Mr. Bad Love - Nancy Salchow - E-Book
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Mr. Bad Love E-Book

Nancy Salchow

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Beschreibung

Der charmante Rafael hat mit dem Verkauf seiner Internetfirma Millionen verdient. Seitdem genießt er sein Leben in vollen Zügen, geprägt von Geld und belanglosen Affären. Doch macht ihn dieses Leben wirklich glücklich? Neila, die sich vor neun Jahren zwischen Rafael und seinem Bruder Tobin entscheiden musste, kehrt sechs Jahre nach Tobins viel zu frühem Tod mit ihrem kleinen Sohn Lian in ihre Heimat am Meer zurück. Als sie dort auf ihre Jugendliebe Rafael trifft, reißt dies augenblicklich alte Wunden bei ihr auf. Was hat Rafael zu diesem oberflächlichen Frauenhelden werden lassen? Trauert er wie sie um seinen Bruder Tobin oder steckt etwas ganz anderes hinter seiner distanzierten Persönlichkeit, die nichts mehr mit dem Mann gemeinsam hat, dem sie einst ihr Herz schenkte? Derselbe Mann, der sie damals ohne Begründung verließ und in die Arme von Tobin trieb? Auch wenn sofort dasselbe erotische Feuer wie damals zwischen ihnen aufflammt, ist die Mauer aus Geheimnissen, Schuldgefühlen und Schmerzen der Vergangenheit, die zwischen ihnen steht, nur schwer zu durchbrechen. Lediglich dem kleinen Lian gelingt es, Rafaels Fassade wenigstens für kurze Zeit zum Einsturz zu bringen. Aber ist Neila stark genug, um Rafaels Geheimnissen auf den Grund zu gehen? Und wird sie trotz aller Prinzipien erneut der alten Sehnsucht nach ihm verfallen? Dieses Buch enthält sehr eindeutige und leidenschaftliche Szenen. In sich abgeschlossener Einzelroman. Keine Serie.

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Inhaltsverzeichnis

Über das Buch

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Epilog

Impressum

Nancy Salchow

___________________________

Mr. Bad Love

Verdrängte Sehnsucht

Roman

Über das Buch

Der charmante Rafael hat mit dem Verkauf seiner Internetfirma Millionen verdient. Seitdem genießt er sein Leben in vollen Zügen, geprägt von Geld und belanglosen Affären. Doch macht ihn dieses Leben wirklich glücklich?

Neila, die sich vor neun Jahren zwischen Rafael und seinem Bruder Tobin entscheiden musste, kehrt sechs Jahre nach Tobins viel zu frühem Tod mit ihrem kleinen Sohn Lian in ihre Heimat am Meer zurück. Als sie dort auf ihre Jugendliebe Rafael trifft, reißt dies augenblicklich alte Wunden bei ihr auf.

Was hat Rafael zu diesem oberflächlichen Frauenhelden werden lassen? Trauert er wie sie um seinen Bruder Tobin oder steckt etwas ganz anderes hinter seiner distanzierten Persönlichkeit, die nichts mehr mit dem Mann gemeinsam hat, dem sie einst ihr Herz schenkte? Derselbe Mann, der sie damals ohne Begründung verließ und in die Arme von Tobin trieb?

Auch wenn sofort dasselbe erotische Feuer wie damals zwischen ihnen aufflammt, ist die Mauer aus Geheimnissen, Schuldgefühlen und Schmerzen der Vergangenheit, die zwischen ihnen steht, nur schwer zu durchbrechen. Lediglich dem kleinen Lian gelingt es, Rafaels Fassade wenigstens für kurze Zeit zum Einsturz zu bringen.

Aber ist Neila stark genug, um Rafaels Geheimnissen auf den Grund zu gehen? Und wird sie trotz aller Prinzipien erneut der alten Sehnsucht nach ihm verfallen?

Dieses Buch enthält sehr eindeutige und leidenschaftliche Szenen.

In sich abgeschlossener Einzelroman. Keine Serie.

Prolog

Das Wasser umspielt meine nackten Waden. Mit jedem Schritt, den ich mich vom Ufer entferne, wächst die Gewissheit, dass ich nicht hier sein sollte.

Was auch immer mich hergeführt hat, ich sollte einfach umkehren und diese verwirrenden Gefühle so schnell wie möglich vergessen. Doch noch während ich darüber nachdenke, was genau ich hier eigentlich tue, spüre ich seine Hand von hinten an meiner Taille.

»Warte«, ruft er.

Instinktiv bleibe ich stehen.

Als ich mich zu ihm umdrehe, kann ich sein Gesicht in der anbrechenden Dunkelheit nur schemenhaft erkennen, trotzdem haben seine Augen selbst jetzt noch dieselbe Wirkung auf mich.

»Wir sollten das nicht tun«, antworte ich.

»Wer sagt, was wir sollten und was nicht?« Er greift nach meinem Unterarm. »Es gibt einen Grund, warum wir hier sind. Und das weißt du auch.«

»Ich wünschte, es wäre so.« Ich schau hinab ins Wasser. »Aber die Wahrheit ist, dass das alles überhaupt keinen Sinn ergibt.«

»Muss denn alles unbedingt immer einen Sinn ergeben?« Er führt meine Hand zu seinen Lippen und küsst sie sanft.

»Für mich schon«, antworte ich leise.

Eine Weile schaut er mich schweigend mit seinen durchdringenden Augen an. Ein Blick, der das Ganze noch verwirrender für mich macht.

»Ich verstehe es doch selbst nicht«, sagt er schließlich. »Alles, was ich weiß, ist, dass ich dich brauche. Mehr als alles andere.«

In diesem Moment fallen alle Zweifel von mir ab. Alles, was übrigbleibt, ist ein Verlangen, das jede Logik ausblendet.

Seine Hände umschließen meine Wangen, während er mich sanft an mich zieht.

Gedankenverloren verliere ich mich in einem endlosen Kuss, während mich erneut die altvertraute Leidenschaft packt. Auch ihm scheint es so zu gehen; seine Erregung ist deutlich zu spüren und macht mich nur noch ungeduldiger.

Alles in mir schreit nach ihm und danach, ihn hier und jetzt mit Haut und Haaren zu spüren.

Seine Lippen wandern zu meinem Ohrläppchen und bringen mich beinahe um den Verstand.

»Ich habe dich vermisst«, flüstert er in meinen Nacken. »Und nicht zu haben, was ich vermisse, macht mich wahnsinnig.«

Doch anstatt ihm zu antworten, wandert meine Hand zu seinem Rücken. Instinktiv ziehe ich ihn fester an mich heran, während seine Küsse noch eindringlicher werden.

Je näher wir uns kommen, desto intensiver spüre ich seine kräftige Mitte an meiner, was meine Lust nur noch mehr ankurbelt.

Ist es richtig, ihn zu wollen? Hier und jetzt? Nach allem, was war?

»Ich glaube, dass ich den Verstand verliere«, flüstere ich ihm atemlos zu.

Doch als er den Finger auf meine Lippen legt und mich wortlos anlächelt, weiß ich, dass der Verstand in diesem Moment sowieso keinerlei Bedeutung hat.

Kapitel 1

Rafael

Ich betrachte ihren nackten Rücken, während sich ihr Kopf unter ihren Atemzügen sanft auf dem Kissen auf und ab bewegt. Ihre blonden Strähnen wirken an diesem Morgen heller als im gedämmten Barlicht am Abend zuvor.

Auf meinen Ellbogen gestützt betrachte ich sie schweigend.

Ist es schon zu früh, einfach aufzustehen und zu verschwinden?

Ich schaue zum Fenster herüber. Durch den Spalt des Vorhangs stiehlt sich die grelle Morgensonne.

Einen Moment zögere ich noch, dann kann ich die innere Unruhe nicht länger unterdrücken. So lautlos wie möglich schiebe ich die Bettdecke zur Seite und bücke mich nach meinen Shorts.

Gerade als ich mich hinstelle, um sie überzustreifen, dreht sie sich verschlafen zu mir um.

»Hey.« Sie reibt sich mit der Hand übers Gesicht. »Du bist schon wach?«

Ich greife nach meinen Jeans. »Schlaf weiter. Ich wollte dich nicht wecken.«

»Soll ich uns einen Kaffee kochen?« Sie lächelt müde.

»Nur keine Umstände. Ich habe eh keine Zeit.«

»Keine Zeit?« Sie streicht sich eine Strähne aus der Stirn. »Und ich dachte, wir starten direkt eine neue Runde.« Sie lässt die Bettdecke ein paar Zentimeter nach unten rutschen, um den Blick auf ihre nackten Brüste freizugeben.

Für einen kurzen Moment spiele ich mit dem Gedanken, der Versuchung nachzugeben, doch die Vernunft ist stärker.

»Wir waren uns doch einig, dass es eine einmalige Sache bleiben wird.« Ich ziehe mein Hemd von der Lehne ihres Schminksessels.

»Stimmt.« Sie öffnet verführerisch den Mund. »Aber wer kann zu einem kleinen Dessert am nächsten Morgen schon Nein sagen?«

Ich betrachte sie skeptisch. War sie am Abend zuvor nicht viel geheimnisvoller? Gerade die Tatsache, dass sie kaum etwas gesagt hat, hatte mich so zu ihr hingezogen. Frauen, die wenig reden, wissen in der Regel besonders genau, was sie wollen. Und Frauen, die wissen, was sie wollen, halten sich an Deals, die man mit ihnen abschließt.

»Wirklich eine nette Idee.« Ich beginne, mein Hemd zuzuknöpfen. »Aber ich muss jetzt wirklich los. Tut mir leid.«

Sie lässt sich zurück aufs Kissen fallen und grinst. »Auch gut. Dann kann ich noch ein paar Stunden Schlaf nachholen, bevor ich ins Restaurant muss.«

Restaurant? Ist sie Kellnerin? Köchin? Andererseits, welche Rolle spielt schon ihr Job, wenn wir uns eh nie wiedersehen werden?

»Unten müsste noch frisches Obst sein«, murmelt sie in ihr Kissen. »Nimm dir gern was für unterwegs mit.«

»Nett von dir.« Ich öffne die Schlafzimmertür. »Aber ich habe keinen langen Heimweg.«

Kapitel 2

Neila

Ich klappe die Sonnenblende herunter und schaue mit schmalen Augen auf die weitläufige Landstraße vor mir. Trotz Sonnenbrille ist das Licht an diesem Julivormittag besonders grell, fast so, als wollte die Sonne uns einen ganz besonders herzlichen Empfang bereiten.

»Wann sind wir denn endlich da?«, mault Lian vom Rücksitz.

Ich werfe einen flüchtigen Blick in den Rückspiegel und betrachte ihn mit einem Anflug von Wehmut. Ich sollte dringend mit ihm zum Friseur. Die goldblonden Wuschellocken fangen bereits an, ihm ins schmale Gesicht zu fallen – und verstärken die Ähnlichkeit mit seinem Vater auf eine Weise, die mir immer wieder aufs Neue einen Stich ins Herz versetzt.

»Mamaaaa?«, wiederholt er ungeduldig.

»Jetzt dauert es nicht mehr lange.« Ich schaue zurück auf die Straße vor uns. »Nur noch ein paar Minuten.«

»Das hast du vorhin auch schon gesagt.«

»Das war ja auch erst vor zwei Minuten.« Ich lache. »Keine Sorge, Lian, wir kommen noch früh genug an.«

»Ich muss mal aufs Klo«, jammert er.

»Weißt du eigentlich, dass du heute eine ganz besondere Nervensäge bist, du kleiner Räuber?«

Er seufzt. »Aber wenn ich doch so dringend muss ...«

»Wir waren vor nicht mal einer Stunde an der Raststätte, da hast du mir hoch und heilig geschworen, dass du bis Rerik locker durchhältst und überhaaaaaaupt nicht aufs Klo müsstest. Es sind keine fünf Minuten mehr, bis wir da sind – die hältst du doch noch durch, oder?«

»Aber nur, wenn es auch wirklich nur fünf Minuten sind.«

Insgeheim muss ich über seine Argumente schmunzeln. Nicht zu fassen, dass er schon acht ist. Nicht mehr lang und ich werde Schwierigkeiten haben, mit seinen Gegenkommentaren mithalten zu können.

Im Augenwinkel nehme ich den vertrauten Anblick weitläufiger Felder und Waldstücke wahr, die sich auf beiden Straßenseiten in endlose Weiten erstrecken. Die Ostsee ist in der Ferne nur zu erahnen, doch allein die Gewissheit, dass sie nur noch wenige Kilometer entfernt ist, erfüllt mich mit einem tiefen Heimatgefühl.

»Und das Haus gehört jetzt wirklich uns?«, fragt Lian.

»Ja, mein Großer – wir haben es geerbt.«

»Was ist geerbt?«

»Na ja, wenn jemand für immer einschläft, weil er schon gaaaanz alt ist, dann schreibt er vorher auf, wer mal sein Hab und Gut bekommen wird.«

»Und das hat jemand gemacht?«

»Ja, deine Uroma. Das habe ich dir doch schon erklärt. Schon vergessen? Das war die Oma von deinem Papa. Sie war schon sehr alt.«

»Aber die kannte uns doch gar nicht.«

»Doch, Lian, du hast sie sogar schon mal gesehen. Ist schon ein paar Jahre her. Als ich noch hier gewohnt habe, stand sie mir sehr nah. Ich war sehr oft bei ihr.«

Dass ich insgeheim vermute, dass Lisa mir das Haus nur deshalb vererbt hat, um mich wieder zurück in die Heimat zu holen, behalte ich dabei für mich.

»Deine Uroma war außerdem die Mutter von Oma Victoria«, erkläre ich.

»Ach ja? Sehen wir denn Oma Vicky auch wieder?«

Ich nicke. »Genau wie deinen Opa. Sie wohnen beide im selben Ort.«

Lian atmet geräuschvoll aus. »Und was, wenn mir die Schule nicht gefällt?«

»Das sagst du nur, weil jetzt noch alles ganz neu ist. Aber bis die Sommerferien vorbei sind, sind es noch ein paar Wochen. Bis dahin hast du bestimmt schon neue Freunde gefunden, vielleicht sogar jemanden, der auch in deine Klasse geht.«

Im Rückspiegel sehe ich, wie er einen Schmollmund macht und schweigend aus dem Fenster schaut.

Wieder überkommt mich das schlechte Gewissen. War es wirklich klug, ihn aus seiner gewohnten Umgebung zu reißen?

Mach dir keine Vorwürfe. Nur der Anfang ist ungewohnt – irgendwann wird er dir dankbar sein, an der Ostsee aufwachsen zu dürfen.

»Und Papa ist wirklich hier aufgewachsen?«, fragt Lian.

»Das ist er. Genau wie ich. Wir haben es geliebt, hier zu wohnen. Und du wirst es ganz sicher auch lieben.«

»Und warum seid ihr dann nach Münster gezogen, wenn es hier angeblich so toll ist?«

»Dein Papa hatte damals ein sehr gutes Jobangebot, weißt du? Deshalb sind wir nach Münster gezogen. Wir hatten eigentlich nie gedacht, so lange dort zu bleiben. Immer wieder hat er davon gesprochen, irgendwann wieder hier zu leben. Er hat die Ostsee geliebt, genau wie ich.«

Ich schlucke den Kloß in meinem Hals herunter. Was für eine tragische Ironie, dass Tobin sich diesen Traum nicht mehr erfüllen konnte. Dass er seine Heimat nie wiedersehen wird.

»Und wie lange dauert es jetzt noch, bis wir da sind?« Er rutscht ungeduldig in seinem Sitz umher.

»Siehst du die Abzweigung da vorn? Da, wo die Birken stehen?«

Lian steckt den Kopf zwischen die Vordersitze und schaut durch die Frontscheibe. »Ja.«

»Da biegen wir gleich ab – und dann sind es nur noch wenige Meter bis zu unserem neuen Haus.«

Neugier überkommt ihn. »Und es gehört wirklich uns?«

»Ja, mein Schatz.« Ich lache. »Zum hundertsten Mal: Es gehört uns.«

»Und hat es auch einen Garten? Mit einer Schaukel und so?«

»Einen sehr schönen Garten sogar. Und falls es dort keine Schaukel gibt, stellen wir eben eine auf.«

Als wir auf das schmale Kopfsteinpflaster einbiegen, steigt auch in mir langsam die Nervosität.

Bin ich wirklich bereit für diesen Schritt? Genügt es wirklich, alle alten Brücken hinter uns abzuschlagen, um dadurch wie von Zauberhand wieder hier zu Hause zu sein?

Wir lassen eine kleine Wohnsiedlung hinter uns, hier und da bricht eine alte Eiche das Bild.

Am Ende der Straße sehe ich es endlich stehen.

Himmelblaue Fassade, eine sonnengelbe Tür, zwei Stockwerke, Spitzdach. Fast schon kitschig, aber dennoch – oder gerade deshalb – bezaubernd schön.

Als ich den Wagen neben dem Haus zum Stehen bringe, schiebt Lian erneut den Kopf zwischen die Autositze.

»Ist es das?«, fragt er aufgeregt.

Ein kleines Lächeln schleicht sich auf meine Lippen.

»Ja, mein Schatz«, ich fahre ihm mit den Fingern durchs Haar, »das ist es.«

Kapitel 3

Rafael

»Nicht so viel, Mama.« Ich lege die Hand über den Teller, als sie mir gerade die dritte Kelle Eintopf auffüllen will.

»Ach komm schon, mein Junge. Wenn du schon mal zum Essen kommst, musst du mir auch erlauben, dich zu verwöhnen.« Sie verschiebt beleidigt die Mundwinkel.

»Na gut.« Ich nehme grinsend die Hand vom Teller. »Wenn es dich glücklich macht.«

Zufrieden befüllt sie meinen Teller und setzt sich mir gegenüber an den kleinen Holztisch. »Ist das nicht ein herrliches Wetter? Ich bin so froh, dass wir endlich mal wieder im Garten essen können.« Sie nimmt einen Schluck aus ihrem Wasserglas. »Schade nur, dass dein Vater arbeiten muss. Gerade gestern Abend hat er noch darüber geschimpft, dass wir dich viel zu selten sehen. Man könnte glatt vergessen, dass du im Nachbarort wohnst, Rafael.«

»Du weißt, dass ich viel zu tun habe, Mama.«

»Viel zu tun? Du hast deine Firma vor ein paar Jahren verkauft. Seitdem arbeitet dein Geld für dich – das waren deine Worte, mein Lieber.«

»Trotzdem erwerbe ich immer wieder Anteile an anderen Firmen. Das alles muss sehr genau getaktet und durchdacht sein.«

Sie hebt skeptisch die Augenbrauen, während sie schweigend auf ihrem Teller herumrührt. Der Ansatz ihres schulterlangen, kastanienbraunen Haars schimmert silbern, was mir einmal mehr in Erinnerung ruft, dass sie bereits die Sechzig überschritten hat. Ihre sportliche Figur und das herzliche Lachen lassen sie jedoch höchstens wie Anfang fünfzig wirken.

»Du solltest dir nicht immer so viele Sorgen um mich machen«, sage ich, sehr wohl wissend, was ihr wieder mal durch den Kopf geht.

»Ich mache mir keine Sorgen.« Sie führt den Löffel zum Mund, während sie nach den richtigen Worten sucht. »Ich frage mich nur, ob es dich wirklich glücklich macht, keine richtige Aufgabe zu haben.«

Ich lache. »Alle Mütter machen sich Sorgen, ob ihre Kinder eine vernünftige Ausbildung haben und später genügend Geld verdienen werden. Aber du bist echt eine sehr interessante Ausnahme, Mama. Ich habe mehrere Millionen mit dem Verkauf meines Unternehmens gemacht – und du guckst mich trotzdem jedes Mal an, als wäre ich ein drogensüchtiger Rumtreiber, der gerade so über die Runden kommt.«

»Du weißt, dass ich stolz auf dich bin.« Sie neigt den Kopf zur Seite, den Blick noch immer fest auf mich gerichtet. »Aber ich glaube einfach, dass jeder Mensch eine Aufgabe im Leben braucht. Du musst doch neue Ideen haben, Pläne – irgendetwas, das dich morgens dazu bringt, das Haus zu verlassen.«

»Es geht mir gut, Mama.« Ich streichele ihre Hand. »Wirklich. Nur weil ich zum Arbeiten nicht das Haus verlassen muss, heißt das nicht, dass ich nichts zu tun habe. Andere Leute wären froh, wenn sie sich der täglichen Hamsterrad-Maschinerie entziehen und einfach ihren Traum leben könnten.«

»Aber du wirkst immer so ernst, mein Junge.« Sie seufzt. »Früher warst du immer so voller Tatendrang, hast ständig wie ein Wasserfall über deine neuen Projekte geplappert. Und auch wenn ich davon immer nur die Hälfte verstanden habe, hat es mich glücklich gemacht, wenn du glücklich warst.«

»Ich bin glücklich.« Ich straffe meinen Rücken und nehme einen großen Löffel vom Eintopf. »Schon allein, weil es wahnsinnig guttut, niemals Geldsorgen zu haben. Und du weißt, falls Papa endlich in Rente gehen will, ich könnte euch finanziell unter die Arme greifen. Es wäre kein Problem, wenn er ...«

»Rente?«, fällt sie mir mit lautem Lachen ins Wort. »Du kennst doch deinen Vater. Man wird ihn schon mit Gewalt aus seinem Zug zerren müssen, um ihn zum Aufhören zu bewegen.«

»Ich weiß, dass er seinen Job liebt. Aber er wird nicht jünger – und ich würde mich freuen, endlich auch mal etwas Gutes für euch tun zu dürfen.«

»Uns geht es gut, mein Junge. Wir haben alles, was wir brauchen. Dieses riesige Haus am Strand mag ja zu dir passen, aber wir brauchen keinen Luxus. Uns reicht, was wir haben.«

»Ich rede ja auch nicht von Luxus, sondern ...« Ich lege den Löffel zur Seite. »Ach, nicht so wichtig. Tut mir leid, dass ich schon wieder davon angefangen habe.«

Schweigend lasse ich meinen Blick durch den farbenfrohen Garten schweifen. Weiße und rote Rosen auf der einen Seite, leuchtend gelbe Studentenblumen auf der anderen. Hier und da eine kleine Bank oder ein alter Eisenstuhl, die als Blumenuntersatz zweckentfremdet wurden. Buntes Chaos, das jedoch auf den zweiten Blick einer liebevollen Struktur unterliegt.

»Außerdem würde ich es niemals wagen, euer Leben ändern zu wollen«, sage ich schließlich. »Alles hier ist ganz genau so, wie es sein muss. Ich wollte euch nur ein wenig Druck nehmen, das ist alles.«

»Was für einen Druck? Das Haus gehört uns, zum Leben selbst brauchen wir nicht viel. Uns könnte es nicht besser gehen.«

Eine sanfte salzige Brise zieht von der Ostsee hoch und ruft mir einmal mehr in Erinnerung, dass ich viel zu lange nicht schwimmen war.

»Schon okay, Mama. Tut mir leid, dass ich davon angefangen habe.« Ich nehme einen weiteren Löffel. »Der Eintopf ist wirklich klasse.«

»Freut mich, dass es dir schmeckt.« Sie steht auf und greift erneut nach der Kelle, um mir nachzufüllen.

»Immer mit der Ruhe.« Ich lache. »Ich habe doch noch gar nicht aufgegessen.«

Seufzend legt sie die Kelle zurück und setzt sich wieder, was mich unweigerlich zum Grinsen bringt. Typisch Mutter! Immer denkt sie, dass ich jeden Moment verhungern oder auf die schiefe Bahn geraten werde.

Das zweite Mal innerhalb von zehn Minuten schaut sie auf ihre Armbanduhr.

»Musst du noch irgendwohin?«, frage ich.

»Nein nein. Ich frage mich nur, ob Neila und Lian schon da sind. Sie wollten im Laufe des Vormittags ankommen.«

Ich spüre, wie sich mein Magen verkrampft. Augenblicklich läuft es mir heiß und kalt den Rücken herunter, während sich mein Hals langsam zuschnürt.

Neila.

Allein ihr Name hat selbst nach neun Jahren noch immer nichts von seiner Macht verloren.

»Sie kommen heute?«, frage ich so gelassen wie möglich.

Sie nickt gedankenverloren. »Ja. Ich habe gestern Abend noch mit ihr telefoniert. Habe ich das nicht erzählt?«

Ich bemühe mich um Fassung, doch mein Innerstes scheint gegen mich zu kämpfen.

»Nein, hast du nicht.« Ich räuspere mich. »Warum auch? Auf einen Tag früher oder später kommt es ja nicht an.«

Doch wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, realisiere ich in diesem Moment zum ersten Mal, dass sie wirklich zurückkommt. Habe ich es bisher nur für eine verrückte Idee gehalten, die sie eh nicht in die Tat umsetzen wird? Habe ich versucht, mich auf diese Weise vor allzu verwirrenden Gefühlen zu schützen?

Und wenn schon. Es ist neun Jahre her, dass sie die Ostsee verlassen hat. Wir waren damals im Grunde noch Kinder. Die Frau von heute und das Mädchen von damals haben nichts mehr miteinander zu tun. Dafür ist in den letzten Jahren viel zu viel geschehen.

»Ich kann es kaum erwarten, Lian wiederzusehen.« Ihre Freude ist nicht zu überhören. »Das letzte Mal, als wir die beiden besucht haben, ist fast vier Monate her. Er ist bestimmt schon wieder ein ganzes Stück gewachsen, der Kleine.« Sie gerät ins Stocken. »Wie lange ist es eigentlich her, dass du ihn das letzte Mal gesehen hast?«

Ich tue so, als würde ich nachdenken, doch die Antwort liegt mir bereits auf den Lippen.

»Das ist anderthalb Jahre her«, sage ich schließlich.

»So lange schon?« Fast schon entsetzt legt sie den Löffel zur Seite. »Er ist dein Neffe, Rafael. Vergiss das nicht.«

»Was kann ich dafür, wenn die zwei so selten hier waren? Damals hatte Neila ihn bei dir abgegeben, weil sie sich mit ein paar alten Freundinnen treffen wollte. Weißt du nicht mehr? Ich habe extra bei dir vorbeigeschaut, um ihn zu sehen.«

Sie überlegt kurz. »Stimmt. Trotzdem kannst du froh sein, dass sie jetzt wieder hier leben werden. Es wird Zeit, dass der Kleine seinen Onkel richtig kennenlernt.«

»Hast du schon vergessen, dass es Tobins und Neilas Entscheidung war, nach Münster zu ziehen? Niemand hat sie dazu gezwungen.«

Sie möchte etwas sagen, schließt den Mund aber schon im nächsten Augenblick wieder.

Eine Weile sagt niemand von uns ein Wort. Schweigend essen wir weiter, während ich versuche, mir die letzte Begegnung mit Neila in Erinnerung zu rufen.

Tobins Beerdigung.

Sechs Jahre ist es her.

Und danach? Ich kann mich an eine flüchtige Begegnung erinnern, vielleicht vor zwei Jahren, als sie gemeinsam mit meinen Eltern und Lian ein Picknick am Strand veranstaltete. Unsere Begrüßung war derart gezwungen und angespannt, dass es mir heute noch eine Gänsehaut bereitet, wenn ich daran denke.

»Wie kommst du damit zurecht?«, fragt sie plötzlich, als hätte sie direkt in mein Innerstes geschaut.

Wie ertappt schaue ich auf. »Was meinst du?«

»Komm schon, Rafael, du weißt genau, was ich meine.« Sie schaut mich mitfühlend an. »Sie war deine erste große Liebe. Ich weiß, wie schwer es dir damals fiel, sie gehen zu lassen.«

»Das ist neun Jahre her, Mama. Wir waren neunzehn. Im Grunde noch Kinder.«

Ich versuche, so unbefangen wie möglich weiter zu essen. Doch sie scheint ganz genau zu wissen, wie es in mir aussieht.

»Außerdem wissen wir beide, dass Tobin das Beste war, was sie bekommen konnte«, fahre ich fort. »Er war der Richtige für sie.«

Sie faltet die Hände unter dem Kinn zusammen und betrachtet mich aufmerksam. »So einfach, wie du das heute in Worte fasst, war es damals aber nicht.«

»Was damals war, spielt heute keine Rolle mehr. Du weißt genauso gut wie ich, dass niemand sie so hätte lieben können, wie Tobin es getan hat. Er war«, ich schlucke, »einfach der perfekte Mann für jemanden wie Neila.«

So schwer mir diese Worte selbst heute noch fallen, so sicher bin ich mir auch nach all den Jahren noch, dass es stimmt.

Eine Weile schaut sie mich schweigend an, dann senkt sie betrübt den Blick.

»Es ist nicht fair, dass ihre junge Familie so früh zerbrochen ist«, sagt sie leise, während sie die Tränen erdrückt. »Wäre er doch nur nie in dieses verdammte Flugzeug gestiegen.«

Stille legt sich über uns und macht Tobins viel zu frühen Tod wieder allgegenwärtig – und mit ihm all die unausgesprochenen Worte, die die Reue geradezu lähmend machen.

---ENDE DER LESEPROBE---