Marie III - Diana Wolfbach - E-Book

Marie III E-Book

Diana Wolfbach

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Beschreibung

Die jetzt 74-jährige transsexuelle Diana und die inzwischen 13-jährige Marie sind nach aufregenden Erlebnissen, unter anderem mit Missbrauch, Mordversuchen, Notwehr mit Todesfolge, Flucht und Gerichtsverhandlungen in den USA auf der Suche nach Maries Vater und dem Chef einer Verbrecherbande unterwegs. Auch hier reißen die turbulenten Ereignisse nicht ab. Werden die beiden ihre Ziele erreichen?

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Seitenzahl: 152

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Marie III

Titel SeiteBand 3 der Trilogie „Marie“Reise nach AmerikaBand 3 der Trilogie „Marie“ - 1Neuauflage März 2020Was bisher geschah

Titel Seite

Diana Wolfbach

Marie III

Reise nach Amerika

Band 3 der Trilogie „Marie“

Diana Wolfbach

Marie III

Reise nach Amerika

Band 3 der Trilogie „Marie“ - 1

Neuauflage März 2020

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2015 Diana Wolfbach

Illustration: Diana Wolfbach

Was bisher geschah

Was bisher geschah

Die 73-jährige Diana lernt per Zufall die 12 ½-jährige Marie kennen. Es entwickelt sich eine Freundschaft zwischen alt und jung. Diana merkt bald, dass Marie geschlagen wird; diese gibt es aber zunächst nicht zu. Schließlich gesteht das Mädchen doch, dass sie von ihrem Onkel misshandelt und sexuell missbraucht wird. Nach einigen Wirren kommt Marie bei ihrer Lehrerin Frau Oberwald unter, die auch das Sorgerecht erhält.

Diana forscht in Archiven nach Informationen über den mysteriösen Tod von Maries Mutter. Unterstützung bekommt sie von einem Kommissar im Ruhestand, der den Fall bearbeitet hatte. Der tatverdächtige Onkel von Marie musste seinerzeit aufgrund eines Alibis, dass ein Bekannter ihm verschafft hatte, frei gelassen werden.

In einem Prozess wird Maries Onkel zu neun Monaten auf Bewährung wegen Misshandlung verurteilt. Vom Verdacht des Missbrauchs wird er freigesprochen, nicht zuletzt wegen eines fragwürdigen Gutachtens eines Psychologen.

Bevor sich das Leben von Marie und Diana normalisieren kann, geschieht das Unfassbare: Frau Oberwald wird das Sorgerecht auf Anraten des Jugendamtes entzogen, weil sie in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt.

Marie wird fast mit Gewalt in ein Heim gebracht, während Diana bei einem zufälligen Zusammentreffen mit ihrem Onkel diesen in Notwehr eine Treppe hinunterstößt und ihn vermutlich tötet.

Als Marie im Heim vom neuen Vormund ebenfalls sexuell belästigt wird, läuft sie weg. Diana holt sie ab; die beiden fliehen, weil sie es für sinnlos halten, sich der Polizei anzuvertrauen.

Zunächst gelingt es den beiden den Verfolgern zu entkommen. Schließlich werden sie aber doch gefasst. Marie kommt erst einmal in die Obhut des Jugendamtes, Diana wird vor Gericht gestellt. Die Mordanklage wird durch Indizien und eine Zeugenaussage untermauert. Weil Diana Marie nicht mit in den Prozess ziehen will und deshalb in vielen Punkten die Aussage verweigert, sieht es sehr schlecht für sie aus. Erst als Marie doch in den Zeugenstand tritt und ein einwandfreies Alibi liefert, wird Diana entlastet und freigesprochen. Die Frau des Opfers, Maries Tante Elfriede, wird schließlich als Täterin überführt. Frau Oberwald wird wieder Vormund von Marie.

Weil Maries Mutter von ihrem Schwager Ansfred Kossewitz seinerzeit vergewaltigt worden war, besteht die Möglichkeit, dass der Unhold Maries Vater ist. Ein Besuch bei einer Freundin von Maries Mutter bringt noch keine Klarheit.

Marie und Diana werden überfallen und entführt. Nur mit knapper Not entkommt Diana dem Tod. Nach der Rettung gelingt es ihr, Marie aus den Händen der Verbrecher zu befreien. Peter Schmidt, der ehemalige Vormund von Marie, gefährdet noch einmal die Freiheit und das Leben von Marie und Diana. Doch durch das Eingreifen des Komplizen Huber gelingt den beiden die Flucht. Bei einem Schusswechsel wird Huber getötet. Schmidt kann verletzt entkommen.

Ein Vaterschaftstest bestätigt, dass Kossewitz nicht Maries Vater war. Vielmehr führt die Spur zu einem Amerikaner namens Martin. Marie und Diana beschließen in den USA nach ihm zu suchen.

Offen bleibt auch noch, wer der Chef der Bande ist, der Schmidt, Kossewitz und Huber angehören bzw. angehörten. Kurz vor seinem Tod hat Huber nur angedeutet, dass der Chef Martin heißt.

*

„Happy Birthday, liebe Diana,“ sangen die Gäste. Ich bedankte mich artig.

Nachdem unsere Geburtstage nur zwei Tage auseinanderlagen, hatten Marie und ich beschlossen sie gemeinsam zu feiern. Am frühen Nachmittag begann die Party für Marie. Sie hatte zu ihrem 13. Geburtstag einige Schulfreundinnen und einen Jungen aus ihrer Klasse eingeladen. Claudia und ich begrüßten das sehr. Endlich fand das Mädchen etwas mehr Ruhe und wurde auch gegenüber anderen Menschen offener. Natürlich wahrte sie insbesondere Männern gegenüber auf Grund ihrer leidvollen Erfahrungen eine gewisse Zurückhaltung. Es würde noch lange dauern bis sie die schlimmen Erlebnisse verarbeitet hatte – wenn es denn überhaupt vollständig möglich war. Vielleicht ist es das Schlimmste, was die Unholde ihren Opfern antun – sie für ihr ganzes Leben zu traumatisieren.

Heute aber dachte Marie nicht an die schlimme Vergangenheit, sondern genoss ihre Feier.

Sie stellte mir einen Klassenkameraden vor.

„Das ist der Max Bentley, der ist halber Amerikaner. Er besucht seinen Vater im Sommer.“

Sie verstummte. Der Gedanke an ihren Vater kam vermutlich wieder hoch.

„Na, dann sehen wir uns ja vielleicht, wir fahren auch nach Amerika,“ lenkte ich ab.

„Wohl kaum,“ sagte der Junge. „Mein Vater lebt in New York. Und Sie fliegen ja nach Chicago hat mir Marie erzählt.“

Gegen Abend wurden Maries Gäste wieder abgeholt. Es trafen dann die ein, die mit mir feiern wollten. Von meiner engeren ‚Familie’ erschien niemand. Dafür durfte ich aber Freunde begrüßen, die ich in letzter Zeit kennen gelernt hatte und die mich akzeptierten. Claudia war natürlich da. Die Trauer konnte man ihr immer noch anmerken. Aber auch sie fand langsam wieder Mut in die Zukunft zu blicken.

Frau Zumbers vom Jugendamt war meiner Einladung ebenso gefolgt wie Rechtsanwalt Winterberg mit Begleitung. Besonders freute ich mich, dass er seinen Vater mitgebracht hatte. Der pensionierte Kommissar war zwar fast ganz auf seinen Rollstuhl angewiesen, aber er strahlte eine gewisse Zufriedenheit aus.

„Daran haben Sie einen gehörigen Anteil,“ scherzte er. „Sie haben den Fall Kossewitz gelöst, der mir schwer im Magen lag.“

Wir unterhielten uns über die abgelaufenen Ereignisse. Als das Gespräch auf den Ganoven Rock kam, musste Winterberg lachen.

„Ist ja schon ein alter Kunde von uns. Wissen Sie, wie der zu dem Namen kam?“

Ich schüttelte den Kopf.

„Der geriet schon sehr früh auf die schiefe Bahn, leider. Ladendiebstähle, Körperverletzung, Einbrüche, Autodiebstahl – eine traurige Karriere. Sein Vorbild war ‚Rocky’, so wollte er sein und genannt werden. Damals lachten ihn seine Kumpel aus. Einer sagte, dazu fehle ihm doch noch einiges, worauf ein anderer bemerkte, nicht nur das ‚y’, bist nur ein ‚Rock’. Zunächst war er sehr beleidigt, aber als man ihm sagte, Rock sei das englische Wort für Felsen, war er zufrieden. Der Name blieb ihm dann.“

Nachdenklich wiegte mein Gesprächspartner den Kopf.

„Dass er zu einem Mord fähig gewesen wäre, hätte ich nicht für möglich gehalten.“

„Er hat es zweimal probiert, einmal als er uns von der Straße drängen wollte, und dann mit der Pistole...“ sagte ich.

„Zum Glück hat er es nicht geschafft,“ erwiderte der Kommissar.

„Ihr Auftritt mit der Walther P1 hat mir sehr imponiert,“ ergänzte er. „Ich hab‘ ja immer noch Verbindung zu meinen ehemaligen Kollegen, die erzählten es mir.“

Sein Lob freute mich natürlich. Trotzdem erzählte ich ihm von meiner Sorge.

„Der Schmidt ist ja leider entkommen. Ich hoffe, es geht keine Gefahr mehr von ihm aus.“

Winterberg blickte ernst. „Im Moment ist er wohl untergetaucht. Aber es ist nicht der Schmidt allein, das ist ja eine ganze Bande, und den ‚Chef’ kennt noch niemand.“

Bevor wir weiter diskutieren konnten unterbrach uns das Klingeln des Telefons. Chrissi rief aus Berlin an und wünschte uns nochmals alles Gute. Sie bedauerte, dass sie nicht dabei sein konnte, aber ihr Dienst in der Praxis verhinderte das.

Es klingelte an der Tür. „Willst du nicht aufmachen?“ fragte Marie, die natürlich an ‚meiner’ Feier teilnehmen durfte.

„Ich geh ja schon!“ erwiderte ich. Es war niemand zu sehen als ich die Tür öffnete. Auf der Treppe lag ein Paket. Ich beugte mich herunter und konnte auf einen Zettel lesen: ‚Für Diana und Marie’. Verwundert hob ich das Paket auf und trug es ins Wohnzimmer. Die Gäste drehten sich zu mir und schauten mich fragend an. Ich zuckte mit den Achseln. „Keine Ahnung von wem das ist. Es steht kein Absender drauf.“

„Mach es auf!“ drängte Marie.

Exkommissar Winterberg schaltete sich ein. „Vorsicht bitte. Das kommt mir schon merkwürdig vor!“ Er wandte sich zu seinem Sohn. „Schau dir das mal genauer an!“ Bruno Winterberg nickte. „Darf ich?“ fragte er mich.

„Ja natürlich!“

„Wir gehen nach nebenan,“ schlug er vor. Sein Vater folgte ihm.

Die Stimmung war natürlich bedrückt. Ich überlegte wie ich die Wartezeit überbrücken konnte. Mir fiel nichts Vernünftiges ein.

Endlich öffnete sich die Tür. Bruno Winterberg winkte mich zu sich. Marie folgte mir auf dem Fuß.

„Hier, sehen Sie.“ Er zeigte auf das geöffnete Paket. Ein wirres Durcheinander von Kabeln und kleinen Plastikteilen zeigte sich unseren Blicken.

Der Anwalt reichte mir einen Zettel. „Der lag dabei.“

Ich las den Text, der mit großen Buchstaben auf das weiße Blatt gedruckt war: ‚Diesmal ist es nur eine Attrappe! Aber ich kriege Sie! M’

„Was soll das?“ murmelte ich. „Wer ist ‚M’?“

Winterberg sen. schüttelte den Kopf. „Ich kann das Paket mitnehmen und untersuchen lassen, ich habe ja noch Verbindungen zur Polizei.“

Ich nickte verstört. „Aber den Gästen sagen wir bitte nichts von der Drohung.“

„Das ist wohl besser so,“ stimmte der Exkommissar zu. „Mir wird schon was einfallen was ich denen sage.“

„Falscher Alarm!“ verkündete er kurz darauf im Wohnzimmer. Das Paket war leer, sicher ein Scherz!“

Ich wusste nicht ob sich alle mit dieser Erklärung zufriedengaben. Nur allmählich kehrte die entspannte Atmosphäre zurück. Mir fiel es natürlich schwer meinen Kopf frei zu bekommen. Die Wirklichkeit hatte uns wieder eingeholt. Es war noch nicht vorbei ...

Trotzdem genossen wir das Essen und verbrachten einen insgesamt gemütlichen Abend. Es war schon fast Mitternacht als die Gäste gegangen waren. Marie wollte bei mir bleiben und hatte sich nach oben zurückgezogen. Mit Claudia trank ich noch ein Gläschen Rotwein bevor sie sich auch verabschiedete.

Irgendwann hört man auf zu zählen. 74 Jahre ... ganz schön alt! Ich war zufrieden, dass ich einigermaßen gesund war. Meine Familie hatte ich fast ganz verloren, aber dafür neue Freunde gefunden. Das neue Lebensjahr würde eine Menge Veränderungen bringen. Angst vor der Zukunft hatte ich keine. Wie sagt man so treffend: Es ist nie zu spät für einen neuen Weg!

*

„Jetzt bin ich schon 13!“ erklärte Marie voller Stolz am nächsten Morgen beim Frühstück.

Ich musste lächeln. Zu gut erinnerte ich mich daran als sie seinerzeit schmollend verkündet hatte: ‚Ich bin schon zwölfeinhalb!’

„Zusammen sind wir 88!“ ließ ich verlauten.

Marie stutzte. „87!“ verbesserte sie mich.

Ich lachte. „Du hast recht. Das war die Mathe-Stunde für heute.“

„Und jetzt Deutsch,“ fuhr ich fort. Marie schien nicht sehr begeistert.

„Finde den Haupt- und den Nebensatz,“ erklärte ich. „Während Marie schon 13 Jahre alt ist, ist Diana erst 74 Jahre alt.“

Marie grinste nur.

„Nächste Stunde Englisch. Was heißt 74 auf Englisch?“ fragte ich.

„Seventy-four,“ kam die prompte Antwort.

„Sehr gut!“ lobte ich. „Fällt dir was auf?“

Marie überlegte. Ich erklärte ihr meinen Gedanken.

„Wir sagen vierundsiebzig, den Einer zuerst, dann den Zehner. Im Englischen ist es genau umgekehrt und logischer; übersetzt würde es heißen siebzig-vier. In fast allen Sprachen spricht man es ‚richtig’ soweit ich weiß. Wenn ich was zu sagen hätte würde man im Deutschen auch diese Redeweise einführen, zuerst den Zehner und dann den Einer – dreißigsieben. Dann würden viele Kinder in den ersten Jahren nicht diese Probleme mit den Zahlendrehern haben, vielleicht erinnerst du dich.“

Marie nickte.

„Aber das wird nicht passieren, leider. ‚Das haben wir schon immer so gemacht!’ sagen die meisten Leute.“

Das Thema schien sie nicht so sehr zu interessieren. Deshalb schlug ich vor: „Nächste Stunde Musik!“

Marie rümpfte die Nase. Ich ging zur Stereoanlage und drückte eine Taste. Shakin’ Stevens begann zu singen: ‚Marie Marie ...’

Anscheinend kannte sie das Lied noch nicht, denn sie schaute sehr verblüfft.

„Komm jetzt, let’s dance!“ forderte ich Marie auf. Ich zeigte ihr die Grundschritte für den Rock’n’Roll, und schon bald bewegten wir uns schwungvoll durch den Raum.

„Ich habe noch nie getanzt!“ schrie Marie.

„Dann wird es aber Zeit!“ keuchte ich, denn das Tempo forderte seinen Tribut.

„Pause!“ erklärte ich, nachdem die Musik zu Ende war.

Marie hatte sichtlich Spaß an der lockeren Form des ‚Unterrichts’.

Wir tranken Orangensaft und ruhten uns aus.

„Weiter im Stundenplan!“ erklärte ich schließlich. „Was kommt jetzt?“

Marie grinste. „Religion!“

„Fällt heute aus!“ verkündete ich und fügte hinzu: „Wenn du 14 wirst erkläre ich dir etwas.“

Natürlich gab sich Marie damit nicht zufrieden. Aber ich blieb standhaft. Sie schmollte zwar ein wenig, aber als ich verkündete: „Hitzefrei!“ schaute sie überrascht. „Im Januar?“

Ich lachte. „Mal was anderes. Schule ist aus für heute!“

„Ich hätte dich gern als Lehrerin gehabt!“ sagte Marie.

Natürlich freute mich diese Aussage.

„Wir haben ja schon Nachhilfe zusammen gehabt,“ sagte ich. „Und wir werden auch immer mal ein bisschen Englisch trainieren, denn wir fliegen ja dieses Jahr nach Amerika!“

Marie strahlte. „Darauf freue ich mich schon riesig!“

„Ich auch,“ stimmte ich ihr zu.

Das Telefon klingelte. Winterberg sen. meldete sich. „Die Untersuchung des Pakets hat nichts ergeben was verwertbar wäre, leider. Bleiben Sie aber immer schön vorsichtig!“

Ich versprach es und legte auf.

*

„Strumpfhosen?“ fragte Marie erstaunt. „Ich dachte wir wollen Eier färben!“

Ich lachte. „Warte es ab, du wirst schon sehen wozu wir die brauchen!“

In der Küche und im Wohnzimmer lagen allerhand Utensilien bereit. Marie und ich waren nach Berlin gefahren, um bei Chrissi Ostern zu verbringen. Zum Glück hatte es keine weiteren Zwischenfälle gegeben.

Ungläubig schauten sich meine beiden Mitstreiter vom Projekt „Ostereierfärben“ an. Es war an der Zeit die einzelnen Schritte zu erklären und die Aufgaben zu verteilen.

„Bevor wir beginnen müssen wir erst mal draußen sammeln gehen,“ verkündete ich. Ich gab jeder eine Tüte und ein Messer.

„Sammeln? Was sammeln?“ fragte Chrissi erstaut.

Vor dem Haus klärte ich sie über unser Vorhaben auf.

„Zum Verzieren der Eier brauchen wir kleine Blätter und Blüten, die flach auf der Schale aufliegen können.“

Ich zupfte ein Kleeblatt ab und hielt es den beiden als Muster hin.

„So etwa!“ erklärte ich.

Immer noch ungewiss über die Technik des Färbens fanden die beiden doch allerhand geeignete Blätter und Blüten. Immer wieder fragten sie nach, ob das gefundene Exemplar brauchbar sei. Schließlich hatten wir einen guten Vorrat zusammen und kehrten ins Haus zurück.

„Jetzt kochen wir erst die Eier hart,“ sagte ich.

„Sind schon im Topf,“ erklärte Chrissi.

„Ich brauche eine Schüssel mit Wasser,“ bat ich.

Die Gastgeberin stellte eine auf den Tisch. Ich legte die eingesammelten Pflanzenteile hinein.

„So, jetzt zeige ich euch wie das geht,“ informierte ich die beiden.

„Wenn die Eier gekocht sind legen wir die nassen Blättchen darauf. Ein Stück vom Strumpf hält sie dann fest. Ich habe hier schon ein hart gekochtes Ei als Muster.“

Ich verteilte zwei Blätter auf dem Ei. Von einer Strumpfhose schnitt ich ein Stück ab, gerade so lang, dass das Ei hineinpasste. Ich verknotete das Strumpfstück an der einer Seite und schob das dekorierte Ei vorsichtig hinein.

„Ihr müsst aufpassen, dass die Blätter nicht verrutschen; deshalb sind sie ja angefeuchtet worden.“

Nachdem das Ei sicher in dem Strumpfteil platziert war, verknotete ich das andere Ende.

„Jetzt kann es gefärbt werden,“ verkündete ich.

„In das Wasser mit den Farben muss noch etwas Essig hinein,“ sagte ich.

Chrissi kam mit einer Flasche Balsamico-Essig aus der Küche. Strafend schaute ich sie an.

„Willst du braue Eier? Nimm den hier!“

Artig nahm die Angesprochene die richtige Essigflasche.

„Der Strumpf geht doch kaputt in dem heißen Wasser!“ vermutete Marie.

Ich schüttelte den Kopf.

„Nein, der bleibt ganz. Wenn die Eier gefärbt sind, entfernen wir den Strumpf und die Blätter. Die Stellen an denen sie auflagen bleiben weiß. Das Ei hat dann ein Muster.“

Die beiden schauten immer noch skeptisch, sagten aber nichts.

„Und wenn ihr andere Muster auf dem Ei haben wollt könnt ihr kleine Formen aus Papier ausschneiden und statt der Blätter auf dem Ei platzieren,“ fuhr ich fort.

Ich schnitt ein paar Formen aus, ein Herz, einen Schmetterling und einen Stern.

„Für deine Tochter,“ sagte ich und zeigte Chrissi den Stern.

Nach und nach entstanden weitere Vorlagen, abgestimmt auf die Personen, für die das Ei gedacht war. Die Anfangsbuchstaben der Namen, ein Totenkopf für Chrissis Enkel und viele andere. Besonders angetan hatte es Chrissi ein Muster mit den Buchstaben USA.

„So, jetzt können wir mit den ersten Verzierungen beginnen,“ schlug ich vor. „Vorsicht, die Eier sind heiß!“

Nach einigen Versuchen hatten die beiden die Technik heraus.

„Fest verknoten, damit die Blätter oder die Papierschablonen nicht verrutschen.“

Schließlich wanderten die ersten Eier in den Topf mit roter Farbe. Inzwischen bereiteten wir weitere kleine Kunstwerke vor.

„Wow, das sieht ja toll aus!“ rief Marie, als das erste Ei vom Strumpf befreit war. Chrissi stimmte zu. Klar zeichnete sich das weiße Muster auf der ansonsten roten Schale ab.

Zufrieden lächelte ich. „Jetzt wisst ihr wie man reservierte Eier färbt!“

Nach und nach vergrößerte sich der Vorrat an gelungenen Exemplaren. Die wenigen geplatzten und mit verrutschten Schablonen verzierten Eier fielen nicht ins Gewicht.

„Jetzt reiben wir sie noch mit einer Speckschwarte ein, damit sie schön glänzen!“ sagte ich.

„Die sind ja viel zu schade zum Essen!“ meinte Chrissi. „Kann man die aufheben?“

Darauf wusste ich auch keine Antwort. „Die werden wohl schlecht. Aber wenn man sie mit Lack versiegelt halten sie vielleicht.“

„Das werde ich probieren. Das USA-Ei will ich auf jeden Fall aufbewahren,“ verkündete Chrissi.

Das war unser Stichwort für das nächste Thema.

„Wann fliegt ihr nach Amerika?“ fragte unsere Gastgeberin.

„Ende Juli, wenn die Ferien beginnen,“ antwortete ich.

„Wir fahren auch nach Amiland, im August,“ meinte Chrissi. „Dann können wir uns dort treffen.“

Ich nickte. „Das wäre schön. Wir starten in Chicago.“

Die nächsten Stunden waren angefüllt mit Erinnerungen an vergangene USA-Reisen und den Ausblick auf den Trip im Sommer.

*

„Frohe Ostern!“ wünschten wir beim Eintreffen in der Wohnung von Chrissis Tochter. Weil es doch sehr kalt und regnerisch war, fiel der Plan in der Gartenkolonie zu feiern, buchstäblich ins Wasser.

„Schade, wäre so schön gewesen, denn diesmal seid ihr nicht auf der Flucht,“ bemerkte Chrissi.

„Wir kommen bestimmt noch mal wieder, und dann klappt es sicher mit einem Besuch im Schrebergarten,“ antwortete ich.

Unsere verzierten Eier wurden sehr bestaunt und ernteten viel Lob. Wir genossen das leckere Essen und die lockeren Gespräche mit unseren Gastgebern.

Aus dem geplanten Osterspaziergang wurde natürlich auch nichts. Wir fuhren aber zum Brandenburger Tor und zum Reichstag, um Marie wenigstens ein paar Eindrücke von der Hauptstadt zu vermitteln.

Am zweiten Feiertag spielten Chrissi, Marie und ich ein paar Partien Billard. Dem Mädchen tat es sehr gut in entspannter Atmosphäre eine unbeschwerte Zeit zu verbringen. Auch wenn sie sich sehr ärgerte, wenn die Kugel wieder ganz wo anders landete und sie das Spiel verlor, ertönte öfters ihr Lachen. Lange hatte ich das nicht mehr gehört.

Auf dem Rückweg machte Chrissi einen Vorschlag: „Es hat ja aufgehört zu regnen. Wir könnten ein paar Caches suchen.“

„Wir könnten was suchen?“ fragte ich.

„Mann Diana, du weißt nicht was das ist?“ schüttelte Marie den Kopf. „Ich erkläre es dir. Also, auf der ganzen Welt haben Leute Sachen versteckt, und andere sollen sie finden.“

„Sachen? Was für Sachen?“

Marie schnaubte. „Kleine Dosen, mit einem Zettel drin. Da schreibst du deinen Namen drauf, wenn du den Cache gefunden hast.“

„Und wie finde ich diese Caches?“ fragte ich.

„Mit dem GPS. Entweder mit dem Handy oder mit eigenen Geräten, die für Geocaching entwickelt wurden.“

Ich staunte. „Was du alles weißt! Woher hast du denn deine Kenntnisse?“

„Freddi hat mir das mal gezeigt als eine Judo-Stunde ausgefallen ist. Ich habe damals gleich ein paar Caches gefunden.“ Sie seufzte. „Leider musste ich die App auf meinem Handy löschen, weil mein Onkel dahinterkam und es mir verbot.“

„Schau her,“ schaltete Chrissi sich ein. Sie hielt mir ihr Handy hin. „Alle die grünen Punkte sind Caches!“

„So viele?“ staunte ich.

„Ja, es gibt eine ganze Menge, überall auf der Welt. Lade mal die App runter, dann kannst du das auch auf deinem Handy sehen.“

Bald konnte ich auch die Karte auf meinem Display sehen. Wir gingen eine kleine Seitenstraße entlang.