Liebe & Lügen - Vanessa Vale - E-Book

Liebe & Lügen E-Book

Vale Vanessa

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Beschreibung

Frauen wollen mich wegen meines Geldes. Meines Namens. Ich bin South Wainright und mein Herz zu gewinnen, bedeutet, die Schlüssel zur Milliardärsranch zu bekommen.
In mein Bett zu steigen, ist eine Sache, aber mein Herz ist tabu.
Bis ich sie sehe. Die Reinigungskraft. Sie ist neu in der Stadt. Ein hübsches Rätsel.
Süß, schüchtern und… nicht interessiert.
Aus irgendeinem Grund will sie keinen reichen Mann, was bedeutet, dass wir perfekt füreinander sind.
Ich verliebe mich in sie, und zwar heftig. Doch Maisey lebt eine Lüge.
Sie ist eine Lüge.
Nach einem Leben der Täuschung brauche ich jedoch die Wahrheit.

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LIEBE & LÜGEN

MILLIARDÄRSRANCH, BUCH 2

VANESSA VALE

Copyright © 2021 von Vanessa Vale

Dies ist ein Werk der Fiktion. Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse sind Produkte der Fantasie der Autorin und werden fiktiv verwendet. Jegliche Ähnlichkeit mit tatsächlichen Personen, lebendig oder tot, Geschäften, Firmen, Ereignissen oder Orten sind absolut zufällig.

Alle Rechte vorbehalten.

Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Form oder auf elektronische oder mechanische Art reproduziert werden, einschließlich Informationsspeichern und Datenabfragesystemen, ohne die schriftliche Erlaubnis der Autorin, bis auf den Gebrauch kurzer Zitate für eine Buchbesprechung.

Umschlaggestaltung: Bridger Media

Umschlaggrafik: Wander Aguiar Photography; designwest

INHALT

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

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ÜBER DIE AUTORIN

1

SOUTH

Ihren Hintern sah ich zuerst. Perfekt. Prall wie ein Pfirsich. Sie wackelte damit, während er aus dem Kühlschrank ragte. Ich hielt inne und starrte, denn… ich war nicht tot. Ich lehnte mich in den Türrahmen, verschränkte die Arme und genoss die Aussicht. Nach einem Morgen, an dem ich mit einem Stück Metall gekämpft hatte, das sich einfach nicht in die Richtung biegen hatte lassen, die ich wollte, war das hier eine echte Belohnung.

Sie war eine Belohnung. Abgesehen davon, wie sich ihre Jeans an sie schmiegten, hatte ich noch nichts von ihr gesehen, doch bisher war alles so weit, so gut.

Zur Hölle, so weit, unglaublich.

Ich hatte dieses Haus jahrelang gehasst und fühlte mich erst jetzt innerhalb dieser Wände wohl, die zu viel gesehen hatten, als ich ein Kind gewesen war. Die Aussicht auf einen perfekten Hintern war besser. So viel besser.

Ein Zucken dieser Perfektion und ich war steinhart. Die Sorte von eine Berührung und ich würde kommen hart. Die Sorte von ein Teenager, der seinen Schwanz nicht unter Kontrolle hat hart.

Sie zog eine gläserne Regalplatte heraus und legte sie in das Spülbecken, das mit Seifenwasser gefüllt war. Lebensmittel wie Senf und Milch standen auf der Arbeitsplatte. Dann sah sie mich. Keuchte. Riss sich die Kopfhörer aus den Ohren und ließ sie am Kabel nach unten baumeln.

Fuck, der Rest von ihr… mein Schwanz schwoll an und verspritzte Lusttropfen. Einfach so.

„Gott, du hast mich erschreckt“, keuchte sie und schenkte mir daraufhin ein zittriges Lächeln. Eines, das sagte, ich bin mir nicht sicher, ob ich bei dir in Sicherheit bin.

Diese Stimme. Sanft, tief. Heiser. Ich stellte mir vor, wie sie klingen würde, wenn sie meinen Namen sagte. South. Ja, South! Mehr.

„Scheiße, du bist wunderschön“, erzählte ich ihr und verlagerte mein Gewicht in der Hoffnung, mein Reißverschluss würde keinen dauerhaften Abdruck auf meinem Schwanz hinterlassen.

Sie war wirklich wunderschön. Vielleicht war es der Künstler in mir, der das bemerkte, weil sie sich auf jeden Fall große Mühe gab, es zu verstecken. Die dunklen Haare waren zu einem schlampigen Dutt nach hinten gebunden, sodass dessen Länge geheim war. Ich konnte anhand der Fülle erkennen, dass es mindestens bis zur Mitte ihres Rückens fallen würde. Dass es über rosa Nippel gleiten würde. Eine Brille verbarg ihre großen Augen, deren Schokoladenfarbe konnte ich jedoch nicht übersehen. Nein, gereifter Whisky. Dunkel und kräftig. Sie trug kein Make-up, aber sie brauchte es auch nicht, vor allem nicht weil eine tiefe Röte ihre Wangen färbte.

Ich wollte diesen Haargummi rausziehen und die dicken Strähnen über ihre Schultern fallen lassen. Diese vollen Lippen küssen. Dieses lockere T-Shirt von ihrem Körper reißen und jeden Zentimeter sehen, den sie darunter versteckte. Das tat sie jedoch nicht sonderlich gut, denn ich konnte erkennen, dass ihre Hüften breit und ihre Brüste prall sowie mehr als eine Handvoll waren. Ich hatte sie überrascht und ich war ein Arschloch, weil ich mich nicht dafür entschuldigt hatte – und so lange mit meinem Schwanz dachte.

„Wunderschön?“ Sie verdrehte die Augen. „Ich stecke bis zu den Armen in Seifenschaum und rieche nach Möbelpolitur. Wurdest du von einem Pferd getreten oder so was?“

Diesen Eindruck gewann ich tatsächlich, während ich sie betrachtete. Ich hatte mich noch nie so gefühlt. Hatte noch nie eine so starke Reaktion erlebt. Oh, ich hatte einige Frauen gehabt, aber sie hatten alle nur ein Bedürfnis befriedigt. Mehr nicht.

Das hier? Das hier war viel mehr als Verlangen. Es war, als hätte sich etwas in mir verschoben. Als hätte ich auf diesen Moment gewartet. Auf sie.

Sie war jung. Definitiv volljährig, doch ich fragte mich, ob sie sich schon selbst einen Drink kaufen konnte. Kein Wunder, dass ich sie nicht kannte. Eine Kleinstadt bedeutete, dass man jeden und dessen Angelegenheiten kannte, aber sie war vermutlich in der Grundschule gewesen, als ich fort aufs College gegangen war. Das bedeutete, dass ich darauf gewartet hatte, dass sie alt genug wurde, um mein zu sein. Das hieß, falls sie überhaupt in dieser Gegend aufgewachsen war.

Wer war sie?

Ich würde es herausfinden. Ich war im großen Haus, um Jed zu besuchen. Er würde es wissen. Seit er mit North zusammen war, wusste er alles, das hier los war.

Als ich einen Schritt näher zu ihr trat, hielt sie eine Hand hoch. „Bleib dort stehen.“

Ich erstarrte, dann konnte ich mir ein Lächeln nicht verkneifen, weil mich diese winzige Frau herumkommandierte. Im Haus meiner Schwester. Zur Hölle, Jed konnte warten.

„Was?“, fragte ich. „Ich werde dir nicht wehtun.“

Sie musste wissen, dass ich zwar einen Kopf größer und vermutlich hundert Pfund schwerer war, ihr jedoch nie auch nur ein Haar krümmen würde.

„Bring nicht den ganzen Dreck hier rein“, sagte sie, während sie mich von Kopf bis Fuß musterte. „Du magst ja ein heißer Cowboy sein, aber du wirst eine riesige Sauerei machen.“

Ich grinste. „Heißer Cowboy, hm?“

Sie verdrehte erneut die Augen und deutete auf mich. „Auf diese Tatsache muss man dich nicht aufmerksam machen. Aber der Dreck…“

Ich nahm meinen Stetson ab und sah an mir hinab. Mein weißes T-Shirt war mit Schmutzflecken übersät und hatte einen kleinen Riss, wo der Stoff an einer scharfen Kante meiner letzten Arbeit hängengeblieben war. Metall war unversöhnlich und machte eine Sauerei. Meine Jeans hatten schon bessere Tage gesehen und die Knie waren verdreckt, weil ich auf dem Boden meines Studios gekniet hatte, um einen Bereich anzuschweißen. Meine Stiefel waren staubig und abgenutzt. Ich sah eindeutig nicht wie einer der Hauseigentümer aus. North war zwar die Einzige, die jetzt hier wohnte, aber ich was in dieser Villa aufgewachsen, bis ich aufs College gegangen war. Sie war geblieben und hatte hier bei Macon, unserem Vater, festgesessen.

Nein, Norths Ex-Assistent Julian zufolge war er gar nicht unser verfluchter Vater.

Das spielte keine Rolle. Das hier war die Wainright-Ranch und ich war ein Wainright. Ich gehörte hierher.

Sie wusste das offensichtlich nicht. Ich wusste nicht, wer sie war, aber laut dem weißen Schriftzug über ihrem perfekten rechten Busen arbeitete sie für Nancys Reinigungsdienst. Sie war eine der Reinigungskräfte? Wenn ihr Nachname nicht Wainright war, arbeitete sie hier.

Ich war zwar ein Milliardär, respektierte jedoch jeden, der sich seinen Lebensunterhalt auf die harte Art verdiente. Durch harte Arbeit. Anders als Macon, der das Vermögen durch Heirat erworben hatte. Er mochte als CEO von Wainright Holdings einen hohen Lohn eingestrichen haben, doch der Löwenanteil des Geldes hatte unserer Mutter gehört.

„Ich bin ein wenig schmutzig, hm?“, fragte ich reumütig. Als Bildhauer blieb ich bei der Arbeit an einem Projekt nie sauber. „Sag mir nicht, North wird sauer, wenn es hier dreckig ist. Oder dich eine schmutzige Person unterbricht.“

„North?“, fragte sie und schob ihre Brille hoch.

„Sauer?“ Sie sah überrascht aus. „Sie ist ein Schatz.“

Ich öffnete den Mund zum Protest. Meine Schwester? Die Eisprinzessin? Zumindest ehemalige Eisprinzessin, seit ihr Partner Jed sie aufgetaut hatte? Seit ihr Stress mit Macon gestorben war?

„Sag nichts Gegenteiliges“, fügte sie hinzu und bedachte mich durch ihre Brille mit einem strengen Bibliothekarinnen-Blick.

Ich runzelte die Stirn. „Hast du Angst, gefeuert zu werden?“ Das würde nicht passieren. Wenn es nach mir ginge, würde sie hier allerdings nicht lange arbeiten. Ich kannte ihre Träume nicht. Ihre Pläne. Ich bezweifelte, dass sie sich darum drehten, den Kühlschrank anderer zu schrubben. Ich würde ihr mit ihren Träumen helfen. Zusehen, dass sie Wirklichkeit wurden.

„Nein. Ihr Vater ist vor kurzem gestorben und sie hat eine Menge durchgemacht. Die ganze Familie hat das. Nur weil sie Geld haben, heißt das nicht, dass sie keine schlechten Zeiten erleben.“

Ich blinzelte. „Du hast recht“, stimmte ich zu, denn ich wusste aus eigener Erfahrung, wie wahr ihre Worte waren. Ich hatte nur nicht erwartet, dass sie so etwas sagen würde.

Sie verteidigte North. Und mich. Sie wusste es nicht einmal. Ich mochte sie sogar noch mehr. Ich war daran gewöhnt, dass sich mir Frauen an den Hals warfen. Auf mein Geld. Anders als North sah ich nicht die ganze Zeit umwerfend aus oder milliardenschwer. Ja, dieses Anwesen trug nicht umsonst den Spitznamen Milliardärsranch.

Ich lebte in einem schlichten Farmhaus die Straße runter, weil ich mich weigerte in diesem Haus zu leben. Ich arbeitete mit meinen Händen, indem ich Metall von Schrott zu Kunst formte. Ich lebte von meinen Aufträgen und rührte keinen Dime meines Treuhandfonds an. Klar, ich aß das Essen des Wainright-Kochs, wenn ich vorbeikam. Ab und zu gönnte ich mir etwas von der Hausbar. Ich ritt die Pferde. Gelegentlich flog ich sogar in dem Helikopter, der Norths Haupttransportmittel zum Büro war.

Doch ich wollte nie als South Wainright, Milliardär, bekannt sein.

Ich war nur ein Mann.

Und ich hatte meine Frau gefunden.

Sie wusste es bloß noch nicht.

„In Ordnung, Hübsche.“ Ich konnte mir den Kosenamen nicht verkneifen. Sie war so verdammt hübsch. Innen und außen. „Ich will dir nicht noch mehr Arbeit machen.“ Ich krümmte den Finger. „Komm hierher.“

„Ich muss wirklich wieder an die Arbeit.“ Sie deutete mit dem Daumen über ihre Schulter zum Kühlschrank.

„North ist ein Schatz, wie du gesagt hast. Sie wird Verständnis dafür haben, dass du dir eine Minute nehmen möchtest, um mit einem heißen Cowboy zu sprechen.“

Sie lachte schnaubend. „Wenn ich gewusst hätte, dass es dir so zu Kopf steigen würde, hätte ich es nie gesagt.“

„Zu spät.“

Ja, es war verdammt nochmal zu spät für uns beide.

„Du bist niedlich“, entgegnete sie.

Jetzt war ich derjenige, der lachte. „Niedlich? Hübsche, ich wurde noch nie in meinem Leben niedlich genannt.“

Scheißkerl. Vollpfosten. Schwuchtel. Dumm. Macon hatte mir all das an den Kopf geworfen und ich hatte es mir angehört. Jahrelang. Doch ich hatte trotzdem Kunst studiert, war seinem Gift entkommen und hatte mein Leben gelebt. Hatte allein etwas aus mir gemacht und ihm das Gegenteil bewiesen. Mir war nur nicht bewusst gewesen, welchen Preis North dafür bezahlt hatte. Davon hatte ich erst erfahren, als das Arschloch tot und unter der Erde gewesen war.

„Weißt du, was niedlich ist?“, fragte ich und lenkte meine Gedanken wieder zu dem, was wichtig war. Sie. „Dein Hintern. Jetzt schwing ihn hier rüber.“

Eine hübsche Röte stieg in ihre Wangen. Ich sah das Interesse in ihren Augen. Das Verlangen, zu gehorchen. Sie hielt mich für mehr als heiß. Mehr als niedlich. Die harten Spitzen ihrer Nippel waren durch ihr T-Shirt nicht zu übersehen. Ich hätte das Geld, das ich mit meinem letzten Auftrag verdient hatte, darauf verwettet, dass sie feucht für mich war.

Sie kam zu mir, aber nicht nah genug. Ich streckte meine Hand aus, packte ihre und ruckte daran, sodass meine Brust fast gegen ihre stieß. Ich wollte sie in meinen Armen und meinen Mund auf ihrem haben, sie in irgendein selten benutztes Zimmer zerren und herausfinden, was sie dazu brachte, meinen Namen zu keuchen. Ich war jedoch so klug, nicht gleich so heftig ranzugehen. Wenn sie meine Gedanken lesen könnte, würde sie schreiend davonrennen. Wie gut, dass sie es nicht konnte.

Jed trat aus den Tiefen des Hauses in die Küche. Aus irgendeinem Grund arbeitete er gerne an Macons Schreibtisch in diesem stickigen, verdammten Büro. Das Zimmer war mit Tierköpfen gefüllt gewesen; Tiere, die Macon zum Spaß getötet hatte. North und Jed hatten einen Laden gefunden, der sich der Tiere respektvoll angenommen hatte, sodass es dort drin nicht mehr wie in einem Horrorfilm aussah.

Sie errötete und versuchte, einen Schritt zurückzutreten, als sie Jed sah, doch ich krümmte meine Finger um ihren Ellbogen.

„Bin in einer Sekunde bei dir, Jed“, sagte ich, wobei ich den Blick nicht von ihr abwandte.

„Ich bin nur hergekommen, um dir Bescheid zu geben, dass ich nach Billings fahre, um North abzuholen. Es ist zu windig für den Helikopter“, brummte er. „Ich rede mit dir, wenn ich zurückkomme.“

„Okay“, antwortete ich. „Hast du ein Handy, Hübsche?“

Sie nickte, während Jeds Schritte leiser wurden. Wir waren wieder allein.

„Darf ich es sehen?“

„Warum?“, fragte sie, obwohl sie es bereits aus ihrer Jeanstasche zog. Sie hatte ein Pflaster um die Spitze ihres Zeigefingers gewickelt. Ich war nicht der Einzige, der raue Hände hatte. Mir gefiel die Vorstellung nicht, dass sie sich verletzt hatte, auch wenn es etwas so Kleines war, das bloß ein einfaches Pflaster erfordert hatte.

„Damit ich meine Nummer dort einspeichern kann und du mich anrufst“, erklärte ich.

Sie reichte es mir, während sie sich auf die Lippe biss. Dennoch fragte sie abermals: „Warum?“

Ich beugte mich nach vorne, sodass wir auf Augenhöhe waren. „Weil ich mit dir Essen gehen möchte. Dich kennenlernen möchte. Dich küssen möchte.“

Sie lachte erneut. „Du hast mich erst vor fünf Minuten kennengelernt.“

„Mehr als das brauche ich nicht, um zu wissen, was ich will. Außerdem hast du mich gerade erst kennengelernt und mir dein Handy gegeben. Du spürst es auch.“

Sie sah zu mir auf, wobei sich ihr Kopf nach hinten neigte, weil ich so viel größer war. Sie nickte.

Fuck, ja.

„Aber Jed…“

„Mach dir um Jed keine Gedanken. Wir haben nichts Falsches getan.“

Ich schrieb mir mit ihrem Handy eine Nachricht und meines piepte in meiner Tasche. Zuversichtlich, dass ich nicht lange ohne sie sein würde, gab ich ihr ihres zurück. Anschließend streichelte ich mit einem Fingerknöchel über ihre Wange. „Ich respektiere, dass du noch arbeiten musst. Ich werde dich weitermachen lassen. Schreib mir.“

Ich beugte mich nach unten, strich mit den Lippen über ihre Stirn und lief selbstbewusst davon. Als ich mich zum Gehen umdrehte – das Treffen mit Jed war schließlich verschoben worden – grinste ich. Ich kannte nicht einmal ihren Namen, dennoch war die Frau mein. Ich ließ sie zwar zurück, aber nicht für lange.

2

MAISEY

Ich wischte über den beschlagenen Spiegel in meinem winzigen Badezimmer. Nachdem ich nach meiner Brille gegriffen hatte, die ich zum Duschen auf dem Waschbecken deponiert hatte, starrte ich mich an und fragte mich, was der Kerl an mir sah. Ich betrachtete meine feuchten Haare, die an meinem Hals und Rücken klebten. Meine reizlosen Augen. Reizloses Gesicht. Alles an mir war reizlos. Langweilig. Durchschnittlich.

Dennoch hatte er mich wunderschön genannt.

Ich konnte nicht aufhören, an ihn zu denken. Er hatte mir eine Heidenangst eingejagt und dann meine Welt erschüttert. Und wir hatten bloß miteinander geredet. Ich hatte ihm mein Handy gegeben, als hätte ich unter einem Zauber gestanden. Vielleicht hatte ich das auch. Tat es noch immer, Stunden später.

Ich dachte an seine breiten Schultern und wie sich sein schmutziges T-Shirt an diese geschmiegt hatte. Die abgetragene Jeans, die… alles einfach richtig umfangen hatte. Doch es waren seine Augen gewesen, die mich angezogen hatten. Das dunkle Blau. Ich war nicht daran gewöhnt, der Fokus solch intensiver Blicke zu sein, da ich normalerweise ignoriert wurde. Er hatte mich angesehen, als ob ich… alles sei. Als hätte er auf mich gewartet.

Es fühlte sich an, als hätte ich auf ihn gewartet. Die Männer, die ich in der Vergangenheit gedatet hatte, waren im Vergleich zu ihm Jungen gewesen. Tatsächlich waren sie wirklich Jungen gewesen. Bloß Typen aus der Highschool. Nachdem die Ich-will-was-du-hast-Einstellung meiner Schwester mir in der Highschool jede Chance auf einen festen Freund verdorben hatte, hatte ich irgendwann aufgegeben, weil sie mir jeden Einzelnen ausgespannt hatte. Wenn ich an irgendetwas oder jemandem nur das kleinste bisschen Interesse zeigte, nahm sie es mir weg. Vor allem nach Tommy hatte ich die Nase voll gehabt. Er war der einzige Kerl, mit dem ich je geschlafen hatte. Einmal. Dann hatte sie ihre Krallen in ihn geschlagen und sie hatten gemeinsam Dinge getan, die ich selbst jetzt noch nicht ausprobiert hatte. Kerle hatten sie mir schon immer vorgezogen, obwohl wir identisch waren.

Sie war die Spaßige. Die Wilde. Sie hatte die gleichen reizlosen Haare und Augen und dennoch war sie nicht reizlos.

Ich hatte nie eine Chance gehabt, vor allem nicht, weil sie Sex als Teil der Eroberung sah. Ich wusste noch immer nicht, ob sie es tat, um zu beweisen, dass sie besser war als ich, oder nur weil sie neue und glänzende Dinge mochte. Vielleicht beides. Sie war durch und durch eine Narzisstin. Sie war nicht zufrieden, bis sie hatte, was sie wollte und was mir gehörte. Im Anschluss drehte sie es so herum, dass es meine Schuld war, dass sie es mir weggenommen hatte. Ein Date zum Abschlussball. Ein Gehaltsscheck. Mein ganzes Bankkonto.

Doch Paisley war nicht hier. Nach dem, was sie getan hatte – dieses Mal – hatte ich mich mitten in der Nacht davongestohlen. Ich hatte mitgenommen, was in mein Auto gepasst hatte, und war gegangen. Mein Handy hatte ich gegen ein billiges Model eingetauscht, das ich bar bezahlt hatte. Ich hatte sogar meine einzige Kreditkarte zerschnitten – obwohl ich den Kredit, den sie darauf angesammelt hatte, jahrelang abbezahlen würde. Ich bezahlte meine Studentendarlehn mit der geringsten Rate ab und lebte von der Hand in den Mund.

Hätte ich Geld übriggehabt, hätte ich es für die Mammographie benutzt, die mir angeraten worden war. Ich legte die Finger auf meinen linken Busen und drückte auf die Stelle, wo ich den kleinen Knoten gefunden hatte. Ich war zu einer kostenlosen Sprechstunde gegangen, wo ihn die Krankenschwester ebenfalls ertastet und mir empfohlen hatte, nach Billings oder Bozeman zu gehen, um weitere Untersuchungen durchführen zu lassen. Sie hatte gesagt, dass ich jung und das Ganze vermutlich nichts Schlimmes sei. Eine Zyste, die mit Flüssigkeit gefüllt war.

Dennoch waren das Untersuchungen, die ich mir dank Paisley nicht leisten konnte, weil ich keine Versicherung hatte.

Die letzten zwei Monate hatte sie nicht gewusst, wo ich war. In der Zwischenzeit würde ich genug zusammenkratzen, um für die Untersuchungen bezahlen zu können, und mich bemühen, nicht in Panik zu geraten. Mir fielen da bessere Dinge ein. Wie beispielsweise der Typ auf der Ranch. Zu wissen, dass Paisley nicht in der Nähe war, hatte mir etwas Selbstvertrauen gegeben, als ich mit ihm gesprochen hatte.

Niemand in der Stadt wusste, dass ich eine eineiige Zwillingsschwester hatte. Als mich also Heißer Cowboy – ich wusste nicht einmal seinen Namen! – angeschaut hatte, als wollte er mich wie schmelzendes Eis lecken, hatte er mich nicht mit Paisley verwechselt.

Das ergab keinen Sinn. Warum ich? Ich war eine vom Glück verlassene Reinigungskraft. Dank Paisley war ich eine Studienabbrecherin und pleite. Ich hatte keine Ahnung, wie man jemanden datete. Wie man etwas anderes war als… ich. Durchschnittlich. Langweilig. Ich hatte gelernt, dass ich Männer nicht halten konnte.

Ich schloss die Augen und seufzte, dann spürte ich wieder das Flattern in meinem Bauch. Er wollte, dass ich ihn anrief. Es wurde spät. Während ich den Kühlschrank geschrubbt und den Rest der To-Do-Liste im Wainright-Haus abgearbeitet hatte, hatte ich darüber nachgedacht, was ich sagen würde, sollte er das Gespräch überhaupt annehmen.

Der Kerl wollte mit mir ausgehen und ich wusste nicht einmal, wer er war. Wenn er von den Wainrights angestellt worden war, musste er ein vernünftiger Typ sein. Und er hatte eine Anstellung. Das war ein Plus, auch wenn sein Job ein schmutziger war. Wie gut, dass ich Putzfrau war.

Wah!

Sie war verrückt, diese Anziehungskraft. Die Gefühle, die er in mir hervorrief. Es war sofort passiert, als wäre ein Schalter umgelegt worden. Es hatte eine Verbindung gegeben, etwas, was ich nicht erklären konnte, und noch dazu mit einem Mann, der vermutlich ein Jahrzehnt älter war als ich. Es war nicht so, als hätte ich abgeschieden in einem Kloster gelebt. Ich sah die ganze Zeit Männer. Heiße Männer. Heiße Cowboys, aber ich hatte mich noch nie so gefühlt. Es kam mir vor, als wäre ein Teil von mir mit ihm gegangen, als er verschwunden war.

Ich schnappte mir die Tube Feuchtigkeitscreme und schmierte mir ein wenig davon ins Gesicht.

Ich wollte noch einmal spüren, wie seine Finger meine Wange streichelten. Und andere Stellen. Der Typ hatte all die richtigen Dinge gesagt. Hatte mir das Gefühl gegeben, besonders zu sein. Sogar hübsch und ich hatte bis zu den Armen in Spülwasser gesteckt.

Wer war er? Warum war er ins Haus gekommen? Was war sein Job auf der Ranch? Irgendetwas, bei dem er hart für diese Muskeln schuften musste. Etwas Schmutziges. Mir waren die Schrammen und Kratzer auf seinen Händen nicht entgangen. Er trug keine schicken Anzüge oder ließ sich die Hände maniküren.

Paisley mochte Sugar-Daddys, eine Eigenschaft, die sie sich von unserer Mutter abgeschaut hatte. Das Leben im Luxus, ohne tatsächlich dafür zu arbeiten. In einem ramponierten Wohnwagen mit Mann Nummer… zwanzig zu leben, war allerdings kein Luxus.

Das wollte ich nicht. Ich wollte einen starken Mann, der für mich da war. Mit dem ich ein Leben auf der Grundlage von harter Arbeit und Liebe bauen konnte. Mit gegenseitigem Respekt und Leidenschaft. Geld war wichtig, aber es war nicht alles.

Ich hatte es so satt, mich um andere zu kümmern.

Ich war stets die Verlässliche, die Vernünftige gewesen. Mein Vater hatte uns verlassen, als wir zwei Jahre alt gewesen waren. Meine Mutter hatte nie lange einen Job behalten können. Nichts Beständiges und nichts, was mehr als den Mindestlohn bezahlt hätte. Sie hatte oft ihren aktuellen Job gekündigt wegen irgendeiner sicheren Sache, die ihr das schnelle Geld bringen würde. Es hatte eine ganze Liste sicherer Sachen gegeben, als ich noch klein gewesen war, doch keine hatte jemals das kaputte Teil der Wohnwagenheizung repariert oder die Stromrechnung bezahlt. Ich hatte dafür sorgen müssen, dass uns ein Brotlaib und Erdnussbutter gereicht hatten, indem ich mir mit vierzehn Jahren einen Job besorgt hatte.

Sechs Jahre später hatte sich nicht viel geändert. Mom lebte in dem Wohnwagen, allerdings mit ihrem neuesten Freund, der ihr alle möglichen glänzenden Dinge geben sollte, doch stattdessen eingezogen war und nun von ihr schmarotzte. Paisley hatte mich bestohlen, nicht nur mein Geld, sondern auch meine Chance auf einen Studienabschluss. Sie hatte Geld gebraucht und war daher zu meiner Bank gegangen, wo sie mein College-Geld abgehoben hatte. Sie hatte es für eine Reise nach Mexiko mit dem Kerl der Woche ausgegeben.

Mexiko! Ich hatte Montana noch nie verlassen.

Es machte mich noch immer fuchsteufelswild, wenn ich daran dachte, wie hart ich gearbeitet hatte – während ich Vollzeit studiert hatte – um Geld zu sparen, und sie hatte es einfach am Strand verprasst. Das hatte das Fass schließlich zum Überlaufen gebracht, als ich auf dem Studierendensekretariat erfahren hatte, dass ich meine Gebühren nicht bezahlt hatte. Dass sie meinen Platz deswegen gekündigt hatten. Das war der Moment, in dem ich Paisely angerufen und sie es mir gestanden hatte, indem sie mir ein Foto von ihren Bräunungsstreifen geschickt hatte.

Vor ihrer Rückkehr war ich gegangen. Ich hatte alles gepackt, bevor Mom Fragen hatte stellen können, nicht dass sie mir viel Aufmerksamkeit schenkte, abgesehen davon, dass ich die Stromrechnung bezahlte. Ich war in eine winzige Stadt drei Stunden entfernt gezogen in der Hoffnung, dass ich einen Neuanfang wagen könnte. In der Hoffnung, dass Mom ihre eigenen Nebenrechnungskosten bezahlen konnte und dass Paisley verstand, dass ich nicht mehr ihr Goldesel war.

Es spielte ohnehin keine Rolle. Ich hatte nichts mehr. Mom ergriff immer Paisleys Seite und Paisley nahm alles. Ich hatte buchstäblich keiner von ihnen mehr etwas zu geben. Ich hatte meine Kleider, einige Kinkerlitzchen und Andenken. Mein klappriges Auto, das praktisch nur noch von Rost zusammengehalten wurde. Ich arbeitete. Ich las. Ich schlief. Ich war eine Einzelgängerin.

Daher erregte mich die Vorstellung eines Mannes wie dem Heißen Cowboy, der ganz dominant und herrisch auftrat und mich mit gekrümmtem Finger zu sich winkte. Ich hatte, ohne nachzudenken, die Wainright-Küche zu ihm durchquert. Ich hatte einfach nur… gehorcht.

Meine Nippel wurden unter meinem Handtuch hart. Ich hatte nur ein paar Minuten mit dem Kerl verbracht und dennoch hatte er mich angetörnt.

Ich ging zur Kommode, zog ein T-Shirt sowie Leggings heraus und setzte mich auf mein Bett. Das Haus war winzig. Es war eine alte Bergarbeiterhütte oder so etwas, die nur ein Zimmer mit einem Badezimmer hatte. Sie wurde möbliert vermietet, war sauber, billig und sicherer als der Wohnwagen, in dem ich aufgewachsen war.

Sollte ich ihn anrufen? Konnte ich? Ich griff nach dem Handy, das ich auf dem Bett liegen gelassen hatte, und starrte auf meinen Nachrichtenverlauf. Biss auf meine Lippe.

Heißer Cowboy stand oben. Er hatte sich selbst ein Wort geschickt: Hübsche.

Ich war mir nicht sicher, ob das süß oder sexy oder zu gut, um wahr zu sein, war.

Ich musste bloß mein Display berühren. Ich holte tief Luft und stieß sie wieder aus. Versuchte, meine Nerven zu beruhigen. Das brachte auch nichts. Seit ich ihn zum ersten Mal erblickt hatte, war ich vollkommen verkrampft und angespannt wegen ihm.

Nein. Ich konnte das nicht tun. Ich konnte ihn nicht anrufen. Was, wenn er seine Meinung geändert hatte? Was, wenn er mich nur verarscht hatte? Was, wenn…

Er wirklich zu gut war, um wahr zu sein. Wir hatten uns fünf Minuten unterhalten. Vielleicht weniger. Deswegen hatte er mich um ein Date gebeten. Er hatte nicht genug Zeit gehabt, mein wahres Ich kennenzulernen. Er hatte sich nicht des ganzen Ballasts bewusst werden können, den ich mit mir herumschleppte. Er wusste nicht, dass ich sexuell nicht so erfahren war wie Paisley. Er hatte zweifellos Bedürfnisse und Sehnsüchte, die so dunkel und schmutzig waren wie er. Das konnte ich ihm nicht geben. Ich hatte keine Ahnung, wie das ging.

Außerdem, auf einen Kerl zu stehen, nachdem man ihn gerade mal fünf Minuten kannte, war etwas, was meine Mutter tun würde. Sie würde sich verlieben, dann abhängig werden und das ohne ein echtes Fundament. Ich kannte nicht einmal seinen Namen. Ich hatte versucht, das komplette Gegenteil von meiner Mutter zu werden, und nur durch ein verschmitztes Lächeln hatte ich herausgefunden, wie schwach ich war. Er hatte bloß den Finger krümmen müssen und ich war zu ihm gelaufen, als hätte ich unter einem Bann gestanden.

Nachdem ich das Handy an das Ladekabel gesteckt hatte, legte ich es auf den Boden. Im Anschluss kletterte ich ins Bett und schaltete das Licht aus.

Ich rief ihn nicht an. Denn wenn ich es tat und er seine Meinung darüber geändert hatte, wie hübsch ich war und dass er mit mir ausgehen wollte, würde das wehtun. Mehr als es das momentan tat. Genau wie all die Male, wenn meine Mutter abserviert worden war.