Pasadena räumt auf - Joe Juhnke - E-Book

Pasadena räumt auf E-Book

Joe Juhnke

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Beschreibung

Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Die großen Western Classic Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Dieser Traditionstitel ist bis heute die "Heimat" erfolgreicher Westernautoren wie G.F. Barner, H.C. Nagel, U.H. Wilken, R.S. Stone und viele mehr. Dicker, beißender Tabaksqualm hängt dicht unter der Decke. Venturo stellt sein Glas auf die Theke. »Bis gleich«, flüstert er dem Keeper des Golden Garden zu und schlendert, die Hände lässig in den Hosentaschen vergraben, durch den Schankraum. Er tritt hinter die Spieler am Ecktisch und scheint sich nur für das Spiel zu interessieren. Man spielt hier um ziemlich hohe Beträge und mit großem Eifer. Vier Männer sind es, deren Augen unruhig glitzern, in deren Augen das Unstete des passionierten Spielers deutlich geschrieben steht – Hoffnung, Unsicherheit, Verzweiflung. Sie verlieren alle gegen den Mann im dunklen Anzug, an dessen Fingern zwei mächtige Brillanten glitzern. Errol Moffat hat heute seinen großen Tag. Fortuna hat sich ganz bestimmt in ihn verliebt, wie man an dem hohen Berg der vor ihm liegenden Dollars feststellen kann. Aber so ist es ja nicht nur heute. Moffat verliert selten. Vielleicht liegt es daran, dass er hier der Boss ist, dass er die Karten einkauft, dass er die Karten stellt? Moffat ist auch Herr der Stadt. Draußen in einer einsamen Hütte vor der Stadt, nahe dem Wäldchen, versammelt sich eine kleine Gruppe Menschen. Scheu und bedrückt nähern sie sich der Blockhütte, schweigend treten sie zum Kreis jener, die bereits vor ihnen kamen. Da ist einmal Rancher Winfried mit seinem Vormann und zwei Männern. Da ist der alte Baxter mit seinem Sohn und seiner Tochter. Da findet man noch mehr Männer aus der Umgebung und selbst solche aus der Stadt, die das Ende der Epoche Richard Moore erlebten. Und da findet man Pepe, den kleinen, unscheinbaren Mexikaner.

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Die großen Western Classic – 62 –

Pasadena räumt auf

… in einer Stadt voller Revolverhelden

Joe Juhnke

Dicker, beißender Tabaksqualm hängt dicht unter der Decke. Venturo stellt sein Glas auf die Theke.

»Bis gleich«, flüstert er dem Keeper des Golden Garden zu und schlendert, die Hände lässig in den Hosentaschen vergraben, durch den Schankraum. Er tritt hinter die Spieler am Ecktisch und scheint sich nur für das Spiel zu interessieren. Man spielt hier um ziemlich hohe Beträge und mit großem Eifer. Vier Männer sind es, deren Augen unruhig glitzern, in deren Augen das Unstete des passionierten Spielers deutlich geschrieben steht – Hoffnung, Unsicherheit, Verzweiflung.

Sie verlieren alle gegen den Mann im dunklen Anzug, an dessen Fingern zwei mächtige Brillanten glitzern.

Errol Moffat hat heute seinen großen Tag. Fortuna hat sich ganz bestimmt in ihn verliebt, wie man an dem hohen Berg der vor ihm liegenden Dollars feststellen kann.

Aber so ist es ja nicht nur heute. Moffat verliert selten. Vielleicht liegt es daran, dass er hier der Boss ist, dass er die Karten einkauft, dass er die Karten stellt?

Moffat ist auch Herr der Stadt.

*

Draußen in einer einsamen Hütte vor der Stadt, nahe dem Wäldchen, versammelt sich eine kleine Gruppe Menschen. Scheu und bedrückt nähern sie sich der Blockhütte, schweigend treten sie zum Kreis jener, die bereits vor ihnen kamen.

Da ist einmal Rancher Winfried mit seinem Vormann und zwei Männern. Da ist der alte Baxter mit seinem Sohn und seiner Tochter. Da findet man noch mehr Männer aus der Umgebung und selbst solche aus der Stadt, die das Ende der Epoche Richard Moore erlebten.

Und da findet man Pepe, den kleinen, unscheinbaren Mexikaner. Er ist eigentlich die Triebfeder dieser Versammlung, er, der unbeachtete Stallbursche aus Walruns Mietstall in Wasco. Er hat mit Winfried gesprochen, mit dem alten Baxter, mit Lynn vom General Store und mit Fred Hammer, dem Bürgermeister der Stadt, der aber schon längst kein Bürgermeister mehr ist, sondern nur ein Aushängeschild.

Auf dem Tisch des karg eingerichteten Raumes stehen einige Kerzen, die ihr armseliges Licht in die Umgebung ausstrahlen. Die Männer hocken zum Teil auf Kisten, am Boden oder sie stehen im Halbdunkel an den Wänden.

Pepe erhebt sich nun. Sofort verstummen alle Gespräche. Die Augen der Anwesenden richten sich auf einen Menschen, den sie sonst nie beachtet haben, und von dem sie sich nun so viel erhoffen.

»Ich glaube, Rancher Marcus kommt nicht mehr«, beginnt Pepe, »Ihnen aber danke ich für Ihr Kommen. Ich bin ein armer Mann, Freunde, und die wenigsten kannten mich bisher. Ich lebte hier in unserer Stadt im Verborgenen. Ich hatte nie Freunde und hielt auch nie etwas von Freundschaft. Aber Richard Moore, unser Marshal, der das unschuldige Opfer heimtückischer Kreaturen wurde, war mein Freund. Mein einziger vielleicht. Dies ist auch der Grund, weshalb ich die Kraft fand, mit Ihnen zu sprechen und diese Zusammenkunft zu verabreden. Die Stadt geht zugrunde und mit ihr das ganze County.«

»Das wissen wir ja alle selber!«, ruft Winfried dazwischen, andere wieder nicken dazu.

»Das sind keine Neuigkeiten, Pepe!«, sagt auch der alte Baxter und zieht die Stirn kraus.

Doch Pepe fährt unbeirrt fort. »Aber was ihr alle nicht wisst, ist, dass Moffats Bande bereits eine Stärke von dreißig Mann erreicht hat. Jeder einzelne davon ist ein ausgemachter Revolverheld, ohne Gewissen. Jeder von ihnen gehört schon längst an den Galgen.«

»Allen voran aber Venturo!«, grollt Lynn, der Storemann, und putzt sich erregt seine Brillengläser mit dem großen buntkarierten Taschentuch. »Dieser Halunke kauft sich doch bei mir die besten Sachen, ohne sie zu bezahlen.«

»Venturo? Was bedeutet schon dieser Name gegen den Mann, der sich Rio nennt!«

»Rio Salvadore?«, fragt Baxter.

»Ja, Rio Salvadore. Er ist seit heute in der Stadt, und es steht wohl außer Zweifel, dass er beabsichtigt, länger zu bleiben.«

Betroffenes Schweigen tritt ein. Der Name dieses Mannes ist im Westen ein Begriff. Rio kennt man in seiner Heimat Mexiko wohl ebenso gut wie im fernen Staat Montana. Er ist ein käuflicher Revolvermann, der seine Schnelligkeit und Stärke demjenigen leiht, der ihn am besten bezahlt.

»Er ist doch ein Landsmann von dir!«, sagt Ben, der jüngere Baxter, in anzüglichem Ton.

»Es gibt doch gute und schlechte Amerikaner, Amigo! Und genauso gut gibt es auch gute und schlechte Mexikaner. Die Natur macht keinen Unterschied. Aber Tatsache ist auf jeden Fall, dass Moffat immer stärker wird. Es liegt also nun ganz bei uns, ob wir uns auflehnen oder untergehen.«

»Wer sich gegen Moffat stellt, geht unter«, ruft der alte Baxter verbittert. »Ich krieche nicht so schnell zu Kreuze, Freunde, das wissen alle, die mich kennen. So war auch mein Freund Flemming. Er ist heute ein toter Mann. Moffat ist zu mächtig. Ein Mann müsste her, der nicht nur klug ist, sondern auch schnelle Hände hat. Pepe hat mir gesagt, dass er solch einen Mann kennt. Nun, wie steht es damit, Pepe?«

Der Mexikaner nickt eifrig.

»Yeah, ich kenne einen. Er lebt in der wildesten Ecke am Rio Grande. Er ist mein Freund!«

»Und wie heißt er?«

»Asco!«

»Weiter!«

Pepe hebt die Schultern. »Einen Freund fragt man doch nicht nach dem Zunamen. Es genügt, wenn man ihn kennt.«

»Dann schreib ihm doch!«

»Er käme aber nicht.«

»Er ist doch dein Freund?«

»Trotzdem, ich müsste schon selber hinreisen.«

»Das dauert aber doch Wochen.«

»Vielleicht sogar zwei Monate. Ich müsste ihn persönlich davon überzeugen, wie dringend wir ihn hier benötigen, denn er hat geschworen, nie wieder eine Waffe zu tragen, es sei denn, es ginge um sein eigenes Leben.«

»Ich denke, er lebt in der wildesten Ecke deiner Heimat? Dort wird doch ein Mann ohne Waffen bestimmt nicht alt.«

»Er lebt in Texas!« Pepe lächelt geringschätzig. »Sein Land betritt niemand mit einer Waffe. Sein Ruhm ist groß, und seine Macht reicht weit, auch ohne Waffen.«

»Und wenn du ihn nun persönlich bitten würdest, meinst du, dass er dann käme?« Winfried steht dicht vor dem alten, wackeligen Tisch. Das schwächliche Licht zuckt unruhig über seine furchigen Züge.

»Vielleicht!«

»Was verlangt er? Wir könnten schon tausend Dollar aufbringen.«

»Geld?« Pepe macht eine wegwerfende Bewegung. »Geld bedeutet nur Verlockung, Versuchung. Für meinen Freund bedeutet es aber nichts. Nur überzeugen muss ich ihn, überzeugen davon, dass auf seinen Revolvern kein Fluch mehr lastet, wenn er sie zum Wohl der Gemeinschaft nutzt. Das ist das Einzige …«

»Und wann wirst du reisen?«

»Die Reise mit der Kutsche kostet ungefähr fünfzig Dollar. Ich bin nicht reich. Es wäre wohl viel billiger, wenn ich reiten könnte, aber mit meinem Holzbein ist es zu beschwerlich.«

»Du bekommst das Geld und fährst mit der Postkutsche. Wir bringen es dir morgen in die Stadt. Ich hoffe, du enttäuschst uns nicht«, sagt der alte Baxter.

»Was ich tue, Rancher, tue ich weder für Sie, noch für diese Stadt, noch für das County. Ich tue es ganz allein für meinen Freund Ricardo Moore. Ich könnte Donnerstag Abend die Kutsche nehmen. Es liegt nur an euch. Gute Nacht!«

Ohne jeden Übergang tritt der alte Pepe ab. Er verlässt die einsame Hütte, ohne noch irgendwelche weiteren Erklärungen abzugeben. Er möchte jetzt allein sein – mit sich, mit seinen Gedanken, seinen Zweifeln und Hoffnungen.

*

Tom Baxter ist verliebt.

Die kleine dunkelhaarige Francis, die allabendlich im Golden Garden sämtliche Männerherzen entzückt, hat es ihm angetan.

Es ist alles wie etwas Unwirkliches, wie ein Wunder. Es begann, als er das erste Mal mit dem Mädchen tanzte, als sie sich das erste Mal küssten. Und nun sitzen sie am Flussufer und sprechen über die Liebe – und die Zukunft.

»Wir werden heiraten«, flüstert Tom Baxter mit heiserer Stimme. Dann will er sie küssen, aber sie wehrt ab.

»Ich kenne das«, sagt sie lachend, und in ihren Augen liegt Spott, »alle Männer sagen das. Dann aber vergessen sie es sehr rasch und können sich an nichts mehr erinnern.«

»Du darfst mich nicht mit den Männern vergleichen, die im Golden Garden verkehren. Es sind doch alles nur Banditen«, erwidert er etwas ärgerlich.

»Mr Moffat ist aber sehr gut zu uns!«

»Du bist aber wirklich noch recht naiv, Francis«, begehrt der junge Mann erregt auf, »gerade Moffat ist ein brutaler und blutgieriger Lump. Er ist sogar noch mehr als das, er ist ein berüchtigter und bekannter Verbrecher. Ich möchte, dass du dort überhaupt nicht mehr auftrittst …«

»Ich habe aber einen Vertrag, Tom, und den muss ich halten.«

»Wir pfeifen einfach darauf!«

»Und wer soll bezahlen, wenn ich kontraktbrüchig werde? Ja, und wohin soll ich überhaupt? Dein Vater mag mich nicht, das hast du mir selber gesagt.«

»Er kennt dich eben noch nicht näher. Ich bin aber überzeugt …«

»Darling«, sagt Francis lächelnd, »von der Liebe allein kann man nicht leben.«

»Wir gehören zu den reichsten Leuten des Landes.«

»Du meinst, dein Vater gehört dazu«, korrigiert sie ihn, »du bist noch abhängig von ihm. Ich bin fest davon überzeugt, dass er eine Verbindung zwischen uns niemals dulden wird.«

»Er ist ein guter Mensch, nur arg verbittert, weil er in letzter Zeit eine größere Herde verloren hat. Aber das wird sich ändern. Bald wird Moffat das Handwerk gelegt werden.«

Die mandelförmigen Augen des Mädchens leuchten auf. Doch Tom übersieht es ganz in seiner Verliebtheit.

»Ich kann einfach nicht glauben, dass Mr Moffat ein schlechter Mensch ist, Darling«, antwortet Francis, »man beurteilt ihn ganz falsch. Auch der Marshal tat es.«

»Es wird bald ein neuer kommen. Pepe wird ihn in die Stadt holen. Einen Mann aus Texas!«

»Ein Marshal aus Texas?« Sie schüttelt den Kopf. »Ein Freund vom alten Pepe?«

»Well!«

»Ein bekannter Mann?«

»Ein Mann, der die Hölle und den Teufel nicht fürchtet, ein Mann, der mit eisernem Besen die Stadt reinfegen wird, der selbst Rio nicht fürchtet!«

»Und wie heißt dieser starke und mutige Mann, der Rio Salvadore nicht fürchtet?« Spöttisch heben sich die Lippen des Mädchens, Neugierde liegt in ihren Augen.

»Er soll Asco heißen und irgendwo am Rio Grande wohnen. Mehr wissen wir auch nicht. Aber was kümmert uns das alles in diesem Augenblick? Sprechen wir doch besser von uns!«

Doch Tom Baxter scheint kein Glück bei der Frau zu haben, denn sie schüttelt den Kopf.

»Ich muss jetzt zurück in die Stadt, Darling, du weißt, dass ich abends auftreten muss. Ich möchte Mr Moffat nicht enttäuschen oder gar verärgern.«

»Moffat, immer wieder Moffat«, flucht Tom Baxter auf einmal ernüchtert, »es ist ja fast so, als wäre er ein König.«

»Das ist er nicht, aber er ist mein Chef. Komm, hilf mir auf.«

Gehorsam hilft Tom der Frau auf die Beine. Sie ist schlank und sehr hübsch.

Er begleitet sie bis zu dem einspännigen Buggy, der am Wegrand steht. Er hebt sie mit Leichtigkeit auf den Bock, bindet sein Pferd hinten an und setzt sich neben sie.

Kurz vor der Stadt trennen sich die beiden dann auf Anraten von Francis.

Enttäuscht und doch wieder glücklich macht sich Tom Baxter auf den Heimweg zur väterlichen Ranch. In seinen Träumen malt er sich die Ehe mit Francis aus.

Aber das wird eben nur ein Traum bleiben, die Wirklichkeit sieht ganz anders aus …

*

Francis ist erschreckend nüchtern, realistisch und hart.

Es ist eine ganz andere Francis, die im breiten Lehnstuhl im Privatzimmer Errol Moffats hockt und ein Glas dunkelroten Wein trinkt.

»Und?«, fragt Moffat, der am Fenster steht. »Was sagt der Knabe?«

Langsam wendet er sich um und tritt näher.

Francis lächelt ihn an. »Die Herden stehen in einer schmalen Seitenschlucht an der Quelle des San Miguel. Nur drei Männer bewachen sie.«

»Du arbeitest wirklich gut!«

»Nur für dich, Errol«, erwidert sie lächelnd und richtet sich auf. Sie reicht Moffat gerade bis zur Brust. Sie legt ihre schlanken Arme auf seine Schultern, stellt sich auf die Zehenspitzen und küsst ihn. »Wirklich alles nur für dich. Aber ich habe noch mehr Neuigkeiten. Ein neuer Marshal kommt in die Stadt!«

»Und!«

»Ein Mann aus Texas!«

»Er wird hier nicht alt werden!« Geringschätzig wehrt Moffat ab. »Wir haben niemanden zu fürchten.«

»Vielleicht aber doch. Es ist schon mancher aus dem Sattel gefallen, der ganz sicher zu sitzen glaubte. Man soll das Glück nicht allzu sehr herausfordern. Es wäre daher viel besser, der Mann brauchte erst gar nicht in die Stadt zu kommen, und du könntest dabei sogar noch Pepe einen sehr langen Weg abnehmen.«

»Was hat denn der alte Pepe damit zu tun?«, fragt Moffat, jetzt doch überrascht.

»Der Mann aus Texas soll Pepes Freund sein, und nur er kennt seinen wirklichen Aufenthaltsort.«

Wieder winkt Moffat überheblich ab. Er tritt einen Schritt vor und nimmt dabei gleichzeitig ihre schmalen Gelenke zwischen die Hände.

»Kind, wir machen uns da doch anscheinend ganz unnötige Gedanken.«

»Du vielleicht, ich aber nicht«, widerspricht sie, »dieser Fremde, der kommen soll, heißt Asco!«

»Asco?« Moffat schließt die Augen und überlegt. Als er sie wieder öffnet, schüttelt er den Kopf. »Noch nie gehört.«

»Ich kannte mal einen Asco. Ich traf ihn vor drei Jahren in El Paso. An seinen Revolvergriffen waren so viele Kreuze eingeritzt, dass es mich an einen Friedhof erinnerte. Asco Pasadena!«

»Verflucht!« Moffat fährt zurück. Seine Nasenflügel zucken. Doch dann fängt er sich wieder. »Pasadena ist tot, er wurde vor drei Jahren in El Paso erschossen. Vor Toten aber fürchte ich mich schon gar nicht.«

»Bist du denn auch ganz sicher, dass der Mann damals wirklich Pasadena war?«

»Well, denn von dem Mann, der ohne die Öffentlichkeit nicht leben konnte, der den Revolverkampf überall suchte, hörte man nie wieder etwas. Ist das vielleicht nicht Beweis genug?«

»Trotzdem!« Francis lässt sich in den tiefen Sessel fallen. »Sie setzen hier alle Hoffnungen auf diesen Mann.«

»Der Ertrinkende klammert sich selbst noch an einen Strohhalm«, sagt Moffat verächtlich, »die Menschen an die geringste und erbärmlichste Hoffnung.«

»Ich habe dich gewarnt, Errol«, erwidert die Frau eindringlich und erhebt sich, »ich werde mich jetzt fertig machen für meinen Auftritt.«

Graziös schreitet sie zur Tür, legt die schlanke Hand auf den Türgriff und wendet leicht den Kopf. »Übrigens will Tom Baxter mich heiraten.«

Moffat starrt die Sprecherin an, er ist anscheinend verblüfft. Dann stößt er ein helles Lachen aus. »Dich will er heiraten? Ausgerechnet dich? Hahaha, das ist aber wirklich ein guter Witz.«

»Warum, Errol?«, kommt es abweisend zurück. »Er weiß doch nicht, dass wir beide verheiratet sind – und das sogar schon seit fünf Jahren!«

Dann fällt die Tür ins Schloss.

Wütend starrt Moffat auf die Türfüllung. »Sie ist mit ihren dreiundzwanzig Lenzen wirklich eine verdammte Katze.«

Erregt setzt er seine Wanderung fort.

Für Francis ist diese Unterredung aber noch nicht abgeschlossen. Sie liebt ihren Mann wirklich, und sie wird alles daransetzen, dass er sich keiner weiteren Gefahr aussetzt. Sie steht an der Brüstung und blickt in den Saal hinunter. Am langen Büfett steht Rio Salvadore. Man kann ihn leicht erkennen, denn er trägt statt des hier üblichen Stetsons einen breitrandigen Sombrero. Seine Kleidung ist mit Goldstücken und Silberkordeln reich verziert. Als Salvadore die Frau entdeckt, hebt er grüßend die Hand.

Francis winkt ihm zu. Ganz unmissverständlich gibt sie dem Revolverhelden zu erkennen, dass sie ihn sprechen will.

Sofort kommt Salvadore dieser Aufforderung nach. Für eine schöne Frau tut er alles. Und Francis ist eine Schönheit.

*

Ein Reiter sprengt auf den großen Hof der Baxter-Ranch. Dicht vor dem Wohnhaus reißt er die Zügel zurück und gleitet aus dem Sattel.

»Nanu?«, sagt Ben Baxter und schieb sein Frühstück beiseite. »Wenn mich nicht alles täuscht, ist das Winfrieds Vormann Morgan. Was sucht er so früh auf der Ranch?«

»Vielleicht gab es einen Überfall«, gibt Tom Baxter zu bedenken und richtet sich neugierig auf, »vielleicht brauchen sie Hilfe.«

Morgan stolpert die Treppe hoch, bleibt schwer atmend vor dem Tisch stehen.

»Morning, Mr Baxter! Morning, Tom! Eine verfluchte Schweinerei ist geschehen.«

»Setz dich, und trink zuerst mal einen ordentlichen Schnaps«, sagt der alte Rancher und deutet dabei auf einen freien Stuhl. »Hol die Flasche, Tom!«

Tom Baxter eilt rasch ins Haus. Er kehrt mit einer Flasche zurück, füllt schnell ein Glas und reicht es dem Vormann.

Der Schnaps beruhigt Morgan schlagartig.

»Der Boss schickt mich, Mr Baxter. Er war gestern früh in der Stadt.«

»Und?« Ungeduldig trommeln Baxters Fingerspitzen auf der Tischplatte, als der andere eine Atempause einlegt. »Was hat es denn gegeben? Eine Schießerei?«

»Sie haben Pepe erschossen!«

»Damn’d!« Baxter fährt vom Tisch hoch, während sein Sohn sich verfärbt. »Dann müssen sie irgendwie Wind von der Sache bekommen haben. Irgendwer hat hier geplaudert.«

Tom Baxter hockt starr am Tisch. Er ist völlig unfähig, auch nur ein einziges Glied zu rühren.

Pepe – Pepe, funkt es unablässig in seinem Hirn.

Pepe – Pepe! Der Mann, auf den ein ganzes Tal seine Hoffnungen setzte, ist plötzlich tot. Ein Leben ist erloschen.

Tom Baxter kommt taumelnd auf die Beine.

Nur mühsam versucht er Haltung zu bewahren.

»Was hast du denn, Tom?«, fragt der Alte verwundert und schüttelt den Kopf. »Du bist ja blass wie eine Käsemade.«

»Morgans Worte gehen mir an die Nieren. Was soll nun weiter geschehen?«

»Wir müssen einen anderen Weg suchen. Los, Tom, lass mir einen Gaul satteln. Ich will selber mit Winfried reden.«

Der Junge atmet auf. Er ist froh, jetzt möglichst rasch aus der Nähe des Vaters zu kommen, ehe dieser noch weitere unbequeme Fragen stellt.

Kurz nach dem Vater verlässt auch er die Ranch. Er hält sich in südwestlicher Richtung und reitet zum San Miguel River hinüber.

Es ist durchaus kein Zufall, dass er an derselben Stelle rastet, an der er vor zwei Tagen mit Francis saß. Sein Gewissen trieb ihn her – sein Gewissen, das so schlecht ist, dass es zum Himmel schreit.

»Damn’d«, stöhnt er verzweifelt und vergräbt das Gesicht im Gras, »wie konnte ich das bloß ahnen!«

Tom Baxter fühlt sich schuldig am Tode des alten Mexikaners, denn es besteht gar kein Zweifel darüber, dass Francis ihn schmählich verraten hat. Nur sie allein kannte sein Geheimnis, sie allein wusste von Pepes Auftrag, und sie hatte nichts Eiligeres zu tun, als Moffat von der Aufgabe des alten Mexikaners zu erzählen. Grenzenlose Enttäuschung überfällt ihn. Sie hat seine Einfalt ausgenutzt und ihn verraten.