Raubjagd - Brigitte Pons - E-Book
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Raubjagd E-Book

Brigitte Pons

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Beschreibung

Wenn der Ermittler zum Verdächtigen wird ...

Auf einem Dorffest begegnet der junge Polizist Frank Liebknecht der attraktiven Linda, die heftig mit ihm flirtet. Sie erzählt ihm von ihrer Suche nach dem Lieblingsgemälde ihrer Großmutter - das Bild mit vier blauen Pferden verschwand im Zweiten Weltkrieg. Kurz darauf wird Linda ermordet aufgefunden. Frank steckt in der Klemme, denn er war vermutlich der Letzte, der sie lebend gesehen hat. Als Tatverdächtiger wird er von den Ermittlungen ausgeschlossen. Doch Frank stellt eigene Nachforschungen an - und kommt dabei Geheimnissen auf die Spur, die Jahrzehnte lang begraben waren ...

Dieser Krimi ist in einer früheren Ausgabe unter dem Titel "Der blauen Sehnsucht Tod" erschienen.

LESERSTIMMEN:

"Detailreich recherchiert - virtuos erzählt. Mit "Raubjagd" ist der Autorin erneut ein richtig schöner Kriminalroman gelungen, fundiert recherchiert, mit gutem Spannungsaufbau und viel Lokalkolorit." (Baerbel82, Lovelybooks)

"In frischem, sehr lebendigem Stil entwickelt die Autorin eine aufregende Geschichte, in der es um Kriegserlebnisse, Kunstraub, Beutekunst - und natürlich Mord geht, angesiedelt im ländlichen Ambiente des hessischen Dörfchens Vielbrunn." (Solveig, Lovelybooks)

Weitere Regionalkrimis mit Frank Liebknecht:

Band 1: Bauernopfer.

Kurz-Krimi: Lärmfeuer.

Band 3: Rachekreuz.

Band 4: Totengesang.

Band 5: Lügenpfad.

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.


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Seitenzahl: 461

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Inhalt

Weitere Titel der Autorin

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Prolog

Samstag, 01. September, Vielbrunn, 17:55 Uhr

Samstag, 01. September, Vielbrunn, 18:35 Uhr

Montag, 03. September, Vielbrunn, 11:15 Uhr

Montag, 03. September, Vielbrunn, 15:10 Uhr

Dienstag, 04. September, Vielbrunn, 15:25 Uhr

Dienstag, 04. September, Vielbrunn, 20:05 Uhr

Mittwoch, 05. September, Vielbrunn, 10:10 Uhr

Mittwoch, 05. September, Vielbrunn, 11:05 Uhr

Donnerstag, 06. September, Vielbrunn, 15:25 Uhr

Freitag, 07. September, Erbach, 09:15 Uhr

Freitag, 07. September, Erbach, 12:45 Uhr

Freitag, 07. September, Vielbrunn, 14:30 Uhr

Freitag, 07. September, Vielbrunn, 16:00 Uhr

Freitag, 07. September, Vielbrunn, 18:05 Uhr

Samstag, 08. September, Beerfelden, 03:05 Uhr

Samstag, 08. September, Vielbrunn, 11:00 Uhr

Sonntag, 09. September, Vielbrunn, 14:30 Uhr

Montag, 10. September, Erbach, 8:45 Uhr

Montag, 10. September, Erbach, 10:00 Uhr

Montag, 10. September, Vielbrunn, 16:30 Uhr

Dienstag, 11. September, Vielbrunn, 14:30 Uhr

Dienstag, 11. September, Erbach, 16:30 Uhr

Mittwoch, 12. September, Vielbrunn, 9:30 Uhr

Mittwoch, 12. September, Heppenheim, 17:45 Uhr

Donnerstag, 13. September, Vielbrunn, 10:05 Uhr

Donnerstag, 13. September, Beerfelden, 11:40 Uhr

Donnerstag, 13. September, unterwegs, 13:00 Uhr

Donnerstag, 13. September, irgendwo, 17:00 Uhr

Donnerstag, 13. September, Vielbrunn, 18:50 Uhr

Freitag, 14. September, Erbach, 8:30 Uhr

Freitag, 14. September, Vielbrunn, 8:45 Uhr

Freitag, 14. September, Vielbrunn, 10:30 Uhr

Freitag, 14. September, Baden-Baden, 15:30 Uhr

Freitag, 14. September, Murnau, 20:30 Uhr

Samstag, 15. September, Murnau, 14:00 Uhr

Samstag, 15. September, Murnau, 15:35 Uhr

Samstag, 15. September, Staffelsee, 16:00 Uhr

Mittwoch, 20. April 1938, Murnau

Sonntag, 16. September, Vielbrunn, 9:30 Uhr

Sonntag, 16. September, Murnau-Hochried, 14:30 Uhr

Sonntag, 16. September, Vielbrunn, 15:00 Uhr

Sonntag, 16. September, Murnau, 19:00 Uhr

Montag, 17. September, Vielbrunn, 10:25 Uhr

Montag, 17. September, Baden-Baden, 11:00 Uhr

Dienstag, 18. September, Vielbrunn, 9:00 Uhr

Dienstag, 18. September, Erbach, 9:00 Uhr

Dienstag, 18. September, Staffelsee, 10:00 Uhr

Dienstag, 18. September, Vielbrunn, 14:30 Uhr

Dienstag, 18. September, Erbach, 15:00 Uhr

Dienstag, 18. September, Vielbrunn, 16:30 Uhr

Dienstag, 18. September, Murnau, 16:45 Uhr

Mittwoch, 19. September, Vielbrunn, 3:58 Uhr

Mittwoch, 19. September, Erbach, 9:10 Uhr

Mittwoch, 19. September, Beerfelden, 10:00 Uhr

Mittwoch, 19. September, Vielbrunn, 14:00 Uhr

Mittwoch, 19. September, Vielbrunn, 15:00 Uhr

Mittwoch, 19. September, irgendwo, 16:00 Uhr

Mittwoch, 19. September, Autobahn A9, 18:00 Uhr

Mittwoch, 19. September, Vielbrunn, 19:00 Uhr

Donnerstag, 20. September, Vielbrunn, 10:00 Uhr

Donnerstag, 20. September, Vielbrunn, 11:30 Uhr

Donnerstag, 20. September, Beerfelden, 12:30 Uhr

Donnerstag, 20. September, Vielbrunn, 15:15 Uhr

Donnerstag, 20. September, Erbach, 15:30 Uhr

Donnerstag, 20. September, Vielbrunn, 18:15 Uhr

Donnerstag, 20. September, Heppenheim, 18:15 Uhr

Donnerstag, 20. September, Beerfelden, 19:05 Uhr

Freitag, 23. März 1945, Vielbrunn, 6:20 Uhr

Donnerstag, 20. September, Vielbrunn, 20:10 Uhr

Donnerstag, 20. September, Vielbrunn, 20:50 Uhr

Donnerstag, 20. September, Vielbrunn, 20:55 Uhr

Donnerstag, 20. September, Vielbrunn, 20:55 Uhr

Donnerstag, 20. September, Bremhof, 21:40 Uhr

Donnerstag, 20. September, unterwegs, 21:45 Uhr

Donnerstag, 20. September, unterwegs, 21:55 Uhr

Freitag, 21. September, Erbach, 9:15 Uhr

Freitag, 21. September, Erbach, 14:30 Uhr

Samstag, 22. September, Vielbrunn, 14:20 Uhr

Montag, 24. September, Erbach, 10:00 Uhr

Montag, 24. September, Vielbrunn, 12:15 Uhr

Montag, 24. September, Frankfurt, 12:30 Uhr

Montag, 24. September, Vielbrunn, 13:00 Uhr

Montag, 24. September, Beerfelden, 16:15 Uhr

Dienstag, 25. September, Erbach, 12:15 Uhr

Sonntag, 30. September, Vielbrunn, 17:30 Uhr

Samstag, 10. November, Beerfelden, 10:30 Uhr

Nachwort der Autorin, Erläuterungen und Dank

Quellen und weiterführende Links

Weitere Titel der Autorin

Frank Liebknecht ermittelt im Odenwald:

Bauernopfer (Band 1)

Lärmfeuer (Kurz-Krimi zwischen Band 1 und 2)

Rachekreuz (Band 3)

Totengesang (Band 4)

Über dieses Buch

Wenn der Ermittler zum Verdächtigen wird …

Auf einem Dorffest begegnet der junge Polizist Frank Liebknecht der attraktiven Linda, die heftig mit ihm flirtet. Sie erzählt ihm von ihrer Suche nach dem Lieblingsgemälde ihrer Großmutter – das Bild mit vier blauen Pferden verschwand im Zweiten Weltkrieg. Kurz darauf wird Linda ermordet aufgefunden. Frank steckt in der Klemme, denn er war vermutlich der Letzte, der sie lebend gesehen hat. Als Tatverdächtiger wird er von den Ermittlungen ausgeschlossen. Doch Frank stellt eigene Nachforschungen an – und kommt dabei Geheimnissen auf die Spur, die Jahrzehnte lang begraben waren …

Dieser Krimi ist in einer früheren Ausgabe unter dem Titel »Der blauen Sehnsucht Tod« erschienen.

eBooks von beTHRILLED – mörderisch gute Unterhaltung.

Über die Autorin

Brigitte Pons schreibt Romane und Kurzgeschichten und ist Mitglied der »Mörderischen Schwestern«. Bei beTHRILLED sind bislang vier Regionalkrimis sowie eine Kurzgeschichte mit dem sympathischen Polizisten Frank Liebknecht erschienen, der in Vielbrunn im Odenwald ermittelt. Ein weiterer Band ist in Planung. Als Isabella Esteban veröffentlicht die Autorin Barcelona-Krimis bei Bastei Lübbe (Band 1: »Mord in Barcelona«).

Brigitte Pons ist verheiratet, Mutter von zwei erwachsenen Kindern und lebt in der Nähe von Frankfurt am Main.

Brigitte Pons

RAUBJAGD

Frank Liebknechts zweiter Fall

Ein Odenwald-Krimi

Digitale Neuausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Titel der Originalausgabe: »Der blauen Sehnsucht Tod«

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Agentur EDITIO DIALOG, Dr. Michael Wenzel

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Redaktion: Marion Heister

Covergestaltung: Guter Punkt, München unter Verwendung von Motiven © standret / Getty Images; Smitt / Getty Images; Guter Punkt

eBook-Erstellung: Greiner & Reichel, Köln

ISBN 978-3-7325-8263-1

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Prolog

Seine Schwester heulte. Sie heulte immer, wenn die Flugzeuge kamen. Dabei waren sie noch weit weg. Er warf die Decke beiseite und sprang aus dem Bett. Hose überziehen und in die Schuhe schlüpfen schaffte er in weniger als einer halben Minute. Er hatte es geübt. Wieder und wieder, in völliger Finsternis, damit er draußen sein konnte, in Nächten wie dieser, bevor sie wieder weg waren. Er riss die Jacke vom Haken, stürmte ins Freie und gab sich keine Mühe, leise zu sein. Er würde Ärger bekommen, aber das interessierte ihn nicht. Er war der Mann im Haus, er musste sich nichts sagen lassen.

Weit über ihm erfüllten die Motoren den Himmel mit dumpfem Dröhnen, kamen näher, jenseits der Wolken. Er erkannte jeden Typ am Geräusch. Jäger, Bomber, Freund oder Feind. Die Bordkanonen hämmerten. Flakfeuer in der Ferne. Ein Treffer schickte einen Lichtblitz zu ihm herunter, ein flammendes, unwirkliches Leuchten, dem ein Pfeifen folgte. Ein Pfeifen, das alle Feiglinge in die Keller jagte, aber ihn nicht, weil er keine Angst mehr spürte. Und weil er wusste, dass da keine Bombe kam, sondern der Flieger selbst. Einer von den Eigenen, von den Guten.

Er rannte. Dem Feuerschweif hinterher. Raus aus dem Dorf, weiter über das Feld und auf den Hügel. Der Lärm flutete seinen Kopf, seine Lunge, sein Blut, zog ihn mit sich, wie eine Marionette, die ihren unsichtbaren Fäden folgte, dorthin, wo sich die Nase der kreischenden Messerschmitt in den Boden gebohrt hatte. Der Brand entzündete die restliche Munition im Innern, eine Explosion zerriss den Rumpf, schleuderte Metallteile empor; und nun duckte er sich doch, für einen kleinen Moment, bis er den Mann sah, dessen Silhouette sich schwarz vor dem lodernden Wrack abzeichnete. Er überlegte nicht lange, sprintete dem hinkenden Mann entgegen, fing ihn auf, als er zusammensackte. Schmutz und Blut überall. Aber keine Angst. Nicht der kleinste Funken Furcht in seinem Herzen. Das war der Moment, auf den er lange gewartet hatte, und dies seine Aufgabe, die er erfüllen musste. Endlich. Er war dreizehn! Alt genug, um Verantwortung zu übernehmen, zu entscheiden, zu handeln.

Die Lider des Soldaten flatterten, seine Augäpfel rollten hin und her, weiß leuchtend wie Suchscheinwerfer, kamen erst zur Ruhe, als er den Kopf des Mannes an seine Brust presste. Mit seiner Jacke stillte er die Blutung über der linken Schläfe.

»Danke«, flüsterte der Pilot matt, sein verletztes Bein zuckte noch einige Male, dann gewann er zusehends neue Kraft. Die Blitze und der Donner des Gefechts über ihnen verstummten. Dies war nicht der Ort und die Zeit zu sterben. Der Sieg lag greifbar vor ihnen. So klar wie die Luft nach einem reinigenden Gewitter. Daran gab es keinen Zweifel.

Und während milchig grau der Morgen über den Hügeln dämmerte, erzählte der Flieger ihm eine Geschichte. Eine geheime Geschichte, von Soldat zu Soldat. Von einem Auftrag des Reichsmarschalls persönlich, den er ausgeführt hatte. Voller Gefahr und unter Einsatz seines Lebens. Von Kunst, die gar keine Kunst war, aber Geld einbrachte, wenn man jemanden fand, der dumm genug war, dafür zu zahlen. Und dass der Reichsmarschall so viel klüger war als alle anderen und den Gewinn ganz leicht zu verdoppeln wusste.

Der Flieger lachte, schnell wieder ganz obenauf, als hätte es nie eine Verletzung gegeben und keinen Absturz.

Ins Ausland habe er sie gebracht, diese grässlichen Bilder, wo Leute bereit waren, Tausende für solchen Schund auszugeben.

Und der Held der Lüfte zog eine Schachtel aus seiner blutgetränkten Uniform, teilte seine letzte Zigarette mit ihm, den er ebenfalls einen Helden nannte, weil er ihn gerettet hatte.

»Blaue Pferde«, sagte der Flieger zwischen zwei Zügen und blies wabernde Rauchringe in den Sonnenaufgang. »Stell dir das vor – blaue Pferde!«

Samstag, 01. September, Vielbrunn, 17:55 Uhr

– Frank Liebknecht –

Über den Kirchplatz schallte Gelächter, ein Durcheinander von Stimmen und Gläserklirren. Der Drummer wischte mit dem Besen über die Snare, das Saxofon säuselte ein paar Töne hoch und runter, der Sänger pustete noch mal probehalber ins Mikro.

Frank Liebknecht schaute auf den Kabelsalat zu seinen Füßen, verfolgte die Schnüre zu den Steckdosen, zu den Boxen, zum Schaltkasten. Alles war, wie es sein sollte, der Soundcheck abgeschlossen, die Scheinwerfer fertig ausgerichtet. Ein fröhlicher Haufen Menschen drängte sich vor der kleinen Bühne zu Füßen der Laurentiuskirche. Nur er war noch nicht so weit. Sein Unterkiefer verkrampfte, und auch der Rest fühlte sich alles andere als locker an. Er schloss die Augen, spürte den Bass vor seinem Bauch. Es roch nach Bratwurst. Dann folgte die Ansage durch den Ortsvorsteher, ein wohlwollender Applaus und das Anzählen, das er wie durch Watte wahrnahm. Unter seinen Fingern entstand der erste Akkord, der zweite. Er begann wieder zu atmen und wagte einen Blick unter halb geschlossenen Lidern heraus ins Publikum. Eine Menge vertrauter Gesichter; Männer, Frauen, Kinder aus Vielbrunn, die er nun seit etwas mehr als einem Jahr kannte, und ein paar Urlauber aus der angrenzenden Ferienhaussiedlung. Im Takt wippende Köpfe und Füße. Trotzdem fiel es schwer zu sagen, ob echte Jazzfans darunter waren oder ob sie sich nur die Zeit vertrieben bis zum Hauptakt des Abends, einem historischen Theaterstück zur Tausendjahrfeier des Dorfes.

Ganz vorn an einem der Tische fing Frank ein Lächeln ein. Ein Lächeln, das ihn meinte, das nicht vorüberglitt oder der Musik galt, der Stimmung. Egal wie oft er wegsah und wieder hin: Das Lächeln blieb.

Seine Hände spielten routiniert, Song für Song, beherrschten das Repertoire auch ohne seine volle Aufmerksamkeit. Wieso sah die Frau ihn an und nicht Nico, den Frontmann, der alle mit seiner tiefen Stimme beeindruckte?

Frank mochte es nicht, unter Beobachtung zu stehen, und war zufrieden mit seiner Rolle im Hintergrund. Gerade heute, hier. Er hatte lange mit sich gerungen, ob er sich überhaupt als Bassist präsentieren sollte, gezweifelt, ob das seinem mühsam erkämpften Ansehen als Autoritätsperson schadete. Die geliebten Hawaii-Bermudas hatte er schon im letzten Sommer eingemottet und sogar kurzfristig über einen neuen Haarschnitt nachgedacht, um den Erwartungen zu entsprechen. Dabei sollte seine Arbeit doch mehr zählen als sein Äußeres.

Die Unbekannte hatte ihren Sitzplatz verlassen, stand neben einigen anderen, tanzte mit verhaltenen, aber eleganten Bewegungen und lächelte ihn weiter an. Sie passte nicht zu den mit Papiertischdecken bespannten Bierzelttischen, fiel aus dem Rahmen, auch wenn er spontan nicht hätte sagen können, weshalb.

Frank merkte erst, dass etwas nicht stimmte, als sich die anderen Bandmitglieder zu ihm umdrehten. Nur noch der Bass war zu hören. Sein Bass. Während ihm der Schweiß ausbrach, versuchte er, mit einigen schnellen Tonfolgen den Anschein eines planmäßigen Solos zu erwecken. Vor der Bühne hopste ein Pulk Teenager auf und ab.

»Yeah, Frankieee!«, kreischte eine von ihnen hysterisch, und die anderen kicherten und krümmten sich vor peinlicher Begeisterung. Er kannte die Mädchen aus dem Freibad, wo sie sich manchmal in seiner Nähe platzierten und ihn anguckten, wie ein exotisches Zootier. Vierzehnjährige eben. Da reichten der nackte Oberkörper eines Polizisten und eine Narbe, um die Fantasie zu beflügeln.

Frank brachte die unfreiwillige Extratour zu Ende, einigermaßen anständig, wie er hoffte, und machte einen Schritt rückwärts, statt nach vorn, als man ihm dafür auch noch Beifall klatschte.

Die schöne Unbekannte hob dabei beide Arme über den Kopf. Yeah, Frankie formten ihre Lippen. Tonlos, aber eindeutig.

»Ja, Leute, da staunt ihr, was? So habt ihr unseren Sheriff noch nicht erlebt! Frank Liebknecht – der Mann am Bass, mit dem magischen Blick und den flinken Fingern.«

Nico nutzte die Gelegenheit, die Bandmitglieder vorzustellen, und Frank zog sich schnell wieder zurück. Sheriff war nicht gerade die korrekte Bezeichnung seines Dienstgrades, aber damit konnte er inzwischen leben. Im letzten Frühjahr hatte er den Posten des Beamten im besonderen Bezirksdienst angetreten – belächelt von den Kollegen seiner früheren Dienststelle und argwöhnisch beobachtet von seinen neuen Schutzbefohlenen. Ein Polizeiposten im Einmannbetrieb mitten im Odenwald und er machte den Job freiwillig, obwohl er noch nicht mal dreißig war und weder Frau noch Kinder hatte, denen er ein idyllisches Landleben bieten musste. Seitdem hielten ihn ausnahmslos alle für verschroben. Vermutlich auch die Einheimischen.

Die Schöne musterte ihn weiter, runzelte plötzlich die Stirn und begann, in ihrer Umhängetasche zu wühlen. Frank bemühte sich, sie nicht anzustarren und musikalisch nicht noch mal den Anschluss zu verpassen. Trotzdem bemerkte er, dass sie irritiert war und zögerte, als sie ihr Mobiltelefon betrachtete. Mit der Rechten fuhr sie sich über den Kopf und schüttelte die langen Haare zurecht. Sie schenkte Frank ein weiteres Lächeln, pustete ihm einen Luftkuss zu und nahm das Gespräch entgegen. Dann schlängelte sie sich an den Tänzern vorbei, weg von den Tischreihen. Sein Blick folgte ihren wiegenden Schritten, bis sie nicht mehr zu sehen war.

Samstag, 01. September, Vielbrunn, 18:35 Uhr

– Linda Ehlers –

Ein Handyklingelton mischte sich aufdringlich unter den gemäßigten Jazz, der Linda den öden Nachmittag versüßte. Doch auch wenn die Band Schlager gespielt hätte, wäre sie vermutlich geblieben. Der Sheriff mit dem Bass und dem entrückten Gesichtsausdruck gefiel ihr.

Die nervige Melodie wurde lauter, drängte sich in den Vordergrund. Wagners Walkürenritt? Sie spürte ein Vibrieren an ihrer Seite. Widerwillig löste sie den Blick von den struppigen braunen Locken, hinter die sich ihr Frankie mit gesenktem Kopf zurückgezogen hatte. Ihre Finger tasteten sich durch die Tasche bis zur Quelle des Lärms. Das kleine Telefon bebte in ihrer Hand. Wo zum Teufel kam dieses Ding her? Ordnend fuhr sie sich durch die Haare, bemüht, nicht sichtbar die Ruhe zu verlieren, und sammelte sich. Sogar ein Küsschen Richtung Bühne gönnte sie sich noch, dann drückte sie auf den Knopf, sagte aber nichts.

»Hallo meine Schöne.«

In der Männerstimme lag ein Hauch von Spott, und sie reagierte nicht. »Habe ich dich etwa überrascht, Linda?«

»Wo steckst du?«

»Ganz in deiner Nähe.«

Unauffällig sah sie sich um. »Das ist nicht sehr witzig. Also: Wo?«

»Reckst du gerade dein Hälschen auf der Suche nach mir?«

Sie unterdrückte den Wunsch, ihn anzuschreien, lächelte freundlich in fremde Gesichter und schob sich auf Zehenspitzen durch eine Lücke zwischen zwei Pavillons. Mit kurzen, eiligen Schritten lief sie den Kirchhügel hinab zur Straße, ließ das Fest hinter sich. Im Stillen verfluchte sie die hohen Absätze ihrer Sandalen.

»Du fühlst dich doch nicht etwa verfolgt? Dreh dich noch mal um. Komm schon: Nur für mich!«

Ihr war klar, wie sehr er den Gedanken genoss, dass sie auf offener Straße um sich selbst rotierte, seiner Aufforderung Folge leistete. Konnte er sie wirklich sehen? Stur stöckelte sie vorwärts.

»Zu meinem Bedauern bin ich dir nicht mehr so nah, wie ich es noch vor Kurzem gewesen bin«, gab er nun zu.

»Hör auf mit dem Mist. Was soll das mit dem Telefon?«, zischte sie. Er sollte sich nicht einbilden, dass er sie einschüchtern konnte.

»Ich wollte mit dir reden, und das will ich noch.«

»Na toll. Wann hast du mir das Ding zugesteckt? Du hättest stattdessen …«

Sein Lachen ließ sie innehalten.

»Was hätte ich? Willst du behaupten, dass du diesmal mit mir gesprochen hättest, in der Öffentlichkeit? Von Angesicht zu Angesicht?«

Die Frage zu beantworten war unnötig.

»Ich lasse mich nicht einfach abhängen und ausbooten, Linda. Eine Beziehung wie die unsere beendet man nicht einfach, indem man sich umdreht und geht.«

Sie lief immer schneller, ihr Puls beschleunigte sich. »Was willst du?«

»Dich.« Für einen Moment klang er nicht mehr überheblich. »Immer nur dich.«

»Mich. Und was noch?« Etwas außer Atem blieb Linda stehen. Es konnte nicht sein, dass er das ernst meinte.

»Nichts weiter. Wieso bist du so misstrauisch?«

Im Halbschatten neben der Straße entdeckte sie einen Brunnen in einer kleinen Grünanlage. Aus fünf Löwenmäulern flossen dünne Wasserstrahlen. Sie setzte sich auf die Sandsteinbank direkt ans Becken.

»Ich bin nur nicht mehr naiv genug, um dir zu glauben.«

»Naiv. Ich bitte dich. Naiv bist du nie gewesen. Doch ich erkläre es dir gern im Detail. Ich will dich ganz und gar: deinen Körper, deinen spritzigen Geist, deine Partnerschaft, dein Wissen, deine uneingeschränkte Loyalität, deine Treue …« Seine Sanftheit schlug um in beißenden Sarkasmus. »Autsch – wie dumm von mir, ich vergaß: Die letzten beiden Punkte sind mit deinem Charakter nicht vereinbar. Dann muss es wohl auch in Zukunft ohne gehen. Den Rest jedoch, Linda, den will ich wiederhaben. Hast du verstanden?«

Mit zitternden Fingern warf sie kleine Kieselsteine ins Wasser, beobachtete die Kreise, die die Oberfläche kräuselten, lauschte dem sachten Plätschern und gab sich unbeeindruckt. »Du bist es, der nicht versteht. Ich will dich nicht mehr, und ich brauche dich auch nicht mehr.«

»Was du willst, interessiert mich nicht, Linda. Aber du brauchst mich so sehr wie ich dich. Du brauchst mich, damit dein schönes Leben nicht sehr bald eine unschöne Wende nimmt. Verstehe mich nicht falsch. Ich biete dir nur ein Geschäft an.«

»Ich bin nicht interessiert.«

»Und ich weiß, dass das nicht stimmt. Du bist wieder an etwas dran, an etwas Großem, denn für Kleinkram nimmst du kein Risiko in Kauf. Also noch mal – und unterbrich mich nicht wieder.«

Sie öffnete den Mund, rein aus Prinzip und Lust am Widerspruch, überlegte es sich dann aber anders. Er hasste es, wenn sie das machte, und sein Zorn konnte furchterregend sein.

»Ich biete dir ein Geschäft an, bei dem du nur gewinnen kannst. Und alles, was ich in die Waagschale werfe an unangenehmen Nebenwirkungen, wenn du dich nicht an unsere Abmachungen hältst, ist die Wahrheit.«

»Die Wahrheit?«

»Die Wahrheit. Mehr hast du von mir nicht zu befürchten.«

Sie konnte sich gut vorstellen, was er damit andeuten wollte, doch sie hatte nicht vor, sich erpressen zu lassen.

Über die Folgen eines sofortigen Neins dachte sie lieber nicht nach. Sie brauchte einen Plan. Und sie brauchte ihn schnell.

Montag, 03. September, Vielbrunn, 11:15 Uhr

– Frank Liebknecht –

In rasanter Schussfahrt nahm er die Kurve, lehnte sich zur Seite wie ein Rennfahrer. Frank liebte die Geschwindigkeit und das pfeifende Geräusch des Windes in seinen Ohren. Er konnte selten der Versuchung widerstehen, mit blockierenden Reifen auf der kiesbestreuten Einfahrt zum Golfplatz zu bremsen und die letzten Meter zu schlittern, mit einer spritzenden Steinchenfontäne. So wie er es als kleiner Junge mit dem BMX-Rad gemacht hatte, oder später mit dem Mountainbike. Daran änderte auch seine Rolle als Polizist nichts, auf Streife mit dem Dienstfahrrad.

Heute ließ er die Golfer links liegen. Er wollte zur Pferdekoppel eines Aussiedlerhofs. In den umliegenden Dörfern trieb sich seit einigen Monaten ein Schlitzer herum, der wahllos Tiere mit einem Messer attackierte. Wenn Frank nur daran dachte, stieg ihm die Galle hoch. Feige und sinnlos. Wie krank musste man sein, um sich am Leid vertrauensseliger Kreaturen zu vergnügen? In den letzten Wochen hatte Frank die Zahl seiner Kontrollbesuche auf den abgelegenen Weiden mehr als verdoppelt – zur Freude seiner Wadenmuskulatur – und variierte Uhrzeit und Reihenfolge, um für den Tierquäler nicht berechenbar zu sein. Die Besitzer machten es ebenso und sorgten dafür, dass kein Tier nachts draußen blieb. Dieses Vorgehen war natürlich mühsam und arbeitsintensiv, und er rechnete jederzeit damit, dass einer aufgab und ausscherte. So wie er den Täter einschätzte, hatte der die Lage gut im Blick und wartete geduldig auf die nächste Gelegenheit. Ein bisschen hoffte Frank nach dem Sankt-Florian-Prinzip: Lass ihn nicht in meinem Bezirk zuschlagen, wenn es wieder so weit ist.

Schon von Weitem sah er die Frau, leicht nach vorne gebeugt, auf dem Weidezaun sitzen. Die langen Haare flossen in schimmernden Wellen über ihre Schultern, rutschten herab und verdeckten zur Hälfte ihr Gesicht. Wie auf dem Fest trug sie auch heute einen schmal geschnittenen Rock und eine Bluse, die besser in ein Büro gepasst hätten. Die Sandalen mit dem Korkplateau baumelten neben ihr an einem Holzpfosten, um den sie auch ihre Tasche gehängt hatte; ihre nackten Zehen zupften Gras. Ausnahmsweise verzichtete Frank auf eine spektakuläre Bremsung. Er wollte die Schöne weder erschrecken noch wie ein aufgeblasener Depp daherkommen.

Sie richtete sich auf, als er vom Rad stieg.

»Hallo.« Er schaute sie nicht direkt an, zählte die Tiere auf der Wiese durch. Alle da, alle wohlauf. Keines der stämmigen Pferde reagierte auf seine Anwesenheit, nur die Ohren zuckten kaum merklich, drehten ihm die weiche, dicht behaarte Öffnung zu.

»Yeah, Frankie!«, grüßte die Unbekannte, die Finger zum Victoryzeichen erhoben, und schlug sich dann lachend die Hand vor den Mund. »Verzeihung, ist mir so rausgerutscht. Ich habe Sie gar nicht gleich erkannt. Sie sehen heute so ganz anders aus.« Ungeniert betrachtete sie ihn, von oben nach unten: den Fahrradhelm, der seine Locken versteckte, das blaue Shirt mit den Reflektorstreifen und dem Polizeiaufdruck, die kurze Hose.

»Bin im Dienst«, erklärte er knapp und versuchte zu ignorieren, wo genau ihr Blick hängen blieb. Zum Glück war die Hose weit geschnitten.

»Oh, wie schade. Dann müssen Sie sicher gleich weiter. Oder haben Sie ein paar Minuten, um sich zu mir zu setzen?« Auffordernd klopfte sie neben sich aufs Holz.

Klar konnte er bleiben. Wenn er wollte. Schließlich bestimmte er seinen Zeitplan selbst. Er schob das Rad drei Zentimeter nach links, dann nach rechts, drückte den Sattel gegen den Bauch, trommelte mit den Daumen darauf.

»Machen Sie Urlaub in Vielbrunn?«, fragte er ohne erkennbaren Zusammenhang.

»Sieht so aus, als hätte der Sheriff keine Zeit für die einsame Squaw«, seufzte sie und verzog schmollend die Lippen. »Wenn er nicht mal das Rad abstellt.«

»Hat er nicht«, bestätigte Frank und fragte sich insgeheim, wieso eigentlich. Sie streckte die Beine aus und balancierte sich schaukelnd auf dem schmalen, grob gehauenen Brett aus. Dabei wackelte sie mit den Zehen, um die feuchten Grashalme loszuwerden, die dazwischensteckten. Auf den Fußnägeln glänzte tiefroter Lack in der Sonne. Wie Blutstropfen. Frank zwang sich zur Konzentration. Die Frau brachte ihn durcheinander, das gefiel ihm nicht. Er versuchte, sie mit dienstlichen Augen zu sehen, distanziert. Ihr kindlicher Trotz passte nicht zu ihrem Äußeren und war eindeutig nicht echt. Was bezweckte sie damit? Für Lolitaspielchen waren sie beide nicht im richtigen Alter. Sie mochte sogar ein oder zwei Jahre älter sein als er. Er sollte ihr einfach noch einen schönen Tag wünschen und gehen.

Beim Versuch, endlich den letzten hartnäckigen Stängel vom Fuß abzuschütteln, verlor sie das Gleichgewicht. Frank stieß das Fahrrad von sich, als er sah, dass sie gleich nach hinten kippen würde, machte einen Satz darüber und war gerade rechtzeitig bei ihr, um sie aufzufangen. Mit einem spitzen Aufschrei landete sie an seiner Brust und packte dann mit beiden Händen seinen Oberarm. Auf den Schrei folgte hemmungsloses Gelächter, bei dem sie ihr volles Gewicht auf Frank ablegte.

»Danke!« Es dauerte ein wenig, bis sie sich beruhigt hatte, dann tupfte sie sich mit den Spitzen der Zeigefinger die Lachtränen aus den Wimpern. Vorsichtig blinzend, um die Schminke nicht zu verwischen.

»Pferde«, sagte sie schließlich, hielt sich wieder an ihm fest und deutete mit dem Kinn zur Wiese. »Ich bin wegen der Pferde hier. Unglaublich schöne Tiere, nicht wahr?«

Frank erwiderte nichts.

»Diese strammen Muskeln, die Kraft und Dynamik.«

Er konnte nicht fassen, wie sie ihn bei diesen Worten ansah, immer noch an ihn gelehnt, und dabei den Druck auf seinen Arm verstärkte.

»Reiten Sie gern, Herr Liebknecht? Für mich gibt es nichts Aufregenderes, als die Energie zu spüren, die von einem Hengst ausgeht!«

Hastig löste Frank ihre Hände und schob sie an den Schultern zurück, bis sie wieder selbstständig Halt auf dem Zaun fand.

»Was ist denn? Habe ich was Falsches gesagt, Frankie?«

Frank stellte das Fahrrad auf und schwang sich auf den Sattel. »Sie sollten auf Ihre Füße aufpassen, damit Sie sich am Holz keine Splitter einreißen.« Mit hartem Antritt stieg er in die Pedale.

»War schön, Sie wiederzusehen, Sheriff«, rief sie ihm hinterher. »Ich heiße übrigens Linda!«

Montag, 03. September, Vielbrunn, 15:10 Uhr

– Linda Ehlers –

Das Zusammentreffen mit Frank Liebknecht beflügelte Linda Ehlers’ Fantasie. Ritterlich, schüchtern und sexy, eine nicht alltägliche Mischung, die sie reizte.

Vor dem Garderobenspiegel in ihrem Ferienhaus hatte sie ihre Frisur unter dem breiten Haarband in Form gezupft und kritisch ihr Erscheinungsbild geprüft. Nicht zu kokett, aber auch nicht zu bieder, ein Hauch von Boheme vielleicht? Dann hatte sie die Umhängetasche gegen eine lederne Mappe getauscht, die nun unter ihrem Arm klemmte. Seriös und professionell. Das gefiel ihr.

Wenn der Sheriff um seine Wirkung auf Frauen wusste, konnte er jedenfalls garantiert nichts mit diesem Wissen anfangen. Im Gegensatz zu ihr. Sie schmunzelte. Eine kleine Schonfrist sollte er noch haben. Aber nur eine kleine.

Im Augenblick hatte sie anderes zu tun, als dem Mann auf die Sprünge zu helfen. Die schmale Uhr an ihrem Handgelenk verriet ihr, dass sie lange genug gewartet hatte. Zehn Minuten über der verabredeten Zeit. Perfekt. Ihr Gastgeber sollte nun fertig vorbereitet und ausreichend neugierig sein. Aber noch nicht ungeduldig oder gar verärgert.

Mit großer Geste bat Wilfried Arras seine Besucherin, in sein Refugium einzutreten. Der leidenschaftliche Heimatforscher hatte sich für Linda in Schale geworfen. So was erkannte sie auf den ersten Blick. Ein weißes Hemd zur Bundfaltenhose, die ein wenig zu hoch saß für ihren Geschmack und mit dem Gürtel oberhalb des Nabels festgehalten wurde. Sogar in schwarze Schnürschuhe hatte er sich gezwängt, obwohl sie jede Wette geschlossen hätte, dass er normalerweise zu Hause barfuß in Sandalen herumschlappte. Oder in filzigen Pantoffeln.

»Welch Glanz in meiner Hütte! Frau Ehlers, ich bin hocherfreut! Bitte, nehmen Sie Platz.«

Die einander gegenüberstehenden tiefen Sessel seufzten im Gleichklang, als sie sich setzten. Nicht antik, aber definitiv sehr alt. Auf dem Tischchen davor türmten sich Kekse und Pralinen in einer Bleikristall-Etagere, Kaffee und Tee standen bereit, buhlten um ihre Gunst, lockten, mit Zucker und Sahne oder Zitrone gemischt zu werden. Platz für Tassen gab es gerade eben noch auf der polierten Glasplatte, doch schon auf einen Unterteller musste verzichtet werden. Die überquellende Gastfreundlichkeit fand ihre Fortsetzung in der förmlich-überschwänglichen Sprechweise des Hausherrn, und das Gedränge auf dem Tisch entsprach der Atmosphäre des gesamten Raumes. Papier, so weit das Auge reichte. Bücher, Zeitungen, Kladden, Bilderalben und monströse ledergebundene Wälzer – in Regalen, auf dem Schreibtisch und auf einem erhöhten Lesepult mit fest installierter beleuchteter Lupe an einem schwenkbaren Metallarm.

Linda ließ sich hofieren, rekelte sich genüsslich, mit der Tasse auf den übereinandergeschlagenen Beinen.

»Ein wundervoller Ort«, seufzte sie und inhalierte den Geruch von vielen Tausend Seiten bewahrter Erinnerung, gelebter und geschriebener Geschichte. »So einen Raum wünsche ich mir auch, Herr Arras. So einen Raum und jede Menge Zeit, um zu lesen, zu lesen und zu lesen!«

Wilfried Arras faltete die Hände über dem prallen Bauch und nickte zustimmend zu ihren Worten. »Sie Glückliche haben ja noch alle Zeit der Welt vor sich, verehrte Frau Ehlers! Diese – meine – kleine Sammlung«, seine wegwerfende Handbewegung schloss das komplette Zimmer ein, »hütet nur einen winzigen Bruchteil der Vergangenheit. Eine bescheidene Auswahl.«

Linda schüttelte mit gespielter Missbilligung den Kopf, und er wehrte ihren Einspruch ab, mit sichtlichem Behagen. Der alte Charmeur platzte fast vor Stolz.

»Natürlich gebe ich mir Mühe, und ein paar rare Schätzchen nenne ich durchaus mein Eigen«, lenkte Wilfried Arras nun ein. »Doch Sie, meine Liebe, sollten sich nicht in einem solchen Kabuff vergraben! Heben Sie sich das auf für später, wenn Sie dereinst in Rente gehen und die Kinder aus dem Haus sind. Bis dahin überlassen Sie getrost mir das Blättern in staubigen Archiven. Sie sagen mir jetzt einfach, was genau Sie vorhaben und was Sie wissen möchten. Und mein Wissen soll das Ihre sein!«

So viel Emphase musste in Ruhe genossen und verdaut werden. Linda fischte sich eine Praline aus dem Sortiment, die sie sehr sorgfältig auswählte. Dabei gewährte sie ihrem Gastgeber einen kleinen, charmanten und nicht zu aufdringlichen Einblick in ihr Dekolleté. Sie behielt die Position noch einen Moment bei, lutschte die äußere Schicht von der Praline und schob sie dann mit der Zunge in die Backe.

»Alles will ich wissen«, nuschelte sie hinter vorgehaltener Hand und zwinkerte Herrn Arras zu. »So sind wir Frauen!« Sie wartete das Ende seines Gelächters ab und zerdrückte andächtig den letzten Rest Schokolade am Gaumen. »Ich arbeite an einer Studie über die vergessenen Seiten des Zweiten Weltkriegs. Über die einfachen Menschen auf dem Land. Ihre Sorgen und Nöte, ihre Erlebnisse und – wenn man so will – ihre kleinen Heldentaten, die niemand bemerkt hat. Gegen das Vergessen, wie es gern so oft gesagt wird. Aber ich meine es auch. Und wenn Sie mich jetzt fragen, wie ich ausgerechnet auf den Odenwald gekommen bin, dann muss ich gestehen, dass ich darauf keine schlüssige Antwort weiß. Vielleicht war es der Zufall, vielleicht das Schicksal, das mich hierher geführt hat? Fest steht, dass schon meine ersten Recherchen im Internet bestätigt haben, dass diese Region einiges zu bieten hat. Tragische Geschichten von Fliegern und Abschüssen, von Flugzeugabstürzen sowohl deutscher als auch alliierter Soldaten und vom Umgang der Bevölkerung damit. Wenn ich genug Material zusammenbekomme – und daran zweifle ich nicht –, wird am Ende meiner Arbeit ein Dokumentarfilm entstanden sein. Die Finanzierung ist gesichert, ein Produzent im Boot. Darum, lieber Herr Arras, erzählen Sie mir einfach alles über die Kriegsjahre in Vielbrunn. Speziell die Fliegerei interessiert mich, weil sie die große Welt draußen mit der kleinen Welt des Odenwaldes verbindet.«

Dienstag, 04. September, Vielbrunn, 15:25 Uhr

– Frank Liebknecht –

Der Junge heulte erbärmlich. Das Halsband baumelte noch an der Hundeleine, die er fest umklammert hielt, und schleifte hinter ihm über den Boden. Frank legte ihm den Arm um die Schultern und suchte nach einem Taschentuch, um ihm die Nase zu putzen. Dann drückte er ihn auf einen der Stühle und ging vor ihm in die Hocke.

»Mach dir keine Sorgen, Jannis. Der Berti kommt bestimmt wieder, er ist doch schon öfter ausgebüxt. Habe ich recht?«

Der Kleine nickte. Die strohblonden Haare fielen ihm in die Augen. »Aber die Mama wird schimpfen. Ich darf den Berti doch nicht frei laufen lassen.«

»Weil er so gern Karnickel jagt, ich weiß. Aber das hast du ja auch nicht gemacht, oder?«

»Nein. Er ist einfach rausgeschlüpft mit dem Kopf. Ich habe doch nur«, er schluchzte, »hab doch nur das Band nicht so fest gemacht, damit es ihm nicht wehtut am Hals!« Die Tränen kullerten schon wieder über die sommersprossigen Wangen.

Jannis wohnte mit seiner Mutter nur wenige Schritte von der Limeshalle entfernt, die neben der Polizeidienststelle auch die Gemeindeverwaltung und den örtlichen Festsaal beherbergte. Vor vier Wochen war er eingeschult worden, und seitdem durfte er endlich alleine den Hund ausführen. Darauf war er furchtbar stolz. Auf dem Nachhauseweg kickte Frank ab und zu noch ein paar Minuten mit Jannis, auf dem Parkplatz vor der freiwilligen Feuerwehr gegenüber. Jannis wollte Fußballprofi werden oder vielleicht auch Polizist. Frank streichelte ihm über den Kopf, als der Junge ihm beide Arme um den Hals schlang.

»Du und ich«, sagte Frank leise, »wir gehen jetzt rüber zu deiner Mama. Und ich verspreche dir, dass ich aufpasse, damit sie nicht so doll schimpft. Und wenn Berti bis morgen nicht wieder da ist, dann suchen wir gemeinsam.«

Jannis schniefte noch mal neben Franks Ohr, dann ließ er ihn los und rutschte vom Stuhl. Im Vorbeigehen griff Frank seine Dienstmütze und stülpte sie Jannis über. Der Junge strahlte.

Manche Probleme lösten sich von selbst, da war sich Frank sicher. Der Hund würde den Weg nach Hause schon finden. Das hatte er bisher immer getan.

Der restliche Tag zog sich endlos hin, zähfließend und zermürbend. Dabei hatte Frank ausreichend zu tun: ein Gespräch mit dem Pfarrer, eines mit der Feuerwehr, eines mit allen gemeinsam. Kaum lag ein Festakt hinter ihnen, stand der nächste an, musste im Detail koordiniert und auf mögliche Sicherheitsrisiken abgeklopft werden. Das Jubiläumsjahr wurde von der ersten bis zur letzten Minute ausgekostet und gefeiert. Die Pläne gab es seit Monaten, jetzt folgte der letzte Feinschliff.

Frank zeigte sich geduldig und kompromissbereit wie selten und wollte einfach nur möglichst schnell wieder allein sein mit seinen Gedanken an Linda. Die Frau ging ihm nicht aus dem Kopf. Erst ihre Blicke auf dem Fest, dann die Anmache auf der Pferdekoppel und am Morgen vor Dienstantritt ein irrwitziges Gespräch vor der Tür der Bäckerei. Er auf dem Weg nach drinnen, sie nach draußen.

»Hey, Frankie.« Der Schalk leuchtete in ihrem Gesicht. »Schon wieder bei der Arbeit?« Sie stand ihm mit Absicht im Weg, ebenso offensichtlich, wie ihre Frage unsinnig war, denn seine Uniform gab darüber eindeutig Auskunft. Er versuchte locker zu bleiben und übernahm ihren Tonfall.

»Hey, Linda. Schon wieder auf dem Weg zu den Pferden?« Er schaffte es gerade noch, das Wort Hengst zu vermeiden.

»Später. Jetzt tu ich erst mal mir was Gutes.« Sie schwenkte eine Tüte vor seiner Nase. »Kaffee ist gleich fertig. Eigentlich müsste man ihn bis hierher riechen können.« Mit geschlossenen Augen hielt sie schnuppernd das Gesicht in die Sonne. »Ich habe mich dort drüben in der Straße eingemietet, in dem schnuckeligen Fachwerkhäuschen neben der Schule.«

»Ganz allein?«

Verflucht. Wieso stellte er so eine bescheuerte Frage? Sie öffnete den Mund wie zu einem überraschten Ausruf und hob den Zeigefinger, mit einem Gesichtsausdruck, als habe er etwas Schlüpfriges gesagt.

»Ähm, Entschuldigung, ich wollte nicht … nicht neugierig, oder unhöflich … Ich habe mich nur gewundert, wegen dem vielen Platz für eine Person …«

»Besuchen Sie mich doch heute Abend. Dann sind wir schon zu zweit.«

Ihr Zeigefinger drückte sich auf seine Brust. Hastig redete er weiter und ignorierte ihre Bemerkung. »Wenn man ein Hotelzimmer nimmt, muss man sich um nichts kümmern, meine ich. Aufräumen und Frühstück und so …« Er hasste sein planloses Gestotter.

Linda ging mit einem Lächeln darüber hinweg. »Das stimmt. Aber wieso sollte ich ein Hotelzimmer nehmen, wenn ich doch ein ganzes Ferienhaus haben kann? Ich bin gerne ungestört, brauche viel Freiheit. Außerdem geht es niemanden etwas an, wann ich morgens aufstehe – und mit wem.« Sie zupfte ihn kurz am Revers seiner Uniform. »Also dann so gegen acht? Ich freu mich!«

Und weg war sie gewesen. Hatte ihn zurückgelassen mit dem merkwürdigen Gefühl, keine Wahl zu haben und ihrer Einladung folgen zu müssen. Ein Teil von ihm wehrte sich dagegen, während ein anderer Teil ihre Aufmerksamkeit mehr als nur genoss.

Dienstag, 04. September, Vielbrunn, 20:05 Uhr

– Frank Liebknecht –

Linda Ehlers schloss hinter Frank die Tür. »Schade, dass du deine Uniform nicht anhast.«

Er wusste nicht, wo er hinsehen sollte. Es war zu eindeutig, was hier gleich geschehen würde. Auch wenn sie nicht wirklich darüber gesprochen hatten. Natürlich nicht. Wie hätten sie auch darüber reden sollen? Oder hatten sie nicht eigentlich doch …?

Linda nahm ihm die Sektflasche ab und stellte sie auf den Garderobenschrank. Ein lauwarmes Verlegenheitsmitbringsel, von dem er noch schnell die Schleife mit der Grußkarte zu seinem Geburtstag abgeschnitten hatte. Er hängte die Lederjacke an die Wand, stand unschlüssig herum. Betont gemächlich bewegte Linda sich rückwärts, hüftkreisend, und zog ihn an beiden Händen mitten in den Raum.

»Frank Liebknecht mit dem magischen Blick. Ich weiß jetzt, was dieser Nico Irgendwer auf dem Fest damit gemeint hat.«

Frank verzog das Gesicht. »Dass ich schiele. Ist ja auch auf Dauer schwer zu übersehen.«

»Oh, wie gemein, das so zu sagen! Nein, ich finde wirklich, dass deine Augen eine ganz eigene Magie besitzen. Man merkt es nicht sofort, aber je länger man dich ansieht, umso mehr fasziniert es.«

Dass man das Schielen nicht gleich bemerkte, stimmte. Etwas faszinierendes konnte Frank daran allerdings nicht finden. Sein linkes Auge drehte sich einen Tick nach innen, was ihn oft leicht abwesend aussehen ließ. Bei Anspannung verstärkte sich das Problem. Und gerade jetzt fühlte er sich ziemlich verspannt. Er blinzelte mehrfach.

Linda blinzelte ebenfalls und führte seine Hände hinter ihrem Rücken zusammen. »Oh, ja, verzaubere mich, geheimnisvoller Dschinn!« Sie legte den Kopf in den Nacken und sah ihn aufmerksam an.

Frank wagte kaum zu atmen. Wann war er einer Frau zuletzt so nah gewesen, wann hatte ihn eine Frau je so angesehen? Ein schlechter Zeitpunkt, um darüber nachzudenken. Viel wichtiger war, herauszufinden, was sie jetzt von ihm erwartete.

Linda schloss die schmale Lücke zwischen ihren Körpern. Ihr Becken drückte sich gegen ihn, und immerhin wusste er, dass sie dort genau das spürte, was sie spüren wollte. Was ihn schon den ganzen Tag begleitete.

Oh, verdammt, es war lange her! Viel zu lange.

Es gelang ihm nicht, an etwas anderes zu denken als an das Offensichtliche. Er wollte. Sie wollte. Jedes weitere Zögern war eine Farce. Unnötig. Verlogen. Für eine Sekunde durchzuckte ihn die Erkenntnis, dass er blind in ihr Netz rannte. Es war ihr Plan, der hier ablief. Aber das war ihm egal. Und er bezweifelte, dass er mit seinem Blick eine hypnotisierende Wirkung auf sie ausüben konnte. Wahrscheinlich funktionierte das eher umgekehrt. Aber auch das war ihm jetzt egal. Auf das Ergebnis kam es an.

Mit einem ergebenen Seufzen gab Frank das Denken auf und küsste Linda sacht. Ihre Lippen öffneten sich bereitwillig. Dieses erste Ergebnis schmeckte vielversprechend. Mit den Fingernägeln fuhr Linda entlang seiner Wirbelsäule auf und ab und rieb dabei ihre Brüste an ihm.

Zu viel Stoff zwischen ihnen, der ihre Haut von seiner trennte! Frank versuchte sich loszumachen, um ihre Bluse zu öffnen. Seine Eile entlockte ihr ein helles Lachen.

»Geduld«, flüsterte sie.

»Habe ich nicht«, stöhnte er und ertrug doch stoisch ihre feuchte Zungenspitze in seinem Ohr. Er war bereit, alles Mögliche zu ertragen, solange sie weitermachte und ihm mehr gab. Nur schnell musste es mehr sein, sonst verlor er den Verstand.

Abrupt stieß Linda ihn weg, und er taumelte einige Schritte, bis er sein Gleichgewicht wiederfand. Was sollte das denn jetzt?

Aufreizend leckte Linda über ihre Lippen, wiegte sich hin und her, wie zu einer Musik, die nur sie hörte, und zog den Saum ihrer Bluse ein wenig nach oben, zeigte einige Zentimeter ihres Bauches, den Nabel, in dem ein kleiner Stein funkelte. Kurz blitzte der Ansatz ihres BHs auf. Sie drehte sich, wiederholte den Vorgang, offenbarte aber nicht mehr. Dann strich sie die Wäsche glatt und verschränkte die Arme.

»Jetzt du!«

»Ich?«

»Ja, zeig mir, was mich erwartet. Ganz langsam.«

Er sollte für sie eine Art Strip hinlegen? Frank schluckte. Sie meinte das offenbar ernst, setzte wieder ihr Lolitaschmollen ein, als er zögerte. Nein, keine Chance. Das war nichts für ihn. Entschlossen zerrte er das T-Shirt über den Kopf, stand da mit nacktem Oberkörper und rasendem Puls.

»Langsam ist nicht.«

Linda nickte und betrachtete ihn mit sichtlichem Wohlgefallen. »Okay«, sagte sie gedehnt. »Wie du willst.« Mit beiden Händen griff sie an ihren Ausschnitt und zerriss mit einer einzigen, energischen Bewegung den Stoff, Knöpfe sprangen ab, rollten durchs Zimmer und unter die Möbel. Die Träger des Büstenhalters schnippte sie über die Schultern und drückte auf den kleinen Knopf, der ihn vorne zusammenhielt, ließ ihn mit dem Rest der Bluse einfach zu Boden gleiten.

»Ich habe mich wohl in dir getäuscht.« Sie umkreiste ihn, ohne ihn zu berühren, aber so dicht, dass er ihre Wärme spürte. »Wenn langsam nichts für dich ist, dann machen wir es eben auf die wilde Tour.« Wieder setzte sie die Fingernägel ein, kratzte damit über seine Brust, nicht gerade sanft, bis er ihre Handgelenke packte und sie daran hinderte. Sie drängte sich noch enger an ihn.

»Ja«, hauchte sie. »Genau so, Sheriff. Ganz genau so.«

Das Nächste, was Frank mit vollem Bewusstsein wahrnahm, war die Dunkelheit und die Kühle der Nachtluft, die von draußen hereinströmte. Die Entspannung machte ihn schläfrig. Linda lehnte nackt am Fensterkreuz des Schlafzimmers und pustete den Rauch ihrer Zigarette ins Freie. Die Glut tanzte wie ein Glühwürmchen auf und ab.

»Willst du auch?«

Gegen seine Gewohnheit nahm er an, inhalierte einen Zug, einen zweiten, reichte die Kippe zurück. »Was machst du hier in Vielbrunn, Linda?«

Sie zerquetschte den Stummel der Zigarette am Rahmen und warf ihn achtlos in den Garten. »Hab ich dir doch gesagt: Ich bin wegen der Pferde hier. Und ich kann dir sagen, ich habe einen wahnsinnig starken Hengst gefunden …« Vom Fußende her kroch sie zu ihm ins Bett und streichelte dabei über seine Beine aufwärts.

»Ernsthaft, Linda. Dein Ablenkungsmanöver kannst du dir sparen, ich kann sowieso nicht mehr. Warum bist du wirklich hier? Du bist nicht der Typ, der im Odenwald Urlaub macht.«

Mit einem leicht enttäuschten Schnauben ließ sie sich zur Seite kippen und knuffte sich ein Kissen zurecht. Er konnte von Glück sagen, dass sie nicht ihn so bearbeitete. Unwillkürlich tastete er über seine Brust. Ihre Bisse würde er noch einige Tage lang spüren.

»Du bist wohl doch mehr Bulle, als ich dachte, Sheriff. Gut, es stimmt, dass ich nicht direkt Urlaub mache – aber das mit den Pferden stimmt auch! In gewisser Weise.«

»Dann lass mal hören.«

Linda nagte an einem ihrer künstlichen Fingernägel. Diese scharfen Teile jagten ihm jetzt noch heißkalte Schauer über den Körper. Die mangelnde Beleuchtung machte es unmöglich, Lindas Gesichtsausdruck zu deuten. Was gab es da so lange zu überlegen?

»Na schön, von mir aus. Warum nicht? Das ist eine komplizierte Geschichte, aber ich versuche, es kurz zu machen. Und bitte, lach mich nicht aus deswegen.«

»Klar. Werde ich nicht, versprochen.«

»Ich hatte eine Großmutter, eine wundervolle Frau. Als sie noch sehr jung war, eigentlich noch fast ein Kind, hat sie in Bayern gelebt. Dort ist sie in einen Künstlerhaushalt geraten, das heißt, sie war dort gelegentlich zu Besuch. Und sie hat sich verliebt.«

Frank zog sie gähnend ein Stück näher.

»Langweile ich dich?«

»Nein. Ich höre dir zu. Sie hat sich verliebt.« Er bemühte sich darum, aufmerksam zu bleiben, was Lindas angekuschelter Köper ihm nicht gerade erleichterte, und er merkte, dass ihm einzelne Sätze entgingen.

»Verliebt, genau. Allerdings nicht in einen der Maler, sondern in ihre Gemälde. Eines davon hat sie nie wieder aus dem Kopf bekommen. Ein Bild mit vier blauen Pferden. Als ich klein war, hat sie mir die Geschichten immer wieder erzählt. Von ihrer Freundin dort, den Pferden und dem Russenhaus …«

Wortfetzen tanzten vor Franks geschlossenen Lidern. Sein eigener Schnarchlaut ließ ihn zusammenzucken, und er fing sich einen entrüsteten Schlag auf den Arm ein.

»Ich habe nicht geschlafen! Bin wach. Das war nur … Russen, du hast von Russen gesprochen und vom Krieg und den Nazis. Ich bin ganz Ohr. Aber ich versteh immer noch nicht, was das mit Vielbrunn zu tun hat.«

»Die Nazis haben ihr Lieblingsbild im Krieg verschleppt, und seitdem ist es verschollen. Einer der Hinweise führte mich hierher – und der nächste – tja, wer weiß wohin. Verstehst du, meine Großmutter hat sich ihr ganzes Leben lang danach gesehnt, dieses Bild noch einmal zu sehen. Und ich habe mir vorgenommen, es zu finden. Auch wenn sie inzwischen tot ist, habe ich das Gefühl, dass ich das für sie tun muss.«

»Hm.« Ziemlich abenteuerlich, die Erklärung. Linda auf romantischer Spurensuche. Glaubhaft hörte sich das für ihn nicht an. Nach diesem Abend kam ihm als Begründung für ihre Anwesenheit die Suche nach dem nächsten wilden Hengst doch einleuchtender vor. Frank unterdrückte ein Lachen. Sie musste es dennoch bemerkt haben, denn sie verpasste ihm den nächsten Hieb.

»Vergiss einfach, dass ich davon erzählt habe. War eine blöde Idee.«

»Nein. Im Gegenteil.« Frank drehte sich zu ihr und strich sanft durch ihre Haare. Sie sollte sich auf keinen Fall veralbert fühlen. Auch wenn er ihr kein Wort glaubte. Der Gedanke, diese verrückte Nacht zu wiederholen, war zu verlockend, als dass er eine Missstimmung riskiert hätte. Obwohl Linda ihn an seine Grenzen gebracht hatte. Vielleicht war Sentimentalität nur eine Seite an ihr, die er noch nicht kannte. »Ich finde das spannend. Erzähl mir mehr. Vielleicht kann ich dir helfen?«

»Nein.« Linda richtete sich jäh auf und saß sehr gerade. »Nein, das ist meine Sache.«

»Bist du sauer?«

»Pschscht!«

Von unten hörte er den anschwellenden Klingelton eines Handys. Irgendetwas Klassisches.

»Da muss ich rangehen.« Sie schlug die Decke zurück und stand auf. Der Wecker auf dem Nachttisch zeigte Viertel vor drei.

»Um diese Zeit?«

»Das ist wichtig, okay? Und privat!«

Die Tür knallte hinter Linda zu. Nackt wie sie war, rannte sie die Stufen hinunter. Privat. Offenbar nichts, was ihn etwas anging. Genau wie die merkwürdige Suche nach dem noch viel merkwürdigeren Bild. Nazis und blaue Pferde. Fragte sich nur, was sie mit der Geschichte bezweckte. Ob sie sich für ihn interessant machen wollte? Das musste sie nicht. Sie war interessant.

»Soll ich besser nach Hause gehen?«, fragte Frank in die Stille, die hinter ihr zurückgeblieben war. Er machte Licht, wartete.

Ein Falter verirrte sich ins Zimmer, stieß gegen den Lampenschirm, flog erneut an. Frank sah ihm zu. Ein potenzieller Selbstmörder oder nur ein Idiot? Laut atmete er durch. Ein Idiot vermutlich. Genau wie er. Frank drückte auf den Schalter, um dem Nachtfalter das Leben zu retten. Er fühlte sich ihm plötzlich sehr verbunden. Im Dunkeln suchte er seine Sachen, fand Unterhose, Jeans und Socken. Das T-Shirt musste irgendwo im Wohnzimmer geblieben sein, genau wie die Schuhe. Halb angezogen setzte er sich aufs Bett, wartete wieder, starrte ergeben vor sich hin. Beim Telefonieren wollte er Linda nicht stören. Denn vielleicht gab es für den menschlichen Idioten ja auch noch was zu retten.

Mittwoch, 05. September, Vielbrunn, 10:10 Uhr

– Linda Ehlers –

Linda Ehlers erwachte mit einem Lächeln. Die Nacht mit Frank Liebknecht wertete sie als vollen Erfolg, gerade weil er nicht geblieben war. Es gab nichts Unangenehmeres, als nach dem ersten Sex gemeinsam aufzuwachen. Zu schnell bildete sich einer ein, es ginge um mehr. Wobei mehr nicht ausgeschlossen sein musste, sofern keiner dabei an tiefere Gefühle dachte. Der süße Bulle mit dem Silberblick hatte jedenfalls gute Chancen, eine Weile im Rennen zu bleiben, wenn sich ihr Aufenthalt in Vielbrunn noch länger hinzog. Schließlich sprach nichts dagegen, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Das hatte sie auch in der Nacht am Telefon klargestellt.

Am Montag war sie von Herrn Arras nicht nur mit Pralinen, sondern auch mit interessanten Hinweisen versorgt worden, denen sie heute weiter nachgehen musste. Lästige Kleinarbeit, die mehr Zeit in Anspruch nahm, als ihr recht war, und der sie bereits den gestrigen Tag komplett geopfert hatte. Wenn man mal von den amourösen Freizeitaktivitäten absah.

Sie strampelte die Beine aus der Umklammerung der Decke und krabbelte aus dem Bett. Ein Nest für Romantiker, unter der niedrigen Dachschräge. Nicht ihr Stil. Sie bevorzugte hohe, helle Räume, mit viel Glas und Licht. Moderne statt Muff. Sie rümpfte die Nase; der abgestandene Geruch schweißtreibender Leidenschaft klebte an ihr, hing im Laken und staute sich im Zimmer. Aus dem Koffer wühlte sie frische Unterwäsche und öffnete das Fenster so weit wie möglich. Eine grau geflügelte Motte torkelte aus der dunklen Ecke hinter dem Vorhang. Linda erlegte sie mit ihrem Schuh, schnippte den Rest mit spitzen Fingern nach draußen und rieb angewidert die Sohle am Fensterrahmen sauber. Jetzt brauchte sie erst recht eine Dusche – Wasser, Seife, Parfum!

Dass sie Frank gegenüber das Bild mit den Pferden erwähnt hatte, musste kein Fehler sein. Der spontane nächtliche Zweifel verflog. Dennoch hielt sie es für ratsam, das Tempo ihrer Nachforschungen weiter zu forcieren.

Mittwoch, 05. September, Vielbrunn, 11:05 Uhr

– Frank Liebknecht –

Berti war nicht zurückgekommen. Jannis’ Mutter stand etwas verlegen vor Franks Schreibtisch und knetete ihre Hände. Sie wusste nicht, was sie ihrem Sohn sagen sollte, wenn der aus der Schule nach Hause kam. Frank musste nicht lange überlegen. Er hatte ein Versprechen gegeben, daran gab es nichts zu rütteln. Mit Jannis am Nachmittag durchs Dorf zu laufen und den Ausreißer zu suchen war für ihn eine Selbstverständlichkeit. Frank hatte einen starken Verdacht, wo der Dackel sich möglicherweise rumtrieb. Und wenn sie ihn wider Erwarten nicht aufspüren konnten, war immer noch Zeit, Zettel mit Bertis Steckbrief an Bäume zu pinnen. Zuerst galt es, alle örtlichen Haushalte mit Hundedamen abzuklappern. Bertis Qualitäten als Schwerenöter waren allgemein bekannt. Frank hoffte nur, dass er Jannis den Zusammenhang nicht erklären musste.

Donnerstag, 06. September, Vielbrunn, 15:25 Uhr

– Frank Liebknecht –

Hansjörg Rockel stapfte mit Riesenschritten vorweg. Der ganze Mann vibrierte vor Aufregung, redete zu schnell und zu laut. Schon als er mit dem Streifenwagen von der Landstraße auf den Zufahrtsweg zum Segelflugplatz eingebogen war, hatte Frank ihn gesehen. Rockel war ihm ein Stück entgegengekommen, dann wieder abgedreht und hatte vor dem Werbeschild des Fliegertreffs haltgemacht. Dort stand er, bis Frank ausstieg.

»Haben Sie vielleicht eine Zigarette?«, war das Erste, was Rockel zu ihm sagte. »Ich habe seit fünf Jahren nicht geraucht, aber jetzt …«

Frank verneinte bedauernd. Er konnte verdammt gut verstehen, was in dem Mann vorging. Die erste Leiche ist die schlimmste, hatte einer seiner Ausbilder auf der Polizeischule gesagt. Und in gewisser Weise stimmte das auch. Aber nicht so, wie Frank zuerst geglaubt hatte. Es wurde niemals zur Routine. Man gewöhnte sich nicht daran. Nicht, wenn der Mensch einen unnatürlichen Tod gestorben war. Der Anblick ließ sich nicht verdauen, nur verdrängen. Wenn man Glück hatte, war die Leiche wenigstens frisch und in gutem Zustand. Dass Rockel sich nicht übergeben hatte, sprach dafür.

Die Rückseite der Fluganlage wirkte nicht gerade einladend. Vom geschotterten Parkplatz aus schaute man auf weiß getünchtes Mauerwerk und geschlossene Schranken, Hinweisschilder, die den Zutritt zum Fluggelände einschränkten. Einzig der Tower setzte einen freundlichen Farbakzent mit seinen weithin sichtbaren roten Quadraten. In Verlängerung der Zufahrt verlief am Werbeschild vorbei ein Fußweg geradeaus weiter, zwischen dem Waldrand auf der rechten und dem Flugfeld auf der linken Seite.

»Ich habe die Markierungen auf der Bahn kontrolliert, und den Zaun. Ich meine, der ist ja mehr symbolisch, man kann mit einem Schritt drübersteigen, aber trotzdem soll er intakt sein.«

Kaum fünfzig Meter hinter der offenen Schranke über den Feldweg blieb Hansjörg Rockel stehen und deutete noch ein kleines Stück nach vorn zu einem Gebüsch. »Ich muss da nicht näher rann oder?«

Frank nickte ihm zu. »Schon okay. Dort drüben?«

»Ja, genau. Sie sehen es gleich, wenn Sie weitergehen. Das Bein, meine ich. Der Rest, na ja, den habe ich mir nicht angeschaut.«

»Bleiben Sie einfach hier, ich komme gleich wieder, und dann reden wir weiter.« Frank versuchte, Ruhe auszustrahlen. Das hier war sein Job, er war der Profi. Wer weiß, was der Mann tatsächlich gesehen hatte, vom Flugplatz aus, über den kleinen Graben hinweg. War Rockel überhaupt näher rangegangen, ehe er ihn angerufen hatte? Vielleicht lag da nur eine verlorene Jacke, illegal entsorgter Müll, ein seltsam geformter Ast.

Er machte drei Schritte vorwärts. Positiv denken. An etwas Schönes. An Linda zum Beispiel.

Zuerst sah Frank den Schuh.

Linda auf der Dienststelle. Ihr Lachen an seinem Ohr. »So heiß, deine Uniform. So verdammt heiß.«

In dem Schuh steckte ein Fuß, ein Bein in einem Seidenstrumpf. Fliegen brummten in der Nachmittagssonne. Große Waldameisen zogen ungerührt ihre Bahn, ließen sich durch das menschliche Hindernis nicht aufhalten. Roter Lack, wie Blutstropfen. Korkplateau.

Lindas Knie auf dem Tisch, erst das eine, dann das andere. Ihre Hand, die die Bluse öffnete, langsam diesmal, Knopf für Knopf.

Der zweite Schuh lag auf der anderen Seite des Weges. Schleifspuren im Gras, über das der Körper gezogen worden war. Frank hob die unteren Blätter an, speicherte die Fakten automatisch. Komplett angezogen, Wäsche intakt. Künstliche Fingernägel, lange Haare, schwarze Flecken am Hals. Kein Blut.

Halbherzig versuchte er, Linda aufzuhalten. Papier rauschte zu Boden wie ein Wasserfall, wie ihr Haar über der Tischkante. Sie rollte sich auf den Rücken, schob den Rock nach oben, streckte die Schenkel links und rechts zur Seite. Weiß die Haut oberhalb der halterlosen Strümpfe.

Frank schaute in das starre Gesicht, nahm währenddessen das Mobiltelefon aus der Tasche und wählte. Nach dem zweiten Klingeln wurde das Gespräch angenommen.

»Kripo Erbach, Kriminaloberkommissar Neidhard.«

»Ich habe hier eine Frauenleiche. Gewaltsamer Tod durch Fremdeinwirkung.«

»Geile Begrüßung, muss schon sagen. Bist du das, Liebknecht?«

»Wäre nicht schlecht, wenn ihr gleich kommen könntet, Marcel. Segelflugplatz Vielbrunn, ich warte auf euch.«

»Kein Scherz, ja?«

Die halb geschlossenen Augen blinzelten nicht. Keine Wimper zuckte.

»Kein Scherz.«

»Scheiße. Ich sag Brenner Bescheid. Wir sind schon fast da. Hast du noch mehr Infos?«

Er konnte kaum atmen, saß wie angenagelt auf dem Stuhl. Dann sprang er auf, drehte den Schlüssel, schloss die Jalousie. Er wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis Linda wieder aus seinem Leben verschwinden würde. Aber jetzt war sie hier. Nah und real und unfassbar heiß.

Frank ließ den Ast sinken, der nun wieder gnädig den Anblick verdeckte, und drehte dem Gebüsch den Rücken zu. Komisch, dass er kein Verlangen nach einer Zigarette verspürte, so wie Rockel, oder nach einem Schnaps. Die meisten verlangten nach einem Schnaps, wenn sie ein Mordopfer zu Gesicht bekamen. Ihm war nicht mal übel.

»Frank?«

Die Umhängetasche lag weiter hinten, tiefer zwischen den Bäumen. Da drin hätte er bestimmt noch ein paar Kippen für den bleichgesichtigen Rockel gefunden. Aber die konnte er ihm schlecht geben.

Er hörte ungeduldiges Atmen an seinem Ohr. Marcel Neidhard wartete noch auf eine Antwort.

»Der Name der Toten ist Linda Ehlers.«

Grußlos beendete Frank das Gespräch und steckte das Telefon wieder weg.

»Das da ist Linda Ehlers?«

Frank drehte sich um. Ihm war nicht bewusst gewesen, wie laut er gesprochen hatte. Er fasste Hansjörg Rockel an der Schulter und ging mit ihm einige Meter weg. Bevor er sich um Rockel kümmern konnte, musste er einen Arzt informieren. Vorschriften einhalten, auch wenn er die Reihenfolge jetzt schon umgekehrt und die Diagnose selbst gestellt hatte. Aber es gab keinen Zweifel. Er wählt erneut, fasste sich so kurz wie möglich und wandte sich Rockel wieder zu.

»Sie haben Linda Ehlers gekannt?«

»Gekannt nicht direkt. Nur mal mit ihr gesprochen.«

Frank behielt das Gebüsch und den Weg im Auge. Er wollte Rockel nicht allein lassen, um den Fundort abzusperren, musste aber verhindern, dass noch jemand dort hinkam, bevor die Kollegen vom Morddezernat auftauchten.

»Erinnern Sie sich noch an Einzelheiten? Wann und wo, worüber haben Sie geredet?«

»Das muss ungefähr eine Woche her sein oder anderthalb. Hier oben auf dem Gelände der Flugschule. Sie hat mich angesprochen und wollte was zur Geschichte des Platzes wissen, aber ich hatte wenig Zeit, weil ein Haufen Flieger da waren. Ich hätte ihr sowieso nicht viel sagen können. So lange bin ich noch nicht dabei als Fluglehrer.«

»Und dann?«

»Was dann? Ich habe mich um meine Schüler gekümmert. Das war es.«

»Was hat Linda …« Frank unterbrach sich, seine Notizen verschwammen auf dem Zettel in seiner Hand. Wann hatte er angefangen mitzuschreiben? »Was hat Frau Ehlers gemacht? Ist sie direkt gegangen?«

»Keine Ahnung. Nein, warten Sie, sie ist rüber zum Hangar marschiert und hat sich den Steffen Landau vorgeknöpft. Der betreut unsere Internetseite, macht Werbung und so. Kann sein, dass er dann länger mit ihr gesprochen hat. Wie gesagt, ich hatte zu tun.«

Wind frischte auf, und besorgt beobachtete Frank die dichten Wolken, die sich unbemerkt über ihnen zusammengezogen hatten. Auch das noch. Es durfte nicht anfangen zu regnen, bevor die Spuren aufgenommen waren.