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Graustadt, Bundesrepublik Deutschland, 1976. Der GRAUSTÄDTER FURZ liegt im Sterben. Sinkende Auflagen fordern Opfer. Im Herzen der miefigsten Redaktion des Ruhrgebiets trifft Chefredakteur und Ekelpaket Rolf-Dieter »Rammbock« Hartschwanz eine radikale Entscheidung: Die Wahrheit rettet uns nicht. Der Skandal schon. Die Regel des versoffenen Chefreporters Günther »Gülle« Grotzebach: Wenn du es nicht beweisen kannst, schreib es trotzdem. Hauptsache, es knallt. Ihr neues Konzept: die hammerharte Aufbausch-Kampagne. Die ungleiche Crew – der zynische Günther, die berechnende, dauerheiße Renate und der naive Jungspund Detlef – soll die graue Realität so lange vulgär aufblasen, bis sie sich als Schlagzeile verkauft. Es beginnt mit der Kolumne Nichts, als die wirklich wahre Wahrheit! – einer schonungslosen, überzogenen Abrechnung mit dem Drogenelend, dem Wahnsinn und der verlogenen Spießigkeit der 70er-Jahre. WARNUNG der Autoren: Unsere Bücher sind frei erfundene Geschichten und sind nur für Personen ab 18 Jahren geeignet. Sie enthalten explizite sexuelle Darstellungen, körperliche und seelische Gewalt und Themen wie Machtmissbrauch/Nicht-einvernehmliche Sexualität, Alkohol- und Drogenkonsum sowie Vulgärsprache. Sensible Leserinnen und Leser müssen unsere Bücher meiden!
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Seitenzahl: 68
Veröffentlichungsjahr: 2025
Sabine und Thomas Benda
Pressemäuler – Nichts als die wirklich wahre Wahrheit
Eine tierische Satire über eine Zeitung des bundesrepublikanischen 70er.
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Pressemäuler – Nichts als die wirklich wahre Wahrheit
1. Seite 1
2. Seite 2
3. Seite 3
4. Seite 4
5. Seite 5
6. Seite 6
7. Seite 7
8. Seite 8
9. Seite 9
10. Seite 10
11. Seite 11
12. Seite 12
13. Seite 13
Über die Autoren:
Weitere Bücher von Sabine & Thomas Benda:
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Impressum neobooks
Satire
Sabine & Thomas Benda
IMPRESSUM
© 2025 Sabine Benda, Thomas Benda
Korrektorat und Lektorat: Sabine Benda
Coverdesign: Sabine Benda
Sabine und Thomas Benda
Josef-Schemmerl-Gasse 16
A-2353 Guntramsdorf
E-Mail: [email protected]
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt.
WARNUNG der Autoren: Unsere Bücher sind frei erfundene Geschichten und sind nur für Personen ab 18 Jahren geeignet. Sie enthalten explizite sexuelle Darstellungen, körperliche und seelische Gewalt und Themen wie Machtmissbrauch/Nicht-einvernehmliche Sexualität, Alkohol- und Drogenkonsum sowie Vulgärsprache. Sensible Leserinnen und Leser müssen unsere Bücher meiden!
13.12.2025
Graustadt, Bundesrepublik Deutschland, Herbst 1976. Der Mief von abgestandenem Bohnenkaffee und kaltem Rauch der Marke Acker66 hing wie ein Schleier, dick wie Erbsensuppe, in der überhitzten Redaktionsstube der Tageszeitung DER GRAUSTÄDTER FURZ.
Das fahle Sonnenlicht, das sich mühsam durch die schlierenverhangenen Fenster kämpfte, beleuchtete tanzende Staubflusen, die aussahen wie die verlorenen Hoffnungen der Adenauer-Ära. Jeder Quadratzentimeter des Raumes atmete den Stress und den Frust der Belegschaft: Papierberge türmten sich auf Resopal-Schreibtischen, an den wackligen Pinnwänden hingen unscharfe Schwarz-Weiß-Fotos von lokalen Saufgelagen der Schickeria und blutigen Verkehrsunfällen auf der B1, garniert mit Kaffeeflecken und Rändern von Weinbrand-Gläsern.
Die Schreibmaschinen hämmerten einen chaotischen, aber rhythmischen Stakkato-Takt, unterbrochen vom hysterischen Schrillen der Wählscheibentelefone, die kurz vor dem Herzinfarkt standen. Dieses Geklapper war der Herzschrittmacher des FURZES, das EKG der Gerüchteküche im Sumpf der Großstadt. In diesem Büro, einem wahren Haifischbecken aus Geltungsdrang und Nikotinsucht, wurde nicht nur das Elend der Republik verwaltet, sondern fleißig frisiert. Die Schlagzeilen, die hier in die Tasten gehauen wurden, waren oft heißer als der Leberkäse in der Kantine.
Am Eck-Tisch, der unter einem Lawinenabgang aus Zeitungsschnipseln und leeren Weinbrand-Pullen fast verschwunden war, hockte Günther »Gülle« Grotzebach. Sein Haar war fettiger als eine Fritteuse im Imbiss und die Krawatte hing auf halb acht. Günther war der Chefreporter, ein Veteran des Schmutz-Journalismus, der den Pressekodex schon in den 50ern im Klo runtergespült hatte. Sein Motto: Wenn du es nicht beweisen kannst, schreib es trotzdem. Bis die Richtigstellung kommt, ist die Auflage längst verkauft!
Er hatte eine Stimme wie ein Reibeisen, das zu lange in Rostschutzmittel lag. Günther lebte für den Aufmacher, der dem Bürger das Frühstücksei im Hals stecken ließ.
Ihm gegenüber saß Renate »Die Ratsche« Rumsfeld, die einzige Frau in der Runde. Eine kleine, drahtige Person mit einer Brille so dick wie Panzerglas und einem Riecher für Schweinereien, der jedes Trüffelschwein vor Neid erblassen ließe. Wo Günther mit der groben Kelle austeilte, stach Renate mit der Stricknadel zu. Sie hatte einen Ruf wie Donnerhall, weil sie Quellen und manchmal auch die Schwänze anzapfte, die sonst keiner kannte – vom Pförtner im Rathaus bis zum Schankwirt in den verruchtesten Kaschemmen des Bahnhofsviertels. Renates Stärke war nicht der Holzhammer, sondern der gezielte Stich in die Niere. Außerdem schien sie immer heiß auf irgendwen (Mann oder Frau) zu sein.
Und dann war da noch Detlef-Dietmar Dünnbrett, der Jungspund, frisch von der Journalistenschule in München. Er trug einen braunen Cordanzug und einen Pullunder, der im krassen Gegensatz zu den verschlissenen Klamotten der Kollegen stand. Seine Augen leuchteten noch in der naiven Hoffnung, dass Journalismus dazu da sei, die Wahrheit ans Licht zu zerren, wie einen Regenwurm aus der Erde. Er sah das Chaos und die Zyniker um sich herum und versuchte krampfhaft, seine moralische Unschuld nicht an der Garderobe abzugeben oder in den Duschabfluss zu wichsen. Er schrieb über entlaufene Dackel und Kleingartenvereins-Streitigkeiten, während die Kollegen über die spritzigen Bums-Affären von Schlagersängern und Unterweltkönigen berichteten.
Dieser verregnete Septembermorgen begann mit einem Knall, der an einen Rohrkrepierer erinnerte, als Chefredakteur und Verleger Rolf-Dieter »Der Rammbock« Hartschwanz die Tür aufstieß und nur ein Wort zu Günther, Renate und Detlef brüllte: »Konferenz!«
Rolf-Dieter war ein massives Mannsbild, dessen Gesicht so rot glühte wie vor einem Orgasmus in der Sauna. Er drosch seine Faust auf einen Tisch und schrie: »Ich will was Deftiges! Die Auflage kotzt ab wie ein Gaul vor der Apotheke. Wir brauchen ein neues Konzept, nicht diesen Weichspüler-Scheiß! Der deutsche Michel will Blut, Eiersaft und Spiele! Ich brauche Schlagzeilen, die die Republik erzittern lassen!«
»Rolfi, du willst also, dass wir jetzt Lügengeschichten stricken, damit die Kasse klingelt?«, fragte Renate und tat so, als wäre sie gekränkt.
»Das verstößt gegen die journalistische Sorgfaltspflicht«, warf Detlef-Dietmar ein und rückte seinen Krawattenknoten zurecht. Ihm schwante Übles.
Rolf-Dieter starrte ihn an wie ein Metzger das Kalb vor der Schlachtung. Er schnaufte schwer.
»Großes Kino, Detlef! Dir klebt noch die Eierschale am Hinterkopf, so grün bist du, und du faselst was von Sorgfaltspflicht? Willst du mich verarschen?«
Bevor Rolf-Dieter vollends platzte, mischte sich Günther ein und drehte sich zu dem Jungspund.
»Es gibt Zeiten, Detlef, da muss man sich entscheiden: Lässt man sich von der Berufsehre in den Arsch ficken – oder fickt man die Berufsehre! Ich versteh den Chef. Am Ende brauchen wir das Blatt, um unsere Miete zu blechen.« Er sah in die Runde. »Ich hab schon gestempelt – und ich sag euch, Stempeln gehen im Ruhrpott ist verdammt noch mal kein Zuckerschlecken!«
»Mir schmeckt das nicht«, maulte Renate. »Wir sind Menschen, die für die Wahrheit leben. Wir haben eine Verantwortung …«
Rolf-Dieter fiel ihr ins Wort. »Hab ich ein verficktes Wort über Lügen gesagt, hä?«
»Wie meinst du das, Rolfi?«, wollte Detlef wissen.
»Wir sollten eine Weile eine hammerharte Aufbausch-Kampagne fahren!«
»Eine hammerharte Aufbausch-Kampagne?«, wiederholte Renate zögerlich, Schlimmes ahnend. »Du willst die Fakten marktschreierisch aufblasen, damit sie sich verkaufen und weggehen wie warme Semmeln? Das ist doch Nutten-Mentalität vom billigsten Straßenstrich – mehr Ware zeigen, als im Schaufenster liegt!«
»Wenn unser Blatt den Bach runtergeht«, schleuderte Rolf-Dieter ihr entgegen, »dann kannst du es ja mal … wenn du auf der Straße stehst … mit genau dieser Nutten-Mentalität probieren, Renate-Schätzchen! Eine immer triefende Fotze hast du ja.«
Schweigen im Walde.
Günther kramte vier Gläser und eine Pulle Weinbrand hervor und schenkte ein.
»Es ist knapp 10:00 Uhr am Vormittag«, meinte Detlef empört.
»Sauf es – oder wisch dir damit die Eierschale ab«, meinte Günther zynisch. »Rolfi hat recht. Wir müssen den Laden retten. Wir dürfen den anderen Schmierfinken nicht das Feld überlassen. Von den Dünnbrettbohrern bei der Regenbogen-Illustrierten schert sich keiner um uns.« Sarkastisch schob er nach: »Und ob Renate, Detlef, der Chef oder ich auf dem vollgewichsten Straßenstrich landen, geht denen meilenweit am verkackten Arsch vorbei!«
»An alle: Hirn einschalten!«, forderte Rolf-Dieter. »Ich geh jetzt erstmal eine ordentliche Currywurst futtern, und um 12:00 Uhr ist Krisensitzung in meinem Kabuff. Bringt Ideen mit, gescheite, und den guten Weinbrand auch!«
Die Luft in der Redaktion war so dick, dass man sie in Scheiben schneiden und aufs Brot legen konnte, untermalt vom Soundtrack des Jahres 1976. Aus einem zerkratzten Röhrenradio, das auf einem verbeulten Aktenschrank vibrierte, plärrten abwechselnd Bunny-N mit Daddy Schwul, Bodo Eichenberg mit seiner Nuschel-Lyrik oder Die Rolling Bones, wenn der Moderator mal mutig war und Eier aus Stahl im Schlüpfer hatte. Die Musik war ein wilder Eintopf, genau wie die Stadt: mal spießig-schunkelnd, mal dreckig-rockig.
Der Nebel im Raum bestand nicht nur aus dem blauen Dunst von Acker66 oder Schwarz-Ärmle. Ein süßlicher, harziger Geruch waberte gelegentlich durch den Flur, wenn einer der Jungredakteure oder Setzer in der Mittagspause im Treppenhaus hastig an einem Joint zog. Das gehörte dazu wie der billige afrikanische Filterkaffee von Onga, der literweise in die magenkranken Leiber geschüttet wurde. Das Leben in den 70ern war rauer, eben ungefiltert. Der Anstand hatte Pause, und die Grenzen zwischen Erlaubtem und Verbotenem waren so schwammig wie ein Bierdeckel im Regen oder das Hüftgold von Berta, der Kantinenfrau mit Herz und Melonen.
