Rheinkilometer 684 - Peter Wolff - E-Book

Rheinkilometer 684 E-Book

Peter Wolff

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Beschreibung

Ein packender Kriminalroman mit Gegenwartsbezug. Das Corona-Virus fegt seit März 2020 über unseren Planeten wie ein Orkan. Auch die Legalisierung von Cannabis wird immer wieder kontrovers diskutiert. Diese beiden Themenkomplexe bilden die Grundlage für die Handlung, die im Raum Köln/Bonn spielt. Eine scheinbar motivlose Mordserie rund um ein rechtsrheinisches Krankenhaus beschäftigt die Kölner Kriminalpolizei. Die Bonner Kollegen ermitteln in einer Mordserie, in der der Täter das Motiv unmittelbar offenbart. Besteht zwischen den Verbrechen ein Zusammenhang? Peter Wolff, verheirateter Diplom-Kaufmann aus Köln, bedient sich der politischen Tagesaktualität für seine fesselnde Geschichte. Er hat bislang vier erzählende Sachbücher sowie einen autofiktionalen Kriminalroman geschrieben, an einem weiteren arbeitet er zurzeit.

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Seitenzahl: 337

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Peter Wolff

Rheinkilometer 684

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

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Impressum neobooks

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Innerhalb kurzer Zeit werden in Köln zwei Ärzte und ein Patient eines Krankenhauses ermordet. Es gibt weder Verdächtige noch ein Motiv. In Bonn sterben ein Lebensmittelkontrolleur und zwei Unternehmer aus der Fleischindustrie eines gewaltsamen Todes. Hier bekennt sich der Täter zu seinem Movens, aber die Recherchen verlaufen im Sande.

Erst spät erkennen die Ermittler, dass die Mordserien in beiden Rheinmetropolen miteinander in Zusammenhang stehen. Sie kooperieren fortan und nähern sich so einer Aufklärung der Verbrechen.

PETER WOLFF, studierter Betriebswirt, war früher als Gruppenleiter im Controlling, Geschäftsführer einer Entsorgergemeinschaft und als Leiter der Seminarplanung in der Erwachsenenbildung tätig. Heute widmet er sich dem Schreiben von erzählenden Sachbüchern und Belletristik.

Rheinkilometer 684

Peter Wolff

Prolog

Der Rhein – ein stolzer, 1232,7km langer Strom, der 376km in der Schweiz, 695,5km in Deutschland und 161,2km in den Niederlanden verläuft.Er entspringt im schweizerischen Graubünden, durchfließt den Bodensee, das westliche Deutschland an der Grenze zu Frankreich sowie die Niederlande und mündet schließlich bei Rotterdam in die Nordsee.

Der Fluss ist eine der verkehrsreichsten Wasserstraßen der Welt. Er verbindet europäische Metropolen wie Köln, Basel und Amsterdam und ist auch deshalb von enormer wirtschaftlicher Bedeutung.

Der Rhein ist der zehntlängste Fluss Europas und der siebtlängste, der direkt ins Meer mündet. Unter den Flüssen des deutschen Sprachraums ist er der zweitlängste nach der Donau und vor der Elbe (01).

Zahlreiche Sagen und Mythen ranken sich um den Rhein. Die bekannteste ist wohl die der Jungfrau Loreley, die in längst vergangener Zeit in einer Höhle am Rhein wohnt, und mit ihrem lieblichen Gesang viele vorbeifahrende Fischer so betört, dass diese nicht mehr auf den Kurs ihres Schiffes achten und an den Felsen zerschellen.

Oder die Legende vom „Fliegenden Holländer“, jenem Segelschiff des holländischen Kapitäns, welches sich trotz eines schwer wütenden Sturmes Richtung Indien aufmacht, nie zurückkehrt, stattdessen aber als Geisterschiff am Kap der Guten Hoffnung sein Unwesen treibt (02).

Doch die Fluten des Rheins stehen nicht nur für mystische Geschichten. Sie bergen auch dunkle Geheimnisse und sind Ort düsterer Machenschaften.

So werden Jahr für Jahr zahlreiche Leichen aus dem Fluss geborgen. Und dabei handelt es sich keinesfalls ausschließlich um Opfer von Badeunfällen...

„Willkommen in Köln! Nachdem wir eben schon die alte Bastei und den Dom passiert haben, werden wir in wenigen Minuten an der Drehbrücke in Deutz anlegen. Wir wünschen Ihnen einen schönen Aufenthalt in Köln und freuen uns schon darauf, sie in drei Tagen wieder an Bord begrüßen zu dürfen“.

Joris de Vrij, Kapitän des Passagierschiffs „Sterretje“, verabschiedet sich vorübergehend von den Reisenden, die in Amsterdam das Schiff betreten haben und nach dreitägigem Aufenthalt in der Domstadt über Straßburg nach Basel weiterreisen werden. Selten hat der erfahrene Schiffsführer eine derart illustre Gesellschaft an Bord gehabt. Unter den Passagieren, die an diesem herrlichen Julitag in Köln-Deutz das Schiff verlassen, sind viele bunt und schrill kostümierte Gäste, die bereits an Deck das Feiern begonnen haben und nun Richtung Kölner Altstadt strömen.

In Köln herrscht Ausnahmezustand. Seit Anfang der 90er Jahre hat der Karneval, liebstes Kind der Domstadt, ernsthafte Konkurrenz bekommen. Am ersten Juli-Wochenende ist Köln seit 1991 Schauplatz des „ColognePride“, eines dreitägigen Straßenfestes mit buntem Programm, mit dem auf die Rechte von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgendern aufmerksam gemacht werden soll. Höhepunkt ist die große Demonstrationsparade in der Kölner Innenstadt, im Rahmen derer die meist nur leicht bekleideten und aufwendig gestylten Protagonisten, ähnlich eines Karnevalsumzugs, durch die Kölner Innenstadt ziehen. Die Cologne-Pride-Parade gilt hinsichtlich der vom Veranstalter angegebenen Besucherzahlen als größte Veranstaltung ihrer Art in Deutschland und als drittgrößte in Europa (03).

Henk Kuiper und Maarten de Vlugt kennen sich schon von Kindesbeinen auf. Aufgewachsen in Schilderswijk, einem als sozialem Brennpunkt bekannten Stadtteil Den Haags, kommen sie schon früh mit Kriminalität in Berührung und drehen bereits in jungen Jahren das ein' oder andere krumme Ding zusammen. Später dann wird aus Henk ein „professioneller“ Krimineller, der seinen Lebensunterhalt mit im Auftrag begangenen Verbrechen bestreitet.

Maarten hält sich mit Gelegenheitsjobs und als Kleinkrimineller über Wasser. Immer dann, wenn Henk Unterstützung für ein lukratives „großes Ding“ braucht, engagiert er Maarten, der meist großzügig bezahlt wird.

Die beiden Holländer fühlen sich ein wenig unwohl und befangen in der kunterbunten Gesellschaft, die die Kölner Altstadt bevölkert. Sie sind weder „vom anderen Ufer“, noch wegen des dreitägigen Spektakels in die Metropole am Rhein. Sie haben einen Auftrag, und der CSD, der Christopher Street-Day, benannt nach einer Straße im New Yorker Stadtviertel Greenwich Village, die in den 1970er Jahren das Zentrum der Schwulenbewegung war (04),

ist die perfekte Tarnung für ihr Vorhaben.

*

Martin Hindelang und Kurt Brümmer auf ihrem Rückweg von Oberhausen nach Köln bereits kurz hinter Düsseldorf. Die beiden Polizeibeamten haben einen Gefangenentransport von der Justizvollzugsanstalt Ossendorf zur JVA Oberhausen begleitet.

„Gut, dass wir den los sind“, Martin.

Kurt Brümmer macht aus seiner Missachtung gegenüber dem 35jährigen Mann, der wegen Kinderpornographie, mehrfacher Vergewaltigung und schwerer Körperverletzung vor zehn Monaten in Köln aufgegriffen und inhaftiert wurde, keinen Hehl. Abweichend vom Vollstreckungsplan wurde der verurteilte Straftäter in die Nähe seiner Heimat verlegt, weil seine Familie kein Geld für Auto oder Zug hat, um ihn besuchen zu kommen.

„Ja, vor dem Typen kann man echt nur Abscheu haben“, da hast Du Recht.

„Fahren wir zuerst was essen oder direkt ins Büro?“

„Ich denke, wir...guck' mal, Kurt, der Laster da rechts.“

„Was ist mit dem?“

„Der hat ja einen Riesenriss in der Seitenscheibe.“

„Stimmt.“

„Hast Du Lust?“…

„Lust? Es ist doch unsere Pflicht, in Fällen wie diesen…“

„Ja, ja...“

Kurt Brümmer schaltet die Rundumleuchte auf dem Streifenwagen an, die Sirene ertönt, Martin Hindelang hält die Kelle aus dem Fenster und bedeutet dem Fahrer des Lkw, auf den Standstreifen zu fahren.

„Guten Tag der Herr“

„Guten Tag. Habe ich etwas falsch gemacht?“.

„Nein. Bitte Ihre Papiere“

Der angesichts des Akzents offenbar osteuropäische Fahrzeugführer reicht Martin Hindelang die Fahrzeugpapiere und seinen Führerschein.

„Wir kontrollieren das. Einen Moment bitte“.

„Hören Sie. Ich bin spät dran. Die Ladung muss noch heute Nachmittag in Würzburg sein“.

„Es geht schnell, Herr Vajda, keine Sorge“.

Schon zwei Minuten später kommt Martin Hindelang zurück.

„Mit den Papieren ist alles ok. Herr Vajda, warum wir Sie angehalten haben…“

„Bin ich zu schnell gefahren?“

„Nein, nein. Schauen Sie mal, dieser große Riss hier in der Scheibe.“.

„Ja,ja, ist eben passiert, wird sofort repariert, wenn ich bei der Firma in Emmerich bin.“

„Das sollten Sie auch. Sie wissen, wie gefährlich sowas sein kann.“

„Ich weiß.“

„Was haben Sie geladen?“

„Ware für eine Fleisch- und Wurstwarenfabrik.“

„Dürfen wir einmal kurz hinten reingucken?“

„Wenn's sein muss.“

Die beiden Polzisten begeben sich hinter den Laster und öffnen die Tür des Ladebereiches.

„Herr Vajda, mir scheint es deutlich zu warm im Bereich der Ladefläche ihres Lkw. Kurt, haben wir noch das Fleischthermometer vom Böttner-Fall

hinten im Auto?“

„Ich glaube ja“, schon ist Kurt Brümmer unterwegs und kommt umgehend mit dem Thermometer zurück.

„Das kann nicht sein. Wir haben ein ganz modernes Kühlsystem“.

„Das wohl nicht richtig funktioniert“, Martin Hindelang zeigt Pavel Vajda das Thermometer, welches auf knapp acht Grad steht.

„Sie wissen, dass für Fleischtransporte minus fünfzehn Grad vorgeschrieben sind“.

„Ja, ich verstehe auch nicht...“

„Und schauen Sie hier: Teilweise ist die Verpackung so beschädigt, dass das Fleisch Kontakt zur Ladefläche hat.“

„Entschuldigung, das ist mir nicht aufgefallen.“

„Herr Vajda, Sie fahren jetzt zum nächsten Rastplatz. Wir werden Kollegen dort hinbestellen, die die Ladung sicherstellen. Sie können Ihre Fahrt dann ohne Ladung fortsetzen“.

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Seit mehr als drei Monaten liegt Heinz Schlömer im Krankenhaus Köln-Porz. Der 62jährige Rechtsanwalt leidet an einem Glioblastom, einem besonders bösartigen und aggressiven Gehirntumor. Als nach der operativen Tumorentfernung ein Rezidiv auftritt, der Krebs also „wiederkommt“, wird er zunächst einer Strahlen- und dann einer Chemotherapie unterzogen. Beide Behandlungsmethoden bleiben erfolglos. Heinz Schlömer gilt als austherapiert. Da man aus Sicht der Leitlinie 2977-II-76-Gliome nichts mehr für ihn tun kann, das Krankenhaus zudem unter akutem Bettenmangel leidet, wird seine Entlassung vorbereitet.

Prof. Dr. Gerrit Dahmen, Chefarzt der Klinik für Neurologie, macht sich auf den Weg ins Krankenzimmer, um das Abschlussgespräch mit seinem

Patienten zu führen. Wie er diese Seite seines Berufes hasst. Einem todgeweihten Menschen mitteilen zu müssen, dass man nichts mehr für ihn tun kann – es gibt schönere Dinge im Leben.

Erst vor drei Tagen hat Prof. Dahmen seinen Job im Krankenhaus auf der „Schäl Sick“, der rechten Rheinseite Kölns, angetreten. Zuvor war er Leiter einer neurologischen Rehabilitationsklinik in Aachen. Nach knappen vier Jahren in der Kaiserstadt hat er gespürt, dass es Zeit für eine neue Herausforderung ist.

Rehabilitationskliniken sind zwar in vielerlei Hinsicht mit der Krankenhauslandschaft verknüpft, aber die Arbeit dort ist halt doch ein nicht mit der im Krankenhaus vergleichbar. Gerrit Dahmen möchte wieder mehr an der Basis tätig sein, nicht nur zur Wiedereingliederung von Patienten beitragen, sondern wenn möglich früher helfen, heilen. Auch deswegen fällt ihm der Gang ins Krankenzimmer des Kölner Rechtsanwaltes mehr als schwer.

„Guten Morgen, Herr Schlömer. Wie geht es Ihnen heute?“

„Guten Morgen, Herr Doktor Dahmen. Wie soll es mir schon gehen – ich hatte natürlich gehofft, dass die Chemo besser anschlägt und bin dementsprechend enttäuscht.“

„Das verstehe ich vollkommen. Wir alle haben gehofft, dass Ihnen die Infusionen helfen. Und körperlich? Sie sind sicher noch etwas geschwächt von der letzten Chemotherapie?“

„Ja, Herr Doktor, ich fühle mich noch nicht besonders. Mir wird immer noch mehrmals am Tag schlecht, dazu Pudding in den Beinen und diese Kreislaufprobleme.“

„Das ist leider völlig normal nach einer Behandlung mit Zytostatika.“

„Ich weiß, Herr Doktor.“

„Herr Schlömer, der Punkt ist: wir haben leider akuten Bettenmangel und deshalb können wir sie, da unsere Behandlungsmöglichkeiten erschöpft sind, nicht länger bei uns behalten.“

„Das verstehe ich.“

„Wir werden Sie jetzt noch zwei oder drei Tage aufpäppeln und dann holt Sie Ihre Frau ab und bringt Sie nach Hause.“

„Nach Hause zum Sterben, meinen Sie.“

„Herr Schlömer…“

„Ist schon gut, Herr Doktor. Ich weiß, dass Sie mir gern helfen würden, wenn Sie denn könnten.“

„So ist es, Herr Schlömer, glauben Sie mir.“

„Ich bin ein zäher Knochen. Ich schaffe es bis nach Hause.“

„Vielen Dank für Ihr Verständnis, Herr Schlömer.“

„Nichts zu danken.“

„Ich schaue morgen früh wieder nach Ihnen.“

„Immer gern, Herr Doktor.“

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Manfred Palm ist froh, als der Flug der Eurowings aus Banjul nach gut dreizehn Stunden Flugzeit und zwei Zwischenlandungen in Brüssel und Berlin endlich auf dem Rollfeld des Flughafens Köln/Bonn aufsetzt.

Die Luft im Flugzeug und die kleinen Luftlöcher, die die Maschine mehrmals kurz absacken ließen, haben die Magenprobleme des Immobilienmaklers aus Köln-Rodenkirchen nur noch verstärkt. Bereits die letzten Urlaubstage hat Manfred Palm sich unwohl gefühlt. Vielleicht hat er am reichhaltigen Buffet des All-Inklusive-5-Sterne-Hotels „Somanda“ irgendetwas schlechtes gegessen. Vielleicht hat er sich während der beeindruckenden Safari zum Fathala Reserve, Senegal, etwas eingefangen.

Zweieinhalb Wochen hat Manfred Palm mit seiner Ehefrau Ursula am schmalen Küstenstreifen des Atlantiks in dem kleinen, vom Senegal umschlossenen Land in Westafrika verbracht. Die Reise haben sich die Palms anlässlich ihres zwanzigsten Hochzeitstages quasi selbst geschenkt.

Lange schon haben die Eheleute nicht mehr die Zeit gefunden, gemeinsam für mehr als zwei oder drei Tage zu verreisen.

Die Geschäfte des Vermittlers für Wohnobjekte der gehobeneren Art laufen sehr gut, seine Frau unterstützt ihn in sämtlichen Büro- und diversen administrativen Tätigkeiten.

Mit wackligen Beinen verlässt Manfred Palm den Flughafen Köln/Bonn. Zu den Magenproblemen und dem Gefühl der Schwäche, das er seit ein paar

Tagen verspürt, hat sich noch ein leichter Druck im rechten Oberbauch gesellt. Zum Glück ist heute Freitag. So hat er noch das Wochenende Zeit, um sich auszukurieren. Das Wetter in Köln lässt nichts zu wünschen übrig. Es ist Mitte April, der Frühling macht sich schon deutlich bemerkbar. Ein wenig Gartenarbeit in der Sonne, Sauna, vielleicht am Sonntag eine Runde Joggen gehen. Und schon ist Manfred Palm wieder fit für den Arbeitsalltag, der ihn ab Montag erwartet. Denn nach dem wunderschönen Urlaub an der „lächelnden Küste Afrikas“, wie das Land aufgrund seiner Form, die von oben betrachtet an ein Lächeln erinnert, und wegen der unschlagbaren Herzlichkeit seiner Einwohner gerne genannt wird, heißt es jetzt wieder, sich dem Ernst des Lebens zu stellen.

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Dr. Hajo Hochthermen, im Hauptberuf Privatarzt mit kleiner Praxis in Medebach im Hochsauerlandkreis hat sich deutschlandweit als wissenschaftlicher und medizinischer Befürworter des Einsatzes von Cannabis als Arzneimittel einen Namen gemacht.

Hanf gehört zu den ältesten und vielfältigsten Kulturpflanzen der Menschheit. Er wurde in fast allen europäischen und asiatischen Ländern angebaut und stellte eine wichtige, zum Teil die wichtigste Rohstoffquelle für die Herstellung von Seilen, Segeltuch, Bekleidungstextilien, Papier und Ölprodukten dar. Hanf war über sechs Jahrtausende nicht nur ein ökonomisch wichtiger Lieferant für Fasern und ein Nahrungsmittel, sondern wurde auch immer wieder zu medizinischen Zwecken eingesetzt (05).

Hajo Hochthermen ist hinsichtlich vieler Indikationen überzeugt vom Potenzial der Hanfpflanze. Als ersten Erfolg seiner Bemühungen sieht er die Tatsache an, dass medizinisches Cannabis seit dem 1.März 2017 in Deutschland erstmals verschreibungspflichtig ist.

Zwischen den Jahren 2007 bis 2016 erhielten Patienten mit mehr als 50 verschiedenen

Erkrankungen und Symptomen eine Ausnahmeerlaubnis vom BfArM für eine ärztlich

begleitete Selbsttherapie mit Medizinal-Cannabis.

Als etablierte Indikationen für Cannabisbasierte Medikamente gelten chronische Schmerzen, Spastik bei Multipler Sklerose, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen, aber auch die Symptome psychiatrischer Erkrankungen und Schlafstörungen (06).

Doch Hajo Hochthermen will mehr. Der Cannabis-Aktivist hält auch einen erfolgreichen Einsatz der Cannabinoide THC (Delta-9-Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol) in der Krebstherapie für durchaus möglich. Laborstudien und Untersuchungen an Tieren deuten bisweilen auf ein Potenzial der Cannabinoide gegen die zweithäufigste Todesursache in Deutschland, jährlich sterben bis weit über 200.000 Menschen in unseren Landesgrenzen an Krebs, hin (07).

Dazu kommt: Cannabis kann lediglich einen leichten Rauschzustand als akute psychische Nebenwirkung verursachen, darüber hinaus jedoch sind keine wesentlichen Begleiterscheinungen bekannt (08).

Der Arzt aus Westfalen setzt sich unermüdlich für die weitere Erforschung der Hanfpflanze ein, insbesondere umfangreiche Studien am Menschen will er endlich auf den Weg bringen. Doch dafür braucht es Ergebnisse. Braucht es erste konkrete Hinweise dafür, dass die Wirkstoffe der Cannabispflanze auch gegen Tumorerkrankungen etwas ausrichten können.

Hajo Hochthermen hat sich entschlossen, neue Wege zu gehen. Seit einer TV-Dokumentation, die den möglichen Einsatz von Cannabis in der Krebstherapie zum Thema hatte, und in der auch er explizit als „deutscher Cannabis-Papst“ erwähnt wurde, häufen sich die Terminanfragen in seiner kleinen

Praxis. Er wird seiner Kundschaft künftig empfehlen, begleitend zur schulmedizinische Therapie Cannabis anzuwenden und die Ergebnisse protokollieren. Doch für valide Aussagen zur Verwendung von Cannabis in der Krebstherapie reicht dies nicht aus.

Hajo Hochthermen schreibt diverse Forschungsinstitute, Stiftungen, Landesregierungen

und gemeinnützige Verbände an und ist sehr glücklich, dass ein gemeinnütziger Patientenverband mit Unterstützung der Landesregierung

NRW bereit ist, eine erste kleine Studie im Krankenhaus Köln-Porz zu finanzieren. Der engagierte Arzt ist zuversichtlich, dass die von ihm initiierte Studie der Wegbereiter für den breiten Einsatz der Hanfpflanze in der Krebstherapie sein kann.

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Der Deutzer Hafen ist ein rechtsrheinischer Kölner Hafenmit gewerblicher Nutzung und Güterumschlag im Kölner Stadtteil Deutz an Rheinkilometer 687 gelegen.Es handelt sich um einen innerstädtischen Industriehafen mit einem Güterumschlag von rund 300.000 Tonnen jährlich. Das Hafenbecken ist durchschnittlich 82 Meter breit und 1.098 Meter lang. Insgesamt sind 118.400 m² gewerbliche Fläche mit Hafenbezug vorhanden, von denen heute nur noch knapp 60% der Gewerbeflächen hafenaffin genutzt werden.Das Bild des Hafens beherrschen eine große Mühle, in der Weizen und Roggen vermahlen werden, ein Recycling-Betrieb und Schrotthandel, ein Unternehmen des Verkehrswegebaus, ein Stahlhandel, ein Asphaltmischwerk und ein Hersteller von Werkzeugmaschinen. Früher waren mehrere Holzfirmen im Deutzer Hafen angesiedelt, diese gaben jedoch nach und nach ihren Standort im Hafen auf (09).

Einen dieser Standorte hat Richard Dybalski übernommen und einen Fleischgroßhandel im Deutzer Hafen etabliert. Es hat einige Zeit gedauert, bis sich die Mieso GmbH im Pulk der nordrhein-westfälischen Fleischgroßhändler ihren Platz verschaffen konnte.

Das deutsche Fleischerhandwerk steht unter Druck, vor allem kleine und umsatzschwache Unternehmen können sich infolge verschärften Wettbewerbs und aufgrund der Nachfolgeproblematik, immer mehr alt eingesessene Fleischer bleiben ohne Nachfolger aus der eigenen Familie, nicht am Markt halten. Der wachsenden Zahl der jährlichen Betriebsschließungen stehen immer weniger Neugründungen gegenüber. Die Anzahl der Betriebe im Fleischerhandwerk ist in Deutschland seit vielen Jahren stark rückläufig. Immer mehr Fleischer scheitern an den Discount-Preisen der Supermarktketten.

Infolge des Preiskampfes sind unter den selbstständigen Fleischereibetrieben deutliche Konzentrationstendenzen unübersehbar. Mittlerweile gibt es mehr als acht Unternehmen

im Fleischerhandwerk mit bundesweit mehr als 50 Filialen, darunter sind sogar drei Unternehmen mit mehr als 100 Filialen (10). Überleben kann ein Unternehmen mittelfristig nur noch, wenn es über einige Großkunden verfügt, die regelmäßig eine beträchtliche Menge Fleisch ordern.

Richard Dybalski, der sein Fleisch hauptsächlich aus Südamerika bezieht, zählt ein großes Fast-Food-Unternehmen, eine Döner-Franchisekette und verschiedene Produzenten von

fleischhaltigen Tiefkühlprodukten zu seinen Kunden. Außerdem ist der gebürtige Pole einer der größten Händler für polnische Wurstwaren, für Kabanos, Kaszanka, Mysliwska und Kielbasa Zywiecka. Die Geschäfte laufen gut, weil zunehmend auch deutsche Staatsbürger Gefallen an den Spezialitäten, vornehmlich aus Schlesien, finden.

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Gedankenverloren sitzt Rita Röttgen am Rhein und schaut in den roten Abendhimmel. Unmittelbar muss sie an ihren Thailand-Urlaub denken. Wie hat sie mit Jost die Stunden am Meer, besonders jene, in denen die Sonne im Pazifischen Ozean versank und die tagsüber herrschende Schwüle einem lauwarmen Lüftchen wich, genossen. Acht Monate liegt der Trip nach Siam nunmehr zurück. Eine kurze Zeitspanne nur und doch ist vieles so anders im Leben der Ärztin, die seit zwei Jahren als Internistin am Krankenhaus Köln-Porz

beschäftigt ist.

Kurz nach der Rückkehr aus Asien ist ihre Mutter schwer erkrankt, mittlerweile ist sie ein Pflegefall. Von einer Tante hat sie Details über familiäre Tragödien aus ihrer Kindheit erfahren, die sie sehr berühren.

Auch der Job verlangt ihr einiges ab, ist doch wie in vielen Kliniken in Köln-Porz das Personal knapp, es muss viel improvisiert werden, um einen reibungslosen Ablauf und eine bestmögliche Betreuung der Patienten sicherzustellen. Zudem hat sie noch die Leitung einer kleinen Studie übernommen, die Professor Dahmen an der Klinik für Neurologie im Haus durchführt.

Und Jost? Der ist jetzt auch schon drei Monate lang Vergangenheit. Es passte einfach nicht mehr. Im Urlaub noch haben sie sich blendend verstanden, doch dem Alltag hielt ihre Liebe nicht mehr stand. Deutlich hat die junge Ärztin die zunehmende Entfremdung zwischen

beiden gespürt. Jedoch wollte sie eine lange Zeit die finale Entscheidung zur Trennung nicht treffen.

Das Leben ist sehr intensiv für Rita Röttgen in diesen Tagen. Nach der Trennung von ihrem Lebenspartner hat sie die zusätzliche Zeit, die das ungewohnte Single-Dasein ihr beschert, sinnvoll genutzt. Sie hat eine Fortbildung in komplementärmedizinischen Naturheilverfahren begonnen – ein Thema, welches sie schon lange fasziniert.

In der naturheilkundlichen Zusatzausbildung wird auch die Bachblütentherapie ausgiebig diskutiert. Sie hat durchaus Gefallen gefunden an dem Gedanken, dass das in den 1930er Jahren vom britischen Arzt Edward Bach (1886-1936) begründete alternativmedizinische Verfahren das Potenzial hat, eine seelische Gleichgewichtsstörung zu regulieren. Bach ordnete den menschlichen Gemütszuständen Blüten und Pflanzenteile zu, aus denen entsprechende Blütenessenzen hergestellt wurden, um eine geistig-seelische Harmonisierung zu erreichen (11).

Ein faszinierender Gedanke, findet Rita Röttgen. Und so beschließt sie, ihrem psychischen Gleichgewicht mit einer Bachblüten-Therapie entgegenzuwirken. Einen Versuch ist es allemal wert.

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Proben aus der beschlagnahmten Ladung aus Pavel Vajdas Lkw werden unmittelbar zum Umwelt- und Verbraucherschutzamt Lebensmittelüberwachung und Veterinärdienste in Köln gebracht. An Stücken von Muskel, Niere, Leber, Milz und einem Lymphknoten soll festgestellt werden, ob das Fleisch durch die überhöhte Temperatur Schaden genommen hat.

Für die Ladung, die von der Großschlachterei Bönisch GmbH in Emmerich zur Freddo GmbH nach Würzburg geliefert werden sollte, wird ein breites Spektrum an mikrobiologischen, chemisch-physikalischen und sensorischen Untersuchungen durchgeführt, um die

Verkehrsfähigkeit des Fleisches zu beurteilen. Insbesondere wird das Fleisch auf Listerien hin untersuchen, denn die Anzahl der erfassten Listeriosefälle in Deutschland nimmt seit Jahren stetig zu. Jährlich kommen um die 1200 Neuinfizierungen hinzu. Die Listeriose wird durch das Bakterium Listeria monocytogenes verursacht.

Eine Infektion tritt fast immer durch den Verzehr mit Listerien verunreinigter Lebensmittel ein. Listerien sind in erster Linie in tierischen Produkten zu finden. Die manifeste Listeriose äußert sich mit grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Muskelschmerzen sowie u.U. auch Erbrechen und Durchfall. Es kann zur Sepsis kommen. Eine weitere wesentliche Manifestation ist die eitrige Meningitis (12).

Im Fleisch der Bönisch GmbH werden keine Listerien gefunden, dafür aber ein rätselhaftes, weil bis dato unbekanntes Virus.

Das Umwelt- und Verbraucherschutzamt Köln informiert umgehend das Paul Holz-Institut (PHI), die deutsche Bundesoberbehörde für Infektionskrankheiten. Hier wird man den gefundenen Erreger gründlich untersuchen und analysieren.

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Im „Hotelchen“, dem kleinen Hotel in der Weidengasse machen sich Henk Kuiper und Maarten de Vlugt parat für den Ausflug ins CSD-Getümmel.

„Komm', Maarten, hier, erstmal ein Bier.“

„Danke Henk, das kann ich jetzt gut gebrauchen. Henk?“

„Ja?“

„Hast Du keine Bedenken wegen der Pässe?“

„Du meinst, warum ich nicht mit gefälschten Pässen arbeite?“

„Ja, genau.“

„Maarten, ich bin sicher, die kommen uns nicht auf die Schliche. Aber wenn doch...und wir haben uns mit falschen Pässen hier angemeldet, dann wissen die Bullen doch direkt, dass wir Dreck am Stecken haben.“

„Ja, aber...“

„Und außerdem: Das ist reine Psychologie. Richtige Pässe machen nicht verdächtig, sondern bewirken genau das Gegenteil: Jeder denkt doch 'wer so ein

Ding durchzieht, macht sicher nicht den Fehler, die eigenen Pässe zu benutzen'. Das macht uns eher unverdächtig, als dass es uns reinreißt.“

„Dein Wort in Gottes Ohren.“

„Mein Credo: Immer unter dem richtigen Namen, aber nirgendwo eine Spur hinterlassen.

Und das Wichtigste: Ein Alibi, das so fest und unzerstörbar ist wie eine Felsmauer. Und daran arbeiten wir jetzt.“

„Was?!“

„Wir machen uns jetzt schick für unsere schwulen Freunde und begeben uns in den Trubel,“

„Oh Nein, Henk. Muss das wirklich sein?“

„Keine Widerworte, mein Freund.“

Henk Kuiper geht zum Kleiderschrank, in dem die große Tragetasche steht, in der er das CSD-Outfit für Maarten und sich verstaut hat.

„Das ist nicht Dein Ernst, Henk“ echauffiert sich Maarten de Vlugt, als ihm sein Mitstreiter einen äußerst knapp gehaltenen Minirock und ein glitzerndes Top, dazu grellgelbe Stöckelschuhe überreicht.

„Wir gehen als Sambatänzerinnen. So' Alegria!“

„Ist das nicht ein wenig übertrieben? Hätte es das Schiffs-Outfit, Regenbogen-T-Shirt enge Lederhose, nicht auch getan?“

„Wir haben das besprochen, Maarten: Man muss sich an uns erinnern. Damit wir für den Fall der Fälle ein Alibi haben. Und dazu gehört erst einmal ein auffälliges Kostüm. Mach' Dich fertig.“ Widerwillig zwängt sich Maarten de Vlugt wie sein Komplize in die mehr als enge Samba-Verkleidung.

„So, Junge, raus geht’s. Und denk' dran: Du musst heute besonders nett zu mir sein. Auch mal ein Küsschen ab und an darf's sein“. Während es Maarten de Vlugt viel Überwindung kostet, den homosexuellen Schein zu wahren, nimmt Henk Kuiper die Sache eher mit Humor.

„Und ein kräftiges 'Aloha' zwischendurch darf auch nicht fehlen.“

„Dir scheint das richtig Spaß zu machen. Manchmal denke ich, Henk, Du bist wirklich vom anderen Ufer.“

„Meinst Du wirklich?“, entgegnet Henk schelmisch und grinst Maarten gespielt-verführerisch an.

„Komm', schnell raus hier. Mir wird das hier in dem engen Hotelzimmer zu gefährlich mit Dir...“

Als die beiden als Sambatänzerinnen getarnten Auftragsverbrecher die gewundene

Holztreppe des kleinen Hotels hinuntersteigen, klingelt Henk Kuipers i-Phone.

„Auch das noch. Ich komme in den Dingern kaum die Treppe runter – wie soll ich jetzt telefonieren?“, flucht er, während er langsam seinem Komplizen treppabwärts folgt.

„Zusatzauftrag? Bitte melden Sie sich gleich nochmal, es passt gerade nicht wirklich.“

Henk übergibt dem Hotelportier den Zimmerschlüssel. Mehr stolpernd als gehend bewegen sich die Männer Richtung Heumarkt und machen direkt im ersten Lokal einen Zwischenstopp. Sie haben vor, sich in möglichst vielen Lokalen sehen zu lassen, so dass man sich vielerorts an sie erinnern kann. Henk Kuiper und Maarten de Vlugt haben gerade das

„Wölkchen“, eine stadtbekannte Bar für Homosexuelle, erreicht, wo sie sich unters Volk mischen wollen, als Henk Kuipers i-Phone erneut klingelt.

„Hallo?“

„Hallo Henk, ich bin‘s. Ich habe noch einen weiteren Auftrag für Sie...es gibt da jemanden, der uns gefährlich werden könnte.“

„Okay...“

„Es müsste schnell passieren.“

„Wird gemacht, Chef.“

„Im Laufe des Abends schicke ich Dir alle Informationen, die Du haben musst“.

„Was wollte „El Jefe“ denn, Henk?“, fragt Maarten.

„Wir sollen noch irgendwen erledigen. Egal, gibt mehr Geld. Und jetzt lass' uns rein gehen. Unsere Freunde warten schon auf uns. Aloha!“

*

Manfred Palm schleppt sich am Montag nach seiner Rückkehr aus Gambia mehr schlecht als recht zur Arbeit. Sein sich selbst auferlegtes Wellness-Programm vom Wochenende hat nicht die gewünschte Wirkung gezeigt. Noch immer fühlt sich der Immobilienmakler schlapp und antriebslos. Auch sein sonst so gesegneter Appetit hat nachgelassen. Am Wochenende hat seine Frau Ursula spontan Freunde zum Grillen eingeladen. Während Manfred Palm sonst bereits beim Geruch des Grillgutes sprichwörtlich das Wasser im Munde zusammenläuft, hat er sich dieses Mal beinahe vor den Köstlichkeiten vom Grillrost

geekelt. Lammkoteletts, Cevapcici, Putenbrust – all' die Sachen, die er sonst mit Wonne und

in rauen Mengen verspeist, lässt er dieses Mal links liegen und macht sich eher am Kraut- und am Bulgur-Salat zu schaffen.

„Müssen wir uns Sorgen um Dich machen?“, neckt ihn das befreundete Pärchen.

Auch am Wochenanfang ist Manfred Palms Appetit noch nicht zurückgekehrt. Trotzdem verspürt er ein eigenartiges Völlegefühl, sein Bauch wirkt aufgebläht, obwohl er lediglich ein halbes Brötchen zum Frühstück hatte. Egal, was er sich da eingefangen hat – es ist hartnäckig, es ist zäh, denkt er. Und ist nach wie vor davon überzeugt, dass das lästige Zipperlein sich schon bald von dannen machen wird.

*

Heinz Schlömer hat auch nach seiner mit vom Prädikat „unheilbar“ begleiteten Entlassung aus dem Krankenhaus nicht den Mut verloren. Nichts wird er unversucht lassen, um der todbringenden Krankheit doch noch Einhalt zu gebieten. Professor Dahmen hat ihm von einer alternativen Krebstherapie berichtet, die in letzter Zeit zunehmend als verheißungsvoll apostrophiert wurde. Er geht diesem Hinweis nach – was er in Erfahrung bringt, klingt durchaus vielversprechend.

Zwar sind Cannabinoide noch weit davon entfernt, als Medikament zugelassen zu werden, aber überall, wo Regeln sind, sind auch Ausnahmen: Im Rahmen eines sogenannten individuellen Heilversuchs ist die Anwendung eines

nicht zugelassenen Medikaments im Einzelfall möglich. Der Arzt kann im Rahmen der Therapiefreiheit mit Zustimmung des Patienten allein und aus eigener Initiative entscheiden, wenn, wie im Falle von Heinz Schlömer, alle anderen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind (13).So wird der Kölner Rechtsanwalt fortan täglich mit einem hoch dosierten Cannabis-Präparat behandelt. Dies ist auch deswegen möglich, weil keine nennenswerten Nebenwirkungen des Wirkstoffs bekannt sind. Und nach einiger Zeit zeigt die Therapie mit dem Naturwirkstoff tatsächlich Wirkung.

Mehrmals täglich nimmt Heinz Schlömer das Präparat ein und fühlt sich schon nach wenigen Tagen deutlich besser. Sein Appetit ist zurückgekehrt und er kann bereits wieder kleine Spaziergänge unternehmen.

Vor einigen Tagen hat er ein PET/CT machen und das erste Mal seit Beginn der

Alternativtherapie eine Blutprobe abnehmen lassen und wartet gespannt auf das Ergebnis. Als der Advokat gerade zum Brötchenholen beim Bäcker ist, läutet das Telefon.

„Ich...das ist ja wundervoll“, Marlies Schlömer stockt die Stimme, als sie die Nachricht der Hausärztin ihres Mannes vernimmt. Der Tumormarker ist gesunken, was bedeutet, dass das Wachstum des Krebses zunächst einmal gestoppt scheint.

Die PET/CT-Untersuchung bestätigt dies, das maligne Gewebe ist sogar ein wenig geschrumpft. Nachdem sie den Hörer aufgelegt hat, beginnt Marlies Schlömer völlig aufgelöst zu weinen. Sie bemerkt kaum, dass ihr Mann das Haus betritt.

„Schatz, was ist ….hat Frau Dr. Jäckel angerufen?“, Heinz Schlömer befürchtet das Schlimmste angesichts der Tränen seiner Frau.

„Ja, hat sie. Es wirkt“, Marlies bringt kaum ein Wort heraus.

„Was?!“

„Der Blutwert – nicht gestiegen. Das erste Mal! Und kleiner ist er auch geworden.“

„Der Tumor ist geschrumpft?“, Heinz Schlömer schüttelt den Kopf.

„Ich kann das kaum glauben. Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben. Aber

wir haben es tatsächlich geschafft“, dem Rechtsanwalt laufen die Tränen über die Wangen.

„Heinz...Du warst immer so ein großer Kämpfer. All' die Jahre. Du hast Dir das sowas von verdient.“

„Das ist zu schön, um wahr zu sein.“

Gerda Schlömer weint, beugt sich herunter und drückt ihren Mann ganz fest.

„Wir, Gerda. Wir haben uns das verdient. Wir wissen beide: Ohne Dich säße ich heute nicht mit Dir am Frühstückstisch, sondern läge bereits lange unter der Erde.“

„Sag' sowas nicht, Heinz.“

„Es ist aber doch so. Es ist, als bekäme ich, bekämen wir, mein Engel, ein zweites Leben geschenkt.“

„Und das werden wir genießen, Heinz. Schluss mit dem ewigen Stress in der Kanzlei! Schluss mit den Animositäten in der Familie! Das Leben ist viel zu schön und vor allem viel zu kurz, um sich mit dem ganzen negativen Kram zu beschäftigen.“

„Ist es nicht traurig, dass man erst schwer krank werden muss, um das zu begreifen, Gerda?“

„In der Tat, Heinz. Aber das liegt wohl in der Natur der Menschheit begründet. Man erkennt oft erst, was man hat, wenn es nicht mehr da ist, oder aber, wenn Gefahr droht, es zu verlieren. Und dann...“

„Und dann?“

„...muss man umgehend gegensteuern, sonst ist es zu spät.“

„Meine wundervolle Frau – nach über dreißig Ehejahren erkenne ich, dass neben ihren vielen Talenten auch eine Philosophin in ihr verborgen ist. Ich reiße das Ruder herum, Gerda. Sofort! Ab heute wird das Leben gefeiert!“

*

Nach den Ergebnissen der Proben aus Pavel Vajdas Ladung schickt das Landesgesundheitszentrum Nordrhein-Westfalen mehrere Lebensmittelkontrolleure nach Emmerich, um der Großschlachterei Bönisch auf den Zahn zu

fühlen. Die Fleischhauerei aus der zum Kreis Kleve gehörigen Hansestadt ist gleichzeitig Fleischproduzent und -händler, sie betreibt zum einen eine eigene Schlachterei und importiert zum anderen Lebendtiere aus Brasilien, um der großen Nachfrage nach Schwein und Rind gerecht werden zu können. Die Bönisch GmbH beliefert verschiedene Großhändler und fleischverarbeitende Betriebe.

Die europäischen Länder transportieren jährlich um die zwei Milliarden lebende Tiere innerhalb der EU. Die wichtigsten Handelspartner Deutschlands sind die Niederlande, Dänemark, Polen und Österreich. Deutschland hat zudem etwa 20 Abkommen zu Lebendtiertransporten mit Drittländern geschlossen. Darunter Algerien, Ägypten, Mexiko, Brasilien und die Vereinigte Arabische Emirate. Die Tiere werden teilweise tausende Kilometer weit transportiert.

Beim Import der Lebendtiere aus Übersee stehen wirtschaftliche Interessen im Vordergrund. Es ist nämlich billiger, lebendige Tiere zu transportieren, als „tote Ware“. Denn diese muss gekühlt werden, und das kostet mehr Geld. Außerdem können Zoll-Bestimmungen eine Rolle spielen. Wer Rinder in Länder der Europäischen Union (EU) transportiert, muss dafür keinen Zoll zahlen.

Wenn er dagegen Fleisch einführen würde, dann müsste er an der Grenze in die Tasche

greifen.

Bevor sie geschlachtet werden, müssen die Tiere aus Massentierhaltung meist lange Transporte - manchmal sind es mehrere Tausend Kilometer - in extrem engen Käfigen über sich ergehen lassen. Schlachttieren, die über weite Strecken transportiert werden, werden Medikamente wie Antibiotika verabreicht, da die nicht artgerechte Haltung und der anstrengende Transport, den viele Tiere nicht überleben, zu Krankheiten und Seuchen führen kann.

Viele der Tiere sind gestresst, da sie vor ihrer Schlachtung oft große Qualen erleiden müssen. Daher enthält Fleisch aus Massenproduktion häufig Stresshormone und Rückstände von Medikamenten (14).

Als Gammelfleisch wird umgangssprachlich durch längeres Liegen ungenießbar gewordenes, verdorbenes Fleisch deklariert, in dem oft Bakterien,

Parasiten und auch Viren entstehen (15).

Die Inspektoren werden in Emmerich schnell fündig. In den Lagerräumen der Bönisch GmbH wird Fleisch sichergestellt, dass bereits knapp vier Jahre alt ist. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass das Unternehmen heimlich kranke Kühe geschlachtet und diese als gesund deklariert hat. Des Weiteren kam Fleisch zum Einsatz, das infolge seiner Belastung mit medikamentösen Rückständen ungeeignet für den menschlichen Verzehr ist. Nicht zuletzt wird in dem aus Brasilien importierten Fleisch ein rätselhafter, bislang nicht erkannter Virus entdeckt.

Konfrontiert mit den Ergebnissen der Untersuchungen der Lebensmittelkontrolleure handelt das Landegesundheitszentrum Nordrhein-Westfalen sofort: die Bönisch GmbH, Deutschlands drittgrößtes fleischverarbeitendes Unternehmen mit knapp 1400 Mitarbeitern, wird, zunächst vorübergehend, geschlossen. Zudem wird Firmeninhaber Gerd Bönisch wegen Betruges zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt und mit einer empfindlichen Geldstrafe von 30.000€ belegt.

Nach den alarmierenden Ergebnissen der Untersuchungen des Fleischs vom Großhändler Bönisch werden auch dessen Kunden von Lebensmittelkontrolleuren aufgesucht. So auch die Freddo GmbH, ein Fleischwarenproduzent in Würzburg, der von der Bönisch GmbH geliefertes Fleisch zu Wurst oder fleischhaltigen Tiefkühlprodukten weiterverarbeitet. Auch in diesen Erzeugnissen lässt sich das unbekannte Virus nachweisen.

Dem Unternehmen wird untersagt, weiterhin Produkte, in denen Fleisch von der Großschlachterei Bönisch aus Emmerich verarbeitet wurde, in Verkehr zu bringen. Außerdem erhält die Firma drastische finanzielle Strafen für ihre Verstöße gegen das Lebensmittelgesetz. Der Betrieb wird zudem unter Sonderbeobachtung unterstellt.

*

Bereits früh am Morgen wird Hajo Hochthermen aus dem Schlaf gerissen.

„Herr Dr. Hochthermen?“

„Ja?“

„Entschuldigen Sie die frühe Störung.“

„Ach, Sie sind es. Ich habe Sie gar nicht an der Stimme erkannt. Was kann ich für Sie tun?“

„Herr Dr. Hochthermen, dieses Mal verhält es sich anders herum. Ich glaube, ICH kann etwas für SIE tun“.

„Na, da bin ich aber mal gespannt. Schießen Sie los.“

„Wir hatten hier in der Klinik einen Glioblastom-Patienten. Rechtsanwalt Schlömer aus Köln. Nach seiner Entlassung hat er eine Cannabistherapie begonnen. Sie werden es nicht glauben: die Behandlung hat angeschlagen! Ich habe es gerade erfahren, Sie sind natürlich der erste, dem ich davon berichte“.

Stille am anderen Ende der Leitung.

„Herr Dr. Hochthermen?“

„Ja, ich bin noch dran. Es ist nur...“

„Was?“

„Glioblastom… Dass die Cannabinoide selbst bei einer der schwersten

Krebserkrankungen Wirkung zeigen…“

„Es ist fantastisch, ja.“

„Wie lange habe ich darauf gewartet. Das hat es gebraucht, um die Cannabis-Therapie endlich voranzubringen. Der Patient wird aller Welt als Beispiel gelten, ja, er wird kundtun, was Cannabinoide erreichen können. Und wenn wir erst einmal mehr Fälle von Remissionen oder einem Stillstand der Erkrankung sehen, kann sich auch das BfArm nicht länger unserem Anliegen verschließen“.

„Nein, Herr Doktor. Ich bin mir sicher, dann werden Cannabis-Medikamente auch in der Krebstherapie ihren festen Platz finden.“

„Ich würde gern mit dem Mann sprechen. Könnten Sie mir seine Kontaktdaten geben?“

„Ich werde Herrn Prof. Dahmen fragen, ob das für ihn ok ist. Zum Glück ist der Professor sehr offen für neuartige Therapien und nicht wie viele andere Ärzte nur auf die Leitlinien der Schulmedizin fixiert. Sonst hätten wir diesen

wunderbaren Fall gar nicht. Eines kann ich Ihnen vorab schon sagen: es handelt sich um einen ganz bekannten Mann aus Köln. Wäre gut, wenn der mit dem Therapieerfolg an die Öffentlichkeit ginge.“

„Genau darum werde ich ihn bitten.“

„Tun Sie das, Herr Doktor Hochthermen. So, ich muss los zur Apotheke. Bachblüten bestellen. Sobald der Professor zustimmt, maile ich Ihnen die Angaben.“

„Danke sehr. Bachblüten?“

„Ja – soll helfen. Ich hatte viel um die Ohren in letzter Zeit. Beruflich wie privat.“

*

Arztbesuche – nicht wirklich eine Leidenschaft des männlichen Geschlechts. So sind es letztendlich in der Mehrzahl der Fälle die Frauen, die ihre Männer mit sanftem Druck in die Sprechstunde schicken. Ähnlich verhält es sich auch bei Manfred Palm.

Dessen Zustand hat sich auch vier Wochen nach der Rückkehr aus Gambia nicht gebessert. Ursula Palm beobachtet eine leichte Gelbfärbung von Haut und Augen, ihr Gatte berichtet von Muskel- und Gelenkschmerzen und hat bisweilen Nasenbluten. Außerdem klagt er zunehmend über extreme Müdigkeit.

Seine Frau macht Nägel mit Köpfen und vereinbart einen Termin beim Hausarzt, den Manfred Palm nur widerwillig wahrnimmt. Eine Urinprobe und eine Blutuntersuchung sollen Aufschluss über die Ursachen der Beschwerden des Maklers geben. Wenige Tage später wird Manfred Palm erneut in die Praxis gebeten.

„Guten Tag Herr Palm, setzen Sie sich bitte.“

„Guten Tag Herr Doktor. Und: Haben Sie etwas gefunden? Ich fühle mich immer noch völlig neben der Spur und schwach.“

„Nun, es gibt gewisse Auffälligkeiten, die mir Sorge machen. Der Urin ist auffällig dunkel, zudem sind die Werte der Leberenzyme Glutamat-Pyruvat-Transaminase, Glutamat-Oxalacetat-Transaminase und Gamma-Glutamyl-Transferase, die zur Diagnose einer Leberschädigung herangezogen werden können (16), deutlich erhöht.

„Und was bedeutet das?“

„Haben wir es vielleicht in letzter Zeit ein wenig mit Freund Alkohol übertrieben, Herr Palm?“

„Das würde ich so nicht sagen. Sicher, ich trinke ab und an ein Schlückchen. Wer tut das nicht...“

„Wenn's bei dem Schlückchen bleibt...nehmen sie regelmäßig starke Tabletten zu sich?“

„Nein! Nur, wenn es wirklich gar nicht anders geht und äußerst selten. Ich überlege dreimal, bevor ich etwas schlucke.“

„Herr Palm. Ihre Leberwerte bereiten Anlass zur Sorge und deuten auf eine beginnende Lebererkrankung hin. Dazu passt auch, dass ihr Urin auffällig verfärbt ist.“

„Das kann ich mir nicht erklären, Herr Doktor.“

„Kein übermäßiger Alkohol? Keine Tabletten?“, versucht es der Arzt nochmal.

„Nein. Wirklich nicht. Vielleicht das fettige Essen im Urlaub. Und da habe ich natürlich auch mal ein Gläschen mehr getrunken.“

„Aber das ist über einen Monat her. Dann müssten sich die Werte schon längst wieder stabilisiert haben.“

„Dann weiß ich es auch nicht.“

„Mit der Leber, das ist eine gefährliche Sache. Sie leidet still, verursacht kaum Symptome.“

„Und wie geht es jetzt weiter?“

„Ich werde einen Infektionserregernachweis in Auftrag geben.“

„Was ist denn das?“

„Schlechte Leberwerte und verfärbter Urin können auch durch Keime oder Viren verursacht werden. Ich möchte Sie hinsichtlich dieser möglichen Ursachen testen.“

„Und wie machen Sie das genau?“

„Keime lassen sich oft bereits in Abstrichen von Wunden, Stuhlproben, Urin oder Nervenwasser nachweisen. Erste Hinweise ergibt oft schon die Betrachtung unter einem Mikroskop im mikrobiologischen Labor. Viren sind dafür zu klein. Virusinfektionen stellen Ärzte meistens durch bestimmte Antikörper im Blut fest. Das sind Abwehrstoffe, die der Körper gegen Bestandteile von Krankheitserregern, sogenannte Antigene, bildet. Ein gesundes Immunsystem bildet nämlich spezifische Antikörper, wenn es mit bestimmten Bestandteilen von Erregern in Kontakt kommt“ (17).

„Ich verstehe zwar nicht genau, was Sie meinen, Herr Doktor, aber ich hoffe, dass Sie irgendetwas finden, damit ich ein Medikament bekommen kann und die Sache endlich ein Ende hat.“

„Das hoffe ich auch, Herr Palm. Sobald die Untersuchungsergebnisse vorliegen, melde ich mich bei Ihnen.“

*

Die Terminanfragen bei Hajo Hochthermen lassen nicht nach. Schon längst hat er die Zahl der Patienten, die er täglich empfängt, deutlich erhöht und muss trotzdem noch vielen eine Absage erteilen.

Severin Marx hat dem Arzt aus Westfalen einen sehr persönlichen Brief geschrieben, indem er vom Schicksal seiner unheilbar an metastasiertem Brustkrebs erkrankten und bereits bettlägerigen Mutter berichtet. Als ein Patient seinen Termin bei Hajo Hochthermen kurzfristig absagen muss, bietet dieser Severin Marx an, spontan in der Praxis vorbeizukommen. Dankend nimmt der junge Mann an.

„Vielen Dank, Herr Doktor Hochthermen, dass ich so kurzfristig kommen durfte.“

„Sehr gerne. Sie haben mir von ihrer Mutter geschrieben. Wie geht es ihr heute?“

„Schlecht, Herr Doktor. Sehr schlecht.“

„Das tut mir leid.“

„Herr Dr. Hochthermen: Ich hoffe, Sie können meiner Mutter helfen.

Man hört in letzter Zeit doch immer wieder, dass Cannabis bei Krebs hilft.“

„Nun, es verhält sich in der Tat so, dass einige Patienten von der Einnahme der Cannabinoide profitieren. Vornehmlich dadurch, dass die krebsbedingten Schmerzen nachlassen, der

Appetit zurückkehrt und die Patienten so wieder zu Kräften kommen und mehr Lebendqualität verspüren.“

„Das ist ja großartig.“

„Herr Marx, bevor sie sich allzu große Hoffnungen machen: Es ist weder so, dass Cannabis allen Patienten hilft, noch weiß man bislang, bei welchen Krebsarten es das meiste ausrichten kann.“

„Ich weiß, Herr Doktor.“

„Und dass die Cannabinoide am Tumor selbst wirken, ist bislang nicht hinreichend am Menschen bewiesen.“

„Aber es gibt solche Fälle, oder?“

„In Einzelfällen wird derartiges berichtet, ja. Bislang waren es eher die weniger aggressiven Krebsarten, bei denen solche Erfolge zu verzeichnen waren. Allerdings habe ich gerade von einem schwerwiegenden Fall gehört, der hoffen lässt.

Bei einem austherapierten Patienten aus Köln ist das Wachstum eines Gehirntumors zum Stillstand gekommen und die Blutwerte des Mannes haben sich stark verbessert.“

„Das hört sich ja vielversprechend an.“

„Ein bekannter Kölner Rechtsanwalt, Schlömer heißt der. Kennen Sie vielleicht, Sie sind ja aus Köln.“

„Nein, nie gehört.“

„In jedem Fall ein erster aufsehenerregender Erfolg der Cannabis-Therapie. Aber wir stehen noch ganz am Anfang. So wissen wir zum Beispiel noch nicht, welches der Cannabinoide – THC oder CBD – solche Effekte bewirkt, oder ob es vielleicht sogar die Kombination beider ist, die gegen Krebs etwas ausrichten kann.“

„Ich verstehe. Wie weit sind die Studien denn schon fortgeschritten? “

„Nun, an Tieren und im Labor gibt es schon vielversprechende Resultate.“

„Und am Menschen?“

„Da laufen Studien gerade erst an.“

„Also gibt es bald vielleicht Krebs-Medikamente auf Cannabis-Basis in der Schulmedizin?“