Outlander - Der Usus der Armee - Diana Gabaldon - E-Book

Outlander - Der Usus der Armee E-Book

Diana Gabaldon

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Beschreibung

Folgen Sie Lord John Grey nach Kanada, wo er sich über Umwege plötzlich in der Schlacht von Quebec wiederfindet. »Outlander - Der Usus der Armee« ist ein Kurzroman aus dem »Outlander«-Universum von Bestseller-Autorin Diana Gabaldon. London 1759. Nach einem Duell mit bösem Ausgang in einem Salon, steht Lord John Grey kurz davor, wieder den Dienst in der Armee Seiner Majestät anzutreten, als ihn die Bitte eines alten Freundes erreicht: Charlie Carruthers steht in Kanada vor dem Kriegsgericht und bittet Lord John darum, als Leumundszeuge auszusagen. Daraufhin bricht Lord John auf in die Neue Welt, in der er jedoch nicht nur das Leben seines Freundes verteidigen muss. Dieser Kurzroman spielt nach dem zweiten Lord-John Roman »Die Sünde der Brüder« sowie dem Kurzroman »Der Geistersoldat« und ist Teil des »Outlander«-Universums. Fans der Reihe ist Lord John als einer der besten Freunde Jamie Frasers bekannt, aber auch abseits davon erlebt er fesselnde Abenteuer. Die kürzeren und längeren Romane um Lord John Grey bauen zwar chronologisch aufeinander auf, können aber auch einzeln gelesen werden. »Lord John und der Usus der Armee« sowie sechs weitere Kurzromane von Bestseller-Autorin Diana Gabaldon finden Sie auch in dem Sammelband »Outlander – Im Bann der Steine«.

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Seitenzahl: 129

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Diana Gabaldon

Outlander – Der Usus der Armee

Ein Lord-John-Kurzroman

Aus dem Englischen von Barbara Schnell

Knaur e-books

Über dieses Buch

London 1759. Nach einem Duell mit bösem Ausgang in einem Salon, steht Lord John Grey kurz davor, wieder den Dienst in der Armee Seiner Majestät anzutreten, als ihn die Bitte eines alten Freundes erreicht: Charlie Carruthers steht in Kanada vor dem Kriegsgericht und bittet Lord John darum, als Leumundszeuge auszusagen. Daraufhin bricht Lord John auf in die Neue Welt, in der er jedoch nicht nur das Leben seines Freundes verteidigen muss.

Dieser Kurzroman spielt nach dem zweiten Lord-John Roman »Die Sünde der Brüder« sowie dem Kurzroman »Der Geistersoldat« und ist Teil des Outlander-Universums. Fans der Reihe ist Lord John als einer der besten Freunde Jamie Frasers bekannt, aber auch abseits davon erlebt er fesselnde Abenteuer. Die kürzeren und längeren Romane um Lord John Grey bauen zwar chronologisch aufeinander auf, können aber auch einzeln gelesen werden.

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Dieses Buch widme ich Karen Henry, Rita Meistrell, Vicki Pack, Sandy Parker und Mandy Tidwell (die ich mit allem Respekt und der größten Dankbarkeit auch meine persönliche Erbsenzählertruppe nenne) für ihre unschätzbare Hilfe beim Aufspüren von Irrtümern, Anschlussfehlern und Kleinkram aller Art.

 

(Für etwaige verbleibende Fehler ist allein die Autorin verantwortlich, die nicht nur hin und wieder fröhlich die Chronologie ignoriert, sondern sich bisweilen auch ganz bewusst auf Abwege begibt.)

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Lord John und der Usus der Armee

Einführung

ZU DEN FREUDEN des Verfassens historischer Romane gehört es, dass die besten Teile nicht erfunden sind. Diese Geschichte war das Resultat der Tatsache, dass ich Wendy Moores hervorragende Biografie des Arztes Dr. John Hunter gelesen habe und gleichzeitig ein Faksimilebüchlein über die Dienstvorschriften der britischen Armee während der Amerikanischen Revolution.

Eigentlich habe ich in beiden Büchern nichts Bestimmtes gesucht, sondern habe sie nur als allgemeine Quellen zur Zeitgeschichte gelesen – natürlich immer mit einem offenen Auge für faszinierende Dinge wie die Zitteraalpartys in London, die – genau wie Dr. Hunter selbst – historisch verbrieft sind.

Was die Dienstvorschriften betrifft, so muss man als Schriftsteller der Versuchung widerstehen, den Leuten Dinge zu erzählen, nur weil man sie weiß. Doch auch dieses Buch enthielt Kleinigkeiten wie die Information, dass das Wort »Bombe« im achtzehnten Jahrhundert durchaus gebräuchlich war und was damit gemeint war: nicht nur eine Explosionswaffe, sondern ebenso ein in geteertes Tuch gewickeltes Schrapnellpaket, das aus einer Kanone abgeschossen wurde (obwohl wir darauf achten müssen, das Wort Schrapnell zu vermeiden, da es seinen Namen von Lt. Henry Shrapnel von der Königlichen Artillerie hat, der die ursprüngliche »Bombe« zum »Schrapnellgeschoss« weiterentwickelte, einer Bombe voller Splitter, die außerdem Schwarzpulver enthielt und nach dem Abfeuern in der Luft explodierte. Dummerweise hat er das 1784 getan, was schade ist, weil Schrapnell ein toller Begriff ist, wenn man über den Krieg schreibt).

Unter vielen anderen Details fiel mir eine kurze Beschreibung des Prozederes bei einem Kriegsgericht ins Auge:

»Es ist der Usus der Armee, dass der Vorsitz eines Kriegsgerichts aus einem ranghohen Offizier und einer Anzahl weiterer Offiziere besteht, die dieser für geeignet befindet, das Gericht zu bilden, im Allgemeinen vier an der Zahl, möglicherweise mehr, jedoch nicht weniger als drei. Die angeklagte Person soll das Recht haben, Zeugen zu ihrer Unterstützung aufzurufen, und das Gericht soll diese befragen sowie jede andere Person, die es wünscht, und so soll es die Umstände klären und, falls es zu einer Verurteilung kommt, auch die Strafe.«

Das war alles. Keine Richtlinien für den Umgang mit Beweismitteln, keine Maßstäbe für eine Verurteilung, keine Vorgaben über das Strafmaß, keine Anforderungen an die Vorsitzenden eines solchen Gerichts, nur »der Usus der Armee«. Dieser Ausdruck ist offensichtlich bei mir hängen geblieben.

WENN MAN ES RECHT BEDACHTE, war wahrscheinlich der Zitteraal daran schuld. Darüber hinaus konnte John Grey das Ganze auch der ehrenwerten Ms Caroline Woodford in die Schuhe schieben – was er eine Zeit lang tat. Und dem Arzt. Und natürlich diesem verflixten Dichter. Dennoch … nein, der Aal war daran schuld.

Die Gesellschaft hatte in Lucinda Joffreys Haus stattgefunden. Sir Richard war abwesend; ein Diplomat seines Standes konnte einer solchen Frivolität niemals seinen Segen geben. Zitteraalgesellschaften waren in London der letzte Schrei, doch da die Tiere sehr selten waren, waren es solche privaten Zusammenkünfte ebenso. Die meisten dieser Ereignisse fanden in öffentlichen Theatern statt. Hier rief man die wenigen Glücklichen, die auserwählt wurden, dem Aal näher zu begegnen, auf die Bühne, wo sich dann das Publikum daran ergötzte, wie sie einen Schlag bekamen und dann wie getroffene Kegel umhertorkelten.

»Der Rekord liegt bei zweiundvierzig auf einmal!«, hatte ihm Caroline erzählt, und ihre großen Augen hatten geglänzt, als sie von dem Tier in dem Wasserbassin aufblickte.

»Tatsächlich?« Es war eins der merkwürdigsten Geschöpfe, die er je gesehen hatte, auch wenn es eigentlich eher unauffällig aussah. Es war an die neunzig Zentimeter lang, und es hatte einen schwerfälligen, kantigen Körper mit einem stumpfen Kopf, der aussah wie von unkundiger Hand aus Ton geformt, und winzige Augen wie stumpfe Glasperlen. Mit den geschmeidigen, um sich peitschenden Aalen auf dem Fischmarkt hatte es nur wenig gemeinsam – und es erweckte gewiss nicht den Anschein, als könnte es zweiundvierzig Menschen nacheinander auf einen Schlag fällen.

Das Tier hatte nichts Anheimelndes an sich, außer einer kleinen, schmalen Schleierflosse, die ihm über den gesamten Unterkörper lief und sich in Wellen bewegte wie ein Gazevorhang im Wind. Diese Beobachtung teilte Lord John sofort Ms Caroline mit und wurde daraufhin beschuldigt, ein poetisches Wesen zu besitzen.

»Poetisch?«, sagte eine belustigte Stimme hinter ihm. »Kennen die Talente unseres tapferen Majors denn gar keine Grenzen?«

Innerlich grimassierend und äußerlich lächelnd, wandte John sich um und verneigte sich vor Edwin Nicholls.

»Es würde mir niemals einfallen, mich auf Euer Terrain zu wagen, Mr Nicholls«, sagte er höflich. Nicholls schrieb grauenvolle Verse, die sich zumeist mit der Liebe befassten, und er genoss die Bewunderung junger Frauen einer gewissen Geisteshaltung. Ms Caroline zählte nicht zu ihnen; sie hatte sogar eine äußerst gewitzte Parodie seines Stils verfasst, obwohl Grey nicht glaubte, dass Nicholls davon gehört hatte. Zumindest hoffte er es nicht.

»Ach, nein?« Nicholls zog eine honigfarbene Augenbraue hoch und warf Ms Woodford einen kurzen, aber bedeutsamen Blick zu. Sein Ton war scherzhaft, doch sein Blick war es nicht, und Grey fragte sich, wie viel Mr Nicholls wohl schon getrunken haben mochte. Nicholls hatte rote Wangen und glitzernde Augen, doch das konnte genauso gut eine Folge der Wärme im Zimmer sein, die beträchtlich war, und des aufregenden Anlasses.

»Denkt Ihr darüber nach, eine Ode an unseren Freund zu verfassen?«, fragte Grey, ohne Nicholls’ Seitenhieb zu beachten, und zeigte auf das große Wasserbecken mit dem Aal.

Nicholls lachte zu laut – nein, er war wirklich nicht mehr nüchtern – und winkte ab.

»Nein, nein, Major. Wie könnte ich es in Betracht ziehen, meine Energie an eine solch grässliche, bedeutungslose Kreatur zu verschwenden, wo ich doch solch entzückenden Engel zu meiner Inspiration habe.« Er grinste anzüglich – Grey wollte den Mann ja nicht beleidigen, aber es war unleugbar ein anzügliches Grinsen – in Ms Woodfords Richtung, woraufhin diese – mit zusammengekniffenen Lippen – lächelte und ihn tadelnd mit dem Fächer antippte.

Wo war Carolines Onkel?, fragte sich Grey. Simon Woodford teilte das Interesse seiner Nichte an der Naturkunde und hatte sie doch gewiss begleitet … Oh, da! Simon Woodford war in ein Gespräch mit Mr Hunter, dem berühmten Arzt, vertieft – was hatte Lucinda nur bewogen, ihn einzuladen? Dann fiel sein Blick auf Lucinda, die Mr Hunter über ihren Fächer hinweg scharf ansah, und er begriff, dass sie ihn gar nicht eingeladen hatte.

John Hunter war ein berühmter Arzt – und ein berüchtigter Anatom. Dem Gerücht nach schreckte er vor nichts zurück, wenn es darum ging, sich einen besonders begehrenswerten Kadaver zu schnappen – ob menschlich oder nicht. Er verkehrte zwar durchaus in der besseren Gesellschaft, jedoch nicht in den Kreisen der Joffreys.

Lucinda Joffrey hatte Augen, die Bände sprechen konnten. Sie waren das einzig Schöne an ihr, mandelförmig, bernsteinfarben und imstande, bemerkenswert einschüchternde Botschaften durch ein überfülltes Zimmer zu senden.

Hierher!, sagten sie. Grey lächelte und hob ihr das Glas zum Salut entgegen, machte aber keine Anstalten zu gehorchen. Die Augen verengten sich und glitzerten gefährlich, dann nahmen sie abrupt den Arzt ins Visier, der jetzt auf das Wasserbecken zuhielt. Sein Gesicht leuchtete vor Neugier und Sammelleidenschaft.

Die Augen hefteten sich wieder auf Grey.

Seht zu, dass Ihr ihn loswerdet!, sagten sie.

Grey blickte zu Ms Woodford hinüber. Mr Nicholls hatte ihre Hand in die seine genommen und schien irgendetwas zu deklamieren; sie sah so aus, als hätte sie die Hand gern zurück. Grey richtete den Blick erneut auf Lucinda und zuckte mit den Achseln. Er wies mit einer kleinen Geste auf Mr Nicholls’ ocker-samtenen Rücken und drückte ihr so sein Bedauern darüber aus, dass seine Verantwortung seinen Mitmenschen gegenüber ihn daran hinderte, ihren Befehl auszuführen.

»Nicht nur das Gesicht eines Engels«, sagte Nicholls gerade und drückte Carolines Finger so fest, dass sie aufquietschte, »sondern auch die Haut.« Er streichelte ihre Hand, und sein anzüglicher Blick überflog sie noch unverhohlener. »Wie mag ein Engel wohl am Morgen duften, frage ich mich.«

Grey betrachtete ihn nachdenklich von oben bis unten. Noch eine derartige Bemerkung, und er würde möglicherweise gezwungen sein, Mr Nicholls ins Freie zu bitten. Nicholls war hochgewachsen und kräftig, wog einen Viertelzentner mehr als er, und man sagte ihm nach, dass er Streit suchte. Am besten versuche ich zuerst, ihm die Nase zu brechen, dachte Grey, und schubse ihn dann mit dem Kopf voran in eine Hecke. Er wird nicht wieder ins Haus kommen, wenn ich seine Erscheinung verwüste.

»Was schaut Ihr denn so?«, erkundigte sich Nicholls unfreundlich, als er sah, dass Greys Blick auf ihm ruhte.

Lauter Applaus ersparte Grey die Antwort – der Besitzer des Aals rief die Gesellschaft zur Ordnung. Ms Woodford nutzte die Gelegenheit, ihre Hand fortzureißen, und ihre Wangen brannten vor Verlegenheit. Grey trat augenblicklich an ihre Seite und schob ihr die Hand unter den Ellbogen, während er Nicholls mit eisigem Blick fixierte.

»Kommt mit mir, Ms Woodford«, sagte er. »Suchen wir uns einen Platz, von dem wir alles gut beobachten können.«

»Beobachten?«, sagte eine Stimme neben ihm. »Ihr habt doch wohl nicht vor, nur zuzusehen, oder, Sir? Interessiert Euch denn gar nicht, wie es ist, das Phänomen am eigenen Leib auszuprobieren?«

Es war Hunter persönlich. Das buschige Haar ohne große Sorgfalt zusammengebunden, jedoch mit einem anständigen zwetschgenroten Anzug bekleidet, grinste er zu Grey auf; der Arzt war zwar breitschultrig und muskulös, aber nicht sehr groß – keine eins sechzig gegenüber Greys eins siebzig. Offenbar war ihm Greys wortloser Dialog mit Lucinda nicht entgangen.

»Oh, ich denke …«, setzte Grey an, doch Hunter hatte ihn schon am Arm und zog ihn durch die Menge, die sich um das Bassin drängte. Caroline folgte ihm hastig, nachdem ihr alarmierter Blick auf Nicholls’ finsteres Gesicht gefallen war.

»Ich bin sehr neugierig darauf zu erfahren, wie Ihr es empfunden habt«, plauderte Hunter. »Manche Leute berichten von bemerkenswerter Euphorie, momentaner Orientierungslosigkeit … von Kurzatmigkeit oder Schwindel – manchmal auch einem Stechen in der Brust. Ihr habt doch kein schwaches Herz, hoffe ich, Major? Oder Ihr, Ms Woodford?«

»Ich?« Caroline zog ein überraschtes Gesicht.

Hunter verneigte sich vor ihr.

»An Eurer Reaktion wäre ich besonders interessiert, Ma’am«, sagte er respektvoll. »Nur wenige Frauen besitzen den Mut, ein solches Abenteuer zu unternehmen.«

»Sie möchte aber nicht«, warf Grey eilig ein.

»Nun, vielleicht ja doch«, sagte sie und sah ihn mit einem kleinen Stirnrunzeln an, bevor sie den Blick auf das Wasserbecken und die lange graue Silhouette darin richtete. Sie erschauerte sacht – doch Grey, der die Dame schon lange kannte, erkannte darin einen Schauder der Vorfreude, nicht des Ekels.

Mr Hunter sah es ebenfalls. Sein Grinsen wurde breiter, und er verneigte sich erneut und hielt Ms Woodford den Arm hin.

»Gestattet mir, Euch einen Platz zu sichern, Ma’am.«

Grey und Nicholls setzten sich gemeinsam in Bewegung, um ihn daran zu hindern, stießen zusammen und funkelten einander an, während Mr Hunter Caroline zum Bassin führte und sie dem Besitzer des Aals vorstellte, einer finster aussehenden kleinen Kreatur namens Horace Suddfield.

Grey schob Nicholls beiseite und stürzte sich in die Menge, um sich rücksichtslos nach vorn durchzuschubsen.

Hunter erblickte ihn und strahlte.

»Habt Ihr noch Metallreste in der Brust, Major?«

»Habe ich – was?«

»Metall«, wiederholte Hunter. »Arthur Longstreet hat mir die Operation beschrieben, in deren Verlauf er siebenunddreißig Metallsplitter aus Eurer Brust entfernt hat – äußerst eindrucksvoll. Doch wenn irgendetwas davon zurückgeblieben ist, muss ich Euch davon abraten, das mit dem Aal zu probieren. Metall leitet Elektrizität, und die Möglichkeit von Brandverletzungen …«

Auch Nicholls hatte sich durch das Gedränge gekämpft, und bei diesen Worten stieß er ein unangenehmes Lachen aus.

»Eine gute Ausrede, Major«, sagte er mit unüberhörbarem Spott.

Er ist wirklich ziemlich betrunken, dachte Grey. Dennoch …

»Nein, es sind keine Splitter mehr da«, antwortete er abrupt.

»Exzellent«, sagte Suddfield höflich. »Wie ich höre, seid Ihr Soldat, Sir? Und ein kühner noch dazu – wer könnte besser an erster Stelle stehen?«

Und bevor Grey widersprechen konnte, fand er sich direkt am Rand des Bassins wieder. Caroline Woodfords eine Hand umklammerte die seine, die andere wurde von Nicholls festgehalten, der böse vor sich hin starrte.

»Sind wir alle so weit, meine Damen und Herren?«, rief Suddfield. »Wie viele, Dobbs?«

»Fünfundvierzig!«, erklang der Ruf seines Assistenten im Nebenzimmer, durch das sich die Schlange der Teilnehmer wand, Hand in Hand und zuckend vor Aufregung, während der Rest der Gesellschaft mit großen Augen auf Abstand blieb.

»Haben sich alle angefasst?«, rief Suddfield. »Fasst Eure Freunde fest an, bitte, ganz fest!« Er wandte sich an Grey, und sein kleines Gesicht leuchtete. »Nun denn, Sir! Packt ihn fest an, bitte – genau dort, kurz vor der Schwanzflosse!«

Wider besseres Wissen und ohne Rücksicht auf die Folgen für seine Spitzenmanschette biss Grey die Zähne zusammen und tauchte die Hand ins Wasser.

Als er das glitschige Tier packte, rechnete er im ersten Moment mit dem Schlag, den man bekam, wenn man ein Leidener Glas berührte und es Funken sprühen ließ. Doch dann wurde er heftig rückwärts geschleudert, jeder Muskel seines Körpers verkrampfte sich, und er fand sich auf dem Fußboden wieder, wo er keuchend zappelte wie ein gestrandeter Fisch, während er sich vergeblich zu erinnern versuchte, wie man atmete.

Mr Hunter, der Arzt, hockte neben ihm und beobachtete ihn neugierig und mit leuchtenden Augen.

»Wie fühlt Ihr Euch?«, erkundigte er sich. »Irgendwelche Schwindelgefühle?«

Grey schüttelte den Kopf, während sich sein Mund öffnete und schloss wie bei einem Goldfisch, und er hieb sich mühsam auf die Brust.

Mr Hunter, der dies als Aufforderung betrachtete, beugte sich augenblicklich nieder, knöpfte Grey die Weste auf und legte ihm ein Ohr an das Hemd. Was auch immer er hörte – oder eben nicht –, schien ihn zu alarmieren, denn er richtete sich mit einem Ruck auf, ballte beide Hände zu einer einzigen Faust und ließ sie mit solcher Wucht auf Greys Brust niedersausen, dass dieser es bis in seine Wirbelsäule spürte.

Der Hieb hatte die heilsame Wirkung, ihm die Luft aus der Lunge zu pressen; sie füllte sich automatisch wieder, und plötzlich fiel ihm wieder ein, wie man atmet. Sein Herz schien sich ebenfalls wieder daran zu erinnern, wozu es da war, und begann erneut zu schlagen. Er setzte sich auf, wehrte einen zweiten Hieb Hunters ab und ließ den Blick blinzelnd über die Verwüstung ringsum schweifen.

Der Fußboden lag voller Menschen. Manche wanden sich noch, manche lagen mit ausgestreckten Gliedern reglos da, manche hatten sich bereits erholt und ließen sich von ihren Freunden aufhelfen. Überall erschollen Ausrufe der Erregung, und Suddfield stand stolzerfüllt neben seinem Aal und ließ sich beglückwünschen. Nur der Aal machte einen gereizten Eindruck; er schwamm mit wütenden Bewegungen seines schweren Körpers im Kreis.