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Dieses eBook: "Portugiesische Briefe: die fünf schönsten Liebesbriefe (Nachdichtung von Rainer Maria Rilke)" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Soror Mariana Alcoforado (1640/1723) war eine portugiesische Nonne und Schriftstellerin. Alcoforado werden die fünf schönsten Liebesbriefe der Welt zugeschrieben, die Portugiesischen Briefe. Aus dem Buch: "Schau, meine Liebe, wie über die Maßen du ohne Voraussicht warst. Unselige, du bist betrogen worden und hast mich durch täuschende Hoffnungen betrogen. Eine Leidenschaft, von der du so viel Glück erwartet hast, ist imstande, dir jetzt nichts als eine tödliche Hoffnungslosigkeit zu bereiten, die höchstens in der grausamen Abwesenheit ihresgleichen hat, von der sie verursacht ist."
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Veröffentlichungsjahr: 2014
Schau, meine Liebe, wie über die Maßen du ohne Voraussicht warst. Unselige, du bist betrogen worden und hast mich durch täuschende Hoffnungen betrogen. Eine Leidenschaft, von der du so viel Glück erwartet hast, ist imstande, dir jetzt nichts als eine tödliche Hoffnungslosigkeit zu bereiten, die höchstens in der grausamen Abwesenheit ihresgleichen hat, von der sie verursacht ist. Wie? Dieses Fortgehn, dem mein Schmerz bei allen seinen Einfällen keinen genügend trostlosen Namen zu geben weiß, dieses Fortgehn will mir also für immer verbieten, die Augen anzuschauen, in denen ich so viel Liebe sah, denen ich Bewegtheiten verdanke, die mich mit Freude überfüllten, die mir alle Dinge ersetzten, die mir endlos Genüge waren? Ach, die meinen haben das einzige Licht verloren, das sie belebte, es bleiben ihnen nur Tränen, und ich habe sie zu nichts anderem gebraucht als zum Weinen, unaufhörlich, seit ich erfahren mußte, daß dein Fortbleiben beschlossen sei, das ich nicht ertrage, das mich in kürzester Zeit töten wird. Doch mir scheint, ich habe eine Art Zuneigung zu dem Unglück, dessen einzige Ursache du bist. Mein Leben war dir zugefallen, im Augenblick, da ich dich sah, ich freue mich irgendwie, es dir zu opfern. Tausendmal schick ich meine Seufzer nach dir, sie suchen dich an allen Orten, und wenn sie mir wiederkommen, lohnen sie mir alle die ausgestandenen Beängstigungen, indem sie mir mit der allzu aufrichtigen Stimme meines bösen Loses, das nicht will, ich soll mich beruhigen, immer wieder sagen: Hör auf, hör auf, unselige Marianna, dich umsonst zu verzehren, hör auf, einen Liebhaber zu suchen, den du nie mehr sehen wirst, der über das Meer gegangen ist, um dich zu fliehen, der sich in Frankreich aufhält mitten in Vergnügungen, keinen Moment sich deiner Schmerzen erinnert und dir gerne diese Ausbrüche schenkt, für die er wenig Erkenntlichkeit haben kann. Doch nein, ich mag mich nicht entschließen, so schimpflich dich abzuurteilen, es ist nur zu sehr mein eigener Vorteil, wenn ich dich rechtfertige. Ich will mir nicht einbilden, daß du mich vergessen hast. Bin ich nicht schon unglücklich genug, ohne mich mit falschen Verdächtigungen zu quälen? Und warum soll ich mich anstrengen, nicht mehr von all der Müh zu wissen, die du dir gegeben hast, mir deine Liebe zu bezeugen? Ich bin so hingerissen gewesen von allen diesen Bemühungen, und ich wäre recht undankbar, dich nicht weiter mit demselben Ungestüm zu lieben, wie es meine Leidenschaft mir eingab, da sie noch die Beweise der deinen empfing. Wie kann es geschehen, daß die Erinnerungen so anmutiger Augenblicke so ins Grausame schlagen? Und muß es sein, daß sie, wider ihre eigene Natur, nun nur dazu dienen, mein Herz tyrannisch zu behandeln? Ach, dein letzter Brief hat es auf einen wunderlichen Zustand herabgesetzt: es geriet in so fühlbare Bewegung, daß es, glaub ich, Anstrengungen machte, sich von mir zu trennen, um zu dir zu gehn. Ich war so überwältigt von der Heftigkeit aller dieser Erregungen, daß ich mehr als drei Stunden ganz von Sinnen blieb. Ich sträubte mich zurückzukehren in ein Leben, das ich um deinetwillen verlieren muß, da ich es dir nicht erhalten darf. Gegen meinen Willen erblickte ich endlich wieder das Licht, es schmeichelte mir, zu fühlen, daß ich sterbe vor Liebe, und im übrigen wars mir recht, nicht länger dem Anblick meines Herzens ausgesetzt zu sein, das von dem Weh deines Fortseins zerrissen war. Nach diesen Anfällen habe ich die verschiedensten Zustände durchzumachen gehabt; aber wie sollte ich auch ohne Leiden bleiben, solange ich dich nicht sehe. Ich ertrage sie ohne Murren, denn sie kommen von dir. Sag, ist das dein Lohn dafür, daß ich dich so zärtlich geliebt habe? Aber es soll mir gleich sein, ich bin entschlossen, dich anzubeten mein ganzes Leben lang und keinen Menschen zu sehen. Und ich versichere dir, auch du wirst gut daran tun, niemanden zu lieben. Könntest du dich begnügen mit einer Leidenschaft, die nicht die Glut der meinen hätte? Du findest, möglicherweise, mehr Schönheit (obzwar du mir einst sagtest, ich sei eigentlich schön), aber nie, nie wirst du so viel Liebe finden, und auf das andere alles kommt es doch nicht an. Füll deine Briefe nicht mehr mit unnützen Dingen an und schreibe mir nicht mehr, ich solle an dich denken. Ich kann dich nicht vergessen und vergesse auch nicht, daß du mir Hoffnung gemacht hast, zu kommen und einige Zeit mit mir zu sein. Ach, warum willst du nicht, daß es das ganze Leben sei? Wenn ich herauskönnte aus diesem unseligen Kloster, so würde ich nicht hier in Portugal auf das Eintreffen deiner Versprechungen warten: ohne Rücksicht ginge ich hin, dich suchen, dir folgen und dich lieben durch die ganze Welt. Ich wage nicht, mich damit zu verwöhnen, daß dies möglich sei, ich will keine Hoffnung nähren, aus der mir gewiß einiges Wohltun käme, ich will nur noch für Schmerzen Empfindung haben. Zugeben will ich freilich, daß die Gelegenheit, dir zu schreiben, die mein Bruder mir verschafft hat, ein wenig Freude in mir aufrühren konnte, und daß sie die Trostlosigkeit, in der ich lebe, für einen Augenblick unterbrach. Ich beschwöre dich, mir zu sagen, warum du so darauf aus warst, mich einzunehmen, wie du es getan hast, wenn du doch wußtest, daß du mich wirst verlassen müssen? Warum diese Versessenheit, mich unglücklich zu machen? Was ließest du mich nicht in Frieden in meinem Kloster? Hatte ich dir irgendwas angetan? Aber verzeih, ich lege dir nichts zur Last; ich bin außerstand, an meine Rache zu denken; ich klage nur die Härte meines Schicksals an. Indem es uns trennt, fügt es uns, scheint mir, alles Unheil zu, das je zu fürchten war. Unsere Herzen wird es nicht zu trennen wissen. Die Liebe, die mächtiger ist als das Schicksal, hat sie vereint für unser ganzes Leben. Wenn du einigen Anteil an dem meinen nimmst, schreib mir oft. Ich verdiene das bißchen Müh, das es dich kostet, mich vom Stand deines Herzens und deiner Verhältnisse zu unterrichten. Und vor allem: komm. Adieu, ich mag mich nicht trennen von diesem Papier, es wird in deinen Händen sein. Ich wollte, mir stünde dieses Glück bevor. Ach, ich Unvernünftige, ich sehe wohl, daß das nicht möglich ist. Adieu, ich kann nicht mehr. Adieu, hab mich lieb, immer, und laß mich noch mehr Leiden aushalten.
Dein Leutnant sagt mir eben, Stürme hätten dich gezwungen, im Königreich Algarve an Land zu gehen. Ich fürchte, du hast viel auszustehen gehabt, und diese Vorstellung hat mich so in Besitz genommen, daß ich kaum mehr dazukomme, an alle meine eigenen Leiden zu denken. Bist du sicher, daß dein Leutnant mehr Teilnahme hat als ich an allem, was dir widerfährt? Warum ist er besser unterrichtet, mit einem Wort, warum hast du mir nicht geschrieben?
Ich bin herzlich unglücklich, wenn du seit deiner Abreise keine Gelegenheit dazu solltest gefunden haben, und ich bin es erst recht, wenn es eine gab, und du hast nicht geschrieben. Du tust mir äußerst unrecht, und dein Undank ist über alle Grenzen: aber ich wäre außer mir, wenn dieses Benehmen dir Unheil brächte, lieber soll es ganz und gar ungestraft bleiben, als daß ich irgend auf meine Rache käme.
Ich leiste dem Anschein Widerstand, der mich überreden will, daß du mich nicht mehr liebst; ich bin viel geneigter, mich blindlings meiner Leidenschaft zu überlassen, als den Gründen zur Klage, die aus deiner Nachlässigkeit entstehen.
Was hättest du mir Beunruhigungen erspart, wenn dein Vorgehen vom Anfang unserer Bekanntschaft an so lau gewesen wäre, wie es mir schon seit einer gewissen Zeit erschien. Aber wer hätte sich nicht täuschen lassen durch so viel Eifer, wem hätte das nicht den Eindruck gemacht, aufrichtig zu sein? Man entschließt sich langsam und nur unter großer Müh, die Wahrhaftigkeit derjenigen in Zweifel zu ziehen, die man liebt. Ich fühle wohl, du würdest die geringste Entschuldigung für hinreichend ansehn, aber selbst wenn du gar nicht daran denkst, eine vorzubringen, meine Liebe für dich ist so unerschütterlich auf deiner Seite, daß ich dir eigentlich nur deshalb eine Schuld zuschreibe, weil es mir Freude macht, dich selber zu rechtfertigen.
Du hast mir so lange zugesetzt, bis ich vollständig eingenommen war; dein Feuer hat mich in Brand gesteckt; die Güte, die du für mich hattest, übte ihren Zauber aus, und schließlich waren deine Schwüre da, mich sicher zu machen. Die Heftigkeit meiner eigenen Neigung hat mich verführt; was mit so heitern und glücklichen Anfängen begann, das sind jetzt Tränen, Seufzer, ein trostloser Tod, und ich sehe nichts, was da helfen könnte.
Ich kanns nicht leugnen, meine Liebe zu dir hat mir überaus selige Überraschungen bereitet; aber ich zahle jetzt dafür mit den wunderlichsten Schmerzen. Du bist übertrieben in allen Gemütsbewegungen, die du mir verursachst. Hätte ich die Standhaftigkeit besessen wider dein Gefühl, hätte ich gewußt, dir, um dich heftiger zu entflammen, einen Grund zur Sorge oder Eifersucht zu geben, wäre es dir möglich gewesen, in meinem Benehmen eine künstliche Zurückhaltung zu bemerken, oder hätte ich schließlich Willen genug gehabt, gegen meine natürliche Neigung zu dir, die du mich früh erkennen ließest, meine ganze Vernunft aufzustellen (freilich, diese Anstrengungen wären doch umsonst gewesen), so möchte es am Platze sein, mich strenge zu bestrafen und mich die Macht fühlen zu lassen, die du über mich hast. Aber du schienst mir Liebe zu verdienen, schon bevor du mir gesagt hattest, daß du mich liebst. Dann gabst du mir Beweise einer großen Leidenschaft, ich war außer mir, und ich stürzte mich rückhaltlos in meine Liebe.
Du warst nicht mit Blindheit geschlagen wie ich, wie konntest du zugeben, daß ich in den Zustand gerate, in dem ich jetzt bin? Was hattest du vor mit allem meinem Gefühl, das dir doch, strenggenommen, lästig sein mußte? Du wußtest wohl, daß du nicht immer in Portugal sein würdest, was hast du gerade mich dort ausfindig gemacht, um mich in dieses Elend zu stürzen? Ohne Zweifel würdest du hier im Land irgendein Frauenzimmer von größerer Schönheit gefunden haben, mit dem du ebensoviel Vergnügen dir hättest schaffen können, da es dir nur um das Gröbste zu tun ist; sie würde dich treu geliebt haben, solange du in Sicht gewesen wärst; später hätte die Zeit sie über deine Abwesenheit getröstet, und du hättest sie verlassen dürfen, ohne deshalb falsch und grausam zu sein: aber was du hier getan hast, das sieht mehr nach einem Tyrannen aus, der unerbittlich hinter einem her ist, als nach einem Liebhaber, der sich Müh gibt, zu gefallen.
Ach, wozu diese Härte wider ein Herz, das dir gehört? Ich sehe wohl, es ist ebenso leicht, mich dir auszureden, als es leicht war für mich, von dir eingenommen zu sein.