Weiß jemand, ob die Braut katholisch ist? - Rolf Dieter Kaufmann - E-Book

Weiß jemand, ob die Braut katholisch ist? E-Book

Rolf Dieter Kaufmann

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Beschreibung

Die Touristenschlafstadt Venedig wäre, soweit es die Bewohner betrifft, tot, gäbe es nicht den auf einem Felsen gebauten, lebhaften Stadtteil Dorsoduro, wo die Menschen bei näherem Hinsehen noch ein normales Leben führen. Einheimische aus dem Dorsoduro sind Pechvögel. Sie sind für ihre derbe Sprache bekannt. Für zwei dieser Pechvögel sind weitreichende Begegnungen, Liebesbeziehungen zu Juliette, einer jungen Französin aus dem 13. Arrondissement in Paris, Schicksal. Man sagt in Venedig: Dem Pechvogel regnet es auf den Arsch, auch wenn er sitzt. Bewohner im Dorsoduro sind meistens arm. Ein guter Mensch dort weiß: Das Recht des Armen ist keinen Furz wert. Doch fröhlichen Menschen hilft Gott! Der Autor, der Menschen, Plätze und Gassen in Venedig kennt, schafft es in dieser Erzählung, über Klischees von und zu Venedig einfach hinweg zu winken.

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Seitenzahl: 83

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Rolf Dieter Kaufmann

Weiß jemand, ob die Braut katholisch ist?

oder

Der Narr muss nichts und kann alles

Illustration, grafische Gestaltung: Johanna Uhle.

Für Carolin,

aus reiner Zuneigung und aus Motiven, die mir ein unzugängliches Geheimnis sind.

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und für die öffentliche Zugänglichmachung.

Originaltitel: Matrimonio a Dorsoduro. Editore Libertà Intellettuale, Calle Moretti, Venezia.

Verlag: Tredition GmbH, Hamburg

© 2017 Rolf D. Kaufmann

ISBN 978-3-7345-9392-5 Paperback

ISBN 978-3-7245-9393-2 Hardcover

ISBN 978-3-7345-9394-9 e-Book

Rolf Dieter Kaufmann

Weiß jemand, ob die Braut katholisch ist?

oder

Der Narr muss nichts und kann alles

Prolog

Eine Maske ist kein verwaistes, scheu umher huschendes und zum Geistleben verdammtes Gespenst.

Sie ist nicht gleichzeitig hier und woanders, wie das für manche Person in Bezug auf ihre mentale Anwesenheit und Orientierung zu Zeit, Ort und Identität zutrifft.

Der Maske fehlt die Kraft des Denkens. Sie denkt nicht. Sie fühlt nicht. Sie handelt nicht.

Die Maske ist verfestigte Erscheinung der menschlichen Einfalt.

Sie fühlt weder Recht noch Unrecht. Sie redet nicht tolerant. Sie führt keinen Schönwetterdialog. Sie ist nicht Zeit- und nicht Leidvertreib. Sie führt weder Eintracht noch Zwietracht noch Niedertracht im Schilde.

Nicht streitbar, jedoch unwandelbar, trägt man sie mit sich herum.

Sie zwingt in ein erdachtes Schema von Was ist das Leben und wofür ist es? Der Betrachter verliert sich in Vorstellungswelten und in Träumereien, in die sich sonst nur begibt, wer viel nachdenkt.

Im Augenblick des Erscheinens ist die Maske wirklicher als die Person, die sie benutzt. Sie ist Lichtgestalt dessen, der sie trägt und davon berichten will, weshalb er sie trägt. Sie ist präsenter und zuverlässiger als derjenige, der sich hinter ihr verbirgt.

Ich, Nicolò Amareno

Jetzt bin ich ein alter Mann

Ich, Nicolò Amarena, bin ehrenamtlicher, öffentlicher Schreiber des Stadtteils Dorsoduro. Ehemals, vor meiner Pensionierung, war ich einmal Öffentlicher Zuträger in der zweiten Instanz des Appellations- und Kriminalobergerichts in der Cornergasse Calle Corner im Stadtbezirk San Polo. Aber das ist lange her. Jetzt bin ich ein alter Mann.

Venedig geht unter

Nach neuester Berechnung wird Venedig nun doch versinken. Zwar kämpfen die Venezianer jedes Jahr dagegen an, doch die Stadt ist nicht zu retten.

Jetzt haben Forscher festgestellt, dass der Meeresboden unter meinem geliebten Venedig absinken wird.

Besuchen sie mich in meinem Büro

Als öffentlicher Schreiber des Stadtteils Dorsoduro in Venedig habe ich oft davon geträumt, in das innere Leben meiner Landsleute einzutreten und die Erinnerungen dazu aufzuschreiben.

Venedig besteht aus Wasser und Geschichte. Man kann nur schwer das Wesen meiner Heimatstadt erfassen.

Man sollte sich jedoch bemühen, den obligatorischen Schritt zum besseren Verständnis zu wagen, damit man die fantastischen Schätze und die unsagbar wertvollen Sehenswürdigkeiten meiner Wasserstadt in ihrem Wesen begreift und am Leben erhält.

Meine private Wohnung (Aber das dürfen Sie nicht weitersagen!) ist beim Barnabas-Platz Campo San Barnaba, nahe der Unterführung zum Heiligen Barnabas Sotopòrtego San Barnaba.

Zu Ihrer Information: Ein Sotopòrtego ist ein Fußweg in Venedig, der unter einem Gebäude hindurch führt. Unter dem Namen Sotopòrtego existiert diese Art der Unterführung nur in Venedig.

Ich bin ledig und habe eine Zwillingsschwester mit Namen Carolin Amarena. Diese wohnt in der Paradiesgasse Calle del Paradiso, die im Stadtteil des Heiligen Polo Sestiere San Polo liegt und vom Westufer auf den Großen Kanal Canal Grande trifft. Besuchen Sie meine Schwester einmal. Sie freut sich.

Es ist hier in der vorliegenden Berichterstattung meine Aufgabe, über die Kultur und den Alltag der Bewohner des Dorsoduro zu dokumentieren, damit Sie – wer immer Sie auch sind - den Stadtteil entdecken und kennenlernen können.

Wahrlich, ich bin kein Freund der Politik und der Politiker. Politiker sind in der Regel durchgängig verhaltensgestört. Ich ignoriere sie einfach. Das sollten Sie sich merken.

Auf Politiker nehme ich keine Rücksicht. Auf Politik schon gar keine. Ich bin ein Pedant, der allem und jedem nach geht und alles und jedes genau wissen will. Das mag Sie befremden. Ist mir aber egal. Berichten will ich wie folgt:

Lob der Beständigkeit

Der richtige Augenblick

Februar 1981. Es ist schon dunkel im Dorsoduro. Wegen der durch Mondschein, Kerzen und Fackeln ein wenig erhellten Nacht singt heute keine Nachtigall.

Im Dorsoduro ist der richtige Augenblick, ist Karneval, ein Nachtstück, Szenerie mit unwirklichen Inhalten.

Wann ist der richtige Augenblick? Der Dorsoduro ist der Stadtteil der Kleinen Leute.

Die Nicolòtti

Lorenzo Loredano

Der Vater der Zwillinge Pietro und Paolo, Lorenzo Loredano, geboren am 2. Oktober 1950, war Seemann. Er starb am 24.8.1980 auf einem Fischtrailer, kurz nach der Geburt der Zwillinge. Er fiel einfach tot um. Sekundentod.

Valentina Loredano

Die Mutter der Zwillinge, Valentina Loredano, geboren am 2.5.1955 im Dorsoduro, ist Fisch- und Blumenverkäuferin. Valentina kämpft sich als junge Witwe, alleinerziehend - so recht und schlecht und mit Hilfe ihrer Eltern durch das Leben.

Fische

Seit ihrem elften Lebensjahr verkauft Valentina auf dem Hinteren Fischmarkt die Waren ihres Großvaters und später die ihres Vaters.

Amelia und Frederico degli Alberti

Amelia, geboren am 24. Dezember 1955, Hutmacherin am Squellini-Platz Campo Squellini, ist die Mutter von Giulia. Ihr Gatte, Frederico, geboren 21. Februar 1953, ist Schriftsteller. So nennt er sich selber.

Die Nicolòtti

Alle, wie sie hier aufgeführt sind oder noch werden, heißt man in Venedig Die Nicolòtti, benannt nach dem mittelalterlichen Ortsteil St. Nikolaus und der Kirche des Heiligen Nikolaus von Mendicoli San Nicolò dei Mendicoli.

Die Nicolòtti waren nie Bettler, und sie sind es auch heute nicht. Sie waren nie wirklich arm. Sie hatten immer genug, um leben zu können. Innerhalb der Bevölkerung Venedigs hatten sie eine besondere Stellung inne.

Die politische Oberschicht und der Adel schenkten den Fischern, Seeleuten und den Industriearbeitern des Stadtteils Dorsoduro wegen ihres Fleißes, ihres großen Organisationstalents und ihrer politischen Präsenz im regionalen Geschehen große Beachtung.

Paolo, Pietro, Giulia, Juliette und Tonio erblicken das Licht der Welt,

Pietro und Paolo Loredano

Am >10.08.1980< werden im Stadtteil Dorsoduro, am Platz der Heiligen Margarete Campo Santa Margharita, in der Gasse der Lagerhäuser Calle del Magazin, im Haus von Valentinas Tante Veronica, der Stadtteilhebamme, Valentinas Zwillinge Pietro sowie Paolo geboren.

Ein wenig zu früh für eine Gebärende, die eigentlich keine Kinder haben wollte.

Tonio Pandalfini

In der Gasse gegenüber, in der Bäckergasse Calle del Forno, kommt ebenfalls am >10. Februar 1980<, gegen 11 Uhr wenig beachtet – der im Erwachsenenalter als Bösewicht auffällige Tonio auf die Welt.

Die Gebärende, Bianca Pandalfini, geboren am 10. August 1950, Tochter des Kultursenators Signore Probo, verliert bei der Geburt des Tonio ihr Leben.

Antonio Pandalfini

Tonios Vater Antonio Pandalfini, geboren am 11. Januar 1947, Magistrat in Venedig, spöttisch Pantalone genannt, begibt sich nach der Geburt des Tonio zur Brücke am Hafen der Barmherzigkeit Sacca della Misericordia, zum nördlichen Löschhafen für Handelsschiffe, dorthin, wo früher die Frauen und Mütter der Seeleute nach Eintreffen der Galeeren ihre zur See fahrenden Gatten, Väter und Söhne erwarteten.

Antonio Pandalfini, Tonios frisch gebakkener Vater, steht dort, um den Tag zu verfluchen, an dem er Vater wurde.

Giulia degli Alberti

Und in einem Haus am Platz zum Berg Karmel Campo di Carmini erblickt am >10. August 1980<, gegen 6:00 Uhr, Amelias und Fredericos Tochter Giulia das Licht der Welt.

Amelia degli Alberti

Mutter Amelia: Das Eigentliche kommt spät und für manche, wegen deren Eile oder Ungeduld, zu spät oder gar nicht. Die Zeit? Wer bestimmt die Zeit? Valentinas nervig krähender Hahn?

Frederico degli Alberti

Nach Giulias Geburt stolziert ihr leiblicher Vater, Frederico, zur Madonna mit den drei Bäumchen, Madonna degli alberetti, um für den guten Verlauf der Geburt seiner Tochter zu danken.

Eigentlich war dort, wohin er Dankesworte flüsterte, nur eine Kopie des Bildes der von Giovanni Bellini geschaffenen Madonna mit Kind und zwei Bäumchen, und eigentlich hatte er kein so inniges Verhältnis zu seiner Gattin Amelia und zu der neugeborenen Giulia, und eigentlich war er wenig religiös. Er war sich nicht sicher, ob er glücklich oder unglücklich sein sollte, und ob ihm ein glückliches und erfülltes Leben gegönnt sei.

Amelia degli Albertis Beziehung

Amelias und Federicos schwaches, dünnes Netz im kleinbürgerlichen Leben war für beide zu rissig, und ein starkes, grosses Netz für eine tragfähige Beziehung hing ihnen zu hoch.

Pietro und Paolo Loredano, Tonio Pandalfini, Giulia degli Alberti, Juliette LaRue

Alle am >10. August 1980< Neugeborenen bekommen von ihren Müttern in die Wiege gelegt, man solle Seiendes, Gewesenes und Gewordenes bewahren und Werdendes beschützen, und man solle sich gegenüber anderen Menschen immer so verhalten, dass man die Person, zu der man sich verhält, ohne Scham und Reue wiedersehen kann.

Irgendwo anders kommt Juliette auf die Welt

Weit weg von Venedig, in Paris, im 13. Arrondissement, in der Rue Pinel, in der Nähe des Boulevard Vincent Auriol, gebärt Sarah Kirschner, Studentin an der Sorbonne, am >10.08.1980< eine Tochter und gibt ihr den Namen Juliette.

Juliette LaRue, ein Geschenk

Der Vater von Juliette ist Prof. Dr. Pierre LaRue, Doktor-Vater der Studentin Sarah Kirschner. Sarah Kirschner macht ihrem 20 Jahre älteren Liebhaber und Doktor-Vater Pierre LaRue die neugeborene Juliette kurzerhand zum Geschenk. Sie selber macht sich aus dem Staub - nach Montréal, Kanada.

Der vierzigjährige Junggeselle, Professor Pierre LaRue, übernimmt Juliette voller Stolz in seine Obhut.

Die hochbegabte Juliette LaRue

Juliette wächst in Folge bei ihrem Vater, Dr. Pierre LaRue, und bei dessen Haushälterin, Louanne, auf. Ab ihrer Einschulung wird sie von ihren Lehrern und der zuständigen Schulbehörde als hochbegabt und besonders förderungswürdig angesehen, gefördert und geführt. Ihr Vater hofft, sie werde einmal Chemie studieren. Juliette schließt im Alter von nicht ganz 20 Jahren ein Psychologie-Studium ab.

Ab ihrem sechszehnten Lebensjahr wird sich bei Juliette der Wunsch bzw. die Hoffnung fest machen, später in Venedig wohnen zu wollen. (Bei seinen Reisen nach Venedig – aus beruflichen Gründen nahm Prof. Dr. Pierre LaRue seine Tochter häufig mit. Juliette fühlte sich immer wohl in der Region).

Arme sind arm, weil sie faul oder dumm oder beides sind