Oh wie Böse - Ekkehard Wolf - E-Book

Oh wie Böse E-Book

Ekkehard Wolf

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Beschreibung

Dieses kleine Büchlein ist für Jugendliche nicht so gut geeignet. Die sind bekanntlich eh noch zu jung. Für Frauen eher auch nicht, obwohl, oder gerade auch weil die Frauen in den Geschichten sich so verhalten, wie sich Frauen eigentlich nicht verhalten sollten. So gesehen ist das Büchlein wohl eher etwas fûr Männer. Zugegebenermaßen auch, aber eben nicht nur, weil es in diesem Büchlein auch um Sex geht. Eher mehr als Vorsichtsmaßnahme. Sicher kann es nichts schaden, zu erfahren, wozu Frauen so fähig sind, wenn sie böse Sachen aushecken. Dass es für Mann durchaus böse enden kann, wenn Frau nicht das tun will, was Mann so gerne mag, das ist ja allgemein bekannt. Aber auch dass es so böse enden kann? Gerade guten Männern, könnte dieses Büchlein also helfen, Dinge zu erfahren, die sie sich bisher nicht einmal im Traume hätten vorstellen können. Und das will schon etwas heißen bei Männern; schließlich verbringt die übergroße Mehrheit von ihnen den größten Teil ihres Lebens damit. Bei bösen Männern verhält es sich dagegen eher umgekehrt. Aber um die Wahrheit zu sagen, auch guten und anständigen Frauen, also der übergroßen Mehrheit der Frauen, könnte es helfen, gelegentlich einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Schließlich kann es nie schaden zu wissen, wozu die Konkurrenz so fähig ist. Abgesehen davon, wie gesagt, böse Menschen können durchaus auch männlich sein. Aber wem sage ich das? In diesem Sinne, lassen Sie sich überraschen.

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Seitenzahl: 173

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Ekkehard Wolf

Oh wie Böse

Empörende Kurzgeschichten für Menschen, die noch an das Gute glauben

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Oh wie Böse

Eifersucht macht blind

Doppelschlag

Verwirrung

Hinter dem Wattenmeer ist nichts als Meer

Hexensabbat

Hotel Helgolandia

Geständnis

Sturmgepeitscht

Weserwasser

Orientierungslos

Hasenfuß

Trampelpfad zum Friedhof

Kükenmoor

Jugend schützt vor Dummheit nicht

Racheengel

Lustig ist das Studentenleben

Einkaufsbummel

Oktoberfestgetümmel

Angst

Lockvogel

Verzweiflung

Auf die sanfte Art

Geheimnisverrat

Dunkel war’s, der Mond schien helle, als ein Auto blitzesschnelle, langsam um die Ecke fuhr.

Nachrichtensperre

Schutzengel

Abgetaucht

Erpressung

Grenzkontrolle

Todesengel

Impressum neobooks

Oh wie Böse

Empörende Kurzgeschichten für Menschen, die noch an das Gute glauben

Von Ekkehard Wolf

Sie mögen es, wenn im Leben nicht immer alles so läuft, wie Sie sich das vorher ausgemalt haben? Dann sind Sie hier richtig. An Überraschungen, das kann ich Ihnen versichern, werden Sie keinen Mangel haben. Diese kleine Sammlung ist als Urlaubslektüre gedacht, für Menschen, die sich nicht so gerne langweilen. Die Handlung folgt keinem festen Schema. Statt dessen unternehmen Sie eine kleine Reise, die Sie an verschiedene Orte in unserem Lande führt. Die kleine Reise beginnt im hohen Norden und endet im tiefen Süden. Das, was Sie dort erleben, ist im Zweifel den Örtlichkeiten geschuldet, an denen sich die Geschichte ereignet. Durchaus möglich, dass Ihnen der eine oder andere Ort der Handlung sogar vertraut ist. Dann vermögen Sie ja problemlos abzuschätzen, ob das, was ich Ihnen hier erzähle, allein als Produkt meiner Phantasie betrachtet werden muss, oder ob da doch ein Körnchen Wahrheit mitschwingen könnte. Wenn Ihnen Zweifel bleiben, dann fahren Sie doch einfach einmal hin. Schließlich ist fast jeder Ort dieser Welt es wert, mit einem Besuch geehrt zu werden. Das gilt nicht zuletzt auch für die zahlreichen Friedhöfe. Auf jeden Fall aber werden Sie unschwer feststellen, dass nicht alles, was aussieht wie ein Märchen auch tatsächlich eines sein muss. Aber auch, wenn Sie keine Lust haben, den Wahrheitsgehalt der Geschichten vor Ort zu überprüfen, Sie werden schnell feststellen, dass das Leben gelegentlich überraschende Wendungen bereit hält. Wendungen, die vor allem diejenigen von Ihnen begeistern werden, die es noch nicht aufgegeben haben, an das Gute zu glauben. Aber auch wenn das nicht der Fall sein sollte, schauen Sie gern einmal herein. Was Sie in jedem Fall erwarten dürfen, sind spannende Geschichten, deren Ausgang gelegentlich verstören kann. Ich schreibe das in der Hoffnung, Sie nicht zu langweilen und freue mich auf Ihre Rückmeldung. In diesem Sinne, bleiben Sie wachsam und geben Sie acht, dass Ihre Phantasie Ihnen keinen Streich spielt.

Eifersucht macht blind

Beginnen wir unsere Reise im Norden, genauer gesagt in Flensburg. Diese nördlichste aller nördlich gelegenen Städte Deutschlands bietet eine ganze Reihe von Attraktionen, wie etwa den alten Hafen, in dem Sie eine ganze Reihe von historischen Segelschiffen bewundern können. Wenn Ihnen danach ist, die Szenerie von land aus in ruhe zu genießen, so empfehle ich Ihnen einen Aufenthalt in dem Lokal eines Sylter Gastronomen gleich rechts vorne an der Hafenbucht. Hier bekommen Sie allerlei Seemannskost, vom Backfisch bis zur Krabbensuppe. Alles sehr lecker und zu verträglichen Preisen. Nicht alle Menschen, die hier leben, gehören übrigens in die Kategorie der bösen Menschen. Aber solche gibt es eben auch, wie unsere erste Geschichte zeigt.

Die gehörnte Ehefrau hatte ganz einfach die Nase voll gehabt. Die ständigen Eskapaden ihres vor vielen Jahren Angetrauten hatten mittlerweile ein Niveau erreicht, das sie nicht länger bereit war hinzunehmen. Anfänglich hatte sie noch gehofft, ihn für sich zurück gewinnen zu können. Was hatte sie nicht alles getan, um ihm zu zeigen, dass er all die anderen Weiber gar nicht nötig hatte. Als sie noch jung waren, hatte ihm das, was sie ihm zu bieten hatte doch auch gereicht. Als sie hatte erkennen müssen, dass das, was sie in der Vergangenheit miteinander verbunden hatte, nun einfach nicht mehr zählte, hatte sie sich erst trotzig in ihr Schneckenhaus zurückgezogen und sich eingebildet, ihn mit ihrer Verweigerung der ehelichen Pflichten zur Umkehr veranlassen zu können. Als auch diese Rechnung nicht aufgegangen war, hatte sie sich ernsthaft mit dem Gedanken an eine Scheidung beschäftigt, diese Möglichkeit aber bereits nach dem ersten Termin beim Anwalt wieder fallen gelassen. Zu ungünstig wäre die Aufteilung des mit den Jahren angesammelten Vermögens für sie ausgegangen. Also hatte sie damit begonnen nach Alternativen zu suchen. Selbstverständlich war sie fündig geworden. Schließlich waren die Internetforen ja gespickt voll mit gutgemeinten Ratschlägen. Vom klassischen Giftmord über den Sturz von der Klippe bis hin zur Auflösung der sterblichen Überreste in einem Salzsäurebad war so ziemlich alles dabei gewesen, was sich die gekränkte Seele so einfallen lassen konnte. Aber unter dem Strich hatte sich dann doch immer wieder nicht die passende Gelegenheit ergeben, und sie hatte angefangen, sich damit abzufinden, dass sie für ihn nicht mehr zu existieren schien. Jedenfalls nicht in der Weise, in der sie das früher getan hatte. Aber mit ihrer Geduld war es dann schlagartig vorbei gewesen, als ihr klar geworden war, dass es für ihren untreuen Gatten mit seiner neuesten Flamme anders ausgehen könnte, als mit seinen bisherigen Kurzzeitliebschaften. Ihr war klar geworden, dass sie jetzt handeln musste, wenn sie vermeiden wollte, am Ende mit leeren Händen da zu stehen. Sie hatte sich daher entschlossen zu handeln. Zugleich aber war sie fest entschlossen, es ihrem ehrenwerten Gatten auch so heim zu zahlen, dass sie für all die Kränkungen entschädigt sein würde, die er ihr im Laufe der Jahre zugefügt hatte. Folglich kamen all die typischen Tatwerkzeuge einer Frau für sie nicht in Frage. Nach reiflicher Überlegung entschloss sie sich dazu, zum Messer zu greifen. Derartige Verletzungen konnten extrem schmerzhaft ausfallen und bei richtiger Dosierung so langsam zum Tode führen, dass das Opfer lange Zeit leiden musste. Sie würde es aussehen lassen wie eine Tat, die von langer Hand geplant war. Eine Tat also, bei der Heimtücke im Spiel war und für die es eine lebenslange Strafe wegen Mordes geben würde. Dass ihr Mann das Opfer sein würde war also klar, ebenso dass als Täterin allein seine neue Flamme in Frage kam. Allein die Frage, wie sie es anstellen sollte, es so aussehen zu lassen, wie es aussehen sollte, bereitete ihr anfänglich erhebliches Kopfzerbrechen. Da sie sich aber nun einmal entschlossen hatte, die Sache zu Ende zu bringen, fand sie auch eine Lösung. Eine Lösung, die so verblüffend einfach war, dass sie selbst sich wunderte, warum sie nicht viel früher darauf gekommen war. Also wartete sie geduldig einen der Tage ab, an dem ihr werter Gatte seine Holde in deren Wohnung mit einem von ihm selber zubereiteten Menü zu erwarten pflegte. So, wie er das früher gern bei ihr gemacht hatte. Doch bevor die blöde Nutte eintraf, würde sie, sein angetrautes Eheweib vor der Tür stehen und ihn mit seinem eigenen Kochmesser in Stücke schneiden. Sobald dann das geile Miststück am Ort des Verbrechens auftauchte, würde sie die 110 anrufen und von den furchtbaren Schreien berichten, die aus der Wohnung drangen. Je klarer sie sich das Entsetzen ausmalte, das ihre Nebenbuhlerin in dem Moment erfassen würde, wenn sie das Opfer ihrer Verführungskünste wie ein wildes Tier verendet und in seinem eigenen Blut liegend in ihrer Wohnung finden würde, desto ungeduldiger erwartete sie den Tag, an dem sie ihren Plan in die Tat umsetzen konnte. Als dieser Tag endlich da war, zögerte sie keinen Augenblick mit der Ausführung. Sie genoss noch seinen verblüfften Blick, als statt seiner Geliebten sie, seine Angetraute Ehefrau vor der Türe stand, ließ im nächsten Moment das Messer mit der Klinge aus Rasierklingenstahl genau so durch seine Kehle gleiten, wie sie das damals in dem Horrorfilm gesehen hatte, dessen Namen sie sich nicht merken wollte. Damals hatte sie bei dieser Szene entsetzt die Augen geschossen und sich erschrocken abgewandt. Jetzt erlebte sie mit Genugtuung das Entsetzen in seinem Blick, als er begriff, was mit ihm geschah. Im selben Augenblick zog sie die Tür mit einem Ruck wieder von außen zu. Anschließend klappte sie das Messer ein, wandte sich um und verließ das Gebäude. Als wenige Minuten später die Geliebte auftauchte, wartete sie wie geplant einen Augenblick, benachrichtigte dann die Polizei, und freute sich darauf zu erleben, wie das Miststück in Handschellen aus dem Haus geführt wurde. Bis es soweit war, musste sie allerdings noch das Eintreffen des Notarztes miterleben, der jedoch sehr schnell unverrichteter Dinge wieder von dannen zog. Noch in derselben Nacht durfte sie den Besuch von zwei älteren Polizeibeamten entgegen nehmen, die ihr die traurige Mitteilung vom gewaltsamen Tod ihres Mannes überbrachten. Als am frühen Abend des folgenden Tages die Polizei erneut vor ihrer Tür stand, rechnete sie ganz fest damit, dass die Beamten ihr jetzt die Mörderin präsentieren würden. Dass es anders kam lag vor allem daran, dass sich in der gesamten Wohnung der Beschuldigten kein einziges Messer hatte finden lassen, das dieser Tat zugeordnet werden konnte. Dass die Ermittler auf die Idee kommen würden, nun ausgerechnet bei ihr in der Plastikbox nach der Tatwaffe zu suchen, war ihr schlicht nicht in den Sinn gekommen.

Doppelschlag

Damit kein falscher Eindruck entsteht: In Flensburg gibt es, wie überall auf der Welt, nicht nur böse Frauen. Auch Männer kommen gelegentlich auf dumme Ideen.

Seit er im Ruhestand gelandet war, hatten seine eigenen vier Wände die Tendenz entwickelt, sich ganz allmählich zwar, aber dennoch unverkennbar zusammenzuziehen. Anfänglich hatte er dem keine große Bedeutung beigemessen. Schließlich war seine Wohnung groß genug und seit dem Tod seiner Frau vor wenigen Wochen hatte er ohnehin eher das Gefühl, etwas gegen die Leere tun zu müssen, die ihn umgab. Genau genommen war er nicht regulär in den Ruhestand gegangen und in Wirklichkeit war auch seine Frau nicht gestorben. Das so auszudrücken machte es nur leichter für ihn, die Einsamkeit zu ertragen, die ihn seit einiger Zeit umgab. Tatsächlich hatte seine Frau ihn verlassen und sein Rentnerdasein war einfach darauf zurückzuführen, dass sein Chef ihn kurzerhand gefeuert hatte, als er ihm klipp und klar die Meinung gesagt hatte. Aber natürlich war die Entlassung nicht überraschend gekommen. Schließlich hatte er es nicht dabei belassen, seinem Chef gründlich die Meinung zu geigen, sondern um dem Nachdruck zu verleihen, hatte er es sich nicht nehmen lassen, dem Typen auch noch richtig einen einzuschänken. Ihm war klar gewesen, dass das Konsequenzen haben würde, aber was hätte er sonst machen sollen? Tatenlos zusehen, wie der Heini hinter seinem Rücken seine eigene Frau vögelt? Seine Frau hatte es nach dieser Entgleisung vorgezogen, ihm den Laufpass zu geben. Nicht dass sie ihm all die Jahre seit ihrer Ehe etwa treu gewesen wäre. Das natürlich nicht. Schließlich war sie mehr als zwanzig Jahre jünger gewesen als er. Sie hatte ihm damals das Märchen vom unerfahrenen, scharfen kleinen Dummerchen vorgespielt, das auf erfahrene Männer steht. Ihm hatte das geschmeichelt. Zwar hatte er sich unterschwellig klar gemacht, dass eine solche Beziehung über kurz oder lang besonderen Belastungsproben ausgesetzt sein würde, aber er hatte das verdrängt. Seine späte Liebe hatte es ihm das leicht gemacht. Von Unerfahrenheit jedenfalls konnte bei ihr keine Rede sein. Jedenfalls nicht im Bett. Das war ihm nicht verborgen geblieben. Wie sollte es auch? Schließlich hatte sie alles getan, um ihn auf diesem Gebiet zufrieden zu stellen. Vor ihrer Ehe und dann noch genau fünf Jahre lang. Danach war sie dann häufiger anderweitig unterwegs gewesen. Das sie scharf war, hatte sie nicht spielen müssen. Das hatte er schließlich selbst erlebt. Mit dem Dummerchen war das eine andere Sache gewesen. Da hatte er länger gebraucht, um zu kapieren, dass auch das nicht stimmte. So richtig realisiert hatte er das eigentlich erst, als sie ihm nach der Trennung seinen alten Chef triumphierend als ihren neuen Freund vorgestellt hatte und der ihr bei dieser Gelegenheit ihren Wunsch erfüllt und ihn kurzerhand aus seiner eigenen Wohnung geworfen hatte - und zwar im wörtlichen Sinne. Ihn hatte das Ende der Beziehung nicht wirklich überrascht. Seit ihrer Heirat waren mittlerweile ja nun auch schon wieder mehr als zwanzig Jahre ins Land gegangen. Was ihm nicht gefiel, das war die Art und Weise, wie das geschehen war. Das hatte keinen Stil. Seither dann er auf Rache. Anfangs hatte er es sich angewöhnt, einen Großteil seiner Zeit damit zu verbringen, planlos mit seinem alten Wagen die Autobahnen auf und ab zu fahren. Vor allem um sich abzulenken, um auf andere Gedanken zu kommen, ohne ein bestimmtes Ziel. Im Laufe der Zeit begann sich das zu ändern. Er ertappte sich dabei, wie er anfing, die Menschen um sich herum genauer anzusehen. Die Menschen und die Gefährte, mit denen sie unterwegs waren. Ganz allmählich nur, dafür aber um so zuverlässiger gelang es ihm dabei, die Fahrzeuge und ihre Nutzer bestimmten Merkmalen zuzuordnen. Kurzerhand, er fing an, seine Umgebung bewusster wahrzunehmen. Erst sehr allmählich war er bereit, sich einzugestehen, dass seine Suche nicht so ziellos war wie es auf den ersten Blick erscheinen möchte. Tatsächlich suchte er nach einem Menschen, der ganz bestimmte Eigenschaften in sich vereinte. Soviel war ihm klar. Welche Eigenschaften es allerdings sein sollten, war ihm lange Zeit verborgen geblieben. Das begann sich zu ändern, als er sich dazu entschloss, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort erneut zu ändern. Das lag weniger daran, dass ihm die langen Fahrten auf der Autobahn zunehmend ineffektiv erschienen, um den Menschen zu finden, nach dem er so dringlich suchte. Das zwar auch, aber im Grunde war die Sache profaner. Ihm drohte das Geld auszugeben. In früheren Zeiten hätte ihn das beunruhigt. Jetzt trug das nur dazu bei, ihm die Entscheidung zu erleichtern. Ohne seinem bisherigen Leben auch nur eine Sekunde nachzuweinen, entschloss er sich zu einem Tausch. Er packte seine Siebensachen in zwei Koffer und kündigte die immer kleiner werdende Wohnung, wohl wissend, wen er damit treffen würde. Er verkaufte sein Auto und leistete sich im Gegenzug ein Bahn Ticket 100. Er bestellte sich ein Taxi, ließ sich zum nächstgelegenen Bahnhof kutschieren und nutzte von da an den WLan Service der Bahn AG, um das zu planen, was von nun an den Inhalt seines neuen Lebens ausmachen sollte. Als erstes verschaffte er sich anhand des Streckenplans einen Überblick über die Fern- und Querverbindungen, die es ihm möglich machen würden, nach dem Verlassen eines Zuges möglichst mehrere Anschlussverbindungen zur Auswahl zu haben. Sein Plan war so genial wie einfach. Auf langen Strecken suchte er sich die Startbahnhöfe aus, um zu zusteigen. Sobald der Zug losgefahren wanderte er ganz gemächlich durch die Abteile und notierte sich die Sitzplätze von allein reisenden, jüngeren Frauen. Sobald eines seiner Opfer sich auf den Weg zu Toilette machte, angelte er sich deren Telephon und schickte seiner Verflossenen eine wohlmeinende Textnachricht eines anderen Opfers ihres neuen Lovers mit der Botschaft, dem Typen bloß nicht zu vertrauen. Die Reaktion war vorhersehbar. Sie würde den Typen zur Rede stellen, der würde abstreiten, die Absenderin der Nachricht auch nur zu kennen. Sie würde ihn wütend der Lüge bezichtigen. Ein Wort würde das andere geben und schließlich würde es ihm oder ihr zu dumm werden und damit würde die Beziehung am Ende sein. Seine Ex würde dann auf einen Schlag wissen, wie es ist, wenn man obdachlos und ohne eigenes Einkommen ist. Für seinen ehemaligen Chef hatte er danach dann einen echten Klassiker ins Auge gefasst. Alles was er dafür bräuchte war eine Frau, die bereit war, seinen Chef in eine so vergängliche Situation zu bringen, dass der keine andere Wahl mehr haben würde, als sich dem Konkursrichter zu offenbaren. Die passende Frau ausfindig zu machen war nicht schwer. Sein nun obdachloses Dummerchen dazu zu bringen, es ihrem Verflossenen mit einigen zutiefst unmoralischen Einstellungen heimzuzahlen war nicht sonderlich schwer. Ihn darüber hinaus auch noch in verfänglichen Situationen in Begleitung der Frau seines wichtigsten Geschäftspartners abzulichten, erforderte hingegen schon ein wenig Geduld. erfordert, denn um die geeigneten Angaben aus den sozialen Netzwerken heraus zu fischen, braucht man einfach ein wenig Zeit. Aber die war in den Zügen ja zur Genüge vorhanden.

Verwirrung

Weiter geht es nach Cuxhaven am schönen Nordseestrand. Um dorthin zu kommen, haben es sich gerade in jüngster Zeit vor allem auch umweltbewusste Menschen angewöhnt, die Bahn zu benutzen. Hier können Sie gebratene Heringe ebenso verspeisen, wie Bratkartoffeln. Im Idealfall bestellen Sie beides. Aber auch das kann seine Tücken haben.

Die alte Frau blickte ohne innere Anteilnahme auf das Meer. Das sanfte Schlagen der Wellen vor sich nahm sie nur am Rande wahr. Dass ihr bereits deutlich ergrautes Haar im Wind zerzaust wurde, schien sie nicht zu stören. Wer sie so erlebte, musste unweigerlich den Eindruck gewinnen, einen Menschen vor sich zu haben, der einen schweren Schicksalsschlag zu verarbeiten hatte. Und tatsächlich hatte die Frau nur wenige Stunden zuvor etwas erlebt, von dem sie sich im bisherigen Verlauf ihres schon recht langen Lebens nicht hätte vorstellen können, dass ausgerechnet ihr so etwas jemals widerfahren würde. Sie würde auch jetzt noch jedem, der sie danach fragen würde, ihre totale Fassungslosigkeit über das gerade Erlebte bekennen und dabei nicht verhindern können, dass ihr die Tränen in die Augen traten. Sie würde das umso überzeugender tun könnten, als jeder der sie kannte, jeden Eid darauf schwören würde, keinen Menschen zu kennen, der Gewalt stärker ablehnte als sie. Immerhin hatte sie bereits als kleines Kind selber erfahren müssen, was häusliche Gewalt bedeuten konnte. Andererseits hätte ein unbeteiligter Beobachter sehr wohl zu dem Ergebnis gelangen können, dass das zuvor Erlebte keineswegs als das Resultat einer unglücklichen Verkettung von Umständen anzusehen war. Ein aufmerksamer Beobachter des Geschehens hätte sogar zu dem Schluss kommen können, dass die Begebenheit als das Ergebnis einer von langer Hand geplanten Tat eingestuft werden könnte, also möglicherweise als kaltblütig geplanter Mord. Aber einen solchen Beobachter gab es nun einmal nicht und so deutete tatsächlich alles darauf hin, dass es sich bei dem Geschehen um genau den schweren Schicksalsschlag gehandelt habe, als der es erscheinen sollte. Schließlich hatte sie alles getan, um zu verhindern, dass die Situation außer Kontrolle geriet. Wann immer es ihr notwendig erschien, hatte sie mit ihrer ruhigen Art ihre Tochter dazu gebracht, die Macken ihres Mannes nicht unnötig zu dramatisieren. Männer hatten nun einmal so gewisse Angewohnheiten und Neigungen, die nicht jeder Frau auf Anhieb gefallen müssten. Aber deswegen gleich die Beziehung abzubrechen, konnte ja nun auch nicht die Lösung sein. Sie selbst war so erzogen worden und hatte auch ihre Tochter so erzogen und zu Guter Letzt hatte sich diese Haltung ja auch ausgezahlt. Dass bedeutete keineswegs, dass nicht auch ihr bewusst gewesen wäre, welche Überwindung es ihre Tochter gekostet hatte, um des lieben Friedens Willen immer wieder die Ausschweifungen ihres Mannes zu ertragen. Das war mit der Geburt ihres kleinen Töchterchens nicht eben leichter geworden. Um da ein wenig die Luft raus zu nehmen, hatte die alte Frau schließlich angeboten, die Reise ans Meer mit der Bahn zu unternehmen. Damit ihr Schwiegersohn nicht auf die Idee kam, diesen Vorschlag abzulehnen, hatte sie ihr Angebot mit einem kräftigen Zuschuss versüßt, angeboten den Urlaub zu begleiten, um sich um ihre kleine Enkelin zu kümmern und während der Fahrt auch nicht gezögert, dem Mann seinen Wunsch nach einem kleinen Bierchen zu erfüllen. Sie hatte sich sogar persönlich in den Speisewagen begeben, um ihm sein heiß begehrtes Getränk eigenhändig an den Platz zu bringen. Wie üblich war es nicht bei einem Bierchen geblieben. Gleichwohl war es schon ein wenig überraschend gewesen, wie sehr ihn die wenigen Gläschen mitgenommen hatten. Als der Gute kurz vor dem Halt in Harburg das Bedürfnis hatte, die Toilette aufzusuchen, war sie sich nicht zu schade gewesen, den bereits deutlich Schwankenden dorthin zu begleiten. Wie sie nach Überwindung des ersten Schicksalsschlags der Polizei zu Protokoll gab, hatte sie, während ihr Schwiegersohn sich Entlastung verschaffte, für einen Moment in den Nebenwagon aufgesucht, um die Internetverbindung ihres Smartphones zu testen. Dass ihr Schwiegersohn genau in dem Augenblick, als der Zug im Bahnhof zum Halten gekommen war, auf die Idee kommen würde, in einem Anflug von Verwirrung die Zugtür an der falschen Seite zu öffnen um auszusteigen, das hatte natürlich niemand ahnen können. Erst recht nicht, dass in genau diesem Augenblick ein auslaufender Zug auf eben diesem Gleis unterwegs war. Die alte Frau gab an noch versucht zu haben, ihn am Aussteigen zu hindern. Leider vergeblich. Tatsächlich hatte es nur noch des berühmten kleinen Anstoßes bedurft, um ihn ins Jenseits zu befördern. Aber das hatte ihr natürlich niemand zugetraut und das vergaß sie naturgemäß auch zu erwähnen.

Die alte Frau strich sich mit einer ruhigen Bewegung die Strähnen aus dem Gesicht. Ihrer kleinen Enkelin würde dieser Mann jedenfalls keine Gewalt mehr antun.

Hinter dem Wattenmeer ist nichts als Meer

Die Küste vor Cuxhaven zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass Ebbe und Flut einander in regelmäßigen Abständen ablösen. Die Wasserstände schwanken daher erheblich. Das nicht zu beachten, hat schon so manchen Besucher in arge Bedrängnis gebracht – besonders bei Flut. Aber es gibt auch noch andere Tücken.