Mein Amerika - Jürgen Wiener - E-Book

Mein Amerika E-Book

Jürgen Wiener

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Beschreibung

Der Autor hat sich mit diesem Buch "Mein Amerika" einen lang ersehnten Wunsch erfüllt, dieses großartige riesige Land mit all seinen Naturschönheiten und den wunderbaren Menschen in einem Buch zu beschreiben. Das Buch ist völlig losgelöst, aller politischen und religiösen Meinungen und Einflüsse. "Mein Amerika" umfasst eine Zeitspanne von ca.70 Jahren und beginnt mit dem Kennenlernen der amerikanischen Besatzungsmacht, kurz nach Ende des zweiten Weltkrieges und endet in der heutigen Zeit. In diesen 70 Jahren wurden aus den Träumen eines kleinen Jungen aus der Bremer Neustadt 1962 Realität. Als Neunzehnjähriger ist der Autor das erste Mal mit einem Deutschen Handelsschiff nach Amerika gereist und hat amerikanischen Boden betreten, was sich in den Folgejahren häufig wiederholt hat. Die tiefe Liebe zu diesem Land gipfelte zum Höhepunkt, durch den Arbeitsaufenthalt zwischen 1977 und 1980 in New York und New Orleans. Mit dem Kauf einer Wohnung 1994 in Florida wurde diese Liebe weiter untermauert. Der Autor hat in diesem langen Zeitraum alle 50 Staaten von Amerika bereist und gibt viele Reiseinformationen von diesen Reisen, sowie diverse geschichtliche und geographische Informationen zu Amerika.

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Jürgen Wiener

Mein Amerika

© 2020 Jürgen Wiener

Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

978-3-347-05560-5 (Paperback)

978-3-347-05561-2 (Hardcover)

978-3-347-05562-9 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Vorwort

Dieses Buch habe ich meiner geliebten Frau Rita, meinem Sohn Markus und allen Freunden gewidmet, die dieses Land und ihre Menschen ebenso wie ich gerne mögen.

Die Erzählungen und Meinungen von mir beziehen sich auf das Land und ihre Bewohner und sind losgelöst von jeglichen religiösen und politischen Einflüssen.

Dieses Buch soll nicht nur meine Erinnerungen widerspiegeln, sondern auch Anregungen zu Reisen geben. Geographische Fakten und andere Kennzahlen habe ich aktueller Literatur entnommen.

INHALTSVERZEICHNIS

Kapitel 1. Fakten und Kennzahlen

Kapitel 2. Kurzfassung der amerikanischen

Geschichte bis 1920

Kapitel 3. Wo alles begann

Kapitel 4. Ein steiniger Weg bis zur ersten Amerika-Reise

Kapitel 5. Endlich die erste Reise nach Amerika Kapitel 6. Die „Großen Seen“

Kapitel 7. Unser Anfang in Amerika

Kapitel 8. Die Suche nach einem Domizil

Kapitel 9. New York, Beginn einer großen Liebe

Kapitel 10. Autokauf und Führerscheinerwerb

Kapitel 11. Haus und Umgebung

Kapitel 12. New York City, the “Big Apple”

Kapitel 13. Unser Umzug nach New Orleans

Kapitel 14. New Orleans, unsere amerikanische Heimat, Teil 2

Kapitel 15. Unsere Reisen in und durch die USA:

 15.1 (1979) Unsere erste große Reise durch die USA

 15.2 (1989) Unsere zweite große Reise durch die USA

 15.3 (1991) Oklahoma und Nachbarstaaten

 15.4 (1992) Entdeckung Naples, Verliebtheit und Kauf einer Wohnung

 15.5 (1995) Auch Tanten haben ein Anrecht auf das Paradies

 15.6 (1996) Mein Bruder Lutz mit Frau in Naples

 15.7 (1996) Von San Antonio nach Naples

 15.8 (1997) Mein Freund Manfred mit Frau in Naples

 15.9 (1998) Ruf der Wildnis „Alaska“

 15.10 (1999) Mein Freund Hartmut mit Frau in Naples

 15.11 (2000) Auf den Spuren von „Vom Winde verweht“

 15.12 (2001) Naples und der Raketenstart in Cape Canaveral

 15.13 (2001) Der Westen ruft

 15.14 (2002) Indian Summer mit dem Letzten der 50 US-Staaten

 15.15 (2003, 2004, 2005) Weihnachten in Naples

 15.16 (2006) New York ruft uns wieder einmal

 15.17 (2007) New York mal mit dem Schiff

 15.18 (2009) Naples mit Key West

 15.19 (2010) Mein Freund Leo mit Frau in Naples

 15.20 (2011) Naples mal aus dem Hotel

 15.21 (2012) Ein bitterer Moment, Trennung von unserer Wohnung

 15.22 (2013, 2014, 2017) In der gemieteten Wohnung von Freunden

 15.23 (2016) Eine Herausforderung, mit 2 Freunden abwechselnd in Naples und Rückflug über New York

 15.24 (2018, 2019) Wie schön ist das denn, eine gemietete Wohnung fast am Strand

Kapitel 16. Zusammenfassung und Schlusswort

Kapitel 2. Kurzfassung der amerikanischen Geschichte bis 1920

Auf unserer später beschriebenen Umzugsreise nach New Orleans sollten wir die meisten der 13 Gründerstaaten durchqueren und uns war damals gar nicht so recht bewusst, was für einen historisch bedeutsamen Teil der USA wir bis New Orleans durchfahren würden.

Wesentliche Schritte zur Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) sind wie folgt gelistet:

 Besiedlung des nordamerikanischen Kontinents erfolgte vor ca. 15.000 Jahren

 Die erste flächig verbreitete Kultur des Kontinents ist ca. 11.000 Jahre alt; belegt durch die Funde der Paisley-Höhlen in Oregon“und des Buttermilk Creek Complex in Texas.

 Entdeckung Amerikas 1492 durch die Europäer (Christoph Kolumbus). Zu diesem Zeitpunkt lebten auf dem nordamerikanischen Kontinent schätzungsweise 7 Millionen Indianer in vielfältigen Stammeskulturen.

 1524 Giovanni da Verrazano, Erforschung der heutigen Ostküste auf der Suche nach der Nordwestpassage

 1539-1542 erforschten Hernando de Soto den Südosten, Francisco Vasquez de Coronado den Südwesten der heutigen USA, während der Seefahrer Juan Rodriguez Cabrillo die Küste Kaliforniens erforschte.

 Um 1600 entstand der erste Handelsposten in Neufundland, gegründet durch Pelzhändler.

 1620 folgte die erste größere Immigration durch die puritanischen Pilgerväter, die mit dem Schiff Mayflower“ nach Cape Cod gelangten und dort die Kolonie Plymouth gründeten.

 1630 Gründung einer Siedlung in Boston durch die Puritaner, die Massachusetts Bay Colony

 1626 kauften die Niederlande die Insel Manhattan am Hudson River von den Indianern und gründeten die Stadt Nieuw Amsterdam.

 1664 Annektierung durch die Engländer mit der Namensgebung New York

 Im Jahr 1733 umfasste der nordamerikanische Kontinent 13 britische Kolonien

 1756-1763 dauerte der Siebenjährige Krieg in Europa zwischen Engländern und Franzosen, der sich auch auf die Kolonien übertrug und als Indianer- oder Franzosenkrieg bezeichnet wurde.

 1763 verzichtete Frankreich im Friedensabkommen von Paris und nahm den Verlust fast aller Besitzungen in Nordamerika in Kauf.

 1763-1783 erfolgte die Amerikanische Revolution. 1765 kam es zu einer ersten Versammlung von Vertretern aus 9 Kolonien, die den Stamp Act ablehnten. Die Briten konnten jedoch den Quartering Act durchsetzen.

 1773 wurde die Boston Tea Party gegründet. Radikale amerikanische Patrioten, als Indianer verkleidet, überfielen britische Schiffe im Hafen von Boston und warfen 342 Kisten mit Tee in das Hafenbecken, worauf die Briten mit dem Intorable Act reagierten, Truppen nach Boston verlegten, der Hafen schlossen und den Handel unterbunden. Darauf hin beriefen die Amerikaner 1774 den ersten Kontinentalkongress ein, in dem beschlossen wurde, sich den Repressionen der Briten zu widersetzen und den Handel mit den Briten einzustellen; des Weiteren wurden Milizen aufgestellt und Waffen gesammelt.

 Im April 1775 marschierten 700 britische Soldaten nach Concord, da sich dort ein illegales Waffenlager der

Amerikaner befand. 70 Mitglieder einer Bürgerwehr haben bei Lexington die britischen Soldaten aufgehalten und damit den Unabhängigkeitskrieg begonnen.

 1776 mussten die Briten Boston verlassen.

 Am 4. Juli 1776 wurde der von Thomas Jefferson verfasste Text der Declaration of Independence beschlossen; dieses Datum gilt als Gründungstag der USA.

13 britische Kolonien erklären 1776 ihre Unabhängigkeit und bildeten die Basis der USA.

Hier wurde mit dem Zusammenschluss der nachfolgend genannten ersten

13 Gründer-Staaten (Connecticut, Delaware, Georgia, Maryland, Massachusetts, New Hampshire, New Jersey, New York, North Carolina, Pennsylvania, South Carolina, Virginia) der Grundstock der USA gelegt.

 1789 wurde mit George Washington der erste Präsident der USA gewählt.

 1812 Britisch-Amerikanischer Krieg, der mit dem Frieden von Gent am

24. Dezember 1814 endete

 1815-1848 entstand die Marktrevolution und führte zu einem raschen Anstieg der Bevölkerung, dem Ausbau des Verkehrswesens, der Landwirtschaft und der Industrialisierung. Zu Beginn des 19.Jahrhunderts verdoppelte sich die Einwohnerzahl der USA.

 1846-1848 Mexikanisch-Amerikanischer Krieg

 1848 Goldrausch in Kalifornien

 1860 wurde der Republikaner Abraham Lincoln zum Präsidenten gewählt.

 Mai 1862 wurde der Homestead Act von Lincoln unterzeichnet, der besagte, dass jeder Amerikaner über 21. Jahren ein 160 Acres großes Stück Land nehmen und bewirtschaften durfte und nach 5 Jahren als Eigentum überschrieben bekam.

 1861-1865 Amerikanischer Bürgerkrieg mit 600.000 Toten und dem Ende der Sklaverei und der Mord an Abraham Lincoln

 1867 kaufte die USA für 7 Millionen USD Alaska von Russland.

 1876 und 1893 Weltausstellungen in Philadelphia und Chicago – demonstrierte den industriellen Aufschwung der USA nach außen

 Von 1870 bis 1920 stieg die Zahl der Bevölkerung von 38,5 auf 106 Millionen.

 1865-1914 stiegen die USA durch die zweite Industrialisierungswelle zur größten Wirtschaftsmacht der Welt auf.

 1894 wurde die erste Eisenbahn-Verbindung zwischen Ost und West fertiggestellt.

 1917 trat die USA in den ersten Weltkrieg ein.

 1919 wurde das Gesetz zur Alkoholprohibition verabschiedet.

 1920 erhielten die Frauen in allen Staaten das Wahlrecht.

Kapitel 3. Wo alles begann

Wenn ich mich heute frage, warum ich dieses Land und seine Bewohner so faszinierend finde – und dass in einem Land wie Deutschland, wo eher ein Trend zum Anti-Amerikanismus zu erkennen ist – dann muss ich zurückschauen auf meine Kindheit, wo alles begann.

Ich selbst wurde im Mai 1943, also mitten im zweiten Weltkrieg, in der Hansestadt Bremen geboren, in der ich auch aufwuchs und später auch studieren sollte, was damals absolut nicht absehbar war.

Bremen wurde aufgrund seiner Flugzeugbau- und Werftindustrie stark bombardiert, wobei einzelne Stadtteile quasi dem Erdboden gleichgemacht wurden und die Stadt sich nach dem Ende des zweiten Weltkrieges erheblich zerstört präsentierte.

Nach Ende des zweiten Weltkrieges waren in unserer Nachbarschaft Amerikaner stationiert und dies war auch der erste Kontakt, den ich mit Amerikanern hatte.

Mir als damals kleinem Jungen ist in Erinnerung geblieben, dass die Amis freundlich zu uns waren und uns oft von ihren Trucks mit Apfelsinen, Kaugummi und Schokolade versorgten, Produkte, die wir gar nicht kannten.

Es war auch zugleich das erste Mal in meinem Leben, dass ich schwarzen Menschen begegnete, die uns am Anfang Angst einflößten, aber uns durch ihre Freundlichkeit und ihre kleinen Geschenke immer vertrauter wurden, sodass wir die Angst irgendwann ganz ablegten.

Das ging damals so weit, dass viele Mütter ihre kleinen Mädchen bei allen möglichen Gelegenheiten begleiteten, um ihre Kinder vor Entführung und möglichen anderen Tätlichkeiten der

Besatzer, insbesondere der schwarzen Besatzer, zu schützen. Wie wir heute wissen, eine völlig absurde Annahme, aber die Zeiten waren damals so.

Irgendwann waren die Amerikaner nicht mehr präsent in unserem Viertel und dieser Teil meiner Kindheit wurde ungewollt in der hinteren Schublade meines Gehirns abgelegt. Damals habe ich natürlich noch nicht geahnt, dass dieses Land und seine Bewohner mein späteres Leben doch so stark prägen sollten.

Die Verhältnisse, aus denen ich stamme, sind als einfach bürgerlich zu bezeichnen. Mein Vater war Elektriker und meine Mutter Verkäuferin.

Meine Familie – das waren meine Eltern und meine beiden älteren Brüder – wohnten in der Bremer Neustadt ab 1946 in einer kleinen Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung, ohne Bad und mit der Toilette auf dem offenen, im Winter eiskalten Balkon. Mein Vater hatte diese Wohnung, die durch eine durchgeschlagene, nicht aktivierte Brandbombe eine direkte Sichtverbindung zum Himmel hatte, abgedichtet und für uns hergerichtet und sie sollte mein Domizil bleiben, bis ich mein Elternhaus verließ.

Meine Kindheit und die meiner damaligen Freunde spielte sich zu einem erheblichen Teil auf der Straße ab, und zwar aus sehr pragmatischen Gründen, denn wir hatten weder Spielzeug noch Räume zum Spielen, so dass es keine Alternative zur Straße gab. Es blieb einem also nichts anderes übrig, als nach gemachten Hausaufgaben auf die Straße zu gehen, wo man seine Freunde traf, die aus den gleichen Gründen dort zu finden waren.

Ich erwähne dies in meinem Buch nicht, um Mitleid zu erwecken, sondern deswegen, um den Unterschied zwischen dem damaligen am Boden liegenden Deutschland und dem uns nur aus Wochenschauen, ersten Magazinen und Zeitungsmitteilungen bekannten Amerika den jüngeren Lesern vor Augen zu führen.

Das Land Amerika blieb mir aber auch aus einem anderen Grund im Unterbewusstsein und zwar deshalb, weil meine regelmäßige Lektüre Wildwestromane waren. Ich erinnere mich noch an die Westernhelden Tom Prox, Doc Holliday und andere Größen und die lebten nun mal im „Wilden Westen“ und somit in Amerika.

Es war damals so, vielleicht ab meinem 10. Lebensjahr, dass wir sonntags am frühen Nachmittag ins Kino gingen und uns Wildwest- und Seeräuberfilme anschauten. Dafür gab es von Mutter am Sonntag immer Taschengeld und das wurde eben auf diese Art verkonsumiert.

Damals gab es immer vor dem Hauptfilm die Fox Tönende Wochenschau und die berichtete über aktuelle Dinge unseres Landes und der Welt. Die Wochenschau begann immer mit einer unverkennbaren Melodie und einer Luftaufnahme, die New York aus einem überfliegenden Flugzeug zeigte, insbesondere das Empire State Building und auch die damalige Queen der Meere der United States beim Einlaufen in den Hafen von New York.

Das war der Moment, in dem meine Neugier auf dieses Land geweckt wurde, das so unendlich weit entfernt war, das bei uns völlig unbekannte Wolkenkratzer hatte, riesige vollautomatische Autoproduktionsstraßen, die Massen von PKW produzierten, während bei uns die ersten Autos überwiegend noch in manueller Bandfertigung gebaut wurden und als Unikate durch die noch verwaisten holprigen Pferdestraßen fuhren. Der Ausdruck Pferdestraße war damals noch sehr wörtlich zu verstehen, da mit Pferd und Wagen sehr viele Güter zu den

Kaufmannsläden, Kneipen, Baustoffhändlern und Schrotthändlern transportiert wurden.

Man muss sich heute auch vor Augen führen, dass damals noch kein normaler Bürger in die USA reiste.

Dies war in Ausnahmefällen einigen Politikern, Wirtschaftsbossen und Millionären vorbehalten und man fuhr per Schiff, da die ersten Linienflüge erst in den Fünfzigerjahren mit Propellermaschinen durchgeführt wurden.

Für mich war klar, dass ich eines Tages auch mal nach Amerika reisen würde. Natürlich war dies damals nicht mehr als ein Traum, dessen Erfüllung noch in weiter Ferne stand.

Kapitel 4. Ein steiniger Weg bis zur ersten Amerika-Reise

Nach Beendigung der Volksschule fing ich eine Lehre als Maschinenbauer an. Da mein Vater Handwerker war und ich gegenüber technischen Dingen auch recht aufgeschlossen war, gab es für mich eigentlich keine Alternative zu einem handwerklichen Beruf.

Ich begann also planmäßig, dem Wunsch meines Vaters folgend, eine Lehre in einem relativ kleinen Betrieb, der aber einen sehr guten Ruf bezüglich seiner Lehrlingsausbildung hatte. Ich war mit meiner Volksschulausbildung nur über den Freund meines Vaters an diese Lehrstelle gekommen, da sonst nur Lehrlinge mit mittlerer Reife oder Abitur eingestellt wurden, also gab es damals auch schon Vitamin B. Das waren die Kandidaten, die fast alle nach der Lehre ein Ingenieurstudium absolvierten.

Mit fortschreitender Lehrzeit und dem Umgang mit diesem erlauchten Kreis begann bei mir die Vorstellung zu reifen, dass ich eigentlich den Rest meines Lebens nicht im Blaumann verbringen wollte, sondern es entstand der Wunsch, auch Ingenieur werden zu wollen. Die Frage war nur, wie ich das anstellen sollte, denn mit meinem Volksschulabschluss konnte ich die Ingenieurschule nicht besuchen.

Ich hatte davon gehört, dass man auf dem zweiten Bildungsweg zur Ingenieurschulreife kommen konnte.

Dies bedeutete damals 6 Semester lang, also 3 Jahre neben der eigentlichen Lehre mit wöchentlicher Berufsschulzeit, dreimal in der Woche abends und zusätzlich am Samstag zum Bremer Berufsbildungszentrum zu fahren, um dort stramm zu pauken und auch noch Hausaufgaben zu machen und natürlich zusätzlich noch für Klausuren zu pauken. Nicht genug der Strapazen kostete das Ganze auch noch Gebühren, die ich von meinem geringen Geld, das ich während der Lehre zur Verfügung hatte, bezahlen musste und da Straßenbahnfahren Geld kostete und zeitaufwendig war, wurde der komplette Einsatz mit dem Fahrrad durchgeführt.

Natürlich spielte ich damals wie die meisten meiner Freunde Fußball im Verein. Um spielen zu können, war regelmäßiges Training angesagt und das kollidierte zwangsläufig mit der Abendfachschule.

Ich lernte damals dann auch noch ein Mädchen kennen (meine heutige Frau) und damit war das Maß an Durchhaltevermögen überschritten. Das Ende vom Lied war, dass ich meine Abendfachschule schmiss, was bei meinem Vater die aufbauende Bemerkung erzeugte: „Ich habe ja schon immer gewusst, dass du nicht genug Mumm hast, so etwas durchzustehen.“ Er lehnte eine finanzielle Unterstützung jeglicher Art für zukünftige Flausen klar ab.

Da stand ich nun mit meinen knapp 18 Jahren, kurz vor Abschluss meiner 3,5 Jahre währenden Lehre, und musste feststellen, dass es bis zum Ingenieur noch viele, durchaus menschliche, Hindernisse, zu überwinden galt.

Mein damaliger und auch heute noch bester Freund Manfred hatte während unserer Lehrzeit ganz ähnliche Gedanken gehabt wie ich, mit dem einzigen Unterschied, dass er erst gar nicht die Strapazen der Abendfachschule auf sich genommen hatte, keinen Fußball spielte und auch keine Freundin hatte. Er war also in einer unvergleichbar besseren Position damals.

Mein Freund Manfred hatte einige interessante Neuigkeiten zu berichten, die bei mir auf offene Ohren stießen. Er erzählte mir, dass man die Ausbildung zum Schiffsingenieur machen konnte, indem man einige Jahre als Ingenieurassistent zur See fuhr, dann ein Vorsemester absolvierte und bei erfolgreicher Abschlussprüfung gleichzeitig die Aufnahmeberechtigung für die Ingenieurschule erhielt.

Da Personal bei der wachsenden Deutschen Handelsmarine knapp war, wurde einem auch noch die Bundeswehr erspart, was ein zusätzlicher Bonus war.

Er erzählte mir, dass man als Ingenieurassistent schon ganz gut bezahlt wurde und da an Bord eines Schiffes sämtliche Verpflegung kostenlos war, man gut das nötige Geld für das Studium zusammensparen konnte.

Da ich ohnehin jegliche finanzielle Unterstützung von zu Hause ausschließen konnte, schien mir dies der einzig gangbare Weg zu sein, im Leben voranzukommen, ohne völlig abstinent zu leben.

Das erforderliche Vorsemester und das eigentliche Studium waren ja noch ein paar Jahre hin und bis dahin würde sich schon manches von alleine regeln.

Es kehrte Frieden in meiner Seele ein, hatte ich doch jetzt einen klaren Weg vor mir, vom Maschinenbauer zum Ingenieur zu avancieren.

Es galt nur noch eine Kleinigkeit zu regeln, nämlich meiner Freundin meine Pläne nicht nur mitzuteilen, sondern sie auch noch davon zu überzeugen.

Ich hatte zwischenzeitlich die fehlende Werftlehre, die erforderlich war, um diese Ausbildung zu machen, durch eine einjährige Tätigkeit in einer Schiffspumpenfirma in Bremen kompensiert und es war der Sommer 1962, als es ernst wurde. Ich war in diesem Sommer heimlich 3 Wochen mit meiner Freundin nach Österreich gefahren, um ihr nochmals meine Liebe zu beteuern und ihr beizubringen, dass die Trennungen ja nur von kurzer Dauer seien und einer Liebe wie unserer nichts anhaben könnten.

Ich hatte mich zwischenzeitlich beim Norddeutschen Lloyd als Ingenieurassistent beworben, einen Vorstellungstermin gehabt und auch schon die Zuweisung eines Schiffes, dass in Kürze in Hamburg einlaufen würde und auf dem ich dann anheuern sollte.

Meine Freundin und ich machten dann unmittelbar vor der Anmusterung auf dem Schiff an einem stürmischen Sonntag einen Tagesausflug nach Helgoland mit einem Seebäderschiff, um meine Seestandfestigkeit nachzuweisen. Diese Probe habe ich im Gegensatz zu meiner Freundin mehr schlecht als recht überstanden. Ihr ging es so dreckig, dass sie sich auch nach dem Ausbooten an Land noch übergeben musste. Nun hatte sie eigentlich gar nichts mehr für meine neue Berufswahl übrig und fragte mich nur, ob ich mir das alles richtig überlegt hätte, was ich bejahte.

Im August 1962 kam dann der Tag, Tschüss zu sagen und nach Hamburg zu fahren und auf der MS Saarstein anzuheuern.

Als ich an Bord kam, erfuhr ich dann auch die anstehende Reiseroute unseres Schiffes: Es war die sogenannte Golf-Reise, also der Golf von Mexiko, und somit ging es das erste Mal in meinem damals knapp 20-jährigen Leben nach Amerika. Ich war glücklich und gespannt.

Kapitel 5. Endlich die erste Reise nach Amerika

Das Schiff, auf dem ich anheuerte, war die MS Saarstein (zur Erklärung: Schiffe sind immer weiblich und daher „die“); die Rundreise Deutschland/USA/Deutschland sollte ca. 2 Monate dauern und wird von Insidern als Golftrip bezeichnet (Golf von Mexiko).

Die folgenden Häfen waren geplant: Miami, Tampa, New Orleans, Houston, Corpus Christie und Bronsville und zurück nach Deutschland.

Ich hatte natürlich wahnsinnige Erwartungen und konnte es nicht abwarten, dass die Reise nun endlich losging. Die Tage in Hamburg verliefen nur sehr langsam und ich hatte zu lernen, dass es auf solch einem Schiff mit seiner großen Antriebsanlage und den vielen Nebenaggregaten viel zu tun gab.

Beim Norddeutschen Lloyd – denn das war die Reederei, bei der ich angefangen hatte – wurde täglich nochmals zwei Stunden zugetörnt (für Nichtseefahrer: zwei Stunden extra gearbeitet). Der Sinn dieser Tätigkeit lag darin, die erforderlichen Reparatur- und Wartungsarbeiten durchzuführen, und wenn diese beendet waren, auch durchaus darin, Verschönerungsarbeiten durchzuführen, wozu auch die von mir so "geliebte" Tätigkeit des Messingputzens gehörte. So eine Anlage hatte verdammt viel Messing und Kupferleitungen und die mussten blinken. Das war übrigens das erste Mal, dass ich die Richtigkeit meiner Entscheidung in Frage stellte und mit zunehmender Zeit immer mehr in Frage stellte, da dies auch zum Teil in Schikane ausartete.

Die Arbeitszeit auf dem Schiff für uns Ingenieurassistenten wurde in Wachen aufgeteilt, d.h., regulär 4h Wache, 4h Freizeit und in diesem Rhythmus eben 3x am Tag dieser Wechsel. Die

Wachen nannten sich 0-4 Wache (die sogenannte Hundswache), 4-8 Wache (die vielleicht angenehmste Wache) und die 8-12 Wache (ebenfalls angenehm).

Es war gleichzeitig auch eine gute Gelegenheit, die Nachbarstadt Hamburg, in der ich seit meinen Schultagen nie wieder gewesen war, kennenzulernen. Ich entdeckte hier für mich nicht weit von unserem Liegeplatz entfernt, die River Kasematten, in denen seinerzeit jeden Tag eine andere Life-Jazzband spielte und ich als Liebhaber des Jazz einige Male hinging, spätere Hamburg-Aufenthalte eingeschlossen.

Es war schon erstaunlich, dass ich als echter Bremer "Jung" bei einer Bremer Reederei angefangen hatte und nun nicht von Bremen, sondern von Hamburg aus zu meiner ersten Reise antreten musste. Auf jeden Fall war es soweit, der Tag des Auslaufens war gekommen.

Wir waren irgendwie noch auf der Außenelbe mit Landsicht und nicht schon in der Nordsee und ich hatte gerade Wache und machte meine Rundgänge in der Maschine, als ich mich im Wellentunnel aufhielt und ein leichtes Unwohlsein sich in der Magengegend einstellte. Ich dachte so bei mir, dass es doch nicht sein konnte, dass ich noch auf der Elbe bereits seekrank war – das durfte ich natürlich keinem erzählen, weil ich das schrecklich peinlich und unmännlich fand, bereits so früh mich übergeben zu müssen. Aber die Natur machte auch vor einem 182 cm großen und 86 kg schweren jungen Mann wie mir nicht halt und wenige Minuten nach den ersten Anzeichen ergoss sich ein Teil meines Mageninhaltes in den Wellentunnel. Da es ganz achtern im Schiff war (Übergang der Antriebswelle zur Schraube), mit dem sogenannten Versaufloch, konnte ich mich entleeren, ohne dass es jemand bemerkt hätte und ich meine Schweinerei entfernen musste.

Der wachhabende III. Ingenieur, der die Wache leitete, stellte nur lakonisch fest, dass ich ein bisschen blass um die Nase sei, und fragte, ob ich seekrank sei, denn er wusste, dass es meine erste Seereise war. Das lehnte ich schon fast empörend ab und gab auf keinen Fall zu, dass ich seekrank war, da ein Mann keine Schwächen zeigen durfte (typische Denkweise dieser Zeit).

Die Seekrankheit hielt noch während der verbleibenden Wache an und ich war dankbar, als ich dann frisch geduscht in mein Bett kriechen konnte und die inzwischen erheblich stärkeren Schwankungen des Schiffes liegend relativ unproblematisch ertragen konnte.

Die Reise ging dann noch über Rotterdam und Antwerpen weiter, bevor wir durch den englischen Kanal Kurs Richtung Süd-Westen nach Amerika nahmen.

Nach ca. 10 Tagen auf See erreichten wir in der Dunkelheit die Ostküste der USA und wir näherten uns unserem ersten Hafen Miami im Bundesstaat Florida.

In meiner Freiwache ging ich an Deck und konnte nicht genug von der Neon-Reklame und der gesamten Wahnsinns-Illumination bekommen. Es war wohl eben doch eine andere Welt, die ich hier vor die Augen bekam.

Wir hatten in Miami festgemacht und meine erste Enttäuschung war, dass wir weitab der Stadt lagen, so dass ich einen ausgedehnten Landgang nicht ins Auge fassen konnte, zumal wir nur eine sehr kurze Liegezeit hatten. Dennoch waren Leuchtreklamen unweit des Schiffes zu sehen, die mich anmachten mit dem Gedanken, ein schönes Bier zu zischen. Aber wie es im realen Leben ist: erst die Arbeit und dann das Vergnügen.

Die Probleme begannen mit den umfangreichen Zoll- und Immigrations-Überprüfungen. Es wurde kontrolliert, ob Leute krank waren, ob alle Impfungen durchgeführt worden waren, ob es Geschlechtskrankheiten in den Familien gegeben hatte, ob irgendwelche engeren Familienangehörige schon mal in den USA gewesen waren und sich möglicherweise was zu Schulden kommen lassen hatten etc.

Zum Schluss kam noch die obligatorische Nacktkontrolle, d.h., jeder Einzelne musste sich nackt vor einem Mediziner zeigen, damit dieser sein Final Ok for the Entry of the USA geben konnte. Ich bin kein Mediziner, habe aber nie in Erfahrung bringen können, wozu dieses Ritual diente. Dies ist mir und meinen Kollegen bei meinen diversen Amerikareisen während der Seefahrtszeit im amerikanischen Erst-Anlaufhafen immer wieder aufs Neue passiert. Aber irgendwann waren auch diese Einreisetorturen überstanden.

Damals hatte es ja noch nicht einen solch geballten Personenreiseverkehr zwischen den Kontinenten gegeben wie heute, wo viele Menschen aus armen Ländern versuchen, in die reichen Länder illegal einzureisen. Ich habe mir damals keine großen Gedanken darüber gemacht, warum die Amerikaner so streng in der Handhabung ihren Einwanderungsregeln waren. Heute weiß ich, dass die USA grundsätzlich nur gut ausgebildete Leute haben wollte, die entweder geistig/wissenschaftlich tätig sein wollten oder im Land investieren und Arbeitsplätze schaffen wollten.

Des Weiteren wird 50.000 Menschen aus aller Welt jedes Jahr nach einem Losverfahren die Einreise in die USA gewährt. Diese Leute sollen keinen kriminellen Hintergrund haben und gesund sein, sie sollen sich als Amerikaner verstehen und sich auch wie Amerikaner verhalten und den enormen Stolz auf ihre neue Heimat aufsaugen.

Man darf einem Amerikaner so ziemlich alles an den Kopf werfen, er bleibt gelassen und offen für jede Diskussion, aber man darf niemals die Würde, die Ehre und seinen Nationalstolz in irgendeiner Form verletzen. Dies führt unweigerlich zu Ärger und Problemen.

Wenn ich persönlich mal versuche, einen großen zeitlichen Bogen zu schlagen, dann kann ich das Verhalten der Amerikaner im Umgang mit Fremden verstehen und auf ihren Nationalstolz bin ich immer schon ein wenig neidisch gewesen.

Ein weiteres Problem kam auf mich zu bei den persönlichen Befragungen durch die Immigration, Damals war Englisch zwar auch schon die Weltsprache, ich hatte als Volksschüler aber nur wenig Schulenglisch gehabt und das lag auch schon wieder einige Jahre zurück.

Davon abgesehen hatte die Sprache, die ich auf einmal hörte, nicht viel Ähnlichkeit mit dem, was uns unsere brave Englischlehrerin versucht hatte, beizubringen. Es lief darauf hinaus, dass ich eigentlich so gut wie nichts verstand und ich einen Dolmetscher benötigte, der durch unseren für die Immigration zuständigen Offizier aber ohnehin dabei war.

Vor Ankunft in den USA musste man sich den gewünschten Dollarbetrag auszahlen lassen, der für das gesamte Schiff per Telegramm vom Agenten der Reederei besorgt und dann auf dem Schiff entsprechend ausgezahlt wurde.

Es gab noch keine Satelliten, keine Computer, keine Handys, keine E-Mails und keine SMS. Die große Frage war: Wie viel Dollar brauchte man und wie viel konnte man sich bei seinem kleinen monatlichen Einkommen überhaupt leisten? Was kostete ein Taxi, was kostete ein Bier oder was auch immer man vielleicht kaufen wollte?

Der Umtauschkurs lag damals bei ca. 4: 1, was die ganze Aktion nicht leichter machte, zumal ich vor Antritt der Reise einen Ziehschein festgelegt hatte. Der Ziehschein betraf die

Geldsumme, die von der Reederei in Deutschland direkt auf mein Konto überwiesen wurde und die finanziell mein Studium sichern sollte.

Am nächsten Tag hatte ich zum Abend ein paar Stunden frei und erinnerte mich an die schönen bunten Lichter nicht weit vom Ende der Pier entfernt.

Wegen der paar Dollar, die ich bestellt hatte, und auch aus Angst, mich mit einem Taxifahrer über den Fahrpreis streiten zu müssen, in einer Sprache, die mir in der angewandten Form fast fremd war, ging ich gemeinsam mit ein paar Kollegen los. Ich betrat das erste Mal in meinem Leben im September 1962 mein Amerika.

Mein Amerika war aber zunächst mal eine Betonpier, an dem unser Schiff, die MS Saarstein, festgemacht hatte.

Es war so die Spätsommerzeit, in der es in dieser subtropischen Region meistens tierisch warm und noch tierischer feucht war (zwischen 30-38 °C und 85-100 % Luftfeuchtigkeit). Das Gute war, dass man nur einmal schwitzte und zwar dauerhaft. Ausgenommen waren hiervon natürlich die herrlichen klimatisierten Bars, in denen man so herrliche eisgekühlte Getränke kaufen konnte und die wir ja in Kürze erreichen würden.

Auf dem Weg zur nächsten Bar machte ich noch direkte Bekanntschaft mit einer Spezies, die wir in unseren Breitengraden, zumindest nicht in dieser Größe, kennen. Ich hatte die schnellen Flitzer auf dem Boden natürlich schon zur Kenntnis genommen und mich auch bemüht, jeden direkten Kontakt zu vermeiden. Meine Kollegen informierten mich, dass das nur Kakerlaken seien, in Florida waren sie nur ein wenig größer.

Auf dem unaufhaltsamen Weg zur nächsten Bar passierte, was kommen musste: Es gab ein entsetzliches Knirschen unter meinem Fuß und ich hatte die erste Kakerlake meines Lebens, natürlich ungewollt, besiegt. Ich schüttelte mich vor Ekel und für einen Moment bekam ich trotz der klimatischen Umstände eine Gänsehaut.

Wir marschierten weiter Richtung Neonlichter, die auch immer näherkamen, und nach einem langen Fußmarsch standen wir wirklich vor einer Bar und betraten diese, zunächst auch wieder mit einem Schock, weil die Klimaanlage so entsetzlich kalte Luft aus allen Rohren blies, dass das Schwitzen innerhalb kürzester Zeit aufhörte und ich anfing zu frieren.

Das hätte ich aber auch gerne in Kauf genommen, wenn ich denn ein Getränk bekommen hätte.

Ich wusste nicht, dass man in amerikanischen Bars erst mit 21 Jahren Zutritt erhält. Es kam, wie es kommen musste, die Bardame verlangte meinen Reisepass, den ich wegen meines Alters nicht zeigen wollte, und ich glaubte stattdessen, mit einem John Wayne Blick den Pass kompensieren zu können. Die Bardame war aber weder von meinem Blick beeindruckt, noch wollte sie mir anstelle eines Bieres eine Cola servieren, sondern sie schmiss mich kurzerhand raus.

Ich latschte enttäuscht zurück zum Schiff und damit hatte mein Amerika einen ersten Kratzer erhalten.

Im November 1963 war ich im Urlaub zu Hause und mit meiner Freundin Rita im Kino. Als wir nach der Vorstellung aus dem Kino kamen, wurden Flugblätter verteilt, mit der Nachricht, dass Präsident J.F.Kennedy in Dallas erschossen worden war.

Wir konnten uns nicht vorstellen, dass dieser junge hoffnungsvolle Präsident einen so tragischen Tod erlitten haben soll. Ich vergoss das erste Mal für Amerika Tränen und war todtraurig über den Tod von JFK.

Kapitel 7. Unser Anfang in Amerika

Ich hatte nach Beendigung meines Studiums (Ingenieur für Schiffsbetriebstechnik) die Seefahrt an den berühmten Nagel gehängt und zuvor auch meine Jugendliebe Rita geheiratet.

Wir hatten einen Sohn und ich hatte als relativ junger Ingenieur meine zweite Anstellung in Hannover bei einer großen Firma, die u.a. auch Öl und Gas produzierte und zudem auch Gas in Untertage-Gasspeichern zur Versorgung der Industrie und Privathaushalte wieder einspeicherte.

Ich hatte inzwischen eine Menge Erfahrung mit der Planung von Anlagen zum Herstellen und Nutzen von Kavernen für die unterirdische Lagerung von Öl und Gas. Dies wurde derzeit von einer international tätigen Tochterfirma, mit der ich schon diverse Projekte zusammen realisiert hatte, getätigt, so dass ich dort im Hause ein- und ausging.

An einem Mittwoch im Juli 1977 bekam ich von dem technischen Geschäftsführer der Tochtergesellschaft einen Anruf mit der Frage: „Herr Wiener, hätten Sie Interesse, für 12 Jahre in die USA, nach New York, zu gehen, um hier gemeinsam mit einem amerikanischen Partner für das Departement of Energy-DOE, die amerikanische Energiebehörde, die Planung für mehrere riesige Kavernenprojekte zu realisieren?“

Gleichzeitig wies er darauf hin, dass er am nächsten Tag um 10.00 Uhr meine verbindliche Antwort erwarte und wenn die Antwort Ja sei, ich am kommenden Sonntag mit einem kleinen Team in der Lufthansamaschine nach New York sitzen und am Montag am ersten Meeting teilnehmen würde.

Ich war schon in meiner bis dahin erfolgten beruflichen Laufbahn immer ein Schnellentscheider gewesen. Hier ging es aber nicht nur um mich, sondern auch um meine Frau und meinen 3 Jahre alten Sohn, der gerade seit 4 Wochen in unserem Wohnort einen Kindergartenplatz hatte, und nicht zuletzt auch um meine Schwiegereltern, deren einziges Kind nun gerade mal meine Frau war.

Nach einer kurzen Atempause ging ich zu meinem damaligen Chef und informierte ihn über das Ansinnen unserer Tochtergesellschaft, die natürlich die ganze Aktion bezüglich meiner möglichen Mitarbeit bis dahin unter der Decke behandelt hatte.

Zuerst war mein Chef verärgert über das Verhalten unserer Tochtergesellschaft und wollte mich auch aufgrund der in seinem Bereich anstehenden Aufgaben nicht freigeben. Damit wäre der mögliche Amerikaeinsatz bereits im Ansatz gestorben, bevor ich zu Hause große Erklärungen abgeben musste. Nach einer kurzen Zeit unserer Unterhaltung zeigte mein Chef Größe und fragte mich, ob ich an dieser interessanten Aufgabe Spaß hätte, zumal dieser Einsatz nach meiner Rückkehr sicherlich auch meine Karrierechancen vergrößern würde. Ich beantwortete ihm das wahrheitsgemäß mit einem klaren Ja und sagte ihm, dass ich diese Chance gerne wahrnehmen würde, vorausgesetzt, die Familie spiele mit.

So erhielt ich von ihm sein OK, unter der Bedingung, dass ich nach ca. 3–4 Wochen noch mal zurückkommen und meine hiesigen Aufgaben an Kollegen übertragen würde.

Mit diesen Bedingungen konnte ich gut leben, da das Fliegen damals für mich noch nicht zum Tagesgeschäft gehörte und ich das Fliegen liebte, zumal ich damals Atlantikflüge in der Business-Klasse absolvieren durfte.

Mit diesem Ergebnis ging ich zurück in mein Büro und rief bei mir zu Hause an, um meiner Frau vor meiner abendlichen Heimkehr etwas mehr Zeit zum Nachdenken zu geben. Zu diesem Zeitpunkt waren gerade meine Schwiegereltern bei uns zu Besuch und wie es der Teufel so wollte, war meine Schwiegermutter am Telefon, da meine Frau gerade zum Einkaufen außer Haus war.

Ich fragte meine Schwiegermutter, ob sie im Moment gerade stehe oder sitze und, falls sie stehe, sie sich doch bitte setzen möge, da ich etwas Aufregendes zu berichten hätte. Dann sagte ich ihr: „Wenn Rita mitmacht, gehen wir für 1—2 Jahre nach Amerika.“

Danach war es eine ganze Weile ruhig, für mein Gefühl eine Ewigkeit lang. Dann fragte sie mich noch mal, ob sie richtig verstanden hätte, etwas von Amerika oder so. Sie hatte meine Mitteilung irgendwie nicht wirklich realisiert und so sagte ich ihr, sie möge Rita nach ihrer Rückkehr bitte sagen, dass diese mich mal anrufen solle.

Eine halbe Stunde später ging mein Telefon und Rita war am Apparat. Sie teilte mir mit, dass ihre Mutter wohl etwas durcheinandergebracht hätte und einen zerstörten Eindruck machte.

Ich informierte Rita dann über den Werdegang und sagte ihr am Ende des Telefonates, dass es nur noch bei ihr läge, ob wir das machten oder nicht.

Als ich dann abends nach Hause kam, sagte Rita: „Wir sind jung, wir sind unternehmungslustig und reisen gerne, was können wir verkehrt machen, wenn wir für 1–2 Jahre in die USA und dann auch noch nach New York gehen? Ich bin dabei!“ Meine Schwiegereltern waren zwar nicht sonderlich glücklich über diese Entscheidung, konnten Rita aber auch nicht umstimmen.

Am nächsten Morgen fuhr ich dann mit etwas gemischten Gefühlen in die Firma nach Hannover und teilte dem Geschäftsführer unserer Tochtergesellschaft mit, dass ich mit dabei sei. Darauf hin hat er mich für 10.00 Uhr zum Gespräch gebeten, dass ich dann wahrnahm. Nach einem etwa einstündigen Gespräch hatte er mich eingeweiht, mir diverse

Unterlagen übergeben, in die ich mich schnellstmöglich einarbeiten sollte, und mir mitgeteilt, dass das Flugticket mir mit dem Boten zugestellt werde.

3 Tage später, Mitte Juli 1977, dem folgenden Sonntag nach meiner Zusage, saß ich mit dem Prokuristen, dem deutschen Projekt-Manager und einem weiteren Kollegen aus unserer Tochtergesellschaft in der Lufthansa-Maschine nach New York, wo wir dann mitten in Manhattan, ganz in der Nähe vom Madison Square Garden, unser Hotel bezogen.

Nach einem schönen gemeinsamen Abendessen und ein paar Bieren sind wir dann schlafen gegangen, um am nächsten Morgen unser „neues Leben“ zu beginnen.

Am nächsten Morgen sind wir dann im One Penn Plaza