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Eine Apfelplantage im Alten Land und ein dunkles Geheimnis, das die Familie nicht loslässt: Der zweite Teil der großen Familiengeheimnissaga von Valentina May Finanzinvestor Finn Matthiesen verbindet eigentlich nichts mehr mit der Apfelplantage seiner Familie im Alten Land: Für ihn zählen nur Fakten und Zahlen, in zahlreichen flüchtigen Affären versucht er die Vergangenheit zu vergessen. Doch bei einem Besuch seiner Geschwister behauptet sein Bruder Tom, ihre totgeglaubte Schwester Caroline könnte noch am Leben sein. Finn gerät ins Zweifeln – was geschah damals wirklich? Als ob das nicht schon genug Unruhe in seinen Alltag bringen würde, stellt auch noch die schöne Maike sein Leben gehörig auf den Kopf. Denn mit ihr verbindet ihn mehr, als er sich zunächst eingestehen möchte …
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Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover & Impressum
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Epilog
»Wieso erfahre ich davon erst jetzt?«, fuhr Finn seinen Assistenten Sven Kellner an. Fassungslos und wütend zugleich fixierte er sein Gegenüber. Der blonde Assistent mit der Tolle über den rasierten Seitenhaaren zuckte zusammen, als hätte er ihn geschlagen.
»Belinda hat sie eine Weile aus den Augen verloren und dann … dann hat sie sie zufällig am Kai wiedergesehen«, verteidigte er sich.
Finn hatte Belinda gebeten, Maike Hansen heimlich zu beobachten. Er wollte mehr über die Reederin herausfinden. Vor allem mehr über ihre Schwächen.
Sie wollte ihn austricksen. Wut erfasste ihn bei dem Gedanken, sie könnte mit Fred Bartelt fusionieren und ihre Schiffe an ihn verkaufen, anstatt an Finn. Belinda hatte ihm geschildert, dass Bartelt und die Hansen gemeinsam in dessen Büro verschwunden waren. Durchs Fenster hatte seine Mitarbeiterin beobachtet, wie sie längere Zeit intensiv miteinander geredet hatten. Doch worüber? Die Hansen-Reederei gehörte zu den begehrtesten Tourismusunternehmen an der Schlei, sehr traditionell und gut für eine höhere Kapazität an Passagieren ausgestattet. Das alteingesessene Unternehmen besaß Vorrechte auf Anlegestellen, und ihre Fahrten waren bei Ausflugswilligen mehr gefragt als die der Konkurrenz. Auch wenn es der Reederei finanziell nicht gut ging, weil Reparaturen an Schiffen fällig gewesen waren und aus unerfindlichen Gründen keine Rücklagen gebildet, war es die Chance, ein solch zukunftsträchtiges Unternehmen aufzukaufen, um es nach einer Investition und Umstrukturierung meistbietend wieder zu verkaufen.
Mit Stolz konnte er zu Recht behaupten, dass alles, was er als Investor aufgekauft und umstrukturiert hatte, sich zu florierenden Unternehmen gemausert hatte. Auch bei der Reederei bedurfte es nur eines gut ausgeklügelten Plans, und sie würde ein Selbstläufer werden.
Einziges Hindernis war die Hansen selbst. Er musste sie davon überzeugen, an ihn zu verkaufen, ganz gleichgültig wie. Am besten, er nahm die Sache gleich selbst in die Hand.
Kellner räusperte sich.
»Ja?«, fragte Finn genervt wegen der Unterbrechung und sah seinen Assistenten streng an.
»Wie von Ihnen gewünscht, habe ich einige Unterlagen zusammengestellt. Die Bilanzen von der Cremaker AG, die Sie sich ansehen wollten. Außerdem die Listen über die Fahrten und Routen der Hansen-Reederei, dazu die Abrechnungen und Einnahmen. Ich habe sie bereits eingescannt und auf dem Server abgelegt. Sie müssen Entscheidungen treffen, wie mit den beiden Unternehmen weiterhin verfahren werden soll. Bitte bis morgen Abend, Herr Matthiesen«, erinnerte ihn Kellner.
Finn stöhnte innerlich auf, denn jetzt ging es um Verhandlungen. Die Hansen-Reederei besaß höchste Priorität, und er wollte deren Schiffe unbedingt.
»Cremaker muss erst mal warten«, antwortete er Kellner.
»Aber bei der Cremaker AG sind wir schon sehr weit in den Verkaufsverhandlungen«, protestierte Kellner. Finns Fokus lag auf der Reederei, denn er versprach sich steigende Einnahmen durch den Tourismus.
»Muss ich noch deutlicher werden, Sven? Prio eins für die Hansen-Reederei. Ich mache mir inzwischen vor Ort ein Bild, um den möglichen Wiederverkaufserlös zu schätzen. Ich erwarte Ihre Prognose und eine Auflistung infrage kommender potenzieller Interessenten bis zum Wochenende.«
Aus Sven Kellners Miene sprach mangelnde Begeisterung. Zugegeben, sein Assistent hatte sehr viel Arbeit und Energie in die Cremaker AG gesteckt und drängte auf einen Abschluss, um seinen Anteil an der Provision einzustreichen. Was die Hansen-Reederei anbetraf, plante Finn keinen sofortigen Verkauf des Objekts, sondern zunächst Erträge aus den Fahrteinnahmen zu erzielen.
»Herr Matthiesen, ich möchte Sie dennoch bitten, Ihre Entscheidung zur Cremaker AG in Anbetracht der möglichen Gewinne zu überdenken …«, startete Sven Kellner einen weiteren Versuch, ihn davon zu überzeugen, diesem Projekt den Vorrang zu geben. »Sie verkaufen das Unternehmen, zahlen die entsprechenden Steuern und haben dennoch einen beträchtlichen Gewinn erzielt, während die Zukunft des Schlei-Tourismus eher unsicher erscheint. Hinzu kommt, dass die Schiffe überholt werden müssten, was eine beträchtliche Summe an Investitionen erfordert. Es sei denn, die beiden Hauptschiffe würden verkauft werden. Die geschätzten Verkaufspreise von unserem Experten Herrn Dahme befinden sich im Ordner unter dem Reiter Reederei Hansen.«
Finn rief die Datei auf und begutachtete die Werte des Experten. Es wäre vielleicht wirklich eine Option, die beiden Schiffe an einen Dritten zu veräußern.
»Es gäbe da auch schon einen Interessenten. Ein anderer Reeder namens Fred Bartelt wäre an der Schleiglück und der Stolteby interessiert. Seine Angebotspreise sind ebenfalls in der Datei eingespeist«, fuhr Kellner fort.
Finn scrollte in der Datei weiter und wurde schnell fündig. Wenn Bartelt ihm später die beiden Schiffe abkaufen würde, wäre die Gewinnmarge attraktiv.
»Ich habe bereits mit Bartelt gesprochen. Die Übernahme könnte zum Winter erfolgen. Die gebotene Summe ist mehr als akzeptabel«, ergänzte Kellner.
Das bestätigte Finn mit einem Nicken. Nachdem er begonnen hatte, sich mit der Branche der Binnenschifffahrt näher zu befassen, war immer wieder der Name Fred Bartelt aufgetaucht. Auf einer Veranstaltung in Schleswig hatte er ihn sogar persönlich kennengelernt. Schnell hatte er den windigen Kerl durchschaut, als dieser ihm zuvor von seiner Freundschaft zur Reederin Hansen und schließlich den Absichten erzählt hatte, die Flotte der Reederei zu kaufen, um sich die Exklusivrechte für die Routen auf der Schlei zu sichern. Schöne Freundschaft! Ob Maike Hansen davon weiß?
»Das Geschäft dürfen Sie sich nicht entgehen lassen.«
Normalerweise begrüßte Finn Eigeninitiative bei seinen Mitarbeitern. Sven Kellner jedoch schoss des Öfteren über das Ziel hinaus. So auch jetzt, wenn er versuchte, Finn in seiner Entscheidung zu beeinflussen, was der nicht ausstehen konnte.
»Ich werde darüber nachdenken und zu gegebener Zeit entscheiden«, erwiderte Finn scharf. »Und jetzt beschaffen Sie mir bitte die Aufstellungen der optionalen Firmen.«
Kellner schien enttäuscht. Finn erwartete bereits einen weiteren Protest von ihm, aber der blieb zu seiner Erleichterung aus.
»Gut, ich kümmere mich darum«, gab Kellner schließlich nach.
Finn entging nicht, wie unzufrieden sein Mitarbeiter mit seinem Verhalten war.
»Die Informationen können Sie mir per E-Mail schicken. Ich werde nicht im Haus sein.«
Kellner nickte, bevor er das Büro verließ.
Nachdem sein Assistent das Büro verlassen hatte, delegierte Finn seine Termine für die kommenden Tage und mietete sich ein Ferienhaus in Stolteby, gleich in der Nähe des Anlegers. Dann begab er sich auf den Weg zu seinem Haus, um Sachen zu packen. Er war schon länger nicht mehr dort gewesen, denn er verbrachte die meisten Tage in seiner Hamburger Wohnung, die nur wenige Schritte vom Bürogebäude entfernt lag. Doch sie war sehr spartanisch eingerichtet, und die meisten Kleidungsstücke befanden sich im Haus.
Es gab genügend Argumente, die für den Verkauf der Reederei an ihn sprachen. Voller Vorfreude setzte er sich hinters Steuer seines schwarzen Porsches und trat das Gaspedal durch. Mit quietschenden Reifen schoss der Wagen nach vorn.
Als Finn in die Straße einbog, in der sein Haus lag, bemerkte er auf der anderen Straßenseite einen grünen Mercedes-Geländewagen. Der schlammbespritzt wie ein Fremdkörper in der noblen Wohngegend Blankeneses wirkte. Die Silhouette des Fahrers war ihm seltsam vertraut. Er kniff die Augen zusammen. Konnte es sein …? Nein, bestimmt nicht. Sicher litt er an Halluzinationen. Es wäre dreist, wenn er sich hier blicken ließe. Nach all den Jahren der Vorwürfe und Schuldzuweisungen hatten sie sich nichts mehr zu sagen. Er schob den Gedanken beiseite und steckte den Schlüssel ins Schloss. Immer wenn er hier und die Tür hinter ihm zugefallen war, verspürte er das Gefühl, die Welt und ihre Probleme für eine Weile ausgeschlossen zu haben. Dann war er nur noch er selbst und genoss die Einsamkeit.
Mit großen Schritten durchquerte er den Flur. In all den Jahren, die er in Hamburg lebte, hatte er seinen Hang zu nostalgischen Bauten nicht verloren. Das weiß geputzte Kapitänshaus aus dem neunzehnten Jahrhundert, das seit drei Jahren ihm gehörte, lag am Hang und erstreckte sich über drei Stockwerke. Im obersten hatte er sich ein Atelierbüro eingerichtet, von dessen Balkon aus er einen fantastischen Blick über das Treppenviertel und die Elbe besaß. Auch heute glitzerte der Fluss silbrig im Sonnenlicht. Noch nie hatte er hierhin eine Frau mitgenommen, weil dieses Haus einen unverwechselbaren Charakter besaß und seine Affären ihm nichts bedeuteten. Seine derzeitige Geliebte hieß Yana und war eine rassige Brasilianerin, die als Hostess auf einem Investor-Kongress gearbeitet hatte. Wenn sie nach längerer Abwesenheit in Hamburg weilte, verbrachten sie eine Nacht zusammen. Finn war froh, wenn eine Frau keine Ansprüche an ihre Beziehung stellte. Das Kapitänshaus wäre Yana auch sicher zu blass und bieder erschienen, denn sie liebte knallige Farben.
Wahrscheinlich würde nie eine Frau das Innenleben dieses Hauses zu sehen bekommen. Finn lehnte sich über die steinerne Brüstung der Terrasse und ließ seinen Blick über den Garten schweifen. Schlicht und pflegeleicht, ganz so wie er es dem Gärtner aufgetragen hatte. Rasen, als Einfriedung eine Weißdornhecke und ein Beet, in dem immer wieder Stauden blühten.
Einst hatte er sich sein Leben anders erträumt, mit einer Frau an seiner Seite auf der Apfelplantage. Das Anwesen bot genügend Platz für ein zweites Haus, gleich hinter dem Garten mit dem Blick über die endlosen Apfelbaumreihen. Mit Mia hätte er sich das vorstellen können. Bilder zogen in Sequenzen vor seinen Augen vorbei. Nach der ekstatischen Nacht mit dieser hingebungsvollen Frau hatte er sich gewünscht, sein Leben mit ihr zu teilen. Finn lächelte bitter. Alles vorbei. Längst vergangene Zeiten und verpasste Gelegenheiten. Der alte Kasten lässt mich bei jeder Rückkehr sentimental werden.
Er stieg die Treppen hinauf in den obersten Stock, zog die Vorhänge beiseite und öffnete die Doppelflügeltür zum Balkon, um die klare Luft hereinströmen zu lassen. Tief atmete er sie ein. Als er zur Straße hinuntersah, parkte der Geländewagen noch immer an derselben Stelle. Ihn beschlich das untrügliche Gefühl, beobachtet zu werden. Sollte der Fahrer etwa doch …?
Lautes Pochen unten an der Tür. Weil er es zeitgenössischer fand, hatte Finn den Türklopfer behalten und auf die Klingelanlage verzichtet. Er wollte jetzt nicht in seinem Refugium gestört werden und entschied, nicht zu öffnen. Selbst wenn er es war, würde er ihm nicht die Tür aufmachen. Zu groß war die Kluft zwischen ihnen. Er trat einen Schritt zurück in Erwartung eines weiteren Klopfens, das prompt folgte.