Notärztin Andrea Bergen 1506 - Hannah Sommer - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1506 E-Book

Hannah Sommer

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Beschreibung

Nora hat alles verloren: den Mann, den sie liebt, ihre Arbeit in der Klinik und ein Dach über dem Kopf. Seit Wochen schon lebt die junge Ärztin in Eiseskälte in ihrem Auto und kämpft mit einer schweren Infektion! Ihr Schicksal berührt Dr. Andrea Bergen tief. Aber Nora lehnt aus Scham jede Hilfe ab - bis sie plötzlich verschwunden ist ...
Doch der nächste Notruf ändert erst einmal alles: Noteinsatz in der Beethovenstraße 25, Andrea Bergens Zuhause! In größter Sorge will die Notärztin sich auf den Weg machen - aber die Kollegen halten sie zurück: Es ist besser, wenn sie bleibt und das nicht sieht ...

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Inhalt

Cover

Einsatz-Stopp für Andrea Bergen

Vorschau

Impressum

Einsatz-Stopp für Andrea Bergen

Notruf aus meinem Zuhause! Alle Uhren stehen still! Das Leben meiner Schwiegermutter ist in Gefahr! Seit Tagen hatte sie Fieber, konnte aber von meinem Mann Werner und mir zu Hause behandelt werden. Ihr Zustand muss sich in den vergangenen Stunden dramatisch verschlechtert haben! Gerade ist mein Rettungsteam mit meinem Kollegen Dr. Stellmacher an Bord des Einsatzwagens losgefahren in Richtung Beethovenstraße – und ich darf nicht mit! Mein Chef hat mir strengsten Einsatz-Stopp befohlen! Offenbar rechnet auch er im Stillen längst mit dem Allerschlimmsten ...

Gerade gehe ich durch die Hölle. Meine Fantasie malt mir die fürchterlichsten Szenarien aus! Werner kann ich nicht erreichen – all meine Anrufe bleiben ungehört. Was ist nur geschehen?

Nora Martini fuhr den Computer herunter und verschloss den Aktenschrank, in dem Malte die Patientendaten aufbewahrte. Sie blickte auf ihren Schreibtisch, auf dem noch immer das Rezept für Herrn Wagner lag. Der ältere Herr hatte es anscheinend heute doch nicht mehr geschafft, wegen seiner Bluthochdruckmittel vorbeizukommen.

Nora legte den Umschlag in den Postausgangskorb. So würde Malte den Brief gleich finden, sollte Herr Wagner doch noch eintreffen. Malte, ihr Freund und seit ungefähr fünf Monaten auch ihr Vorgesetzter, war Allgemeinmediziner mit eigener Hausarztpraxis. Er hatte an der Universität, an der Nora studierte, ein Seminar gehalten, und Nora hatte sich sofort in den gut aussehenden Arzt verliebt.

Anfangs hatte sie bloß eine Hausarbeit bei ihm schreiben wollen, doch als sie das Ergebnis in seinem Sekretariat mit ihm hatte besprechen wollen, hatte sie gemerkt, dass auch er Gefühle für sie hegte. Es war zu einem Kuss gekommen, lang und leidenschaftlich, und Nora wusste, dass sie in diesem Moment ihr Herz an ihn verloren hatte.

All die Warnungen, sich nicht auf einen beinahe fremden und dazu noch deutlich älteren Mann einzulassen – Malte war immerhin fünfzehn Jahre älter als sie –, hatte sie in den Wind geschlagen und war Hals über Kopf in seine Heimatstadt gezogen, um ihm nahe sein zu können.

Eigentlich war sie mitten im Studium gewesen. Nora hatte all ihre Pläne über den Haufen geworfen und sich am Elisabeth-Krankenhaus beworben, um dort ihr Praktisches Jahr zu absolvieren, doch schon nach wenigen Wochen hatte sie ihr Studium abgebrochen, da Maltes Sprechstundenhilfe gekündigt hatte und er dringend jemanden in der Praxis brauchte.

Zwar hatte Nora immer vorgehabt, selbst Ärztin zu werden, aber sie war mit dieser Lösung nicht unzufrieden. Sie liebte Malte, und sie freute sich, dass sie ihn unterstützen und ihm den Rücken frei halten konnte.

Auch heute arbeitete er wieder länger, und Nora hatte vor, ihn mit einem Essen vom Italiener zu verwöhnen. Sie hatte ihre Bestellung telefonisch durchgegeben und brauchte sie jetzt nur noch abzuholen.

Sie drückte auf den Knopf der Sprechanlage, und Malte nahm das Gespräch entgegen. »Ich bin jetzt gleich weg und hole das Essen ab.«

»Alles klar, Schatz, ich kümmere mich noch um meine Patientin, und dann können wir los. Sehen wir uns in etwa einer halben Stunde?«

»Einverstanden.« Nora beendete das Gespräch. Sie wusste, wie ungern Malte während seiner Behandlungen gestört wurde, und so hatte sie sich schnell darauf verlegt, mit ihm über die Sprechanlage zu kommunizieren. Hatte er Zeit, konnte er das Gespräch entgegennehmen, hatte er keine, wartete sie am Empfang, kümmerte sich um die Termine und stellte Rezepte und Überweisungen aus.

Sie griff nach ihrem Mantel und verließ die Praxis. Nora wollte gerade die Tür hinter sich ins Schloss ziehen, als sie Herrn Wagner auf der anderen Straßenseite sah.

»Frau Martini!«, rief er und winkte. »Warten Sie! Ich habe den Bus verpasst.«

Nora lächelte, kramte den Schlüssel aus ihrer Handtasche und schloss die Praxistür wieder auf.

»Bitte verzeihen Sie, dass ich Sie jetzt von Ihrem Feierabend abhalte«, sagte er keuchend. »Sie glauben gar nicht, wie sehr ich jetzt schimpfen könnte, weil dieser Trottel von Busfahrer mich einfach am Straßenrand hat stehen lassen. Dabei hat er mich doch genau im Seitenspiegel gesehen.«

»Aber all das Schimpfen bringt ja auch nichts«, erwiderte Nora milde. »Denken Sie an Ihren Blutdruck.« Sie ging mit ihm in die Praxis, beugte sich über den Tresen und gab ihm den Umschlag mit seinem Rezept.

Herr Wagner lächelte dankbar. »Sie sind so ein Engel, Frau Martini. Der Herr Doktor kann sich glücklich schätzen, dass er Sie gefunden hat. Ihre Vorgängerin war ein ganz schöner Vorzimmerdrache, sag ich Ihnen. Die hätte mir die Tür ganz sicher nicht mehr aufgeschlossen. So, aber jetzt entlasse ich Sie wirklich in Ihren Feierabend, ehe Sie hier meinetwegen noch übernachten müssen.« Er hob den Hut leicht zum Abschied und verließ die Praxis wieder.

Nora wollte ihm eben folgen, als sie aus dem Behandlungszimmer etwas klirren hörte, gefolgt von durch die Tür gedämpften Stimmen, ein Lachen und dann etwas, was wie das Verrücken des Schreibtischs klang.

Irritiert legte Nora die Stirn in Falten, vor allem, als erneut ein Lachen folgte und wieder etwas scheppernd zu Boden ging. Einem Impuls folgend trat sie vor das Behandlungszimmer, legte die Hand auf die Türklinke und drückte sie hinunter.

Was sie dann sah, schien sich wie in Zeitlupe vor ihren Augen abzuspielen, und gleichzeitig raubte es ihr den Atem: Malte lag eng umschlungen zusammen mit der brünetten Frau halb auf dem Schreibtisch. In den Augen der beiden spiegelte sich eine Mischung aus Überraschung und Scham.

Der Stifteköcher und ein Tablett mit Notizzetteln waren zu Boden gegangen, daneben lag Maltes Tasse mit ihrem gemeinsamen Bild in Scherben, die Nora ihm vorletzte Woche zu seinem Geburtstag geschenkt hatte. Ein stechender Schmerz durchzog ihre Brust, als die Realität sie überwältigte. Sie wollte nur noch fliehen, die Tür hinter sich schließen und diesen Albtraum hinter sich lassen.

Sie hörte einen Fluch von Malte, gefolgt von hektischen Bewegungen. Die Frau schob ihren Rock wieder ein Stückchen weiter nach unten, der aufgrund der misslichen Pose wohl über ihre Oberschenkel gerutscht war. Die Tatsache, dass Maltes Hand daran nicht ganz unbeteiligt gewesen sein könnte, ließ Nora schlecht werden, denn als ihr Blick auf seine Finger knapp unterhalb der Hüfte der anderen Frau gefallen war, schien auch Malte bewusst geworden zu sein, dass er sich jede weitere Erklärung sparen konnte.

»Nora, warte!«, rief er, als sie auf dem Absatz kehrtmachte und die Tür leise zurück ins Schloss drückte.

Hektisch wurde diese aufgerissen, und Malte stürzte hinter ihr her. »Nora, hör zu, das ist ... Das war ... Verdammt, ich liebe dich!«, stammelte er, während er dabei war, mit fahrigen Fingern seinen Gürtel zu schließen.

»Ja, danke, spar es dir.« Nora griff nach ihrer Handtasche, fingerte mit bebenden Händen den Schlüssel aus ihrer Tasche und legte ihn auf den Tresen. »Ich fürchte, den brauche ich nicht mehr.«

»Was? Wie meinst du das?« Malte blickte sie bestürzt an.

»Ich kündige«, sagte Nora, ohne mit der Wimper zu zucken. »Und damit es keine Missverständnisse gibt: Es ist aus zwischen uns.«

»Nora!«, rief Malte noch einmal. Doch wohl aufgrund der Tatsache, dass auch sein Hemd aufgeknöpft war und er nur noch einen Schuh trug, verzichtete er darauf, ihr hinterherzulaufen.

Wie in Trance bewegte sich Nora zum Bahnhof, stieg ein, als der Zug kam, und suchte sich einen freien Platz. Sie konnte nicht sagen, was auf der Fahrt und bis zu ihrer Wohnungstür passierte, doch dort schlug die Realität gleich noch einmal gnadenlos zu.

»Frau Martini?« Das war Frau Weser, ihre Vermieterin aus dem Erdgeschoss. »Gut, dass ich Sie treffe, dann kann ich es Ihnen gleich persönlich sagen. Es tut mir so leid, dass ich Sie nach so kurzer Mietzeit mit so schlechten Nachrichten überfalle ...«

Frau Weber lächelte. »Na ja, eigentlich sind es großartige Neuigkeiten: Mein Sohn und seine Freundin bekommen ein Baby. Er hat es mir eben am Telefon erzählt. Leider muss ich Sie und Ihre Mitbewohnerin deswegen bitten, die Wohnung aufzugeben. Sicherlich verstehen Sie, dass wir Eigenbedarf anmelden. Die Single-Wohnung meines Sohnes, in der die beiden momentan leben, ist einfach zu klein für drei.«

Nora öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch sie brachte keinen Ton heraus.

»Ich weiß, das kommt entsetzlich kurzfristig«, erwiderte Frau Weser, und der mitfühlende Ton riss Nora beinahe das Herz aus dem Leib. »Aber ich bin mir sicher, Sie finden etwas anderes. Sie sind doch so eine angenehme Mieterin.«

»Natürlich«, flüsterte Nora und umschloss den Henkel ihrer Handtasche fester, da sie merkte, wie ihre Finger jetzt nur noch mehr zu zittern begannen. Tapfer versuchte sie, die aufkommenden Tränen zurückzudrängen.

»Ich hoffe, es geht Ihnen gut«, sagte Frau Weser besorgt.

»Ja, danke«, stammelte Nora. »Es ist nur so ... plötzlich ... das alles ...«

»Ich weiß. Wollen Sie reinkommen auf einen Tee? Sie sehen entsetzlich blass aus.«

Nora lehnte ab, denn alles, was sie jetzt noch wollte, war, sich auf ihr Bett zu werfen und allein zu sein. Und das tat sie dann auch, und sie weinte, weinte, weinte ...

***

Sechs Monate später ...

Nora sah auf das graue Gebäude des Arbeitsamts, in dem sie eben einen Termin gehabt hatte. Die Frau von der Beratung war zwar sehr nett gewesen, doch wirklich helfen hatte sie ihr nicht können.

»Sie brauchen eine Wohnung, damit ich Sie vermitteln kann«, hatte sie ihr wie schon beim letzten Mal erklärt. Aber ohne Arbeit keine Wohnung. Das hatte Nora bei den Besichtigungsterminen deutlich zu spüren bekommen.

Bei einem Objekt hätte sie Glück gehabt. Der Vermieter hätte sie genommen, doch leider stand sie dort nur auf Platz zwei der Liste, und der andere Interessent hatte schließlich die Zusage erhalten. Und bei der WG, in die sie zur Zwischenmiete hätte einziehen können, hatte sie die Kaution nicht aufbringen können.

Wenn sie sich doch damals bloß nicht auf Malte eingelassen hätte! Dann wäre alles ganz anders gekommen. Sie hätte ihr Studium beenden und irgendwo mit ihrem Abschluss als Ärztin anfangen können. Jetzt saß sie in der Misere. Ihre Eltern wollte sie nicht um Hilfe bitten. Diese hatten ihr von Anfang an abgeraten, sich einem um so viele Jahre älteren Mann anzuschließen, den sie noch dazu kaum kannte.

Doch wo sollte sie nun hin? Sollte sie sich wirklich bei einer der sozialen Einrichtungen melden, wie die Vermittlerin der Arbeitsagentur ihr vorgeschlagen hatte? Nora blickte auf den Flyer in ihren Händen und drehte ihn um. Sie überflog die Adressen und Angebote. Nie hätte sie gedacht, dass sie selbst einmal auf so etwas angewiesen sein würde. Und wenn sie ehrlich war, schämte sie sich dafür. Es musste irgendeine andere Lösung geben.

Vielleicht könnte sie irgendwo jobben und sich das Geld für den Semesterbeitrag so zusammensparen. Jetzt, zum Semesterende, würden sicherlich auch wieder einige WG-Zimmer frei werden. Wenn sie schnell genug war und ein bisschen was gespart hatte, könnte sie womöglich dort unterkommen.

Nora griff nach ihrem Smartphone und besuchte die Internetportale. Aktuell hatte sich noch nicht viel getan. Neue Angebote gab es zwei, und so tippte Nora an beide eine Nachricht und fragte nach einem Besichtigungstermin. Sie legte ihr Smartphone beiseite, lehnte den Hinterkopf an die Kopfstütze ihres Autos und schloss die Augen. Wenn es nur nicht so entsetzlich kalt wäre! Jetzt, Anfang Januar, war der Winter erbarmungslos.

Nora zog die Wolldecke, die auf ihren Beinen lag, etwas höher. Wenigstens hatte sie ihr Auto, das schirmte sie immerhin ein bisschen von der Kälte ab. Sie dachte an die ersten Tage, die sie nach dem Auszug aus der Wohnung in einem günstigen Hotel verbracht hatte. Wie sehr sehnte sie sich nach einem Bett, einem warmen Zimmer und einem Frühstück! Und nach einem Zuhause. Sie seufzte. Irgendetwas musste sie unternehmen, denn so konnte es nicht weitergehen.

Sie griff wieder zu ihrem Smartphone und durchforstete die Stellenanzeigen. Vielleicht konnte sie als Praxisangestellte arbeiten. Doch auch da blieb ihre Suche ergebnislos. Nora fröstelte. Es half nichts, sie brauchte eine Lösung, aber fürs Erste musste sie sich irgendwo aufwärmen. Es war bitterlich kalt, und die Temperaturen für die nächsten Tage versprachen keine Besserung.

Nora überlegte, ob sie in eine Bücherei gehen sollte. Dort konnte sie sich mit Lesen wenigstens die Zeit vertreiben, ohne dass jemand komisch gucken würde. In Cafés hatte sie immer das Gefühl, von den Bedienungen angestarrt zu werden, wenn sie zu lange einen Tisch blockierte und nichts weiter mehr bestellte. Aber ihr Geld war knapp, und so konnte sie sich oftmals nur einen Kaffee oder einen Tee leisten.

Ob sie vielleicht doch zur Bahnhofsmission gehen sollte? Nora zählte die wenigen Münzen, die sie in ihre Jackentasche gesteckt hatte. Das Ergebnis ihrer mehrtägigen Flaschenpfandsuche.

Ein Mann, der ebenfalls einen Mülleimer in der Nähe des Supermarkts durchwühlt hatte, hatte ihr versichert, dass es im Sommer leichter sei. Wenn die Studenten wieder Partys feierten, sei es auf dem Campus wie im Paradies. Da laufe er stündlich sogar mit einem Einkaufswagen vorbei. Dann hatte er seine zwei abgeschabten Tüten vom Discounter wieder aufgehoben und war in seinen kaputten Schuhen weitergeschlurft.

Nora zog es das Herz zusammen, wenn sie an ihn dachte. Es tat ihr in der Seele weh, einen Menschen so leiden zu sehen. Dieser Mann und viele weitere lebten schon seit Jahrzehnten auf der Straße. Sie klagten nicht über ihr Schicksal, über die Kälte oder die Ungerechtigkeit. Sie kannten raue Winter und verregnete Sommer, Einsamkeit und die Ablehnung der Gesellschaft. Diesen Menschen durfte sie ihren Platz nicht wegnehmen. Die hatten es wirklich verdient, Hilfe zu bekommen, während sie selbst sie nur in Anspruch nahm, weil sie zu schnell aufgab.

Nora biss sich auf die Unterlippe. Ihr Geld würde für einen Schwimmbadbesuch reichen. Schon allein der Gedanke an eine warme Dusche ließ sie innerlich frohlocken. Wenn sie den Sport-Tarif wählte, könnte sie kommende Woche sogar noch ein zweites Mal hingehen. Ein Tipp, an den sie sich aus einer Dokumentation im Fernsehen über das Leben auf der Straße erinnert hatte. Wenn ihr jemand gesagt hätte, dass sie irgendwann einmal selbst in diese Situation kommen würde, hätte sie dies für unmöglich gehalten.

Nora rieb sich die Hände, um sie ein wenig zu wärmen, legte sie auf das Lenkrad und drehte den Zündschlüssel. Mit einem lang gezogenen Rattern sprang der Motor schließlich an. Hoffentlich würde wenigstens ihr Auto noch eine Weile halten, schoss es ihr durch den Kopf. Denn wenn sie darüber nachdachte, woher sie das Geld für eine Reparatur nehmen sollte, wurde ihr ganz anders.

Auf der kurzen Strecke vom Arbeitsamt bis zum Schwimmbad wurde das Wageninnere zwar nicht warm, aber Nora freute sich so immens auf eine heiße Dusche, dass sie sich daran nicht störte. Sie parkte den Wagen auf dem öffentlichen Parkplatz vor dem Schwimmbad und stieg aus.

Mit wenigen Handgriffen hatte sie ein Badetuch und ihren Bikini aus ihren Sachen im Kofferraum gefischt und steckte sie zusammen mit Duschgel und ihrer Haarbürste in ihren Rucksack.

Mit beschwingten Schritten lief sie auf die Eingangstür zu. Anderthalb Stunden im Warmen, dazu endlich wieder sauber und mit frisch gewaschenen Haaren. Und vielleicht würde sie sich noch einen kurzen Abstecher in den Whirlpool erlauben. Dann wäre es ein bisschen so wie ein Wellnesstag, überlegte sie. Oder zumindest fast.

***

Dr. Jonathan Geigert stemmte die Hände in die Seiten und blickte sich in seiner Wohnung um. Es war leer geworden, seit Leonie ausgezogen war. Mittlerweile hatte er schon darüber nachgedacht, ein Zimmer zu vermieten. Er war ja doch die meiste Zeit am Elisabeth-Krankenhaus, wo er als Internist arbeitete. Abends traf er sich dann mit Freunden oder fiel todmüde ins Bett, sodass er ohnehin nichts von seiner großen Wohnung hatte.

Früher mit Leonie hatte er gerne gekocht oder andere Paare auf einen netten Abend eingeladen, allen voran Dr. Andrea Bergen, die Notärztin des Elisabeth-Krankenhauses, und ihren Mann Werner. Mit ihr hatte er sich auf Anhieb gut verstanden, als er vor über fünf Jahren eine Stelle dort angetreten hatte, und schon bald war die sympathische Kollegin für ihn zu einer echten Freundin geworden.