Professor Zamorra 1334 - Michael Mühlehner - E-Book

Professor Zamorra 1334 E-Book

Michael Mühlehner

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Beschreibung

Im Zauberzimmer, untergebracht im dritten Stock im Nordturm, untersuchte Professor Zamorra, assistiert von Nicole Duval einen geheimnisvollen Gegenstand. Es handelte sich um die Sandsteinfigur eines präkolumbianischen Götzen, eine Elle hoch, verziert mit den Splittern von Smaragden und Turmalin. In dem nichtmenschlichen Konterfei dominierte der aufgerissene Rachen mit Zähnen aus fein geschnitztem Alabaster. Die kunstvoll geformten Augen aus Malachit erweckten den Eindruck, als ob die Figur jeden Moment zum Leben erwachen wollte ...

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Seitenzahl: 118

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

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Im Bann des Spiritus Rector

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Impressum

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsbeginn

Impressum

Im Bann des Spiritus Rector

von Michael Mühlehner

Im Zauberzimmer, untergebracht im dritten Stock des Nordturms, untersuchte Professor Zamorra einen geheimnisvollen Gegenstand.

Es handelte sich um die Sandsteinfigur eines präkolumbianischen Götzen, eine Elle hoch, verziert mit den Splittern von Smaragden und Turmalin. In dem nichtmenschlichen Konterfei dominierte der aufgerissene Rachen mit Zähnen aus fein geschnitztem Alabaster. Die kunstvoll geformten Augen aus Malachit erweckten den Eindruck, als ob die Figur jeden Moment zum Leben erwachen wollte ...

   

Château Montagne, südliches Loire-Tal

Henry gab sich Mühe.

Das Gesicht des sechzehnjährigen Teenagers zeigte einen konzentrierten Ausdruck. Die jettschwarzen Augen hinter den runden Brillengläsern waren fast nicht zu sehen, so fest zusammengekniffen hatte er sie.

Henry versuchte alles, allein, es genügte nicht.

Wo immer seine Gedanken auch sein mochten, sie fanden nicht den Weg zur Meditation noch zur Kontemplation. Innere Einkehr sah anders aus.

Seit Wochen, nein, Monaten, bedrängte Henry den tibetischen Lama Gyungo Tensöng, ihm die Kunst der Entrückung beizubringen, das bedeutete, sich der Wahrnehmung seiner Mitmenschen zu entziehen. Eine Art des Unsichtbarmachens. Dabei galt es, die Bio-Aura so weit zurückzunehmen, dass andere einen in der realen Welt nicht mehr wahrnahmen.

Lange hatte Tensöng gezögert. Henry war ein schwieriger Kandidat.

Auf dem freundlichen Gesicht des tibetischen Lamas ließ sich nicht erkennen, was Gyungo wirklich dachte.

Der Teenager mochte zwar über drei Gehirne verfügen, was ihn zu einem introvertierten Jugendlichen machte, leider eckte er dadurch mit seinem auf Logik und Vernunft ausgerichteten Wesen oftmals bei anderen an. Vor allem, weil Henrys Art überheblich herüberkam, obwohl er das gar nicht beabsichtigte. Ihn nur auf die Ebene eines Logikers zu reduzieren, wäre allerdings sträflich nachlässig gewesen.

Drei Gehirne ermöglichten natürlich ein gewaltiges Potential an Verstandeskraft, aber ebenso gut war der menschliche Denkapparat auch für Gefühle und Empfindungen zuständig. Und da gab es bei Henry ein großes Defizit.

Er versuchte hinter jeden Vorgang einen logischen Sinn zu ergründen, bei Gefühlen und deren Auswertung scheiterte er aber grandios.

Phantasie, Intuition, Imagination, diese Begrifflichkeiten bereiteten Henry Probleme. Emotionen, Empfindungen, Gefühle – für ihn schwer zuzuordnen.

Dabei sollte der Mensch eine Einheit aus Körper, Geist und Bewusstsein bilden. Das Rationale sowie die Gefühlswelt sollten im stetigen Wechselspiel stehen. Was bei dem Jungen mit den drei Gehirnen nicht zutraf.

»Überstürze nichts«, ertönte die sanfte Stimme des Lamas. »Ruhe und Entspannung bilden die ersten Stufen des Bodhi. In der Kontemplation wirst du das Erwachen in Geist und Seele spüren.«

Bhoti, das Erwachen. Wer diese spirituelle Kraft vereinnahmte, schärfte und erweiterte seine Fähigkeiten.

Womöglich war Henry noch zu jung, stand sich vielleicht selbst im Weg, hinzu kam das Chaos der Pubertät, das auch an einem Teenager mit drei Gehirnen nicht spurlos vorüber ging.

Über das schmale Gesicht des Sechzehnjährigen tropften Schweißperlen, und Gyungo wusste, dass es heute nicht mehr klappen würde. Jeder Versuch ihn zu leiten musste scheitern.

Unvermittelt schlug Henry die Augen auf, er atmete heftig. Röte überzog Wangen und Stirn.

»Es funktioniert einfach nicht!«, rief er zornig und sprang auf, blickte sich wild in dem Meditationszimmer im dritten Stock des Nordflügels um. Er hatte die kleinen Hände zu Fäusten geballt, bedachte die Einrichtung aus Kokosmatten, leinenen Wandvorhängen und Bastteppichen mit finsteren Blicken. Am liebsten hätte er den am Boden stehenden Klangschalen einen Tritt verpasst, die Räucherstäbe von den mit asiatischen Symbolen verzierten Teakholz-Sockeln gestoßen.

Wut loderte wie ein alles verzerrendes Feuer in ihm.

»Brittney wird mich für einen Versager halten!« Schrie es, wirbelte herum und stürmte aus dem Zimmer. Ende der Sitzung.

Gyungo, gekleidet in der klassischen ockerfarbenen Kesa-Robe seines Glaubens, sah ihm mit unbewegtem Gesicht nach. So hatte er den Jugendlichen noch nie erlebt.

Der Mönch machte einen tiefen Atemzug, schloss halb die Augen und versenkte sich in Kontemplation. Im Lotussitz nahm der hagere Körper eine schwebende Position ein.

Es galt über vieles nachzudenken.

Im Zauberzimmer, untergebracht im dritten Stock des Nordturms, untersuchte Professor Zamorra assistiert von Nicole Duval einen geheimnisvollen Gegenstand.

Es handelte sich um die Sandsteinfigur eines präkolumbianischen Götzen, eine Elle hoch, verziert mit den Splittern von Smaragden und Turmalin. In dem nichtmenschlichen Konterfei dominierte der aufgerissene Rachen mit Zähnen aus fein geschnitztem Alabaster. Die kunstvoll geformten Augen aus Malachit erweckten den Eindruck, als ob die Figur jeden Moment zum Leben erwachen wollte.

Schon seit Jahren bewahrte es Zamorra in der Reliktenkammer auf, ein speziell eingerichteter Raum für magische Gegenstände und mysteriöse Artefakte.

Heute wollte er die Untersuchungen zu einem Abschluss bringen. Dazu hatte er sich der Mitarbeit seiner bezaubernden Lebensgefährtin und Partnerin Nicole Duval versichert. Die aparte Französin übernahm die zusätzliche Absicherung des Zauberzimmers. Mit ihrem magischen Dhyarra-Kristall schuf sie ein Schutzschild rings um den Professor, dem Arbeitstisch und der Götzenfigur.

»Schutzglocke ist etabliert«, teilte Nicole ihren Gefährten mit. Das kirschförmige Gesicht mit der zierlichen Stupsnase, um die sich eine handvoll Sommersprossen gruppierten, zeigte eine wachsame Miene. In den braungrünen Pupillen tanzten goldene Sprengsel, ein Zeichen ihrer inneren Erregung.

»Danke, Nici«, sagte Zamorra und ließ die Skulptur nicht aus den Augen. Merlins Stern, das sagenumwobene Amulett, hing offen vor seiner Brust. Im Kerzenlicht schien es, als würden winzige Funken über das Silber der handtellergroßen Scheibe springen. Die Oberfläche des Amuletts zeigte im Zentrum einen münzgroßen Drudenfuß, den ein Ring aus zwölf Tierkreiszeichen umschloss. Dieser wiederum wurde eingerahmt von geheimnisvollen Hieroglyphen, deren Zuordnung und Entschlüsselung bisher unmöglich war. Jedes der in das Metall eingravierten Symbole und Zeichen setzte eine oder mehrere magische Funktionen in Gang.

Durch Gedankenkontakt hatte Zamorra das Zauberamulett in Stand-By-Modus versetzt, mit seinen Parakräften fühlte er das Fließen der magischen Energien im Inneren des Artefakts.

Und er spürte die seltsame Aura, die von der Götzenfigur ausging. Eine unheilige Emanation, tief in der Figur verankert, lauernd, wartend – und bösartig!

Vorsichtig tastete der Meister des Übersinnlichen danach, schuf ein astrales Auge, mit dem er in das verborgene Innere blicken konnte, auf der Suche nach den unheimlichen Schwingungen.

Die Figur war innen hohl, sie diente als ein Gefäß für einen finsteren Zauber. So viel stand fest.

Tiefer arbeitete sich der französische Parapsychologe vor. Das astrale Auge vermittelte ihm weitere Einzelheiten. Der Fluch eines Schadensdämons, noch immer scharf, wenn er den Vergleich mit einer Bombe heranzog. Und äußerst aggressiv. Wenn er den Fluch entschärfen wollte, musste er extrem vorsichtig vorgehen.

Drei Ankerpunkte hielten den dämonischen Zauber in der Figur fest. Öffnete man die Statuette, indem man den Kopf abschraubte, wurde die Verfluchung ausgelöst. Bestimmt gab es noch andere Möglichkeiten, die Zamorra berücksichtigen musste. Dass die eingebettete Energie so stark war, trieb dem Professor Schweißperlen auf die Stirn.

Vorsichtig drang er tiefer in das Netzwerk vibrierender Schwingungen vor, plötzlich blitzte etwas grell auf. Sein paranormaler Tastimpuls hatte einen der Fäden berührt, mit denen der Zauber verankert war. Dadurch passierte genau das, was er unbedingt hatte vermeiden wollen.

Der Fluchzauber wurde freigesetzt!

Wieso klappte es nicht? Wieso funktionierte es nicht?

Noch immer wütend, stapfte Henry den Flur im dritten Stock entlang. Zamorra, Nicole, Gyungo und sogar Faolan, der höllische Archivar, beherrschten die Fähigkeit des Unsichtbarwerdens, nur er nicht. Dabei verfügte er doch über die Denkkapazität von drei Gehirnen, was potenzierte Geisteskraft bedeutete. Wieso schaffte er es dann nicht, diesen simplen Trick zu meistern?!

Verflixt, lief denn zurzeit alles schief? Da waren seine Schlafprobleme, seit fünf Nächten lag er bis in die Morgenstunden wach, beschäftigte sich mit Primzahlen, studierte alte Sprachen, hatte ein Archäologielexikon verinnerlicht und den Computer in seinem Zimmer optimiert.

Zamorra mixte für ihn ein Schlafelixier zusammen, wenigstens das half. Außerdem schmerzte sein Körper, und irgendwie fühlte er sich total zerrissen und verunsichert.

Pubertät, hatten Madame Claire und auch Butler Thomas einhellig gemeint.

Und dann auch noch der dumme Streit mit Brittany während ihres Skype-Gesprächs.

Verdammt, er hatte doch nicht auf ihren Busen gestarrt!

Und die Bemerkung, ihre Brüste wären zu flach im Verhältnis zu ihrem Körperbau, hatte doch nichts Abwertendes. Oder doch?

Henry war total durcheinander.

Beinahe wäre er gegen Thomas Craft gerannt. Der bewegte sich aber auch viel zu lautlos, als müsste er über den Korridor schleichen!

Beide schrien erschrocken auf.

»Thomas!«

»Master Henry!«

Mit Bravour verhinderte der englische Butler, dass das Silbertablett in seiner behandschuhten Linken zu Boden fiel. Die zwei Wasserflaschen und die beiden Gläser wackelten nicht einmal. Die Clubsandwiches auf den Tellern hatten sich nicht bewegt. Thomas verfügte über ausgezeichnete Reflexe.

Der Butler war ein großgewachsener, schlanker Mann, der sich mit Sport fit hielt. Sein schönes Gesicht mit den melancholischen Augen gefiel sowohl Frauen als auch Männern. Thomas bevorzugte letzteres, war aber solo. Die Arbeit auf Château Montagne ließ ihn kaum Zeit, Bekanntschaften zu schließen.

»Was machen Sie hier?«, rief Henry, ohne lange nachzudenken. Sein Zorn war noch nicht verraucht.

»Ich bringe den Herrschaften eine kleine Aufmerksamkeit. Sie arbeiten schon den ganzen Vormittag im Zauberzimmer.«

Das Zauberzimmer, das war auch so eine Sache. Hier gingen der Professor und Nicole magischen Forschungen und Studien nach. Einzig sie konnten den Raum betreten, anderen war dies verboten. Nur wenn Zamorra oder seine Partnerin eine Person dazu autorisierten, konnten sie das geheimnisvolle Gemach aufsuchen.

Henry war überzeugt, dass er mit seinen überragenden geistigen Fähigkeiten dem Professor besser helfen konnte als Nicole Duval.

Aber er durfte ja nicht! Manchmal fühlte er sich wie ein Kind behandelt, dabei war er doch sechzehn Jahre alt! Und Erfahrungen im Umgang mit magischen Erscheinungen hatte er auch schon gesammelt. Wann wurde er als vollwertig akzeptiert?

Wieder wütete der Zorn in Henry, trotzdem stampfte er neben dem Butler bis zur Tür des Zauberzimmers.

Es war nicht weit, nur ein paar Meter.

Ein schrilles Kreischen und Heulen drang hinter der eisenverstärkten Eichentür hervor. Die Luft knisterte vor elektrischer Ladung. Selbst Henrys glatt gegelte Haare wollten sich aufstellen.

Der dünne Jugendliche mit dem blauen Hemd und dem gestreiften Pullunder riss weit die Augen auf. In seiner Kehle wollte sich eine Frage formulieren, doch dazu kam er nicht mehr.

Mit einem krachenden Schlag wurde die Tür aus den Angeln gerissen, eine Woge aus Hitze, Kälte und grausamer Dunkelheit fegte über ihn hinweg. Irgendetwas schlug ihm gegen die Stirn, bohrte sich wie eine spitze Nadel durch Schädeldecke und Gehirn, bis tief in seine Seele.

Dass er gegen die Wand auf der anderen Seite geschleudert wurde, bekam Henry schon nicht mehr mit.

Paris, Frankreich

»Nehmen Sie es nicht persönlich, Mademoiselle Wagner. Aber gewisse Geschäftsbeziehungen sind nun einmal priorisiert. Das verstehen Sie sicherlich.«

Die weiche Stimme wollte so gar nicht zum gepflegten Aussehen Edvard Bashs passen. Der mittelgroße Mann mit der sonnengebräunten Haut, dem modischen Haarschnitt und den manikürten Fingern legte großen Wert auf sein Erscheinungsbild. Der schwarze Armani-Anzug, die handgenähten Lederschuhe sowie der Fes aus rotem Brokat unterstrichen die Seriosität des Geschäftsmannes. Allein, Edvard Bash war ein Lump und Schurke.

Eva Wagner spuckte Blut vor sich auf den Betonboden. Sie saß gefesselt auf einem schlichten Holzstuhl, den Oberkörper leicht vorgebeugt, der Kopf hing ihr auf die Brust. Vor ihren Augen wallten letzte Schleier, eine Hälfte ihres hübschen Gesichts fühlte sich noch taub an. Die Stimme des Antiquitätenhändlers drang nur gedämpft zu ihr durch.

Durch das diffuse Licht der Arbeitsleuchten wallten Schleier von Zement- und Mörtelstaub. Im Zugwind der offenen Etage war es unangenehm kühl. Angefangene Zwischenwände und Trockenmauern verwandelten den weitläufigen Raum in ein Labyrinth.

Der Rohbau eines Geschäftshauses, irgendwo in Sichtweite der Seine, westlich des Arche de Triumph. Zumindest schloss das Eva aus dem, was sie sehen konnte.

Hinter ihrer Stirn pochte dumpfer Schmerz. Das Letzte, woran sie sich erinnerte, bevor alles in bodenlose Schwärze versank, war das Treffen mit Bash in dessen Büroraum. Ein abendlicher Geschäftstermin, sie tranken Tee und dann ...

Der hallengroße Raum hatte nun wirklich keine Ähnlichkeit mehr mit Bashs schwülstisch eingerichteten Büro. Ein fensterloser Rohbau, bei dem die Innenarbeiten erst begonnen hatten.

Eine schallende Ohrfeige sorgte für ihren blutgefüllten Mund und dass sie wieder zu Bewusstsein kam. In dem ebenmäßigen, nur leicht geschminkten Gesicht mit den hochangesetzten Wangenknochen würde sich bestimmt eine Schwellung abzeichnen. Aber damit konnte Eva leben. Viel wichtiger war es, ob sie die aktuelle Situation überlebte.

Hinter der Stirn der Einunddreißigjährigen überschlugen sich die Gedanken. Dass ihr Gespräch mit Edvard Bash eine solche Richtung einschlagen würde, hatte sie nicht erwartet.

Beinahe dankbar entdeckte sie ihre Gucci-Handtasche, die jemand neben Eva auf den Boden gestellt hatte. Ein grimmiges Lächeln huschte kurz über ihre roten Lippen.

»Ich darf Sie in die Obhut dieser drei Herren übergeben, Mademoiselle Wagner. Sie haben ein paar Fragen bezüglich Ihres Interesses an einem bestimmten Porträt.«

Das Porträt. Deshalb hatte sie Edvard Bash aufgesucht. Der Mann agierte international auf dem Parkett des Kunstmarktes. Trotz seines durchaus berechtigten schlechten Leumunds verfügte Bash über beste Kontakte.

Im weltweiten Kunst- und Antiquitätenhandel deckte der gebürtige Transylvanier eine Nische ab, die eine bestimmte Klientel bediente. Seine Kunden kamen aus der okkulten und esoterischen Szene, befassten sich mit den Geheimnissen uralter Religionen und längst vergessener Mythen. Er versorgte Schwarze Messen mit mittelalterlichen Reliquien und Artefakten, spürte für Sammler des Geheimwissens Bücher und Manuskripte auf und beschaffte andere ausgefallene Wünsche. Ein dubioser und zwielichtiger Händler, dem eine gewisse Skrupellosigkeit nachgesagt wurde. Für Bash zählte nur Geld. Die meisten seiner Vertriebswege liefen über Russland und dem Osten. Seine Geschäftsbeziehungen erstreckten sich über Europa, dem Mittelmeerraum und Afrika. Momentan expandierte er in den süd- und lateinamerikanischen Ländern. Einzig in Ägypten wurde Edvard Bash mit Haftbefehl gesucht, galt als Persona non grata und stand angeblich auf einer Todesliste.

Wenn jemand etwas über das verschwundene Porträt des Dorian Gray in Erfahrung bringen konnte, dann Edvard Bash. Dessen Geschäftsprioritäten machten Eva allerdings einen Strich durch die Rechnung.

Eva hob den Kopf etwas und funkelte aus ihren blauen Augen die drei Männer an. Sie hatten die Statur von Möbelpackern, bullig, mit muskelschweren Armen und dicken Oberschenkeln. Ausdruckslose Gesichter, mitleidlose Augen. Tonnenförmige Oberkörper wölbten die Bomberjacken. Einer von ihnen hatte Eva die Ohrfeige verpasst.

Sie hatten kein Problem damit, Frauen zu schlagen.

»Zur Hölle mit Ihnen, Bash!«

»Das will ich nicht hoffen, Mademoiselle Wagner. Ich für meinen Teil darf mich verabschieden. Sie sollen aber wissen, dass ich die Zusammenarbeit mit Ihnen immer geschätzt habe. Doch im Leben muss man Prioritäten setzen, und einem Mann wie dem Chevalier schlägt man keinen Wunsch ab.«