Lore-Roman 8 - Wera Orloff - E-Book

Lore-Roman 8 E-Book

Wera Orloff

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Beschreibung

"Liebst du mich noch?", fragt Ute fast flüsternd.
"Was für eine Frage! Natürlich liebe ich dich. Nun sag schon, was ist!", fordert Ralph.
"Also - es ist so ... Ralph, ich ... bekomme ein Kind von dir."
Der Unterkiefer des Mannes fällt herab, und fassungslos starrt er das Mädchen an.
"Sag das noch mal", bringt er dann hervor. "Das kann doch nicht wahr sein. Ein Kind! Du bist verrückt geworden, Ute." Dann springt er auf und stellt sich mit zu Fäusten geballten Händen vor sie hin. "Nein, ich will das Kind nicht! Sorge dafür, dass es nicht auf die Welt kommt!"


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Inhalt

Cover

Impressum

Weil sie einem Mann zu sehr vertraute

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock/luckyimages

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5206-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Weil sie einem Mann zu sehr vertraute

Roman um Liebe und Leid eines jungen Mädchens

Von Wera Orloff

„Liebst du mich noch?“, fragt Ute fast flüsternd.

„Was für eine Frage! Natürlich liebe ich dich. Nun sag schon, was ist!“, fordert Ralph.

„Also – es ist so … Ralph, ich … bekomme ein Kind von dir.“

Der Unterkiefer des Mannes fällt herab, und fassungslos starrt er das Mädchen an.

„Sag das noch mal“, bringt er dann hervor. „Das kann doch nicht wahr sein. Ein Kind! Du bist verrückt geworden, Ute.“ Dann springt er auf und stellt sich mit zu Fäusten geballten Händen vor sie hin. „Nein, ich will das Kind nicht! Sorge dafür, dass es nicht auf die Welt kommt!“

Als Ute Schneider die Küche betrat, saß ihre Wirtin schon am Tisch, den obligatorischen Kaffee vor sich. Auf dem alten Kohleherd summte das Wasser im Kessel, so konnte Ute ihren Kaffee sofort aufgießen.

„Guten Morgen“, wünschte die junge Frau.

Frau Mehlau schaute sie mürrisch an. „Morgen“, knurrte sie unfreundlich. Um diese Zeit war sie nicht recht ansprechbar. Sie musterte Ute von oben bis unten, und ihr mürrischer Gesichtsausdruck verstärkte sich. „Sie kriegen doch nicht womöglich ’n Kind?“

Ute, die gerade ihr Kaffeekännchen aus dem Schrank genommen hatte, zuckte zusammen.

„Wie – meinen Sie das?“, fragte sie stockend.

„Verstehen ja wohl noch deutsch. Ob Sie womöglich ’n Kind kriegen, hatte ich gefragt. Was ’n Kind ist, werden Sie ja wohl wissen, wenn Sie ’ne gebildete Frau sein wollen.“

Ute lächelte verkrampft. „Ich verstehe nicht, wie Sie darauf kommen …“

„Nun stellen Sie sich nicht dümmer, als Sie sind. Schließlich lebe ich nicht auf dem Mond. Wäre ja weiter keine Tragödie, wenn das Kind ein bisschen schneller kommt, die Hauptsache, der dazugehörige Mann heiratet Sie. Haben Sie es ihm schon gesagt?“

„Sieht man es mir denn schon an?“, fragte Ute beklommen.

Meta Mehlau lachte freudlos. Sie hatte auf den Busch geklopft, und es erfüllte sie mit Befriedigung, dass sie wieder mal recht gehabt hatte. Diese jungen Dinger heutzutage!

„Ihr Kaffeewasser kocht“, brummte sie. „Er wird ja wohl nicht gerade erfreut sein, Ihr Freund, nehme ich an. Ihr Vergnügen haben wollen alle gern, aber wenn es darum geht, für die Folgen einzustehen … Verdient er denn wenigstens einigermaßen?“

„Ich dachte, man könnte es noch nicht sehen“, murmelte Ute Schneider.

„So was sieht man einfach“, behauptete Frau Mehlau. „Hab ja schließlich selbst drei. Wenn ich an die denke … Da hat man sich abgerackert, damit sie etwas werden, und was hat man jetzt von ihnen? Sie wissen nicht mal, wo ihre Mutter wohnt. Das ist der Dank. Man sollte sich keine Kinder anschaffen, aber sagt einem das jemand vorher?“

Ute goss den Kaffee auf. Ihr Gesichtsausdruckt sah sehr nachdenklich aus.

Ich muss bald mit Ralph sprechen, dachte sie. Erfreut sein würde er bestimmt nicht, das wusste sie. Aber andererseits waren sie sich einig, dass sie Kinder haben wollten, wenn auch nicht gleich.

„Hoffentlich macht er keinen Rückzieher“, fuhr Meta Mehlau fort.

Ihre Verdrossenheit war wie weggewischt. Sie hatte die Unterarme auf den Tisch gestützt und lächelte breit und zufrieden. Fräulein Schneider war eine sehr attraktive Person, und deshalb gönnte sie ihr das Pech. Diese hübschen Dinger hatten es im Leben viel zu leicht. Denen fiel immer alles zu, während die anderen, die nicht so schön aussahen, für alles hart arbeiten mussten.

„Kommt nämlich gar nicht so selten vor, dass die feinen Herren kalte Füße kriegen, wenn sie hören, dass sie Vater werden sollen. Ganz plötzlich wollen sie es dann nicht gewesen sein. Ich will ja nichts Schlechtes von Ihnen reden, Fräulein Schneider, aber ich sage immer, man darf keinem Mann trauen. Nett sind sie nur, wenn sie was von einem wollen.“

Hör bloß auf, so zu reden, dachte Ute. Ralph war anders, er liebte sie, und selbstverständlich würden sie bald heiraten. Bisher hatte sie nur Angst gehabt, ihm von dem Kind zu erzählen. Aber wenn man es ihr schon ansehen konnte …

„Wie lange wollen Sie den Kaffee eigentlich noch filtern?“, fragte Frau Mehlau.

Jetzt erst merkte Ute, dass die Kanne schon voll war. Sie stellte den Wasserkessel auf den Herd zurück und setzte sich ihrer Wirtin gegenüber an den Tisch. Der Appetit war ihr allerdings vergangen.

„Eine Freundin von mir, deren Tochter, der ist es auch so gegangen. Erst die große Liebe, und was die sich alles anschaffen wollten, nicht zu glauben! Und dann war plötzlich ein Kind unterwegs, und er hat sich abgesetzt. Jetzt sitzt sie da und kriegt ein bisschen Geld für das Kind, und er hat sich eine andere gesucht.“

„Ich muss jetzt gehen“, erwiderte Ute zögernd.

„Gefällt Ihnen wohl nicht, was ich sage?“, fragte Meta Mehlau befriedigt. „Die Wahrheit, die hört ihr immer nicht gern. Sie werden schon sehen, was passiert, lassen Sie es sich nur gesagt sein. Oder glauben Sie wirklich, Ihrer hätte Lust, gleich mit einem Baby anzufangen? Wo ein Kleinkind ist, da gibt es keine Ruhe. Jede Nacht diese Schreierei … Sehen Sie bloß zu, dass er Sie heiratet, denn ein Kleinkind in meiner Wohnung, also das kommt überhaupt nicht infrage. Ich will jetzt meine Ruhe haben. Aber Sie sind ja sicher, dass er Sie heiratet. Sie brauchen sich überhaupt keine Sorgen zu machen. Das ist schön. Können nur wenige von sich sagen, wenn Sie mich fragen, Fräulein Schneider. Aber bei Ihnen ist ja wohl alles anders.“

„Guten Morgen …“

Nicht einmal ihren Kaffee hat sie getrunken, stellte Meta Mehlau fest und zog die Kanne über den Tisch zu sich heran, als Fräulein Schneider die Küche verlassen hatte. Sie trat ans Fenster und schaute hinaus, als Ute das Haus verließ.

Besonders glücklich sieht sie nicht aus, dachte sie. Bin ja gespannt, ob er sie heiratet. Wäre schön dumm, täte er es. Sie hatte den Mann nur ein paar Mal gesehen, aber das hatte ihr völlig genügt, um zu wissen, dass er ein Mann war, der jede Frau haben konnte. Und solch ein Mann heiratet doch keine Waise wie die kleine Schneider. Was hatte die denn schon zu bieten?

Was Männer anging, hatte Frau Mehlau längst alle Illusionen verloren. Ihr Mann war vor einigen Jahren gestorben, und böse Zungen behaupteten, er wäre gern gestorben, weil er nur im Sarg die Ruhe fand, die er in seiner Ehe mit Meta nicht gefunden hatte.

Ute hastete durch die Straßen zur Haltestelle. Sie war heute viel zu früh da, aber ihre innere Unruhe war so groß, dass sie einfach nicht langsamer gehen konnte. Wie gehässig die Menschen sein konnten! Was habe ich Frau Mehlau nur getan?, fragte sie sich. Ich war doch immer nett zu ihr, und sie gönnt mir alles Schlechte.

Ute Schneider fand keine Antwort, aber das war auch schließlich nicht so wichtig. Ob Ralph wohl noch zu Hause ist?, fragte sie sich und warf einen Blick auf ihre Uhr. Ich kann ja versuchen, ihn zu erreichen. Sie ging in die nächste Telefonzelle und wählte seine Nummer.

Sie hörte es dreimal klingeln, dann nahm er den Hörer ab und meldete sich unwirsch. „Ich bin es nur, Ute“, meldete sie sich. „Wie geht es dir, Ralph?“

„Rufst du mich so früh an, um mich das zu fragen?“, knurrte der Mann.

„Nein, nicht allein deswegen. – Können wir uns heute Abend treffen?“

„Heute Abend?“, überlegte Ralph Zöllner laut. „Ich weiß nicht, ob ich es einrichten kann. Haben im Betrieb momentan furchtbar viel zu tun. Du entwickelst dich allmählich zur Klette, liebe Ute.“

Das Gesicht des Mädchens brannte, als hätte er sie geschlagen.

„Entschuldige, dass ich den Wunsch habe, dich wiederzusehen“, erwiderte sie eingeschnappt. „Jetzt haben wir uns fast eine Woche nicht mehr getroffen.“

„Ich zähle die Tage nicht, hab was Besseres zu tun.“

„Es ist wichtig, dass wir uns sehen, Ralph, ich muss dir etwas sagen.“

Der Mann seufzte hörbar. „Heute geht es nicht. Vielleicht morgen. Ich werde sehen, ob ich es einrichten kann. Mach mir jetzt bitte keine Szene. Ich wollte gerade losfahren, als du angerufen hast. Habe schließlich mehr zu tun, als zu telefonieren. War noch was?“

„Nein. Früher warst du netter zu mir, Ralph. Du bist jetzt immer gleich so ungeduldig.“

„Ich mag es nicht, wenn man mir nachläuft. Also bis dann!“ Er knallte den Hörer auf, und Ute schaute gedankenverloren vor sich hin.

Ralph war in letzter Zeit ganz anders geworden. Sonst war er immer derjenige gewesen, der es gar nicht abwarten konnte, sie wiederzusehen, und seit einigen Wochen … Nun gut, er hatte viel zu tun, aber früher hatte er auch viel zu tun gehabt und doch Zeit gefunden, sich mit ihr zu treffen.

Ob er mich nicht mehr liebt?, fragte sie sich. Aber es war Unsinn, so etwas zu denken. Ich sollte mich nicht um das kümmern, was Frau Mehlau gesagt hat, dachte sie. Frau Mehlau denkt von allen Menschen nur das Schlechteste. Auf Ralph kann ich mich verlassen, er ist jetzt nur etwas überarbeitet.

Sie erreichte gerade noch ihren Bus. Ute starrte aus dem Fenster, sah aber nichts. Sie hatte plötzlich Angst bekommen. Wenn Ralph sie nun nicht heiraten wollte? Ich darf so etwas nicht denken, sagte sie sich, es ist wie ein Verrat an Ralph. Er liebt mich. Er wird im ersten Moment nicht erfreut sein, wenn ich es ihm sage, aber dann wird er sich auf unser Kind freuen. Wir wollten doch Kinder haben … Er verdient gut, und später kann ich auch wieder arbeiten.

Sie war Angestellte in einer Drogerie in der Innenstadt. Sie liebte ihren Beruf, aber heute fiel es ihr schwer, mit den Kunden so freundlich und geduldig zu sein, wie man es von ihr gewohnt war.

***

„Geht es Ihnen nicht gut?“, fragte Herr Petersen nicht unfreundlich, als Ute totenblass aus dem Waschraum zurückkehrte.

Die junge Dame wurde unter seinem forschenden Blick rot.

„Eine kleine Magenverstimmung, bestimmt nichts Ernstes.“

„Sie sollten gelegentlich einmal einen Arzt aufsuchen. Man kann Pflichtbewusstsein auch übertreiben, Fräulein Schneider. Seitdem Sie hier arbeiten, haben Sie immerhin keinen Tag gefehlt.“

Sein Lob machte Ute glücklich. Ihr Chef war kein Mann, der allzu oft lobte, er pflegte allerdings auch nur zu tadeln, wenn er wirklich einen triftigen Grund dafür hatte. Sie arbeitete gern bei ihm.

„Sie kommen heute ja wieder so früh“, stellte Frau Mehlau fest, als Ute die Wohnungstür aufgeschlossen hatte und in den schmalen Flur getreten war. „Hatte er wieder keine Zeit, Ihr Freund? Sollte mich gar nicht wundern, wenn der schon eine andere hat. So fängt es nämlich meistens an. Sie haben keine Zeit, weil ihnen der Mut fehlt, einem Mädchen die Wahrheit zu sagen. Oder hat Ihnen schon mal ein Mann gesagt, wir müssen Schluss machen, ich hab nämlich ’ne andere? Das kriegen sie allesamt nicht fertig. – Blass sehen Sie aus. Sie sollten was einnehmen, was Blutbildendes. Eisenpräparate sind da richtig. Als ich in anderen Umständen war, habe ich Eisenpräparate pfundweise geschluckt. Ein Wunder, dass ich nicht anfing zu rosten.“ Sie war allerdings die Einzige, die ihren Scherz belachte, Ute verzog keine Miene.

„Ich hab noch etwas Essen von heute Mittag da, wenn Sie Appetit haben, dann mache ich es Ihnen gern warm. Sie müssen ja jetzt sozusagen für zwei essen.“ Wieder lachte sie in der ihr eigenen misstönenden Art.

Sie soll mich doch in Ruhe lassen, dachte Ute. Es müsste schön sein, einen eigenen Haushalt zu besitzen. Davon träumte sie seit vielen Jahren. Aber ihr Gehalt reichte nicht aus, sich eine Wohnung zu mieten und einzurichten, und seitdem sie Ralph kannte und liebte, sparte sie für ihre gemeinsame Zukunft. Sie war sehr stolz auf die paar tausend Mark, die sie schon zusammen hatte, Geld, von dem nicht einmal Ralph etwas wusste. Sie wollte ihn damit überraschen.

„Vielen Dank, ich habe heute keinen Hunger, ich habe unterwegs eine Kleinigkeit gegessen.“

„Mir können Sie nichts vormachen. Es ist das Kind, das Ihnen den Appetit nimmt. Ging mir bei meiner zweiten Tochter so, ich bekam einfach nichts runter. Wie ich die Zeit überstanden habe, weiß ich heute auch nicht mehr. Mein Mann dachte schon, ich würde ihm eingehen. Er hat sehr an mir gehangen, mich richtig vergöttert. Dass er so früh sterben musste …“

Die Geschichte kannte Ute allmählich, genauso wie sie wusste, dass kein Wort davon stimmte.

„Entschuldigen Sie mich jetzt, bitte …“

„Wie Sie wollen.“

Da meinte man es nun gut, und das war der Dank.

Frau Mehlau saß in ihrer Küche und hatte das Radio angestellt, als es klingelte. Zweimal, also für Fräulein Schneider. Einmal klingeln war für sie, zweimal für Ute Schneider.

Das hinderte sie allerdings nicht daran, prompt auf den Flur zu treten. Schließlich musste sie wissen, wer in ihre Wohnung kam, das war ihr gutes Recht. Ihr war nicht an der Wiege gesungen worden, dass sie in ihren alten Jahren einmal untervermieten musste.

„Ach, Sie sind es, Herr Zöllner“, stellte sie fest.

„Guten Abend. Wie geht es Ihnen, Frau Mehlau?“

Ralph Zöllner war immer freundlich und höflich, Utes Wirtin mochte ihn deshalb sehr gern.

Kurz nach ihr war Ute auf den Flur getreten. Sie begann prompt zu strahlen, als sie Ralph erkannte.

„Komm rein! Darf ich rasch eine Kanne Kaffee kochen, Frau Mehlau?“

„Selbstverständlich. Das Wasser muss jeden Augenblick kochen. Lassen Sie sich bloß nicht stören. Ist ja nett, dass Sie Fräulein Schneider jetzt besuchen kommen. In ihrem Zustand braucht sie jemanden, der für sie da ist.“

Halt bloß den Mund, alte Hexe, dachte Ute. An Ralphs Gesicht sah sie allerdings, dass der Mann keine Ahnung hatte.

„Setz dich schon“, forderte sie ihn nervös auf und schob ihn halb in ihr Zimmer.

Frau Mehlau warf einen bedauernden Blick auf die geschlossene Tür und ging dann Ute voran in die Küche.

„Aber dass er sich um zweiundzwanzig Uhr verabschiedet, hören Sie? Auch, wenn es jetzt schon passiert ist. Ich bin eine anständige Frau und will nicht, dass die Nachbarn über mich klatschen. Es wird sowieso immer viel zu viel geredet.“

„Ja, ist gut“, murmelte Ute.

Das Kaffeewasser kochte tatsächlich schon, und sie beeilte sich mit dem Filtern.

„Nett, dass er immer noch kommt. Es gibt eben Männer, auf die man sich verlassen kann. Freut mich, dass Ihrer dazugehört. Ich hatte eigentlich immer gedacht, er ist einer, der – der sich so umschaut, wenn Sie verstehen, was ich meine. Dass es ihm ernst ist, hätte ich nicht geglaubt. So kann man sich also täuschen.“

Ute legte den Filter in den Ausguss und legte den Deckel auf die Kanne. Die Art, wie sie die Küche verließ, wirkte fast wie eine Flucht.

Frau Mehlau lächelte hämisch hinter ihr her. Das Mädchen hatte ihm also noch nichts gesagt. Ob sie es ihm wohl heute beibringen würde? Dann brauchte er keinen Kaffee, sondern einen ordentlichen Schnaps.

„Wie schön, dass du noch gekommen bist“, sagte Ute, als sie die Kanne auf den Tisch gestellt hatte.

Ralph war sitzen geblieben und schaute sie forschend an.

„Bekomme ich heute keinen Kuss?“, fragte Ute und wusste, dass ihr Lächeln sehr verkrampft wirken musste. „Was siehst du mich so an, Ralph?“

„Wie soll ich dich ansehen?“, brummte der Mann. „Ich bin verdammt müde. War heute wieder ein schwerer Tag. Werde gleich nach Hause fahren und mich hinlegen.“ Er warf einen Blick auf seine Uhr und runzelte die Stirn. „Du wolltest mich dringend sprechen. Schieß los, was liegt so Wichtiges an?“

Er gähnte, aber Ute sah, dass es nur ein markiertes Gähnen war. Wozu schaute er auf die Uhr? Wenn er so müde war, spielte es keine Rolle, ob er zehn Minuten früher oder später ins Bett kam. Sie stand vor ihm, und in ihrem Herzen war plötzlich eine große Angst.

„Liebst du mich noch?“, fragte sie fast flüsternd.

„Was für eine Frage! Dass ihr Frauen immer dasselbe fragt. Natürlich liebe ich dich. Was hast du auf dem Herzen?“

„Trinken wir erst eine Tasse Kaffee, Ralph. Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll …“ Ute nahm mit nervösen Händen zwei Tassen aus dem Schrank. „Du bist überarbeitet, nicht?“

„Ein Wunder, dass du es auch merkst. Ja. Hast du mich kommen lassen, um mir das zu sagen? Dann kann ich ja wieder gehen.“

Heute ist er ausgesprochen eklig, dachte Ute. „Es ist nämlich … Frau Mehlau hat es auch schon gesehen …“

„Sprich nicht in Rätseln! Was hat sie gesehen? Trägst du ein neues Kleid?“

Ute lächelte wehmütig. „Nein.“

„Was dann? Mach es kurz, Mädchen, ich habe keine Lust, den ganzen Abend hier herumzusitzen.“

„Also – es ist so, dass ich … Ich weiß es selbst erst seit einer Woche.“

„Was? Verdammt noch mal, ich bin kein Hellseher. Kannst du dich nicht ein bisschen klarer ausdrücken?“

Sein gereizter Ton ließ Ute erbleichen. Sie trank einen Schluck und verbrannte sich dabei die Zunge. Wie sage ich es ihm?, fragte sie sich. Ich muss es ihm schonend beibringen, ganz langsam. Ich kann es ihm nicht einfach an den Kopf werfen.

„Sendepause, wie?“, fragte Ralph ironisch.

Seit wann spricht er in diesem Ton mit mir?, fragte sich Ute. „Ich – war bei einem Arzt.“

„Ach, du bist krank?“ Ralph Zöllner beugte sich vor. „Deshalb siehst du auch so blass aus. Was fehlt dir?“