Notärztin Andrea Bergen 1485 - Hannah Sommer - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1485 E-Book

Hannah Sommer

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Beschreibung

Eigentlich könnte alles so schön sein: Anne Jacobi hat endlich von ihrem Freund Christopher einen Antrag bekommen. Ihr größter Traum, in Weiß mit allen Freunden und Verwandten zu heiraten, scheint sich für sie zu erfüllen. Aber Christopher will keine große Hochzeit. Für ihn reicht ein Termin auf dem Standesamt! Um Anne wenigstens ein bisschen zu trösten, will er ihr eine traumhafte Hochzeitsreise schenken. Dafür macht der Arzt Überstunden und Zusatzschichten, geht bis an seine Grenzen und hört nicht auf die Warnsignale seines Körpers.
Nur noch ein paar Stunden sagt sich Anne, als sie sich auf den Weg zum Flughafen macht, wo sie sich mit Christopher treffen und zusammen in den Flieger steigen will. Da kann doch nichts mehr schiefgehen, oder?


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Seitenzahl: 123

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Inhalt

Cover

Die Hiobsbotschaft

Vorschau

Impressum

Die Hiobsbotschaft

Im Elisabeth-Krankenhaus gibt es Grund zur Freude: Mein guter Freund und Kollege Christopher Ahlenkamp hat seiner langjährigen Freundin Anne Jacobi einen Antrag gemacht – und ich werde Trauzeugin sein! Die Hochzeitsreise soll nach Mauritius gehen. Jetzt weiß ich auch, warum Christopher sich so viele Zusatzdienste aufhalst. So ein Traumurlaub kostet ja schließlich ein Vermögen. Das viele Arbeiten scheint ihm aber nicht gut zu bekommen, er sieht furchtbar blass aus und wirkt völlig erschöpft. Ich mache mir ernsthaft Sorgen um ihn. Aber er will sich nicht eingestehen, dass es ihm nicht gutgeht ...

Verdammt, ich hätte darauf bestehen müssen, dass er sich mehr schont und seine Gesundheit nicht aufs Spiel setzt. Heute Morgen ist Christopher mitten im OP zusammengebrochen – Herz-Kreislauf-Stillstand!

Jetzt muss ich seiner Frau die Hiobsbotschaft überbringen.

»Ich spüle einmal.« Konzentriert ließ Dr. Christopher Ahlenkamp die Flüssigkeit in den Bauchraum fließen. Seit dreieinhalb Stunden stand er nun am Operationstisch und versorgte einen Blinddarmdurchbruch bei einem Mädchen. Jetzt war er dabei, die Bauchhöhle zu spülen, damit durch die eventuell eingedrungenen Keime keine Entzündung entstehen konnte.

Dr. Andrea Bergen, die als Notärztin am Elisabeth-Krankenhaus arbeitete, hatte das Kind nach einem Rettungseinsatz direkt in den OP gebracht. Es hatte jede Sekunde gezählt. In der Nacht hatte die Kleine über starke Bauchschmerzen geklagt. Zum Glück hatten die Eltern rechtzeitig den Notarzt gerufen. Dennoch war die Zeit knapp gewesen, denn auf dem Weg in die Klinik musste es zu dem Durchbruch gekommen sein, und das Mädchen hatte das Bewusstsein verloren.

»Wie sieht es aus?«, fragte sie jetzt ihren Kollegen.

Christopher konnte die Anspannung in der Stimme seiner Kollegin deutlich hören.

»Gut.« Er richtete sich kurz auf und drückte den Rücken durch. Solange in derselben Position zu verharren, war anstrengend, vor allem nach einer Nachtschicht. Und diese hatte es wirklich in sich gehabt. Neben einem stark alkoholisierten Mann, der sich einen riesigen Glassplitter in die Hand gerammt hatte, hatte Andrea Bergen auch noch eine ältere Dame mit Herzinfarkt, eine Erstgebärende, deren Kind in Steißlage lag, und einen Lageristen, der von einem drei Meter hohen Regal gestürzt war, eingeliefert.

»Unsere kleine Patientin ist weiterhin stabil«, informiert Dr. Jenny Krottenbaum, die Anästhesistin, das Team.

»Sehr schön.« Erleichtert blickte Christopher in die Runde. Schwester Marlene und Schwester Betty, die die Wundhaken hielten, sahen ziemlich abgekämpft aus. Auch an Andrea Bergen waren die Einsätze dieser Nacht nicht spurlos vorbeigegangen. »Schwester Waltraud, bitte noch einmal tupfen.«

Die rundliche Schwester, die auch das OP-Besteck anreichte, fuhr dem Chirurgen mit einer Kompresse über die Stirn, um ihm den Schweiß abzunehmen.

Nachdem er noch einmal seine Arbeit überprüft hatte, hob er beide Hände auf Brusthöhe und trat einen Schritt vom Behandlungstisch zurück.

»Andrea, möchtest du die OP-Wunde schließen? Deine Spezialität sind doch kaum sichtbare Narben. Ich bin mir sicher, die Kleine freut sich, wenn später nur ein haarfeiner Strich auf ihrem Bauch zu sehen sein wird.«

Ein Lächeln huschte über Andrea Bergens Gesicht. »Sehr gerne.«

Neben ihrer Tätigkeit als Notärztin war sie auch eine ausgezeichnete Chirurgin, und es kam häufig vor, dass sie nach ihren Einsätzen mit dem Rettungswagen für Operationen im OP stand. Darüber hinaus war sie kollegial und freundlich, und nicht nur das Ärzteteam, die Pfleger und Schwestern, auch die Patienten vertrauten sich der Notärztin gerne an.

Andrea Bergen trat an den OP-Tisch und nahm das Nähbesteck entgegen, das ihr Schwester Waltraud reichte. Geschickt verschloss sie mit ein paar Stichen die Wunde.

»Ich bin fertig«, informierte sie die Anästhesistin. »Sie können die Narkose jetzt ausleiten.«

Dr. Krottenbaum nickte und stellte etwas an den Geräten ein.

»Sehr gute Arbeit«, lobte Christopher die Naht seiner Freundin. Andrea Bergen und er waren nämlich nicht nur Arbeitskollegen, die beiden hatten auch zusammen ihren Facharzt gemacht, und schon während ihres Studiums war aus ihrer gemeinsamen Lerngruppe eine Freundschaft gewachsen.

»Vielen Dank. Schwester Betty, bitte versorgen Sie die OP-Wunde«, wies Andrea Bergen die eine der beiden OP-Schwestern an.

Schwester Betty nickte, nahm eine sterile Wundkompresse und kümmerte sich um die Wunde. Schwester Waltraud räumte währenddessen das Operationsbesteck zusammen, um es zum Sterilisator zu bringen, und Schwester Marlene unterstützte Dr. Krottenbaum bei der Versorgung der Patientin. Andrea Bergen und Christopher verließen den OP-Saal. Ihre Arbeit war getan.

Draußen streiften sie sich die Einmalhaube und die Handschuhe ab und warfen sie in den Müll. Sie wuschen sich und zogen sich die OP-Kittel aus.

»Was für eine Nacht«, seufzte Andrea Bergen und schloss für einen Moment die Augen. Man konnte ihr ansehen, wie erleichtert sie war, bald Feierabend zu haben.

»Wem sagst du das.« Christopher sah auf die Uhr. Zwanzig Minuten bis zum Schichtwechsel. »Hast du noch Lust auf einen Kaffee?«

»Gern. Treffen wir uns im Aufenthaltsraum?«

Christopher nickte. »Ich komme gleich nach. Ich muss nämlich noch etwas holen, was ich dir unbedingt zeigen will.«

»Ich bin gespannt!«

Christopher machte sich auf den Weg zu den Personalumkleiden und öffnete sein Schließfach. Auf seiner zusammengefalteten Jeans lag obenauf ein Kästchen, das mit rotem Samt überzogen war. Als er es in die Hand nahm, machte sein Herz einen aufgeregten Sprung. Was sie wohl sagen würde? Er konnte es kaum abwarten.

Als er wenig später den Aufenthaltsraum der Notaufnahme betrat, duftete es schon nach frisch aufgebrühtem Kaffee. Andrea saß am Tisch und blätterte in einer Zeitschrift. Christopher trat hinter sie und zauberte wie aus dem Nichts die Schmuckschatulle vor ihr Gesicht. Er ließ sie aufklappen und ein weißgoldener Ring mit drei kleinen Diamanten funkelte der Notärztin entgegen.

»Oh mein Gott, Christopher!«, rief Andrea Bergen und richtete sich auf. »Der ist wunderschön. Aber – wie erkläre ich das Werner?«

Beide fingen schallend an zu lachen. Natürlich wussten sie, dass Andrea nur einen Scherz gemacht hatte. Sie und ihr Mann Werner waren seit vielen Jahren glücklich verheiratet, und zu ihrem Lebensglück zählte auch ihre Adoptivtochter Franzi.

»Ich habe dir immer schon gesagt, dass ich dich am liebsten heiraten würde«, ließ sich Christopher auf ihren Spaß ein.

»Ja, aber nur, weil ich dir vor jeder Chirurgieklausur noch mal einen Crashkurs gegeben habe.«

»Der sich jedes Mal gelohnt hat. Sonst wäre ich heute nicht da, wo ich jetzt bin.« Er steckte das Kästchen weg, nahm sich ebenfalls eine Tasse Kaffee und setzte sich Andrea Bergen gegenüber. »Und jetzt werde ich Anne endlich einen Antrag machen.«

»Dann ist es also so weit«, sagte Andrea Bergen.

»Ja, ich bin mir ganz sicher. Sie oder keine.«

Ein Lächeln legte sich auf die Lippen der Notärztin. »Sie wird überaus glücklich sein. Da bin ich mir ganz sicher.«

»Dann meinst du, dass sie Ja sagt?«

Jetzt lachte Andrea Bergen wieder und trank einen Schluck Kaffee. »Daran habe ich keine Zweifel. Ihr seid so ein schönes Paar.«

Von diesem Gespräch ermutigt, machte sich Christopher auf den Heimweg. Die Stadt erwachte gerade, ein paar Fußgänger waren auf dem Weg zur Arbeit, andere holten Brötchen für ihr Frühstück. Hin und wieder fuhr ein Auto an ihm vorbei. Christopher liebte diese Morgenstunden, die Ruhe, wenn die Straße beinahe leer und die Luft noch kühl und voller Erwartung auf den neuen Tag war. Die Vorfreude, die in ihm aufstieg, wenn er Anne gleich zu Hause sehen würde. Vor allem heute spürte er das Kribbeln in seiner Magengrube ganz besonders.

Anne hatte Frühschicht. Sie arbeitete als Polizistin, und ihre Arbeitszeiten passten selten zu seinen, weshalb sie sich oftmals nur zwischen Tür und Angel sahen. Dennoch hatte es zwischen ihnen beiden gewaltig gefunkt, als sie beide Dienst auf dem Konzert ihrer Lieblingsband hatten.

Christopher hatte damals als Assistenzarzt gearbeitet, und Anne war gerade mit ihrer Ausbildung zur Polizistin fertig gewesen, als sie sich kennengelernt hatten. Seitdem hatten sie ihre Liebe und später auch ihr gemeinsames Leben um ihre Schichtdienste organisiert. Natürlich war das nicht immer einfach, doch dafür schätzten sie die gemeinsame Zeit zusammen umso mehr.

Wenn es sich ergab, kam einer von beiden zum Mittagessen nach Hause oder sie trafen sich in der Stadt. Musste der eine zur Frühschicht, während der andere gerade vom Nachtdienst nach Hause kam, nahmen sie wenigstens das gemeinsame Frühstück zusammen ein. Wenn sie dann doch mal ein Wochenende zusammen hatten, unternahmen sie einen Ausflug, gingen zu einem Konzert oder planten eine Radtour. Es kam selten vor, dass sie eng aneinandergeschmiegt auf dem Sofa saßen und sich ein Film anschauten.

Christopher betrat die Bäckereifiliale und kaufte Brötchen und Croissants. Die mochte Anne am liebsten. Obenauf in die Tüte legte er das samtbezogene Kästchen.

Als er wenig später die Haustür aufschloss, hörte er Rockmusik aus der Küche. Es war eines ihrer Lieblingslieder. Anne sang lautstark dazu mit, was Christopher ein Schmunzeln entlockte.

»Ich bin zu Hause!«, rief er und drückte die Tür ins Schloss.

Annes Kopf erschien im Türrahmen. Ihre wilden schwarzen Locken wippten fröhlich auf und ab.

»Guten Morgen, Schatz!« Sie trat auf ihn zu und gab ihm einen Kuss. »Wie war deine Schicht?«

»Anstrengend«, gab Christopher offen zu. »Wir hatten einige Notfälle und kurz vor Schluss noch eine Operation.«

»Du Armer. Hoffentlich kannst du dich ein wenig entspannen. Komm, ich habe uns schon eine heiße Schokolade gemacht.«

Christopher folgte ihr in die Küche, wo sie schon den Tisch gedeckt hatte. Sie hatte sogar einen Blumenstrauß in die Tischmitte gestellt. Es sah so einladend aus! Sie setzten sich einander gegenüber, und Christopher überreichte ihr die Brötchen, damit sie diese in den Korb legen konnte.

Anne öffnete die Tüte. Das knisternde Papier klang für Christopher verheißungsvoll. Gleich würde sie den Ring finden.

»Oh, du hast Croissants mitgebracht!«, freute sich Anne. »Huch, was ist denn das?« Verwundert hielt sie das rote Kästchen in die Höhe.

Christopher stand auf, nahm ihr das Kästchen aus der Hand und kniete sich vor sie auf den Boden.

»Anne, seit ich dich kenne, machst du jeden Tag meines Lebens besser und schöner. Ich möchte keine Minute mehr ohne dich sein. Ich liebe dich so sehr. Willst du meine Frau werden?«

Er klappte das Kästchen auf, und Anne schlug bewegt die Hände vor den Mund.

»Ja! Nichts lieber als das. Ja, ich will!« Sie lachte glücklich. »Oh Christopher!«

Christopher nahm den Ring aus dem Kästchen und streifte ihn über ihren Finger.

Anne bewunderte das Schmuckstück und drehte ihre Hand im Licht hin und her, dass die Diamanten nur so funkelten.

»Der ist wunderschön.« Dann legte sie ihre Hände an seine Wangen und küsste ihn lange und zärtlich. »Ich liebe dich auch, Christopher. So sehr!«

Sie umarmten sich glücklich.

»Wann soll unsere Zeremonie stattfinden?«, fragte sie, nachdem er sich wieder gesetzt hatte.

»Na ja, am besten so schnell wie möglich. Ich will keine Sekunde länger warten, wenn es sich vermeiden lässt. Am liebsten würde ich sofort mit dir aufs Standesamt spazieren.«

Anne schob die Unterlippe nach vorne.

»Was ist los?«, fragte Christopher irritiert. Eben hatte sie sich doch noch so gefreut.

»Eigentlich hatte ich mir meine Hochzeit ein bisschen anders vorgestellt, als einfach nur auf Standesamt zu spazieren«, wiederholte sie seine Worte.

Christopher streckte seinen Arm über den Tisch und drückte sanft ihre Hand.

»Hey, das ist doch nur standesamtlich. Die große Feier holen wir nach. Versprochen!«

Anne versuchte sich in einem Lächeln, doch es erreichte ihre Augen nicht.

»Glaub mir, das wird richtig toll, wenn wir erst einmal verheiratet sind und nicht mehr einfach nur ein Paar.« Er streichelte über ihre Wange. »Ich will es endlich offiziell machen. So reicht es mir einfach nicht mehr. Dafür liebe ich dich zu sehr.«

Jetzt legte sich ein echtes Lächeln auf ihre Lippen. »Ich dich doch auch«, sagte Anne. »Aber das große Fest wünsche ich mir trotzdem.« Sie warf einen Blick auf die Uhr. »Ich muss los.«

Christopher seufzte. »Also gut. Alles Weitere besprechen wir dann heute Abend.«

Sie nicke und gab ihm einen Abschiedskuss. »Bis dann.«

»Ich freu' mich auf dich!«

***

»Guten Morgen«, grüßte Anne, als sie die Umkleidekabine auf der Polizeiwache betrat.

»Guten Morgen«, erwiderte Paula ihren Gruß. Ihre Freundin und Arbeitskollegin hatte heute mit ihr Dienst. Sie stand vor dem Spiegel und flocht sich die blonden Haare zu einem Zopf. »Gut geschlafen?«

Anne nickte und öffnete ihren Spind, um ihre Uniform herauszuholen.

Paula beobachtete sie über den Spiegel und ließ plötzlich einen anerkennenden Pfiff durch die Zähne.

»Was ist das denn?«, fragte sie und deutete auf den funkelnden Ring an Annes Finger.

Natürlich, als Polizeibeamtin entging ihr nicht das kleinste Detail. Gerade diese Begabung brauchten sie in ihrem Beruf besonders häufig.

Jetzt stahl sich doch ein Lächeln auf Annes Gesicht. »Den habe ich heute Morgen von Christopher bekommen.«

Paula drehte sich zu ihr um, griff nach ihrer Hand und begutachtete das Schmuckstück genauer. »Donnerwetter! Das sieht nicht nur nach einer kleinen Aufmerksamkeit aus. Wenn du mich fragst, überreicht man so etwas traditionell auf Knien.«

»Oder in einer Brötchentüte«, erwiderte Anne, und als sie Paulas fragenden Blick sah, musste sie lachen. »Keine Sorge, als Christopher ihn mir angesteckt hat, hat er tatsächlich vor mir gekniet.«

»Na, das hätte mich auch gewundert, wenn nicht. Dein Freund – ach, entschuldige, dein Verlobter ist natürlich ein Mann, der weiß, was sich gehört.«

Anne sah sich noch einmal den Ring an und dachte an ihr gemeinsames Frühstück. So lange schon hatte sie auf diesen Moment gewartet, und jetzt endlich war es so weit. Aber wollte sie wirklich auf das große Fest verzichten, wie es Christopher vorhatte, nur, um schnell zu heiraten?

»Was ist los?«, fragte Paula, die Annes Nachdenklichkeit bemerkt haben musste. »Solltest du nicht normalerweise vor Freude überschäumen? Schließlich verlobt man sich nicht alle Tage.«

Anne seufzte tief. »Ich weiß, und an sich bin ich ja auch sehr glücklich über Christophers Antrag.«

»Aber?«, hakte Paula nach.

»Aber wenn ich ehrlich bin, habe ich mir alles ganz anders vorgestellt. Ich habe von einem großen Fest geträumt, Freunde und Familie sollten an diesem wichtigen Tag mit dabei sein. Ich wollte eine bezaubernde Feier, einen romantischen Ort, vielleicht ein altes Kloster oder ein Schloss. Ich habe mich schon als Kind in einem langen weißen Kleid gesehen, wenn ich am Arm meines Verlobten zum Altar schreite. Und jetzt will Christopher nur eine schnelle Trauung auf dem Standesamt. Er will endlich Nägel mit Köpfen machen und nicht mehr länger nur mein Lebensgefährte sein, sondern mein Mann.«

»Hm.« Paula sah sie nachdenklich an. »An sich ist daran doch auch nichts verwerflich. Ihr könnt' die große Feier doch einfach nachholen. Nächstes Jahr zum Beispiel.«

Anne verzog entmutigt die Lippen. »Ich weiß nicht. Ich finde, das ist nicht dasselbe. Ich hatte mir einfach gewünscht, alles an einem Tag zu feiern. Oder wenigstens in kurzem Abstand. So liegt doch ewig viel Zeit dazwischen. Da hat es doch gar nichts mehr miteinander zu tun. Und am Ende kommt irgendetwas dazwischen, und dann heiraten wir gar nicht mehr mit einem großen Fest, weil wir dann ja schon verheiratet sind.«

»Meinst du?«

Anne zuckte mit den Schultern. »Wir wären nicht das erste Paar, bei dem es so ist.«