Kriegsklingen - Joe Abercrombie - E-Book
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Kriegsklingen E-Book

Joe Abercrombie

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Beschreibung

Ein Barbar, ein Inquisitor und ein Magier kämpfen um das Schicksal ihrer Welt

In einer düsteren Welt, die von Kämpfen gezeichnet und von Magie durchdrungen ist, lebt es sich besser als Held. Oder Magier. Alle anderen müssen sehen, wo sie bleiben. So auch Inquisitor Glokta, dessen eigene schmerzvolle Vergangenheit ihn nicht daran hindert, seine Feinde grausam zu verfolgen. Oder Barbarenkrieger Logen Neunfinger, der eigentlich die Nase voll von Schlachten hat und dem die größte noch bevorsteht, als er auf den alten Magier Bayaz trifft, der ganz eigene Pläne verfolgt ...

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Seitenzahl: 1053

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Das Buch

Logen Neunfinger hat das Glück verlassen. Einst ein gefürchteter Barbar, gerät er in einen Hinterhalt und entkommt nur mit Mühe seinem angedachten Schicksal, dem Tod. Schwer verletzt schleppt er sich in die Berge und trauert um seine ermordete Familie, seine toten Freunde. Doch dann führt ihn sein Weg zu Bayaz, einem Magus aus der Alten Zeit – und das nicht aus Zufall …

Zur selben Zeit träumt Hauptmann Jezal in der Hauptstadt von einer glorreichen Zukunft bei den Truppen der Königstreuen, doch der Weg dorthin ist beschwerlicher, als ihm behagt. Das Heer – wie das ganze Land – ist zerrissen von Intrigen, seit Erzlektor Sult die Macht mit allen Mitteln an sich reißen will und Angst und Misstrauen unter den Menschen sät. Hinter Sult steht die Inquisition, allen voran Sand dan Glokta, den seine tragische Vergangenheit zu einem sadistischen Monstrum hat werden lassen. Sein Hass reicht tief, und als Sult ihn in seine Dienste zwingt, erweist er sich als dessen würdiger Handlanger. Doch nicht lange …

Als sich die Kämpfe im Norden ausbreiten und das Land mit Tod und Vernichtung überziehen, macht Bayaz sich an der Seite von Logen auf den Weg in die königliche Hauptstadt. Wie die Legende besagt, wird in Zeiten höchster Not der alte Magus seinen Sitz im Rat wieder einnehmen und das Königreich retten. Eine Wendung, die den machtgierigen Erzlektor gehörig in die Enge treibt – eine gefährliche Enge, wie Logen bald feststellen muss …

Der Autor

Joe Abercrombie lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in London und arbeitet als freischaffender Fernsehredakteur und Autor. Mit »Kriegsklingen« und den Nachfolgern »Feuerklingen« und »Königsklingen« ist ihm sowohl in Großbritannien als auch in den USA und in Europa ein beeindruckender Erfolg gelungen. Im September 2009 kehrt der Autor mit »Racheklingen« in die Welt von »Kriegsklingen« zurück.

Joe Abercrombie

Kriegsklingen

Roman

Aus dem Englischenvon Kirsten Borchardt

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Titel der Originalausgabe THE BLADE ITSELF (THE FIRST LAW: BOOK ONE)

 

Neuausgabe 02/2009 Redaktion: Angela Kuepper

Copyright © 2006 by Joe Abercrombie Copyright © 2009 dieser Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.

Covergestaltung: Nele Schütz Design

unter Verwendung von shutterstock (MIKAIL BALASHOV, Milan M, Anastasija Popova, Pierre Jean Durieu, Elena Odareeva, Tursunbaev Ruslan, Gorodenkoff)

Satz: Greiner & Reichel, Köln

 

ISBN 978-3-641-06881-3 V003

www.heyne.de

FÜR DIE VIER LESER IHR WISST, WEN ICH MEINE

ENDE

Logen hechtete zwischen den Bäumen hindurch; seine nackten Füße rutschten auf dem nassen Boden, dem Schlamm und den glitschigen Kiefernnadeln immer wieder aus. Pfeifend schoss der Atem aus seinem Mund, und das Blut dröhnte in seinem Kopf. Er stolperte und prallte hart auf der Seite auf, wobei er sich fast die eigene Axt in die Brust bohrte. Dann lag er keuchend da und spähte angestrengt in den dämmerigen Wald.

Einen Augenblick zuvor war der Hundsmann noch bei ihm gewesen, da war er sicher, aber jetzt war er nirgendwo mehr zu sehen. Was die anderen anging – wer konnte sagen, wo sie steckten? Er war vielleicht ein toller Anführer, dass er sich derart von seinen Jungs trennen ließ. Er musste versuchen, zu ihnen zurückzufinden, aber überall wimmelte es von Schanka; er spürte, wie sie sich zwischen den Bäumen bewegten, ihr Geruch stach ihm in die Nase. Ihm war, als ob irgendwo zu seiner Linken Gebrüll ertönte, vielleicht ein Kampf. Logen zog sich langsam wieder auf die Füße und versuchte, dabei möglichst wenig Geräusche zu machen. Da knackte ein Zweig, und er fuhr herum.

Ein Speer schoss auf ihn zu. Ein grausam aussehender Speer. Mit einem Schanka hinten dran.

»Iiiek«, entfuhr es Logen. Er drehte sich ruckartig zur Seite, glitt aus und fiel aufs Gesicht, dann rollte er sich durchs Unterholz und erwartete jeden Augenblick, den Speer im Rücken zu spüren. Schwer atmend rappelte er sich hoch. Wieder sah er, wie die helle Spitze auf ihn gerichtet war; er duckte sich aus der Schusslinie und verschwand hinter einem Baumstamm. Als er dahinter hervorspähte, zischte der Plattkopf und stach nach ihm. Logen guckte nun auf der anderen Seite hervor, nur für einen Augenblick, dann bückte er sich, sprang um den Baum herum und schwang die Axt, wobei er so laut brüllte, wie er nur konnte. Mit einem lauten Knacken grub sich das scharfe Blatt in den Schädel des Schanka. Glück gehabt. Aber allmählich war Logen auch der Ansicht, dass er ein bisschen Glück verdiente.

Der Plattkopf stand da und starrte ihn an. Dann begann er zu schwanken, während Blut über sein Gesicht rann. Und schließlich fiel er wie vom Blitz getroffen um, entriss dabei Logens Fingern die Axt und brach vor seinen Füßen zusammen. Logen versuchte, den Stiel seiner Axt zu erwischen, aber irgendwie hatte der Schanka noch immer den Speer im Griff, und die Spitze fuchtelte wild durch die Luft.

»Ah!«, krächzte Logen, als die Waffe ihm eine Kerbe in den Arm schlug. Er fühlte, wie ein Schatten auf sein Gesicht fiel. Noch ein Plattkopf. Ein verdammt großer. Schon halb in der Luft, die Arme vorgestreckt. Keine Zeit, die Axt zu greifen. Keine Zeit, um auszuweichen. Logens Mund öffnete sich, aber es blieb keine Zeit, etwas zu sagen. Was sagte man auch in so einem Augenblick?

Sie krachten beide auf den nassen Boden, rollten miteinander ringend durch den Schlamm und über die Dornen und die abgebrochenen Äste, während sie aneinander zerrten, sich schlugen und anknurrten. Eine Baumwurzel traf Logen am Kopf, so heftig, dass seine Ohren dröhnten. Irgendwo hatte er ein Messer, aber er wusste nicht mehr, wo. Sie rollten immer weiter und weiter den Hügel hinab; die Welt drehte sich um ihn, während Logen versuchte, das Brummen aus seinem Schädel zu bekommen und gleichzeitig den großen Plattkopf zu erwürgen. Es gab kein Halten mehr.

Eigentlich hatten sie die Idee für ziemlich clever gehalten, das Lager so nahe an der Schlucht aufzuschlagen. Auf diese Weise konnte sich niemand von hinten heranschleichen. Jetzt allerdings, da Logen gerade auf dem Bauch über die Abbruchkante der Klippe rutschte, erschien ihm dieser Einfall irgendwie nur noch halb so gut. Seine Finger kratzten über den nassen Boden. Nur Erde und braune Kiefernnadeln. Sie packten zu, griffen aber ins Nichts. Er stieß ein leises Wimmern aus.

Plötzlich fanden seine Hände doch einen Halt. Eine Baumwurzel, die sich am Rand der Schlucht über den Boden reckte. Er schwang in der Luft herum und schnappte nach Luft, aber sein Griff war fest.

»Ha!«, brüllte er. »Ha!« Er war immer noch am Leben. Es brauchte mehr als ein paar Plattköpfe, um Neunfinger-Logen um die Ecke zu bringen. Er wollte sich den Abhang hinaufziehen, stellte aber fest, dass es ihm nicht gelang. An seinen Beinen hing erstaunlich viel Gewicht. Vorsichtig spähte er nach unten.

Die Schlucht war tief. Sehr tief. Die Wände waren zudem ziemlich steil und felsig. Hier und da klammerte sich ein Baum an eine Felsspalte, wuchs ins Nichts hinein und breitete sein Blattwerk in die leere Luft. Ganz weit unten gurgelte der Fluss schnell und zornig dahin, und sein weiß schäumendes Wasser war von zackigem schwarzem Gestein eingefasst. Das an sich war schon ziemlich übel, aber das ärgste Problem lag noch etwas näher. Der große Schanka war noch immer bei ihm. Er schwang sanft hin und her, während seine dreckigen Hände Logens Knöchel fest umklammert hielten.

»Scheiße«, murmelte Logen. Er steckte ziemlich in der Klemme. Zwar hatte er schon eine ganze Reihe wirklich übler Klemmen überlebt, von denen sich dann später in guten Geschichten erzählen ließ, aber im Augenblick konnte man sich schwerlich eine schlimmere vorstellen. Das brachte ihn dazu, über sein Leben nachzudenken. Rückblickend erschien es ziemlich bitter und sinnlos. Niemandem ging es irgendwie besser, nur weil es ihn gegeben hatte. Er hatte viel Gewalt und Schmerz erlebt, gemischt mit Kämpfen und Enttäuschungen. Seine Hände wurden nun allmählich müde, und seine Unterarme brannten. Es sah nicht so aus, als wollte der große Plattkopf in nächster Zeit von ihm abfallen. Stattdessen hatte der sich ein kleines Stückchen das Bein empor gezogen, hielt nun aber inne und starrte Logen an.

Wäre es umgekehrt gewesen und Logen hätte am Fuß des Schanka gebaumelt, hätte er vermutlich gedacht: Mein Leben hängt von diesem Bein ab, an dem ich da hänge – also besser nichts riskieren. Einem Menschen wäre es wichtiger gewesen, sein Leben zu retten, statt seinen Feind zu töten. Das Problem war allerdings, dass die Schanka nicht so dachten, wie Logen sehr wohl wusste. Daher war es für ihn keine echte Überraschung, als sein Gegner das große Maul aufriss und die Zähne in Logens Wadenbein grub.

»Aaaaargh!«, brüllte Logen, er heulte und versuchte, so hart wie möglich mit den nackten Füßen zuzutreten. Immerhin schlug er dem Schanka ein blutendes Loch in den Schädel, aber der Plattkopf hörte nicht auf zu beißen, und je mehr er trat, desto mehr rutschten seine Hände von der glitschigen Wurzel ab. Er hatte jetzt nicht mehr allzu viel Wurzel zum Festhalten, und das bisschen, das er noch gepackt hielt, sah so aus, als werde es jeden Augenblick abreißen. Er versuchte, an etwas anderes zu denken als an den Schmerz in seinen Händen, den Schmerz in seinen Armen und an die Zähne des Plattkopfs in seinem Bein. Er würde abstürzen. Fragte sich nur, ob auf die Felsen oder in den Fluss – welches von beidem, das würde sich dann vermutlich irgendwie ergeben.

Wenn man etwas tun muss, vor dem man sich fürchtet, dann geht man die Sache besser gleich an, statt lange mit der Angst zu leben. Das hätte Logens Vater gesagt. Also stemmte Logen den freien Fuß fest gegen die Felswand, nahm einen letzten langen Atemzug und schleuderte sich mit aller verbliebenen Kraft in die Leere unter sich. Er fühlte, dass die zubeißenden Zähne ihn freigaben, dass die Hände ihn losließen, und für einen Augenblick war er frei.

Dann begann er zu fallen. Und zwar schnell. Die Wände der Schlucht schossen an ihm vorbei – grauer Fels, grünes Moos, Flecken weißen Schnees stürzten in wilder Folge an ihm vorüber.

Logen drehte sich langsam und mit hilflos fuchtelnden Armen in der Luft. Zum Schreien hatte er zu viel Panik. Der pfeifende Wind peitschte seine Augen, zerrte an seinen Kleidern, riss ihm den Atem aus dem Mund. Er sah, wie der große Schanka gegen die Felswand neben ihm prallte. Er sah, wie der Körper seines Feindes zerschellte, abprallte und noch weiter in die Tiefe sauste. Der war hinüber, das stand fest. Es war ein höchst angenehmer Anblick, aber Logens Befriedigung war nur von kurzer Dauer.

ERSTER TEIL

»Die Klinge selbst verführt zu blut’ger Tat«

HOMER

DIE ÜBERLEBENDEN

Das Schmatzen kleiner Wellen. Das war das Erste, was an seine Ohren drang. Das Rauschen des Wassers, der Bäume, das gelegentliche Kreischen und Zwitschern eines Vogels.

Logen öffnete die Augen einen Spalt weit. Licht schien verschwommen durch ein helles Blätterdach. Das war der Tod? Er versuchte tief Luft zu holen, würgte, hustete Wasser aus der Lunge und Dreck aus dem Mund. Stöhnend drehte er sich auf Hände und Knie, kroch aus dem Fluss und keuchte dabei durch die zusammengebissenen Zähne. Dann rollte er sich inmitten von Moos, Schlamm und den verrottenden Pflanzen der Uferkante auf den Rücken.

Eine Weile lag er da und starrte in den grauen Himmel über den schwarzen Ästen, während sein Atem pfeifend durch die raue Kehle fuhr.

»Ich bin noch am Leben«, sagte er krächzend zu sich selbst. Noch am Leben, obwohl sich die Natur, die Schanka, die Menschen und Tiere alle Mühe gegeben hatten, dass sich das änderte. Wie er so völlig durchnässt und ausgestreckt auf dem Rücken lag, musste er kichern. Ein brüchiges, gurgelndes Lachen. Eins kann man wohl sagen über Neunfinger-Logen, er ist einer, der immer wieder durchkommt.

Ein kalter Wind fuhr über das faulige Flussufer, und Logens Gelächter verstummte allmählich. Er hatte überlebt, schön, aber ob dieser Zustand von Dauer sein würde, war eine andere Frage. Er setzte sich auf und zuckte vor Schmerz zusammen. Dann rappelte er sich schwankend auf und lehnte sich gegen den nächsten Baumstamm. Er kratzte den Dreck aus der Nase, den Augen, den Ohren, und schließlich zog er sein Hemd hoch, um genauer zu betrachten, welchen Schaden er genommen hatte.

Seine Seite hatte bei dem Sturz heftige Prellungen abbekommen. Blaue und violette Schwellungen zogen sich bis über seine Rippen. Sie schmerzten bei jeder Berührung – und wie! –, aber es fühlte sich nicht so an, als ob etwas gebrochen wäre. Sein Bein war in einem scheußlichen Zustand, zerfleischt und blutig von den Zähnen des Schanka. Es tat verdammt weh, aber er konnte seinen Fuß einigermaßen bewegen, und das war das Wichtigste. Er würde seine Füße brauchen, um hier rauszukommen.

Sein Messer hing noch in der Scheide an seinem Gürtel, und er war mächtig entzückt, als er das entdeckte. Nach Logens Erfahrung konnte man nie genug Messer haben, und dieses hier war noch dazu ein gutes. Die Aussichten waren dennoch recht düster. Er war allein, in Wäldern, in denen es vor Plattköpfen nur so wimmelte. Er hatte keine Ahnung, wo er sich befand, aber immerhin würde er sich am Fluss orientieren können. Die Flüsse führten alle nach Norden, von den Bergen hinunter zum kalten Meer. Er konnte dem Fluss in südlicher Richtung folgen, gegen den Strom. Am Fluss entlang hinauf zu den Höhen, wo ihn die Schanka nicht finden würden. Das war seine einzige Aussicht.

Es würde kalt sein da oben um diese Jahreszeit. Tödlich kalt. Er sah zu seinen bloßen Füßen hinunter. Dass die Schanka aber auch ausgerechnet dann gekommen waren, als er sich die Stiefel ausgezogen hatte, um seine Blasen zu verarzten! Einen Mantel trug er auch nicht – er hatte in der Nähe des Feuers gesessen. So würde er keinen Tag in den Bergen überleben. Seine Hände und Füße würden in einer Nacht schwarz werden, und er würde sterben, Stück für Stück, bevor er auch nur die Pässe erreichte. Wenn er nicht zuvor verhungerte.

»Scheiße«, murmelte er. Er musste zum Lager zurück. Musste darauf hoffen, dass die Plattköpfe weitergezogen waren, darauf, dass sie etwas liegen gelassen hatten. Irgendwas, das er zum Überleben nutzen konnte. Es war ziemlich viel Hoffnung, auf die er sich hier verlassen musste, aber er hatte keine Wahl. Die hatte er nie.

 

Es hatte zu regnen angefangen, als Logen den Platz wiederfand; große, prasselnde Tropfen klebten ihm sein Haar nass an den Schädel und durchdrangen seine Kleidung. Er drückte sich gegen einen bemoosten Baumstamm und spähte in die Richtung, in der das Lager gewesen war, während sein Herz klopfte und die Finger seiner rechten Hand schmerzhaft hart den rutschigen Griff seines Messers umklammerten.

Er sah den geschwärzten Kreis, wo das Feuer gewesen war; dort lagen noch halb verkohlte Äste und zertrampelte Asche. Er sah den großen Stamm, auf dem Dreibaum und Dow gesessen hatten, als die Plattköpfe kamen. Überall auf der Lichtung lagen zerbrochene oder zerfetzte Teile ihrer Ausrüstung verstreut. Er zählte drei tote Schanka, die am Boden lagen; einem stak ein Pfeil in der Brust. Drei tote, aber kein Anzeichen für lebende. Da hatte er Glück. Genug Glück, um zu überleben, wie immer. Aber sie konnten jeden Augenblick zurückkehren. Er musste schnell sein.

Logen verließ eilig den Schatten der Bäume und kroch geduckt voran. Seine Stiefel waren noch da, wo er sie liegen gelassen hatte. Er riss sie an sich, zog sie über seine eiskalten Füße und glitt bei seinen hastigen, hüpfenden Bewegungen beinahe aus. Unter dem Baumstamm eingeklemmt lag auch noch sein Mantel, dem man die zehn Jahre Krieg und Wetter ansah; er war immer wieder zerrissen und zusammengeflickt worden, und ein halber Ärmel fehlte. Sein Rucksack lag schlaff in einem nahen Gebüsch; der Inhalt hatte sich über den Hang verteilt. Gebückt und atemlos warf Logen alles wieder hinein: ein Stück Seil, seine alte Tonpfeife, einige Streifen getrocknetes Fleisch, Nadel und Zwirn, eine ramponierte Feldflasche, in der noch ein wenig Schnaps gluckerte. Alles gut. Alles gut zu gebrauchen.

Über einem Zweig hing eine zerlumpte Decke, nass und halb mit Dreck verkrustet. Logen langte nach ihr und grinste. Sein alter, verbeulter Kochtopf lag darunter. Er war auf die Seite gerollt; vielleicht war er während des Kampfes vom Feuer weggeschlagen worden. Der Topf war Logen in alle Fehden gefolgt, quer durch den ganzen Norden und wieder zurück. Sie hatten gemeinsam darin gekocht, wenn sie eine Spur verfolgt hatten, und alle hatten sie daraus gegessen. Forley, Grimm, der Hundsmann, sie alle.

Logen sah wieder über den Lagerplatz. Drei tote Schanka, aber niemand von seinen Leuten. Vielleicht waren sie noch immer irgendwo da draußen. Vielleicht sollte er es riskieren, vielleicht sollte er versuchen, sie zu finden …

»Nein.« Er sagte das ganz ruhig und leise zu sich selbst. Er wusste, dass das keinen Zweck hatte. Es waren sehr viele Plattköpfe gewesen. Verdammt viele. Er hatte keine Ahnung, wie lange er am Flussufer gelegen hatte. Selbst wenn ein paar von seinen Jungs zunächst die Flucht gelungen war, die Schanka hätten sie verfolgt und in den Wäldern gejagt. Sie alle lagen inzwischen ganz sicher steif und tot in den Hochtälern. Logen konnte jetzt nur noch in die Berge ziehen und versuchen, sein eigenes erbarmungswürdiges Leben zu retten. Man musste realistisch sein. Man musste es einfach sein, egal, wie weh das tat.

»Jetzt sind nur noch wir beide da«, sagte Logen, als er den Topf in seinen Rucksack stopfte und sich das Gepäck über die Schulter warf. Dann humpelte er los, so schnell er konnte. Den Hang hinauf, dem Fluss entgegen, in die Berge.

DAS VERHÖR

Wieso tue ich das überhaupt?, fragte sich Inquisitor Glokta zum tausendsten Mal, als er den Korridor entlanghinkte. Die Wände waren mit Rauputz überzogen und geweißelt, aber offenkundig schon vor ziemlich langer Zeit. Dem Ort haftete etwas Heruntergekommenes an, und es roch dumpfig. Fenster gab es keine, da dieser Gang tief unter der Erde lag, und die Laternen warfen zähe Schatten in alle Ecken.

Wieso sollte das überhaupt irgendjemand tun wollen? Gloktas Schritte schlugen einen beständigen Rhythmus auf den verdreckten Bodenfliesen. Erst das selbstbewusste Klack seines rechten Absatzes, dann das Klick seines Stocks, und schließlich das endlose Schleifen seines linken Fußes, begleitet von den vertrauten, stechenden Schmerzen in Knöchel, Knie, Hintern und Rücken. Klack, klick, Schmerz. Das war der Rhythmus seines Schritts.

Die dreckige Monotonie des Korridors wurde hin und wieder von einer schweren, mit rostigem Eisen beschlagenen Tür unterbrochen. Einmal glaubte Glokta, einen erstickten Schmerzensschrei hinter einer dieser Türen hervordringen zu hören. Welcher arme Narr wird dort wohl gerade befragt? Welchen Verbrechens ist er wohl schuldig – oder unschuldig? Welche Geheimnisse werden dort enthüllt, welche Lügen offen gelegt, welche Verrätereien aufgedeckt? Er dachte jedoch nicht allzu lange darüber nach. Die Treppe unterbrach seine Gedanken.

Hätte man Glokta die Möglichkeit gegeben, einen Menschen seiner Wahl zu foltern, dann hätte er sich sofort für den Erfinder von Treppen entschieden. Als er noch jung und viel bewundert war, vor seinem Unglück, hatte er sie kaum je wahrgenommen. Er war zwei Stufen auf einmal heruntergesprungen und vergnügt seiner Wege gegangen. Das war vorbei. Sie sind überall. Man kann ohne sie nicht von einem Stockwerk ins andere gelangen. Und abwärts gehen ist noch schlimmer als aufwärts, das machen sich die Leute gar nicht bewusst. Wenn man nach oben steigt, fällt man in der Regel nicht so tief.

Er kannte diese Treppe hier gut. Sechzehn Stufen, aus glattem Stein gehauen, in der Mitte ausgetreten und ein wenig feucht, wie alles hier unten. Es gab kein Geländer oder sonst etwas, an dem man sich hätte festhalten können. Sechzehn Feinde. Eine echte Herausforderung. Glokta hatte eine ganze Weile gebraucht, um die am wenigsten schmerzvolle Art der Treppenbewältigung herauszufinden. Er ging seitwärts wie ein Krebs. Erst der Stock, dann der linke Fuß, dann der rechte, dann folgte ein stärkerer Schmerz als gewöhnlich, wenn nämlich sein ganzes Gewicht auf dem linken Bein lastete, und im Hals setzten anhaltende Stiche ein. Wieso tut es am Hals weh, wenn ich die Treppe hinuntergehe? Trägt mein Hals etwas von meinem Gewicht? Oder wie? Doch der Schmerz war nicht zu leugnen.

Glokta hielt vier Stufen vor dem Ende der Treppe inne. Er hatte sie fast besiegt. Seine Hand zitterte am Knauf seines Stocks, das linke Bein schmerzte wie wild. Mit der Zunge massierte er das Zahnfleisch an der Stelle, wo einmal seine Vorderzähne gewesen waren, dann nahm er einen tiefen Atemzug und tat den nächsten Schritt. Sein Knöchel gab mit einem entsetzlichen Ruck nach, und er stürzte verdreht und schlingernd ins Leere; wie in einem Kessel brodelten in seinem Geist Entsetzen und Verzweiflung. Wie ein Betrunkener stolperte er auf die nächste Stufe; seine Fingernägel schabten über die glatte Wand, während er einen Angstschrei ausstieß. Du blöder, blöder Idiot! Sein Stock fiel klappernd zu Boden, sein ungelenker Fuß kämpfte mit den Steinen, und dann stand er plötzlich am Ende der Treppe – wie durch ein Wunder noch immer aufrecht.

Und jetzt ist er da. Der schreckliche, wundervolle, lang gezogene Augenblick nach dem Anstoßen eines Zehs, der vergeht, bevor man den Schmerz fühlt. Wie viel Zeit habe ich, bevor er kommt? Wie schlimm wird er sein, wenn er einsetzt? Keuchend und mit herunterhängendem Unterkiefer spürte Glokta die mächtige Vorahnung. Hier ist er …

Die Qual war unaussprechlich, als ein schneidender Krampf seine linke Seite vom Fuß bis zum Kopf erfasste. Er kniff die tränenden Augen zusammen und presste die rechte Hand so fest auf den Mund, dass er seine Knöchel knacken hörte. Seine verbliebenen Zähne mahlten aufeinander, als er die Kiefer zusammenpresste, aber dennoch entwich ihm ein hohes, gepeinigtes Stöhnen. Schreie ich oder lache ich? Wie kann ich das eine vom anderen unterscheiden? Er atmete in schweren Stößen durch die Nase, und Rotz blubberte ihm auf die Hand, während sein verkrümmter Körper von der Anstrengung zitterte, aufrecht stehen zu bleiben.

Der Krampf ging vorüber. Glokta bewegte vorsichtig seine Glieder, eines nach dem anderen, und prüfte, welchen Schaden sie genommen hatten. Sein Bein brannte wie Feuer, sein Fuß war taub, sein Hals knackte bei jeder Bewegung und schickte gemeine kleine Stiche das Rückgrat hinunter. In Anbetracht der Umstände gar nicht mal so schlecht. Er beugte sich mit viel Mühe vor und erwischte mit zwei Fingern seinen Stock, richtete sich wieder auf und wischte sich Rotz und Tränen mit dem Handrücken ab. Das war ja ein echter Kitzel. Hat es mir denn Spaß gemacht? Für die meisten Leute sind Stufen etwas völlig Alltägliches. Für mich sind sie ein Abenteuer! Er humpelte den Gang entlang und kicherte leise vor sich hin. Er lächelte noch immer leicht, als er seine eigene Tür erreichte und ins Zimmer schlurfte.

Es war eine schmuddlige weiße Kammer mit zwei einander gegenüberliegenden Türen, eng wie eine Schachtel. Die Decke war bedrückend niedrig, und der Raum wurde durch gleißende Lampen zu hell erleuchtet. Feuchtigkeit kroch aus einer Ecke, und der Putz warf flockige Blasen, die von schwarzen Schimmelpunkten übersät waren. Jemand hatte versucht, einen länglichen, ausgedehnten Blutfleck von einer Wand zu schrubben, hatte sich aber offensichtlich nicht allzu viel Mühe gegeben.

Praktikal Frost stand auf der einen Seite des Zimmers, die mächtigen Arme über der breiten Brust verschränkt. Er nickte Glokta zu und wirkte dabei so gefühlvoll wie ein Stein; Glokta nickte zurück. Zwischen ihnen stand ein von Kerben übersäter, fleckiger Holztisch, der, an den Boden geschraubt, von zwei Stühlen flankiert wurde. Auf einem davon saß ein nackter dicker Mann, dem man die Hände auf den Rücken gebunden hatte und dessen Kopf mit einem braunen Leinensack verhüllt war. Seine schnellen, gedämpften Atemzüge waren das einzige Geräusch in dem Raum. Es war kalt hier unten, aber er schwitzte. Und das sollte er ja auch.

Glokta humpelte zum anderen Stuhl hinüber, lehnte seinen Stock sorgsam gegen die Tischplatte und setzte sich vorsichtig und schmerzgeplagt. Er rollte den Hals nach links und rechts und gestattete es seinem Körper dann, in eine Haltung zu sinken, die einigermaßen bequem war. Hätte man Glokta die Möglichkeit gegeben, einem Menschen seiner Wahl die Hand zu schütteln, hätte er sich sofort für den Erfinder von Stühlen entschieden. Er hat mein Leben beinahe erträglich gemacht.

Frost trat geräuschlos aus der Ecke hervor und nahm die lose herabhängende Spitze des Leinensacks zwischen die fleischigen, bleichen Finger und den breiten, weißen Daumen. Glokta nickte, und der Praktikal riss den Sack mit einem Ruck herunter. Salem Rews blinzelte in das grelle Licht.

Ein gemeines, hässliches kleines Schweinsgesicht. Du fieses, hässliches Schwein, Rews. Du ekelhafte Sau. Du bist jetzt bereit zu gestehen, wette ich, bereit, ohne Unterbrechung zu reden und zu reden, bis es uns allen zum Hals raushängt. Rews’ Wange zierte eine große dunkle Schwellung; eine weitere zog sich über seinen Kiefer oberhalb des Doppelkinns. Als sich seine tränenden Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten, erkannte er Glokta, der ihm gegenüber saß, und ein Hoffnungsschimmer flog über sein Gesicht. Leider, leider eine gänzlich unbegründete Hoffnung.

»Glokta, Sie müssen mir helfen!«, kreischte Rews und beugte sich so weit vor, wie es seine Fesseln erlaubten; die Worte sprudelten in einem verzweifelten, wilden Strom aus ihm heraus. »Ich wurde fälschlich angeklagt, Sie wissen das, ich bin unschuldig! Sie sind gekommen, um mir zu helfen, nicht wahr? Sie sind mein Freund! Sie haben hier viel Einfluss. Wir sind doch Freunde, Freunde! Sie könnten für mich eintreten! Ich bin unschuldig und wurde fälschlich verdächtigt! Ich …«

Mit einer Handbewegung hieß Glokta ihn schweigen. Er starrte Rews’ vertrautes Gesicht eine Weile an, als sähe er ihn zum ersten Mal, dann wandte er sich an Frost.

»Sollte ich diesen Mann kennen?«

Der Albino sagte nichts. Der untere Teil seines Gesichts wurde von seiner Praktikalenmaske verdeckt, und der Teil darüber ließ keinerlei Regung erkennen. Er blickte den Gefangenen auf seinem Stuhl an, ohne mit der Wimper zu zucken, und seine rosa Augen wirkten tot wie die eines Leichnams. Er hatte, seit Glokta den Raum betreten hatte, nicht ein einziges Mal geblinzelt. Wie schafft er das nur?

»Ich bin es, Rews!«, zischte der dicke Mann, und seine immer höher werdende Stimme ließ wachsende Panik erkennen. »Salem Rews, Sie kennen mich, Glokta! Ich war mit Ihnen im Krieg, bevor … Sie wissen schon … wir sind Freunde! Wir …«

Glokta hob erneut die Hand und lehnte sich zurück, während er mit dem Fingernagel wie in Gedanken versunken gegen einen seiner verbliebenen Zähne tippte. »Rews. Der Name klingt vertraut. Ein Kaufmann, ein Mitglied der Tuchhändlergilde. Ein reicher Mann, nach allem, was man hört. Jetzt erinnere ich mich …« Glokta beugte sich vor und machte eine wirkungsvolle Pause. »Er war ein Verräter! Er wurde von der Inquisition gefasst, und sein Besitz wurde konfisziert. Wissen Sie, er hatte eine Verschwörung angezettelt, um dem König einen Teil der Steuern vorzuenthalten.« Rews klappte der Mund auf. »Um Steuern zu hinterziehen!«, schrie Glokta und schlug mit der Hand auf den Tisch. Der dicke Mann starrte ihn mit großen Augen an und fuhr sich mit der Zunge über einen Zahn. Oben rechts, zweiter von hinten.

»Aber wo haben wir nur unsere Manieren?«, fragte Glokta nun in den Raum hinein. »Wir mögen einander einmal gekannt haben oder auch nicht, aber ich glaube nicht, dass Sie und mein Assistent einander bereits vorgestellt wurden. Praktikal Frost, begrüßen Sie diesen dicken Mann.«

Es war ein Schlag mit der flachen Hand, der kräftig genug war, um Rews geradewegs von seinem Sitz zu fegen. Der Stuhl wackelte kurz, blieb aber stehen. Wie macht man das? Wie schlägt man jemanden nieder, ohne dass der Stuhl umkippt? Rews wälzte sich gurgelnd am Boden, das Gesicht breit auf die Fliesen gepresst.

»Er erinnert mich an einen gestrandeten Wal«, sagte Glokta gleichgültig. Der Albino fasste Rews unter die Arme, zog ihn hoch und warf ihn wieder auf den Stuhl. Blut sickerte aus einem Kratzer auf der Wange, aber die kleinen Schweinsäuglein blickten nun hart. Schläge machen die meisten Menschen weich, manche aber auch härter. Ich hätte diesen hier nie für einen harten Kerl gehalten, aber das Leben ist voller Überraschungen.

Rews spuckte Blut auf die Tischplatte. »Sie sind zu weit gegangen, Glokta, o ja! Die Tuchhändler sind eine ehrbare Gilde; wir haben Einfluss! Sie werden sich das nicht gefallen lassen! Ich bin ein bekannter Mann! In diesem Augenblick ist meine Frau sicher schon beim König, um ihm meinen Fall vorzutragen!«

»Ah, Ihre Frau.« Glokta lächelte traurig. »Ihre Frau ist sehr schön. Schön, und jung. Ich fürchte, vielleicht ein wenig zu jung für Sie. Ich fürchte, sie hat die Gelegenheit genutzt, um Sie loszuwerden. Ich fürchte, sie hat uns Ihre Bücher gebracht. Alle Bücher.« Rews erbleichte.

»Wir haben diese Bücher durchgesehen«, sagte Glokta und deutete auf einen imaginären Papierstoß zu seiner Linken, »und wir haben alle Bücher in der Schatzmeisterei geprüft«, und er deutete nach rechts. »Können Sie sich vorstellen, wie überrascht wir waren, als die Zahlen nicht übereinstimmten? Außerdem gab es noch diese nächtlichen Besuche Ihrer Angestellten in den Lagerhäusern im alten Viertel, die kleinen unregistrierten Boote, die Zahlungen an Staatsdiener, die gefälschten Dokumente. Muss ich fortfahren?«, fragte Glokta und schüttelte von tiefstem Missfallen erfüllt den Kopf. Der dicke Mann schluckte und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.

Federhalter und Tinte wurden dem Gefangenen vorgelegt; auf dem Papier mit dem Geständnis, das ausführlich in Frosts schöner, sorgfältiger Schrift aufgesetzt war, fehlte nur die Unterschrift. Ich kriege ihn, gleich hier und jetzt.

»Gestehen Sie, Rews«, flüsterte Glokta sanft, »und machen Sie dieser bedauerlichen Angelegenheit ein schmerzloses Ende. Gestehen Sie und nennen Sie uns Ihre Komplizen. Wir wissen ohnehin schon, wer sie sind. So wird es für uns alle leichter sein. Ich möchte Ihnen nicht wehtun, glauben Sie mir; das würde mir nicht das geringste Vergnügen bereiten.« Weil mir nichts Vergnügen bereitet. »Gestehen Sie. Gestehen Sie, und wir werden Sie verschonen. Das Exil in Angland ist nicht so übel, wie manche einen glauben machen wollen. Auch dort kann man dem Leben schöne Seiten abgewinnen, nach einem befriedigenden Arbeitstag im Dienste des Königs. Gestehen Sie!« Rews starrte auf den Boden und stieß mit der Zunge gegen seinen Zahn. Glokta lehnte sich seufzend zurück.

»Oder eben nicht«, sagte er. »Dann komme ich mit meinen Instrumenten zurück.« Frost beugte sich etwas vor, und sein riesiger Schatten fiel über das Gesicht des dicken Mannes. »Wasserleiche unten bei den Docks gefunden«, hauchte Glokta, »vom Meerwasser aufgedunsen und schrecklich verstümmelt … kaum noch … gar nicht mehr zu erkennen.« Er ist bereit zu reden. Er ist fett und reif und steht kurz vorm Platzen. »Wurden die Verletzungen vor oder nach dem Tod zugefügt? «, fragte Glokta gut gelaunt die Zimmerdecke. »Handelt es sich bei der mysteriösen Leiche überhaupt um einen Mann oder um eine Frau?« Er zuckte die Achseln. »Wer könnte das sagen?«

Ein scharfes Klopfen ertönte an der Tür. Rews’ Gesicht hellte sich auf, und wieder stand Hoffnung darin. Nicht jetzt, verdammt noch mal! Frost ging zur Tür und öffnete sie einen Spalt breit. Worte wurden gewechselt. Nachdem er die Tür wieder geschlossen hatte, beugte sich Frost zu Glokta hinunter und flüsterte ihm ins Ohr.

»Eff ifft Ffeverar«, lautete die erstickt gemurmelte Botschaft, aus der Glokta schloss, dass Severard draußen wartete.

Jetzt schon? Glokta lächelte und nickte, als habe er eine gute Nachricht erhalten. Rews’ Gesicht verdüsterte sich wieder etwas. Wie kann es sein, dass ein Mann, für dessen Geschäft Heimlichkeit so entscheidend ist, in diesem Zimmer seine Gefühle nicht verbergen kann? Aber Glokta wusste die Antwort. Es ist schwer, ruhig zu bleiben, wenn man Angst hat, wenn man hilflos ist und allein, der Gnade von Männern ausgeliefert, die keine Gnade kennen. Wer wüsste das besser als ich? Er seufzte, gab seiner Stimme den gelangweiltesten Klang, der ihm möglich war, und fragte: »Wollen Sie nun gestehen?«

»Nein!« Die Widerstandskraft war in die Schweinsäuglein des Gefangenen zurückgekehrt. Er starrte zurück, ruhig und wachsam, und nuckelte an seinem Zahn. Überraschend. Sehr überraschend. Aber wir fangen ja auch gerade erst an.

»Macht Ihnen dieser Zahn Beschwerden, Rews?« Wenn es um Zähne ging, gab es nichts, das Glokta nicht wusste. Die Allerbesten hatten sich über seinen eigenen Mund hergemacht. Oder die Allerschlimmsten, je nachdem, von welcher Warte aus man die Sache betrachtet. »Es scheint, dass ich Sie jetzt verlassen muss, aber während ich unterwegs bin, werde ich über diesen Zahn nachdenken. Ich werde sehr vorsichtig erwägen, was ich mit ihm tun will.« Er nahm seinen Stock. »Ich möchte, dass Sie an mich denken, und an Ihren Zahn. Und ich möchte auch, dass Sie sehr, sehr sorgfältig darüber nachdenken, ob Sie nicht doch Ihr Geständnis unterschreiben möchten.«

Glokta stand ungelenk auf und lockerte sein schmerzendes Bein. »Ich bin allerdings der Meinung, dass Sie auf ganz schlichte Schläge gut reagieren werden, daher lasse ich Sie jetzt für eine halbe Stunde in der Obhut von Praktikal Frost.« Rews’ Mund formte ein stilles, überraschtes O. Der Albino nahm den Stuhl mit dem dicken Mann darauf hoch und drehte ihn langsam um. »Er ist der absolut Beste hier, wenn es um diese Dinge geht.«

Frost zog ein Paar abgewetzter Lederhandschuhe hervor und zog sie sorgfältig über seine großen, weißen Hände, einen Finger nach dem anderen. »Sie waren doch immer sehr darauf erpicht, von allem das Beste zu bekommen, nicht wahr, Rews?«, sagte Glokta, während er zur Tür ging.

»Warten Sie! Glokta!«, heulte ihm der Tuchhändler über die Schulter hinweg nach. »Warten Sie, ich …«

Praktikal Frost verschloss Rews’ Mund mit seiner behandschuhten Pranke und legte einen Finger an seine Maske. »Pffffffft«, machte er. Die Tür fiel ins Schloss.

Severard stand an die Wand des Ganges gelehnt, einen Fuß an den Gips hinter sich gestützt, und pfiff hinter seiner Maske eine nicht erkennbare Melodie, während er sich mit der Hand durch das lange, strähnige Haar fuhr. Als Glokta durch die Tür kam, richtete er sich auf und verbeugte sich leicht, und seinen Augen war anzusehen, dass er lächelte. Er lächelt immer.

»Superior Kalyne möchte Sie sprechen«, sagte er mit seinem breiten, gewöhnlichen Akzent, »und ich würde mal sagen, dass ich ihn noch niemals wütender erlebt habe.«

»Severard, Sie Ärmster, Sie zitterten sicher vor Angst. Haben Sie das Kästchen?«

»Ja.«

»Und Sie haben ein bisschen für Frost herausgenommen?«

»Hab ich.«

»Und auch ein bisschen für Ihre Frau, hoffe ich?«

»O ja«, sagte Severard, und seine Augen lächelten mehr denn je, »meine Frau wird bestens versorgt sein. Wenn ich denn jemals eine haben werde.«

»Gut. Dann werde ich mich beeilen, dem Ruf des Superiors zu folgen. Wenn ich fünf Minuten bei ihm drin gewesen bin, kommen Sie mit dem Kästchen herein.«

»Einfach nur in sein Dienstzimmer reinplatzen?«

»Von mir aus können Sie ihn bei der Gelegenheit auch gleich abstechen.«

»Wird gemacht, Inquisitor.«

Glokta nickte, wandte sich ab und drehte sich dann aber doch noch einmal um. »Nicht wirklich abstechen, verstanden, Severard?«

Der Praktikal lächelte mit den Augen und schob sein höchst gemein aussehendes Messer zurück in die Scheide. Glokta verdrehte die Augen zur Decke und humpelte dann davon, während sein Stock hart auf die Fliesen schlug. Klack, klick, Schmerz. Das war der Rhythmus seines Schritts.

 

Der Superior versah seine Amtsgeschäfte in einem großen und reich ausgestatteten Zimmer hoch oben im Haus der Befragungen, ein Zimmer, in dem alles zu groß und zu überladen wirkte. Ein riesiges, verschnörkeltes Fenster beherrschte eine holzvertäfelte Wand und bot einen Blick über die gepflegten Gärten des Innenhofs. Ein ebenso riesiger und verschnörkelter Schreibtisch stand in der Mitte eines farbenfrohen Teppichs, der aus einer warmen und exotischen Gegend stammte. Der Kopf eines wilden Tieres, das aus einer kalten und exotischen Gegend stammte, war über einem protzigen steinernen Kamin angebracht, in dem ein winziges, ärmliches Feuerchen glühte, das auszugehen drohte.

Superior Kalyne selbst ließ sein Dienstzimmer klein und armselig wirken. Er war ein massiger, rotgesichtiger Mann Ende fünfzig, der versuchte, sein schütter werdendes Haar mit einem überwältigenden weißen Backenbart zu kompensieren. Selbst innerhalb der Inquisition fürchtete man seine einschüchternde Präsenz, aber Glokta hatte jegliche Angst längst hinter sich gelassen, und das wussten sie beide.

Hinter dem Schreibtisch stand ein breiter, ausgefallener Sessel, aber der Superior tigerte hin und her, während er mit den Armen wedelte und brüllte. Glokta hatte auf etwas Platz genommen, das zwar zweifelsohne teuer gewesen, aber offenbar mit dem Hintergedanken entworfen worden war, es demjenigen, der darauf saß, besonders ungemütlich zu machen. Das stört mich allerdings nicht allzu sehr. Besser als ungemütlich fühle ich mich ohnehin nie.

Er amüsierte sich mit der Vorstellung, dass Kalynes Kopf anstelle der Trophäe des wilden Tiers über dem Kamin hing, während der Superior ihm einen wütenden Vortrag hielt. Er ist genau wie dieser Kamin, dieser große Trottel. Sieht beeindruckend aus, aber unten drunter glüht nur ein ziemlich kleines Licht. Wie er wohl auf eine Befragung reagieren würde? Ich würde mit diesem albernen Backenbart anfangen. Äußerlich war Gloktas Gesicht eine Maske aus Aufmerksamkeit und Respekt.

»Also, dieses Mal haben Sie sich selbst übertroffen, Glokta, Sie verrückter Krüppel! Wenn die Tuchhändler davon Wind bekommen, dann wird man Sie auspeitschen lassen!«

»Auspeitschen kenne ich schon. Das kitzelt.« Verdammt, halt die Klappe und lächle. Wo bleibt dieser pfeifende Narr Severard? Ich werde ihn auspeitschen lassen, wenn ich hier wieder rauskomme.

»O ja, das ist gut, das ist wirklich gut, Glokta, sehen Sie, wie ich lache! Und Hinterziehung der königlichen Steuern?« Der Superior starrte mit gesträubtem Bart auf ihn herunter. »Hinterziehung!«, brüllte er und versprühte feine Spucketröpfchen auf Glokta. »Das machen sie doch alle! Die Tuchhändler, die Gewürzhändler, sie alle! Jeder verdammte Idiot, der ein Boot besitzt, tut das!«

»Aber in diesem Fall wurde das äußerst dreist betrieben, Herr Superior. Es war eine Beleidigung für uns. Ich hatte das Gefühl, wir müssten …«

»Sie hatten das Gefühl?« Kalyne war rot im Gesicht und bebte vor Zorn. »Man hatte Ihnen ausdrücklich befohlen, die Tuchhändler, die Gewürzhändler und alle großen Gilden unbehelligt zu lassen!« Er tigerte jetzt mit noch größerer Geschwindigkeit hin und her. Wenn Sie so weitermachen, werden Sie Ihren ganzen Teppich ablaufen. Dann müssen Ihnen die großen Gilden einen neuen kaufen.

»Sie hatten also das Gefühl, ja? Er muss jedenfalls wieder zurück! Wir müssen ihn auf freien Fuß setzen, und Sie werden sich eine schöne, einschleimende Entschuldigung einfallen lassen! Es ist eine verdammte Schande! Sie haben mich zum Gespött gemacht! Wo ist er jetzt?«

»Praktikal Frost leistet ihm gegenwärtig Gesellschaft.«

»Dieses stammelnde Tier?« Der Superior raufte sich verzweifelt die Haare. »Dann war’s das jetzt, nicht wahr? Er wird inzwischen ein Wrack sein! Wir können ihn in diesem Zustand nicht einfach nach Hause schicken! Sie sind erledigt, Glokta. Erledigt! Ich gehe direkt zum Erzlektor. Direkt zum Erzlektor!«

Die schwere Tür wurde aufgestoßen, und Severard schlenderte mit einem Holzkästchen unter dem Arm herein. Keinen Augenblick zu früh. Der Superior starrte ihn sprachlos und wuterfüllt mit offenem Mund an, als der Praktikal seine Fracht mit einem dumpfen Aufschlag und einem hellen Klingeln auf den Schreibtisch fallen ließ.

»Was zur Hölle bedeutet das …« Severard klappte den Deckel auf, und Kalyne sah das Geld. Das ganze schöne Geld. Mitten in seiner Zornesrede hielt er inne, und sein Mund formte wie eingefroren das nächste Wort. Er wirkte überrascht, dann verwirrt und schließlich vorsichtig. Mit geschürzten Lippen setzte er sich langsam hin.

»Vielen Dank, Praktikal Severard«, sagte Glokta. »Sie können gehen.« Der Superior strich sich gedankenverloren über den Backenbart, und als Severard wieder hinausspazierte, kehrte die übliche rosa Färbung in seine Wangen zurück. »Das haben wir bei Rews konfisziert. Ist jetzt natürlich Eigentum der Krone. Ich dachte, ich sollte es Ihnen als meinem direkten Vorgesetzten übergeben, dann können Sie es an den Schatzmeister weiterleiten.« Oder sich einen größeren Schreibtisch davon kaufen, Sie Blutsauger.

Glokta beugte sich, die Hände auf den Knien, nach vorn. »Sie könnten beispielsweise sagen, Rews sei zu weit gegangen, es seien Fragen gestellt worden, und man hätte ein Exempel statuieren müssen. Wir können schließlich nicht den Eindruck entstehen lassen, als ob wir gar nichts täten. Auf diese Weise machen wir die großen Gilden ein wenig nervös und halten sie so unter Kontrolle.« Wir machen sie nervös, und Sie können noch mehr aus Ihnen rausquetschen. »Sie können natürlich auch jederzeit sagen, ich sei ein verrückter Krüppel, und die ganze Schuld mir zuschieben.«

Dem Superior begann das Ganze zu gefallen, das merkte Glokta. Kalyne versuchte, sich das nicht anmerken zu lassen, aber seine Barthaare zitterten angesichts des vielen Geldes. »Schön, Glokta. Sehr schön. In Ordnung.« Er streckte die Hand aus und schloss das Kästchen sorgfältig. »Aber falls es Ihnen je wieder einfallen sollte, so etwas zu tun … sprechen Sie sich vorher mit mir ab, ja? Ich mag keine Überraschungen. «

Glokta stand unter Schwierigkeiten wieder auf und humpelte zur Tür. »Oh, und noch etwas!« Er drehte sich steifbeinig um. Kalyne starrte ihn unter seinen buschigen, auffälligen Augenbrauen finster an. »Wenn ich mich demnächst mit den Tuchhändlern treffe, brauche ich Rews’ Geständnis. «

Glokta lächelte breit und zeigte dabei die gähnende Lücke in seinem Oberkiefer. »Das sollte kein Problem sein, Herr Superior.«

 

Kalyne hatte Recht gehabt. Es wäre unmöglich gewesen, Rews in der Verfassung, in der er sich jetzt befand, wieder nach Hause zu schicken. Seine Lippen waren aufgeplatzt und bluteten, die Rippen und Hüften waren voller dunkler Blutergüsse, sein Kopf hing schlaff zur Seite, und das Gesicht war derart angeschwollen, dass er kaum noch zu erkennen war. Kurz gesagt, er sieht aus wie ein Mann, der zu einem Geständnis bereit ist.

»Ich nehme nicht an, dass Sie die letzte halbe Stunde genossen haben, Rews. Gar nicht, vermutlich. Vielleicht war es die schlimmste halbe Stunde in Ihrem Leben, ich weiß es nicht. Ich denke gerade darüber nach, was wir Ihnen hier bieten können, und leider muss ich Ihnen sagen … es wird nicht besser werden. Bis eben haben Sie es noch gut gehabt.« Glokta beugte sich nach vorn, bis sein Gesicht nur noch Zentimeter von der blutigen Masse entfernt war, die einmal Rews’ Nase gewesen war. »Praktikal Frost ist harmlos im Vergleich zu mir«, flüsterte er, »er ist sanft wie ein Kätzchen. Wenn ich mit Ihnen anfange, Rews, werden Sie sich voller Nostalgie an ihn erinnern. Sie werden darum betteln, noch einmal eine halbe Stunde mit Praktikal Frost erleben zu dürfen. Haben Sie mich verstanden?« Rews schwieg, abgesehen vom Pfeifen des Luftstroms, der durch seine gebrochene Nase fuhr.

»Zeigen Sie ihm die Instrumente«, flüsterte Glokta.

Frost trat vor und öffnete die polierte Kiste mit einer theatralischen Geste. Es war ein meisterlich gearbeitetes Stück. Beim Öffnen des Deckels hoben sich die vielen kleinen Lagen oder klappten zur Seite aus, sodass sie Gloktas Werkzeuge in ihrer ganzen schaurigen Großartigkeit bestens präsentierten. Es gab Klingen in allen Größen und Formen, gebogene und gerade Nadeln, Fläschchen mit Öl und Säure, Nägel und Schrauben, Zwingen und Zangen, Sägen, Hämmer, Meißel. Metall, Holz und Glas glitzerte im hellen Licht der Lampen, zu spiegelndem Glanz poliert und zu mörderischer Schärfe geschliffen. Eine große blaurote Schwellung unter Rews’ linkem Auge hatte dafür gesorgt, dass er auf dieser Seite nichts mehr sah, aber das andere Auge huschte über die Instrumente, erschreckt und doch fasziniert. Bei einigen von ihnen war die Funktion entsetzlich klar, bei anderen hingegen entsetzlich unklar. Was von beidem mag ihm wohl mehr Angst einflößen?

»Wir sprachen vorhin über Ihren Zahn, wenn ich mich recht erinnere«, murmelte Glokta. Rews’ Auge schoss nach oben, um ihn anzusehen. »Oder würden Sie lieber gestehen? « Ich habe ihn, gleich legt er los. Gestehe, gestehe, gestehe, gestehe …

Es klopfte laut an der Tür. Verdammt noch mal, nicht schon wieder! Frost öffnete einen Spalt breit, und es wurde kurz geflüstert. Rews leckte über seine angeschwollene Lippe. Die Tür schloss sich, und der Albino raunte in Gloktas Ohr:

»Eff ifft de Erf Ektor.« Glokta erstarrte. Das Geld hat nicht gereicht. Während ich aus Kalynes Dienstzimmer zurückgeschlurft bin, hat mich der alte Drecksack beim Erzlektor angeschwärzt. Bin ich nun erledigt? Bei dem Gedanken durchfuhr ihn ein schuldbewusster Kitzel. Egal, als Erstes kümmere ich mich um dieses fette Schwein.

»Sagen Sie Severard, ich bin unterwegs.« Glokta wandte sich um, um sich wieder seinem Gefangenen zu widmen, aber Frost legte eine große, weiße Hand auf seine Schulter.

»’ein. De Erf Ektor«, Frost deutete zur Tür, »er ifft hier. Jepff.«

Hier? Glokta spürte, dass sein Augenlid zu zucken begann. Wieso? Er richtete sich mühsam auf, indem er sich auf der Tischplatte abstützte. Ob sie mich morgen im Kanal treibend finden werden? Tot und aufgedunsen, kaum noch … gar nicht mehr zu erkennen? Das einzige Gefühl, das ihn bei dieser Vorstellung überkam, war ein Hauch von Erleichterung. Keine Treppen mehr.

Der Erzlektor der Inquisition Seiner Majestät stand draußen im Gang. Die verdreckten Wände sahen beinahe braun aus hinter ihm, so leuchtend rein war sein langer weißer Mantel, seine weißen Handschuhe und sein weißer Haarschopf. Er war schon über sechzig, zeigte aber keine Anzeichen des nahenden Alters. Jeder Zoll seines hoch aufgerichteten, glatt rasierten, wohl geformten Körpers war in makelloser Bestform. Er wirkt wie ein Mann, der noch nie in seinem Leben von irgendetwas überrascht worden ist.

Sie hatten sich schon einmal getroffen, vor Jahren, als Glokta zur Inquisition gestoßen war, und sein Gegenüber schien sich kaum verändert zu haben. Erzlektor Sult. Einer der mächtigsten Männer der Union. Einer der mächtigsten Männer der Welt, sozusagen. Hinter ihm, wie zwei übergroße Schatten, lauerten zwei riesige, schweigende, schwarz maskierte Praktikale.

Der Erzlektor zeigte ein schmales Lächeln, als er Glokta aus der Tür schlurfen sah. Es sagte eine Menge aus, dieses Lächeln. Milde Verachtung, mildes Bedauern, ein ganz leichter Hauch von Bedrohung. Alles außer tatsächlicher Erheiterung. »Inquisitor Glokta«, sagte er und streckte die weiß behandschuhte Hand mit der Fläche nach unten aus. Ein Ring mit einem riesigen purpurnen Stein blitzte an seinem Finger.

»Ich diene und gehorche, Euer Eminenz.« Glokta konnte es sich nicht verkneifen – er verzog das Gesicht, als er sich langsam vorbeugte, um seine Lippen auf den Ring zu drücken. Es war ein schwieriges und schmerzhaftes Manöver, das ewig zu dauern schien. Als er sich endlich wieder aufgerichtet hatte, sah Sult ihn ruhig mit seinen kalten blauen Augen an. Der Blick ließ erkennen, dass er Glokta schon jetzt komplett durchschaute und nicht besonders beeindruckt war.

»Kommen Sie mit.« Der Erzlektor drehte sich um und rauschte den Korridor hinunter. Glokta humpelte hinterher, gefolgt von den schweigenden Praktikalen. Sult bewegte sich mit müheloser, fließender Selbstverständlichkeit; seine Mantelzipfel flatterten ihm graziös nach. Drecksack. Schon bald erreichten sie eine Tür, die seiner eigenen glich. Der Erzlektor schloss sie auf und ging hinein, die Praktikalen stellten sich rechts und links des Eingangs auf und verschränkten die Arme. Eine private Unterredung also. Eine, deren Ende ich – vielleicht – nie erleben werde. Glokta trat über die Schwelle.

Es war eine mit weißem Gips verputzte, viel zu hell erleuchtete Kammer mit einer bedrückend niedrigen Decke. Sie hatte keine feuchte Ecke, dafür aber einen großen Riss, der über eine der Wände lief; ansonsten war der Raum völlig identisch mit seinem eigenen. Auch hier stand ein mit Kerben überzogener Tisch, billige Stühle, es gab sogar ebenfalls einen schlecht entfernten Blutfleck. Ob sie die wohl überall aus Effekthascherei angemalt haben? Einer der Praktikale zog die Tür mit einem lauten Knall ins Schloss. Glokta hätte jetzt zusammenzucken sollen, blieb aber völlig ungerührt.

Erzlektor Sult nahm elegant auf einem der Stühle Platz und zog sich einen dicken Stoß vergilbter Papiere über den Tisch heran. Er deutete mit der Hand auf den anderen Stuhl – auf den, der normalerweise den Gefangenen zukam. Glokta verstand diese subtile Andeutung durchaus.

»Ich stehe lieber, Euer Eminenz.«

Sult lächelte ihn an. Er hatte schöne, spitze Zähne, allesamt leuchtend weiß. »Nein, das tun Sie nicht.«

Jetzt hat er mich. Glokta ließ sich ungelenk auf den Gefangenenplatz sinken, während der Erzlektor die erste Seite des Dokumentenstapels umblätterte, die Stirn runzelte und sanft den Kopf schüttelte, als sei er fürchterlich enttäuscht von dem, was er da sah. Vielleicht die einzelnen Stationen meiner höchst abwechslungsreichen Karriere?

»Ich hatte kürzlich Besuch von Superior Kalyne. Er war äußerst aufgebracht.« Sults harte, blaue Augen sahen von den Papieren auf. »Wegen Ihnen, Glokta. Er hat sich in dieser Hinsicht sehr deutlich geäußert. Er sagte mir, Sie seien eine unkontrollierbare Bedrohung, Sie handelten, ohne die Folgen zu bedenken, und Sie seien ein verrückter Krüppel. Er verlangte, dass Sie aus seiner Abteilung entfernt würden.« Der Erzlektor lächelte ein kaltes, gemeines Lächeln, wie Glokta es gewöhnlich seinen Gefangenen gegenüber zeigte. Allerdings hat er wesentlich mehr Zähne. »Er hatte dabei offenbar im Sinn, dass Sie … vollständig … entfernt würden.« Sie starrten sich über den Tisch hinweg an.

Ist dies der Moment, in dem ich um Gnade winseln sollte? In dem ich mich zu Boden werfe und Ihre Füße küsse? Tja, mir liegt nicht genug am Leben, um zu winseln, und ich bin zu steif, um mich zu Boden zu werfen. Ihre Praktikalen werden mich hier auf dem Stuhl umbringen müssen. Mir die Kehle durchschneiden. Mir den Kopf einschlagen. Was auch immer. Hauptsache, sie machen schnell.

Aber Sult hatte keine Eile. Die weiß behandschuhten Finger bewegten sich geschmeidig und präzise, die Seiten raschelten und knisterten. »Bei der Inquisition haben wir wenige Männer wie Sie, Glokta. Einen Edelmann aus bester Familie. Einen herausragenden Degenfechter, einen eleganten Kavallerieoffizier. Einen Mann, der einmal zu höchsten Würden bestimmt schien.« Sult sah an ihm herauf und herunter, als ob er das kaum glauben könne.

»Das war vor dem Krieg, Herr Erzlektor.«

»Offensichtlich. Ihre Gefangennahme löste damals große Bestürzung aus, und es gab nur wenig Hoffnung, Sie lebend wiederzusehen. Als der Krieg sich immer länger hinzog und ein Monat nach dem anderen verging, schwand jegliche Hoffnung, aber als dann das Abkommen unterzeichnet wurde, waren Sie unter den Gefangenen, die der Union zurückgesandt wurden.« Er sah Glokta an. »Haben Sie geredet?«

Glokta konnte sich nicht mehr beherrschen. Schrilles Lachen brach aus ihm heraus, das in dem kalten Raum seltsam widerhallte. Es war ein Geräusch, das man hier unten selten hörte. »Ob ich geredet habe? Ich habe geredet, bis meine Kehle wund war. Ich habe ihnen alles erzählt, was mir nur einfiel. Jedes Geheimnis, von dem ich je erfuhr, habe ich ihnen entgegengeschleudert. Ich habe vor mich hingebrabbelt wie ein Narr. Und als mir nichts mehr einfiel, was ich ihnen hätte erzählen können, erfand ich alles Mögliche. Ich habe mir in die Hosen gemacht und wie ein kleines Mädchen geheult. So geht es jedem.«

»Aber nicht jeder überlebt. Zwei Jahre in den Gefängnissen des Imperators. Niemand sonst hat es so lange ausgehalten. Die Ärzte waren sicher, dass Sie nie wieder das Bett würden verlassen können, aber ein Jahr später haben Sie sich bei der Inquisition beworben.« Das wissen wir beide. Wir waren ja beide hier. Was wollen Sie von mir, und wieso bringen wir es nicht hinter uns? Offenbar gibt es Männer, die wirklich den Klang ihrer eigenen Stimme lieben.

»Ich erfuhr, dass Sie verkrüppelt waren, gebrochen, unheilbar zerstört, und dass man Ihnen niemals würde trauen können. Aber ich wollte Ihnen eine Chance geben. Es gibt jedes Jahr irgendeinen Narren, der das Turnier gewinnt, und jeder Krieg bringt ein paar viel versprechende Soldaten hervor, aber dass Sie diese zwei Jahre überlebten, war eine einzigartige Leistung. Dann schickte man Sie in den Norden und übertrug Ihnen die Aufsicht über eine unserer Minen. Was halten Sie von Angland?«

Ein dreckiger Misthaufen voller Gewalt und Korruption. Ein Gefängnis, in dem wir im Namen der Freiheit die Unschuldigen und die Schuldigen gleichermaßen zu Sklaven machen. Ein stinkendes Loch, in das wir jene schicken, die wir hassen und derer wir uns schämen, damit sie durch Hunger, Krankheit und Schwerstarbeit umkommen. »Es war kalt«, sagte Glokta.

»Genau wie Sie. Sie haben sich in Angland wenig Freunde gemacht. Nur ganz wenige bei der Inquisition und gar keine unter den Exilanten.« Er zog einen zerknitterten Brief unter den Schriftstücken hervor und warf ein kritisches Auge darauf. »Superior Goyle erklärte mir, Sie seien ein kalter Fisch ohne einen Tropfen Blut in den Adern. Er ging davon aus, dass Sie es nie zu etwas bringen würden, und meinte, dass er für Sie keinerlei Verwendung hätte.« Goyle. Dieser Drecksack. Dieser Schlächter. Lieber habe ich keinen Tropfen Blut als keinen Krümel Hirn.

»Aber nach drei Jahren ging es mit der Produktion aufwärts. Sie verdoppelte sich sogar. Daher holte man Sie zurück nach Adua, damit Sie unter Superior Kalyne dienen sollten. Ich dachte, bei ihm würden Sie vielleicht ein wenig Disziplin lernen, aber offenbar habe ich mich geirrt. Sie bestehen darauf, Ihren eigenen Weg zu gehen.« Der Erzlektor sah ihn stirnrunzelnd an. »Um ehrlich zu sein, ich glaube, Kalyne hat Angst vor Ihnen. Ich denke, so geht es allen. Die Leute mögen Ihre Arroganz nicht, Ihre Methoden – und erst recht nicht die … ganz besonderen Erfahrungen, die Sie hinsichtlich Ihres Handwerks gewonnen haben.«

»Und was denken Sie, Herr Erzlektor?«

»Ehrlich gesagt, ich bin nicht sicher, ob ich Ihre Methoden nicht ebenfalls ablehne, und ich bezweifle, dass Ihre Arroganz berechtigt ist. Aber mir gefallen Ihre Ergebnisse. Die gefallen mir sogar sehr.« Er klappte die Dokumente wieder zusammen und legte eine Hand darauf, während er sich über den Tisch zu Glokta beugte. Genau, wie ich mich zu meinen Gefangenen beuge, wenn ich sie zu einem Geständnis bringen will. »Ich habe einen Auftrag für Sie. Einen Auftrag, bei dem Ihre Talente wesentlich besser genutzt werden als bei der Jagd auf kleine Schmuggler. Ein Auftrag, der es Ihnen eventuell ermöglichen wird, Ihr Ansehen bei der Inquisition entscheidend zu verbessern.« Der Erzlektor hielt kurz inne. »Ich möchte, dass Sie Sepp dan Teufel festnehmen.«

Glokta runzelte die Stirn. Teufel? »Den Meister der Münzstätten, Euer Eminenz?«

»Eben jenen.«

Den Meister der königlichen Münzstätten. Ein wichtiger Mann aus wichtiger Familie. Ein sehr großer Fisch, der da in meinem kleinen Teich gefangen werden soll. Ein Fisch mit sehr mächtigen Freunden. Es könnte gefährlich werden, einen wie ihn gefangen zu nehmen. Es könnte tödlich sein. »Darf ich fragen, warum?«

»Das dürfen Sie nicht. Das Warum lassen Sie mal meine Sorge sein. Sie konzentrieren sich besser darauf, ein Geständnis zu erhalten.«

»Was soll er denn gestehen, Herr Erzlektor?«

»Was schon, Korruption und Hochverrat! Wie es scheint, war unser Freund, der Meister der Münzstätten, bei einigen persönlichen Angelegenheiten ausgesprochen indiskret. Offenbar hat er Bestechungsgelder angenommen und sich mit der Tuchhändlergilde verschworen, dem König Steuern vorzuenthalten. Von daher wäre es sehr nützlich, wenn ein hochrangiger Tuchhändler seinen Namen in einem eher ungünstigen Zusammenhang fallen ließe.«

Es kann doch kaum ein Zufall sein, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein hochrangiger Tuchhändler in meinem Befragungszimmer sitzt. Glokta zuckte die Achseln. »Wenn die Leute erst einmal zu reden anfangen, kann es gelegentlich schockierend sein, welche Namen dabei ans Licht kommen.«

»Gut.« Der Erzlektor wedelte mit der Hand. »Sie können gehen, Herr Inquisitor. Ich werde morgen um diese Zeit wieder da sein, um Teufels Geständnis abzuholen. Es wäre gut für Sie, wenn Sie es bis dahin vorliegen hätten.«

Glokta atmete langsam, als er sich den Gang zurückquälte. Einatmen, ausatmen. Ganz ruhig. Er hatte nicht damit gerechnet, das Zimmer lebend zu verlassen. Und jetzt bewege ich mich in den Kreisen der Mächtigen. Ein persönlicher Auftrag vom Erzlektor, bei dem ich ein Geständnis über Hochverrat aus einem der angesehensten Beamten der Union herauspressen soll. Es ist der Kreis der Mächtigsten, aber wie lange werde ich dort überleben? Wieso ich? Wegen meiner Ergebnisse?

Oder eher, weil mich niemand vermissen wird?

 

»Ich muss mich für die vielen Störungen heute wirklich entschuldigen, hier herrscht ja ein Kommen und Gehen wie in einem Bordell.« Rews verzog seine gesprungenen und geschwollenen Lippen zu einem traurigen Lächeln. Dass er jetzt sogar noch lächeln kann – der Mann ist ein Phänomen. Aber alles muss einmal zu Ende gehen. »Seien wir ehrlich, Rews. Niemand wird Ihnen zu Hilfe kommen. Nicht heute, nicht morgen, niemals. Sie werden gestehen. Sie können lediglich wählen, wann und in welchem Zustand Sie das tun. Sie gewinnen wirklich nichts dabei, wenn Sie es aufschieben. Außer Schmerz. Davon haben wir reichlich für Sie.«

Man konnte den Ausdruck auf Rews’ blutverschmiertem Gesicht nur schwer erkennen, aber seine Schultern sackten nach unten. Mit zitternder Hand tauchte er den Federhalter in die Tinte und schrieb seinen Namen etwas schräg unten auf das Papier mit dem Geständnis. Und wieder habe ich gewonnen. Tut mein Bein deswegen weniger weh? Bekomme ich deswegen meine Zähne zurück? Hat es mir irgendwie geholfen, dass ich einen Mann zerstört habe, den ich einst meinen Freund nannte? Warum tue ich das dann? Das Kratzen der Feder auf dem Papier war die einzige Antwort.

»Hervorragend«, sagte Glokta. Praktikal Frost blätterte die Seite um. »Und dies ist die Liste Ihrer Komplizen?« Glokta ließ die Augen nachlässig über die Namen gleiten. Eine Hand voll aufstrebender, junger Tuchhändler, drei Kapitäne, ein Offizier der Stadtwache, ein paar unbedeutende Zollbeamte. In der Tat eine vorhersehbare Zusammenstellung. Schauen wir doch mal, ob wir der Sache nicht noch ein wenig mehr Pfiff geben können. Glokta drehte das Papier und schob es wieder über den Tisch. »Schreiben Sie noch Sepp dan Teufel auf die Liste, Rews.«

Der dicke Mann sah verwirrt drein. »Den Meister der Münzstätten?«, brachte er dumpf mit aufgeplatzten Lippen hervor.

»Genau den.«

»Aber ich habe nie mit ihm zu tun gehabt.«

»So?«, fauchte Glokta. »Tun Sie, was ich Ihnen sage.« Rews hielt mit leicht geöffnetem Mund inne.

»Schreib, du fettes Schwein.« Praktikal Frost knackte mit seinen Knöcheln.

Rews leckte sich über die Lippen. »Sepp … dan … Teufel«, murmelte er vor sich hin, während er schrieb.

»Sehr gut.« Glokta schloss sorgfältig den Deckel der Kiste mit seinen schrecklichen, schönen Instrumenten. »Ich bin für uns beide sehr froh, dass wir die hier heute nicht brauchen werden.«

Frost ließ die Handschellen über den Gelenken seines Gefangenen zuschnappen, stellte ihn auf die Füße und schob ihn dann vor sich her zu der Tür auf der anderen Seite des Raumes. »Was passiert jetzt?«, brüllte Rews über seine Schulter hinweg.

»Jetzt geht es nach Angland, Rews. Vergessen Sie nicht, sich etwas Warmes einzupacken.« Die Tür fiel hinter den beiden ins Schloss. Glokta sah auf die Liste, die er in Händen hielt. Der Name Sepp dan Teufel stand ganz unten. Ein Name. Auf den ersten Blick einer wie alle anderen. Teufel. Nur ein weiterer Name. Aber ein so gefährlicher.

Severard wartete noch draußen auf dem Gang, und wie immer lächelte er. »Soll ich den Dicken in den Kanal kippen?«

»Nein, Severard. Schaffen Sie ihn auf das nächste Schiff nach Angland.«

»Sie sind ja heute in gnädiger Stimmung, Herr Inquisitor.«

Glokta schnaubte. »Der Kanal wäre gnädiger. Die Sau wird keine sechs Wochen im Nordland überleben. Vergessen Sie ihn. Wir müssen heute Nacht Sepp dan Teufel festnehmen.«

Severards Augenbrauen hoben sich. »Doch nicht den Meister der Münzstätten?«

»Keinen Geringeren als ihn. Auf Eilbefehl Seiner Eminenz, des Erzlektors. Offenbar hat er sich von den Tuchhändlern bestechen lassen.«

OHNE JEDE WAHL

Logen erwachte mit einem schmerzvollen Ruck. Er lag verdreht, mit angezogenen Knien, und sein Kopf ruhte schwer auf etwas Hartem. Zögernd öffnete er die Augen einen verschwommenen Spalt weit. Es war dunkel, aber von irgendwoher drang schwaches Dämmerlicht. Durch Schnee gefiltertes Licht.