Nächte in Northbridge (18-teilige Serie) - Victoria Pade - E-Book
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Nächte in Northbridge (18-teilige Serie) E-Book

VICTORIA PADE

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Beschreibung

BRICH MIR NICHT MEIN HERZ!

Sexy, Single - und Vater von süßen Zwillingen: Cutler Grant ist ein Mann, der viele Frauenherzen höher schlagen lässt. Als er Kira bittet, einige Tage zu ihnen zu ziehen, sagt sie sofort zu. Denn Cutlers heißer Flirt weckt in ihr die sehnsüchtigsten Hoffnungen ...

ENTSCHEIDUNG AM TRAUALTAR

Ob die Hochzeitstorte so süß ist wie die Konditorin, die sie gebacken hat? Ad Walker beschließt, es herauszufinden. Obwohl er weiß, dass Kit ihn nach ihrem romantischen Rendezvous gleich wieder verlassen wird. Es sei denn, er fände einen Weg, sie für immer an sich zu binden …

GESTÄNDNIS NACH EINER HEIßEN NACHT

Wie hat Ben Walker sich verändert! Aus dem wilden Jungen, der in Northbridge ständig für Ärger sorgte, ist ein sensibler, unglaublich anziehender Mann geworden. Als Clair ihn auf ihrem Klassentreffen wiedersieht, ist sie sofort bereit für eine Liebesnacht mit Ben ...

EIN MILLIARDÄR ZUM VERLIEBEN

Playboys wie Joshua Cantrell findet Cassie Walker normalerweise gar nicht anziehend! Doch der Milliardär, den sie bisher nur aus der Klatschpresse kannte, ist ganz anders: sympathisch und so unwiderstehlich, dass Cassie seinem Charme erliegt ...

GESCHIEHT EIN WUNDER IN DIESER NACHT?

Ausgerechnet Chloe Carmichael ist seine neue Patientin! Alte Wunden brechen bei Dr. Reid Walker auf. Noch immer schmerzt es, dass sie ihn vor Jahren verließ. Trotzdem kann er nicht verhindern, dass sein Herz erneut lichterloh für sie brennt ...

SPRICHT DEIN BLICK DIE WAHRHEIT?

Ist eine Frau wie die andere? Immer wieder fragt Luke Walker sich, ob er seiner hübschen jungen Schwägerin Karis wirklich trauen kann. Sein Herz sagt Ja zu ihr, aber sein Verstand warnt ihn, sich noch einmal auf eine der Pratt-Schwestern einzulassen ...

CINDERELLA KEHRT ZURÜCK

Er war der Schwarm aller Mädchen - und sie das Mauerblümchen: mit Zahnspange, Brille und roten Locken. Viele Jahre später traut Cam Pratt kaum seinen Augen, als Eden Perry nach Northbridge zurückkehrt: hinreißend charmant und so attraktiv, dass er schon beim ersten Blick weiche Knie bekommt ...

STADT, LAND ... LIEBE

Eigentlich hatte Jared seiner Heimat Northbridge für immer den Rücken gekehrt. Zu eng, zu bedrückend fand er das Leben dort. Doch das Schicksal führt ihn zurück - und erneut mit Mara zusammen. Früher für ihn ein uninteressantes Kleinstadt-Mädchen, sieht er sie plötzlich mit neuen Augen ...

KOMMT DAS GLÜCK ZURÜCK?

Ein Notfall in der Praxis! Tierarzt Boone Pratt eilt zu seinem Patienten - und steht plötzlich wieder vor der Liebe seines Lebens. Elf Jahre ist es her, dass Faith die Stadt verließ, um woanders ihr Glück zu suchen. Ohne überhaupt wahrzunehmen, wie sehr er sich nach ihr verzehrte!

WONACH DEIN HERZ SICH SEHNT

Die Welt steht still, als sich ihre Hände berühren: Wortlos verspricht Wyatt Graysons kräftiger Händedruck Wärme, Geborgenheit und Leidenschaft für immer und ewig. Alles, was die junge Sozialarbeiterin Neily Pratt noch nie erlebt hat, wonach sie sich so sehnt. Und was unerfüllt bleiben muss! Denn Neily soll schließlich nur überprüfen, ob Wyatt sich gut um seine erkrankte Großmutter kümmert ...

SÜßER TROST IN DEINEN ARMEN

Ein grausames Schicksal hat Marti den geliebten Mann genommen. Vergessen kann sie nur durch eine einzige Nacht mit dem attraktiven Noah, der ihre Tränen fortküsst. Aber die zärtlichen Stunden schenken ihr auch etwas anderes - das sie Noah dringend gestehen muss…

DIESER MANN VERSPRICHT EIN ABENTEUER

Die hübsche Masseurin Kate Perry weiß genau, was sie will: Heiraten, sesshaft werden, eine Familie gründen. Deshalb sucht sie einen Mann, der zuverlässig und grundsolide ist. Jemanden, der zu ihr passt. Und sicher niemand wie der gefährlich attraktive Draufgänger Ry Grayson!

NUR NANNY - ODER NEUE LIEBE?

"Ich möchte, dass wir eine Lebensgemeinschaft werden!" Bei Logan McKendricks Worten wird Meg nervös. Ans Heiraten hat sie bestimmt nicht gedacht, als sie sich als Nanny für Logans süße kleine Tochter Tia beworben hat. Auch wenn der Singledad wirklich unwiderstehlich gut aussieht ...

LIEBESCHAOS UND FAMILIENGLÜCK

Sein Leben gerät völlig aus den Fugen: Eben noch ein bekannter Möbeldesigner, der sich nur um sich selber gekümmert hat, muss Chase plötzlich Verantwortung für das Baby seiner verstorbenen Schwester übernehmen! Und als wäre das nicht genug Gefühls-Wirrwarr, verliebt sich der eiserne Junggeselle auch noch in seine Schulfreundin Hadley, die nach zehn Jahren wieder in der Stadt auftaucht ...

EIN BISSCHEN GLÜCK UND SEHR VIEL LIEBE

Weihnachten steht vor der Tür. Was auf Shannons Wunschzettel nicht steht, ist ein Mann! Aber das Fest in der Kleinstadt, wo sie ihre Familie besucht, beschert ihr überraschend Traummann Dag McKendrick. Wo sie doch längst ein neues Leben in Hollywood geplant hat …

LASS DIE LIEBE NICHT WARTEN

Zwei Menschen sind eine Familie! Davon ist Jenna überzeugt, seit sie ihre Nichte adoptiert hat. Wenn es ihr jetzt noch gelingt, ihre Farm zu retten, dann wäre alles gut. Aber dafür braucht sie den attraktiven Ian Kincaid. Und der findet, dass zu einer Familie drei gehören …

EIN, ZWEI DINGE ÜBER DIE LIEBE

Mit blauen Flecken auf der Seele kehrt Issa nach Hause zurück. Nie wieder ein Mann! Doch dann klopft der attraktive Hausbesitzer Hutch Kincaid an ihre Tür. Zu spät versteckt Issa die Broschüre für Schwangere: Sein warmer Blicke sagt ihr, dass er für sie da ist - wenn sie will …

BEIM BLICK IN DEINE BLAUEN AUGEN

Diese blauen Augen, dieses verführerische Lächeln … Seth Camden ist einfach viel zu sexy, um mit ihm Geschäfte zu machen, findet Lacey. Aber sie hat keine Wahl. Wenn sie endlich von ihrem Vater als Unternehmerin ernst genommen werden will, muss sie sich jetzt auf Seth einlassen …

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EPUB

Seitenzahl: 3447

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Victoria Pade

Nächte in Northbridge (18-teilige Serie)

IMPRESSUM

Brich mir nicht mein Herz! erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2004 by Victoria Pade Originaltitel: „Babies In The Bargain“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BIANCABand 1523 - 2006 by CORA Verlag GmbH, Hamburg Übersetzung: Louisa Christian

Umschlagsmotive: egal / ThinkstockPhotos

Veröffentlicht im ePub Format in 01/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733773236

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

Es war noch nicht ganz dunkel, als Kira Wentworth nach Northbridge, Montana, einfuhr. Trotzdem waren die meisten Geschäfte an der Hauptstraße schon geschlossen. Sogar die Tankstelle machte gerade zu. Selbst für einen Mittwochabend schien hier wenig los zu sein.

„Entschuldigen Sie, bitte“, rief Kira aus dem Fenster ihres Mietwagens, während der Tankwart gerade den Schlüssel abzog und in die Tasche steckte. „Können Sie mir sagen, wo die Jellison Street ist? Ich suche die Nummer 104.“

Der sommersprossige Teenager brauchte nicht lange zu überlegen. „Das ist das Haus der Grants“, erklärte er. „Officer Grant hat sich den Knöchel gebrochen. Sie werden ihn bestimmt zu Hause antreffen.“ Er erklärte ihr kurz, wie sie fahren musste.

„Danke!“, sagte Kira. Sie ließ die Seitenscheibe wieder hoch und drehte die Klimaanlage eine Stufe höher. Beim Gedanken, dass sie nur drei Blocks von ihrem Ziel entfernt war, wurde ihr noch heißer, als es bei dieser Julihitze ohnehin schon der Fall war.

Sie warf einen prüfenden Blick in den Innenspiegel und hoffte, dass ihr Make-up auf der Fahrt nicht zu sehr gelitten hatte. Nein, die Wimperntusche um ihre blauen Augen war nicht verlaufen, und ihr hellrosa Lippenstift war nicht verblasst. Doch trotz des Rouges, das sie bei ihrer Ankunft auf dem Flughafen in Billings aufgelegt hatte, hatte sie eine fahle Gesichtsfarbe. Kein Wunder!

„Vielleicht ist es gar nicht derselbe Mann“, sagte sie zu ihrem Spiegelbild. „Meine Reise könnte sich ebenso gut als Fehlschlag erweisen.“

Das machte sie aber nicht wirklich entspannter. Kira hatte immer noch das Gefühl, tausend Schmetterlinge flatterten in ihrem Magen. Und als wäre ihre blasse Haut nicht genug, gab es einen weiteren untrüglichen Beweis für ihre Nervosität. Irgendwann während der Fahrt von Billings hierher hatte sie ihr schulterlanges blondes Haar hinter die Ohren geschoben – eine Angewohnheit, die ihr Vater stets verabscheut hatte.

Rasch holte sie einen Kamm aus ihrer Handtasche – als könnte Tom Wentworth jeden Moment auftauchen und sie tadeln – und brachte ihre Frisur wieder in Ordnung.

Sie steckte den Kamm zurück, trug frisches Rouge auf ihre hohen Wagenknochen, zog den Kragen ihrer weißen Bluse zurecht und schnippte einen einzelnen Fussel von ihrer marineblauen langen Hose.

Nicht perfekt, überlegte sie mit einem weiteren Blick in den Spiegel, aber wenigstens vorzeigbar. Mehr konnte sie unter diesen Umständen nicht verlangen.

Ein Blick auf die Uhr auf dem Armaturenbrett zeigte ihr, dass es fünf Minuten nach neun war. Viell eicht sollte sie sich lieber beeilen. Sie wusste nicht viel über das Leben in einer Kleinstadt. Wenn sogar die Tankstelle schon so früh zumachte, war nicht auszuschließen, dass die Bewohner bald ins Bett gingen. Und sie wollte keinen weiteren Tag warten, um das herauszufinden, weshalb sie gekommen war.

Kira legte den Gang wieder ein und fuhr los. Kurz darauf bog sie in eine ruhige Straße, die zu beiden Seiten von hohen Ulmen, Eichen und Ahornbäumen gesäumt war. Die mittelgroßen Holzhäuser im Stil der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts sahen aus, als stammten sie alle vom selben Architekten.

Die zweistöckigen Gebäude mit ihren überdachten Vorderveranden unterschieden sich nur in ihrem helleren oder dunklerem erdfarbenen Anstrich, in den Fensterläden und den Blumenkästen, die bei einigen angebracht worden waren. Und in ihren Gärten. Einige waren aufwändig gestaltet, andere bestanden nur aus einem sorgfältig gepflegten Rasen.

Das Haus, das Kira suchte, war das vierte nach der Kreuzung. Es hatte einen gelbbraunen Anstrich und weiße Fensterläden. Eine Holzschaukel hing an Ketten auf der linken Seite der Veranda.

In der Einfahrt stand ein schwarzweißer Geländewagen mit dem Abzeichen der Polizei von Northbridge.

Kira hielt am Straßenrand an und machte den Motor aus. Sie nahm einen Aktendeckel vom Beifahrersitz und öffnete ihn. In einer Klarsichthülle befand sich ein Artikel aus der Sonntagsausgabe der Denver Post, den sie ausgeschnitten hatte.

Er handelte von zwei Männern aus Montana, einem Polizeibeamten und einem Geschäftsmann aus Northbridge, die in ein brennendes Haus gelaufen waren und eine Familie vor dem Tod gerettet hatten. Dabei war Addison Walker schwer von einem Balken getroffen geworden, und Cutler Grant hatte sich einen Fußknöchel gebrochen. Trotzdem war es ihm gelungen, den bewusstlosen Geschäftsmann ins Freie zu ziehen.

Der Name Addison Walker sagte Kira nichts.

Aber Cutler Grant – das war etwas anderes. Kira kannte einen Cutty Grant. Aus dem Zeitungsartikel war nicht viel über die beiden Männer zu erfahren. Nur dass Cutler Grant Witwer war und achtzehn Monate alte Zwillingstöchter besaß.

Das war eine Überraschung. Der Cutty Grant, den Kira kannte, hatte ihre ältere Schwester Marla geheiratet, und die beiden hatten einen gemeinsamen Sohn, der jetzt zwölf

Jahre alt sein musste.

Vielleicht war dieser Cutler Grant aus der Zeitung doch nicht derselbe Mann?

Trotzdem hoffte sie inständig, dass er es war. Dass die Frau, die ihn als Witwer mit achtzehn Monate alten Zwillingen allein gelassen hatte, seine zweite Ehefrau gewesen war. Dass er ihr sagen konnte, wo sie Marla und ihren zwölfjährigen Sohn jetzt finden konnte.

Kira steckte den Zeitungsausschnitt sorgfältig zurück und legte den Aktendeckel auf den Beifahrersitz. Entschlossen nahm sie ihre Lederhandtasche und stieg aus dem Wagen.

Der Duft von Geißblatt lag in der Luft, während sie zum Eingang ging. Licht schien durch die Fenster im Erdgeschoss, und die Haustür stand offen – wahrscheinlich, um die kühlere Abendluft hereinzulassen. Offensichtlich waren die Bewohner noch wach.

Kira stieg die fünf Zementstufen zur Veranda hinauf. Ein Mann saß in einem alten Sessel und telefonierte. Sobald er sie bemerkte, gab er ihr ein Zeichen hereinzukommen.

Verwechselt er mich mit jemandem? überlegte Kira unsicher und rührte sich nicht von der Stelle. Sie hatte sofort gemerkt, dass dies der Cutty Grant war, den sie suchte. Natürlich war er reifer geworden. Allerdings konnte er sie unmöglich erkennen. Er hatte sie nur ein einziges Mal gesehen, ganze zehn Minuten lang, bevor man sie in ihr Zimmer geschickt hatte. Außerdem war sie damals noch ein halbes Kind gewesen.

Er gab ihr erneut ein Zeichnen, und Kira trat ein. Sie wollte nicht unhöflich sein und lauschen. Deshalb schlug sie die Augen nieder und blickte zu Boden.

Cutty Grant hatte einen nackten Fuß von sich gestreckt. Ein weißer Gipsverband umschloss seine Ferse und verschwand unter dem Bein seiner alten Blue Jeans, die seine kräftigen Oberschenkel umspannten.

Unwillkürlich ließ Kira den Blick höher gleiten und betrachtete sein schlichtes weißes T-Shirt, das ihm wie eine zweite Haut passte. Es war unübersehbar, dass Cutty Grant fit genug war, um einen erwachsenen Mann aus einem brennenden Gebäude zu tragen. Seine Brust und seine Schultern waren äußerst muskulös, und seine Bizepse waren so groß, dass sich die kurzen Ärmel des T-Shirts bis an die Grenze spannten.

„Nein, das geht nicht.“

Einen Moment dachte Kira, er würde mit ihr reden, und blickte in sein Gesicht. Doch er telefonierte immer noch. „Sie können sich nicht gleichzeitig um uns und um Ihre Mutter kümmern“, erklärte er.

Kira betrachtete ihn näher. Der siebzehnjährige Teenager, an den sie sich erinnerte, hatte schon so gut ausgesehen, dass sie eifersüchtig auf ihre ältere Schwester gewesen war. Doch das war nichts im Vergleich zu dem Mann jetzt.

Der erwachsene Cutty Grant hatte immer noch rabenschwarzes Haar. Nur war es jetzt kurz, anstatt lang und zottelig.

Nicht nur der Haarschnitt hatte sich verändert. Cuttys jungenhafter Charme war einem erstaunlich männlichen Gesicht gewichen. Seine hohe eckige Stirn war imposant, und sein markantes Kinn und seine etwas längere Nase kamen nun besser zur Geltung. Jeder Winkel seines Gesichts schien stärker ausgeprägt zu sein.

Seine Oberlippe war immer noch schmaler als seine volle Unterlippe. Als er über eine Bemerkung seiner Telefonpartnerin am anderen Ende lächelte, bildeten sich zwei Grübchen zu beiden Seiten seines Mundes, der ein bisschen geschmeidiger geworden war. Außerdem unbeschreiblich sexy.

Seine tief liegenden Augen hatten sich dagegen nicht verändern. Sie waren immer noch von einem Grün, das Kira sonst nie bei Augen gesehen hatte. Tannengrün wie ein Weihnachtsbaum. Ein so umwerfend gut aussehender Mann wie der erwachsene Cutty Grant war ihr noch nie begegnet.

„Ja, hier herrscht ein furchtbares Durcheinander“, fuhr er fort. „Aber das hätte Lucinda dir wirklich nicht zu erzählen brauchen.“

Kira riss sich von Cuttys Anblick los und betrachtete das Wohnzimmer. Es war wirklich ziemlich unordentlich. Überall lag Spielzeug herum, auf dem Boden, auf den Beistelltischen, auf dem braunen Tweedsofa und sogar auf dem Schreibtisch in der Ecke. Kinderkleider waren dazwischen verstreut, und von dem Schirm einer Stehlampe baumelten winzige pinkfarbene Shorts. Frische Windeln quoll en aus einem Sack auf dem Fernsehapparat.

„Es ist mir Ernst, Betty. Die Mädchen und ich werden bestimmt zurechtkommen. Ihre Mutter braucht Sie jetzt. Sie kommen erst wieder zu uns, wenn es ihr …“

Es entstand eine kurze Pause, während die Frau am anderen Ende etwas einwandte, das ihn offensichtlich überzeugte. „Also gut“, seufzte er. „Eine Stunde morgen früh, aber mehr nicht. Anschließend will ich Sie erst wiedersehen, wenn Ihre Mutter hundertprozentig auf den Beinen ist. Wenn es nicht anders geht, kann ich notfalls Ad zu Hilfe rufen.“ Er hielt erneut inne und lachte leise, tief in der Kehle. „Ich weiß. Er ist ebenso wenig ein Hausmann wie ich. Aber mit seiner Beule am Kopf kann er mehr tun als ich mit dem Gips am Fuß. Machen Sie sich also keine Sorgen. Ich muss Schluss machen. Ich habe Besuch bekommen. Wir sehen uns morgen – aber nur für eine Stunde“, fügte er nachdrücklich hinzu. Dann legte auf und drehte sich zu Kira.

„ Entschuldigung. Das war die Frau, die mir normalerweise mit dem Haushalt und den Kindern hilft. Ihre Mutter hatte einen Bandscheibenvorfall, und es ist ihr furchtbar peinlich, dass sie mich ausgerechnet jetzt allein mit den Kindern lassen muss. Sie weiß, dass ich meinen Fuß nicht belasten darf.“ Er deutete auf seinen Gips.

Kira sah zu, wie er mühsam aufstand und zu einem Stock griff, der neben ihm an der Wand lehnte.

Selbst wenn er sich auf seinen Stock stützte, war er mindestens einsachtzig groß und körperlich noch eindrucksvoller als im Sitzen. Dieser große kräftige Mann hat garantiert nichts Jungenhaftes mehr an sich, dachte Kira benommen.

Cutty Grant bemerkte ihre Verwirrung nicht. „So, da sind Sie also. Ich hätte schwören können, dass wir Donnerstagabend zwischen acht und neun gesagt hätten, damit die Kinder schon schlafen.“

Kira stutzte plötzlich. „Für wen halten Sie mich?“

„Für die Journalistik-Studentin vom College, die einen Artikel über Ad und mich schreiben will. Sind Sie das etwa nicht?“

Das erklärte, weshalb er sie ohne Weiteres hereingewunken hatte.

Kira schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin nicht vom College. Ich bin Kira Wentworth, Marlas Schwester … Ich bin deine Schwägerin.“

Zwei tiefe Falten bildeten sich zwischen seinen Braunen. „Oh“, sagte er tonlos und schwieg so lange, dass Kira beschloss, die Stille zu beenden und ihm den Grund für ihr plötzliches Erscheinen zu nennen.

„In der Denver Post stand ein kurzer Artikel darüber, wie du zusammen mit einem anderen Mann eine Familie aus einem brennenden Haus gerettet hast. Es war das erste Mal, dass ich einen Hinweis darüber erhielt, wo Marla heute sein könnte, seit ihr beide vor dreizehn Jahren von zu Hause verschwunden seid. Ich bin hier, weil ich sie endlich wiedersehen möchte.“

Cutty Grant schloss seine grünen Augen, und seine Miene wurde hart. Dann öffnete er die Lider wieder und seufzte tief. Er deutete auf einen Stuhl und sagte: „Setzen wir uns.“

Kira ahnte, dass nichts Gutes kommen würde, und umklammerte ihre Handtasche so fest, dass ihre Knöchel weiß wurden. Sie nahm eine Stoffpuppe von einem Schaukelstuhl, umschlang sie mit beiden Armen und setzte sich. Cutty Grant ließ sich auf dem einzigen freien Platz des Sofas nieder und legte seinen Gipsfuß auf ein Kissen auf dem Couchtisch davor.

Lange sprach er kein Wort und sah Kira auch nicht an. Stattdessen richtete er den Blick auf den Stock, den er quer über seine Beine gelegt hatte.

Plötzlich fiel Kira auf, dass hier zwar eine Menge Sachen von Kleinkindern und von Cutty selber herumlagen. Nichts wies jedoch darauf hin, dass ihre Schwester oder ihr Neffe ebenfalls hier lebten. Trotzdem hoffte sie wider besseres Wissen, dass Cutty gleich sagen würde, Marla und er wären geschieden. Marla würde mit ihrem Sohn woanders wohnen und er wäre Witwer mit zwei Töchtern, weil seine zweite Frau …

„Es tut mir aufrichtig leid“, sagte er in diesem Moment, und Kira wurde es ganz elend.

„Marla und ich hatten einen kleinen Jungen“, fuhr er fort. „Deine Eltern wussten davon. Deshalb müsstest du es ebenfalls erfahren haben.“

„Ja, das habe ich“, bestätigte Kira zögernd.

„Dann hast du wahrscheinlich auch erfahren, dass er autistisch war.“

Das war neu für sie. „Nein, das wusste ich nicht. Ich hatte nur zufällig von der Geburt des Babys erfahren, weil ich mitbekam, wie meine Mutter es meinem Vater sagte. Die beiden hatten Marla so gründlich verstoßen, dass ich nicht einmal ihren Namen erwähnen durfte. Anschließend habe ich sie nie wieder über meine Schwester oder das Kind reden hören.“

„Anthony. Wir hatten unseren Sohn Anthony genannt.“ Der Schmerz in seiner Stimme war unüberhörbar.

„Ich hoffe nur, dass es nicht so schlimm ist, wie es scheint“, sagte Kira, als die Stille nicht enden wollte.

Cutty Grant schüttelte langsam den Kopf, um ihr zu zeigen, dass sie vergeblich hoffte. „Es geschah vor siebzehn Monaten. An einem Februartag, es war bereits schönes Frühlingswetter. Deshalb nahm Marla Anthony mit in den Vorgarten, damit er ein bisschen frische Luft bekam. Aus irgendeinem Grund lief er zwischen zwei Wagen, die am Straßenrand geparkt waren. Ein Laster kam heran, schneller als erlaubt. Der Fahrer sah Anthony nicht. Auch nicht Marla, die ihm nacheilte …“ Cutty brachte die Worte kaum heraus. „Der Laster erfasste alle beide.“

„Marla ist tot?“, flüsterte Kira.

„Ja. Es tut mir leid.“

„Und Anthony?“

„Er wurde auf der Stelle getötet.“

Durch ihre Tränen hindurch sah Kira, dass die Augen des Mannes ihr gegenüber eben falls feucht geworden waren. Trotzdem konnte sie den anklagenden Ton in ihrer Stimme nicht verhindern. „Und du hast es uns nicht wissen lassen?“

Einen Moment blitzten seine grünen Augen verärgert. Dann antwortete er tonlos: „Marla lebte nach dem Unfall noch ein paar Stunden. In der kurzen Zeit, die sie bei Bewusstsein war, bat sie mich, ihren Vater nicht anzurufen. Sie wollte ihn nicht an ihrer Seite haben. Ich habe ihren Wunsch respektiert.“ Es war klar, dass es ihm nicht schwer gefallen war, Marla diesen Wunsch zu er füllen. Auch er wollte Tom Wentworth hier nicht sehen.

„Aber ich hätte es wissen wollen“, sagte Kira und verlor den Kampf gegen ihre Tränen. Sie rollten ihre Wangen hinab.

Cutty Grant stand auf. Er humpelte aus dem Zimmer, kehrte mit einer Schachtel Papiertücher zurück und hielt sie ihr hin.

Kira bedankte sich geistesabwesend. Sie trocknete ihre Augen und kämpfte gegen die Gefühle, die sie durchströmten.

„Falls es ein Trost für dich ist …“, sagte Cutty. Er stellte die Schachtel auf den Tisch und setzte sich wieder. „Marla hat es immer bedauert, dass ihr euch nicht mehr sehen konntet, nachdem wir durchgebrannt waren.“

Natürlich war es kein Trost. Es stillte nicht den jahrelangen Schmerz darüber, dass Marla ihr furchtbar gefehlt hatte. Immer wieder hatte sie sich gefragt, wo ihre große Schwester sein könnte. Sie hatte gewünscht, sie könnte Marla anrufen oder ihr wenigstens schreiben. Sie hatte sich danach gesehnt, sie zu besuchen, damit sie wieder Schwestern wären. Auch als sie erwachsen war und ihr eigenes Leben führte, hatte sich nichts an dieser Sehnsucht daran geändert.

„Ich habe versucht, sie zu finden“, sagte Kira unter Tränen und verstand nicht recht, weshalb es ihr plötzlich wichtig war, dass Cutty es erfuhr. „Meine Eltern sagten, sie hätten keine Ahnung, wo sie sei.“

„Das war gelogen.“

Kira hatte es befürchtet. Aber das brauchte Cutty nicht zu wissen. „Ich ging zu drei Privatdetektiven, aber ich konnte mir deren Honorar nicht leisten. Auch im Internet habe ich es versucht. Doch es kam nichts dabei heraus.“ Sie machte eine kurze Pause. „Natürlich weiß ich, dass Marla und ich nicht blutsverwandt waren. Sie stammte aus der ersten Ehe meines Stiefvaters. Aber trotzdem war sie meine Schwester. Seit meinem dritten Lebensjahr hatten wir uns ein Zimmer geteilt. Uns verband etwas ganz Besonderes, und ich habe sie immer als Vorbild …“ Sie sprach nicht weiter.

Doch Cutty nahm den Faden auf. „Weiß dein Vater, dass du hier bist?“

Endlich versiegten Kiras Tränen. „Mom und er kamen letztes Jahr bei einem Unfall ums Leben. Sie waren auf der Heimfahrt von einem Ausflug in die Berge, als sich ein Felsen löste. Er stürzte direkt auf ihren Wagen. Beide waren auf der Stelle tot.“

„Das tut mir sehr leid“, sagte Cutty. „Deine Mutter war eine nette Frau.“

Das traf zu. Leider war sie zu nett gewesen, um sich gegen den starken Willen ihres Ehemanns durchzusetzen. Jenen Mann, der ihre dreijährige Tochter adoptiert hatte.

Aber das spielte jetzt keine Rolle mehr. Kira war in der Hoffnung nach Northbridge gekommen, sich mit ihrer Schwester zu versöhnen. Eine Familie zu finden. Plötzlich wurde ihr klar, dass ihre einzige Chance in den Zwillingen bestand.

„Im Zeitungsartikel stand, dass du achtzehn Monate alte Zwillinge hast“, sagte sie.

„Ja, sie schlafen oben“, bestätigte Cutty, und seine Stimme klang ein wenig lebhafter.

„Sind die beiden … Marlas Kinder?“

„Ja. Sie waren keine drei Wochen alt, als der Unfall geschah.“

„Meine Nichten“, sagte Kira leise. Blutsverwandt oder nicht, sie fühlte sich mit ihnen verbunden.

„So ist es“, gab Cutty zu.

„Ich würde sie gerne kennenlernen. Darf ich sie sehen?“, fragte Kira aufgeregt.

Die Falte zwischen den Augenbrauen kehrte zurück. Offensichtlich gefiel Cutty diese Bitte überhaupt nicht. „Wie ich bereits sagte – sie schlafen schon.“

„Ich weiß. Aber …“

Plötzlich nahm sie die Unordnung im Raum wieder wahr, und ihr kam eine Idee. „Wie wäre es, wenn ich die Frau ersetze, mit der du vorhin telefoniert hast?“, fragte sie.

„Betty? Weshalb solltest du Bettys Platz einnehmen?“, antwortete Cutty verwirrt.

„Du hast erzählt, dass sie sich normalerweise um die Zwillinge und den Haushalt kümmert. Da du deinen Fuß nicht belasten darfst, steckst du offensichtlich in der Klemme. Ich würde gern einspringen und dir helfen. Auf diese Weise könnte ich die Kleinen kennenlernen und eine Beziehung zu ihnen aufbauen.“

Ja, je länger Kira darüber nachdachte, desto besser gefiel ihr der Vorschlag.

Nach seiner Miene zu urteilen, schien Cutty ihre Begeisterung nicht zu teilen. „Hast du keinen Job oder einen Ehemann oder Freund, zu dem du zurückkehren musst?“

„Nein. Ich habe im Mai meinen Doktor in Mikrobiologie gemacht und arbeite ab nächstem Semester an der Universität von Colorado als Dozentin. Das Semester beginnt erst in der letzten Augustwoche. Bis dahin habe ich keine anderen Pläne. Also habe ich Zeit.“

„Kein Ehemann oder Freund, der auf dich wartet?“, fragte er. Kira konnte nicht erkennen, ob er nach einer Ausrede suchte oder die eigene Neugier befriedigen wollte.

„Nein, weder noch. Ich habe nur eine enge Freundin – Kit. Sie wird sich bestimmt gern um meine Post und meine Pflanzen kümmern. Ich kann also problemlos bleiben.“

„Du willst wirklich deine Sommerferien damit verbringen, hinter uns herzuräumen und Windeln zu wechseln?“, fragte Cutty misstrauisch.

„Ja, das möchte ich“, antwortete Kira und ärgerte sich, wie drängend ihre Stimme klang. „Allerdings habe ich nicht viel Erfahrung mit Kindern“, gestand sie. Es war nur fair, wenn Cutty wusste, worauf er sich einließ. „Aber was das Saubermachen betrifft …“

„Da bist du sicher von Tom Wentworth erzogen worden“, ergänzte er. „Ich weiß nicht recht. Ein bisschen Lässigkeit ist mir lieber.“

„Ich kann auch lässig sein.“ Allerdings war ihr nicht ganz klar, was lässige Haushaltsführung und Kinderpflege bedeutete.

Cutty schien immer noch nicht überzeugt. Er sah aus, als würde er ihren Vorschlag jeden Moment ablehnen.

Weshalb? Es war unübersehbar, dass er Hilfe brauchte. Es sei denn, er hegte immer noch einen Groll gegenüber ihrer

Familie wegen der Vorfälle vor dreizehn Jahren, als er zu ihren Eltern gekommen war und ihnen gestanden hatte, dass ihre siebzehnjährige Tochter von ihm schwanger war.

„Hör zu, ich habe nichts mit dem zu tun, was zwischen dir und meinem Vater passiert ist“, begann sie. „Ich erinnere mich, wie ausfallend er geworden ist. Er schickte mich damals in mein Zimmer. Aber ich versteckte mich auf der Treppe und hörte zu. Er war ein schwieriger Mensch …“

„Das ist aber eine gewaltige Untertreibung. Er war ein Tyrann.“

Kira bestritt es nicht. „Niemand kann die Vergangenheit ändern, und jetzt ist er tot, und Marla ist es ebenfalls. Aber es gibt die Zwillinge – und mich. Ich kann all die Jahre, die ich mit Marla und Anthony hätte verbringen können, nicht zurückholen. Aber ich könnte eine Zukunft mit den Zwillingen haben, wenn du mich lässt.“

Sie verabscheute den flehenden Ton, der sich in ihre Stimme geschlichen hatte.

Cutty schien der Ton ebenfalls nicht zu gefallen, denn er ballte die Fäuste, und seine Stimme wurde plötzlich hart. „Ich bin nicht der schlechte Kerl, für den dein Vater mich hielt. Der dich daran hindern würde, deine Nichten kennen zu lernen. Mir ist klar, dass du damals noch ein halbes Kind warst und nichts damit zu tun hattest.“

„Dann darf ich bleiben?“

Er antwortete nicht sofort. Sie merkte, dass er ungern nachgab, obwohl er dringend Hilfe brauchte. „Also gut, wir können es ja versuchen“, sagte er endlich.

Kira war überglücklich und lächelte breit. „Soll ich gleich anfangen?“, fragte sie mit einem Blick auf die Unordnung ringsum.

„Das hat Zeit bis morgen früh.“

In diesem Fall war es wahrscheinlich besser, wenn sie das Haus verließ, bevor er es sich wieder anders überlegte.

„Gut, dann mache ich mich jetzt wieder auf den Weg, um noch ein Hotelzimmer für die Nacht zu finden. Ich werde gleich morgen früh wieder hier sein.“

Erneut entstand eine Pause, und er schien über etwas nachzudenken.

„Wenn du keinen Wert auf besonderen Komfort legst, kann du gern hinten schlafen, wo Maria und ich früher gewohnt haben. Mein Onkel hatte die Garage zu einem Apartment für uns ausgebaut. Normalerweise vermiete ich es an Collegestudenten. Aber weil jetzt Ferien sind, steht es leer.“

„Das wäre wunderbar“, antwortete Kira. „Wahrscheinlich ist es sogar besser, wenn ich in der Nähe bin.“

Cutty wirkte nicht gerade überzeugt, enthielt sich aber einer Antwort.

Kira holte ihren Koffer aus dem Wagen, und er führte sie durch die Küche, die allein schon eine Katastrophe war, in einen kleinen Garten mit der ehemaligen Garage an der Rückseite.

Sie überquerten den Rasen, und Cutty öffnete die Tür und drückte auf den Schalter. Drei Lampen gingen gleichzeitig an und beleuchteten das Studio-Apartment.

Die Schlafecke bestand aus einem Doppelbett und einem Schrank. Ein kleines Sofa mit passendem Sessel, ein Couchtisch und ein Fernseher dienten als Wohnbereich. Einige Küchenschränke, ein Spülbecken, ein zweiflammiger Herd mit winzigem Backofen, ein Kühlschrank und ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen bildeten die Küche.

„Die Tür neben dem Kleiderschrank führt ins Bad“, erklärte Cutty. „Darin ist eine Dusche. Der Boiler ist ziemlich klein. Wenn du eine Menge Geschirr gespült hast, musst du eine halbe Stunde warten, bis du duschen kannst.“

„Ich komme schon zurecht, danke.“

Sie machte es ihm doch so leicht. Warum schaute Cutty dann schon wieder so zweifelnd drein? Als wäre ihm diese Regelung im Grunde nicht recht. Doch er sagte nichts.

Stattdessen fuhr er fort: „Die Mädchen wachen normalerweise gegen sieben Uhr auf.“

„In Ordnung. Ich werde kurz vorher drüben sein.“

Cutty nickte. „Handtücher sind im Badezimmer, Laken im Schrank. Falls du sonst vor morgen früh noch etwas brauchst …“

„Das glaube ich kaum.“

Er nickte erneut. „Dann gute Nacht.“ Ohne ein weiteres Wort verließ er den Raum.

Kira blickte ihm nach. Normalerweise gehörte die Kehrseite nicht zu den Körperteilen, auf die sie bei einem Mann achtete. Bei Cutty genügte ein einziger Blick, um festzustellen, dass es ein tolles Hinterteil war.

Das tolle Hinterteil eines tollen Körpers mit einem tollen Gesicht und tollem Haar.

Nicht, dass es eine Rolle spielt, ermahnte Kira sich rasch. Sie war nur wegen der Zwillinge hier. Alles, was Cutty Grant betraf, war reine Zugabe.

Eine Zugabe, die sie nicht aus den Augen ließ, bevor er in seinem Haus verschwunden war.

2. KAPITEL

Cutty brauchte an diesem Mittwoch lange, bevor er endlich einschlief. Als er am nächsten Morgen vor Anbruch der Dämmerung erwachte, kehrten seine Gedanken sofort zu dem Grund zurück, der ihn vom Schlaf abgehalten hatte. Und der hieß Kira Wentworth.

Ihr plötzliches Auftauchen hatte ihn tief erschüttert. Er hatte nicht erwartet, jemals wieder jemand aus der Familie Wentworth zu sehen. Nicht nach so vielen Jahren, in denen er für Tom Wentworth eine absolut unerwünschte Person gewesen war.

Tom war der einzige Wentworth, an den er in Zusammenhang mit Marlas Familie dachte. Ihre Adoptivmutter und Adoptivschwester waren nur Schatten neben diesem Mann gewesen. Kein Wunder, dass er sich die letzten dreizehn Jahre gedanklich kaum mit ihnen beschäftigt hatte.

Cutty öffnete die Augen und blickte auf seinen Wecker. Es war kurz nach fünf. Er bezweifelte, dass er wieder einschlafen konnte, wollte aber auch noch nicht aufstehen. Deshalb legte er die Hände unter den Kopf und starrte an die Decke.

Marlas Schwester.

Er hatte sie nur ein einziges Mal gesehen und nur ganz kurz, bevor ihr Vater sie aus dem Zimmer geschickt hatte. Deshalb hatte er sie unmöglich wiedererkennen können. Wenn doch, hätte er sie wohl nicht so bereitwillig in sein

Haus gelassen. Weder sie noch jemand anders, der mit Tom Wentworth verwandt war.

Tom Wentworth hatte nicht gewollt, dass Marla und er miteinander gingen. Deshalb hatten sie sich nur heimlich treffen können. Freunde hatten ihnen dabei geholfen. Jedes Mal hatten sie aufpassen müssen, ob nicht jemand in der Nähe war, der sie bei ihrem Vater verraten konnte.

Doch nach sechs Monaten hatte Marla festgestellt, dass sie schwanger war. Nie wieder war ihm ein Mensch begegnet, der solche Angst hatte wie sie, als sie es ihrem Vater gestehen musste.

Zwei Siebzehnjährige, die einem Zweizentnermann gegenüber standen – das Bild war ihm immer noch frisch im Gedächtnis.

Tom Wentworth hatte Cutty nicht einmal ins Haus lassen wollen. Doch Marla hatte darauf bestanden, dass sie alle zusammen redeten. Dann hatte sie ihm den Grund für das Gespräch genannt.

Und im nächsten Moment war die Hölle los gewesen. Cutty konnte heute noch nicht glauben, wie Tom Wentworth in die Luft gegangen war. Er hatte geschrien, Marla wäre eine Hure, eine nichtsnutzige Schlampe und Schlimmeres. Er, Cutty, hatte nichts tun können, um den Wortschwall zu unterbinden. Er hatte die verletzende Hasstirade schweigend über sich ergehen lassen. Erst als Tom Wentworth eine Abtreibung von Marla verlangte, hatte er eingegriffen und erklärt, dass Marla das Kind behalten wollte.

Tom Wentworth hätte ihn beinahe zusammengeschlagen. Doch Cutty hatte sich gewehrt und dem Mann seinerseits ein paar gezielte Schläge verpasst. Nach dieser „Aussprache“ hatte er Marla unmöglich mit ihrem rasenden Vater allein lassen können. Er hatte sie mitgenommen, ohne zu wissen, was er mit ihr anfangen sollte. Und mit einem Baby.

Sie wäre für ihn gestorben, hatte ihr Vater erklärt, als Marla den Mann am nächsten Tag anrief in der Hoffnung, er hätte sich beruhigt. Es wäre ihm egal, was aus seiner Tochter würde.

Ihre Adoptivmutter hatte ein paar Kleider zusammengepackt und ihr heimlich gebracht, weil Wentworth ihr nicht einmal diese Sachen zugestehen wollte.

Das war das Ende gewesen.

Das Ende einer Familie, die er nie wieder in seinem Leben hatte sehen wollen.

Und jetzt war Kira Wentworth auf seiner Schwelle aufgetaucht.

Er hatte sie tatsächlich für die Journalistikstudentin gehalten. Die Frau hatte seinen Freund Ad schon interviewt, und Ad hatte ihm erzählt, dass sie etwas älter wäre als die üblichen Studentinnen, schlank, hübsch und blond.

Diese Beschreibung passte zu Kira Wentworth. Allerdings hatte er gleich gedacht, dass hübsch nicht der passende Ausdruck war. Kira Wentworth war schön. Und ihr Haar war nicht nur blond. Es glänzte wie Honig, durch den das Sonnenlicht fiel. Ihre Haut war glatt wie Alabaster. Sie hatte den weichsten Mund, den er jemals gesehen hatte, und eine kleine kerzengerade Nase. Und ihre Augen … Sie waren blau wie der Sommerhimmel an einem wolkenlosen Tag. Gar nicht zu reden von diesem Körper, der ihm nicht …

Okay, gab Cutty zu. Es ließ sich nicht leugnen, dass sich gleich bei ihrem ersten Anblick etwas in ihm gerührt hatte, das sich sehr lange nicht gerührt hatte. Welch eine Laune des Schicksals, dass die erste Frau, zu der er sich nach Marlas und Anthonys Tod wieder hingezogen fühlte, ausgerechnet eine Wentworth war!

Der Verstand sagte ihm, dass er keinen Grund hatte, Kira zu grollen. Trotzdem war es seine erste Reaktion gewesen, als sie ihm sagte, wer sie war. Am liebsten hätte er sie aus dem Haus geworfen. Doch er hatte versucht, seine Gefühle zu verdrängen.

Offensichtlich war es ihm ziemlich gut gelungen. Denn als er ihr kurz darauf von Marias und Anthonys Tod erzählte und merkte, welch einen Schlag diese Nachricht für sie bedeutete, war sein Herz vor Mitleid beinahe übergeflossen.

Am liebsten hätte er Kira in die Arme gezogen und sie getröstet. Und nicht nur das. Er wollte erfahren, wie es sich anfühlte, wenn sie ihren Kopf an seine Brust drückte, ihren Körper an seinen …

Sie ist eine Wentworth, hatte er sich energisch zur Ordnung gerufen, um das Bedürfnis zu vertreiben.

Das Bedürfnis war zwar nicht verschwunden, aber er hatte ihm wenigstens nicht nachgegeben. Er hatte immer noch dagegen gekämpft, als Kira ihm den Vorschlag machte, sich während Bettys Abwesenheit um die Zwillinge zu kümmern. Und um ihn.

Das hatte er nicht erwartet, und seine Gefühle hatten sich erneut ins Negative gekehrt. Er wollte keine Wentworth in seinem Haus. Bilder von dem, was gewesen war, schossen ihm durch den Kopf. Und was wieder sein könnte.

Cutty bekam ein schlechtes Gewissen und schloss die Augen. Er wollte Kiras Hilfe nicht. Doch er wäre sich furchtbar schäbig vor gekommen, wenn er ihr die Chance verwehrt hätte, die Zwillinge kennen zu lernen. Ein Teil ihres Lebens zu werden. Schließlich waren es ihre Nichten. Marla hätte das bestimmt auch gewollt.

Deshalb hatte er nachgegeben.

Cutty öffnete die Augen und seufzte tief. Gerade, als er geglaubt hatte, sein Leben wieder im Griff zu haben, geriet er erneut in einen Strudel widerstrebender Gefühle. Wohl zum zehnten Mal fragte er sich, ob er Kiras Hilfe als Kindermädchen und Haushälterin nur angenommen hatte, weil es Marlas Wunsch gewesen wäre – oder weil er sich wider besseren Wissens zu ihr hingezogen fühlte.

Hoffentlich war Ersteres der Fall.

Nach einer ruhelosen Nacht erwachte Kira, bevor ihr Wecker läutete. Sobald sie sich erinnerte, wo sie war und was sie heute vorhatte, wurde sie zu nervös, um länger im Bett zu liegen. Deshalb stand sie auf, eilte ins Bad und duschte rasch.

Die Sonne ging gerade auf, als sie vor ihrem Schrank stand und die Kleider betrachtete, die sie mitgebracht hatte. Sie hatte keine Vorstellung davon, was bei achtzehn Monate alten Kindern auf sie zukommen würde. Was bedeutete, dass sie nicht wusste, was sie anziehen sollte.

Natürlich würden ihre Nichten nicht einmal registrieren, was sie trug. Aber Kira wünschte sich so sehr, dass die Kleinen sie mochten, dass ihr jede Kleinigkeit bei der ersten Begegnung wichtig war.

Vielleicht etwas Buntes, überlegte sie und holte ein rotes T-Shirt hervor.

Oder war es zu leuchtend und würde ihnen Angst machen?

Möglicherweise.

Kira legte das Shirt in den Schrank zurück und fuhr mit ihrer Suche fort.

Die schwarze hochgeschlossene Bluse kam auf keinen Fall in Frage. Schwarz war viel zu streng und könnte signalisieren, dass sie unnahbar war. Das war das Letzte, was sie bei ihren Nichten erreichen wollte.

Am liebsten hätte sie das geblümte Sonnenkleid mit dem weiten Rock angezogen. Aber sie war nicht sicher, ob es praktisch war. Andererseits war es wichtig, dass sie an ihrem ersten Arbeitstag einen guten Eindruck machte.

Auf Cutty.

Sobald Kira erkannte, was tief in ihrem Innern vorging, schob sie das Sonnenkleid energisch beiseite. Sie war nicht in Northbridge, um Cutty zu beeindrucken. Sie wollte eine Beziehung zu den Kindern aufbauen – nur zu den Kindern – und sich durch nichts davon ablenken lassen. Nicht einmal von zwei dunkelgrünen Augen mit längeren und dichteren Wimpern, als gut für einen Mann waren.

Nein, sie würde nicht einmal an Cutty denken. Genau das hatte sie sich letzte Nacht vorgenommen, als sie nicht einschlafen konnte, weil sein Bild ständig vor ihrem inneren Auge stand. Er gab nur einen einzigen Grund, weshalb sie nach Montana gekommen war: das, was von ihrer Familie geblieben war, in ihr Leben zurückzuholen. Und das waren die Zwillinge. Cutty gehörte nur zufällig dazu. Zumindest für sie. Er war der Mensch, über den sie zu ihren Nichten gelangen konnte.

Also, was soll ich anziehen? überlegte Kira erneut.

Vielleicht die Leinenhose mit der kurzärmeligen gelben Seidenbluse?

Bequem, aber nicht zu lässig. Ein bisschen Farbe, aber nicht zu viel. Außerdem machte die Hose einen tollen Hintern.

Nicht dass ich die Hose aus diesem Grund wählen würde, redete sie sich ein.

Kira legte die Sachen auf das Bett und setzte sich an den kleinen Toilettentisch, um ihr Haar zu kämmen und ihr Make-up aufzulegen. Normalerweise hätte sie das Haar an einem ersten Arbeitstag offen getragen. In diesem Fall war es wohl besser, es zusammenzuhalten. Deshalb bürstete sie es zu einem Pferdeschwanz zurück und band einen hellgelben Schal herum.

Anschließend trug sie ein wenig Rouge, Mascara und Lippenstift auf und war kurz darauf bereit, sich dem Tag und ihrer neuen Aufgabe zu stellen.

Bereit und voller Erwartung.

„Die Zwillinge kennen zu lernen“, sagte sie laut, als hätte sie jemand anderer Absichten beschuldigt.

Ich freue mich nicht gerade darauf, Cutty wiederzusehen, redete sie sich ein. Wie sollte sie auch, wo er sie gewiss nicht aus den Augen lassen und ständig mit Marla vergleichen würde.

Tante Kira. Ich bin nichts als Tante Kira, ermahnte sie sich, während sie das winzige Bad aufräumte.

Allerdings würde es ihr erheblich leichter fallen, nur die liebe Tante zu sein, wenn Cutty nicht ständig um sie herum wäre. Wenn sie ihn nicht ständig ansehen könnte. Diese Augen … Dieser große kräftige Körper …

Nein, sie würde sich nicht davon beeinflussen lassen. Auf keinen Fall.

Sie würde ihr Bestes tun, um die Zwillinge zu versorgen und deren Liebe zu gewinnen. Ihr Vater würde nur eine Nebenrolle in dieser Beziehung spielen.

Und wenn es ihr noch so schwer fiel.

Kira verließ das Apartment um 6 Uhr 45.

Ob Cutty schon wach war oder ob er im Bett blieb, bis die Zwillinge ihn weckten? Falls es so war, würde sie draußen in einem Gartenstuhl warten, um sofort zur Stelle zu sein, wenn man sie brauchte.

Aber die Hintertür stand offen. Durch das Fliegengitter roch Kira den Duft von gebratenem Speck. Cutty saß am Küchentisch und hatte den Fuß auf einen zweiten Stuhl gelegt. Zwei Kleinkinder saßen in Hochstühlen auf der anderen Seite des Tisches, und eine untersetzte ältere Frau stellte gerade zwei Schalen vor die Mädchen.

Kira wurde es ganz elend bei dem Gedanken, dass sie sich verspätet hatte. Um keine Zeit zu verschwenden und es noch schlimmer zu machen, klopfte sie an die Tür.

Cutty drehte sich in ihre Richtung. Ein äußerst seltsames Gefühl durchrieselte sie bei seinem Blick. Ihr war, als träfe sie ein winziger elektrischer Schlag.

„Komm rein“, ermutigte Cutty sie.

Kira öffnete die Gittertür und trat näher. „Tut mir leid, dass ich mich verspätet habe. Ich dachte, du hättest gesagt, sieben Uhr wäre früh genug.“

„Stimmt, das habe so gesagt“, bestätigte Cutty. „Aber Betty … Darf ich vorstellen: Dies ist Betty Cunningham, unsere gute Fee“, unterbrach er sich selbst. „Betty, das ist Kira Wentworth, Marias Schwester. Betty ist auf dem Weg zu ihrer Mutter im Krankenhaus kurz hier vorbeigekommen. Deshalb habe ich die Mädchen schnell geweckt, und wir sind schon unten.“

Betty trat auf Kira zu, legte die Arme um sie und zog sie an sich. „Ich freue mich sehr, Marlas Schwester kennen zu lernen.“

Kira riss sich zusammen, um bei dem unerwarteten körperlichen Kontakt nicht zu erstarren. „Danke“, antwortete sie. „Ich freue mich auch, Sie kennen zu lernen.“

Betty gab sie frei und zeigte stolz auf die Zwillinge. „Und das sind unsere kleinen Lieblinge. Cutty sagte, Sie hätten sie gestern Abend nicht mehr gesehen.“

Erst in diesem Moment warf Kira den ersten richtigen Blick auf die Zwillinge. Sie war sonst nicht nahe am Wasser gebaut. Doch jetzt füllten ihre Augen sich mit Tränen.

Die kleinen Mädchen kümmerten sich kein bisschen um sie. Es war unübersehbar, dass sie Cuttys Kinder waren. Aber sie hatten auch viel von Marla geerbt. Beide hatten Cuttys rabenschwarzes Haar, aber Marlas dichte Locken. Sie hatten große grüne Augen, die ein bisschen heller waren als Cuttys, Pausbacken und einen Rosenmund wie ihre Mutter. Außerdem die süßesten Stupsnasen, die Kira je gesehen hatte.

„Das ist Mandy“, sagte Cutty und deutete auf das rechte Mädchen. „Und das ist Melanie – Mel genannt. Wir können die beiden nur auseinander halten, weil Mel ein winziges Muttermal über dem linken Auge hat. Hoffentlich bekommt Mandy nicht auch eines. Sonst müssen wir erneut raten, wer von beiden wer ist.“

Kira kämpfte gegen ihre Tränen, damit Cutty und Betty nicht merkten, wie gerührt sie war. Außerdem wollte sie die

Mädchen nicht ängstigen.

„Hi, Mandy. Hi, Mel.“

Die Kleinen spielten eher mit dem Haferbrei, als dass sie ihn aßen. Mel zerdrückte eine Hand voll zwischen den Fingern, und Mandy verteilte ihn löffelweise auf ihrem Tablett. Endlich sahen die beiden auf.

Kira hätte nicht sagen können, was sie erwartete. Aber sicher nicht dies: Mel streckte ängstlich die Arme nach Betty aus, wie um sich vor Kira zu retten. Und Mandy verzog erschrocken ihr niedliches Gesicht und heulte laut auf.

Kira hätte am liebsten selber losgeheult.

„Oh nein. Ich tue euch doch nichts. Ich bin eure Tante“, sagte sie, als würde das etwas ändern.

Betty eilte zu den Hochstühlen. Sie legte tröstend einen Arm um jedes Mädchen und zog deren Köpfe an ihr Gesicht.

„Oh je, die Ärmsten“, sagte sie. „Normalerweise sind sie sehr aufgeschlossen gegenüber Fremden.“

„Es ist all es in Ordnung, Mädchen“, versicherte Cutty seinen Töchtern. „Kira ist eine nette Frau.“

Die Kleinen starrten Kira an, als wäre sie ein Wesen von einem anderen Stern.

„Lassen Sie ihnen ein wenig Zeit“, sagte Betty. „Sie werden bald mit Ihnen warm werden.“

„Sicher“, stimmte Cutty ihr zu. „Wie wäre es, wenn Sie Kira ein bisschen herumführten und ihr alles zeigten, damit die Mädchen frühstücken können?“

Es war kein gutes Zeichen, dass sie aus der Sichtweite ihrer Nichten verschwinden sollte, damit die Kleinen sich wieder beruhigten und ihr Frühstück aßen. Doch Kira blieb nichts übrig, als sich Cuttys Wunsch zu fügen. Niedergeschlagen folgte sie Betty aus der Küche.

„Sie werden sich bestimmt an Sie gewöhnen“, sagte die ältere Frau zuversichtlich.

„Ich hoffe, Sie behalten Recht.“

Damit schien das Thema beendet zu sein, denn Betty fuhr fort: „Fangen wir mit dem Kinderzimmer an“, erklärte sie und führte Kira den Flur hinab und die Treppe hinauf.

Im oberen Stockwerk des Hauses herrschte ebenso große Unordnung wie unten. Betty hob auf dem Weg zum Kinderzimmer einiges auf. Das änderte aber nichts an dem allgemeinen Durcheinander.

Das Kinderzimmer war weiß gestrichen und hatte pinkfarbene Vorhänge. An der hinteren Wand spielten Dschungeltiere auf einer Tapete fröhlich im Regenwald.

Es gab zwei Kinderbettchen, zwei Kommoden, zwei Spielzeugkisten, aber nur einen Wickeltisch.

„Dies ist Mels Bett“, begann Betty. „Und das ist Mandys. Manchmal, wenn eines der Kinder sehr unruhig ist, schlafen sie allerdings am besten in einem Bett.“

Sie ging zu Mandys Bett und begann, die Laken abzuziehen. „Marla wechselte die Wäsche jeden Tag. Ich habe versucht, es beizubehalten, weil ich weiß, dass sie es so gewollt hätte.“

Also sollte sie, Kira, es ebenfalls tun.

Kira ging zu dem anderen Kinderbett und zog die Laken herunter. „Sie müssen Marla gut gekannt haben.“

„Northbridge ist eine kleine Stadt“, erklärte Betty. „Jeder kennt hier jeden. Nach der Geburt der Zwillinge half ich Marla drei Mal pro Woche. Dadurch lernte ich sie noch besser kennen. Nicht dass Marla Hilfe gebraucht hätte. Ganz gewiss nicht. Aber Cutty bestand darauf. Meistens füllte ich nur die Babyflaschen und spielte mit Anthony, während sie die eigentliche Arbeit erledigte. Sie war eine fabelhafte Mutter und Hausfrau. Ich wüsste nichts, was sie nicht perfekt gekonnt hätte.“

Im Gegensatz zu ihrer jüngeren Schwester, dachte Kira und verlor zum dritten Mal das frische Laken aus der Hand, bevor es endlich über alle vier Ecken der Matratze gespannt war. Zum Glück bemerkte die Haushälterin es nicht.

„Sie hätten Maria mit Anthony sehen sollen“, fuhr Betty fort. „Er war ein hübscher Junge, aber ziemlich schwierig. Doch Ihre Schwester verlor nie die Fassung. Sie war eine wahre Heilige.“

Kira wusste nicht, was sie sagen sollte. Wie in aller Welt sollte sie dem gerecht werden, was Marla offensichtlich mühelos geschafft hatte?

Betty eilte mit der Wäsche auf den Armen aus dem Zimmer, und Kira folgte ihr. „Das Übrige können Sie später erledigen. Wir tun die Sachen am besten gleich in die Waschmaschine. Marla wusch mindestens eine Maschinenladung täglich. Ich nehme an, Sie werden es ebenfalls tun.“

Kira sah zu, wie die untersetzte Frau die Laken in die Maschine in dem kleinen Wirtschaftsraum stopfte, der vom Flur abging, und hoffte inständig, dass der Trockner genauso funktionierte wie in ihrem Apartmenthaus, damit sie nicht fragen musste.

„Cutty sagte heute Morgen, dass Sie sich nicht um sein Zimmer zu kümmern brauchen. Das würde er selber übernehmen“, erklärte Betty, während sie an der geschlossenen Tür vorüber zum Bad gingen, wo jede Menge Handtücher, Waschlappen, Babysachen, Wannenspielzeug und Seifen auf dem Boden lagen. Ein dunkler Ring umgab die Wanne, und das Becken und der Spiegel waren fleckig.

„Jeden Tag ein Bad“, wies Betty sie an. „Abends vor dem Schlafengehen. So hat Marla es getan. Sie hätte die Wanne niemals schmutzig gelassen. Oder den Boden nicht gesaugt. Alles war immer makellos. Ich versichere Ihnen, sie war eine erstaunliche Frau.“

„Ja, das war sie“, sagte Kira und versuchte, das Badezimmer ein wenig aufzuräumen.

„Oh nein, Liebes. Nicht so. Marla stellte den Seifenspender immer auf die rechte Seite des Waschbeckens. Dort gehört er hin.“

Kira setzte die Pumpflasche um, und Betty rückte sie genau an die richtige Stelle. „So wollte Maria es. Aber ich habe jetzt nicht viel Zeit. Sie können den Rest später erledigen. Gehen wir wieder nach unten, damit ich Ihnen dort einiges zeigen kann.“

Auf der anderen Seite des Badezimmers war ein weiterer geschlossener Raum. „Das war Anthonys Zimmer“, flüsterte Betty, als wäre es ein Geheimnis. „Es steht leer. Auch als Anthony noch lebte, lag nur eine Matratze auf dem Boden. Cutty hat sie zu Beginn des Sommers weggeworfen, auch seine eigene Schlafzimmereinrichtung, und sich neue Möbel gekauft. Natürlich gab es keinen Grund, Anthonys altes Zimmer ebenfalls einzurichten. Außerdem muss dort erst einiges erledigt werden.“

Kira blickte auf die verschlossene Tür und überlegte, welche Arbeiten dort nötig sein könnten und weshalb. Aber sie wagte nicht, danach zu fragen. Schweigend folgte sie der plappernden Betty die Treppe hinab.

„Es ist gut, dass Cutty hier einiges verändert hat. Wir halten es für ein Anzeichen dafür, dass er bereit ist, sein eigenes Leben wieder aufzunehmen. Und darüber freuen wir uns sehr. Um Mels und Mandys willen. Ein Mensch kann nicht ewig trauern. Oh nein, sehen Sie sich diese Unordnung an!“, wechselte sie plötzlich das Thema. „Zwei Tage war ich nicht da und kann einfach nicht glauben, in welchem Zustand das Haus ist. Sie sind genau zum richtigen Zeitpunkt gekommen. Die arme Marla würde sich im Grab umdrehen, wenn sie von diesem Durcheinander erführe. Bei ihr war immer alles tiptop.“

Betty zeigte auf eine Kiste in der Ecke, in der das Spielzeug des Erdgeschosses untergebracht war. Anschließend berichtete sie, wie oft Marla die Fenster geputzt, die Matratzen gewendet, die Möbel gewienert und das Silber poliert hatte. Marla hatte nicht nur warme Mahlzeiten bereitet, sondern auch alle Kuchen, Kekse und das Brot selbst gebacken.

Die Aufzählung wollte nicht enden. Kira fürchtete, sie würde eine Panikattacke bekommen, wenn sie noch ein einziges weiteres Wort hörte.

Vielleicht sah man es ihrem Gesicht an, denn Betty hielt plötzlich inne. „Natürlich brauchen Sie nicht alles genauso wie Marla zu machen. Das würde niemand schaffen. Ich wäre Ihnen nur dankbar, wenn Sie die Mahlzeiten zubereiten und das Haus in Ordnung halten würden, bis ich wieder da bin.“

„Ich werde mein Bestes tun“, versprach Kira, auch wenn Marla die Messlatte sehr hoch gelegt hatte.

„Sie werden bestimmt zurechtkommen“, sagte Betty. „Und jetzt erkläre ich Ihnen noch rasch die Küche und den Tagesplan für die Kinder. Anschließend lasse ich Sie allein.“

Kira folgte der Frau zurück in die Küche, wo Cutty immer noch versuchte, seine Töchter zum Frühstücken zu bewegen. Die Zwillinge beobachteten sie argwöhnisch.

„Nach dem Frühstück wasche ich die Kleinen und ziehe sie an“, fuhr Betty fort. „An manchen Vormittagen sehen sie sich die Sesamstraße an, während ich das Haus putze. Oder sie spielen …“

„Das sind die guten Vormittage“, warf Cutty kläglich ein und überließ es Kira, sich auszumalen, was an den schlechten Tagen geschah.

„Gegen zwölf bekommen sie ihr Mittagessen. Ich lasse ihnen eine halbe Stunde, um das Essen zu verdauen. Dann lege ich sie zu ihrem Mittagsschlaf ins Bett. Das ist die beste Zeit, um den Rest zu erledigen. Gegen drei wachen sie wieder auf. Abendessen gibt es um sechs. Anschließend bade ich sie und wasche ihnen das Haar. Sie schauen sich noch gern ein Bilderbuch an, bevor es Zeit zum Schlafen ist. Zum Vorlesen sind sie noch zu klein. Aber es gefällt ihnen, wenn man auf die Bilder zeigt und ihnen erklärt, was sie darstellen. Zwischen acht und halb neun bringe ich sie zu Bett. Dann ist der Tag zu Ende.“

Kira war schon vom Zuhören allein erschöpft. Aber das durften Betty und Cutty auf keinen Fall merken. Sie würde ihren Aufenthalt hier als Herausforderung betrachten und war sicher, dass sie der Aufgabe wie allen anderen in ihrem Leben gewachsen wäre. Schließlich hielt sie ihr eigenes Apartment ebenfalls blitzsauber. So viel Mehrarbeit konnte es nicht sein, sich zusätzlich um zwei kleine Mädchen zu kümmern.

„In Ordnung“, antwortete sie schlicht.

Betty blickte auf die Uhr. „Ich sollte jetzt lieber gehen und meine Mutier vom Krankenhaus abholen, bevor sie versucht, per Anhalter nach Hause zu fahren. Falls Sie mich brauchen …“

„Machen Sie sich unseretwegen keine Sorgen. Wir kommen schon zurecht“, versicherte Cutty ihr.

„Was heißt hier wir?“, erwiderte Betty. „Denken Sie daran, dass Sie Ihren Fuß nicht bei asten dürfen. Überlassen Sie alles Kira. Schließlich ist sie Marlas Schwester und wird es schon schaffen.“ Sie küsste die Kinder auf den Kopf.

Kira widersprach nicht. Sie würde Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um so gut wie ihre verstorbene Schwester zu sein. Wie immer.

„Grüßen Sie Ihre Mutter von uns, und sagen Sie ihr, dass wir ihr gute Besserung wünschen.“

„Ja, danke“, sagte Betty und eilte davon.

Dann war Kira mit Cutty, der seltsam belustigt dreinblickte, und den beiden kleinen Mädchen, die sie misstrauisch beäugten, allein.

„Bist du sicher, dass du das schaffst?“, fragte Cutty endlich.

„Absolut“, antwortete Kira.

Wenn Marla dem hier gewachsen gewesen war, war sie es auch.

„Du hast deinen Fuß heute zu viel belastet, nicht wahr?“

Es war neun Uhr abends. Cutty hatte die Zwillinge gerade zu Bett gebracht und die Wäsche in den Trockner getan. Er zuckte heftig zusammen, als er sich auf die Couch setzte und den Fuß auf ein Kissen auf dem Tisch legte.

„Es ist alles in Ordnung“, antwortete er. Es war ihm sichtbar unangenehm, dass Kira seinen Schmerz bemerkt hatte.

Dabei war es Kira, die allen Grund hatte, verlegen zu sein. Sie war heute mehr ein Hindernis gewesen als eine Hilfe. Das war ihr klar. Das Chaos ringsum war wegen ihr eher noch größer geworden.

„Setz dich, damit wir uns ein bisschen unterhalten können“, schlug Cutty vor.

„Oh je, das klingt nicht gut. Du willst mich rauswerfen, nicht wahr?“

Er lachte leise tief in der Kehle. Es war ein Lachen, das sie stärker anrührte, als sie zugeben mochte. „Nein. Du siehst einfach aus, als solltest du dich dringend setzen.“

Kira entdeckte ihr Spiegelbild im Fenster und erschrak über ihren Anblick. Ihre Bluse hing teilweise aus dem Bund und war über und über von Mandys Hühner-Nudel-Suppe bekleckert. Die eine Hälfte ihres Haars hatte sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst, die andere Hälfte bauschte sich seitlich an ihrem Kopf. Sie war in einem schlimmeren Zustand als das ganze Haus.

„Oh je“, sagte sie. Sie löste den gelben Schal, damit das Haar herunterfallen konnte, und kämmte die Strähnen mit den Fingern.

„Komm schon. Setz dich einen Moment“, drängte Cutty sie.

Kira setzte sich wie ein Schulmädchen auf die Kante des Sessels zu seiner Linken.

Cutty beobachtete sie aufmerksam mit seinen grünen Augen. Obwohl sie fast den ganzen Tag gemeinsam verbracht hatten, war sie so beschäftigt gewesen, dass sie kaum einen Blick auf ihn geworfen hatte.

Cutty sah kein bisschen mitgenommen aus. Seine graue

Jogginghose, die seine kräftigen Oberschenkel umspannte, und sein enges weißes T-Shirt waren immer noch sauber. Der Fünf-Uhr-Bart, der die untere Hälfte seines markanten Gesichts beschattete, verlieh ihm eine gewisse Lässigkeit, die äußerst sexy war.

Aber das war das Letzte, was sie jetzt feststellen sollte.

Um sich abzulenken, blickte Kira auf den Apfelmusfleck auf ihrem Schuh. „Es tut mir sehr leid, wie das heute gelaufen ist“, begann sie hilflos. „Normalerweise bin ich eine äußerst effiziente Frau, die hervorragend organisieren kann. Ob du es glaubst oder nicht: Mein Apartment ist immer blitzsauber.“

„Das bezweifle ich nicht“, versicherte Cutty. „Aber sobald zwei kleine vorwitzige eineinhalbjährige Kinder hinzukommen, gerät die beste Planung durcheinander.“

Weshalb in aller Welt fand er ihr Scheitern so lustig?

„Ich war sicher, wenn Marla solch ein Genie war, wie Betty behauptete, würde ich es ebenfalls schaffen.“

„Marla war nicht von Anfang an so tüchtig. Sie begann mit einem Kind, und das war schon schwierig genug. Wir hatten beide unsere Schwierigkeiten. Aber mit der Zeit …“

„Es wird bestimmt besser“, versprach Kira, bevor er seinen Satz beenden konnte. „Ich werde einfach um vier Uhr morgens herüberkommen, bevor du oder die Mädchen aufwachen, und …“

„He!“ Cutty hob abwehrend die Hand. „Ich wollte nicht mit dir reden, damit du dich noch mehr anstrengst!“

„Du willst mir also kündigen.“

„Ich habe dich nie eingestellt. Wie sollte ich dir da kündigen? Nein, ich möchte dich vielmehr bitten, dich zu entspannen.“

„Entspannen?“, wiederholte Kira ungläubig.

„Ja. Ich glaube, du strengst dich zu sehr an und bist zu verkrampft. Deshalb bist du so … ungeschickt.“

„Ich weiß, ich habe heute ständig etwas fallen gelassen oder verschüttet und war mehr damit beschäftigt, meine eigene Unordnung zu beseitigen, als mich um das Haus zu kümmern. Normalerweise bin ich nicht so tollpatschig.“

„Und was die Mädchen betrifft …“

„Sie können mich immer noch nicht leiden.“

„Du bist eine Fremde für sie, und sie vermissen Betty, die wie eine Großmutter für sie ist. Sie werden sich bestimmt an dich gewöhnen. Aber du kannst es nicht erzwingen. Sie können ziemlich widerspenstig werden, wenn du es mit Gewalt versuchst.“

Kiras verschmutzte Kleider und Schuhe waren der Beweis dafür.

Cutty hatte recht. Es war gewiss nicht der richtige Weg gewesen, wie sie die Zwillinge heute behandelt hatte. Die Kleinen waren vor ihren überschwänglichen Zuwendungen geflohen – meistens unter heftigen Wutausbrüchen. Am Ende hatte Cutly eingreifen und dann alles selbst erledigen müssen.

„Es tut mir leid“, sagte Kira erneut und warf einem weiteren Blick auf die Unordnung ringsum: „Vielleicht kann ich jetzt noch etwas tun.“

„Ich glaube, du solltest lieber ein schönes Schaumbad nehmen“, antwortete Cutty. „Wir werden morgen noch einmal von vorn anfangen. Und möglichst ohne ständig daran zu denken, wie Marla alles gemacht hatte.“

Kira hatte ungewöhnlich oft gefragt, wie ihre Schwester dies und jenes erledigt hatte. „Betty sagte …“

„Ich kann mir vorstellen, was Betty gesagt hat. Aber Betty ist nicht da und Marla ebenfalls nicht. Wir müssen über die Runden kommen, ganz gleich, was Betty gesagt hat oder wie Marla es getan hätte.“

„In Ordnung.“ Das war eine nette Art, ihr klarzumachen, dass sie wenigstens etwas zu Stande bringen sollte.

Cutty lächelte freundlich, und Kira fasste neuen Mut. „Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du uns helfen willst“, sagte er. „Und ich freue mich, dass du die Mädchen besser kennenlernen möchtest. Aber ich glaube, es wird leichter, wenn du einfach alles auf dich zukommen lässt. Entspann dich. Tu nicht so viel und hab auch ein bisschen Spaß. Es gibt kein Richtig oder Falsch.“

Kira nickte stumm. Ihr Vater hatte ihr beigebracht, dass es immer nur einen richtigen Weg gab, und den hätte sie zu wählen. Sie war nicht sicher, ob sie das jetzt vergessen konnte.

Cutty nahm seinen Fuß vom Kissen und stand auf. „Ich gebe dir einen Schlüssel für die Hintertür, damit du kommen und gehen kannst, wie du möchtest. Doch jetzt solltest du wirklich ein ausgiebiges Bad nehmen. Und morgen ist ein neuer Tag.“

Schlimmer kann er ja kaum noch werden, dachte Kira.

„Es tut mir wirklich leid“, wiederholte sie, als sie die Küche betraten.

„Noch so ein Tag wie heute, und ich ziehe dir den Schaden vom Lohn ab“, scherzte Cutty. Er nahm einen Schlüssel vom Haken und lächelte so verschmitzt, dass sich Grübchen zu beiden Seiten seines Mundes bildeten. Kira wurde es ganz warm ums Herz.

„Am Ende werde ich noch draufzahlen müssen“, nahm sie seinen Scherz auf.

„Du bist eben ein kleiner Elefant im Porzellanladen“, stellte er fest, als wäre es ein Kompliment.

„Normalerweise nicht“, versicherte Kira ihm. „Ehrlich. Niemand, der mich kennt, würde mir so ein Desaster wie heute zutrauen.“

Er reichte ihr stumm den Schlüssel. Ihre Hände berührten sich nur kurz. Dennoch nahm Kira den Kontakt seltsam deutlich war. Winzige elektrische Schläge durchzuckten ihren Oberarm.

So ein Unsinn, tadelte sie sich. Allerdings war Cuttys Stimme eine Oktave tiefer gesunken, als er wieder sprach.

Ob er es ebenfalls gespürt hatte?

„Komm ja nicht auf die Idee, schon um vier Uhr hier anzutanzen. Sieben ist früh genug. Wahrscheinlich wird es auch dann noch eine halbe Stunde dauern, bis die Mädchen aufwachen. Vielleicht ändert sich ja alles zu deinen Gunsten, wenn sie dich morgen früh als Erste sehen und nicht Betty.“

„So wie die Gänse sich dem anschließen, dem sie nach dem Schlüpfen als Erstes begegnen?“

„Ja, so ähnlich.“ Er lächelte breit.

Sie blickten sich tief in die Augen. Kira verstand nicht, was zwischen ihnen vorging. Irgendwas lag in der Luft. Etwas, das mehr war als die Kameradschaft. Mehr als alte Familienbande. Mehr als nur unverbindliche Bekanntschaft.

Dann war der Moment vorbei. Cutty öffnete die Hintertür, und sie ging hinaus.

„Bis morgen“, sagte er.

„Gute Nacht“, antwortete sie.

Während sie zu ihrem Apartment ging, spürte Kira noch die Reste dessen, was einen winzigen Moment lang zwischen ihnen gewesen war.

Was war da eben los? überlegte sie.

Sie wusste es wirklich nicht. Sicher war nur, dass es in ihrem Innern seltsam kribbelte.

3. KAPITEL

„Das war vielleicht eine seltsame Situation. Einen kurzen Moment war ich tatsächlich versucht gewesen, die Frau zu küssen.“

Cutty saß am nächsten Morgen um Viertel nach sieben in Ad Walkers Küche. Nach einem kurzen schnellen Frühstück hatte er Kira mit den Zwillingen allein gelassen und war zu seinem besten Freund gefahren. Zum Glück hatte sein Polizeijeep Automatikgetriebe. Da sein linker Fuß verletzt war, bereitete ihm das Fahren keine Schwierigkeiten.

Ad hatte Kaffee gekocht, und Cutty hatte ihm über dem starken schwarzen Getränk von Kira Wentworth und ihrem Angebot erzählt, ihm mit den Zwillingen zu helfen. Und er hatte ihm berichtet von dem merkwürdigen Augenblick gestern Abend, als sie sich gute Nacht wünschten und die Luft um sie herum plötzlich vibriert hatte.

„Nur versucht, sie zu küssen?“, fragte Ad. „Du hast es nicht getan?“ Er saß auf der anderen Seite des Küchentisches und hatte die Füße ebenfalls auf einen Stuhl gelegt.

„Nein, das habe ich nicht“, antwortete Cutty bestimmt.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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