Neue Nazis - Toralf Staud - E-Book

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Toralf Staud

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Beschreibung

Die extreme Rechte wandelt – und radikalisiert sich Trotz des Auffliegens der »NSU«-Terrorzelle wird die Gefahr weiter unterschätzt: Die extreme Rechte in Deutschland hat sich in den letzten Jahren zugleich radikalisiert und verbürgerlicht – und die emsige Verbotsdiskussion um die NPD lenkt die Aufmerksamkeit in die falsche Richtung. Mit den »Autonomen Nationalisten« (AN) ist eine junge und äußerst gewaltbereite Neonazi-Strömung entstanden. Sie kopiert den popkulturellen Stil der Linksautonomen und bietet Action, wirkt anziehend auf Jugendliche. Dazu trägt auch die rechte Musikszene bei. Anhänger der AN sind mehrfach mit Vorbereitungen zu Terroranschlägen aufgeflogen. Am gemäßigten Rand der Szene erstarkten die Rechtspopulisten. Gruppen wie »Pro Deutschland« und »Die Freiheit« versuchen mit islamophoben Inhalten an nationalkonservative und bürgerliche Positionen anzuknüpfen – und »die Partei zum Sarrazin-Buch« zu werden. Zwischen diesen Polen wird die früher dominierende NPD womöglich zerrieben.

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Toralf Staud / Johannes Radke

Neue Nazis

Jenseits der NPD: Populisten, Autonome Nationalisten und der Terror von rechts

Kurzübersicht

> Buch lesen

> Titelseite

> Inhaltsverzeichnis

> Über Toralf Staud / Johannes Radke

> Über dieses Buch

> Impressum

> Hinweise zur Darstellung dieses E-Books

Inhaltsverzeichnis

Einleitung»Dortmund ist unsere Stadt«Graffiti-Sprühen statt LagerfeuerabendeSolange es Punks und Migranten traf, interessierte das wenig»Nie wieder Israel«Opfer rechter Gewalt haben Angst, zur Polizei zu gehenWie die braune Bewegung entstandSchon in der DDR: Skinheads, Faschos, Hooligans»Eine stahlharte, weltanschaulich gefestigte Kadertruppe«»Wo sind hier Neonazis?«Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen, Mölln und SolingenCDU, CSU und Bild heizen die Stimmung aufFreie Nationalisten, Befreite Zonen, russische Handgranaten …… und dazu dann auch noch eine ParteiZum Beispiel JenaDie Patchwork-NazisAnything goes: Hip-Hop und Hitler-Büste, Nazischeitel und Kapuzenpulli»Die AN waren für mich eine Befreiung«Der neue Sound, noch härter, noch schneller: »National Socialist Hardcore«Das neue Outfit: Wehrmachtspanzer im Surfer-LookHip-Hop, Graffiti und Videoclips aus dem FührerbunkerUnter dem frischen Lack: die alte völkische IdeologieMittlerweile ist sogar in der NPD Platz für Autonome Nationalisten»Nazis wissen, wie man feiert«Guerilla-PR mit Nazi-FlashmobsAlter Wein in neuen SchläuchenHitleristen gegen Karrieristen, »Achteljuden« gegen »Schädelvermesser«Holger Apfel, der WeichzeichnerDie Camouflage der GewaltGraswurzelrevolution mit Volkstanz und Hartz-IV-Beratung»Freiheit statt Islam« statt »Ausländer raus!«Republikaner, STATT Partei und ein Hamburger AmtsrichterPro Köln – Rechtspopulismus, getarnt als BürgerinitiativePro NRW, Pro Deutschland – und nicht Die FreiheitDie Hauptquartiere des Rechtspopulismus: Internet und BuchladenGegen den Islam – aber was ist mit Israel?Taten statt WorteFünfziger- und Sechzigerjahre: Werwölfe, Antikommunisten und NPD-OrdnerSiebzigerjahre: Die ersten festen Strukturen entstehenAchtzigerjahre: Blutiger Höhepunkt des RechtsterrorismusNeunziger Jahre: Der Terrorismus verblasst hinter StraßenterrorStaatsanwälte hielten den NSU für »keine schlagkräftige Organisation«Ahnungslose Fahnder: »Dazu kann ich nichts sagen«Autonome Nationalisten – die Terroristen von morgen?»Gegen Demokraten helfen nur Granaten«Vom Rechtspopulismus zum rechten Terror in nur einem Jahr»Eine ganz eigene, abgeschottete Welt«Was tun?1. Informieren – und selbst nachdenken2. Hinschauen und Neonazis erkennen3. Nicht unter-, aber auch nicht überschätzen4. Nicht einschüchtern lassen5. Einmischen und Hilfe holen (für Opfer rechter Gewalt)6. Ignorieren oder blockieren?7. Diskutieren oder ausgrenzen?8. … und wenn die NPD plötzlich im Gemeinderat sitzt?9. Die NPD nicht verbieten, sondern widerlegen10. Initiativen gegen rechts und alternative Jugendkulturen unterstützenDankLiteraturverzeichnisAbkürzungsverzeichnis
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Einleitung

Der Rechtsextremismus in Deutschland hat sich in den letzten Jahren tief greifend gewandelt. Er ist zugleich bürgerlicher und militanter geworden

Vergessen Sie die Springerstiefel, bitte! Schlagen Sie sich dieses Bild aus dem Kopf, dieses Bild eines Skinheads in Bomberjacke und hochgeschnürten Springerstiefeln, am besten mit weißen Senkeln.

Wenn Zeitungen über Rechtsextremismus schreiben, egal ob es um rassistische Gewalttaten geht oder um die neue Neonazi-Zentraldatei, um V-Leute oder das NPD-Verbot – immer zeigen sie dieses eine Foto: zwei gewienerte, schwarze Doc-Martens-Stiefel mit hohem Schaft und strahlend weißen Schnürsenkeln, die Person darüber ist weggeschnitten, die Stiefel stehen auf rauem Asphalt, ein paar Herbstblättchen sind noch zu sehen. Man kann das Foto fast eine Ikone nennen. Seit knapp anderthalb Jahrzehnten verbreitet die Nachrichtenagentur dpa diese Aufnahme, und Zeitungen, Fernsehsender und Online-Magazine verwenden es überaus gern.[1]

Doch kaum ein Neonazi sieht noch so aus. Den Bilderbuchskin mit eben solchen Springerstiefeln gibt es praktisch nicht mehr. Weil aber Fotoredakteure weiterhin uralte Bilder zeigen – und damit die Vorstellungswelt ihres Publikums prägen –, erkennt heute die Öffentlichkeit viele Rechtsextremisten nicht mehr.

Der rechte Rand hat sich seit den Neunzigerjahren tief greifend gewandelt: Er hat sich zugleich radikalisiert und verbürgerlicht. Am einen Ende des Spektrums sind die sogenannten Autonomen Nationalisten entstanden, eine junge, äußerst gewaltbereite Strömung der Neonazi-Kameradschaften, die gezielt Polizisten, Journalisten oder politische Gegner angreifen. Am anderen Ende erstarkten die gemäßigten Rechtspopulisten, die sich bürgerlich-konservativ geben und aus vorgeblich freiheitlicher Motivation gegen den Islam hetzen. Zwischen diesen beiden Polen droht die NPD, die im letzten Jahrzehnt die Szene dominierte, regelrecht zerrieben zu werden. Derweil diskutiert die Politik wieder und wieder ein Parteiverbot – und schlägt damit eine schon einmal verlorene Schlacht.

Als im Herbst 2011 zufällig die Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) aufflog, war die Republik geschockt – dermaßen fanatisierte Rechtsextremisten hatte man nicht für möglich gehalten (obwohl es doch in der bundesdeutschen Geschichte reihenweise rechte Terroristen gab). Für einen kurzen Moment schauten Politik und Öffentlichkeit genauer hin und waren erschrocken, was sie sahen: eine Szene, die fähig war, mehr als ein Jahrzehnt lang eine Terroristengruppe vor sämtlichen Sicherheitsbehörden zu verbergen. Polizisten und Geheimdienstler in Bund und Ländern, die unglaubliche handwerkliche Fehler machten und nicht den blassesten Schimmer hatten. Opfer, die jahrelang falschen Verdächtigungen ausgesetzt waren.

Aber auch der NSU lenkt von den Gefahren des gegenwärtigen Rechtsextremismus eher ab, auch er ist gewissermaßen ein Blick zurück: Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe stammten aus dem Zeitalter der Springerstiefel, sie wurden in den Thüringer Neonazi-Kameradschaften der Neunzigerjahre sozialisiert und radikalisiert – sie sind sozusagen die Rechtsterroristen von gestern. Nachdem sie in den Untergrund gegangen waren, entwickelte sich das Milieu, das sie hervorgebracht hat, rasant weiter.

Die Autonomen Nationalisten (AN), seit etwa 2003/2004 innerhalb der neonazistischen Kameradschaften gewachsen, sind das eindrücklichste Beispiel. Bei den linksradikalen Autonomen haben sie sich weit mehr abgeschaut als nur das »Autonom« im Namen: Sie kleiden sich gern schwarz, tragen Kapuzenpullis, Baseball-Mützen und Sonnenbrillen. Ihre Transparente und Aufkleber sind oft im coolen Graffiti-Stil gehalten und scheuen sich nicht vor englischen Slogans. Auf Demonstrationen formieren sie sich als Schwarzer Block – und anders als bisher bei rechten Aufmärschen üblich, folgen sie Anweisungen der Polizei nicht mehr, sondern suchen gezielt die Konfrontation, sie versuchen Sitzblockaden von Gegendemonstranten gewaltsam aufzulösen und Journalisten (die sie als »Büttel des Systems« verachten) zu attackieren.

Die Gewalttätigkeit der AN bewegt sich auf einem Niveau, das neu ist für eine rechtsextremistische Szene. Ihre Übergriffe sind nicht spontan, sondern meist sorgfältig geplant. Mit großem Aufwand spähen sie ihre Feinde aus, »Anti-Antifa-Arbeit« nennen sie das. Die Aktivisten sind oft noch nicht einmal zwanzig Jahre alt und besonders draufgängerisch. Was die Öffentlichkeit von ihnen denkt, ist ihnen ziemlich egal – anders als etwa die NPD, die auf Wahlerfolge aus ist, haben die Autonomen Nationalisten keinen Grund, sich zurückzuhalten. Bereits mehrfach wurden Anhänger der Szene bei Vorbereitungen zu Terroranschlägen ertappt: Im September 2010 etwa verhaftete die Polizei zwei Autonome Nationalisten in Berlin, die mehrere selbst gebaute, mit Glasscherben versetzte Sprengkörper konstruiert hatten.

Aber die Gewalt ist nur die eine Seite der AN. Sie haben tatsächlich geschafft, wovon rechtsextreme Kader seit Jahrzehnten träumten: eine dynamische Jugendbewegung, die gleichermaßen modern wie nationalsozialistisch ist. Inhaltlich sind die AN ganz alte Schule: Sie verehren Hitler und vergöttern seinen Stellvertreter Rudolf Hess, das Programm der NSDAP gilt ihnen als Richtschnur. Äußerlich aber sind sie im 21. Jahrhundert angekommen und auf vielerlei Ebenen modern: sprachlich (sie sind nah am üblichen Jugendslang) und technisch (die Medien Internet und Video beherrschen sie virtuos), akustisch (ihre NS-Hardcore-Musik rockt wirklich) und optisch (sie haben Streetart und Comics adaptiert). Das Ergebnis lässt sich etwa auf der Website strassenkunst.info besichtigen. Dort senden Neonazi-Sprayer Fotos ihrer Arbeiten ein, zum Beispiel SS-Parolen im Graffiti-Stil, und auf ihren Twitter-Kanal weisen die Macher der Seite mit einer gekonnten Cartoon-Zeichnung hin: mit einem Vögelchen (dem bekannten Logo des Kurznachrichtendienstes), das einen Wehrmachtshelm trägt.

Die rechte Jugendkultur ist heute ein lebendiger Kosmos mit einer schier unüberschaubaren Vielfalt an Musik- und Kleidungsstilen. Mit Versandhäusern, Bekleidungsmarken und Musiklabeln ist eine rechte Kulturindustrie gewachsen, die Millionenumsätze macht. Im Unterschied zur proletarisch-brutalen Skinhead-Szene oder der bündisch geprägten Wiking-Jugend verzichten die AN auf strenge Vorschriften. An Musik und Kleidung ist erlaubt, was gefällt. Elemente der angloamerikanischen Jugendkultur wie Hip-Hop oder Kapuzenpullis, die anderen Neonazis als undeutsch gelten, werden von den AN hemmungslos übernommen, Widersprüche zur völkischen Ideologie einfach ausgeblendet. Soziologisch kann man das als Anpassung an den Zeitgeist der westlichen Welt verstehen: Der ist geprägt von inhaltlicher Beliebigkeit und einem Anything-goes, die Oberfläche ist wichtiger als der Inhalt, kaum jemand interessiert sich noch für Ideologien. Jugendliche sind es gewohnt, ihre Identität wie ein Patchwork aus verschiedenen Szenen zusammenzusetzen – und genauso verfahren die Autonomen Nationalisten. Lehrer, Streetworker und Polizisten wissen kaum noch, wie sie diese neuen Nazis erkennen können.

Ein Modernisierungsphänomen vollkommen anderer Art sind die gemäßigten Rechtspopulisten. Islamophobe Gruppen wie »Pro Deutschland« oder die Internet-Seite Politically Incorrect versuchen gezielt, an rechtskonservative und bürgerliche Positionen anzuknüpfen. Sie sehen sich als Kämpfer für das angeblich von Muslimen bedrohte, christliche Abendland und tragen das Bekenntnis zum Grundgesetz vor sich her. Sie betonen ihre Israelfreundlichkeit und unterlaufen so das Rechtsextremismus-Radar: Weil der für die Szene sonst so typische Antisemitismus fehlt, haben die Sicherheitsbehörden sie lange Zeit für relativ harmlos gehalten. Tatsächlich sind spätestens seit der Sarrazin-Debatte viele (kultur-)rassistische Argumentationsmuster salonfähig geworden. Diese Islam- und Linkenhasser sind alles andere als ungefährlich, weil sie durch ihre Propaganda das Meinungsklima nach rechts verschieben und die ideologische Munition liefern für Attentäter wie Anders Breivik in Oslo.

Angesichts dieser Entwicklungen muss sich die NPD neu orientieren, die Wahl des neuen Vorsitzenden Holger Apfel soll dazu der erste Schritt sein. Die einst sieche Altherrenpartei hatte es ab Mitte der Neunzigerjahre geschafft, an die rechte Skinhead-Jugendkultur anzudocken und sich mit den Neonazi-Kameradschaften politische Vorfeldorganisationen zuzulegen. Doch nun bröckelt diese Verbindung. Um bei Wählern erfolgreicher zu sein, setzt Apfel auf ein gefälligeres Image, offene Bezüge zum Dritten Reich will er vermeiden, die NPD soll als »Kümmererpartei« auftreten. Die radikalen Neonazis halten das für Verrat. Seit dem Aufkommen der AN wenden sich immer mehr Kameradschafter von der Partei ab. Weil die aktionistischen AN ungleich attraktiver sind für viele rechtsorientierte Jugendliche, bricht der NPD ein Großteil des Nachwuchses weg.

Obwohl die NPD ihren Dauerkonkurrenten DVU schlucken und die Republikaner marginalisieren konnte, dürfte ihr Aufstieg vorerst beendet sein – bei den Wahlen in ihren Hochburgen Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern gelang ihr 2009 und 2011 der Wiedereinzug in die Landtage nur bei deutlichen Stimmenverlusten. In Thüringen und Sachsen-Anhalt scheiterte, anders als von der Partei erhofft, der Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde. Und in keinem der westdeutschen Bundesländer gelang der Partei in den letzten Jahren auch nur ein Achtungserfolg. Zuletzt kam sie im Mai 2012 in Nordrhein-Westfalen nur noch auf 0,5 Prozent – und lag damit nochmals unter dem bereits enttäuschenden Ergebnis der vorherigen Landtagswahl. Die Rechtspopulisten von ProNRW holten dreimal so viele Stimmen wie die NPD.

Die NPD bleibt auf absehbare Zeit eine Ostpartei, die neben finanziellen Problemen von internen Machtkämpfen geplagt wird. Seit einigen Jahren sinkt die Zahl ihrer Mitglieder, von mehr als 7000 sind nur noch weniger als 6000 übrig. Im Jahr 2014 wird sich die Zukunft entscheiden, dann wird neben Sachsen auch auf Europaebene gewählt, und dann will die NPD groß auftrumpfen: Das Bundesverfassungsgericht hat – von der Öffentlichkeit kaum beachtet – im November 2011 die Fünf-Prozent-Hürde gekippt. Schon ab rund 0,6 Prozent der Wählerstimmen könnte es bei der nächsten Wahl ein Mandat in Straßburg geben – eine für die NPD erreichbare Marke, erst recht, wenn potenzielle Wähler nicht mehr fürchten müssen, dass ihre Stimme durch ein Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde ohnehin verloren ist.

Doch gefährlich ist die NPD nicht wegen irgendwelcher Wahlergebnisse auf Bundesebene. Ihr Ziel ist eine Graswurzelrevolution, in Teilen Sachsens und Mecklenburg-Vorpommerns ist sie damit schon ziemlich weit gekommen. In der Sächsischen Schweiz zum Beispiel gelten die NPDler vielen Leuten als ganz normale Politiker – nicht nur in einigen Dörfern, sondern im ganzen Landkreis lag die Partei bei der letzten Kommunalwahl vor der SPD. Aus der ostdeutschen Provinz wandern immer noch die Jüngeren und Bessergebildeten ab, und von den Zurückbleibenden mögen sich nur wenige gegen die NPD oder auch nur ganz allgemein für die Demokratie engagieren – so haben die Neonazis oft freie Bahn. Sie machen in Sportvereinen und in Eltervertretungen mit, sitzen als ehrenamtliche Schöffen im Gericht. In einem Dorf in Nordsachsen regten sich die Lokalpolitiker auf, als ein NPD-Abgeordneter eine Website startete, die wie die Homepage des ganzen Gemeinderats wirkt – doch sie war einfach so professionell gemacht, dass die offizielle Seite der Gemeinde daneben laienhaft wirkte. In etlichen Dörfern in Vorpommern fährt die Partei zwanzig, manchmal gar dreißig Prozent ein. Sie wird dort gewählt, nicht obwohl, sondern weil ihr Programm an Hitlers Nationalsozialismus erinnert. Überregional interessiert das kaum, denn solange die NPD bei den großen Wahlen unter fünf Prozent bleibt, scheint ja alles in Ordnung.

Auf die größeren Wahlchancen in Ostdeutschland reagierte die Szene mit einer, wie es der Soziologe Andreas Klärner nannte, »taktischen Zivilisierung«: Um gesellschaftliche Stigmatisierung zu vermindern, hielten sich ihre Anhänger mit Gewaltakten eher zurück.[2] Gut möglich, dass es damit bald vorbei ist: Die NPD stagniert, immer mehr Neonazi-Kameradschaften und Autonome Nationalisten wenden sich von ihr ab. Sie könnten dann wieder ungezügelt zuschlagen. Die traurige Normalität zeigt sich besonders in der wärmeren Jahreszeit, wenn sich die Biergärten füllen und Volksfeste stattfinden. An einem einzigen langen Wochenende Anfang 2012 wurden allein in Sachsen-Anhalt fünf Übergriffe bekannt; in Eisleben nahe Halle zum Beispiel wurde eine syrische Familie mit Teleskopschlagstöcken attackiert und teils schwer verletzt, ein Mann wird wahrscheinlich bleibende Augenschäden davontragen; in Langenweddingen bei Magdeburg wurde ein Afrikaner von Rechtsextremen brutal zusammengetreten und erlitt schwerste Kopfverletzungen.

Die jährlichen Verfassungsschutzberichte belegen die zunehmende Radikalisierung: Seit zwanzig Jahren sinkt die Gesamtzahl der organisierten Rechtsextremisten in Deutschland, vor allem durch das Bröckeln der vergleichsweise moderaten Republikaner, dann der DVU, seit 2008 auch den der NPD: Anfang der Neunzigerjahre registrierte das Bundesamt fast 65000, im letzten Bericht 2010 nur noch 25000 Personen.[3] Zugleich aber stieg die Zahl der harten Neonazis kontinuierlich (1990: 1400, 2000: 2200, 2010: 5600), ihr Anteil an der insgesamt schrumpfenden Gesamtzahl wuchs dramatisch.

Doch solche langfristigen Trends gehen unter in der tagtäglichen Nachrichtenflut. Die Rechtsextremisten – inner- und außerhalb der NPD – haben einen längeren Atem als Politik und Polizei, als Medien und Öffentlichkeit. Seit den Neunzigerjahren ist vor allem in Ostdeutschland ein stabiles neonazistisches Milieu gewachsen, und die Organisations- und Demonstrationsverbote des Staates haben vor allem dazu geführt, dass sich dessen Strukturen und Strategien verfeinerten. Zwar hat sich auch die Gegenseite gewandelt, seit Beginn der 2000er-Jahre sind zahlreiche zivilgesellschaftliche Gruppen gegen Rechtsextremismus entstanden. Aber häufig werden sie von lokalen Politikern behindert, die das Problem nicht wahrhaben wollen. Die unionsgeführte Bundesregierung baute nach ihrem Amtsantritt im Jahr 2005 die einschlägigen Förderprogramme so um, dass viele erfolgreiche Projekte nicht mehr hineinpassten. Und das Familienministerium von Kristina Schröder (CDU) stellte alle Antinazigruppen unter Linksextremismusverdacht.

Angesichts der Taten des NSU war im November 2011 das Erschrecken groß. Doch Politik und Behörden hatten sich schnell gefangen, routiniert wurde der übliche Apparat angeworfen. Kommissionen und Untersuchungsausschüsse wurden installiert, die nach Fehlern und Versäumnissen suchen, vor allem aber der Öffentlichkeit Aktivität und Entschlossenheit demonstrieren sollten. Bezeichnend ist die Geschichte der »hochrangigen Expertenkommission«, die Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) am 24. November 2011 mit großem Pomp präsentierte. Sein Parteifreund Wolfgang Zeitlmann gehörte dazu, außerdem der Ex-BKA-Chef Ulrich Kersten sowie Hansjörg Geiger, der ehemalige Leiter von BND und Bundesverfassungsschutz. Höchstpersönlich hatte Friedrich die Kommissionsmitglieder angerufen und zur Mitarbeit gewonnen. Er erwarte sich »Vorschläge für politische Schlussfolgerungen« aus dem Versagen der Sicherheitsbehörden, gab der Minister seinen Experten noch mit auf den Weg.[4] Und dann – passierte nichts.

Schon nach wenigen Wochen rutschten Rechtsterrorismus und -extremismus wieder aus dem öffentlichen Fokus, der Erregungstross zog weiter zum nächsten Thema, diesmal zum Gefälligkeitsfilz um den damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff. »Die Einladung zur konstituierenden Sitzung wurde wieder abgesagt«, erinnert sich das Fast-Kommissionsmitglied Geiger. »Um Weihnachten herum kam dann der zweite Anruf von Friedrich, dass die Kommission doch nicht eingesetzt wird.« Es hieß, sie werde nun nicht mehr gebraucht.

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»Dortmund ist unsere Stadt«

Die Ruhrmetropole wurde zur Hauptstadt der Autonomen Nationalisten – weil Staat und Bürger diesen neuen Nazis nur wenig entgegensetzten

Der Dortmunder Stadtteil Dorstfeld wirkt wie ein kleines Dorf, obwohl er nur fünf U-Bahn-Stationen vom Zentrum der Ruhrmetropole entfernt ist. Im Mittelalter florierte der Flecken, weil er am Übergang einer Handelsstraße über die Emscher lag. Ab 1849 brachte eine Steinkohle-Zeche Arbeit und Wohlstand, aber das ist lange her. Gut 15000 Menschen wohnen heute in Dorstfeld, das Viertel ist eine etwas trostlose Mischung aus Fachwerkhäusern, Bergbauarchitektur und grauen Plattenbauten. Und es ist die Hauptstadt der neuen deutschen Nazi-Szene.

An Laternenpfählen und Stromkästen entlang der engen Straßen haben Rechtsextremisten mit Aufklebern ihr Revier markiert. »Nationaler Sozialismus oder Untergang«, ist darauf zu lesen. Und: »Organisiert die Anti-Antifa«, daneben »Todesstrafe für Kinderschänder«. Jeden Tag werden Aufkleber von Passanten abgerissen, jeden Tag werden wieder neue geklebt. An eine Hauswand ist in Großbuchstaben gesprüht: »Nationaler Widerstand«, daneben ein verbotenes Keltenkreuz. Mehrere Neonazi-WGs haben sich in dem Stadtteil angesiedelt.

Wer als Journalist nach Dorstfeld kommt, macht schnell Bekanntschaft mit der Szene. Auswärtige fallen hier offenbar sofort auf. Meist dauert es nur eine Viertelstunde, bis der erste Neonazi auftaucht und zum Mobiltelefon greift. Per SMS und über Twitter wird nach Verstärkung gerufen. Kurze Zeit später beginnt eine ganze Gruppe, die Reporter auf Schritt und Tritt zu verfolgen und zu bedrohen. Sie sehen Dorstfeld als ihr Hoheitsgebiet, in dem niemand »Fremdes« etwas zu suchen hat – kein Migrant, kein Obdachloser, kein Punk und kein Vertreter der »Systempresse«.

Wer sucht, was in den Medien oft als »National Befreite Zone« bezeichnet wird, braucht nicht in die abgelegene Sächsische Schweiz zu reisen oder nach Vorpommern. Es genügt eine Fahrt ins Ruhrgebiet. Dortmund ist ein beängstigendes Beispiel dafür, was passiert, wenn gut organisierte Neonazi-Kader eine Stadt zu erobern versuchen, Polizei und Justiz gemächlich reagieren, auch die Bürger das Problem lange Zeit nicht wahrnehmen – und dafür, wie schwierig es ist, die Nazis wieder loszuwerden, wenn sie erst ihre Strukturen aufgebaut haben.

Vor allem aber lässt sich in Dortmund besichtigen, was die rechtsextreme Szene momentan gefährlich macht: Neben die altbekannten Skinhead-Gruppen und die NPD ist in den vergangenen Jahren ein neuer Typ Rechtsextremisten getreten, die sogenannten Autonomen Nationalisten (AN). Hinter dieser Selbstbezeichnung stecken junge Neonazis, die sich nicht durch eine besondere Ideologie vom Rest der Szene unterscheiden, sondern vor allem durch ihr Äußeres: Sie kleiden sich modern und sportlich, mit ihren Kapuzenpullis, Turnschuhen und Basecaps sind sie für flüchtige Betrachter kaum von anderen Jugendlichen oder linken Autonomen zu unterscheiden.

Die Erkennungszeichen sind subtil: Die Kapuzenpullis sind von Thor Steinar oder Ansgar Aryan. Die schwarzen Outdoorjacken von unpolitischen Marken wie North Face und Jack Wolfskin. Und auf den bunten Ansteckern, die typischerweise an den Basecaps hängen, stehen Nazislogans wie »Frei, Sozial & National«, »Fuck Israel« oder »Good night left side«. Die Schuhe sind von der britischen Sportmarke New Balance oder von Skatefirmen wie Vans. Zudem sind die Autonomen Nationalisten äußerst gewaltbereit; anders als viele andere Rechtsextreme kennen sie kaum taktische Zurückhaltung, sondern attackieren offen ihre politischen Gegner, Polizisten und Journalisten. In ganz Deutschland gibt es mittlerweile AN-Gruppen, doch ihre Hochburg ist Dortmund und Dorstfeld das Hauptquartier. Seit einigen Jahren halten sie von hier aus die ganze Stadt in Atem.

Als im Januar 2012 am Wilhelmplatz nahe der ehemaligen Dorstfelder Synagoge eine kleine Gedenkfeier für die Opfer des Holocaust stattfand, war das nur unter Polizeischutz möglich. Acht Einsatzwagen standen verteilt in den Seitenstraßen. Beamte in Uniform und Zivil hatten sich im Umkreis postiert. »Wenn die nicht da wären«, sagt eine Anwohnerin, »würden sofort die Idioten kommen und Ärger machen.« So wie bei der Gedenkfeier zur Pogromnacht im Jahr zuvor. Da tauchten die Autonomen Nationalisten vermummt auf, schrien antisemitische Parolen und zündeten Feuerwerkskörper. Die jüdische Gemeinde und Vertreter der Stadt waren geschockt. Bereits ein paar Wochen zuvor hatte die Gruppe »ihr« Viertel mit kleinen Fahnen in den Reichsfarben Schwarz-Weiß-Rot an Laternen, Ampeln und Straßenschildern abgesteckt. Die Feuerwehr brauchte Stunden, um die rechte Propaganda zu entfernen.

Das sind noch die harmloseren Machtdemonstrationen. Kaum jemand, der sich gegen Rechtsextremismus stark macht, scheint in Dortmund sicher zu sein. Die Liste von Anschlägen, Drohungen und Gewalttaten der letzten Jahre füllt mehrere Seiten. Engagierte Jugendliche werden ausgespäht und zusammengeschlagen, Büros von SPD, Grünen und Linksparteien attackiert. Bei der linken Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke werden regelmäßig mit Stahlkugeln die Büroscheiben zerschossen. Am häufigsten trifft es die alternative Kneipe »Hirsch-Q« in der Innenstadt. Ganze 18 Mal wurde die Glasfront zerstört oder beschmiert. Bei einigen Überfällen gab es Verletzte. In der Halbmillionenmetropole haben die Rechtsextremen ein Klima der Angst geschaffen. Überall in der Stadt finden sich ihre Aufkleber mit der Kampfansage »Dortmund ist unsere Stadt«, auch T-Shirts haben sie mit dem Slogan bedruckt.

Die selbstbewusste Parole ist so alt wie die Dortmunder AN, im Jahr 2004 tauchten beide erstmals auf. Im Umfeld der neonazistischen »Kameradschaft Dortmund« sammelte sich damals eine Handvoll junger Rechtsextremisten, denen die Gruppe inhaltlich noch zu wenig radikal und äußerlich zu rückwärtsgewandt war. Vor allem wollten sie Anti-Rechts-Aktivitäten, die in den Vorjahren im Zuge des sogenannten »Aufstands der Anständigen« häufiger geworden waren, offensiv bekämpfen. Man werde »antifaschistische Strukturen zerschlagen und am Boden halten« und »nicht zulassen, dass auch nur eine einzige Veranstaltung linker und antifaschistischer Kreise in dieser Stadt unbeobachtet, unkommentiert und vor allem ungestraft über die Bühne gehen wird«, verkündete die Gruppe im März 2005.[5] Der selbstgewählte Name: »Autonome Nationalisten östliches Ruhrgebiet«. Gemeinsam mit Berliner Neonazis prägten die Dortmunder in den Folgejahren diese neue Strömung des deutschen Rechtsextremismus.

Mit der NPD haben die AN nur wenige Berührungspunkte. Lediglich als Geldgeber wird die Partei ab und zu genutzt, im Gegenzug lassen sich die jungen Aktivisten als Wahlkampfhelfer einspannen. Ein Parteiverbot hätte auf die Szene in Dortmund kaum Auswirkungen. Für parteiförmige Politik interessieren sich die AN ohnehin kaum, sie wollen Action. Aufkleber am Computer selbst zu gestalten ist cooler, als sie sich vom NPD-Materialdienst schicken zu lassen. Die Sticker in nächtlichen Touren an alle möglichen Plätze zu pappen, ist aufregender als alle paar Jahre im Wahlkampf Plakate an vorgeschriebenen Plätzen aufzuhängen. Das Ausspähen von Antifa-Gruppen bietet detektivischen Nervenkitzel, und hier zeigen die AN durchaus Fantasie: Eine Aktivistin nahm einen Job bei einer Telefongesellschaft an, um über die Kundendatei an Privatadressen linker Jugendlicher zu gelangen. Und dann sind da natürlich die gemeinsamen Ausflüge: Die Gruppe ist ungewöhnlich reisefreudig. Sie fahren zu fast jedem größeren Aufmarsch in Deutschland, meist mit einem eigens angemieteten Reisebus. Zu internationalen Naziveranstaltungen in Schweden oder Bulgarien wird sogar geflogen.

Seit 2005 veranstalten die Dortmunder AN jeweils im September einen großen Aufmarsch; »Nationaler Antikriegstag« nennen sie die Veranstaltung zynisch. Tatsächlich feiern sie Hitlers Angriffskrieg auf Polen am 1. September 1939 und vor allem sich selbst. Wer genau hinhört, versteht, worum es in Wirklichkeit geht. »Nie wieder Krieg, nach unserem Sieg«, lautet ein regelmäßiger Sprechchor – im Herzen fiebert man also immer noch dem eigenen Endsieg entgegen. Beim ersten Mal kamen gut 200 Teilnehmer, im Jahr darauf waren es fast 350; 2008 marschierten bereits mehr als tausend Rechtsextremisten durch Dortmund. Als Redner traten unter anderem der ehemalige SS-Untersturmführer Herbert Schweiger und der österreichische Neonazi Gottfried Küssel auf.[6] Längst haben die ANler einen eigenen VW-Bus angeschafft, der als Lautsprecherwagen dient. Inzwischen ist der Termin im bundesweiten Demonstrationskalender der Szene etabliert, hunderte gewaltbereite Rechtsextremisten kommen dafür jedes Mal nach Dortmund und bleiben zum Teil mehrere Tage.

Graffiti-Sprühen statt Lagerfeuerabende

Bis in die Neunzigerjahre war die Nordstadt das bevorzugte Revier der Szene. Doch nach und nach zogen die Autonomen Nationalisten Richtung Dorstfeld und gründeten erste Wohngemeinschaften. Die Mieten waren hier günstig und der Bezirk trotzdem nah an der Innenstadt. Jede Woche traf man sich, meist in Hinterzimmern von Gaststätten. Als nach wiederholten Protesten die Raumsuche immer schwieriger wurde, mietete die Gruppe ein Ladenlokal an der Rheinischen Straße, einer der Dorstfelder Hauptverkehrsadern. Dieses »Nationale Zentrum« nutzen sie nun als Büro und Lagerraum, aber auch für Geburtstagspartys, Rechtsrockkonzerte und Vortragsabende von Holocaustleugnern – und der Getränkeverkauf bei solchen Veranstaltungen hilft beim Decken der Miete.

»Die Autonomen Nationalisten haben es geschafft, in der Stadt eine extrem rechte Erlebniswelt aufzubauen, die auch über den harten Kern hinaus Jugendliche anzieht«, sagt der Sozialwissenschaftler Jan Schedler von der Ruhr-Universität Bochum, der das Phänomen seit Jahren beobachtet. Die Erlebnisorientiertheit mache den Rechtsextremismus viel attraktiver als früher.

Der Stil der AN ist eine direkte Reaktion auf das urbane Umfeld. Mit der am Mainstream orientierten Kleidung können die Aktivisten leichter in der Masse untertauchen als klassische Skinheads – sind für Gleichgesinnte aber trotzdem noch zu erkennen. Statt Lagerfeuer und Sonnenwendfeiern wie in vorpommerschen Dörfern gibt es in Dortmund nun Graffiti-Sprühen und Nazi-Hip-Hop als rechtsextremen Zeitvertreib. Aus anfänglich fünf bis zehn Aktivisten wurde über die Jahre eine dynamische Jugendszene mit einem harten Kern von schätzungsweise 50 Leuten. Dabei geholfen, so Schedler, habe eine »Politik des Ignorierens von Polizei, Stadt und Medien«. Zeitungen versuchten anfangs, gar nicht über die neuen Neonazis zu berichten. Als Schulklassen vor einem AN-Aufmarsch Protestplakate malten und an der Route aufhängten, wurden die über Nacht von der Polizei entfernt. Begründung: Man solle die Neonazis nicht provozieren. Gewalttaten gegen nicht-rechte Jugendliche wurden von den Behörden lange als »Auseinandersetzung unter rivalisierenden Jugendgruppen« bagatellisiert.

»Wenn man die Aktivitäten der vergangenen Jahre betrachtet, gewinnt man den Eindruck, dass die Neonazis vor Ort offenbar lange das Gefühl hatten, sie könnten in Dortmund quasi alles machen, was sie wollen, ohne mit ernsthaften Konsequenzen rechnen zu müssen«, sagt Schedler. Ein früheres Mitglied der Szene bestätigt das. »Gerade in Dortmund haben wir uns oft gewundert, wie es sein kann, dass wir solche Dinge tun, wie körperliche Angriffe auf Antifaschisten, ohne dass es Konsequenzen gegeben hat. Dass wir entweder gar nicht festgenommen wurden, es gar nicht zur Anzeige kam oder dass die Anzeige eingestellt wurde.«[7]

Wie die AN engagierte Bürger systematisch terrorisieren, zeigt der Fall der Familie Engelhardt. Die Dorstfelder Musiklehrerin Barbara Engelhardt hatte 2008 begonnen, die zahlreichen Naziaufkleber auf dem Weg zu ihrer Arbeit abzureißen. Ihr 18-jähriger Sohn wurde auf einer Demonstration gegen rechte Gewalt von den »Anti-Antifa-Fotografen« fotografiert. Daraufhin begannen die Drohungen. Erst im Internet, später per Brief, dann übers Telefon. Ganz offen postierten sich Neonazis abends immer wieder vor dem Wohnhaus der Engelhardts. Die Polizei sah darin keine Straftat und nahm die Anzeige der Familie nicht an. Nachts wurde das Auto mit schwarzer Farbe angesprüht und mit Aufklebern beklebt. Die Polizei stellte die Ermittlungen nach kurzer Zeit ein. Als Nächstes wurden alle Scheiben des Autos eingeschlagen. Dann flog nachts ein Pflasterstein durch das Küchenfenster. Kein Täter wurde gefasst.

Erst als die Familie sich an die Medien wandte, begannen Polizei und Politik zögerlich zu reagieren. Die AN blieben unbeeindruckt. Während Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) bei einer Pressekonferenz den Engelhardts seine Unterstützung zusicherte, standen vor dem Gebäude unbehelligt Neonazis und verteilten Flugblätter mit Porträtfotos der Familie: »Vorsicht: Kriminelle Linksextremisten in Dorstfeld!«

»Wieso kann die Polizei einen normalen Bürger nicht beschützen?«, fragte die Musiklehrerin. Es habe sich lediglich um schwer aufzuklärende Sachbeschädigungen gehandelt und nicht um körperliche Angriffe, lautete die nüchterne Antwort des damaligen Polizeichefs. Die Familie gab schließlich auf und zog 2009 in eine andere Stadt. Die Neonazis hatten gewonnen.

Aber warum ausgerechnet Dortmund? Hier in der gefeierten Ruhrmetropole, der Fußballstadt, dem multikulturellen Schmelztiegel mit den Kindern und Enkeln Tausender Gastarbeiter, die in den Fünfziger- und Sechzigerjahren angeworben wurden. Die NPD war in Dortmund nie besonders stark, bei der Landtagswahl 2010 erhielt sie lediglich 1,1 Prozent der Zweit- und 1,5 Prozent der Erststimmen – vielleicht lag es an solchen Wahlergebnissen, dass man sich nicht vorstellen konnte, ein Problem zu haben.

Vielleicht war man aber auch einfach sehr vergesslich. In den Achtzigerjahren nämlich war Dortmund überregional bekannt für gewalttätigen Rechtsextremismus. Vom Fußballstadion aus machte die berüchtigte »Borussenfront«, angeführt vom späteren Landesvorsitzenden der neonazistischen FAP, Siegfried Borchardt, die Nordstadt unsicher. Auch wenn es heute in Dortmund nur noch lose Verbindungen der Neonaziszene in die Fankurven gibt, blieb Borchardt (Spitzname »SS-Siggi«) ein in der Szene und auch bei den AN angesehener Kader und taucht bei vielen bundesweiten Aufmärschen auf. Für eine Borussenfront-Jubliäumsparty stellten die AN 2011 den Nazi-Hooligans ihr Zentrum zur Verfügung.[8]

Innerhalb von sechs Jahren wurden fünf Menschen von Neonazis getötet – doch nicht einmal das rüttelte die Dortmunder Öffentlichkeit auf, wohl auch, weil zunächst keiner der fünf es in die staatliche Statistik über Todesopfer rechter Gewalt schaffte: Im Juni 2000 erschoss der Rechtsextremist Michael Berger bei einer Polizeikontrolle einen Beamten, auf der Flucht zwei weitere (und am Ende sich selbst). Der 31-Jährige hatte sich zuvor selbst als Freund von »SS-Siggi« bezeichnet.[9] Auf seinem Auto klebte das Logo der Naziband Landser. In seiner Wohnung fand die Polizei fünf Schusswaffen, eine Splitterhandgranate, Munition und Mitgliedsausweise der DVU und der Republikaner. Dortmunder Rechtsextremisten druckten nach den Taten Aufkleber. »Berger war ein Freund von uns! 3:1 für Deutschland.« Doch weil sich, wie es hieß, keine direkte politische Motivation für die Schüsse habe nachweisen lassen, wurde die Tat von der Polizei und damit auch von der Öffentlichkeit nicht als rechtsextremistisch gewertet.

Am Ostermontag 2005 traf es den Punk Thomas Schulz. In der U-Bahn-Station Kampstraße kommt es zu einem Wortgefecht zwischen dem 32-jährigen Familienvater und dem damals 17-jährigen Nazi-Skinhead Sven Kahlin. Der zieht ein beidseitig geschliffenes Wurfmesser aus seiner Bomberjacke und sticht seinem unbewaffneten Opfer direkt ins Herz. Schon wenige Tage danach tauchen in der Stadt höhnische Plakate auf: »Wer sich der Bewegung in den Weg stellt, muss mit den Konsequenzen leben.« Als rechtsextremistische Tat wird der Fall trotzdem nicht gewertet. Auch die Zwickauer Terrorzelle NSU mordete in Dortmund. Im April 2006 wurde der Kioskbesitzer Mehmet Kubaşık in seinem Geschäft erschossen, bekanntlich verkannte auch hier die Polizei jahrelang die politischen Hintergründe. Ungeklärt ist, ob möglicherweise örtliche Neonazis die Tat mit vorbereitet haben.

Solange es Punks und Migranten traf, interessierte das wenig

Aufgewacht seien die Dortmunder erst am 1. Mai 2009, sagt der Wissenschaftler Jan Schedler. An jenem Tag überfielen knapp 300 Neonazis aus dem AN-Spektrum eine Maidemonstration des DGB. Am Hauptbahnhof hatte sich die Gruppe zuvor unter dem Vorwand gesammelt, zu einem Aufmarsch nach Hannover fahren zu wollen. Doch auf ein Signal hin stürmten sie in die Innenstadt, bis sie auf die Gewerkschaftsveranstaltung trafen. Mit Fahnenstangen, Fäusten und Böllern attackierten sie Teilnehmer und Polizisten. Die Stadt war geschockt von der geballten Brutalität des schwarz vermummten Nazimobs, der plötzlich prügelnd durch die Innenstadt zog. »Als die Opfer noch Migranten, Punks und Obdachlose waren, haben die Angriffe niemanden interessiert«, sagt ein Dortmunder Antifa-Aktivist. »Erst als die Nazis anfingen auch Leute aus der Mitte der Gesellschaft zu bedrohen, begann sich etwas zu ändern.«

Hartmut Anders-Hoepgen bestreitet dies. Schon lange vor dem Angriff auf den DGB habe man das Problem im Blick gehabt, betont der ehemalige Dortmunder Superintendent. Tatsächlich richtete die Stadt bereits 2007 eine Koordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus ein, die Anders-Hoepgen leitet. Doch da war es wohl schon zu spät – denn die AN hatte sich bereits in Dortmund etabliert, und zivilgesellschaftliche Aktivitäten gegen Neonazis brauchen stets ihre Zeit.

Anders-Hoepgen mit seinem grauen Bart und den Lachfalten im Gesicht strahlt eine Freundlichkeit und Ruhe aus, wie man sie von Pfarrern kennt. Unter der Obhut des 67-Jährigen hat sich in Dorstfeld ein Runder Tisch gegen Rechts zusammengefunden. Mit Broschüren begannen dessen Mitglieder das Viertel aufzuklären. Viel habe sich schon getan, sagt Anders-Hoepgen. »Die Dorstfelder schauen inzwischen genauer hin, was hier passiert.« 200000 Euro stellte die Stadt 2011 für die Koordinierungsstelle bereit – viel Geld in Zeiten leerer Kassen.

Fast sein ganzes Leben hat der Geistliche in Dortmund verbracht. Er weiß noch genau, wie die Borussenfront für Angst sorgte oder 2003 die Wehrmachtsausstellung in Dortmund Station machte, ein nie geklärter Buttersäure-Anschlag verübt wurde und Tausende Neonazis gegen die Schau demonstrierten. Schon damals organisierte er den kirchlichen Teil der Proteste. »Da kamen wir noch nah an den Aufmarsch heran und haben die ausgepfiffen«, erinnert er sich. Heute hingegen verhinderten massive Polizeisperren Proteste in Sichtweite der Neonazis.

Es gibt auch andere Möglichkeiten, den AN ihr Revier streitig zu machen. Ende 2011 kaufte die Stadt das Haus in der Rheinischen Straße, in dem die Neonazis ihr Basislager haben. Die Szene hatte es selbst erwerben wollen, »aber wir haben es denen vor der Nase weggeschnappt«, sagt Anders-Hoepgen und strahlt dabei. Kurz danach schickte die Stadt den Neonazis eine Kündigung, die klagten dagegen. Doch die Stadt pocht auf Eigenbedarf, sie will in den Räumen ein Jugendzentrum einrichten, einen Freiraum für nicht-rechte Jugendliche in der Herzkammer der rechten Szene.

Anders-Hoepgen kennt die Dortmunder Neonazis so gut wie kaum sonst jemand. Rund 50 Leute bildeten »den harten Kern«, sagt er, eigentlich eine überschaubare Gruppe. Entscheidend sei jedoch das enorme Mobilisierungspotenzial. »Der Giemsch schickt eine SMS, und ein paar Stunden später sind 200 Neonazis aus den umliegenden Städten da.«

Dennis Giemsch – das ist die unangefochtene Führungsfigur der AN-Szene in Dortmund, aber auch in Nordrhein-Westfalen, wahrscheinlich sogar bundesweit. Im Jahr 1999, da war er gerade 14 Jahre alt, wurde Giemsch erstmals bei NPD-Aufmärschen gesehen, damals noch als Klischee-Nazi mit Braunhemd und Seitenscheitel. Damals knüpfte er erste Kontakte zur Kameradschaft Dortmund. Ein paar Jahre später gehörte er zu jener Gruppe junger Neonazis, die sich von der traditionellen Dortmunder Szene löste. Gemeinsam mit Berliner Kameraden entwarf er den neuen Stil der AN. Man kannte sich von Aufmärschen und anderen Veranstaltungen. Die Entwicklung des AN-Konzepts wurde vor allem in einem internen Internetforum entworfen, die Berliner diskutierten dort mit den Dortmundern, wie man das eigene Auftreten modernisieren kann. Giemschs Idee war es auch, dass Gesinnungsgenossen aus der Region und sogar aus anderen Bundesländern nach Dorstfeld ziehen. Seine Aufrufe, die als Mundpropaganda kursierten, hatten tatsächlich Erfolg. Schnell stieg die Zahl der Neonazi-WGs und danach auch die Aktivitäten der Szene.

Heute ist Giemsch einer der umtriebigsten Kader der Region: Er fungiert als Anmelder zahlreicher Aufmärsche, ist Anführer des »Nationalen Widerstand Dortmund«, wie sich die Dortmunder AN inzwischen bezeichnen. Meist tritt Giemsch in der Öffentlichkeit mit legerem Wollpullover und Jeans auf. Im Vergleich zu seinen oft schwarz vermummten Gefolgsleuten wirkt er so geradezu seriös. Doch sein Äußeres täuscht. Frühere Weggefährten beschrieben ihn als glühenden Nationalsozialisten und Hitler-Verehrer. Giemsch sei nicht dumm, könne gut planen und organisieren und Menschen für sich begeistern, erzählen Aussteiger.

»Nie wieder Israel«

Dortmund, ein kühler Samstag im September 2008. Die Autonomen Nationalisten haben zu ihrem jährlichen »Antikriegstag« eingeladen, diesmal lautet das Motto: »Gegen imperialistische Kriegstreiberei und Aggressionskriege«. Über 1000 Neonazis, umringt von Hunderten Polizisten, marschieren durch den Stadtteil Körne. Sogar aus Tschechien, Großbritannien und den Niederlanden sind Teilnehmer angereist. Der Altersdurchschnitt liegt weiter unter 30. Es gibt kaum jemanden, der hier keine schwarze Windjacke, Turnschuhe von New Balance und die obligatorische Sonnenbrille trägt. Frauen sind nur vereinzelt zu sehen. »Für den Frieden jederzeit ein Ja, für die Aberkennung deutscher Ehre stets ein Nein!«, steht auf dem schwarzen Fronttransparent. Ein Zitat von Adolf Hitler. Dahinter, im Schwarzen Block der Autonomen Nationalisten, wehen Dutzende schwarz-weiß-rote Fahnen. Eine stimmige Inszenierung. Giemsch läuft stolz vorneweg.

»Volksverräter« nennt er die deutschen Politiker. Immer wieder baut er in seine Reden antisemitische Chiffren ein, etwa den »Zinskapitalismus«. Anders als die meisten Funktionäre liest Giemsch seine Texte nicht vom Blatt ab. Und er ist bekannt dafür, dass er seine Ausführungen gern mit Hitler-Zitaten beendet. Nicht viele in der Szene trauen sich das. Auch deshalb kommt Giemsch an bei den Jugendlichen mit ihren in die Luft gestreckten Fäusten. »Israel Opferstaat, wir haben dich zum Kotzen satt«, brüllen sie, und: »Nie wieder Israel!«

Als die Polizei den Zug kurz stoppt, kommt es sofort zu Rangeleien. Böller fliegen auf die Beamten. Jeder Knall wird mit Applaus und Pfiffen gefeiert. Die Polizisten setzen ihre Helme auf und drängen die Neonazis mit Pfefferspray zurück. Jetzt gibt Giemsch den professionellen Vermittler, während die Jungs hinter ihm »All cops are bastards« rufen, »Alle Bullen sind Bastarde«. Als Giemsch einmal gefragt wurde, ob er Sorge vor der Arbeit der Polizei habe, schmunzelte er: »Nein, vor der Polizei müssen wir doch keine Angst haben.«[10] Die Beamten seien schließlich »Freund und Helfer« für »alle Bürger«.

Heute spricht der AN-Kader nicht mehr mit Journalisten. Mit seiner Freundin und dem gemeinsamen Kind ist er in einen anderen Stadtteil gezogen. Doch die rechtsextreme Erlebniswelt, die er in Dorstfeld geschaffen hat, ist geblieben, und der junge Vater zieht weiter die Fäden beim »Nationalen Widerstand Dortmund«. Giemsch ist zudem Geschäftsmann und weiß, wie man mit rechtsextremer Ideologie Geld verdient. Sein Versand Resistore ist einer der bekanntesten im Milieu. Sturmhauben, Stahlzwillen, Pfefferspray, Rechtsrock-CDs und Propaganda – bei ihm bekommt die braune Kundschaft alles, was sie begehrt. Zudem versorgt er über seinen Webserver Dutzende AN-Gruppen in ganz Deutschland mit Speicherplatz für ihre Internetseiten. Seinen Versandhandel hat er ausgerechnet mit Steuergeldern des Staates aufgebaut, den er am liebsten abschaffen will. Im Jahr 2006 erhielt er sechs Monate lang eine Förderung vom Jobcenter. Erst als Antifa-Gruppen die Behörde über sein Geschäft informierten, wurde das Geld 2009 zurückgefordert.

Trotz seiner antisemitischen Hetze wurde Giemsch noch nie verurteilt, doch zumindest das könnte sich ändern. Geschlagene drei Jahre nach dem Angriff auf die DGB-Kundgebung begann im April 2012 vor dem Amtsgericht Dortmund der Prozess gegen Giemsch und seine rechte Hand, Alexander D. Vier Wochen zuvor hatte Giemsch noch lautstark und im Black-Block-Outfit einen Aufmarsch gegen die Räumung seines Nazizentrums in Dorstfeld angeführt. An diesem Morgen vor Gericht gibt er sich betont bieder, sitzt in weißem Kragenhemd und gestreiftem Pullover mit V-Ausschnitt auf der Anklagebank. Wüsste man es nicht besser, man würde ihn für den harmlosen BWL-Studenten von nebenan halten. Von seiner Aktenmappe hat er extra den Aufkleber abgerissen. Fein säuberlich legt er vor sich einen Schreibblock, Stifte und seine Uhr ab. Nervosität ist ihm kaum anzumerken, dabei droht ihm bei einer Verurteilung eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, den Angriff auf die Gewerkschafter organisiert und angeführt zu haben. Er habe in 22 Jahren noch nie eine so heikle Situation erlebt, berichtet ein Polizist im Zeugenstand. »Das war ein Mob«, sagt er, »an die kamen sie kommunikativ nicht mehr heran. Keine Chance.« Die vermummten Neonazis hätten auch ihn sofort angegriffen.

Das sei eine spontane Aktion gewesen, auf die er keinen Einfluss gehabt habe, erwidert Giemsch kühl. Den Einwurf des Staatsanwalts, dass sich 400 Neonazis doch ohne Anführer kaum von selbst in Bewegung setzen, kontert er: »Da unterschätzen sie uns.« Sein Mitangeklagter Alexander D. behauptet gar, mäßigend auf die Menge eingewirkt zu haben. »Ich bin nur mitgegangen, um eventuell Schlimmeres zu verhindern.« Schließlich habe »Gewalt nie einen Nutzen«. D. wird es wissen. Schließlich laufen derzeit drei weitere Verfahren gegen ihn, unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung.

Der Zuschauerraum ist mit 50 Personen komplett gefüllt. Nur einmal lächelt Giemsch seiner Gefolgschaft kurz zu. Zwischen Autonomen Nationalisten und tätowierten Naziskins sitzt ein alter Bekannter: SS-Siggi von der Borussenfront. Das Urteil wird erst im Sommer erwartet, eine Verurteilung gilt nach den ersten Prozesstagen als unwahrscheinlich – auch weil sich die Staatsanwaltschaft mit der Anklageschrift viel Zeit gelassen hatte, drei Jahre nach dem Angriff ist bei vielen Zeugen die Erinnerung verblasst.

Opfer rechter Gewalt haben Angst, zur Polizei zu gehen

Im November 2011 hat die Stadt Dortmund eine unabhängige Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt eingerichtet. Bei »Back Up« kann sich melden, wer angegriffen oder bedroht