INSELgelb - Stina Jensen - E-Book

INSELgelb E-Book

Stina Jensen

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Beschreibung

Ein Roman, magisch wie ein Regenbogen über dem Meer.

»Du wirst dich wohl nie ändern« - mit diesen Worten verlässt Josh Claire, nachdem sie ihn bitter enttäuscht hat. Ihr bleibt nur eine Hoffnung, sein Herz zurückzuerobern: Sie muss nach Island reisen und dort nach seinen Wurzeln suchen, schließlich war das immer sein größter Traum. Gleich nach ihrer Ankunft geht jedoch alles schief, und Claires Mission scheint zum Scheitern verurteilt. Erst als sie unerwartet Hilfe von Kristjan erhält, dem wortkargen Sohn einer Schafzüchterin, fasst sie neuen Mut. Gemeinsam begeben sie sich auf eine aufregende Reise über die faszinierende Insel, auf der Claire fast ihre Mission vergisst. Doch dann erhält sie überraschend Nachricht von Josh ...

Die Romane der INSELfarben- und GIPFELfarben-Reihe sind in sich abgeschlossen und können unabhängig voneinander gelesen werden.

Die chronologische Reihenfolge der Romane: Inselblau (Svea, Langeoog und Mallorca), Inselgrün (Wiebke, Irland), Inselgelb (Claire, Island), Inselpink (Ida, Mallorca), Inselgold (Amanda, Rügen), Gipfelblau (Annika, Zermatt), Gipfelgold (Mona, Bad Gastein), Gipfelrot (Valerie, Schottland), Inseltürkis (Terry, Sardinien), Inselrot (Sandra, Sylt), Gipfelpink (Susa, Teneriffa), Inselhimmelblau (Svea, Langeoog), Gipfelglühen (Sebastian, Allgäu)

Außerdem: »Plätzchen, Tee und Winterwünsche«, »Misteln, Schnee und Winterwunder«, »Sterne, Zimt und Winterträume«, »Muscheln, Gold und Winterglück«, »Vanille, Punsch und Winterzauber«, »Mondschein, Flan und Winterherzen«, »Engel, Blues und Winterfunkeln«, »Sommertraum mit Happy End«, »Stürmisch verliebt«

Spannung und Gefühl vor bedrückender Küstenkulisse. Die Levke-Sönkamp-Reihe – Privatermittlerin mit stolperndem Herzen: Möwentrauer, Möwenschuld, Möwenzorn

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INSELGELB

STINA JENSEN

SÓTANO

INHALT

Impressum

Über die Autorin

Wunsch-eBook

Das Buch

Prolog

1

2

3

4

Josh

5

6

7

8

Josh

9

10

Josh

11

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13

14

Josh

15

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Josh

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31

Jóhanns Rezept für Gulrótarkaka

Nachwort

Eine persönliche Bitte

Alle Bücher von Stina Jensen

Leseprobe INSELpink

Erstausgabe: März 2017

© Stina Jensen

Robert-Bosch-Straße 48

61184 Karben

[email protected]

www.stina-jensen.de

Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung der Texte und Bilder, auch auszugsweise, ist ohne schriftliche Zustimmung der Verfasserin urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen.

Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werkes sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten zu existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.

Lektorat und Korrektorat: Ricarda Oertel www.lektorat-oertel.de

Covergestaltung © Traumstoff Buchdesign traumstoff.at.vu

Covermotiv © zhang kan shutterstock.com

Das gesamte Programm von Stina Jensen findest du hier.

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STINA JENSEN schreibt Insel- und Gipfelromane, romantische Komödien und Krimis. Sie liebt das Reisen und saugt neue Umgebungen in sich auf wie ein Schwamm.

Meist kommen dabei wie von selbst die Figuren in ihren Kopf und ringen dort um die Hauptrolle in ihrem nächsten Roman. Wenn sie nicht verreist, lebt die Autorin mit ihrer Familie in der Nähe von Frankfurt am Main.

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Du wirst dich wohl nie ändern« – mit diesen Worten verlässt Josh Claire, nachdem sie ihn bitter enttäuscht hat. Ihr bleibt nur eine Hoffnung, sein Herz zurückzuerobern: Sie muss nach Island reisen und dort nach seinen Wurzeln suchen, schließlich war das immer sein größter Traum. Gleich nach ihrer Ankunft geht jedoch alles schief, und Claires Mission scheint zum Scheitern verurteilt.

Erst als sie unerwartet Hilfe von Kristján erhält, dem Sohn einer Schafzüchterin, fasst sie neuen Mut. Gemeinsam begeben sie sich auf eine aufregende Reise über die faszinierende Insel, auf der Claire fast ihre Mission vergisst.

Doch dann erhält sie überraschend Nachricht von Josh ...

Ein Roman, magisch wie ein Regenbogen über dem Meer.

PROLOG

Bitte spann mich doch nicht so auf die Folter, Josh«, flehte ich und setzte den Blinker. »Was sind das denn nun für Neuigkeiten, von denen du mir erzählen willst? Seit Tagen tust du so geheimnisvoll!«

Joshs Stimme tönte über die Freisprechanlage: »Du wirst es schon noch früh genug erfahren. Hauptsache, du donnerst dich nachher ein bisschen auf, wenn ich dich ausführe.« Er lachte. »Also so, dass sie uns reinlassen.«

»Meinst du etwa ein Abendkleid?«, fragte ich und fuhr auf den Supermarktparkplatz. Josh und ich hatten uns vor einigen Wochen darauf geeinigt, dass ich für die Einkäufe und er für die Sauberkeit in unserem Apartment zuständig war – seither gab es weniger Knatsch. Mit Aufräumen hatte ich es noch nie. Genauso wenig wie mit festlichen Kleidern.

»Ich meine zumindest etwas, bei dem sie davon ausgehen, dass wir einen festen Wohnsitz haben«, fügte er hinzu.

Ich verdrehte die Augen und sah auf meine grüne löchrige Leggings. Darüber trug ich Hotpants aus rotem Samt und ein vergilbtes T-Shirt. Meine blondierten Haare hielt ich normalerweise fransig kurz geschnitten, knetete sie am liebsten ordentlich durch, sodass es aussah, als sei ich gerade erst aus dem Bett gestiegen (eigentlich unfair, bei dem Aufwand, den ich dafür betrieb), und Josh liebte das. Er war Leadsänger in einer Band, trug einen kurzen Bart und das dunkle Haar zu einem zierlichen Dutt gebunden – bei Frauen hingegen stand er auf Kurzhaarschnitte. Vermutlich würde er sich daher nicht besonders über meine Typveränderung freuen, der ich mich heute unterzogen hatte: Ich hatte mir Extensions machen lassen. Mein Haar reichte mir nun in blonden Rastazöpfchen über die Schultern – die Prozedur hatte Stunden gedauert. Im Normalfall hätte ich das natürlich nie getan, doch es war die Voraussetzung für die tolle Einnahmequelle gewesen, die ich aufgetan hatte. Josh wusste noch nichts davon. Üblicherweise übernahm ich Rollen in Werbespots, in denen »unangepasste Frauen« spießige Dinge taten: Einen Bausparvertrag abschließen zum Beispiel. Oder Kaffee mit Vanillearoma trinken. Einmal hatte ich einen Auftritt in einem Musikvideo von Eminem. Ich bekam danach jede Menge Zuschriften von Typen, die mit mir ausgehen wollten, und Eminem lud mich auf einen Kaffee ein – das Foto von unserem Starbucksbesuch landete in einer Zeitschrift, die uns ein Verhältnis andichtete. Na ja. Josh fand das glücklicherweise zum Piepen und freute sich für mich, dass ich danach noch mehr Werbeangebote bekam. Jedenfalls war das alles ziemlich harmlos. Nicht so eine Herausforderung wie die Sache, für die man mich jetzt engagiert hatte. Josh würde jubeln. Allein, wenn ich an das viele Geld dachte, das wir dadurch …

»Bist du noch dran?«, fragte mein Freund.

Erschrocken lachte ich auf, ihn hatte ich über meine Gedanken fast vergessen. Heute Abend würde ich jedenfalls neben der Präsentation meiner neuen Frisur eine ziemliche Bombe platzen lassen. Aber natürlich erst nach seinen Neuigkeiten.

»Ich werde dir klamottenmäßig keine Schande machen«, versprach ich, presste das Handy ans Ohr und stieg aus dem Wagen. »Soll ich besser noch mein Piercing und die Tattoos entfernen?«, erkundigte ich mich scherzhaft. Ich trug einen klitzekleinen Ring in der linken Augenbraue, auf meinen Unterarmen tummelten sich mystische Wesen.

»Gott bewahre, dann müsste ich das ja auch. Das gebügelte Hemd, in das ich mich schwingen werde, reicht mir.«

Ich lachte auf. »Ein Hemd? Langsam bekomme ich Angst.«

»Keine Sorge, du weißt, ich werde niemals heiraten, dazu steckt zu viel Wikingerblut in mir.«

Ich grinste. Josh erwähnte gern, dass er isländische Wurzeln hatte. Dabei lebte seine Familie seit mehreren Generationen in Kalifornien. »Dann ist es ja gut.«

»Um sieben, ja?«, bat er. »Sei pünktlich.«

»Ja, ja«, versprach ich. »Um sieben im Hilton.«

»Ich liebe dich«, flüsterte Josh. Seine Stimme klang unendlich warm. Kaum zu glauben für so einen coolen Typen wie ihn.

»Ich liebe dich auch.«

Nach einer kurzen Verabschiedung schlug ich die Tür meines Wagens zu und versenkte das Handy in meiner Tasche. Dann lief ich eilig zu den Einkaufswagen, um kurz darauf in Richtung Eingang des Ralphs Supermarket zu kurven. Ich liebte es, Anlauf zu nehmen und dann ein Stück damit zu fahren. Heute klackerten Zöpfchen auf meinen Schultern. Ein lustiges, neues Gefühl.

Natürlich war ich neugierig darauf, womit Josh mich überraschen wollte, wenn wir uns heute Abend nach seiner Bandprobe im San Diego Hilton am Harbor Drive trafen, um unanständig schick essen zu gehen. Es war unser zweiter Jahrestag, und er tat seit Wochen geheimnisvoll. Noch viel weniger konnte ich es aber abwarten, meine Neuigkeiten zu verkünden. Auf sein Gesicht freute ich mich jetzt schon!

1

EIN JAHR SPÄTER

Darf ich Ihnen noch etwas bringen?«

Verständnislos sah ich in die Augen der ganz in Pink gekleideten Stewardess und versuchte, mich auf ihre Worte zu konzentrieren. Seitdem ich vor einer halben Stunde wach geworden war, hatte ich aus dem Fenster gestarrt und so lange den unter uns liegenden, endlosen Ozean fixiert, bis meine Augen zu tränen begannen. Vielleicht sah ich durstig aus? Dabei konnte ich weder essen noch trinken vor Aufregung. Die Sandwiches auf den beiden Flügen von San Diego mit Zwischenstopp in New York hatte ich auch abgelehnt. Wenn ich aufgeregt war, bekam ich einfach nichts runter.

Ich schüttelte den Kopf. »Danke.«

Neben mir saß ein Mann, dessen Kleidung nach Mottenkugeln roch. Vermutlich war der rote Wollpullover, den er trug, länger nicht im Einsatz gewesen. Er hielt eine Kamera in seinem Arm, als wiege er ein Baby. Die Frau neben ihm war seit unserem Start abwechselnd in einen Roman vertieft oder sie schlief – dabei platzierte sie das Buch auf ihrer Brust und faltete darüber die Hände wie zum Gebet. Mit diesen beiden schweigsamen Sitznachbarn erging es mir wesentlich besser als den armen Menschen ein paar Reihen weiter vorn, die von mehreren Kleinkindern umringt zu sein schienen. Eines von ihnen hatte selbst mich mit einem Schreianfall aus dem Schlaf geholt. Aber nicht nur das Kind hatte geschrien, sondern auch ein Mann, der offenbar irgendetwas von ihm abbekommen hatte. Ich tippte auf Erbrochenes.

Ich wandte wieder den Kopf und sah aus dem Fenster, merkte, wie mir schon wieder die Augen zufielen. Hoffentlich waren wir bald da. Das letzte Mal, dass ich so weit geflogen war, war eineinhalb Jahre her. Keine lange Zeit. Doch seit meinem Trip nach Irland war so viel geschehen.

»Besuchen Sie jemanden in Island?«, schreckte mich der Mann neben mir aus meinen Gedanken. Nach unserem Start hatte ich jeglichen Smalltalk unterbunden, indem ich mir Kopfhörerstöpsel in die Ohren stopfte und war darüber immer wieder eingedöst. Mir war auch jetzt nicht nach einem Schwätzchen, das erfahrungsgemäß darauf hinauslief, dass mein Gesprächspartner sich nach der Narbe in meinem Gesicht erkundigte, die sich quer über meine Augenbraue zog und damit genau die Stelle touchierte, an der ich früher ein Piercing getragen hatte. Eilig antwortete ich: »Nur Sightseeing.«

Er nickte verständig und tippte sich an die Brust. »Ich bin Fotograf und hoffe auf spektakuläre Bilder. Vier Wochen Island. Das werden mehrere tausend Fotos.«

Ich nickte anerkennend und sah wieder aus dem Fenster. Josh fotografierte auch gern. Wäre er nicht Musiker geworden, hätte er eine Karriere als Fotograf machen können. Er hätte diese Reise geliebt. Wäre vor Freude ausgeflippt neben mir auf dem Sitz und hätte wahrscheinlich noch im Flugzeug einen Song über diesen Trip getextet. Aber er war nicht mitgekommen.

»Und wie lange bleiben Sie?«

Anscheinend verstand der Typ keine Körpersprache. Was konnte es Deutlicheres geben als eine kalte Schulter?

»Hören Sie«, sagte ich und bemühte mich um einen höflichen Tonfall, »ich bin furchtbar müde und mir ist nicht nach reden.«

Seine Mundwinkel wanderten nach unten, ein wenig erinnerte er an das beleidigte Gesicht eines Donald Trump. Überhaupt sah er ihm ähnlich. Aber der flog wohl kaum Economy. Außerdem trennten sie einige Jahre.

Ich langte nach einer splissigen Strähne meines schulterlangen Haares und knetete sie zwischen den Fingern. Die Extensions trug ich schon lange nicht mehr. Aber schneiden lassen hatte ich mir das Haar auch nicht. So kam es, dass die Spitzen meines nachwachsenden, hellbraunen Haares noch immer blond waren. Es sah ein bisschen gescheckt aus, aber es hätte mir nicht gleichgültiger sein können. Josh hätte bestimmt irgendetwas Neckendes dazu zu sagen gehabt, doch nach unserer Verabredung im Hilton war er aus meinem Leben verschwunden. Seine Sachen aus unserer gemeinsamen Wohnung hatten seine Eltern abgeholt. Seither chatteten sie ab und zu mit Mom und erkundigten sich nach mir.

Jedenfalls trug ich inzwischen auch keine löchrigen Leggings mehr oder Hotpants, die gerade so meinen Po bedeckten, keine Rüschenblusen zu Nietenstiefeln, auch kein bauchfreies Shirt zum Minirock. Ich war auf Jeans und T-Shirts umgestiegen, die Tattoos auf meinen Armen wirkten so deplatziert wie auf der makellosen Haut eines Kleinkindes. Doch in mein altes Ich konnte ich nicht zurück. Nicht ohne Josh.

Der Typ neben mir tippte mich an. Er deutete zum Fenster. »Ist das Island?«

Am Horizont war ein Streifen Land aufgetaucht. Eben leuchteten die Anschnallzeichen über unseren Köpfen auf.

»Davon ist wohl auszugehen«, sagte ich und hob die Schultern.

Der Flughafen schien im Nirgendwo zu liegen. Außer der Landebahn inmitten der hellgrünen Weite neben dem Meer war nichts zu entdecken. Hellgrün und Blau – Mamas Lieblingsfarben. Sofort tauchte ihr besorgtes Gesicht, das sie in den Tagen vor meiner Abreise überhaupt nicht mehr absetzen wollte, vor meinem geistigen Auge auf. Sie hielt diese Reise für viel zu früh für meine »Verfassung«. Und den Grund dafür, dass ich dieses Abenteuer antrat, »haarsträubend«. Dabei war dieser Trip meine letzte Chance. Wenn ich Josh meine Liebe bewies, indem ich für ihn auf dieser Insel nach seinen Wurzeln suchte, würde er vielleicht zu mir zurückkehren. Versuchen musste ich es.

Der Mann neben mir räusperte sich und stupste mich in die Seite.

»Ja?«, fragte ich und bemühte mich, nicht die Augen zu verdrehen.

»Würde es Ihnen etwas ausmachen, ein Foto zu knipsen?«, fragte er und reichte mir sein Handy. Die Profikamera auf seinem Schoß schien er mir nicht anvertrauen zu wollen. »Fürs digitale Fotoalbum.« Er deutete nach draußen. »Vom Landeanflug.«

Ich nahm das Handy und hielt es vor die Scheibe. Ein Streifen Tragfläche war nicht zu vermeiden. Der pinkfarbene Werbeslogan der Fluggesellschaft gab dem Ganzen die nötige Würze.

Mein Sitznachbar war anderer Meinung, als ich ihm das Smartphone zurückgab. »Ein bisschen blauer Himmel wäre klasse«, bat er und reichte mir noch einmal das Gerät.

»Kein Problem«, erwiderte ich. »Geht klar.«

Ich wählte die Diagonale. So bekam er etwas Himmel und etwas Land. Josh hätte das gefallen.

Abermals blickte mein Nachbar aufs Display und nickte halbwegs zufrieden. »Okay, danke.«

Nun klappte auch die Frau neben ihm das Buch zu und steckte es in ihre Tasche, die sie ordnungsgemäß unter dem Vordersitz verstaute. Dann lächelte sie uns zu und sagte: »Da wären wir.«

Mein Sitznachbar schloss die Augen und krallte sich an seiner Kamera fest – seine Knöchel traten weiß hervor.

Ich lächelte in mich hinein. Vorm Sterben hatte ich keine Angst mehr. Es hatte Momente gegeben, da hatte ich mir nichts mehr gewünscht als das.

2

Die Größe des Flughafengebäudes war im Gegensatz zu denen, die ich aus den USA kannte, überschaubar. Hier herrschte nicht dieses Kommen und Gehen, dieses Aneinandervorbeihetzen und sich Anrempeln, hier telefonierte niemand hektisch mit einem Geschäftspartner – um genau zu sein, hatte ich noch niemals so wenige Menschen an einem Flughafen gesehen. Es schien, als sei unsere Maschine als einzige hier gelandet, und nun schritten alle gesittet wie eine Herde Zebras auf dem Weg zur Wasserstelle in Richtung Gepäckausgabe. Ich kam gut voran – in San Diego und New York war ich kurz davor gewesen, einen Service in Anspruch zu nehmen, der Leute wie mich, die nicht so gut zu Fuß waren, über den Airport beförderte: Meine Hüfte machte mir bei längeren Strecken noch immer erheblich zu schaffen, besonders, wenn ich lange gesessen hatte. Doch bisher war ich für solche Dinge zu stolz gewesen und hatte es alleine geschafft. Erwartungsvoll starrte ich auf die Stelle, an der das Förderband die Gepäckstücke ausspuckte – als Kind hatte ich mir immer vorgestellt, dahinter verberge sich das Maul eines Drachen, dem übel geworden war.

Als Joshs Gitarre zum Vorschein kam, humpelte ich an das Band und nahm sie vorsichtig herunter, kurz darauf meinen Koffer. Beides lud ich auf einen Gepäckwagen und gelangte nach wenigen Gehminuten durch die Korridore zum Ausgang – vorbei an ein paar Restaurants und Klamottenläden, deren Auslagen selbst jetzt im isländischen Frühling bunte Wollpullover schmückten.

In der Eingangshalle warf ich einen Blick nach draußen auf den Parkplatz vor dem Gebäude und hielt nach Bussen mit der Aufschrift Flybus Ausschau. Fünfzig Minuten dauerte die Fahrt nach Reykjavík, genügend Zeit, um noch ein bisschen die Augen zu schließen – diese Info sowie das Busticket hatte ich von der Stewardess erhalten. Ich plante jedoch nicht, noch einmal zu schlafen, sondern wollte die Landschaft dieses fremden Landes bewundern, in dem ich die nächsten zwei Wochen verbringen würde.

Als ich ins Freie trat, wehte mir überraschend kühle Morgenluft entgegen, und ich zog meine Jacke enger. Ich kannte mich mit den Jahreszeiten auf dieser Insel nicht gut aus, doch hatte ich bei meinen Recherchen nicht gelesen, im Mai begänne die heißeste Zeit des Jahres?

»Na, auch schon hier?« Mit diesen Worten tauchte der Mann, der neben mir im Flieger gesessen hatte, an meiner Seite auf und musterte mich. Vermutlich hatte er bereits beim Ausstieg aus dem Flugzeug bemerkt, dass ich das Bein nachzog. Jetzt begutachtete er auch endlich eingehend die Narbe auf meiner Augenbraue. Was ist der denn passiert?, las ich seine Gedanken.

»Wissen Sie, welchen Bus wir nehmen müssen?«, fragte ich und wich seinem Blick aus. Er hatte ebenfalls ein Busticket bei der Stewardess gekauft.

Er deutete auf eine Reihe Reisebusse in einiger Entfernung. »Die Flybusse stehen dort drüben.«

Ich nickte und setzte mich in Bewegung.

»Soll ich Ihnen mit dem Gepäck behilflich sein?«, fragte er. »Den Wagen müssen Sie hier stehen lassen.«

Damit hatte er natürlich recht. Ich legte den Kopf schräg und sagte höflich – eine Eigenschaft, die mit der »Wesensveränderung«, die Mom mir seit den Ereignissen vor einem Jahr attestiert hatte, einherging –: »Ich komme wirklich gut alleine klar. Aber riesigen Dank für Ihre Hilfsbereitschaft.«

Mit diesen Worten nahm ich Joshs Gitarrenkasten und meinen Koffer vom Wagen. Die Gitarre hängte ich mir über die Schulter, den Rollkoffer zog ich hinter mir her.

Der Mann ging an mir vorbei, offenbar hatte ich ihn trotz aller Höflichkeit gekränkt. Wie alt mochte er sein? Mindestens zwanzig Jahre älter als ich. Sah ich aus, als ob ich mit einem Mittvierziger anbändeln würde, nur weil ich nicht gut zu Fuß war?

Im Bus angekommen, ließ ich mich mit Joshs Instrument im Arm auf den ersten freien Sitz hinter dem Fahrer fallen. Wir warteten auf weitere zusteigende Fahrgäste, ehe es endlich losging und der Bus vom Parkplatz rollte. Er bog auf eine Landstraße ein – die einzige Straße weit und breit.

Ich sah aus dem Fenster und betrachtete die endlos scheinende Weite. Nun war ich also hier. Wieder erfasste mich eine leise Aufregung: Wie würde ich mich fühlen, wenn ich in zwei Wochen zurückkehrte? Was würde ich erreicht haben? Würde ich die Gitarre noch immer bei mir tragen oder sie jemandem übergeben haben? Und wo würde ich die Menschen finden, die ich suchte? Auf den Internetbildern hatte die Insel gar nicht so klein ausgesehen. Allerdings war ich bis zu meiner Abreise gar nicht in der Lage gewesen, mich intensiver damit zu beschäftigen. Ich hatte bis zur letzten Minute gehofft, Josh würde sich bei mir melden und wir würden die Reise wie geplant gemeinsam antreten. Doch das war nicht geschehen.

Ich sah aus dem Fenster über sattgrüne Wiesen hinweg, die sich bis zum Meer hinstreckten, und auf denen Gehöfte wie wahllos hingeworfene Spielsteine lagen, dazwischen Ansiedlungen mehrerer Häuser – doch nichts schien einer Ordnung zu folgen. Der Zustand der Gebäude überraschte mich. Ich hatte farbenfroh gestrichene Bauten erwartet, etwas, das man gemeinhin als »skandinavisch« bezeichnete, auch wenn ich dort noch nie gewesen war. Diese Behausungen hier wirkten trostlos. Weißgestrichene, mit Wellblech beschlagene Häuser. Die Dächer ebenfalls aus weißem Metall. Dazwischen kein Baum und kein Strauch. Wo war denn die legendäre atemberaubende Landschaft?

Erschöpft schloss ich die Augen. Allein der Gang vom Flugzeug zum Bus war anstrengend gewesen. Würde ich es schaffen herumzureisen, wenn ich in Reykjavík nicht fand, was ich suchte? Es gab nicht einmal Bahnverkehr auf der Insel, hatte Mom gewarnt, die – das war zumindest mein Verdacht – nur danach zu googeln schien, was auf meiner Reise beschwerlich werden könnte. Auch keine Fernbusse, wie wir sie kennen, nur solche, die auf einer Ringstraße an der Küste entlang hielten, und die lediglich für Zelttouristen und Menschen, die gut zu Fuß sind, geeignet wären. Zudem war sie strikt dagegen, dass ich Auto fuhr, meinte, es sei noch zu früh – auch wenn ich fand, dass es langsam Zeit wurde, wieder damit anzufangen. Moms Warnungen hatten mich jedenfalls nicht von meiner Mission abbringen können. Ich musste diese Davidssons finden, deren Urahne den seltsamen Vornamen Eyvindur trug, wie Josh mir einmal erzählt hatte.

»Was willst du von diesen armen Leuten?«, hatte Mom gefragt. »Es wird sie kaum beeindrucken, dass jemand in Amerika ihren Nachnamen trägt. Stell dir vor, hier stünde plötzlich so jemand vor der Tür. Den würde ich zum Teufel schicken!« Mom schickte rasch Leute zum Teufel. Zum Beispiel meinen Dad, als er ein paar Probleme bekam und öfter zu tief ins Glas schaute.

Aber Josh hatte vor unserem schrecklichen letzten Abend unbedingt hierher gewollt. Es war seine Überraschung für mich gewesen: eine Reise nach Island. Er hatte mir das Land seiner Urahnen zeigen wollen, hatte gehofft, dass es noch Davidssons aus seiner Linie gab.

Insgeheim vermutete ich, dass er nebenbei hatte feststellen wollen, ob seine musikalische Ader vielleicht von hier stammte. In seiner direkten Linie der amerikanischen Vorfahren gab es nämlich keinen einzigen Angehörigen mit Rhythmus im Blut. Möglicherweise hatte er gedacht, hier einen Seelenverwandten zu finden. Er suchte immer nach neuen Einflüssen für seine Musik, hatte sogar einen Song geschrieben, der so ganz anders klang als das, was er sonst komponierte: Isländisch womöglich. Anything can happen hieß das Lied. Vielleicht war der Titel ein gutes Omen? Jedenfalls musste ich die Spurensuche für ihn übernehmen. Vielleicht kehrte er dann zu mir zurück?

»Recherchiere doch erst mal im Internet«, hatte Mom vorgeschlagen. Doch das würde Josh bestimmt nicht gelten lassen. Nein, ich wollte diesen Davidssons persönlich Joshs Song vorspielen. Es war das einzige Musikstück, das ich spielen konnte – ich hatte monatelang mit Lance, einem von Joshs Bandmitgliedern, dafür geübt.

Was Mom am allerwenigsten verstanden hatte, war die Tatsache, dass ich für diese »Schnapsidee« in meinem Leben feststeckte und »einfach nicht in die Realität zurück« fand. Darüber hinaus hatte ich auch noch eine Einladung zu Wiebke nach Mallorca sausen lassen. Meine deutsche Freundin, die ich während meiner und Joshs Reise nach Irland kennengelernt hatte, heiratete bald auf dieser Mittelmeerinsel, auf der sie mit ihrem Freund lebte. Sie erwarteten ein Baby und waren voller Vorfreude. Zu viel Freude für mich – doch das hatte ich weder Wiebke noch Mom gestanden.

Als ich zu mir kam, rüttelte jemand an meiner Schulter.

»Wir sind da, junge Frau«, raunte der Fahrer und sah mich aufmunternd an. »Sie müssen aussteigen.«

Ich schluckte und rappelte mich auf die Füße, reckte die steifen Glieder, griff nach der auf den Boden gerutschten Gitarre. Mist. Ich hatte doch aus dem Fenster schauen wollen. Die fremde Landschaft bewundern, jedes noch so kleine Detail dieses Landes in mich aufsaugen, um Josh davon berichten zu können. Noch während des Aussteigens stellte ich fest, dass dieser Busbahnhof ebenso wie der Flughafen einsam dalag. Nur ein paar wenige Häuser befanden sich in der Nähe. Nach Innenstadt sah es hier nicht gerade aus.

»Ist es weit bis in die City?«, fragte ich und hielt das Instrument umklammert, während der Mann mir meinen Koffer aus dem Laderaum reichte.

Der Fahrer deutete an dem vor uns liegenden Gebäude vorbei und sagte: »Zehn bis fünfzehn Minuten zu Fuß, Sie können den Hinweisschildern folgen. Oder Sie lassen sich fahren: Bushaltestellen und einen Taxistand finden Sie gleich hinter dem Gebäude.«

Ich überquerte den mit Schotter bedeckten Parkplatz in die Richtung, in die der Mann gezeigt hatte. Mein Rollkoffer holperte schwerfällig über den knirschenden Kies, sodass ich glaubte, die Rollen würden jeden Moment schlappmachen. Doch daran, ihn zu tragen, war nicht zu denken – ich hatte schon so die größte Mühe, das Gleichgewicht zu halten. Meine Hüfte schmerzte wieder fürchterlich.

Schon von weitem erkannte ich meinen Sitznachbarn aus dem Flugzeug. Er schien unschlüssig, ob er ein Taxi oder den Bus nehmen sollte, sah zwischen beiden Haltestellen hin und her. Vielleicht konnte er sich wie ich kein Taxi leisten. Mein Reisebudget war knapp kalkuliert. Ich hatte ewig keinen Job angenommen, hatte stattdessen unentwegt Joshs Song auf der Gitarre geübt. Außerdem lag ich mit all meinen Handicaps nicht mehr ganz im Beuteschema der Produzenten. Und die Einnahmequelle, von der ich geglaubt hatte, dass Josh sich darüber freuen würde – nun, man konnte mich nach allem, was geschehen war, wenigstens nicht wegen Vertragsbruchs verklagen

Schwer atmend wollte ich an dem Typen vorbeilaufen, um zur Bushaltestelle zu gelangen.

»Sie wollen auch in die City?«, fragte er.

Ich nickte.

Er streckte mir die Hand entgegen. »Gregory übrigens. Sag einfach Greg zu mir.«

»Claire.«

Ob ihm schon mal jemand gesagt hatte, dass …

»Ich weiß, ich sehe aus wie Donald Trump. Das ist ein echtes Problem. Die Leute begegnen mir mit einer gewissen Skepsis.«

Ich grinste. »Tut mir leid, dass es so offensichtlich war.«

»Dafür siehst du aus wie Natalie Portman.«

Das hatte ich auch schon öfter gehört. »Danke«, sagte ich, obwohl das jedes Mal total unangebracht war.

»Wo musst du hin?«

Ich kramte in meiner Tasche nach dem Papier, das Mom mir gegeben hatte. Sie hatte mir angeboten, ein Zimmer für mich zu buchen, nachdem sie bemerkt hatte, dass ich nicht von meinem Plan abzubringen war, aber schon in Tränen ausbrach, wenn ich auf den Hotelportalen eingab, Alleinreisende zu sein. Sie fand ein Bett in einem Viererzimmer in einem Hotel namens Flex für mich – auf dem Papier stand die Adresse, dabei ein kleiner Lageplan. Es lag ganz nah am Hafen.

»Skúlagata. Es gibt in der Nähe eine Bushaltestelle.

---ENDE DER LESEPROBE---