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Er folgt einem Geheimtipp und kommt tatsächlich für wenig Geld zu so etwas wie einer Kreuzfahrt. Nicht nur auf dem Schiff sollen die Sitten sehr locker sein, sondern auch am Ziel. Wenn es mit der Frau an der Bar nicht klappt … diese andere kennt er doch von der Reise zum Hafen, oder? Dass an manchen Orten öfters ein Stöhnen zu hören ist, scheint jedenfalls üblich zu sein.
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Veröffentlichungsjahr: 2018
Ich blickte noch einmal in Richtung des Hafens mit seinen Mauern, die womöglich bereits mehrere Jahrhunderte alt waren. Das Schiff entfernte sich zügig, und ich blieb noch eine Weile dort stehen. Schließlich drehte ich mich um und spazierte das Deck entlang. Soweit ich das sehen konnte, verfügte es über zwei größere, umlaufende Promenadendecks und etliche verwinkelte Aufbauten. Manche, die ebenfalls noch an der Reling lehnten, wirkten wie verirrte Rucksacktouristen, also praktisch wie ich. Andere sahen so aus, als ob sie schon länger hier wohnten. Ein Teil des Geländers erstrahlte in Weiß, der Rest in bunten, grellen Farben, als ob jemand eine Gruppe Sprayer engagiert hätte.
Ganz klar war mir immer noch nicht, ob das ein Kreuzfahrtschiff oder ein regulärer Linienverkehr zwischen den Inseln war. Doch im Reiseführer war gestanden, dass es hier für fast kein Geld so etwas wie eine Kreuzfahrt gäbe. Fühlte sich so an, und noch dazu sehr ungezwungen. Zeit hatte ich theoretisch wochenlang … und an sich nicht geplant, auf der Reise ständig allein zu bleiben. Würde sich schon alles zeigen. Momentan wehte mir nur der Wind des Abenteuers ins Gesicht. Er fühlte sich an wie ein perfekter Tag im Mai, ließ mich meine Enttäuschungen in letzter Zeit vergessen und einfach dem Neuen und Unbekannten zustreben.
Ich bemerkte die halb überdachte Bar in der Mitte des Schiffes. Es war mehr die locker-entspannte House-Musik, was mich dort hin lockte. Sie wurde von einem sportlich aussehenden Typen betreut, der offenbar aus der Gegend stammte. Er trug ein offenes, glitzerndes Hemd. Die Frau in ungefähr meinem Alter, die dort saß, erweckte durchaus meine Aufmerksamkeit. Sie war ziemlich dünn, trug einen großen Sonnenhut, und ihre Haut war noch blasser als meine. Ich stellte sie mir als erfolgreiche Unternehmerin mit recht direktem Stil vor, die gerade gut gelaunt war.
„Sieht gut aus, was ist denn das genau?“, fragte ich und zeigte auf ihr Getränk.
„Ananassaft mit Orangensaft und Kokos?“
„Klingt nicht schlecht … für mich auch bitte!“, meinte ich und machte mich beim Barmann bemerkbar. In Sekunden mischte er etwas zusammen und stellte es mir mit einem kurzen Lächeln hin.
„Oh, auch davongemacht, oder schon länger hier?“, sprach sie mich nun direkt an.
„Von was, von wem?“
„Na von der Reisegruppe!“
„Ach so, ja … so ähnlich.“
Ich setzte mich auf den Barhocker neben ihr und sah mich um. Unsere Fahrtrichtung hatte sich nochmals leicht geändert, und der Hafen lag weit hinter uns. Vorhin waren wir meiner Beobachtung nach mehr nach Norden gefahren, soweit ich die Himmelsrichtungen bisher beobachtet und dem Lauf der Sonne nach gedeutet hatte.
„Das war überhaupt so eine Geschichte“, begann sie zu reden, „mein Freund hat mich sitzen lassen, dann war diese Anzeige, ist mir schon ziemlich komisch vorgekommen, aber gut, ich habe mich drauf eingelassen. Eine Woche Abenteuer-Urlaub, Last Minute, Verlängerung möglich, Überraschungsangebot, alle Details vor Ort …“
„Du weißt schon, dass manche Männer sowas schreiben, damit sie eine Frau abschleppen können?“
„Äh, was meinst du genau?“