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Stina Jensen

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Beschreibung

Ein Roman, geheimnisvoll wie ein Wintertag an der See.

Als eine Einladung aus Rügen ins Haus flattert, reist Amanda kurzerhand von San Diego an die Ostsee, um den Vater ihrer Tochter wiederzusehen, dessen Verbleib sie ihr immer verschwiegen hat. Eine Versöhnung mit Andy wäre doch sicher das schönste Geschenk für Claire? Doch als Amanda auf Rügen eintrifft, stößt sie am winterlichen Strand von Binz auf Ben, zu dem sie sich sofort hingezogen fühlt. Soll sie ihre Suche nach Claires Vater aufgeben und die wenigen Tage ihres Urlaubs mit dem geheimnisvollen Fremden genießen? Aber Ben scheint irgendetwas vor ihr zu verbergen. Weiß er mehr über Andy, als er vorgibt? Voll Herzklopfen folgt sie Bens Einladung zu einem Inseltrip in seinem Wohnmobil – und findet beim Bernsteinsammeln bald mehr als nur das Gold der Insel ...

Die Romane der INSELfarben- und GIPFELfarben-Reihe sind in sich abgeschlossen und können unabhängig voneinander gelesen werden.

Die chronologische Reihenfolge der Romane: Inselblau (Svea, Langeoog und Mallorca), Inselgrün (Wiebke, Irland), Inselgelb (Claire, Island), Inselpink (Ida, Mallorca), Inselgold (Amanda, Rügen), Gipfelblau (Annika, Zermatt), Gipfelgold (Mona, Bad Gastein), Gipfelrot (Valerie, Schottland), Inseltürkis (Terry, Sardinien), Inselrot (Sandra, Sylt), Gipfelpink (Susa, Teneriffa), Inselhimmelblau (Svea, Langeoog), Gipfelglühen (Sebastian, Allgäu)

Außerdem: »Plätzchen, Tee und Winterwünsche«, »Misteln, Schnee und Winterwunder«, »Sterne, Zimt und Winterträume«, »Muscheln, Gold und Winterglück«, »Vanille, Punsch und Winterzauber«, »Mondschein, Flan und Winterherzen«, »Engel, Blues und Winterfunkeln«, »Sommertraum mit Happy End«, »Stürmisch verliebt«

Spannung und Gefühl vor bedrückender Küstenkulisse. Die Levke-Sönkamp-Reihe – Privatermittlerin mit stolperndem Herzen: Möwentrauer, Möwenschuld, Möwenzorn

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INSELGOLD

STINA JENSEN

SÓTANO

INHALT

Impressum

Über die Autorin

Wunsch-eBook

Das Buch

Vorwort

Alles begann an einem Samstagmorgen Anfang Dezember

1

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Allein

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Zusammen

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Vier Monate später

Nachwort

Eine persönliche Bitte

Alle Bücher von Stina Jensen

Leseprobe GIPFELblau

Erstausgabe: November 2017

© Stina Jensen

Robert-Bosch-Straße 48

61184 Karben

[email protected]

www.stina-jensen.de

Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung der Texte und Bilder, auch auszugsweise, ist ohne schriftliche Zustimmung der Verfasserin urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen.

Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werkes sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten zu existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.

Lektorat und Korrektorat: Ricarda Oertel www.lektorat-oertel.de

Covergestaltung © Traumstoff Buchdesign traumstoff.at.vu

Covermotive © WAYHOME studio und mubus7 shutterstock.com

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STINA JENSEN schreibt Insel- und Gipfelromane, romantische Komödien und Krimis. Sie liebt das Reisen und saugt neue Umgebungen in sich auf wie ein Schwamm.

Meist kommen dabei wie von selbst die Figuren in ihren Kopf und ringen dort um die Hauptrolle in ihrem nächsten Roman. Wenn sie nicht verreist, lebt die Autorin mit ihrer Familie in der Nähe von Frankfurt am Main.

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Als eine Weihnachtseinladung aus Rügen ins Haus flattert, reist Amanda kurzerhand von San Diego an die Ostsee, um den Vater ihrer Tochter wiederzusehen, dessen Verbleib sie ihr immer verschwiegen hat. Eine Versöhnung mit Andy wäre doch sicher das schönste Geschenk für Claire?

Doch als Amanda auf Rügen eintrifft, stößt sie am winterlichen Strand von Binz stattdessen auf Ben, zu dem sie sich sofort hingezogen fühlt. Soll sie ihre Suche nach Claires Vater aufgeben und die wenigen Tage ihres Urlaubs mit dem geheimnisvollen Fremden genießen? Aber Ben scheint irgendetwas vor ihr zu verbergen. Weiß er mehr über Andy, als er vorgibt?

Voll Herzklopfen folgt sie Bens Einladung zu einem Inseltrip in seinem Wohnmobil – und findet beim Bernsteinsammeln bald mehr als nur das Gold der Insel ...

Ein Roman, geheimnisvoll wie ein Wintertag an der See.

Liebe Leserin und lieber Leser,

für jeden meiner Romane reise ich an die Orte, an denen meine Geschichten spielen. Ich bin daher nach Rügen gereist, um nach Schauplätzen für die Geschichte von Amanda zu suchen. Obwohl ich mir Mühe gebe, bei den Ortsbeschreibungen so exakt wie möglich zu bleiben, komme ich nicht darum herum, die örtlichen Gegebenheiten teilweise den Erfordernissen der Handlung anzupassen. So habe ich das Hotel, in dem Amanda sich in Binz einmietet, sowie die Örtlichkeiten auf Hiddensee frei erfunden. Natürlich auch die Hotelführung sowie alle anderen im Roman vorkommenden Personen. Ein Thema meines Romans ist darüber hinaus Bernstein. Dazu nur die Erklärung, dass das englische Wort für Bernstein »Amber« lautet. Gleichzeitig ist Amber ein amerikanischer Vorname und der Zweitname von Amandas Tochter Claire.

ALLES BEGANN AN EINEM SAMSTAGMORGEN ANFANG DEZEMBER

1

Es war einer jener seltenen Morgen, an denen ich zuversichtlich in den Tag blickte.

Ich summte leise vor mich hin, als ich nach einem späten Frühstück zum Briefkasten ging. Mit einem Stapel Werbeprospekte und Rechnungen unter dem Arm kehrte ich auf unsere schattige Terrasse zurück und ließ mich auf einen der verwitterten Korbstühle nieder. Ich schlug die Beine übereinander und legte die Post auf den Tisch, genau neben die Liste der Dinge, die ich mir seit deinem Auszug vor sechs Monaten vorgenommen hatte. Dass du im fast sechstausend Kilometer entfernten Island wohnst, schmerzte noch immer, Claire.

Natürlich freute es mich, dich bei Kristján und seinem kleinen Sohn Mikki glücklich zu wissen, aber es tat weh, dass Kristjáns Mutter dich – im Gegensatz zu mir – fast täglich sah. Das Ganze nagte an mir wie eine nicht heilen wollende Wunde. Aber immerhin hatte ich schon viel von den Dingen auf meiner Liste erreicht, die ich ewig hatte tun wollen und nie tat, weil immer etwas dazwischen gekommen war. Meistens du.

Beispielsweise hatte ich im Oktober bei einer Autowerkstatt gelernt, den Ölstand meines Toyota zu messen und das Öl aufzufüllen, den Luftdruck zu prüfen. Und ich hatte gelernt, Autoreifen zu wechseln. Mit fast 48!

Außerdem hatte ich einen Aquarell- und einen Salsakurs besucht. Lee-Ann neckt mich immer wieder damit. »Amanda«, sagt sie, »das sind alles typische Dinge, die verzweifelte Endvierzigerinnen tun. Willst du vielleicht demnächst auch noch lernen, wie man Blumensträuße bindet?«

»Wieso nicht?«, antworte ich ihr dann. »Hauptsache, ich sitze nicht zu Hause rum und trauere um meine Tochter.«

Glücklicherweise stehe ich noch voll im Berufsleben – so viel Zeit zum Trauern bleibt mir ja gar nicht, mach dir keine Sorgen. Und den Rest der Zeit versuche ich eben auszufüllen.

Aber zurück zu jenem Morgen: Ich nippte an meiner Tasse Kaffee und begann, die Post in zwei kleine Haufen aufzuteilen. Die Werbeprospekte und Kreditangebote gingen wie immer direkt in den Müll. Die übrigen Umschläge öffnete ich, indem ich den Daumen unter die Falz schob, dann zog ich einen Papierbogen nach dem anderen heraus und glättete sie mit streichenden Bewegungen. Währenddessen dachte ich weiter über die Dinge nach, die ich noch erledigen wollte. Das mit den Kursen ist ja längst nicht alles, Claire.

Auf meiner Liste befand sich noch ein anderer Punkt – und dieser betraf dich. Ich wollte dir endlich die ganze Wahrheit über deinen Dad erzählen. Dir den Grund nennen, weshalb ich jeden Kontakt zu Andy abbrach, als du fünf Jahre alt warst. Und warum ich ihm verbot, jemals wieder mit dir in Verbindung zu treten. Außerdem wollte ich in naher Zukunft (aber nicht vor Weihnachten!) mal eine Kurzhaarfrisur ausprobieren. Überhaupt wollte ich mindestens einmal im Jahr etwas Neues wagen, öfter mal spontan sein, so wie früher.

Sogar das Thema Partnersuche war ich angegangen. Auch wenn das bisher gehörig schief gelaufen war – vielleicht waren auch meine Ansprüche zu groß? Einmal sollte dieser potentielle Mann in San Diego leben, weil ich auf keinen Fall eine Fernbeziehung wollte; dann sollte er keinesfalls Hundehalter sein, da ich, wie du weißt, seit meiner Kindheit unter panischer Angst vor Hunden leide. Zwar sagst du mir immer wieder, dass Männer mit Hunden besonders empathisch seien, und wer seinen Hund gut behandle, der tue das auch mit Menschen … aber ich kann einfach nicht aus meiner Haut.

Wie dem auch sei: Außerdem sollte mein zukünftiger Partner noch kein Großvater sein, weil ich den Gedanken unerträglich finde, jemand könnte einen Mann, mit dem ich mich leidenschaftlich verbunden fühle, »Grandpa« nennen. Das passt mit Leidenschaft einfach nicht zusammen, finde ich.

So in mich versunken ließ ich den Blick über unseren kleinen Garten schweifen. Ich hatte den Rasen noch einmal gedüngt und ein paar blühende Pflanzen eingesetzt, da es endlich wieder öfter regnete und ich sie nicht dauernd wässern musste. Anfang Dezember ist es bei uns in San Diego ja noch immer angenehm mild, wie du weißt, man benötigt abends nur eine leichte Jacke. Anders als bei dir, die du zeitgleich bei 1°Celsius und in scheinbar ewiger Dunkelheit lebtest und trotzdem, ohne mit der Wimper zu zucken, Spaziergänge mit Kleinkindern unternahmst.

Ich finde es sehr bewundernswert, dass du dieses Praktikum in einem Hort in Reykjavík absolvierst. Und in diesem Moment auf unserer Terrasse freute ich mich noch mehr über dein Versprechen, über Weihnachten, Neujahr und meinen Geburtstag endlich einmal nach Hause zu kommen. Nur wir beide!, dachte ich. Ich wollte dich mit einem Aufenthalt in einem SPA überraschen. Wir würden es uns so richtig gut gehen lassen. Auch in der Hoffnung, dass dir dies über die Wahrheit bezüglich deines Vaters hinweg helfen könnte. Denn ich hatte nichts Gutes zu erzählen.

Es lagen schon ein paar geglättete Briefe vor mir, als ich innehielt.

Der Umschlag, nach dem ich eben gegriffen hatte, war an Amber Gallagher adressiert. Ich runzelte die Stirn. Amber ist dein zweiter Vorname. Es kommt nur noch selten Post für dich – schon gar nicht an diesen Namen, den kaum jemand kennt. Ich kniff die Augen zusammen und studierte die Adresse des Absenders. Rügen. Germany. Von Sven Sandberg. Wer ist Sven Sandberg?, dachte ich. Es konnte nur ein Verwandter von Andy sein. Und was hatte jetzt dieser Brief zu bedeuten?

Ich schluckte und ließ die Schultern sinken.

2

Ich glaube, ich muss ein wenig ausholen, Claire. Ich bin nicht sicher, was du eigentlich alles von mir weißt. Du denkst immer, dass du so wenig über deinen Daddy im Bilde bist, aber kennst du überhaupt meine Vergangenheit?

Natürlich ist dir bekannt, dass ich in Chandler, Arizona, aufwuchs – aber weißt du auch, dass ich meine gesamte Kindheit und Jugend hindurch von dem Wunsch beseelt war, am Meer zu leben? Ich mochte mexikanisches Essen und Spanisch, das Toben des Pazifiks, deshalb zog ich nach dem Abschluss an der Highschool mit neunzehn nach San Diego, wohin bereits dein Onkel Robert ein paar Jahre zuvor umgesiedelt war, um bei einem Radiosender zu arbeiten.

Ich kam vorerst bei ihm und deiner Tante Cathy unter – der einzige Grund, aus dem deine Großeltern mir diese »Schnapsidee« überhaupt durchgehen ließen, noch vor einer sicheren beruflichen Zukunft so weit von ihnen weg zu leben.

Ich schrieb mich damals für ein Studium zur Legal Administrative Assistant ein, machte drei Jahre später meinen Abschluss und bezog, nachdem ich die Stelle bei Anderson & Anderson angetreten hatte, die erste eigene Wohnung. Dass ich noch heute bei demselben Arbeitgeber arbeite, grenzt an ein Wunder, aber ich bin wohl einfach zu träge, mir etwas anderes zu suchen. Immerhin habe ich es inzwischen geschafft, mir ein eigenes Häuschen zu finanzieren.

Jedenfalls schloss ich als junge Frau schnell Freundschaften. Es waren die Neunziger, meine Freunde und ich durchstreiften am Wochenende die Clubs des Gaslamp Quarter und tanzten uns die Füße wund. Wir tranken Jack Daniels und rauchten Marihuana, fuhren raus nach Santa Monica und erwachten morgens mit versandeten Haaren und salziger Haut am Strand, neben uns die erkaltete Asche des Lagerfeuers.

Montagmorgens war ich pünktlich in der Kanzlei, trug ein knielanges Kostüm und Schuhe mit dezentem Absatz, pflegte Excel-Listen, schrieb Rechnungen oder Anklagen nach Vorlage, bewirtete hochrangige Kunden, ließ mich »Miss« nennen, besorgte Bleistifte oder Cappuccino für Herren, die mich keines Blickes würdigten, und träumte vom nächsten Wochenende.

Gelegentlich ging ich auch ins Theater, wenn Onkel Robert an kostenlose Karten gekommen war und selbst keine Zeit hatte, hinzugehen. Eines Tages, ich war inzwischen vierundzwanzig, hatte Robert Karten für das Stück »Of Mice and Men« von John Steinbeck übrig. Ich hatte die Geschichte im Literaturunterricht an der Highschool gelesen, und ich war neugierig, wie sie das Drama auf der Bühne umsetzen würden. Und da keiner meiner Bekannten Zeit hatte – einen festen Freund gab es nicht – ging ich trotz eines gerade erst überstandenen Magen-Darm-Infekts hin.

Neben mir saß ein junger Kerl, ich schätzte ihn auf mein Alter. Er hatte blondes, kurzes und leicht gewelltes Haar, das an der Stirn bereits zurückging. Er wäre mir vermutlich nicht einmal aufgefallen, hätte er nicht ein Buch in Händen gehalten, besser gesagt, drehte er es hin und her, ließ mit dem Daumen die Seiten immer wieder wie einen Fächer auseinanderblättern.

Das Buch war voller Notizen. Ich schielte auf den Titel und stellte fest, dass es ein fremdsprachiges Buch war. Der Autor war John Steinbeck, das Buch trug die Aufschrift »Von Mäusen und Menschen«. Es konnte nur Deutsch sein, in der deutschen Sprache kamen Umlaute vor, so viel wusste ich.

Außer dem Buch trug er eine nagelneue Kamera bei sich, mit der er eine Rundumaufnahme des Theaterinnenraums aufzeichnete und dabei ein paar Worte in dieser Sprache murmelte, die bei mir immer den Eindruck hinterließ, als bestünde sie nur aus Zischlauten.

Als unsere Blicke sich trafen, lächelte er mir zu, seine Augen hatten ein warmes Braun und blitzten eifrig. »John Steinbeck is se best« sagte er mit einem herben Akzent.

Ich fragte ihn, ob er ein Fan sei, und er nickte nachdrücklich. »Se biggest fan ever«.

So lernte ich deinen Dad Andreas Sandberg kennen. Er bat mich, ihn Andy zu nennen. Er war tatsächlich Deutscher, genauer gesagt kam er aus dem ehemals sowjetisch besetzten Teil Deutschlands, wie er mir in der Pause erzählte. Sein Englisch war nicht das beste, auf Russisch hätte er sich flüssiger mit mir unterhalten können, erklärte er zwinkernd. Die German Democratic Republic gab es bereits seit fünf Jahren nicht mehr, doch dies war die erste Reise »over se sea«, die Andy unternahm. Auf den Spuren John Steinbecks und Ernest Hemingways.

Ich fragte ihn, was er sonst so täte, und er erwiderte, er sammele mit seinem Bruder sehr erfolgreich Bernstein an der Ostsee, verkaufe die Fundstücke an Juweliere oder Sammler. Die Suche sei mühsam und käme der Arbeit von Trüffelschweinen gleich – aber Andy und sein Bruder seien geduldige Typen, sie liebten das tägliche, stundenlange Herumsuchen im Seetang nach einem Herbststurm, der den Boden der Ostsee aufwühlte und die schönsten Schätze zutage förderte.

Als er dies sagte, tippte er sich an die Stirn und ergänzte »Sis kind of work is good for se brain.«

Das Geld, das er dabei verdiente, würde er zukünftig fürs Reisen ausgeben. Einmal im Jahr wollte er für sechs Wochen unterwegs sein. Sein Bruder war bereits in festen Händen und nicht mehr so flexibel.

Im Laufe des Abends, nachdem die Theatervorstellung zu Ende war, Andy sich die Hände wund geklatscht und die sich verbeugenden Schauspieler auf der Bühne mit der Kamera aufgenommen hatte, verriet ich ihm meinen Namen.

»Amanda«, sagte Andy andächtig und meinte dann: »Andy und Mandy. Sat sounds good.«

Es brachte mich zum Lachen, da ich nur von deinen Großeltern Mandy genannt wurde. Doch Andy nannte mich fortan nicht anders.

Wir verbrachten ein paar Tage und Nächte zusammen; dass wir miteinander schliefen, ergab sich wie von selbst. Andys lustiger Akzent erheiterte mich und machte mich auch irgendwie an, wusste der Teufel warum. Die Art, wie er mir in seinem gebrochenen Englisch Geschichten erzählte, die er von John Steinbeck oder Ernest Hemingway kannte, die Weise, wie er deutsche Dichter mit ernsthaftem Gesichtsausdruck rezitierte, amüsierte mich köstlich. Es war, als parodiere er einen Klischee-Deutschen. Die harte Aussprache, die korrekte Haltung, der betont humorlose Blick.

Dein Daddy knackte meine Schale. Dazu die permanenten Filmaufnahmen, die er nicht nur von seiner Umgebung, sondern auch von mir anfertigte – sie gaben mir das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Nach fünf Jahren, die ich nie zu spät zur Arbeit gekommen war, geschah dies nun regelmäßig. Andy ließ mich nicht gehen, wenn ich zum Dienst musste, er fand immer einen Grund, mich aufzuhalten, las mir noch etwas vor, unterhielt mich mit einem Witz.

Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, ihn deinen Großeltern oder auch nur Robert vorzustellen. Andy war auf der Durchreise, sein Koffer stand drei Wochen lang bei mir, das war alles. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ihm das Geld ausgehen würde, er hatte für genau sechs Wochen gespart, und die waren bald vorbei.

Eines Morgens weckte mich ein Geräusch, das ich zuerst nicht einordnen konnte. Ein Keuchen, begleitet von einem Quieken. Zuerst dachte ich, Andy bekäme keine Luft, und ich richtete mich erschrocken auf. Er lag neben mir, die Hände vor dem Gesicht verschränkt, sodass ich zuerst nicht sehen konnte, dass er dahinter seine verweinten Züge verbarg. Die Augenlider waren geschwollen, die Nase verrotzt.

»Was hast du?«, fragte ich bestürzt und klaubte nach einem Kleenex, reichte es ihm, doch er griff nicht einmal danach. Stattdessen sprach er auf Deutsch – lange verzweifelte Sätze, unterbrochen von Schluchzern. Erhobene Hände, mit denen er – Gott? – anzuklagen schien. Kopfschütteln, zusammengepresste Augen, ein zitterndes Kinn, die Mundwinkel glänzten feucht vom Speichel.

Was ihn quälte – darüber sprach er nicht mit mir. Wenn ich fragte, ob er traurig sei, weil wir uns bald trennen mussten, schüttelte er den Kopf, hob die Schultern, hauchte: »I don’t know.« Drei Tage lang hing er apathisch bei mir herum, aß kaum etwas, dafür trank er umso mehr – dann war der Spuk vorbei. Er brachte mir Blumen, entschuldigte sich, sagte, jetzt sei alles wieder gut.

Was er damit meinte, war mir nicht klar, denn er reiste ja bald ab. Sein Ticket war fällig, Andy und Mandy waren bald Geschichte – dachte ich. Irgendwie war ich auch erleichtert darüber, ich wollte ganz gern mein geordnetes Leben zurück.

Und dann, eine halbe Woche vor seiner geplanten Abreise zurück nach Deutschland, blieb meine Regel aus. Das war insofern ungewöhnlich, als ich die Pille genommen hatte und nach deren Absetzen normalerweise die Periode einsetzte.

Diesmal nicht. Und da fiel mir der Magen-Darm-Infekt von Anfang des Monats ein.

Ich ging sofort zum Arzt. Manche Leute warten tagelang ab, wenn etwas sie zwickt, ich nicht. Ich will Klarheit, damit komme ich am besten zurecht.

Andy erzählte ich nichts von diesem Termin, ich wollte ihn nicht beunruhigen, außerdem wollte ich in meinen Entscheidungen flexibel sein.

Mein Herz raste, als ich auf den Untersuchungsstuhl des Frauenarztes kletterte. Kurz darauf deutete dieser auf einen schwarzen, fingerkuppengroßen Kreis inmitten einer dunkelgrauen Blase und erklärte, dies sei die Eihülle. Er riet mir, in vierzehn Tagen wiederzukommen, dann könnte man vermutlich schon das Herz schlagen sehen.

Heute, wo ich weiß, dass am Ende du, Claire, für deren Existenz ich unendlich dankbar bin, herauskamst, denke ich natürlich mit Freude an diesen Moment zurück. Damals aber bekam ich eine Panikattacke.

Ich verharrte luftschnappend auf dem Untersuchungsstuhl und sah meine Zukunft in Scherben. Ich hatte doch noch so viel vor. Mich weiterbilden, aufsteigen, auf ein Haus sparen, einen Mann kennenlernen, heiraten. Dann Kinder kriegen.

Natürlich hätte ich über eine Abtreibung nachdenken können, doch für mich kam das nicht in Frage.

Andy ahnte von all dem nichts, er stand wenige Tage vor seiner Rückreise nach Deutschland, und nachdem seine gute Laune zurückgekehrt war, unternahm er noch so viel wie möglich in der Stadt. Sein Interesse an mir schien befriedigt.

Ich beschloss, ihm nichts zu sagen.

3

Nachdem ich also den Umschlag aus Deutschland einige Minuten lang reglos angestarrt hatte, legte ich ihn im Flur auf dem Beistelltischchen ab, wo ich Schlüsselbund, Sonnenbrille, Papiertaschentücher und solche Dinge aufbewahre. Wenn Post für dich kommt, lege ich sie ebenfalls dorthin, damit ich sie dir gebündelt schicken kann.

Bei wichtigen Dingen informiere ich dich natürlich immer sofort. Und möglicherweise war das hier wichtig, dachte ich. Aber dich darüber informieren, dass dir jemand aus Deutschland geschrieben hatte – das brachte ich in diesem Moment nicht fertig. Ehrlich gesagt wollte ichzuerst wissen, was darin stand. Doch der Brief war natürlich verschlossen.

Ich meine, dir ging es endlich wieder gut. Wir hatten eine fürchterlich schwere Phase hinter uns, Claire, und sahen nun entspannten Zeiten entgegen. Ich hatte zwar vor, dir zu erzählen, weshalb ich mich damals wirklich von Andy trennte, aber das hieß nicht, dass ich ihn wieder in unser Leben lassen wollte. Und warum hatte er sich in all den Jahren nie gemeldet und sich widerspruchslos an mein Verbot gehalten? Ehrlich gesagt hatte ich fast vermutet, er sei tot, denn die Suche nach seinem Namen im Netz – ich googelte schon hin und wieder nach ihm – ergab keine brauchbaren Ergebnisse.

Um nicht mehr ununterbrochen an diesen Brief zu denken, surfte ich nach weihnachtlichen Rezepten. Ich wollte dir eine reichlich gedeckte Tafel bieten. Du hattest schon durchblicken lassen, dass du dich auf Truthahn freutest, auch, wenn der unser klassisches Thanksgiving-Gericht ist. Als Vorspeise plante ich ein Lachs-Chowder – diese leichte Suppe liebst du doch so. Zum Hauptgang hatte ich einen Roast Turkey mit Stuffing im Auge, dazu Apfelmus, Cranberry-Relish, glasierte Karotten, Rosenkohl, Kartoffel- oder Süßkartoffelpüree … ach, ich freute mich so sehr darauf. Vielleicht würden wir uns einen der Weihnachtsfilme mit Chevy Chase ansehen, bei denen du als Kind immer so gelacht hattest, und ich überlegte, ob ich nicht sogar einen Weihnachtsbaum besorgen sollte.

Meine Freude, dich bald wieder zu sehen, wuchs täglich mehr. Ich hoffte so sehr, eine ganz neue Beziehung zu dir aufzubauen. Eine, die auf gegenseitigem Vertrauen und einer Begegnung auf Augenhöhe beruht.

Nicht wie damals mit Andy.

Ich sagte ihm kein Wort von meiner Schwangerschaft, und er reiste wieder zurück nach Deutschland.

Er schrieb lange Briefe aus Rügen. E-Mails waren noch nicht im Alltag etabliert, ich besaß nicht einmal einen Computer zu Hause, er ebenso wenig.

Außerdem schickte er Fotos. Von seiner Reise nach Kalifornien, von uns. Er bat mich um aktuelle Aufnahmen von mir – doch wie hätte ich ihm welche schicken können? Ich hatte einen dicken Bauch, zerbrach mir Tag und Nacht den Kopf darüber, wie ich dieses Wesen durchbringen sollte, wenn es erst da war – mein Gehalt reichte gerade für mich selbst.

Meine Freunde, die von der Schwangerschaft genauso überrascht waren wie ich, verstanden nicht, warum ich diesen »German Lover« nicht darüber informierte, dass ich ein Kind von ihm erwartete. Sie fanden meine Entscheidung herzlos gegenüber Vater und Kind. Und auch dumm. »Du könntest nicht nur einen Vater für dein Kind haben, du könntest auch Unterhalt einfordern«, sagte eine Freundin.

Meine Familie und Freunde verlangten Gründe für mein Verhalten, doch ich konnte ihnen keinen stichhaltigen Anlass nennen. Andere wären vor Angst, ein Kind allein großzuziehen, wie gelähmt gewesen. Ich war es bei dem Gedanken an Andy.

Sein Benehmen in diesen letzten Tagen unseres Beisammenseins hatte mich verstört. Wie war es zu seinem Stimmungswechsel gekommen? Ich hatte nie zuvor einen Menschen so verzweifelt gesehen. Aber auch nicht so unbeschwert. Dieser Ausbruch hatte mich zutiefst verunsichert. Und ein Kind brauchte doch vor allem Sicherheit.

Weder meine Freunde noch Robert oder deine Großeltern hatten deinen Dad jemals kennengelernt, ich hatte ihn gewissermaßen vor ihnen versteckt, während er bei mir hauste. Eigentlich war Andy mir ein wenig peinlich gewesen, Claire. Er sprach wie der Bösewicht aus einem Nazifilm.

Jedenfalls erschien es mir damals das Klügste – vor allem wegen der Vorkommnisse zuvor – dich allein großzuziehen. Irgendwann würde Andy schon keine Briefe mehr schreiben. Rügen, diese deutsche Insel in der Ostsee, war weit genug weg. Dachte ich.

Doch ein Jahr später kam er zurück.

4

Ach, Claire.

---ENDE DER LESEPROBE---