Millionäre lieben anders - Nancy Salchow - E-Book

Millionäre lieben anders E-Book

Nancy Salchow

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Beschreibung

Kim, die eine eigene Pension am Meer führt, staunt nicht schlecht, als sich unter einem Decknamen ausgerechnet der millionenschwere Musiker Marvin Seeberg bei ihr einquartiert, anstatt wie andere Stars in einem Nobelhotel abzusteigen. So schnell sie die fast schon magische Begegnung mit ihm realisiert hat, ist er auch schon wieder auf dem Weg zur nächsten Station seiner großen Deutschlandtour. Dass Marvin die Begegnung mit ihr als ebenso magisch empfunden hat, begreift sie erst, als er sie nicht nur auf sein nächstes Konzert einlädt, sondern sich danach auch unter vier Augen mit ihr treffen möchte. Aufgeregt willigt sie ein und begibt sich auf das größte Abenteuer ihres Lebens. Doch je stärker die Leidenschaft zwischen ihr und Marvin wird, desto größere Zweifel plagen sie: Was soll ausgerechnet sie, die ihr Leben in Ruhe und Idylle über alles liebt, mit einem Mann, der jeden Morgen in einer anderen Stadt aufwacht und wahrscheinlich nie gelernt hat, die Liebe wirklich ernst zu nehmen? Dass sie jedoch selbst die Liebe bisher nicht wirklich kannte, versteht sie erst, als es für ihr Herz kein Zurück mehr gibt und sie die schonungslosen Regeln des Showbusiness auf die harte Weise kennenlernt. Diese Geschichte enthält erotische und sehr leidenschaftliche Szenen.

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Inhaltsverzeichnis

Über das Buch

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Impressum

Nancy Salchow

___________________________

Millionäre lieben anders

Ein Song, zwei Herzen

Roman

Über das Buch

Kim, die eine eigene Pension am Meer führt, staunt nicht schlecht, als sich unter einem Decknamen ausgerechnet der millionenschwere Musiker Marvin Seeberg bei ihr einquartiert, anstatt wie andere Stars in einem Nobelhotel abzusteigen. So schnell sie die fast schon magische Begegnung mit ihm realisiert hat, ist er auch schon wieder auf dem Weg zur nächsten Station seiner großen Deutschlandtour.

Dass Marvin die Begegnung mit ihr als ebenso magisch empfunden hat, begreift sie erst, als er sie nicht nur auf sein nächstes Konzert einlädt, sondern sich danach auch unter vier Augen mit ihr treffen möchte. Aufgeregt willigt sie ein und begibt sich auf das größte Abenteuer ihres Lebens. Doch je stärker die Leidenschaft zwischen ihr und Marvin wird, desto größere Zweifel plagen sie: Was soll ausgerechnet sie, die ihr Leben in Ruhe und Idylle über alles liebt, mit einem Mann, der jeden Morgen in einer anderen Stadt aufwacht und wahrscheinlich nie gelernt hat, die Liebe wirklich ernst zu nehmen?

Dass sie jedoch selbst die Liebe bisher nicht wirklich kannte, versteht sie erst, als es für ihr Herz kein Zurück mehr gibt und sie die schonungslosen Regeln des Showbusiness auf die harte Weise kennenlernt.

Diese Geschichte enthält erotische und sehr leidenschaftliche Szenen.

Prolog

Seine Zunge umschließt meine mit einer solchen Entschlossenheit, als hätten wir uns bereits seit Monaten nach genau diesem Moment gesehnt.

Ich spüre seine Hand an meinem Rücken herabgleiten. Sanft streift sie meinen Hintern, bis er schließlich an meinem Oberschenkel verharrt und diesen mit der Hand in meiner Kniekehle ruckartig hochzieht.

Er presst seinen Mund so fest an meinen Hals, dass ich den Abdruck seiner Zähne spüren kann.

Wie von selbst wandern meine Hände unter sein Shirt. Doch schon bald packt mich die Ungeduld und ich ziehe es einfach über seinen Kopf und lasse es in das knöcheltiefe Wasser fallen.

Es scheint, als fielen mit dem Shirt auch all unsere Hemmungen von uns ab.

Langsam lasse ich mich ins Wasser herab, bis der Saum meines Kleides feucht wird und mein Hintern den Meeresboden berührt.

Er schiebt seine Hände links und rechts von mir in den weichen Sand unter der Wasseroberfläche und küsst mich so leidenschaftlich, dass ich alle Zweifel vergesse.

Als er direkt auf mir liegt, ist seine Erregung mehr als deutlich zu spüren. Haben wir von Anfang an auf diesen Moment gewartet? Und warum bin ich mir trotz allem so sicher, dass es so viel mehr ist als nur die körperliche Sehnsucht, die uns beide verbindet?

Doch der Verstand gibt sich schnell geschlagen. Übrig bleibt nur der unermüdliche Wunsch, ihn mit Haut und Haaren zu spüren.

Hier. Jetzt.

Eigenwillig öffne ich seine Hose. Es muss schnell gehen. Keine einzige Minute, nicht mal eine Sekunde länger ist erträglich.

Ich will ihn. Und er will mich.

Ich öffne die Augen, während die Bilder am Strand langsam wieder verblassen und senke den Blick erneut auf den Brief vor mir.

Meine liebe Kim,

noch nie fühlte sich ein Hotelzimmer so leer an wie dieses. Die Jungs feiern unten in der Bar die – wie sie es nennen – geilste Show aller Zeiten. Aber ich konnte bei jedem Song und in jeder verstreichenden Minute auf der Bühne nur an eins denken: Wann sehe ich dich wieder? Werde ich dich überhaupt wiedersehen?

Die Erinnerung an dich ist noch immer zum Greifen nah. Ich rieche dein Haar, spüre deine weiche Haut unter meinen Fingern, deinen warmen Körper unter meinem, deine atemlosen Küsse an meinem Hals. Das Verlangen nach dir ist noch immer in mir und durchfährt jede Faser meines Körpers, wenn ich nur daran denke.

Das mit dir war so anders. So vollkommen neu. Du wirkst so unantastbar, fast wie eine Prinzessin, die ich nicht zu berühren wage. Aber wenn ich dich in meinen Armen halte und deine sinnlichen Lippen meinen Unterleib berühren, bist du einfach nur du. Die Frau, auf die ich irgendwie immer gewartet habe.

Ich möchte die Zeit anhalten, das Geschehene festhalten und das Wunder, das mir mit dir geschehen ist, in Ruhe von außen betrachten. Aber die Welt steht einfach nicht still. Im Gegenteil, ich habe den Eindruck, dass sie sich, je mehr ich mich nach Zeit zum Nachdenken sehne, nur noch schneller dreht.

Ich hetze von einem Termin zum nächsten, ständig will jemand Fragen beantwortet haben. Und es sind, verdammt noch mal, immer dieselben beschissenen Fragen. Wie fühlt es sich an, der begehrteste Musiker Deutschlands zu sein? Ist jeder Text autobiografisch? Ist die Versuchung nach unkomplizierten Abenteuern mit weiblichen Fans groß?

Ich bin es so leid. Sie alle sehen etwas in mir, das ich nicht bin. Etwas, das ich auch nie sein werde.

Seltsamerweise hatte ich von Anfang an den Eindruck, dass ich dir das nicht erklären muss. Du hast die Fassade sofort durchschaut. Von ganz allein.

Ist es das, was dich so anziehend macht? Kann ich deshalb an nichts anderes mehr denken?

Wenn ich im Bett liege, sehe ich dich noch immer lächelnd auf dem Kissen neben mir. Dabei war unsere gemeinsame Zeit eigentlich viel zu kurz, um sich derart intensiv in mir zu verankern.

Und doch bist du irgendwie noch immer da. Sanft und doch fordernd spüre ich dich noch immer unter meinem Körper. Allein beim Gedanken daran, zieht sich alles in mir zusammen.

Du bist nicht hier, aber all meine Sehnsüchte und Zweifel sind geblieben.

Ich fühle mich leer. So leer wie dieses Hotelzimmer.

Kapitel 1

Die Leute hier reden oft von der Romantik des warmen Sommerregens, der die Luft am Meer in eine pure Erinnerung an Freiheit und Sehnsucht verwandelt.

Auch ich kenne die Romantik des Regens. Und ich kenne die Luft. Ich kenne aber auch den Matsch, der sich im Profil meiner Schuhe gesammelt hat, wenn ich den Weg von der Strandpromenade bis zur Pension unten am Strand zu Fuß gegangen bin.

Ich trete meine Schuhe auf der Matte ab und schiebe den Schlüssel ins Schloss, während der Regen an der Kapuze meiner marineblauen Jacke abperlt.

Nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen, die Schuhe abgestreift und die nasse Jacke über die Heizung gehängt habe, lasse ich mich genervt auf das kleine Ecksofa fallen.

„Das bist du ja endlich, Herzchen.“ Emma streckt ihren Kopf aus der Badezimmertür. „Hast du an die Flüssigseife gedacht?“

Ich halte stolz das Plastiktütchen in die Luft. „Ich war eben extra noch mal in Rickys Laden.“

„Sehr schön.“ Sie kommt ins Wohnzimmer und schaut in die Tüte. „Oh, du hast die farblose genommen? Ich wollte doch die blaue.“

„Der Seifenspender ist aus blauem Glas“, antworte ich, „also wird die Seife automatisch auch blau aussehen, wenn du sie einfüllst.“

„Na ja, wenn du meinst.“ Seufzend greift sie nach der Seife und verschwindet wieder im Bad.

„Also, so wie du mit mir redest“, rufe ich ihr nach, „könnte man fast meinen, ich würde für dich arbeiten und nicht umgekehrt.“

Kichernd streckt sie erneut den Kopf aus der Tür. „Nimm’s mir nicht übel, Kim. Ich will einfach nur, dass alles perfekt ist. Saubergemacht habe ich schon alles, jetzt geht es an die letzten Details.“

„Und das wichtigste Detail von allen ist natürlich die richtige Flüssigseife“, antworte ich lachend.

„Lass mir doch meine kleinen Vorlieben.“ Sie verschwindet wieder im Bad. „Außerdem wissen wir beide, dass ich nicht schon so lange für dich arbeiten würde, wenn du das, was ich tue, nicht richtig fändest.“

„Du bist die Beste, Emma.“

Und es stimmt. Wann immer ich sie mit ihrer etwas zu grell blondierten Lockenpracht und den um die Hüften zu engen Blumenkleidern betrachte, fühle ich mich an meine viel zu früh verstorbene Großmutter erinnert. Ob sie ahnt, wie viel sie mir im mittlerweile fünften Jahr, das wir zusammenarbeiten, bedeutet? Und ob sie spürt, wie nahe meine Beziehung zu ihr den Gefühlen kommt, die man sonst nur für seine eigene Familie hat?

„Wann kommen die Gäste?“, ruft Emma aus dem Bad.

„Es ist nur einer“, antworte ich. „Ein gewisser Benjamin Ehlert. Er wollte gegen elf anreisen.“

„Um elf? Das ist ja schon in zwei Stunden.“ Sie stürmt aus dem Bad. „Warum hast du das nicht eher gesagt? Ich muss doch mittags schon wieder im Hotel sein. Ich werde also nicht hier sein, um ihn zu empfangen.“

„Das heißt also, dein Job im Hotel ist dir wichtiger als meine Pension?“

„Kim!“

„Mensch, Emma.“ Ich zwicke ihr lachend in die Schulter. „Früher hast du es sofort gemerkt, wenn ich einen Scherz mache. Außerdem gibt es überhaupt keinen Grund zur Panik, weil ich nämlich hier sein werde, wenn der Typ auftaucht. Also, wie du siehst, habe ich an alles gedacht.“

„Na dann …“ Seufzend lässt sie sich auf die Kante des Sofas fallen, während sie ihr Putztuch unter den Gürtel ihres Kleides klemmt. „Und wie lange will er bleiben?“

„Nur eine Nacht.“

„Nur eine Nacht? Seit wann vermietest du für einen so kurzen Zeitraum?“

„Seitdem ich begriffen habe, dass man auch mal Kompromisse eingehen muss, wenn man zwischen all der Konkurrenz bestehen will.“

Kopfschüttelnd reibt sie einen Fleck vom Wohnzimmertisch. „Das heißt also, dass ich morgen schon wieder saubermachen muss?“

„Dafür liebe ich dich, Emma.“ Ich hauche ihr einen Kuss auf die Wange. „Für deine grenzenlose Begeisterungsfähigkeit.“

„Also, wenn du wirklich zwischen all der Konkurrenz bestehen willst, solltest du lieber darüber nachdenken, das Häuschen neu streichen zu lassen.“

„Neu streichen? Aber ich liebe das Pastellblau und die weißen Fensterläden. Genau so habe ich mir mein eigenes Ferienhäuschen am Meer immer vorgestellt. Es ist bis heute mein liebstes von den vier Häusern.“

„Aber der letzte Anstrich ist fünf Jahre her.“

„Ich finde, es sieht immer noch gut aus.“

„Wenn du meinst.“ Da ist es wieder, das für Emma so typische Seufzen. „Ich meine ja nur, dass man die optische Wirkung niemals unterschätzen sollte.“

„Das tue ich nicht, versprochen. Und jetzt mach Schluss für heute, ja? Um den Rest kümmere ich mich.“

„Na gut.“ Sie drückt mir das Putztuch in die Hand. „Aber eigentlich gibt es nichts mehr zu tun. In der Küche steht eine volle Kiste Mineralwasser, die Betten sind frisch bezogen und die Handtücher liegen auch schon im Bad.“

„Danke, Emma. Auf dich kann ich mich einfach immer verlassen.“

Kapitel 2

Emma hat Recht behalten: Alles ist perfekt vorbereitet. Das Badezimmer blitzt aus allen Ecken, ein Duft aus Lavendel liegt in der Luft und auch der Rest des Häuschens erstrahlt in vollkommenem Glanz.

Ich falte die Handtücher und lege sie auf das Eckregal neben der Dusche.

Als ich am Spiegel vorbeikomme, halte ich einen Moment lang inne. Ob es eine so gute Idee war, mein langes blondes Haar auf Kinnlänge abzuschneiden? Die Locken umspielen mein Gesicht jetzt frecher als früher, aber passt dieser unerschrockene Look auch zu meinem Inneren?

Patrizia sagt, dass ich auf diese Weise nur versuche, meine Verletzlichkeit zu überspielen. Sie nennt es einen Neuanfang nach dem Desaster mit Tim. Warum will sie nicht begreifen, dass ich längst mit ihm abgeschlossen habe? Es ist immerhin vier Monate her.

Patrizia. Wann haben wir uns das letzte Mal gesehen? Ihre Idee, nach ihrer Rückkehr aus Kiel erst mal wieder bei meinen Eltern einzuziehen, trägt nicht gerade dazu bei, dass ich große Sehnsucht danach habe, sie zu besuchen. Papas letzte Predigt über meine Entscheidung, den Job im Reisebüro hinzuschmeißen und mich nur noch um die Ferienhäuschen zu kümmern, hat mir gereicht.

„Du brauchst Sicherheit, Kind. Und wenn etwas unsicher ist, dann die Einnahmen durch Tourismus. Was machst du im Winter, wenn niemand deine Häuser bucht?“

„Auch im Winter machen die Leute Urlaub am Meer, Papa. Außerdem sind die Einnahmen der Hauptsaison hoch genug, um mich auch über die Nebensaison zu tragen.“

„Und die Kredite für die Ferienhäuser? Wie willst du die Raten dafür aufbringen?“

„Das ist alles genau kalkuliert, Papa. Ich habe das fünf Jahre lang geschafft, also schaffe ich es auch weiterhin. Außerdem bin ich 28 und keine 13, wann begreifst du das endlich?“

„Niemand hat mit 28 Jahren schon vier Ferienhäuser in seiner Kartei.“

„Doch, Papa, ich. Wie wäre es, wenn du mich zur Abwechslung mal nicht einschüchterst, sondern einfach stolz auf mich bist? Auf mich und das, was ich schon erreicht habe? Glaube mir, ich weiß ganz genau, was ich tue.“

Ich fahre mir mit den Händen durchs Gesicht. Allein der Gedanke an unser Gespräch lässt die Wut erneut in mir aufkeimen. Ich weiß nicht, was mich mehr stört, Papas Besserwisserei oder Mamas Schweigen.

Ich zupfe ein Blatt des Rosen-Arrangements zurecht, das Emma auf dem kleinen Schrank neben dem Waschbecken platziert hat.

Alles ist perfekt. Und dem Telefonat mit diesem Herrn Ehlert zufolge, scheint er ein sehr unkomplizierter Gast zu sein. Keine Sonderwünsche, keine dämlichen Fragen, nicht mal Frühstück hat er bestellt.

Diese Gäste sind mir noch immer die liebsten, da von vornherein klar ist, dass man keinerlei Beanstandungen zu befürchten hat.

Als es an der Tür klingelt, erschrecke ich mich dennoch kurz.

Ist es schon elf?

Ein letzter prüfender Blick in die Runde, dann eile ich schließlich zur Tür.

Als ich sie öffne, stockt mir für einen Moment der Atem.

Ich kenne diesen Mann. Dieser durchdringende und doch lässige Blick aus azurblauen Augen, das leicht zerzauste nussbraune Haar, das den Eindruck erweckt, als hätte er gerade noch im Bett gelegen, der Ansatz eines Dreitagebartes. Der kleine Leberfleck über dem rechten Mundwinkel. Irgendwo bin ich ihm doch schon mal begegnet, nur wo?

„Herr Ehlert.“ Ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen. „Schön, dass Sie da sind. Sind Sie zu Fuß hier oder mit dem Wagen? Der Parkplatz ist nur ein paar Meter weiter oben, ich weiß nicht mehr, ob ich das erwähnt hatte.“

„Haben Sie. Aber ich habe ein Taxi genommen“, erklärt er. Er dreht sich kurz zum Wasser um, als drohe ihm direkte Gefahr aus dem Meer, dann kommt er schnell hinein und schließt die Tür.

„Alles in Ordnung?“, frage ich.

„Ja.“ Die geschlossene Tür scheint ihm die Anspannung zu nehmen. „Alles in Ordnung.“ Er reicht mir die Hand. „Freut mich. Sie müssen Kim sein.“

Ich nicke. „Wir haben telefoniert.“

Als sich unsere Blicke treffen, fällt es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen. Er ist es. Zweifellos! Erst vor zwei Tagen habe ich ihn mit seiner Band in einer TV-Show gesehen. Marvin Seeberg, gnadenlos talentierter Songwriter und begnadeter Sänger. Ein Stempel, den man ihm seit seinem Durchbruch vor drei Jahren bei jeder Gelegenheit aufdrückt. Und dieser Typ steht in meinem Ferienhaus?

Sofort fallen mir die Zeilen meines Lieblingssongs von ihm ein.

Das Leben tobt in meinen Venen

Bei jedem Gedanken an dich

Will mir das Sehnen abgewöhnen

Doch jeder Tag trägt dein Gesicht

Meine Hände werden feucht.

Ganz ruhig bleiben, Kim. Nur nichts anmerken lassen. Du bist eine seriöse Geschäftsfrau und kein peinlicher Fan.

„Stimmt etwas nicht?“ Er mustert mich mit eindringlichem Blick.

„Ähm … nein“, stammele ich, „ich meine, ja.“ Ich spüre das Blut in meinen Kopf schießen.

Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich ihn wohl doch etwas zu lange angestarrt habe. Ein Starren, das er scheinbar zu gut kennt, um es falsch zu deuten.

Seufzend lässt er die Arme sinken. „Hören Sie, Kim. Ich kenne Sie nicht, aber ich will ehrlich sein: Ich habe mich ganz bewusst für ein abgelegenes Ferienhaus entschieden. Der Rest meiner Crew ist im Hotel, aber ich hatte Sehnsucht nach ein wenig Ruhe und dem Meer. In den Hotels tauchen jedes Mal Fotografen und Fans auf, egal, wie geheim der Aufenthalt ist. Unser Auftritt in Rostock ist heute Abend. Morgen Mittag reise ich schon wieder ab. Es wäre also schön“, er legt den Kopf schräg und zwinkert mir zu, „wenn das hier während dieser kurzen Zeit unter uns bleiben könnte. Meinen Sie, wir kriegen das hin?“

Ich räuspere mich. „Natürlich erzähle ich niemandem davon. Für was für eine Person halten Sie mich?“

In seinem Lächeln schwingt Erleichterung mit. „Das ist schön zu hören.“

Wie tief und männlich seine Stimme ist. Viel tiefer als seine Singstimme, mit der er wirklich jede Oktave trifft.

„Diskretion hat bei mir oberste Priorität.“ Langsam finde ich mein Selbstbewusstsein und den Ansatz eines Lächelns wieder. „Außerdem kann ich gar nicht herumerzählen, dass Marvin Seeberg in meinem Haus wohnt, weil ich es ja an einen Benjamin Ehlert vermietet habe.“

„Benjamin Ehlert.“ Er lacht. „Der Name meines ehemaligen Musiklehrers. Wenn er wüsste, wie oft ich ihn beim Einchecken und Reservieren benutze, würde er meine guten Musiknoten bestimmt rückwirkend ändern.“

Er stellt eine Reisetasche aufs Sofa und schiebt die Hände in seine Hosentaschen. Die engen Jeans, der athletische Oberkörper unter seinem rostbraunen Shirt. Hat er im Fernsehen auch so gut ausgesehen?

„Sie spielen im IGA-Park, richtig?“, frage ich, um meine Nervosität zu überspielen. „Habe heute früh im Radio davon gehört.“

„Ja, zum ersten Mal. Es soll eine prima Location sein.“

„Ist es. Ich war schon mal bei einem Grönemeyer-Konzert dort. Es war fantastisch.“

„Na, wenn das kein gutes Omen ist.“

„Aber Rostock ist nicht gerade nebenan“, sage ich. „Es wundert mich, dass Sie sich da ausgerechnet für eine Unterkunft hier in Rerik entschieden haben.“

„Ich wollte nicht nur etwas Ruhe, ich wollte auch dort übernachten, wo mich wirklich niemand vermutet.“

„Scheint, als hätten Sie viel Erfahrung mit unangenehmen Hotelaufenthalten.“

Er lächelt bitter. „Das ist noch stark untertrieben.“

Er lässt seinen Blick durch das Häuschen schweifen, über die bunte Patchwork-Decke auf dem Sofa, die Leinenvorhänge in weißblauem Blumendesign bis hin zu den hölzernen Anrichten an den Wänden.

Was sucht ausgerechnet ein Mann wie er, der sich zweifellos die exklusivsten Nobelhotels leisten kann, in einem schlichten Häuschen wie diesem?

Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich schon viel zu lange hier stehe. In allen anderen Fällen hätte ich ihm längst den Schlüssel gegeben und wäre verschwunden. Liegt es wirklich nur an der Tatsache, eine Berühmtheit in meinen eigenen vier Wänden zu beherbergen? Was sonst sollte der Grund dafür sein, dass ich unfähig bin, einfach zu verschwinden?

Ich streiche mir unruhig mit den Fingern durchs Haar. Als ich aufschaue, stelle ich irritiert fest, dass er mich dabei beobachtet hat. Sein Blick ruht unaufdringlich und doch interessiert auf mir. Hat er eben gelächelt?

„Also dann“, ich ziehe den Schlüssel vom Brett neben der Tür und lege ihn in seine Hand. „Den hier werden Sie brauchen.“

Als meine Hand seine berührt, durchfährt mich ein seltsames Gefühl. Das Verrückte daran ist, dass es ihm scheinbar ebenso geht, denn die Art, wie er mich anschaut, macht deutlich, dass ihn irgendetwas genauso überrascht wie mich.

Schnell ziehe ich meine Hand zurück, als hätte ich einen Stromschlag bekommen.

„Danke“, sagt er irritiert.

In seinen Augen liegt ein Hauch von Unsicherheit. Eine Unsicherheit, die ich teile, auch wenn ich sie nicht wirklich einordnen kann.

„Ich glaube, ich lasse Sie dann mal allein“, sage ich schnell. Ich ziehe meine Jacke von der Heizung und schlüpfe in meine inzwischen trockenen Schuhe. „Meine Handynummer haben Sie ja noch von der Buchung. Wenn was ist, Sie können mich jederzeit erreichen. Ansonsten bin ich morgen gegen Mittag wieder hier zur Schlüsselübergabe.“

„Dann bis morgen“, antwortet er mit einem warmen Lächeln, das mich mitten ins Herz trifft.

„Bis morgen.“ Hastig wende ich mich ab.

Ich wage es nicht, mich noch einmal zu ihm umzudrehen. Irgendetwas zwingt mich dazu, so schnell wie möglich aus dieser seltsamen Situation zu fliehen.

„Danke nochmal“, ruft er mir nach, doch da bin ich bereits auf dem Weg zur Strandpromenade.

Kapitel 3

Atemlos steige ich in den Wagen und werfe die Tür zu. Keine fünf Minuten habe ich zu Fuß vom Ferienhaus bis zu meiner Wohnung am Rande der Strandpromenade gebraucht. Doch anstatt ins Haus zu gehen, sitze ich nun völlig außer Atem in meinem Auto und verschnaufe erst einmal. Fast kommt es mir so vor, als wäre ich auf der Flucht. Auf der Flucht vor mir und meinen eigenen Gedanken.

Habe ich wirklich gerade Marvin Seeberg getroffen?

Ruhig bleiben, Kim. Ganz ruhig bleiben!

Als ich gedankenverloren das Handschuhfach öffne, fällt mir wieder der wahre Grund ein, warum ich so dringend ins Auto wollte.

Hastig wühle ich zwischen meinen CD’s und den leeren Packungen der Frustschokolade, die ich mir nach dem letzten Streit mit meinem Vater gekauft hatte.

---ENDE DER LESEPROBE---