Notärztin Andrea Bergen 1382 - Hannah Sommer - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1382 E-Book

Hannah Sommer

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Beschreibung

Und dann kam Betty

Nach dem tragischen Unfalltod seiner Frau zieht sich Dr. Sven Neuer immer mehr zurück - dabei sehnt er sich nach Glück und Unbeschwertheit. Doch wo man unbeschwert ist, da lauern auch Gefahren, meint er - und die will er für die Zukunft unbedingt ausschließen: vor allem für seinen geliebten Sohn Jamie. Aber als er die vor Energie nur so sprühende Betty trifft, stellt sie sein Leben gehörig auf den Kopf. In jeder Hinsicht ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Und dann kam Betty

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: YuriyZhuravov / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 9-783-7325-8279-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Und dann kam Betty

Bei allem Verständnis, das ich für meinen Kollegen Dr. Sven Neuer habe – ich finde, er übertreibt gewaltig! Am liebsten würde er seinen Sohn Jamie in Watte packen, aus Angst, dem Jungen könnte etwas zustoßen. Ich weiß, dass Svens Furcht ihren Ursprung im tragischen Unfalltod seiner geliebten Frau Miriam hat, doch Jamie muss endlich wieder am Leben teilnehmen und glücklich sein dürfen. Für den Jungen, der an ADHS leidet, wäre es so wichtig, positive Erfahrungen zu sammeln!

Mit viel Mühe habe ich einen kleinen Erfolg erzielt und Sven überzeugt, dass Jamie Reitstunden auf dem Marienhof nehmen darf: bei der einfühlsamen und hübschen Reittherapeutin Betty, die Jamie sehr gutzutun scheint. Und nicht nur Jamie! Ich hege allergrößte Hoffnungen, dass auch Sven bei ihr auftaut und „zu neuem Leben“ erwacht …

O mein Gott, gerade ist ein Notruf vom Marienhof eingegangen: Jamie ist nach einem schweren Sturz vom Pferd bewusstlos! Für Sven scheint sich das Schicksal auf unfassbare Weise zu wiederholen! Bin ich daran schuld?

„Schneller, Thunder, schneller!“ Betty Köhler trieb ihren Hengst zum Galopp an.

„Uns holst du nicht ein!“, rief Nina Williams lachend über ihre Schulter, während die beiden Freundinnen dicht hintereinander auf ihren Pferden über die grüne Wiese preschten.

„Ha! Abwarten!“ Betty gab Thunder einen weiteren Impuls, und der Hengst holte ein gutes Stück auf. „Wer zuerst an der alten Buche ist!“

Jetzt trieb auch Nina ihre Fuchsstute noch etwas mehr an. Mit wehender Mähne, begleitet vom Lachen der beiden Freundinnen, galoppierten die Pferde dem festgesetzten Ziel entgegen.

„Gewonnen!“, sagte Nina, umrundete mit ihrer Fuchsstute den anmutigen Baum und streckte triumphierend eine Faust in den strahlend blauen Himmel. „Ich hab’s dir doch gesagt. Wir sind einfach zu schnell für euch.“ Sie zügelte Antonia und kam zum Stehen.

Betty nahm ebenfalls die Zügel an, und ihr weißer Hengst wurde langsamer.

„Nur weil ihr einen Vorsprung hattet“, beharrte sie. „Nächstes Mal gewinnen wir wieder.“ Sie sah auf die Uhr. „Oh, wir müssen zurück zum Hof. Die nächste Stunde mit Timo geht gleich los.“

Die Freundinnen lenkten ihre Pferde auf den Feldweg und machten sich im Schritttempo auf den Weg zurück zum Reiterhof.

„Timo hat in den letzten Monaten gute Fortschritte gemacht“, sagte Nina. „Er ist richtig aufgetaut und viel selbstbewusster geworden.“

Betty nickte. Sie war als Reittherapeutin auf dem Marienhof tätig und betreute seit mehreren Jahren den behinderten Jungen.

„Er hat mittlerweile auch viel weniger Bewegungsschmerzen als am Anfang.“

„Es ist wirklich toll, wie gut ihm die Therapie tut.“

„Ja, und es ist wesentlich gesünder als die vielen Medikamente, die er vorher nehmen musste“, stimmte Betty zu.

Plötzlich hob Thunder den Kopf und blieb stehen. Er musste etwas gehört haben, denn er spielte nervös mit den Ohren.

Betty folgte seinem Blick und sah den Traktor, der von einem Feld auf den ausgefahrenen Weg einbog, der sich in einigen Metern Entfernung mit ihrem kreuzen würde.

„Ist schon gut, mein Großer“, flüsterte Betty und klopfte dem Pferd beruhigend den Hals. Zur Sicherheit nahm sie die Zügel etwas kürzer.

Thunder hatte vor einigen Jahren eine schlechte Erfahrung mit einem Traktor gemacht. Seitdem mied er die lärmenden Maschinen und war jedes Mal stark verunsichert, wenn er ihnen nicht ausweichen konnte.

Betty spürte seine Nervosität deutlich, und als das Pferd jetzt unruhig zu tänzeln begann, war sie besonders aufmerksam.

„So etwas Dummes, der Traktor kommt auf uns zu!“, sagte Nina, die das Geschehen ebenfalls beobachtete.

„Ja, ich sehe es, aber da muss Thunder jetzt einfach durch. Antonia ist ja an seiner Seite, und er muss lernen, dass er keine Angst davor zu haben braucht.“

Betty trieb Thunder zum Gehen an, doch das Pferd machte nur ein paar Schritte in Richtung Nina und Antonia und blieb dann wieder wie versteinert stehen. Mit gespitzten Ohren verfolgte es, wie das Fahrzeug auf die Kreuzung zusteuerte.

Jetzt war der Traktor fast auf ihrer Höhe, und Betty wollte gerade erleichtert aufatmen, weil Thunder zu ihrer Überraschung nicht die Flucht ergriffen hatte. Doch da passierte es: Der Traktor hatte eine Fehlzündung, ein lauter Knall durchbrach die angespannte Stille, und kaum einen Augenblick später stieg Thunder auf die Hinterbeine, wieherte schrill und galoppierte im selben Moment los.

Obwohl Betty besonders aufmerksam gewesen war, überraschte sie die heftige Reaktion ihres Pferdes. Sie hatte damit gerechnet, dass Thunder vielleicht nervös auf der Stelle tänzeln, möglicherweise sogar einen Satz zur Seite machen würde. Aber dass er sich aufbäumen und davongaloppieren würde, war selbst für sie überraschend.

So gut es ging, versuchte sie, das Tier wieder unter Kontrolle zu bekommen, doch Thunder hatte nur im Kopf, so weit wie möglich von der unheimlichen Maschine zu fliehen.

„Beruhige dich!“, redete Betty auf das Tier ein. „Ho! Steh!“

Aber als jetzt eine zweite Fehlzündung zu hören war und sich Thunder erneut aufbäumte, verlor Betty den Halt und stürzte aus dem Sattel. Sie versuchte, den Sturz abzufangen, als im selben Moment ein stechender Schmerz durch ihre Hand fuhr und sie unsanft im Gras landete. Das Pferd galoppierte panisch davon.

O nein, Thunder!, schoss es ihr durch den Kopf. Hoffentlich rannte er nicht auf die Straße! Sie musste ihn unbedingt wieder einfangen! Aber als sie sich jetzt aufstützte, zuckte erneut ein brennender Schmerz durch ihre Hand.

Gleich darauf hörte sie Hufgetrappel auf dem erdigen Boden und blickte Nina ins Gesicht.

„Betty, o mein Gott! Ist alles okay mit dir?“, rief die Freundin besorgt.

„Alles gut!“, antwortete Betty zerknirscht, während sie sich aufrappelte. Doch das war gar nicht so einfach mit der schmerzenden Hand. „Wir müssen Thunder unbedingt einfangen! Er darf nicht auf die Straße laufen.“

„Du brauchst einen Arzt!“, sagte Nina mit tonloser Stimme. „Du bist im Galopp gestürzt!“

„Es geht wirklich“, flunkerte Betty, die sich mittlerweile auf die Seite gerollt hatte und auf den Ellbogen aufstützte.

Doch Nina hatte schon ihr Smartphone gezückt und den Notruf gewählt.

„Ja, hallo? Hier ist Nina Williams. Meine Freundin hatte einen Reitunfall. Sie ist vom Pferd gestürzt …“

Betty schloss für einen kurzen Moment die Augen. Sie musste zugeben, dass sich ihr ganzer Körper hölzern und unbeweglich anfühlte.

Nina hatte recht. Sie musste sich untersuchen lassen. Momentan waren ihre Muskeln von dem Schrecken noch so angespannt, dass sie nicht mit Gewissheit sagen konnte, ob sie sich nicht doch ernsthaft verletzt hatte.

Da bemerkte sie, dass ihre Handfläche blutete. Sie musste bei dem Sturz auf einen spitzen Stein gefallen sein. Es war besser, wenn sich das ein Arzt ansah.

„Wir müssen Thunder suchen!“, beharrte Betty, als sie endlich wieder auf den Beinen war.

„Du setzt dich lieber sofort hin!“, befahl Nina in strengem Ton. „Ich rufe jetzt auf dem Hof an, damit sie einen Suchtrupp losschicken. Ich bleibe bei dir.“

***

Dr. Andrea Bergen, die Notärztin des Elisabeth-Krankenhauses, saß im Bereitschaftsraum und blätterte in einer Zeitschrift. Heute war ein eher ruhiger Tag in der Notaufnahme, und bis jetzt hatten sie erst zwei Einsätze gehabt.

„Ach, so könnte es doch jeden Tag sein“, seufzte Jupp Diederichs zufrieden, der Fahrer des Rettungsteams.

„Sag das lieber nicht“, entgegnete Ewald Miehlke, der Rettungsassistent. „Am Ende sind wir noch arbeitslos.“

„Besser sind wir arbeitslos, als dass sich Unmengen von Menschen verletzen“, meinte Jupp Diederichs und biss in sein belegtes Brötchen.

„Da muss ich Jupp recht geben“, meinte die Notärztin amüsiert.

„Wir könnten ja zukünftig nur noch Schwangere einliefern“, schlug der Fahrer des Rettungswagens vor und zwinkerte seinem Kollegen neckend zu. „Das wäre eine schöne Aufgabe.“

„Bloß nicht!“, rief Ewald. Er hatte mit schwangeren Patientinnen so seine Probleme, denn einmal war im Rettungswagen unter dramatischen Umständen ein Baby zur Welt gekommen, das es besonders eilig gehabt hatte. Ewald hatte dabei Blut und Wasser geschwitzt. Trotzdem wusste die Notärztin, dass sie sich im Ernstfall voll und ganz auf ihr Team verlassen konnte.

„Vorausgesetzt natürlich, das Kleine lässt sich schön viel Zeit“, setzte Jupp hinzu.

„So wie du beim Essen, was?“, neckte Ewald Miehlke ihn seinerseits und goss sich einen Kaffee ein.

Schmunzelnd blätterte Andrea Bergen eine Seite in ihrer Zeitschrift um.

„Ich bin eben ein wahrer Genießer“, verteidigte sich der Fahrer.

„Ja, das sieht man“, stimmte Ewald zwinkernd zu und tätschelte im Vorbeigehen Jupps Bauch.

Da meldete sich Andrea Bergens Pager. „Einsatz auf dem Marienhof“, las sie laut vor, was auf dem kleinen Display stand. „Patientin. Sturz von einem Pferd.“

Sofort hatte das Team seine Kabbeleien vergessen und war auf den Beinen. Mit raschen Schritten liefen sie zur Fahrzeughalle, in der der Rettungswagen geparkt war, und wenige Augenblicke später fuhren sie mit Blaulicht und Martinshorn die Einfahrt des Elisabeth-Krankenhauses entlang.

***

Nina hatte ihre Fuchsstute mittlerweile an der alten Buche angebunden und kümmerte sich jetzt um Betty, als sie den Krankenwagen auf dem Feldweg entdeckte. Sie winkte mit großen Armbewegungen, um auf sich und Betty aufmerksam zu machen.

„Gleich sind sie da“, sagte Nina zu ihrer Freundin.

Der Rettungswagen kam ein paar Meter entfernt zum Stehen, und eine Frau und zwei Sanitäter stiegen aus und liefen mit raschen Schritten auf die beiden zu.

Erleichtert erkannte Betty, dass es sich um Andrea Bergen handelte. Sie kannte die Notärztin, denn ihre Tochter Franziska nahm ebenfalls bei ihnen Reitunterricht.

„Frau Köhler, was ist passiert?“, fragte Andrea Bergen besorgt und stellte den Rettungskoffer neben ihrer Patientin ab.

„Ich bin vom Pferd gestürzt“, sagte Betty kläglich.

Andrea kniete sich zu ihr ins Gras.

„Tut Ihnen etwas weh? Der Kopf vielleicht?“

Betty verneinte. „Der war zum Glück gut geschützt.“ Sie klopfte auf den Reiterhelm neben sich. „Aber meine Hand tut weh. Sie blutet. Ich habe versucht, den Sturz abzufangen, und muss dabei ungünstig aufgekommen sein.“

„Das sehe ich mir gleich mal an“, sagte die Notärztin, wickelte das Taschentuch ab, das Betty darum geschlungen hatte, und tastete behutsam die Hand und das Handgelenk ab. Dann bat sie Betty, die Finger vorsichtig zu bewegen. „Jupp, bitte geben Sie mir Desinfektionsmittel und Tupfer“, bat Andrea Bergen dann.

Einer der beiden Sanitäter kniete sich neben die Notärztin, öffnete den Koffer und reichte ihr einen steril verpackten Tupfer und eine Sprühflasche.

„So, das wird jetzt gleich ein bisschen brennen“, informierte Andrea die Patientin und sprühte ein paar Pumpstöße von dem Desinfektionsmittel auf die Wunde.

Betty biss die Zähne zusammen und drehte den Kopf zur Seite. Das leichte Brennen war wirklich nicht angenehm, und wenn sie an die Wunde dachte, wurde ihr flau im Magen. Diesen Anblick wollte sie sich lieber ersparen.

„Ich brauche eine Pinzette“, forderte die Notärztin. „Da sind ein paar kleine Steine und etwas Dreck in der Wunde. Und ziehen Sie bitte ein leichtes Schmerzmittel auf, Ewald.“ Die Notärztin injizierte das Medikament und reinigte die Wunde.

„So, das hätten wir fürs Erste. Aber die Wunde müssen wir auf jeden Fall im Krankenhaus nähen“, sagte sie dann besorgt. „Jupp, ich brauche jetzt das Verbandsmaterial. Wann war Ihre letzte Tetanusimpfung?“

Betty dachte angestrengt nach. „Das ist schon ein paar Jahre her“, gab sie zu.

„Verstehe.“ Die Notärztin nahm das Verbandsmaterial entgegen. „Ewald, bereiten Sie zur Sicherheit noch eine Tetanusimpfung vor.“

Nachdem Andrea Bergen einen leichten Druckverband angelegt hatte und auch die Impfung verabreicht worden war, bat sie ihre Sanitäter, Betty auf die Trage zu helfen.

„In welches Krankenhaus fahren Sie?“, wollte Nina wissen.

„Wir bringen Ihre Freundin ins Elisabeth-Krankenhaus“, antwortete die Notärztin. „Wenn die Wunde genäht ist und wir nach den Untersuchungen weitere Verletzungen ausschließen können, können Sie sie heute Nachmittag schon wieder mit nach Hause nehmen.“

Nina nickte, und die Erleichterung war ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. „Alles klar, dann komme ich später nach und hole dich ab, Betty.“

Die Freundin nickte. „Danke. Kümmerst du dich um Timo?“

„Klar. Und ich sag jetzt gleich auf dem Hof Bescheid und helfe, Thunder zu suchen.“

„Und wenn ihr ihn gefunden habt, dann schreibst du mir, ja?“, fragte Betty besorgt.

„Ganz bestimmt“, versprach Nina.

Die beiden Sanitäter hatten die Trage mittlerweile in den Rettungswagen geschoben und stiegen ins Fahrerhäuschen ein. Andrea Bergen verabschiedete sich von Nina und nahm bei ihrer Patientin hinten im Wagen Platz. Dann kehrten sie zum Krankenhaus zurück.

***

Der Rettungswagen fuhr mit zuckendem Blaulicht die Einfahrt des Elisabeth-Krankenhauses hinauf und steuerte den Seiteneingang an. Auf der Fahrt dorthin hatte Jupp Diederichs ihr Kommen bereits per Funk angemeldet, und als sie jetzt vor der überdachten Anlieferung zum Stehen kamen, wartete das Team der Notaufnahme schon auf sie.

Von außen wurden die Türen des Rettungswagens geöffnet, und zwei Krankenschwestern halfen dabei, die Trage aus dem Inneren des Wagens zu rollen.

„Was liegt an?“, erkundigte sich Dr. Sven Neuer, der diensthabende Arzt, bei seiner Kollegin.

„Betty Köhler, nach einem Sturz von einem Pferd hat sie eine offene Wunde an der Hand. Sonst keine weiteren Anzeichen auf Verletzungen“, stellte die Notärztin ihm ihre Patientin in knappen Worten vor.

„Aha, wieder ein Beweis dafür, dass Extremsportarten durchaus gefährlich sind“, meinte der Kollege und überflog das Krankenblatt.

„Extremsportarten?“, wiederholte Betty ungläubig. „Ich war bloß reiten!“

„Und jetzt liegen Sie hier und sind meine Patientin“, erwiderte der Arzt barsch. „Beweisführung beendet.“

Betty verdrehte die Augen. Ihr war deutlich anzusehen, dass sie diesen Mann auf Anhieb unsympathisch fand.

Doch Sven Neuer schien das nicht zu stören.

„Bringen Sie die Patientin erst einmal zum Röntgen. Einmal Kopf-Thorax-Bereich und eine zweite Aufnahme von der Hand, damit ich einen Überblick über das Ausmaß der Verletzung habe“, ordnete er mit Blick auf zwei Pfleger an. „Vielen Dank, Kollegin, ab hier übernehme ich.“

„Sei nett zu ihr“, mahnte Andrea Bergen mit einem sanften Lächeln und legte ihm, bevor sie ging, eine Hand auf die Schulter.

„Bin ich doch immer“, entgegnete Sven Neuer und folgte seinem Team in die Notaufnahme.

Betty wurde für die Röntgenaufnahmen in die Villa Gerresheim gebracht, ein an das Elisabeth-Krankenhaus angrenzendes Gebäude, in dem die Bildgebende Diagnostik untergebracht war. Wenig später rollte man sie dann wieder in ein Zimmer der Notaufnahme, in dem schon Dr. Sven Neuer auf sie wartete.

„Ah, da sind Sie ja wieder!“ Ich dachte schon, Sie versetzen mich bei unserem ersten Date“, erklärte er mit leicht spöttischem Unterton und nahm von Schwester Grit die Untersuchungsergebnisse entgegen.

„Sehr lustig.“ Betty sah ihn mit säuerlicher Miene an. „Auf dieses Treffen hätte ich liebend gerne verzichten können.“

„Verstehe, Sie sind nicht zu Scherzen aufgelegt.“ Der Arzt überflog den Röntgenbefund. „Heute wohl keinen Clown gefrühstückt, was?“

„Aktuell würde mir eine professionelle Behandlung reichen. Den Clown suche ich mir dann später woanders“, antwortete Betty schlagfertig.

Jetzt zuckten Svens Mundwinkel doch, und er verbiss sich ein Lächeln.

„Also schön, dann sehen wir uns Ihre Röntgenaufnahmen mal an.“ Er steckte die blau-grauen Bilder an die Leuchttafel und warf einen prüfenden Blick darauf. „Mehr Glück als Verstand, würde ich sagen.“

„Na, vielen Dank auch“, brummte Betty.

„Wie würden Sie das nennen? Sich freiwillig in Gefahr begeben, vom Pferd fallen und dann mit einer kleinen Schramme an der Hand in die Notaufnahme eingeliefert werden?“

„Ich habe mich nicht in Gefahr begeben“, widersprach Betty sofort. „Mir ist noch nie etwas passiert, wenn ich mit Thunder ausreiten war.“

„Reiten ist per se eine Gefahr“, widersprach Sven. „Man kann nie wissen, was einem dabei passiert.“

Betty schüttelte ungläubig den Kopf. „So ein Unfug! Sollten Sie als Arzt mich nicht darin unterstützten, Sport zu treiben? Immerhin ist das gut für Körper und Geist. Und noch dazu bin ich beim Reiten an der frischen Luft. Das müssten Sie doch besonders gutheißen.“

„Nicht, wenn Sie wissentlich Ihr Leben aufs Spiel setzen. Das macht mir nur unnötig Arbeit, und hier kommen wahrlich genügend ernste Fälle herein.“

„Dann machen Sie also überhaupt keinen Sport?“, fragte Betty herablassend.

„Doch, natürlich“, entgegnete Sven. „Ich spiele Schach.“