Professor Zamorra 1299 - Michael Blihall - E-Book

Professor Zamorra 1299 E-Book

Michael Blihall

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Beschreibung

Das Ding im Schilf sah aus, als hätte sich eine Schlange gehäutet. Nur viel größer. Und irgendwie ... menschlicher!
"Das hier", Zamorra deutete auf eine der ungewöhnlichen Hautfetzen, "könnte eine Hand sein. Fünf Finger ... von der Größe her, wie die Hand eines ... Kindes."
Wiesbauer sah ihn entsetzt an. "Kann es sein, dass ...
dass sich hier ein Kind gehäutet hat, nachdem es Fleisch von dem Opfer gegessen hat?"
"Es sieht fast danach aus", sagte Professor Zamorra nachdenklich.


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Inhalt

Cover

Samantha

Leserseite

Vorschau

Impressum

Samantha

von Michael Blihall

Du bist so wunderschön, murmelte Zamorra.

Zumindest war es das, was er ihr hatte sagen wollen. Er hörte selbst, dass aus seinem Mund nur unverständliches Gebrabbel kam.

Sie beugte sich zu ihm herab und öffnete sein Hemd Knopf für Knopf, während sich ihre Zunge einen Weg in seinen Mund bahnte. Er streichelte dabei ihre Brüste, und ein weiteres lustvolles Stöhnen entrang sich ihm.

Doch auf einmal hielt sie inne.

Merlins Stern, schoss es Zamorra durch den Kopf. Gleich aber fragte er sich selbst, was es mit dem Amulett auf sich hatte.

Er wusste es nicht mehr. Er hatte es vergessen ...

Drei schwarze Limousinen schoben sich langsam in der mittleren Fahrspur der Wiener Reichsbrücke entlang stadteinwärts. Die gepanzerten Cadillacs waren seitlich der Motorhaube mit kleinen amerikanischen Flaggen geschmückt. Die getönten Wagenfenster waren so dunkel, dass nicht einmal die österreichischen Motorradpolizisten, die die drei Fahrzeuge links und rechts als Eskorte flankierten, einen Blick in die Innenräume und auf die Passagiere erhaschen konnten.

Plötzlich hörte man einen ohrenbetäubenden Knall. Das Fahrzeug in der Mitte ging in Flammen auf. Die schwarzen Seitenscheiben barsten in tausenden Splittern nach außen und das Feuer drang in einer meterhohen Lohe aus dem Inneren der Limousine. Einer der Polizisten strauchelte und stürzte mit seinem Motorrad auf den Asphalt.

Das Fahrzeug, das direkt hinter dem brennenden Auto fuhr, stoppte abrupt. Die Wagentüren wurden von innen aufgerissen. Vier Männer in schwarzen Anzügen sprangen heraus.

Sie zogen Pistolen aus ihren Gürtelholstern und liefen auf das brennende Fahrzeug zu, aus dem es soeben einer Person, vollkommen in Flammen gehüllt, gelungen war, herauszuspringen.

Doch kurz bevor die Agenten in den schwarzen Anzügen das brennende Auto erreichen konnten, eröffneten die, als Polizisten getarnte, Terroristen auf den Motorrädern unvermittelt das Feuer und schossen sie nieder. Einem der völlig überraschten Männer gelang es, einen der Motorradfahrer mit einem Glückstreffer von seiner Maschine zu holen, dann fiel auch er von mehreren Kugeln getroffen zu Boden.

Ebenso wie die in Flammen gehüllte Gestalt, die in ihrer Panik hin und hergelaufen war. Endlich brach auch sie zusammen und blieb regungslos liegen.

Die Stimme des Nachrichtensprechers begleitete die Szene: »Und nun dürfen wir Ihnen zum ersten Mal spektakuläre Bilder zu den Dreharbeiten zeigen, die gerade in Wien stattfinden. Es handelt sich dabei um Take Out 2, die Fortsetzung eines Actionfilms, der im Vorjahr alle Streaming-Rekorde gebrochen hat.«

Während man Mitglieder der Filmcrew herbeilaufen sah, die sofort damit begannen, den am Boden liegenden brennenden Stuntman zu löschen, konnte man im Hintergrund die Hochhäuser der sogenannten Donau City, einem relativ neuen Stadtteil Wiens, erkennen. Besonders auffällig stach dabei das höchste Gebäude Österreichs, nämlich der DC Tower, hervor.

Schließlich erhob sich der Stuntman, dessen dicke Schutzkleidung jetzt trotz des starken Rauches zu erkennen war, und zeigte mit dem Daumen nach oben.

Die Regie der Nachrichtensendung schnitt um, und man sah nun das Moderatorenpaar, das sich aufgrund der Aufmerksamkeit, die die österreichische Hauptstadt derzeit von der Traumfabrik Hollywood erhielt, sichtlich begeistert zeigte.

Der Sprecher fuhr fort: »Die Wiener Reichsbrücke musste heute für diese Szenen den ganzen Tag über gesperrt werden. Dadurch kam es erwartungsgemäß zu großräumigen Verkehrsbehinderungen. Leider muss auch in den nächsten Tagen noch mit Staus und Verzögerungen gerechnet werden, da für weitere Außenaufnahmen wichtige Straßen und Plätze für die Dreharbeiten gesperrt werden.«

Die Kamera erfasste den männlichen Moderator allein in einer Nahaufnahme. Hinter ihm wurde ein Foto des Schauspielers Nigel Graves eingeblendet, der im ersten Teil von Take Out die Hauptrolle gespielt hatte.

»Ob der britische Actionstar Nigel Graves, derzeit unter anderem heißester Anwärter für die Rolle des Geheimagenten James Bond, ebenfalls für Dreharbeiten nach Wien kommen wird, ist von der Produktionsfirma noch nicht bestätigt. Insider vermuten aber, dass Graves zumindest für einige Tage in die Hauptstadt kommen wird. Angeblich stehen Szenen im Drehbuch, die den Schauspieler vor der Gloriette sowie dem Riesenrad im Prater zeigen.«

Die Regie schnitt auf die weibliche Nachrichtensprecherin um, die fast anzüglich in die Kamera lächelte. »Die Daumen sind jedenfalls gedrückt, dass wir den vielleicht zukünftigen Geheimagenten Seiner Majestät bald in Wien begrüßen dürfen.«

»Vielleicht bekommen wir ihn dann sogar für ein Interview ins Studio«, hoffte ihr männlicher Gegenpart.

Beide Moderatoren lächelten jetzt von den Bildschirmen.

»Mit diesen rosigen Zukunftsaussichten«, begann sie, »wünschen wir Ihnen einen guten Abend und bringen im Anschluss den Wetterbericht, der für die nächsten Tage ebenso rosig ausfallen dürfte.«

»Guten Abend«, verabschiedete sich auch der männliche Kollege, und der Schlussjingle der Nachrichtensendung erklang.

Professor Zamorra verfolgte die Sendung, nur mit einem Handtuch um die Hüften, dafür mit einer TV-Fernbedienung in der Hand, in einem Hotelzimmer des Wiener Ritz-Carlton.

Er stand vor dem Bett, in dem es sich seine Lebensgefährtin und Assistentin Nicole Duval bequem gemacht hatte, während er geduscht hatte.

»Siehst du«, sagte er und lächelte Nicole an. »Jetzt hast du die Erklärung für den Verkehrsstau vom Flughafen bis hierher. Dein Nigel Graves ist an allem schuld.«

Nicole nahm einen der kleineren Kissen, die neben ihr auf dem Bett lagen, und warf ihn in seine Richtung. Der Polster flog aber so weit an ihm vorbei, dass er nicht einmal zusammenzuckte.

»Mein Nigel Graves«, rief sie. »Was soll denn das schon wieder? Eifersüchtig, Herr Professor?« Sie zog die Bettdecke bis fast unters Kinn hoch.

»Habe ich etwa Grund, eifersüchtig zu sein?« Er drosselte die Lautstärke des Fernsehers und legte die Fernbedienung auf den Schreibtisch unter dem Bildschirm.

»Und außerdem war es nicht Nigel Graves selbst, der den Verkehrsstau verursacht hat, sondern die Filmproduktion«, verteidigte Nicole ihren Lieblingsschauspieler. »Er ist wahrscheinlich noch nicht einmal in Wien, und es ist offenbar auch gar nicht sicher, ob er überhaupt kommt. Das wüsstest du, wenn du richtig zugehört hättest.«

»Vielleicht interessiere ich mich einfach nicht so sehr für den Schauspieler wie du.«

Zamorra zwinkerte amüsiert und setzte sich auf den Bettrand zu Nicole.

»Trotzdem hoffte ich, dass es deinen Ärger über die verzögerte Ankunft im Hotel etwas besänftigen würde, wenn du hörst, dass es irgendwie mit deinem Schwarm zusammenhängt.«

»Mein Schwarm«, echote sie und lachte. »Der könnte mein Sohn ... ach was, mein Enkelsohn sein.«

Das könnte sogar hinkommen, dachte Zamorra.

Denn obwohl man weder ihr noch dem Meister des Übersinnlichen ihr wahres Alter ansah, führten sie ihren Kampf gegen die Mächte der Finsternis immerhin schon seit fünfzig Jahren. Ihre relative Unsterblichkeit hatten sie der Quelle des Lebens zu verdanken.

»Ich mag einfach nur seine Filme, das ist alles«, fügte sie hinzu.

»Ja, natürlich«, sagte Zamorra lächelnd und strich eine Strähne aus Nicoles ewig jungem Gesicht. »Ich muss aber zugeben, hätte ich gewusst, dass zur gleichen Zeit, die ganze Stadt wegen eines Hollywood-Films auf dem Kopf steht, hätte ich meine Termine anders eingeteilt.«

»Termine?«, rief Nicole mit gespielter Entrüstung.

»Ja. Hast du vergessen, dass wir eigentlich wegen eines Vortrags nach Wien gekommen sind? Das solltest gerade du als meine Assistentin aber wissen.«

»Oh, und ich dachte, du hast mich in meiner Funktion als Gefährtin und Geliebte mitgenommen und willst mir die schöne Stadt endlich mal von seiner romantischen Seite zeigen. Riesenrad fahren, Sachertorte essen, mit mir in die Oper gehen ...«

»Alles zu seiner Zeit, chérie. Erst die Arbeit und dann das Vergnügen.«

Er küsste sie auf die Stirn.

»Du bist ein böser alter Professor«, sagte sie und zog einen Schmollmund.

Er streichelte ihre nackte Schulter und beugte sich zu ihr hinunter, um sie zu küssen. Sie drehte im letzten Moment den Kopf zur Seite.

»Erst die Arbeit, dann das Vergnügen«, neckte sie ihn.

Lachend zog er ihr die Decke über den Kopf und bemerkte dabei erst jetzt, dass sie die ganze Zeit über bereits völlig nackt darunter gelegen hatte.

Chefinspektor Leo Wiesbauer hatte man erst vor wenigen Minuten darüber verständigt, dass in einem der nobelsten Hotels an der Wiener Ringstraße ein furchtbares Verbrechen verübt worden sei.

Er hatte ohnehin Bereitschaftsdienst in seinem Büro des Bundeskriminalamts am Josef-Holaubek-Platz geschoben, und da sich um diese Zeit der Verkehr endlich wieder etwas beruhigt hatte, schaffte er die Strecke mit dem zivilen Dienstwagen, einem elektrischen ID4, sogar in weniger als einer Viertelstunde.

Er stieg aus dem Auto, strich sich über den grauen Vollbart und rückte seinen Beanie zurecht, den er am Kopf trug. Dann ging er auf den Hoteleingang zu. Seine um etwa zehn Jahre jüngere Kollegin Marlies Fida folgte ihm. Vor dem Gebäude wurden sie bereits von einem Angestellten empfangen.

Leo und Marlies zogen ihre runden Kokarden hervor, auf denen das österreichische Wappentier, der Adler abgebildet war. Selbst jemand, der diese Dienstmarken noch nie aus der Nähe gesehen hatte, wusste Bescheid, wenn er sieerblickte.

»Chefinspektor Wiesbauer«, stellte er sich vor. »Das ist meine Kollegin, Bezirksinspektorin Fida. Wir wurden alarmiert, weil ...«

Der Angestellte, dem man seine nahöstliche Herkunft ansah, hob einen Zeigefinger an die Lippen. »Wir möchten natürlich noch kein Aufsehen erregen, Herr Inspektor. Darf ich Sie bitten, mir zu folgen? Ich bringe Sie direkt in das Zimmer, wo ...« Er schien sich selbst gerade daran zu erinnern, dass er kein Aufsehen erregen wollte, und ließ den Satz unbeendet.

Er drehte sich um und ging zu den Aufzügen, ohne sich darum zu kümmern, ob ihm die beiden Polizeibeamten folgten.

Einer der Lifte wartete bereits mit geöffneten Türen, und nachdem sich die Schiebetür hinter ihnen geschlossen hatte, fuhren sie in den sechsten Stock. Es handelte sich dabei gleichzeitig um das oberste Stockwerk.

»Da oben befinden sich die Suiten«, ergänzte der Angestellte ungefragt.

Leo und Marlies hatten noch kein Wort gesagt, seit sie eingestiegen waren. Sie blieben auch weiterhin stumm, als sie den Aufzug wieder verließen und dem Angestellten den Flur entlang zu Zimmer 601 folgten.

Der dicke Teppich verschluckte ihre Schritte. Nur das leise Knarzen von Fidas hellbrauner Lederjacke war zu hören.

Bei Zimmer 601 angekommen, holte der Hotelangestellte eine Magnetkarte hervor. Doch bevor er sie an den Öffnungsmechanismus der Zimmertür hielt, drehte er sich noch einmal nach den Polizisten um und sagte: »Obwohl ich mir sicher bin, dass Sie schon einiges in Ihrem Leben gesehen haben, möchte ich Sie lieber vorwarnen. Und ich ... Sie entschuldigen bitte, wenn ich Ihnen zwar gleich die Tür öffnen, sie aber nicht ins Zimmer begleiten werde. Ich ... äh, Sie verstehen?«

Leo bemerkte, dass der Mann vor ihm schwitzte. »Ja, natürlich. Ich verstehe. Aber halten Sie sich verfügbar. Bleiben Sie bitte in der Nähe.«

»Selbstverständlich«, antwortete der Angestellte dienstbeflissen und hielt endlich die Karte an das Schloss. Der Mechanismus in der Tür summte kurz. Ein kleines rotes Lämpchen leuchtete auf. Es klickte, als die Anzeige auf Grün umsprang.

Leo schob die Tür mit der Schuhspitze auf und zog sich dabei blaue Latexhandschuhe über. Er nahm an den Geräuschen hinter sich wahr, dass seine Kollegin seinem Beispiel folgte.

Er hatte einen dunklen Raum erwartet, stattdessen leuchteten alle Lampen in der Suite. Aufgrund der Festbeleuchtung war auf dem ersten Blick erkennbar, dass hier eine Art Schlachtfest stattgefunden haben musste.

Der Boden, die Wände und die dicken Vorhänge waren mit Blut besudelt. Auch einige Möbel hatten davon etwas abbekommen. Als Leo nach oben an die Decke blickte, sah er, dass das Blut des Mordopfers sogar bis dorthin hochgespritzt war. Selbst der Kronleuchter, der über dem King-Size-Bett hing, hatte rote Flecken abbekommen.

Auf dem Bett lag der völlig deformierte und zerfetzte Körper eines Menschen, dessen Geschlecht Leo nur aufgrund der starken Körperbehaarung als männlich klassifizieren konnte. Er hörte, wie Marlies hinter ihm würgte, und drehte sich nach ihr um.

»Willst du lieber draußen warten?«

»Nein danke. Es geht schon wieder.«

»Sicher?«, fragte er. »Nicht dass du mir daherspeist und den Tatort kontaminierst.«

Kaum hatte er den Satz beendet, drehte sich Marlies auch schon um und rannte auf den Flur hinaus. Die Geräusche, die sie machte, während sie draußen ihren Magen auf den dicken Teppich entleerte, drangen bis zu ihm in die Suite.

Es fiel ihm schwer, die eigene Übelkeit zu unterdrücken. Mit geschlossenen Augen atmete er durch und zählte bis zehn. Danach öffnete er sie wieder und trat näher an das Bett heran.

Er holte sein Handy hervor und schoss damit Fotos des Opfers, ohne es sich dabei genauer anzuschauen. Er hoffte, dass er später, wenn er sich die Bilder im Büro ansehen würde, dies mit mehr Distanz machen könne. Und ohne, dass sich ihm dabei gleich der Magen umdrehte.

Was er aber bereits auf den ersten Blick erkannt hatte, war, dass der Kopf des Mordopfers fehlte. Zumindest war er nicht dort, wo man einen Kopf normalerweise vermuten würde.

Auch die Genitalien hatte der Mörder entfernt und den Brustkorb zumindest teilweise geöffnet.

Die Beine lagen in so einem seltsamen Winkel, dass Leo fast vermutete, dass auch der Unterleib vom Oberkörper getrennt worden war.

So genau konnte er es aber wegen des vielen Blutes nicht erkennen. Und weil er lieber nicht so genau hinsah.

Er wandte sich von dem Bett ab und sah sich noch mal im Raum um. Auch davon machte er einige Bilder.

»Alles okay, Chef?«, fragte seine Kollegin und lugte dabei vom Flur aus in die Suite.

»Bleib lieber draußen, Marlies. Das kann echt nix, wenn man einen schwachen Magen hat. Verständige bitte die Spurensicherung.«

Er hörte, wie sie telefonierte, während er die Badezimmertür öffnete, um sich auch dort umsehen zu können.

Ihm fiel regelrecht ein Stein vom Herzen, als er sah, dass das Badezimmer vollkommen sauber war. Er hatte kurz zuvor schon befürchtet, die fehlenden Körperteile in der Badewanne zu finden.

Aber wenn sie nicht hier sind, wo dann? Sicherheitshalber warf er einen Blick hinter die Tür. Doch auch hier war alles normal.

»Ich komm jetzt wieder raus«, sagte Leo so laut, dass Marlies es im Flur hören konnte.

Käsebleich stand seine Kollegin vor ihm und steckte ihr Diensthandy in die Hosentasche ihrer Jeans.

»Wo ist ... ah, hier«, sagte Leo, als er das inzwischen ebenfalls blasse Gesicht des Hotelangestellten hinter einer Palme entdeckte.

»Herr, äh ...« Leo fiel ein, dass sich der Mann noch gar nicht namentlich vorgestellt hatte.

»Rezayati«, nannte der Angestellte seinen Namen und entfernte sich von der Pflanze. Zögerlich kam er einige Schritte auf die Polizisten zu.

»Herr Rezayati, auf welchen Namen ist die Suite gerade gebucht? Um wen handelt es sich bei dem Toten?«

»Das Zimmer wird gerade von Nigel Graves bewohnt. Sie verstehen, dass diese Information äußerst delikat und ...«

»Moment einmal«, unterbrach Marlies ihn plötzlich. »Das ist Nigel Graves?« Fassungslos zeigte sie auf die offene Tür der Suite.

»Du kennst den Toten?«, fragte Leo überrascht.

»Du doch auch!« Sie sah ihn mit ihren großen blauen Augen an. »Das ist Nigel Graves. Der Schauspieler.«

»Was? Der aus The Last Game?«

»Genau der. Und aus Take Out. Die drehen doch gerade den zweiten Teil in Wien. Ich kann kaum glauben, dass du davon noch nichts mitbekommen hast.«

»Doch, natürlich habe ich das mitbekommen. Wegen der ganzen Straßensperren.«

»Nun, äh ... Mister Graves befindet sich tatsächlich schon seit drei Tagen in Wien. In diesem Hotel. Er wollte inkognito bleiben. Wegen der Fans, verstehen Sie?«, klärte der Angestellte sie auf.

»Irgendwer schien aber gewusst zu haben, dass er sich hier befindet«, dachte Leo laut nach. »Oder glaubst du, dass es sich ausgerechnet bei ihm um ein zufälliges Mordopfer handelt?«, fragte er Marlies.

»Nicht wenn ich mir noch mal in Erinnerung rufe, was ich da drinnen gesehen habe.«

»Eben.« Leo nickte. »Da der Tote aber noch nicht identifiziert wurde, besteht immerhin noch die Chance, dass es sich nicht um Nigel Graves handelt.«

»Doch. Er wurde bereits identifiziert«, meldete sich Rezayati wieder zu Wort.

»Ach was? Und von wem?«, fragte Leo interessiert.

»Von seinem Assistenten. Ebenfalls Brite und ebenfalls Gast in unserem Hotel. Er hat den Toten in seinem Zimmer entdeckt und uns verständigt.«

Leo atmete tief durch »Und das sagen Sie uns erst jetzt? Wo ist der Mann? Den würde ich gerne mal kennenlernen.«