Mord hinter den Kulissen - Robin Stevens - E-Book

Mord hinter den Kulissen E-Book

Robin Stevens

0,0
12,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Im Londoner Rue Theater sollen Daisy und Hazel an einer Aufführung von "Romeo und Julia" teilnehmen, um sie von weiteren detektivischen Ermittlungen abzuhalten. Doch irgendwie scheint die Gefahr sie zu verfolgen: Eifersucht, Morddrohungen und üble Scherze geraten außer Kontrolle – und dann wird im Theater eine Leiche gefunden. Die beiden Freundinnen setzen alles daran, den Fall aufzuklären. Als Daisy wegen einer Grippe das Bett hüten muss, ermittelt Hazel unterstützt von Alexander und George auf eigene Faust weiter, bevor der Mörder ein zweites Mal zuschlägt – oder nicht …? 

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 370

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Titel der Originalausgabe: Death in the SpotlightErschienen bei Random House Children’s Publisher UK,a division of The Random House Group Limited.Copyright Text © 2018 Robin StevensPublished by Arrangement with Robin StevensCopyright Gestaltung © 2018 Nina Tara DesignDiese Ausgabe wurde vermittelt durch dieLiterarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover

2. Auflage 2021

Deutsche Erstausgabe

Copyright © 2019 Knesebeck GmbH & Co. Verlag KG, MünchenEin Unternehmen der Média-Participations

Umschlagadaption: Yannick Wolff, Knesebeck VerlagÜbersetzung: Nadine Mannchen, HelmbrechtsLektorat: Theresa Scholz, DuisburgSatz: VerlagsService Dietmar Schmitz GmbH, HeimstettenHerstellung: Arnold & Domnick, Leipzig

eISBN 978-3-95728-602-4

Alle Rechte vorbehalten, auch auszugsweise.

www.knesebeck-verlag.de

Für meinen Vater.Danke, dass du so stolz auf mich bist.

Mord hinter den Kulissen

Ein Bericht über

den »Fall des Romeo-und-Julia-Mords«im Rahmen der Ermittlungen derDetektei Wells & Wong.

Aufgezeichnet von Hazel Wong(Vizevorsitzende und Schriftführerinder Detektei), 14 Jahre alt.

Begonnen am Sonntag, 24. Mai 1936.

AUFTRETENDE FIGUREN

RUE THEATER

Frances Crompton – Eigentümerin des Rue

Theresa Johnson – Inspizientin des Rue

Inigo Leontes – künstlerischer Leiter am Rue undSchauspieler, Rolle des Bruder Lorenzo

Rose Tree – Schauspielerin, Rolle der Julia

Lysander Tollington – Schauspieler, Rolle des Romeo

Simon Carver – Schauspieler, Rolle des Mercutio

Martita Torrera – Schauspielerin, Rolle der Amme Julias

Daisy Wells – Schauspielerin, Rolle der Rosalindeund des Pagen von Paris, außerdem Vorsitzende derDetektei Wells & Wong

Hazel Wong – Schauspielerin, Rolle des DienersSchmorpfanne, außerdem Vizevorsitzendeund Schriftführerin der Detektei Wells & Wong

Annie Joy – Garderobiere

Jim Cotter – Bühnenportier

ONKEL FELIX’ HAUSHALT

Felix Mountfitchet – Daisys Onkel

Lucy Mountfitchet – Daisys Tante

Bridget O’Connell – Hausmädchen vonFelix und Lucy

Inhalt

TEIL EINS: EIN SOLCH HARTES LOS

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

TEIL ZWEI: DER ORT TOD

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

TEIL DREI: SIE WERDEN DICH ERMORDEN

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

TEIL VIER: EIN LIEBESPAAR, UNSTERNBEDROHT

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

TEIL FÜNF: DER TOD LIEGT AUF IHR

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

TEIL SECHS: IN EINES GRABES TIEFE

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

TEIL SIEBEN: SO WILDE FREUDE NIMMT EIN WILDES ENDE

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

DAISYS RUE-THEATER-FÜHRER

ANMERKUNGEN DER AUTORIN UND DANKSAGUNG

• TEIL EINS •

EIN SOLCH HARTES LOS

1

Mein Name ist Hazel Wong und ich bin Detektivin.

Als Daisy und ich zum ersten Mal ermittelten, schien es schlicht unmöglich, dass jemand wie ich jemals Kriminalfälle aufdecken könnte. Doch inzwischen kann ich mir mein Leben gar nicht mehr vorstellen ohne Daisy Wells und unsere Detektei Wells & Wong, ohne seltsame Ereignisse, grauenvolle Gefahren und böse Überraschungen. Immer gibt es da diesen einen Moment, mitten im Fall, wenn ich mir denke, dass ich niemals mehr ermitteln will. Doch sobald ein paar Monate ohne Mord, Diebstahl oder Entführung vergangen sind, bekomme ich das Gefühl, dass irgendetwas fehlt.

Die letzten Wochen waren allerdings selbst für Detekteiverhältnisse mehr als aufregend. Wir sind echte Mitglieder eines richtigen Londoner Theaters geworden und damit näher dran am Erwachsensein als je zuvor – und wieder einmal haben wir es mit einem grausigen und schockierenden Verbrechen zu tun. Ich komme mir fast vor wie eine der Heldinnen aus Daisys Krimis.

Natürlich hätte eine Romanheldin keinen Pickel auf der Nase, sie würde sich nicht so für Kuchen begeistern (dieser Unterschied ist mir allerdings ziemlich egal: Meiner Meinung nach essen viele Bücherheldinnen viel zu wenig!) und sie hätte vermutlich keine Schwierigkeiten damit, sich ihren Text zu merken. Ich versage in allen drei Punkten, und selbst Daisy, die absolut makellose Haut und ein Talent für Dramatik hat, liebt Kuchen. Aber das beweist nur, dass wir echt sind, genau wie dieser – inzwischen siebte! – Mordfall. Ich weiß noch, wie ich mich beim dritten Fall wunderte, dass es schon wieder passiert war und wir mittendrin waren.

Doch zuerst einmal sollte ich genau erklären, wie es dazu kam, dass wir nun im staubigen Zuschauerraum des Rue Theaters sitzen, den Geruch von Schminke in der Nase haben, während ein Polizist mit blauem Hut über die Bühne stapft und uns alle anschnauzt, still zu sitzen und ja nicht auf die Idee zu kommen, zu verschwinden.

Der Grund für das Erscheinen des Polizisten heute ist natürlich die Leiche, um die es auch uns geht – was mir nicht leicht aus der Feder fließt. Tote sind schrecklich. Von allem, was Daisy und ich tun, sind sie der Teil, der mir am wenigsten gefällt. Manchmal verliert Daisy die Geduld mit mir, wenn ich das sage, trotzdem: Ich bin froh, dass sie mich so aufwühlen. Ich glaube, wären die Opfer mir irgendwann einmal egal, wäre ich keine so gute Detektivin mehr. Mord hat Gewicht, und sich an diesen Taten zu stören, hilft auch dabei, unsere Fälle zu lösen.

Streng genommen begann dieser Fall vor einigen Wochen, mit Daisys Tante Lucy und Onkel Felix, denn dass wir hier am Rue sind, haben wir ihnen zu verdanken. Schon witzig, wenn man bedenkt, dass man uns hergeschickt hat, um uns vom Ermitteln und seinen Tücken fernzuhalten.

»Ooh«, hat Daisy mir gerade vom Nebensitz her zugeflüstert. »Onkel Felix wird sich schwarz ärgern, meinst du nicht? Hier sollten wir vor Verbrechen sicher sein! Geschieht ihm recht, uns wie kleine Kinder zu behandeln!«

Wieder einmal hatte sie genau das Gleiche gedacht wie ich.

Solange wir darauf warten, dass der Polizist endlich stehen bleibt und entscheidet, was er als Nächstes tun will, werde ich Schritt für Schritt erklären, was sich zugetragen hat bis zu dem Moment, als die Detektei Wells & Wong mit ihrem siebten Mordfall konfrontiert wurde.

2

Daisy und ich sehen vielleicht aus wie Schulmädchen, aber in letzter Zeit waren wir nicht gerade häufig in der Schule. Im Januar starb mein Großvater, mein Ah Yeh. Daisy und ich mussten das Mädcheninternat Deepdean (wo wir in die zehnte Klasse gehen) verlassen und nach Hongkong reisen, um ihn zu betrauern. Als wir nach den vielen grauenhaften Abenteuern in Hongkong wieder nach England kamen, war es bereits Anfang Mai und wir hatten nicht nur das Frühlingstrimester verpasst, sondern auch den Anfang des Sommertrimesters.

Ich rechnete damit, dass man uns direkt in den Unterricht scheuchen würde, aber es wurde beschlossen, dass wir nach der ganzen Aufregung in Hongkong eine Pause brauchten. Wir sollten erst zum Beginn der zweiten Trimesterhälfte zurück an die Deepdean, also am 1. Juni.

Ich dachte, wir würden die Zeit bis dahin auf Fallingford verbringen, wo Daisys Familie wohnt – doch dort ist gerade (wie zurzeit eigentlich immer) alles dicht. Stattdessen schickte man uns nach London zu Daisys Onkel Felix und seiner neuen Frau. Man sagte uns, wir sollten die frisch gebackene Mrs Mountfitchet »Tante Lucy« nennen, und meistens denken wir daran.

Daisys Onkel Felix hat sich kein Stück verändert. Er ist ein faszinierender und ziemlich zermürbender Mensch, groß und goldblond wie Daisy, obendrein extrem clever. Er trägt ein Monokel und hat die Angewohnheit, es sich ins Auge zu drehen und um mich eingehend zu mustern. Und er hat einen immens wichtigen und geheimen Beruf, von dem er uns kein Sterbenswörtchen verraten darf.

Dieser Beruf hatte zur Folge, dass er während der ersten Woche unseres Besuchs regelmäßig für lange Zeit verschwinden musste, um ganz unerwartet wieder aufzutauchen und uns dann alle aus der Wohnung ins funkelnde London auszuführen. Er lud uns zum Tee bei Brown’s ein, zu einer Zaubervorstellung und ins Theater, gefolgt von schockierend späten Abendessen – gegen acht oder neun – in Restaurants, in denen von goldenen Wänden Gelächter widerhallte und Damen in Abendkleidern ihre Schultern sehr gewagt zeigten. Wir schlürften Fruchtsaft aus Champagnergläsern und ich kam mir ungeheuer weltgewandt vor.

Solange Onkel Felix weg war, blieben wir bei Tante Lucy. »Ich werde eure Gouvernante sein«, sagte sie ernst. »Immerhin habe ich Übung darin, und in der Arbeit … gibt es derzeit nicht viel zu tun.« Tante Lucys Arbeit ist genauso wichtig wie die von Onkel Felix, und genauso geheim.

Ich erwartete spröden, sachlichen Unterricht, wie Haferschleim fürs Gehirn. Doch es hätte mich nicht wundern sollen, dass das, was sie uns beibrachte, ebenso ungewöhnlich ausfiel wie Tante Lucy selbst. Ganz anders als die steifen Lateinstunden, die Übungen in korrekter Haltung oder das Auswendiglernen sämtlicher Könige.

Kurz nach unserer Ankunft stieß Tante Lucy auf mein Notizbuch mit den Geheimcodes, an denen ich geübt hatte (und die ich auch Daisy hatte beibringen wollen). Am nächsten Tag fand ich auf meinem Pult mehr Bücher über Geheimcodes, als ich überhaupt für möglich gehalten hätte.

»Schau sie dir an«, meinte Tante Lucy, »und dann nimmst du dir dieses Übungsheft vor. Löse so viel du kannst und zeig es mir heute Nachmittag.«

»Öde!« Daisy schob sie zur Seite und hockte sich auf meinen Tisch. Aber ich fand diese Aufgabe herrlich. Stundenlang schmökerte ich, viel länger als ich es mich an der Deepdean getraut hätte – ich hörte erst auf, als mein Kopf vor Zahlen, Symbolen und Sprachen nur so schwirrte.

Daisy bekam in der Zwischenzeit ihren eigenen Unterricht. Sie wurde in ein Zimmer der Wohnung geschickt, in dem die Regale voll waren mit Kleidung, Hüten und Perücken und die Schubladen voller Schminke. Nach einer oder zwei Stunden erschien eine runzlige alte Dame mit feinen weißen Locken, einer Brille mit dicken Gläsern und einem Schal über den Schultern, die tief gebeugt zu mir in den Raum schlurfte. Tante Lucy folgte ihr. Die alte Dame stellte sich an mein Pult und sagte mit zitternder, krächzender Stimme: »Hazel Wong! Ich habe eine Botschaft für dich!«

»Ich weiß, dass du es bist, Daisy«, erwiderte ich. »Ich kann deine Schuhe sehen.«

»Auf der Straße hättest du mich nicht erkannt!«, sagte die alte Dame mit Daisys Stimme. »Aber mit den Schuhen hast du recht. Mist.«

Tante Lucy lächelte mich an. »Gut erkannt, Hazel. Du bist ein Naturtalent. Daisy, du musst besser werden.«

Daisy seufzte ungeduldig, doch ich sah ihr an, dass Tante Lucys ungewöhnlicher Unterricht sie begeisterte – vor allem, weil es unser Geheimnis war. Zwischen uns dreien bestand eine stillschweigende Abmachung, dass Onkel Felix nichts davon zu erfahren brauchte. Er ist ein sehr interessanter Onkel, aber trotzdem ein Onkel und er heißt unsere Detektivabenteuer nicht wirklich gut. Tante Lucy allerdings, das merkten wir, verstand, dass Ermitteln für uns kein Spiel war. Wir waren nun einmal geborene Detektivinnen.

Dennoch hatte Onkel Felix das letzte Wort, solange wir bei ihm wohnten – und er wollte uns möglichst abschotten von Mord und sonstigen Rätseln.

An ihrem Exeat kamen George und Alexander vorbei, um mit uns Daisys Geburtstag zu feiern. Den Fall, den wir bei dieser Gelegenheit im British Museum aufgeklärt haben, hat Daisy dokumentiert, also muss ich an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehen – ich will nur festhalten, dass es sehr spannend war und Onkel Felix sich danach noch mehr Sorgen um unsere Sicherheit machte.

Das führte schließlich dazu, dass der Vorschlag mit dem Rue Theater auf den Tisch kam.

3

Zum ersten Mal erfuhren wir davon beim Frühstück am Montagmorgen, dem 11. Mai. Das Hausmädchen Bridget hatte uns gerade Toast und einen Stapel kryptischer Telegramme gebracht, die sie in ihrer deutlichen Schrift ordentlich entziffert hatte. Im Haus von Onkel Felix und Tante Lucy scheint jeder ein interessantes und geheimnisvolles Leben zu führen. So ist auch Bridget eine interessante und verschwiegene Angestellte, die weit mehr tut als nur zu kochen und zu putzen.

Onkel Felix, der fachmännisch die Gräten aus einem geräucherten Hering entfernte, blickte auf und wandte sich an Tante Lucy.

»Ich bin froh, dass du dich diese Woche wieder um die Mädchen kümmerst. Ein solider Einfluss tut ihnen gut. Allein das Wort Tante klingt so vernünftig. Ich finde, seit du eine bist, bist du viel seriöser geworden, liebste Lucy.« Er zwinkerte ihr über seinen Hering hinweg zu.

»Das ist Blödsinn!«, meinte Daisy mürrisch. »Wir brauchen gar nichts Solides!«

Onkel Felix wich ihrem bösen Blick aus und Tante Lucy legte das Telegramm beiseite, das man ihr gegeben hatte.

»Das ist ein wirklich schöner Gedanke, aber ich fürchte, ich muss dich enttäuschen, liebster Felix«, sagte sie. »In der Arbeit liegt etwas Dringendes an.«

»Was?«, sagte Onkel Felix scharf. »Nonsens – lass mich sehen!«

Ohne Kommentar reichte Tante Lucy ihm das Telegramm und er las es.

»Du meine Güte!«, rief er. »Wie ungünstig. Du hast ganz recht. Du wirst die ganze Woche unabkömmlich sein.«

»Ooh, was ist passiert?«, wollte Daisy wissen. »Etwas Aufregendes?«

»Geht dich nichts an, Daisy«, entgegnete Onkel Felix. »Lucy, was um alles in der Welt sollen wir tun? Könnte Bridget auf die beiden aufpassen?«

»Ich bin kein Kindermädchen, Mr M«, tönte Bridget von der Tür her. »Außerdem haben Sie mir aufgetragen, ein Auge auf diese verdächtigen –«

»Ja, ähem, ganz recht«, fiel Onkel Felix ihr ins Wort und brachte sie mit einem Stirnrunzeln zum Verstummen.

»Wir kommen bestens allein zurecht!«, rief Daisy. »Endlich können wir London ordentlich erkunden. Wie aufregend!«

»Das lasst ihr schön BLEIBEN!«, sagte Onkel Felix.

Tante Lucy hob die Hand: »Moment. Mir kommt da gerade eine Idee. Lass mich ein paar Leute anrufen.«

Sie murmelte Onkel Felix etwas zu und verschwand im Flur. Zwanzig Minuten später war sie zurück und machte einen sehr feierlichen Eindruck.

»Felix, mein Liebster, du willst, dass die Mädchen in einem abgeschlossenen Raum unter Aufsicht sind, nicht?«, fragte sie.

Onkel Felix nickte.

»Und Daisy, du willst etwas Aufregendes, richtig?«

»Natürlich!«, meinte Daisy.

»Und Hazel, du liebst Geschichten?«

»Ja?«, antwortete ich vorsichtig.

»Tja dann«, meinte Tante Lucy, »ich glaube, ich habe für alle die perfekte Lösung. In der Arbeit gibt es dieses Mädchen, dessen Tante, Frances Crompton, ist die Eigentümerin des Rue Theaters. Frances bringt eine neue Inszenierung von Romeo und Julia auf die Bühne, nur leider fallen ihre Schauspieler einer nach dem anderen der Grippe zum Opfer, die derzeit umgeht. Sämtliche Nebendarsteller, die für gewöhnlich die kleineren Rollen übernehmen, sind schon bei anderen Theatern unter Vertrag – die zahlen einfach besser, während die arme Frances im Augenblick finanziell ein wenig haushalten muss. Unter den gegebenen Umständen dachte ich, es würde ihr vielleicht nichts ausmachen, auf zwei vorübergehende Truppenmitglieder aufzupassen – gegen eine kleine Gebühr, versteht sich. Und sie hat zugestimmt.«

»Lucy!«, sagte Onkel Felix. »Nun, ich vermute, man wird sich dort zumindest um sie kümmern.«

Daisy riss die Augen auf. Sie schaute von Tante Lucy zu Onkel Felix und zurück. »Was denn … wir?«, fragte sie. »Ehrlich?«

»Ehrlich, Daisy«, antwortete Tante Lucy. »Hast du schon von Frances Crompton gehört?«

»Na und ob!«, keuchte Daisy. »Himmel, sie ist berühmt! Das Rue Theater mag gerade in Schwierigkeiten stecken, aber es ist immer noch das wichtigste Shakespeare-Schauspielhaus im ganzen Land!«

»Ausgezeichnet. Wie würde es euch denn gefallen, in seinem neuesten Stück aufzutreten?«

»Auf der Bühne?!«, rief Daisy hingerissen und hatte ihre Verwunderung und ihr Misstrauen schlagartig vergessen. »Meine Güte, wie herrlich! Ist das nicht herrlich, Hazel?«

»Oh.« Ich schluckte. »Oh, ich …«

Ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen, wollte ich sagen, biss mir aber auf die Zunge. Daisy freute sich so sehr, dass ich mir Mühe gab, den gähnenden schwarzen Abgrund zu ignorieren, der sich gerade in meinem Magen aufgetan hatte.

»Ich dachte mir, dass du dich über eine Nebenrolle in Romeo und Julia freuen würdest, Daisy«, sagte Tante Lucy lächelnd. »Tante Lucy, ich werde keine Nebenrolle spielen«, meinte Daisy spöttisch. »Ich werde der Star.«

»Daisy, Liebes, etwas anderes ist ganz undenkbar«, sagte Onkel Felix. »Vermutlich ist es für dich eine nette Lösung. Aber was ist mir Hazel?«

»Ich komme schon zurecht«, sagte ich und schluckte schwer.

»Da kann ich dir nur recht geben«, sagte Tante Lucy. »Du magst dich nicht für eine Schauspielerin halten, aber ich weiß es besser. Du bist schon zu lange mit Daisy befreundet, um nicht zu wissen, wie man etwas vortäuscht.«

»Unverschämtheit!«, regte Daisy sich auf. »Du bist erst seit fünf Monaten mit Onkel Felix verheiratet und ihm schon viel zu ähnlich!«

Onkel Felix lachte laut und lächelte mich dann an, und auch Tante Lucy lächelte. Ich fragte mich derweil, ob das nicht wieder eine von Tante Lucys eigenwilligen Lektionen sein könnte.

Was das angeht, bin ich immer noch unsicher. Aber ob es nun so war oder nicht, so jedenfalls kamen Daisy und ich zum Rue Theater.

4

Als Daisy, Bridget und ich am nächsten Tag nach dem Mittagessen vor dem Rue Theater standen, war mir ganz flau im Magen, als wäre ich noch immer auf dem Schiff, das uns aus Hongkong zurück nach England gebracht hatte. Den Vormittag über hatte ich Todesqualen ausgestanden, während Daisy aufgedreht durch die Wohnung getanzt hatte. Der Gedanke, schauspielern zu müssen, war fast zu viel für mich – noch dazu vor Publikum!

Doch ich musste zugeben, das Theater selbst war wirklich beeindruckend. Das Rue steht an einem Kreisverkehr in der Nähe des Leicester Square. Es ist ein rotes Backsteingebäude voller glänzender Fenster, das ungeheuer hoch aufragt. Es sieht fast wie ein Schloss aus – an der Vorderseite gibt es sogar vier schlanke Türmchen, die wie Zinnen in die Höhe schießen. Außen herum ist es so laut, als befände man sich mitten in einer Schlacht, denn vom Kreisverkehr dringt ständiger Lärm zum Theater: das Quietschen von Bremsen, Hupen und Rufe, typisch für das hektische London.

London sollte sich eigentlich nicht so viel anders anfühlen als Hongkong, tut es aber. Genau wie in Hongkong ist hier Frühling, nur bedeutet das in London Sonne vermischt mit kühlen, windgepeitschten Tagen, grauem aufgewühltem Himmel und prasselndem Regen – und nur wenige kleine, traurige Blumen, die auf den Fenstersimsen aus ihren Töpfen hängen.

Ich vermisse die großzügige Hitze Hongkongs, den weiten hellen Himmel und den blühenden Dschungel. Selbst die Spinnen vermisse ich. Und ich vermisse das Gefühl, zu Hause zu sein. In Hongkong konnte ich aufatmen, doch da wir jetzt wieder in England sind, muss ich aufpassen. Es ist, als hätte ich in Hongkong eine Schicht Hornhaut eingebüßt, die ich nun neu wachsen lassen muss.

Immerhin bin ich in London nicht ganz so anders wie in Deepdean – zumindest gibt es hier mehr Menschen, die genauso anders sind wie ich. In den Bussen und U-Bahnen habe ich schon mehrere Gesichter gesehen, die unserem Freund George ähneln, und sogar (jedes Mal macht mein Herz vor Aufregung einen kleinen Sprung) einige Gesichter wie mein eigenes.

All das ging mir durch den Kopf, während Bridget uns durch den Haupteingang des Rue führte und wir uns in einer Eingangshalle wiederfanden, die sich schwungvoll in Gold, Schwarz und Rot nach oben erstreckte. Sie war verlassen. Als sich die Türen hinter uns schlossen und den Radau der Straße aussperrten, lag eine wundervolle Ruhe im Raum. Von Leuchtern funkelte Licht, das sich auf dunklem Marmor brach, und selbst die Luft roch warm und üppig. Beim Anblick von so viel Pracht ging Daisy zusehends das Herz auf. Ihre Augen glänzten richtig. Alles war so schön, so magisch, dass ich lächeln musste.

»Na gut, vergesst nicht, was Ihre Tante gesagt hat«, schärfte Bridget uns ein, wobei ihr breites Gesicht mit den Sommersprossen und den dunklen Augen ernst wurde. »Zeigen Sie sich von Ihrer besten Seite, sonst schickt Miss Crompton Sie postwendend nach Hause. Ist das klar?«

Bridget redet nie um den heißen Brei herum. Sie meint, das kommt daher, dass sie in Dublin aufgewachsen ist.

»Glasklar«, antwortete Daisy und rollte mit den Augen.

»Ihrer besten Seite, Daisy«, wiederholte Bridget und schlug Daisy auf die Schulter. »Mir entgeht nichts!«

Sie zwinkerte uns zu, was unmissverständlich eine Warnung war, als jemand die Treppe herunter- und auf uns zukam.

Die Frau trug ein formloses braunes Kleid und bewegte sich schwerfällig. Jeder Schritt donnerte auf den Stufen, während sie das goldene Geländer so fest umklammerte, dass ich meinte, im Metall müssten Dellen zurückbleiben. Sie war alt, älter als die meisten unserer Lehrerinnen an der Deepdean, und ihr Haar war grau und kurz geschnitten. Sie war so solide wie ihre Schritte und die runde Brille auf ihrer Nase wirkte in dem großen Gesicht nahezu winzig.

»Was treiben Sie drei hier?«, fuhr sie uns an. »Wir haben geschlossen!«

»Guten Tag!«, sagte Daisy und knickste. »Sie müssen Miss Crompton sein – ich habe Ihr Bild gesehen. Wir sind hier, um in Ihrem Stück mitzuspielen.«

»Guten Tag«, sagte auch Bridget und stand stramm. »Ich bin Bridget O’Connell. Ich glaube, Sie haben mit Mrs M am Telefon über die beiden Mädchen geredet?«

»Ja, alles gut und schön, aber warum sind Sie hier? Das ist der Eingang für das Publikum. Theresa – das ist meine Inspizientin – hat vergessen abzuschließen. Meine Schauspieler benutzen den Bühneneingang hinten, ohne Ausnahme. Halten Sie sich etwa für etwas Besseres?«

Mir sank der Mut. Miss Crompton schien nicht besonders freundlich zu sein.

Daisy blinzelte. »Wir haben einen Fehler gemacht«, sagte sie, reckte die Schultern und stand neben Bridget so gerade wie nur möglich. »Es wird nicht wieder vorkommen.«

Miss Crompton machte die Augen schmal. »Gewiss nicht. Ich wollte gerade absperren – dieser Eingang wird erst am Premierenabend wieder geöffnet. Na schön, Mädchen, dann kommen Sie mit, wenn es recht ist. Ihre Tante hat es eingefädelt, dass Sie in meinem Stück auftreten, wie grauenhaft Sie auch sein mögen, trotzdem bin ich neugierig, aus welchem Holz Sie geschnitzt sind.«

Natürlich war ich schon einmal im Theater gewesen, in der schönen staubigen Dunkelheit des Zuschauerraums, aber auf einer Bühne hatte ich noch nie gestanden. Mir war nicht klar gewesen, wie ungeheuer groß ein Theater ist. Wie die Sitzreihen vor einem aufragen, wie Berge, und wie das Licht einen blendet. Wie einem die Schminke in die Nase steigt, wie weich einem die Knie werden und wie sehr man nichts lieber will, als im Boden zu versinken, um nie wieder aufzutauchen. An diesem Nachmittag, als ich allein auf der riesigen, leeren Bühne stand, schien sogar mein Atem laute Echos auszulösen.

»Nennen Sie Ihren Namen!«, donnerte Miss Crompton von irgendwo aus dem Zuschauerraum.

»Äh«, stammelte ich dämlich. »Ah …«

»Kennt ihren eigenen Namen nicht«, murrte Miss Crompton. »Großartig. Dann fangen Sie mit Ihrem Text an, wenn es recht ist.«

Daisy und ich hatten darüber beratschlagt, nur für den Fall, dass man uns zum Vorsprechen auffordern sollte. Ich hatte den vorhergehenden Nachmittag damit verbracht, eine sehr vernünftige Rede von Julias Amme auswendig zu lernen. Doch als ich den Mund öffnete, wurde ich stockstarr. Mir wollte kein einziges Wort mehr einfallen. Alles, was mir in den Sinn kam, war ein Auszug aus Ode an eine Nachtigall.

»Nicht für den Tod, du Vöglein, warst geboren!«, brabbelte ich.

Ein absolut typisches Schulmädchengedicht, etwas, was jeder kleine Shrimp lernt. »Und ist vielleicht der selb’ Gesang, der tief der heimwehkranken Ruth durchs Herze klang, als sie in Tränen schritt durch fremde Gassen …«

Dann begriff ich, warum mir gerade das eingefallen war. Schon oft war ich mir wie Ruth in diesem Gedicht vorgekommen – so auch in diesem Augenblick. Ich stammelte mich bis zum Ende durch, schmolz regelrecht unter den Lichtern und brannte vor Scham, weil ich mehr von mir preisgegeben hatte, als geplant. Als ich aufhörte, herrschte unerträglich lautes Schweigen. Es kam mir vor, als würde mich jeder einzelne der leeren Stühle anstarren.

»Einzigartig«, ertönte Miss Cromptons Stimme vom Parkett. Dass es nicht als Kompliment gemeint war, schien deutlich. »Abgang, wenn ich bitten darf. Die Nächste!«

Ich wetzte die wenigen Stufen rechts der Bühne so schnell hinunter, als hätte sie mich abgeworfen. Neben Bridget, die sich in einem kleinen Codebuch flink verschnörkelte Notizen machte, sank ich in einen Plüschsessel.

In der Sicherheit des Parketts fühlte ich auf einmal wieder, wie ungeheuer aufregend Theater war. Der goldene Bogen über der Bühne leuchtete wie ein Versprechen und die samtige Dunkelheit der Flügel war erfüllt von spannenden Geheimnissen. Und mitten darin schien Daisy regelrecht zu glühen. Sie stand mit gefalteten Händen und positionierten Füßen da, als wollte sie Ballett tanzen, und sie strahlte.

»Guten Tag!«, trillerte sie. »Ich bin die Ehrenwerte Daisy Wells. Darf ich beginnen?«

»Sie dürfen«, antwortete Miss Crompton – bildete ich es mir nur ein, oder lag in ihrer Stimme ein Glucksen?

Daisy warf sich auf die Knie und reckte die Hand in die Luft. Ihr Gesicht verzerrte sich zu einer Maske aus tiefer Qual.

»Was ist das hier?«, rief sie. »Ein Becher, festgeklemmt in meines Trauten Hand? Gift, seh ich, war dein Ende vor der Zeit … Ich will dir deine Lippen küssen!«

Sie beugte sich vor und machte eine winzig kleine Bewegung mit den Lippen, als hätte man sie gezwungen, an Weihnachten ihre Großtante Eustacia zu küssen. Ich strengte mich an, mir ein Kichern zu verkneifen. Daisy und Romantik passen einfach nicht zusammen.

»Oh willkommener Dolch!«, posaunte Daisy, sprang auf und wedelte mit der Faust in der Luft. »Dies werde deine Scheide. Roste da und lass mich sterben!«

Sie stieß sich mit der Hand in den Bauch und lehnte sich keuchend vor. Langsam stürzte sie auf den Boden, wobei sie leise wimmerte, zweimal zuckte und schließlich reglos liegen blieb.

Ich wartete. Bridget blätterte in ihrem Notizbuch eine Seite weiter und seufzte leise. Endlich drehte Daisy sich zu uns um und öffnete die Augen.

»Eigentlich geht es mir gut«, sagte sie zu Miss Crompton.

»Das dachte ich mir«, entgegnete Miss Crompton. »Fein, fein. Das war wunderbar geschmacklos. Sie haben eindeutig keinerlei Erfahrung und eine sehr lebhafte Fantasie, aber ich schätze Ihren Enthusiasmus.«

»Danke«, sagte Daisy und knickste. »Welche Rolle werde ich spielen?«

Miss Crompton seufzte. »Da Sie sich dem Rue aus Notwendigkeit anschließen – und auf Bitte Ihrer Tante hin –, werde ich einfach das Beste aus der Situation machen. Sie werden zwei kleinere Rollen übernehmen: den Pagen von Paris und Rosalinde. Die zweite ist ohne Text und normalerweise selbstverständlich ganz ohne Auftritt, doch in dieser Inszenierung wird Rosalinde als Vision erscheinen. Beide Rollen haben großes Potenzial für Dramatik.«

»Hmm«, machte Daisy. »Ich nehme an. Was ist mit Hazel? Immerhin kann ich unmöglich ohne sie spielen.«

»Miss Wong, sind Sie sicher, dass Sie mitspielen wollen?«, fragte Miss Crompton. Ohne ihr Schreiben zu unterbrechen, drehte Bridget sich zu mir um und sah mich mit geschürzten Lippen durchdringend an. Ich wollte in meinem Sitz versinken, doch dann sah ich Daisy auf der Bühne. Sie hatte die Arme verschränkt und gab sich Mühe, recht gebieterisch zu erscheinen, doch alles, was sie schaffte, war, mich flehend anzusehen.

Daisy war für mich um die halbe Welt gereist, dachte ich. Für mich fühlte sich ein Gang auf die Bühne wie eine fast ebenso lange Reise an. Doch ich entschied, dass ich es tun könnte, und für Daisy tun würde.

Also schluckte ich die aufbrausende Panik herunter und sagte: »Ja. Bitte.«

5

»Also ehrlich!«, sagte Daisy später. »Ist das nicht herrlich aufregend? Miss Crompton hat das Rue berühmt gemacht. Ihre Inszenierung von Hamlet mit Archibald Duke lief beinahe drei Monate, und Hilda Dove meint, sie hätte ihr ihre ganze Karriere zu verdanken!«

»Was sind das für Leute?«, fragte ich. »Ist Hilda Dove ein richtiger Name? Woher weißt du das alles, Daisy?«

»Hilda Dove wurde natürlich nicht als Hilda Dove geboren. Die meisten Schauspieler suchen sich bessere Namen aus, wenn sie erst auf die Bühne gehen – wer würde sich schon jemanden ansehen wollen, der Bertha Jones heißt? Und ich weiß das alles wegen Bertie«, erklärte Daisy, während sie lässig mit der Hand wedelte. »Er ist ganz besessen davon, und ich klaue mir seine Theaterzeitschriften. Schließlich weiß man nie, welches Wissen sich einmal als nützlich herausstellen könnte – wie man ja sieht.«

»Aber Geheimcodes wolltest du nicht lernen!«, nörgelte ich.

»Das sind Informationen, um die du dich kümmerst«, entgegnete Daisy. »Würde ich sie ebenfalls lernen, würde das nur unnötig Raum in meinem Hirn einnehmen. Jedenfalls, Hazel, weiß ich daher alles über Miss Crompton und das Rue. Sie ist wirklich brillant – vor zwanzig Jahren, als es damit den Bach runterging, hat sie es aufgekauft und daraus die Bühne schlechthin gemacht, auf der man sich Shakespeare ansieht. Sie hat mit Inigo Leontes und Linda Torrence gearbeitet – und nun wird sie mit Daisy Wells arbeiten! Und mit Hazel Wong natürlich. Aber im Ernst, ich finde, sie hätte dir eine bessere Rolle geben können, als die des dümmlichen Dieners Schmorpfanne!«

»Ist schon in Ordnung!«, sagte ich. »Du weißt, ich bin keine Schauspielerin, Daisy. Das macht mir gar nichts aus.«

Tat es aber doch, auch wenn ich das Daisy gegenüber nicht zugeben konnte. Schmorpfanne, meine Rolle, tritt als Diener der Capulets in der Villa der Capulets vor der großen Feier auf, bei der sich Romeo und Julia zum ersten Mal begegnen. Der Part ist winzig – aber nicht so winzig, wie ich gehofft hatte. Denn ich hatte feststellen müssen, dass es dazu Text gab.

»Wir können nicht hier und dort zugleich sein …«, zitierte Daisy grinsend, als hätte sie meine Gedanken erraten. »Ich denke doch, selbst du bekommst das hin. Ach, das ist wirklich ein Spaß. Warte nur, bis ich George davon erzähle –!«

»Wenn du zu George oder Alexander auch nur ein Wort sagst, rede ich nie wieder mit dir!«, sagte ich atemlos.

Der Gedanke, Alexander könnte herausfinden, dass man mich dazu zwang, einen Jungen namens Schmorpfanne zu mimen, machte mich ganz schwindelig, sodass mir richtig übel wurde. Selbstverständlich war auch eine von Daisys Rollen ein Junge, doch ich wusste, dass Daisy als Paris’ Page in Strumpfhose und Wams einfach hinreißend aussehen würde, kein bisschen wie ein Junge.

Zum zehnten Mal redete ich mir ein, dass Daisy das hier brauchte. In Hongkong, auch wenn sie es nicht zugab, war ihre ganze Welt auf den Kopf gestellt worden. In Hongkong war ich die Wichtige gewesen. Ich war dort berühmt, und ich wusste, es hatte ihr alles abverlangt, das zu ertragen. Die Daisy von vor zwei Jahren hätte es nicht gekonnt. Also schuldete ich es ihr, zu beweisen, dass auch ich eine wahre Freundin sein konnte – selbst wenn es bedeutete, dass ich die nächsten Wochen den Schmorpfanne spielen musste, während Daisy die schöne Rosalinde war, die wie ein Juwel über die Bühne schwebte. Als Engländerin, kam mir der Gedanke, wäre Rosalinde auch eine Ehrenwerte gewesen. Betrachtete man sich die Rollen, die man uns zugeteilt hatte, war sehr deutlich, wer von uns die Vorsitzende unserer Detektei war und wer lediglich Schriftführerin.

»Na schön!« Mit gespieltem Entsetzen hob Daisy die Hände. »Ich werde keinem etwas verraten! Detektei-Ehrenwort. Aber mir geht es doch auch nicht besser. Für den Pagen muss ich eine Menge Text lernen und als Rosalinde muss ich mich von einem widerlichen alten Kerl anglotzen lassen.«

»Romeo ist doch nicht alt, oder?«, fragte ich.

»Ist nicht ausgeschlossen«, sagte Daisy finster. »Morgen lernen wir den Rest des Ensembles kennen.«

Als wir am nächsten Tag ins Rue kamen, brachte Bridget uns wie angewiesen durch den Bühneneingang. Das ist eine kleine schwarze Tür in einer roten Ziegelmauer auf der Rückseite des Theaters, leicht zu übersehen, es sei denn, man sucht danach. Es war, als würde man den Geheimen Garten von Frances Hodgson Burnett betreten, nur viel nervenaufreibender.

Daisy stieß die Tür auf und wir fanden uns in einem warmen kleinen holzvertäfelten Raum wieder, in dem ein alter Mann in einem winzigen Kämmerchen rechts von uns hockte, genau wie vergangenen Winter der Portier im Maudlin College. Er hatte weißes Haar, das nach allen Seiten abstand, und einen kratzig wirkenden kleinen Bart, der aussah, als hätte er ihn seit Tagen nicht gestutzt.

»Hallo«, sagte er und blickte uns mit wachen blauen Augen an. »Und mit wem habe ich das Vergnügen?«

»Wir gehören zum Ensemble«, antwortete Daisy und machte sich groß. »Ich bin Rosalinde und der Page von Paris. Und mit wem haben wir das Vergnügen, wenn ich fragen darf?«

»Jim Cotter.« Der Alte musterte Daisy. »Ich bin hier der Bühnenportier. Ich bin immer hier, Tag und Nacht. Wer ins Rue will, muss erst zu mir und sich in mein Buch eintragen. Ich wohne hier, ich schlafe hier und ich hab sogar hinten im Kopf Augen. Einmal unterschreiben, wenn ich bitten darf.«

Daisy schrieb mit fließenden Buchstaben ihren Namen und reichte den Stift anschließend an Bridget weiter.

»Daisy Wells und Hazel Wong«, las Jim und schaute von einer zur anderen. »Na schön. Sie sind in …« Er linste auf ein Klemmbrett, das vor ihm lag. »Garderobe sieben. Da links die Treppe hoch und dann die Stufen neben dem Aufzug rauf. Aber nicht den Lift benutzen! Der funktioniert schon den ganzen Monat nicht und zurzeit haben wir kein Geld, ihn reparieren zu lassen. Auf der rechten Seite sehen Sie dann eine ganze Reihe von Umkleiden. Wird nicht schwierig sein, Ihre zu finden. Dann mal los und machen Sie keinen Unfug.«

»Danke«, flüsterte ich.

Plötzlich war ich richtig schüchtern. Jim war so geschäftsmäßig, dass mir – auf ziemlich einschüchternde Art – klar wurde, wie erwachsen es war, ein Teil des Rue zu werden. Daisy war im April fünfzehn geworden, aber mein Geburtstag war erst im Sommer, und in diesem Moment kam mir der Unterschied enorm vor.

Daisy schritt an Jim vorbei, als wäre sie auf dem Weg zu einer atemberaubenden Party, und ich trippelte hinterher.

Wir tappten einige Stufen hinauf, die uns nach links in ein Treppenhaus brachten. Die steinernen Stufen führten um einen schmalen Aufzug herum, einmal nach oben, einmal nach unten. Wir stiegen aufwärts, bis wir in einem niedrigen und engen Korridor mit Gasbeleuchtung und jeder Menge Türen zu unserer rechten Seite ankamen. Hier fühlte ich mich gleich ein wenig wohler, denn es erinnerte mich an die kleineren Deepdean-Flure, dunkel und vollgestopft mit alten Möbeln.

Garderobe 7 war in der Reihe fast die letzte. Sie war sehr klein und der Gasbrenner darin zischte. Außerdem roch es komisch und intensiv, irgendwie nach Farbe. Es gab zwei Spiegel, eingerahmt von flackernden Gaslampen, und eine Kleiderstange für Kostüme. Vor einem der Spiegel lag jede Menge Schminke verstreut und an der Kleiderstange hingen verschiedene dunkle Roben. Es sah ganz danach aus, als würde das Zimmer bereits von jemandem benutzt, der nur kurz verschwunden war.

Wieder und stärker als zuvor bekam ich das Gefühl, hier nicht herzugehören. Automatisch machte ich einen Schritt rückwärts, prallte aber nur gegen Bridget, die mich grummelnd wieder nach vorn schob.

»Ich glaube, das Zimmer gehört schon jemandem, Daisy«, flüsterte ich nervös. »Es hat wohl eine Verwechslung gegeben. Was riecht hier so?«

»Ach, das ist das Zeug, mit dem man die Theaterschminke wieder loswird«, erklärte Daisy wissend. »Es riecht schrecklich beißend, nicht? Und stell dich nicht so dumm an – wir teilen uns die Garderobe nicht. Vermutlich stammt das alles noch vom letzten Stück – Maß für Maß war es, glaube ich. Nein, nein, sicher haben wir unsere eigene Umkleide, ganz bestimmt.

Hör zu, Hazel, ich muss dir etwas Wichtiges sagen. Ich habe mir die Seite angesehen, auf der wir uns eintragen mussten, und ich glaube, ich habe herausgefunden, wer die Julia spielt: Rose Tree! Natürlich nicht ihr richtiger Name, nur ein recht albernes Künstlerpseudonym – aber sie ist berühmt! Erst letztes Jahr hat sie RADA verlassen, doch ganz London ist schon völlig verrückt nach ihr. Bertie hat sie im Lyric in Happy Families gesehen und mir in einem Brief von ihr vorgeschwärmt. Ooh, noch dazu hat sie eine faszinierende Vergangenheit. Mit gerade mal dreizehn hat sie ihre Eltern verloren! Stell dir das vor, so ein Glück!«

»Daisy!«, schimpfte ich.

Vorhin war hinter uns die Garderobentür zugefallen, doch in diesem Augenblick öffnete sie sich knarzend. Als ich in den Spiegel vor uns schaute, entdeckte ich eine junge Frau. Sie war fast so groß wie Daisy, hatte dunkelbraunes Haar, das sie aus dem Gesicht gekämmt trug, und große braune Augen. Sie sah kaum erwachsen aus. Eigentlich, stellte ich fest, sah sie höchstens alt genug aus, um zur Universität zu gehen, vielleicht sogar ein bisschen jünger als Bertie. Sie hatte einen breiten Mund, den sie mürrisch verzog, als sie uns entdeckte, und dramatisch dunkle Augenbrauen.

»Was habt ihr in meiner Garderobe zu suchen?«, fragte sie. Sie sprach mit einem ganz leichten Akzent, der nicht britisch war, doch einordnen konnte ich ihn nicht.

»Verzeihung! Das hier ist unsere Garderobe!«, rief Daisy, während sie zu ihr herumfuhr und entrüstet den Mund aufriss. »Umkleide sieben. Jim hat sie uns zugewiesen.«

»Frances! Jetzt sind auch noch Kinder in meiner Garderobe!«, rief das Mädchen, als es sich in den Flur hinauslehnte. »Frances! Frances! Das ist zu viel!«

Ich spürte, wie auch mir der Mund aufklappte. Daisy war vor Empörung ganz starr. Auf ihren Wangen hatten sich rosa Flecke gebildet. Sie mag es gar nicht, ein Kind genannt zu werden.

Ich hörte Stimmen, dann drängte das Mädchen wieder ins Zimmer, gefolgt von Miss Crompton.

»Siehst du! Sie behaupten, es wäre ihre Umkleide!«, beschwerte sie sich und zeigte wütend auf uns.

»Nun, das stimmt ja auch. Ich habe sie hier einquartiert, Martita, Darling«, sagte Miss Crompton. »Sie sind die neuesten Mitglieder des Ensembles und irgendwo müssen sie sich umziehen. Außerdem brauchen sie jemanden, der ihnen dabei hilft, sich im Theater zurechtzufinden, und ich dachte, das könntest du übernehmen.«

»Aber es sind Kinder! Sie haben ein Kindermädchen!«, rief Martita und zeigte auf Bridget.

»Ich bin kein Kindermädchen«, erwiderte Bridget gelassen. »Ich arbeite als Hausmädchen und erfülle die Aufgabe, die mein Arbeitgeber mir aufgetragen hat, nämlich die Mädchen zum Theater zu bringen und sicherzustellen, dass es ihnen gut geht. Nachdem ich das erledigt habe, widme ich mich meinen eigentlichen Pflichten. Heute Abend um sieben hole ich sie ab.«

»Danke, Bridget. Nun sei nicht unverschämt, Martita«, sagte Miss Crompton, als Bridget sich mit einem Nicken von uns beiden verabschiedete. »Ich bitte dich darum und du wirst es machen.«

»Das ist alles nur Roses Schuld!«, zischte Martita zornig und stampfte sogar mit dem Fuß auf. »Sie klaut meine Rolle, sie klaut meine Garderobe und jetzt soll ich auch noch Kinder hüten!«

»Die Diskussion ist hiermit beendet«, sagte Miss Crompton streng, als wäre Martita nicht älter als wir. »Außerdem wird es dir bei deiner Rolle helfen. Du wirst eine wundervolle Amme abgeben, Darling, und Rose eine wundervolle Julia. Inigo und ich sind uns einig, dass es ein sehr starkes Klassen-Statement ist, wenn die Amme und Julia gleich alt sind. Und jetzt will ich euch alle vernünftig vorstellen. Daisy, Hazel, das ist Martita Torrera.«

»Es ist ein Künstlername«, erklärte Martita schmollend und verschränkte die Arme. »Nicht echt. Eigentlich bin ich Portugiesin, keine Spanierin.«

»Ganz recht, Darling, es will nun einmal niemand eine Schauspielerin sehen, die schlicht Marta Pao heißt. So läuft es nun einmal im Showbusiness, und das weißt du. Spanien ist jedem ein Begriff, außerdem hast du absolut das Zeug dazu, wie eine spanische Schönheit auszusehen, wenn wir dich erst in hohe Absätze stecken.«

Martita rollte mit den Augen und schnitt eine Grimasse.

»Nun alle hergehört! In zehn Minuten beginnt die Probe. Ich erwarte euch auf der Bühne. Daisy, Hazel, die nächsten drei Tage laufen noch mit Textbuch, damit bleibt euch etwas Zeit bis zur Stellprobe und dafür, die Grundlagen zu lernen – aber bis Ende der Woche erwarte ich Textsicherheit.«

Sie verließ das Zimmer und schloss hinter sich die Tür. Nun waren wir mit Martita allein.

»Was ist eine Stellprobe?«, flüsterte ich Daisy zu.

»Im Ernst?!«, schnaubte Martita.

Sie drehte sich zu uns um, die Arme noch immer verschränkt. Ich überlegte, ob sie sich ärgerte, weil sie so tun sollte, als stamme sie aus einem anderen Land. Manchmal fragen mich die Leute, ob ich Japanerin bin, und mich macht das immer fuchsteufelswild.

»Wisst ihr denn gar nichts? Habt ihr noch nie Theater gespielt?«

»Nein«, antwortete ich kleinlaut. »Nein, wir … wir sind nicht …«

Ich musste sehr tief einatmen und mir in Erinnerung rufen, dass ich doch tapfer war.

»Wie alt seid ihr überhaupt?«, wollte Martita wissen. Auf einmal lag in ihrer Miene ein freundlicher Ausdruck.

»Ich bin fünfzehn«, sagte Daisy. »Schon seit Ewigkeiten, und Hazel wird schrecklich bald fünfzehn sein, nicht wahr, Hazel? Und wir kennen uns aus mit dem Theater, Ehrenwort. Sie werden schon sehen – wir werden großartig sein!«

Sie starrte Martita an und das Rot in ihren Wangen wurde tatsächlich noch intensiver.

6

Martita führte uns aus der Umkleide zur Probe auf die Bühne. Ich rechnete fest damit, dass Daisy mit mir tuscheln und sich über ihre Unhöflichkeit beschweren würde, doch Daisy hielt den Mund und betrachtete gedankenverloren Martitas Hinterkopf. Dass Daisy ruhig war, machte mir nichts aus – mir schlotterten vor lauter Aufregung die Knie, während ich eine Panikattacke nach der anderen hatte.

Wir bahnten uns einen Weg über die Seitenbühne, bis ich erneut ins Scheinwerferlicht trat.

Doch es stellte sich als weniger schrecklich heraus als das Vorsprechen, denn diesmal war die Bühne voller plaudernder, lachender, lärmender, dicht gedrängter Menschen. Irgendwie fühlte sich das sehr vertraut an.

Eine Zeit lang wollte mir nicht eingehen, warum, doch dann begriff ich: Die Leute auf der Bühne mochten erwachsen sein (oder zumindest älter als wir), aber so eng wie sie zusammenstanden und sich unterhielten – erinnerten sie mich an Deepdean-Schülerinnen zu Beginn des neuen Schuljahrs. Es hatten sich bereits Grüppchen gebildet, wie damals in der Neunten, als ich neu an die Deepdean kam. Im Rue waren Daisy und ich die Neuen.

Erleichtert atmete ich auf. Das war in Ordnung. Ich wusste, wie man abwartete und beobachtete, bis man die Lage verstand. Außerdem half es, dass alle anderen so aussahen, als wären sie es gewohnt, als würde jeden Moment der Scheinwerfer auf sie gerichtet. Ihre Kleidung war so prächtig, dass ich erst nach einer Weile die Aufnäher an den Knien und die Risse in den Aufschlägen bemerkte, die vielen Stellen, an denen schon zweifach geflickt worden war, mit leicht unterschiedlichen Fäden. Die Männer trugen allesamt grellbunte Halstücher, die Haare recht lang, und sie sahen schrecklich ästhetisch aus (ich musste an Bertie und Harold in Cambridge denken). Und die Frauen hatten wahnsinnig viel Make-up aufgelegt.

Martita schaute noch einmal zu uns – dann seufzte sie und rollte mit den Augen.

»Na kommt schon«, sagte sie. »Ich denke, ich sollte euch dem Rest vorstellen. Aber vergesst nicht, freiwillig mache ich das nicht!«

Trotz ihrer harschen Worte sah sie uns freundlich an – und ebenso freundlich war ihr Angebot, uns vorzustellen. Ich fragte mich, ob Martita die Sorte Mensch war, die bellte, aber nicht wirklich biss, wie unsere Freundin Lavinia.

Sie zerrte uns über die Bühne zu einem kleinen, untersetzten Mann mit dunkler Haut. Auf seinem breiten Gesicht lag ein Lächeln, er hatte kurzes dunkles Haar und trug ein Hemd und bunte Hosenträger. Auch er sah für einen Erwachsenen sehr jung aus, nur wenige Jahre älter als Martita. Als er sie entdeckte, breitete er die Arme aus. Sie fiel ihm um den Hals und küsste ihn auf die Wange.

»Simon!«, rief sie.

Ich überlegte, ob sie ein Liebespaar waren, und merkte Daisy an ihrer finsteren Miene und den zu Schlitzen verzogenen Augen an, dass sie dem gleichen Gedanken nachging. Doch dann plauderten sie wild drauf los, über Leute, von denen ich noch nie im Leben gehört hatte, steckten die Köpfe zusammen wie unsere Schulfreundinnen Kitty und Küken, und mir wurde klar, dass sie einfach nur sehr eng befreundet waren. Wenn Martita sich diesen freundlich wirkenden Menschen zum Verbündeten ausgesucht hatte, war sie vielleicht sogar richtig nett.

»Daisy, Hazel, das ist Simon Carver«, wandte sich Martita uns endlich zu. »Wir waren gemeinsam in der letzten Produktion, in Maß für Maß. Simon, diese beiden Mädchen gehören angeblich ab sofort zum Ensemble. Und ich darf auf sie aufpassen.«

»Oh, na so was, ihr Armen«, sagte Simon mit einem amerikanischen Akzent, der mir durch Mark und Bein ging, weil er dem von Alexander so ähnlich war. »Martita ist furchtbar.« Doch dabei zwinkerte er grinsend, und Martita, die ihn gegen die Schulter boxte, schaute gleichzeitig wütend und liebevoll drein.

»Ist natürlich nur Spaß. Martita ist fantastisch und wir sind die besten Freunde – inmitten all dieser Engländer müssen wir zusammenhalten.«

»Und ob«, sagte Martita und ihre Mundwinkel wanderten aufwärts. »Aber es ist grässlich, Simon. Wirklich! Erst hat sich Rose die gute Garderobe unter den Nagel gerissen und jetzt muss ich mir meine auch noch mit den beiden hier teilen.«