelbare Beteiligte und Augenzeugin allen Geschehens, erlaube ich mir, in einer unter Verschluss zu haltenden und für die Nachwelt zu deren allgemeinen Kenntnis aufzubewahrenden Schrift, diese erfolgreichen Frauen und Männer zu charakterisieren.
In den Analen soll stehen: Mit dem Mut derer, die nichts mehr zu verlieren haben als ihre Würde, und mit dem im Ritual vorgesehenen, einleitenden Satz, `Ich schmachte vor Haltlosigkeit!`, bemühe ich mich nun, ZUM TEUFEL MIT DER TOLERANZ, die Brüder und Schwestern der Unerschütterlichen Haltlosen aufzuführen und der Nachwelt zu erhalten:
Den ehrwürdigen Bruder vom Dachstuhl des Lebens, singende Nachtigall der Sozialinspiration und Soziologie, Nobile und Gelehrter.“
Hinweis:
Wie man weiß, ist ein Nobile ein Freier mit hohem sozialem Rang, in der Regel quasi ein reicher Adeliger.
Die Ehrwürdige Schwester Dorothea vom Kräutergarten fährt fort: „Den Ehrwürdigen Bruder Aufschneider von San Giorgio, von König Johannes Ohneland von England geadelt mit dem Titel Ritter von den Trittbrettfahrern (Knight off Free Rider). Gelehrter.“
Hinweise: