Sensenmann, Cherub oder Phil ? Dem Mysterium des Todes auf der Spur - Peter Wolff - E-Book

Sensenmann, Cherub oder Phil ? Dem Mysterium des Todes auf der Spur E-Book

Peter Wolff

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Beschreibung

Der Tod ist allgegenwärtig – und doch vergessen wir ihn von Geburt an. Haben wir Glück, meldet er sich erst Jahrzehnte später wieder in unserem Leben zurück. Zunächst meist, indem er uns liebgewonnener Menschen beraubt. Später dann in Form einer Krankheit, die medizinisch als unheilbar gilt: Krebs, Schlaganfall, Herz-/Kreislauferkrankungen oder ein Organversagen. Er zwingt uns damit, uns eine Frage zu stellen, die neben jenen, woher wir kommen und wer wir sind, zu den ältesten ungelösten Geheimnissen der Menschheit gehört: Wohin gehen wir? Wie geht es nach unserem irdischen Ableben weiter? Gibt es überhaupt ein Dasein nach dem Tod? Und sollte dem so sein – in welcher Form? Wiedergeburt? Weiterexistenz? Oder doch komplette Vernichtung von Leib und Geist? Das sind existenzielle Fragen, die in der Menschheitsgeschichte immer wieder diskutiert und ganz unterschiedlich beantwortet wurden. Die Antwort, die wir für uns finden, hat bisweilen entscheidende Auswirkungen auf die Art und Weise, wie wir leben und handeln. 'Sensenmann, Cherub oder Phil – dem Mysterium des Todes auf der Spur" vermittelt Sachwissen, nennt Fakten und Indizien und gibt vielfältige Denkanstöße, die den Leser, inspirieren, sich eine eigene Meinung über das, was uns alle irgendwann erwartet, zu bilden.

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Peter Wolff

Sensenmann, Cherub oder Phil ? Dem Mysterium des Todes auf der Spur

Dem Mysterium des Todes auf der Spur

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

I Gestatten, der Tod!

III Das Leben nach dem Tod im Spiegel der Weltreligionen

IV Bestimmen wir unser „Nachtodschicksal“ selbst?

V Leben in der Zwischenwelt

VI Ewiges „Leben“ im Jenseits?

14 Vom Tode zurückgekehrt? Nahtoderfahrungen

VII Kommen wir alle wieder zurück?

VIII Kinder als Zeugen für ein Leben nach dem Tod

IX „Wuff und Miau“ – ein Leben nach dem Tod für Tiere?

X Quantenphysik – nicht-lokales Bewusstsein als Beleg für ewiges Leben?

XI Die Überwindung von Alter, Krankheit und Tod – Vision oder Fiktion?

Quellenverzeichnis

Impressum neobooks

I Gestatten, der Tod!

Der Tod ist allgegenwärtig – wir verdrängen ihn von Geburt an, doch er meldet sich allmählich wieder in unserem Leben zurück. Der uns alle erwartende Hinschied zwingt uns, uns die Frage zu stellen: Wie geht es nach unserem irdischen Ableben weiter? Wer wird es sein, der uns nach unserem letzten Atemzug in Empfang nimmt? Der Sensenmann, die Allegorie des Todes, Cherub, der Wächter über das ewige Leben im Garten Eden oder grüßt uns Phil, das Murmeltier. heißt: erleben wir den Kreislauf von Geburt, Kindheit, Jugend, Erwachsensein, Alter und Tod wieder und wieder?

Die Antwort, die wir für uns finden, hat bisweilen entscheidende Auswirkungen auf die Art und Weise, wie wir leben und handeln.

„Sensenmann, Cherub oder Phil? dem Mysterium des Todes auf der Spur“' ist ein erzählendes Sachbuch, dessen zentrales Thema die viel-fältigen Ansätze sind, das Mysterium des Todes zu entschlüsseln. Um sich als völlig neutraler, vorbehaltloser Mensch der Frage „was kommt danach?“ bestmölich

anzunähern.

Immer wieder lässt der Autor den Leser an seinen Erlebnissen und Emotionen auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage aller Fragen teilhaben. Dies stets mit einem Augenzwinkern, was dem Werk auch eine humoristische Note vermittelt.

So entsteht ein Buch, das nicht nur Wissen tradiert, sondern auch großes Lesevergnügen bereitet.

PETER WOLFF, studierter Betriebswirt, war früher als Gruppenleiter im Controlling, Geschäftsführer einer Entsorgergemeinschaft und als Leiter der Seminarplanung in der Erwachsenenbildung tätig. Heute widmet er sich dem Schreiben von erzählenden Sachbüchern und Belletristik.

Der Mensch besitzt im Gegensatz zu allen anderen Lebewesen in der Natur das Privileg, von seinem eigenen Tod zu wissen und sich mit diesem auseinandersetzen zu können.

Sensenmann, Cherub oder Phil ?

Dem Mysterium des Todes auf der Spur

© / Copyright 2022 Peter Wolff

Umschlaggestaltung, Illustration: Peter Wolff

ISBN Paperback:

ASIN: B0BG51RBRP

Zitate am Beginn aller Themenbereiche: Woody Allen

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung oder Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Prolog

Als es absehbar war, dass die Lebenszeit meines Va-ters sich dem Ende zuneigte, nahm ich mir fest vor, noch das ein‘ oder andere mit ihm zu besprechen. Schließlich hatten wir an die fünf Jahrzehnte nur eine äußerst oberflächliche Kommunikation geführt – zu 85%, und der Wert ist noch niedrig gegriffen, ging es um Fußball.

Leider blieb es beim Vorsatz – mit einer Ausnahme. Eines Nachmittags saßen wir beim Kölsch zusammen in dem kleinen Zimmer, welches er in einem Pflege-heim im Kölner Süden bewohnte, und schauten - na was, wohl? – Fußball. Es war der erste Tag der christ-lichen Woche und so ließen die sonntäglichen Stan-dardfragen, derer sich sonst regelmäßig meine Frau erfreuen durfte, nicht lange auf sich warten: „War die Ewa in der Kirche?“ „Und was hat er gepredigt?“ Ich beantwortete beide Fragen nach bestem Gewissen und setzte, wo wir doch gerade beim Thema waren, noch einen obendrauf.

„Meinst Du eigentlich, dass nach dem Tod noch was kommt?“, frug ich ihn, mir eines positiven Feedbacks mehr als sicher.

„Da is‘ nix“ erhielt ich prompt und unmissverständ-lich zur Antwort.

Mein Vater war regelmäßiger Kirchgänger. Vor Ort betete er inbrünstig und bekundete der Gemeinde schmetternd, dass „Ein Ros‘ entsprungen“ sei. Er schaute sich sogar den ein‘ oder anderen Gottesdienst im Fernsehen an. So habe ich es eigentlich nie hin-terfragt, dass er den christlichen Glauben bezeugt. Und dann das! Es ist schon so eine Sache mit dem Glauben an ein Leben nach dem Tod…

Der Tod ist allgegenwärtig – und doch vergessen wir ihn von Geburt an. Haben wir Glück, meldet er sich erst Jahrzehnte später wieder in unserem Leben zu-rück. Zunächst meist, indem er uns liebgewonnener Menschen beraubt. Später dann in Form einer Krank-heit, die medizinisch als unheilbar gilt: Krebs, Schlag-anfall, Herz-/Kreislauferkrankungen oder ein Organ-versagen.

Er zwingt uns damit, uns eine Frage zu stellen, die neben jenen, woher wir kommen und wer wir sind, zu den ältesten ungelösten Geheimnissen der Mensch-heit gehört: Wohin gehen wir? Wie geht es nach unse-rem irdischen Ableben weiter? Gibt es überhaupt ein Dasein nach dem Tod? Und sollte dem so sein – in welcher Form? Wiedergeburt? Weiterexistenz? Oder doch komplette Vernichtung von Leib und Geist?

Das sind existenzielle Fragen, die in der Menschheits-geschichte immer wieder diskutiert und ganz unter-schiedlich beantwortet wurden. Die Antwort, die wir für uns finden, hat bisweilen entscheidende Auswir-kungen auf die Art und Weise, wie wir leben und han-deln.

Verantwortungsvollen und hilfsbereiten Menschen verspricht der Koran für die Zeit nach dem Tod das Paradies, den Männern zudem auch eine große Anzahl Jungfrauen. Die Faszination, die diese Aussicht

sicht ausübt, ist offenbar so stark, dass junge Mus-lime, die ihr ganzes Leben noch vor sich haben, bereit sind, in den Tod zu gehen. In dem sie sich als Selbst-mordattentäter in die Luft sprengen oder in aussichts-lose Kriege ziehen.

Der Tod ist nicht das Ende, sagen praktisch alle Glau-bensgemeinschaften. Alle versprechen uns ein Leben im Paradies oder, wenn schon nicht das, dann zu-mindest die Wiedergeburt. Zum imposanten Zeugnis für solchen Glauben ragen die 4500 Jahre alten Pyramiden von Giseh ebenso in den Himmel wie die Minarette der Al-Haram-Moschee von Mekka, die goldene Kuppel der Isaakskathedrale in St. Petersburg oder die Türme von Notre Dame in Paris und des Kölner Doms.

„Beweise für ein Leben nach dem Tod“, „7 Gründe für ein Leben nach dem Tod“, „Wege zur Unsterblich-keit“, „Den Himmel gibt’s echt“, „Das Leben im gros-sen Jenseits“, „Jenseitige Welten“, „Das neue Leben nach dem Tod“, „Wir sterben nie“. Die Sache scheint klar zu sein. Ja, es gibt ein Leben nach dem Tod! Wie sonst ist es zu erklären, dass sich bei Amazon, Thalia und Konsorten unzählige Bücher finden, deren Auto-ren eben dies behaupten, jedoch nicht ein einziges, welches bereits im Titel zum Ausdruck bringt, dass der Vertreter der schreibenden Zunft vom Gegenteil überzeugt ist. Darüber hinaus muss man schon sehr intensiv suchen, um wenigstens das ein oder andere Werk ausfindig zu machen, dass zumindest als Teilaspekt die Vorstellung vom nicht-existenten Leben nach dem Tod zum Thema hat.

Ist ja auch ein durchaus anreizendes Dogma, dass es für uns alle weitergeht. Offeriert es doch Herzenstrost, Zuversicht und Halt. Da können wir allesamt ja be-ruhigt und gelassen dem entgegensehen, was da-nach unserem Ableben mit uns passiert. Und so glauben Milliarden Menschen auf dieser Welt an ihr Fortbestehen nach dem Tod. Ihre Zuversicht schöpfen sie dabei unter anderem aus religiösen, philosophischen und spirituellen Quellen.

Mir gelingt dies bislang nicht. So treiben mich meine inneren Zweifel dazu, der Sache auf den Grund zu gehen.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich bin ein äußerst lebensfroher, fröhlicher Mensch, der nichts lieber glauben würde, als dass da etwas wäre, wenn wir für immer (?) die Augen schließen. Folglich ist die Intention, in der ich dieses Buch schreibe, auch keinesfalls die, den festen Glauben an ein Leben nach dem Tod zu widerlegen.

Im Gegenteil: Ich hoffe sehnlichst, dass ich irgendwo Anhaltspunkte dafür finde, dass „da“ wirklich „etwas ist“ und wäre entzückt, wenn ich mich im Rahmen des Schreibens eben davon überzeugen könnte.

Die Erfolgsaussichten meiner Suche indes sind wohl eher gering, wenn man der Bevölkerung glauben kann. Denn der Glaube an ein Leben nach dem Tod sinkt stetig. Doch ich lasse mich nicht entmutigen.

So fange ich an, dieses Buch zu schreiben und habe

keinen blassen Schimmer, zu welcher Erkenntnis ich gelange.

Es verhält sich fast wie mit einer langen Reise: Ich fahre los und weiß nicht, was mich an den unter-schiedlichen Stationen meines Trips erwartet. Ich ma-che mich auf die Suche und bin mindestens so ge-spannt wie Sie, wo meine Reise hinführt und wie sie letztlich endet.

Wer wird es sein, der uns nach unserem letzten Atem-zug in Empfang nimmt? Der Sensenmann, die Alle-

gorie des Todes, Cherub, der Wächter über das ewige Leben im Garten Eden oder grüßt uns täglich Phil, das Murmeltier aus dem famosen Hollywood-Streifen, heißt: erleben wir den Kreislauf von Geburt, Kindheit, Jugend, Erwachsensein, Alter und Tod wieder und wieder?

Lassen Sie uns starten!

Köln, im Sommer 2022

Peter Wolff

„Ich habe keine Angst vor dem Sterben.

Ich möchte nur nicht dabei sein, wenn’s passiert“

01 Mechanik und Biochemie des Todes

Ja, ja, der Tod. Wir sollen uns mit ihm befassen, legen uns Psychologen und Philosophen eindringlich ans Herz. Denn der Sensenmann kommt irgendwann um die Ecke. Um meine. Und auch um Ihre.

Trotzdem versuchen fast alle Erdenbürger, ihn zu verdrängen, ihn, soweit es eben geht, nicht an sich he-ranzulassen, ja, nicht einmal an ihn zu denken. Kurz-um: Wir leben unser Leben so, als wäre der Tod nicht existent. So, als wären wir nicht etwa vergänglich, son-dern von dauerhafter Natur.

Der Mensch will sich nicht damit abfinden, dass sein irdisches leben endlich ist. Den meisten von uns fällt es bereist schwer, sich mit dem Tod auseinanderzu-setzen. Weil es Unbehagen bereitet, mit der eigenen Vergänglichkeit konfrontiert zu werden. Und heißt es nicht gar, dass man das, woran man am meisten denkt, anzieht? Vielleicht ist das der Grund, warum unser Unterbewusstsein partout nichts von Freund Hein wissen will. Der Selbsterhaltungstrieb weist die Ratio in die Schranken.

Trotzdem müssen wir bereits als junge Menschen beobachten, dass Menschen keinesfalls ewig leben. So hat der Homo Sapiens diverse Theorien entwickelt, die die Begrenztheit des menschlichen Lebens schlicht und ergreifend negieren, und uns glauben machen, dass wir letzten Endes doch ewig leben: in Form einer Weiterexistenz im Himmel oder einer Wiedergeburt.

Auch bemühen wir beschönigende Analogien, um

uns das, was uns irgendwann unweigerlich erwartet, halbwegs erträglich zu denken. Es wird schlichtweg bestritten, dass der Sterbeprozess als solches und der Tod tragische Ereignisse sind. Im Gegenteil: Der Hin-schied wird mit angenehmen Erfahrungswerten unseres Erdenlebens assoziiert. Denken wir an das Korrelat zwischen Tod und Schlaf. Sterben, so möch-ten wir uns glauben machen, ist wie einschlafen.

Bereits in der griechischen Mythologie sind nach Hesiod und Homer Schlaf und Tod die Zwillingssöh-ne der Nacht. So berichtet Hesiod in seiner Theogonie von den Kindern der Nyx (Nacht), zu denen er auch Thanatos (Tod) und Hypnos (Schlaf), sowie die Onei-ren (Träume) zählt. Und Homer weist in der Ilias da-rauf hin, dass Thanatos und Hypnos nicht lediglich als Brüder, sondern vielmehr als Zwillinge zu gelten haben: „Und entsend ihn mit raschen Geleitern, dass sie ihn tragen, / Schlaf und Tod, den Zwillingsbrü-dern, die ihn dann eilends / Niedersetzen in Lykiens weitem und blühendem Lande“ (01).

Dieselbe Analogie findet sich auch heute noch in der Umgangssprache, derer wir uns bedienen, so spre-chen wir vom „Hinüberschlafen“ in den letzten Le-benstagen unserer Lieben und vom „Einschläfern“ unserer Haustiere. Wohl ignorierend, dass der Tod nach herrschender wissenschaftlicher Meinung die unwiederbringliche Vernichtung der bewussten Exi-stenz irdischer Geschöpfe ist und damit rein gar nichts mit positiv assoziierten Dingen wie Schlafen zu tun hat. In Morpheus` Armen zu liegen ist einzig und allein aus dem Grunde ein Wohlgefühl, weil wir uns sicher sind, dass uns darauf ein Erwachen ereilt.

Wie dem auch sei: Der Mensch klammert sich an derartige Verheißungen und Beschönigungen, weil sie es ihm erlauben, im Angesicht des unweigerlich he-rannahenden Armageddons seinen irdischen Weg fortzusetzen.

Insbesondere, wenn man noch recht jung an Jahren ist, erscheint einem der Tod nicht nur ganz weit weg, sondern beinahe illusorisch. Schließlich ist die Wahr-scheinlichkeit, bereits früh dahingerafft zu werden, überschaubar. Aber durchaus vorhanden:

Sterbeziffern: Sterbefälle je 1.000 Einwohner in den jeweiligen Altersgruppen nach Geschlecht in Deutschland im Jahr 2020

Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/3057/umfrage/sterbeziffern-nach-alter-und-geschlecht/

Die Sterbeziffer oder Mortalitätsziffer bezeichnet das Verhältnis der Anzahl der Sterbefälle zum Durch-schnittsbestand einer Population. Bis zum 30ten Le-bensjahr beträgt sie in Deutschland 0,83%.

Was nichts anderes bedeutet, dass knappe 700.000 Menschen in diesem unserem Lande das 30te Wiegen-fest nicht erleben.

Es gibt tödlich verlaufende Krankheiten, Suizide, Morde, Unfälle, Flugzeugabstürze – der Tod lauert überall.

Doch gerade als junger Mensch denkt man – wenn man sich überhaupt mit dem Thema Tod beschäftigt - „das trifft die anderen und nicht mich.“

Auch, weil die Natur es so eingerichtet hat, dass man im ersten Lebensviertel meist kaum mit dem Dahin-scheiden konfrontiert wird. Vielleicht bekommt man am Rande einmal mit, dass irgendeine Oma oder ein Opa aus der Nachbarschaft das Zeitliche gesegnet hat. Irgendwann jedoch sind es die eigenen Großeltern, dann Eltern aus der Nachbarschaft, die eigenen El-tern und schließlich die ersten Schulkameraden und Freunde.

Peu a peu schleicht sich der Schnitter in unser Leben. Die Einschläge kommen immer näher: man stolpert über Todesanzeigen von Menschen, die man kannte und steht an Allerheiligen unvermittelt an gleich meh-reren Gräbern von Menschen, die den eigenen Lebens-weg kreuzten. Der Vater einer Ex-Freundin, die Frau eines Bekannten, die in jungen Jahren eine Krankheit dahingerafft hat, eine frühere Nachbarin.

Und das bleibt nicht ohne Folgen: zunächst noch verschwommen, dann zunehmend konkreter mani-festiert sich in uns der Gedanke: Was denen passiert ist, dass passiert mir – „irgendwann“, so ist’s erträg-licher - auch.

Als mein Vater im reifen Alter mit zunehmender Akribie die Todesanzeigen in Zeitungen studierte, schüttelte ich mehr als nur einmal verständnislos den Kopf. Heute lese ich sie selber.

Keiner kommt an diesem Thema vorbei. Und weil dem so ist: Fangen wir doch direkt mit dem wohl unangenehmsten Kapitel an. Denn ich denke, wenn man sich im Umfang mehrerer hundert Seiten über den Tod auslässt, sollte man ihm auch die Ehre erwei-sen, zunächst einmal auf sein Wesen einzugehen.

Einmal abgesehen von der Geburt betrifft kein medi-zinisches Ereignis so unausweichlich alle Menschen wie das Sterben. Der biologische Tod des Menschen ist unausweichlich. Und er begleitet uns bereits lange, bevor wir geboren werden. Noch im Mutterleib be-ginnt das Sterben in dem durchsichtigen Zellhau-fen, aus dem jede und jeder von uns entsteht. Hier müssen überflüssige Körperzellen Platz machen. Nur so kön-nen sich die Organe des wachsenden Zell-klümpchens Mensch entwickeln. Nur so kommt es mit nur zwei Nieren und nur zehn Fingern zur Welt. Ins Erbgut jeder Körperzelle sind Programme eingeschrieben, die wie ein Schleudersitz wirken. Der wird aktiv, sobald eine Zelle nicht mehr gebraucht wird oder sie dem Körper gefährlich werden könnte. Die Zelle katapul-tiert sich in den freiwilligen Tod (02).

Wir Menschen bestehen aus Billionen von Zellen, Und

die altern. Lange werden sie durch identische, rund-erneuerte Tochterzellen ersetzt. Bedingt durch das allmähliche Verschwinden der Telomere, die als eine Art biochemische Schutzkappe an den Enden der Chromosomen liegen, stoppt der Prozess der Erneu-erung beim alternden Menschen. Alternde Zellen wer-den nicht mehr durch neue ersetzt, was letztendlich dazu führt, dass Organe oder biologische Prozesse im Körper nicht mehr funktionieren und unser Körper schlussendlich stirbt. Betroffen sind meist die "Ein-trittspforten des Todes": das Herz-Kreislauf-System, die Lunge und das Gehirn. In Summe sorgt ihr Still-stand verlässlich dafür, dass bei uns allerspätestens nach rund 120 Jahren Schluss ist. An dieser maximalen Lebenserwartung hat sich seit Jahrtausenden nichts geändert.

Den biologischen Sinn einer begrenzten Lebenszeit sehen die Evolutionsforscher in der Optimierung der Weitergabe unseres genetischen Materials. Gemäß der sogenannten «Selfish-DNA-Hypothesis» (Hypothese der egoistischen Erbsubstanz) sind alle Lebewesen lediglich biologische Maschinen mit dem Ziel der ma-ximalen Weitergabe, Vermehrung und Vermischung ihres genetischen Materials. Denkt man diese Hypo-these fort, so ist die evolutionär-biologische Funktion eines jeden Lebewesens spätestens dann erschöpft, wenn es möglichst viele Nachkommen produziert und für deren Überleben bis ins fortpflanzungsfähige Alter Vorsorge getroffen hat.

Aber wann ist letztendlich wirklich Schluss?

Sterben ist kein abruptes Ende, sondern ein Prozess, in dem der Körper verschiedene Phasen durchläuft, so wissen Neurobiologen und Hirnforscher zu berichten.

Der eigentliche Tod stellt einen Zusammenbruch der koordinierten Tätigkeit der lebenswichtigen Körper-organe dar, deren Hauptfunktion es ist, das Gehirn mit Zucker und Sauerstoff zu versorgen. Äußerer Ausdruck dieses Zusammenbruchs ist das Erlöschen der Herz- und Atemtätigkeit. Grundsätzlich kann der Verlust der Funktionsfähigkeit jedes einzelnen lebens-wichtigen Organs zum Tod führen, sei es das Herz, die Lunge, die Leber, die Niere oder das Gehirn. Bei allen Prozessen, die zum Tod führen, geschieht dies durch das Versagen eines oder mehrerer dieser Or-gane. Somit können wir von fünf physiologische Haupttodesarten sprechen: dem Herz-Kreislauf-, dem Lungen-, dem Leber-, dem Nieren- und dem Gehirn-tod (03).

Von "dem" einen Tod zu sprechen, ist Medizinern zu ungenau, weswegen mehrere Definitionen existieren.

Der "klinische Tod" tritt ein, wenn das Herz-Kreislauf-System stockt und Organe nicht mehr mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden.

Das Herz hört auf zu schlagen, der Atem erlischt und das Bewusstsein schwindet. Von diesem Tod gibt es unter Umständen durch Reanimation noch eine Rück-kehr – dem medizinischen Fortschritt in Form von Beatmungsmaschinen oder gekonnter Herzdruck-massage sei Dank.

Beim "irreversiblen Hirnfunktionsausfall", besser be-kannt als Hirntod, ist dies nicht der Fall. Er ist in Deutschland als Ausfall des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms definiert und damit als unum-kehrbarer Verlust dessen, was wir Bewusstsein nen-nen. Hirntod bedeutet demnach nicht zwangsläufig, dass im Gehirn keinerlei Zellen mehr leben: Außer-halb der genannten Hirnregionen können durchaus in tieferen Schichten, die kein EEG aufzeichnet, noch Gehirnzellen aktiv sein. Wichtige Funktionen des "hirntoten" Körpers können mittels Maschinen auf-rechterhalten werden: Er kann weiter Infektionen be-kämpfen, seine Körpertemperatur regulieren oder– in einigen Fällen schwangerer, hirntoter Frauen– sogar Babys bis zu ihrer Geburt austragen. Der Hirntod stellt jenen Zeitpunkt dar, ab welchem die Integrität des Organismus irreversibel verloren ist

Was in unserem Körper wie und in welcher Reihen-folge im Tod passiert, weiß die Rechtsmedizin.

"Was wir sicher wissen, ist, dass der Mensch nicht auf einmal stirbt, sondern dass die einzelnen Organe mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und zu unter-schiedlichen Zeitpunkten ihre Funktion einschränken und später einstellen", formuliert es Palliativmedizi-ner Gian-Domenico Borasio.

Unsere Organe kommen auch nach der Diagnose "tot"

noch eine gewisse Zeit ohne Sauerstoff und Nährstoffe aus. Nach dem Ablauf der Wiederbelebungszeit sind bereits so viele Zellen abgestorben, dass sich kein Or-gan je wieder davon erholt. Unser Gehirn zeigt dabei die niedrigste Toleranzgrenze: Schon nach drei bis fünf Minuten beginnen seine Zellen zu sterben. Das Herz hält mit ungefähr 15 bis 30 Minuten etwas länger durch, ihm folgen Leber und Lunge. Nach acht Stun-den ist die Totenstarre voll ausgeprägt und auch der letzte Muskel gestorben. Diese Starre löst sich erst wieder nach Tagen. Das letzte Organ, das nach ein bis zwei Tagen kapituliert, ist der Magen-Darm-Trakt. Nur die Spermien des Mannes schaffen es, noch länger durchzuhalten: bis zu drei Tage. Erst am Ende der or-ganspezifischen Überlebenszeit geht dann keine ein-zige Zelle mehr ihrer Funktion nach (04).

Wie ein Sterbender den Prozess des Dahinscheidens erlebt, ist alles andere als einheitlich.

„Der Prozess des Sterbens ist sehr individuell", sagt Lukas Radbruch, Präsident der Deutschen Gesell-schaft Palliativmedizin und Professor an der Uni-klinik Bonn. "Manche Patientin bleibt bis zum Ende genauso wie vorher. Ein anderer kann unruhig wer-den oder halluzinieren. Wieder andere dämmern ein-fach weg."

Peu a peu verflüchtigen sich die vier Elemente Erde, Wasser, Feuer und Luft aus dem Körper. Das Hunger-gefühl schwindet, die Körpersubstanz nimmt ab. Der Körper verliert an Wasser, der Durst versiegt. Das Feuer-Element – die Körpertemperatur – vermindert sich. Der Blutdruck sinkt, der Puls wird schwächer, die Haut blass. Zum Ende hin fällt das Atmen schwer und hört irgendwann auf (05).

Durch den unsteten Fluss von Blut und Sauerstoff wird auch der Stoffwechsel des Gehirns herunterge-fahren, so dass sich das Bewusstsein verändert. Was und wie viel Sterbende noch wahrnehmen, wissen wir nicht. Und doch gibt es im Sterbeprozess auch Ge-meinsamkeiten: Gewisse körperliche Veränderungen erleben die meisten Sterbenden. Oft sind sie er-schöpft, haben Schmerzen und bekommen schlechter Luft. Letztlich wird das Gehirn vom Dopamin des Mittelhirns geflutet. Jenem Belohnungsbotenstoff, der die Stimmung hebt und ein Gefühl der Wärme aus-löst. Und damit vielleicht einen letzten Moment des Glücks (06).

Soviel zum physischen Sterbeprozess.

Darüber hinaus jedoch ist das Sterben ein zutiefst bewegendes seelisches Erleben. Die Aufmerksamkeit richtet sich komplett nach innen. In den letzten Stun-den wechseln sich verschiedene Bewusstseinszustän-de ab, der Sterbende erlebt sowohl helle, klare Stadien als auch dämmernde, träumerische, in der Art, als würde die Seele schon ins Jenseits blicken.

Der Moment des Sterbens selbst ist oft begleitet von tiefer innerer Klarheit. Das ist sogar beim Übergang von Menschen zu beobachten, die etliche Jahre im Koma lagen oder deren Gehirn irreparabel geschädigt war. Der Biologe Michael Nahm, der Zeugnisse aus den letzten 250 Jahren zu diesem Thema archivierte, nennt diesen Zustand „Terminale Geistesklarheit.

„In solchen Momenten löst sich die unsterbliche Seele des Menschen von den Banden der physischen Mate-rie und erhält ihr ureigenes individuelles Potenzial zurück, das auch ohne die Anbindung an die Gehirn-materie weiter existiert.“, folgert Nahm (07).

Mittlerweile bestätigten viele PflegerInnen seine Beo-bachtungen. Trotz Demenz oder psychischen Krank-heiten richtet sich der Mensch in diesem Stadium auf, spricht auf einmal völlig klar und bewusst, bedauert Versäumnisse, erkundigt sich letztmalig nach Ver-wandten oder verabschiedet sich final und liebevoll von den Angehörigen, die ihn beim Übergang beglei-ten (08).

Es ist nicht die Anzahl der gelebten Jahre, die bedingt, ob sich jemand leichter oder schwerer tut, was das Sterben betrifft. Der individuelle Übergang, so be-haupten Medien wie der US-Amerikaner Tyler Henry, eine amerikanische Reality-Show-Persönlichkeit, die in der Serie „Hollywood Medium mit Tyler Henry“ als „hellsichtiges Medium“ agiert, ist nicht unwesent-lich an die Fähigkeit und Bereitschaft gebunden, irdische Anhaftungen und das Ego loszulassen. Streift man seine angstbasierten Vorstellungen an diese Welt ab, hat man einen leichteren Übergang. Wehrt man sich, kann der Übergang ein längerer Prozess sein (09).

Ob man dies tut, hängt auch von den persönlichen Umständen und der vorhandenen Lebensenergie ab. Kann das irdische Dasein zum Lebensende hin doch äußerst anstrengend sein. Den ganzen Tag über fühlen sich betagtere Menschen bisweilen erschöpft. Oft fällt es zunehmend schwerer, sich zu bewegen. Kommen dann noch Einsamkeit, Langeweile und immer ereig-nisärmere Tage hinzu, kann durchaus die Lust am umfassenden Ganzen verloren gehen. Wenn die Le-bensgeister schwinden, verliert auch das Dasein als solches bisweilen zusehends an Attraktivität. Der alte, ausgelaugte und verbrauchte Mensch will einfach nicht mehr. Der nebelhaften Angst vor dem letzten Atemzug und dem darauffolgenden Ungewissen zum Trotz.

Ist schon ein trübes Thema, das mit dem Tod. Ver-ständlich irgendwo, dass der Mensch als solcher bis-weilen dazu neigt, sich damit nicht auseinanderset-zen zu wollen. Auch, weil uns die Ungewissheit, unser letztes Stündlein betreffend, eine durchaus willkom-mene Illusion der Unvergänglichkeit vermittelt. Klar, bereits jedes Kind bekommt mit, dass es irgendwann sterben wird. Nur impliziert eben dieses „irgend-wann“, gerade in jungen Jahren, ein unausgesproche-nes „niemals“, liegt doch der Tag X in jahrzehntelang entfernter, vager Zukunft.

Trotzdem: Der Tod ist das faszinierendste und be-deutendste Abenteuer des menschlichen Lebens. Da irritiert es schon, dass wir ihn im Okzident unserer Welt in einem derartigen Ausmaß verleugnen.

Denn anders als andere Lebewesen sind wir Men-schen uns unserer Endlichkeit bewusst. Wir wissen mit absoluter Sicherheit, dass wir eines Tages nicht mehr existieren werden.

Kein Mensch kommt umhin, sich irgendwann mit der Endlichkeit seines irdischen Lebens auseinanderzu-setzen. Mit zunehmendem Alterlüftet die Realität den Mantel des Schleiers der Todesverdrängung. Gefährli-cheKrankheiten, das Alter, das Dahinscheiden lieb-gewonnener Freunde und enger Angehöriger – die Vergänglichkeit des Homo Sapiens lässt sich nicht länger verleugnen.

Und so beginnen viele von uns, je näher ihnen das Schauspiel von Tod und Verwesung auf den Leib rückt, an eine immaterielle menschliche Essenz zu glauben, die unsere leibliche Hülle überlebt. Selbst „Ungläubige“ klammern sich an die Existenz der un-sterblichen Seele, wenn ihr letztes Stündlein naht.

Früher oder später kann keiner von uns der Konfron-tation mit dem Lebensende ausweichen. Das, wovor wir uns am meisten fürchten wird unweigerlich ein-treffen. Gevatter Tod kommt – zu jedem von uns.

02 Der Tod und das Leben danach im Spiegel der Menschheitsepochen

Prähistorische Funde legen den Schluss nah, dass bereits der Vorzeitmensch an ein Weiterleben nach dem Tod glaubte. Darauf deuten die erhalten geblie-benen Felszeichnungen und Grabbeigaben bei. Die Vorstellungen der Steinzeit entsprechen durchaus den unsrigen (10).

So lange wir auf der Erde wandeln, hat der Tat-bestand, dass Menschen sterben, die uns innewoh-nende Einbildungskraft angeregt und in der Mytholo-gie, der Religion und der Philosophie in den verschie-denen Kulturen auf sehr unterschiedliche Weise Aus-druck gefunden. Zu allen Zeiten und in allen Kultu-ren war man dabei davon überzeugt, dass das Wesen des Menschen, oftmals Seele genannt, nach dem Tod des Körpers fortbesteht, Die Idee einer körperunab-hängigen Seele existiert schon seit Tausenden von Jahren.

Die Ur- oder auch Frühgeschichte umfasst einen ge-waltigen Zeitraum. Sie beginnt mit dem Auftreten der frühesten Menschenformen vor mehr als 2,5 Millionen Jahren bis zur Einführung der Schrift vor etwa 5000 bis 6000 Jahren. Anthropologische Studien belegen, dass der Tod in vor- und frühgeschichtlicher Zeit gleichsam zunächst vom Menschen entdeckt werden musste, bevor er als Problem begriffen wurde. Mut-maßlich haben die Menschen in der Frühzeit ihrer Entwicklung nicht nur die Endgültigkeit des Todes negiert, sondern auch seine Unvermeidlichkeit.

Das Gilgamesch-Epos ist eine Art Wendepunkt. Es stammt etwa aus dem Jahr 2600 vor Christi Geburt und gehört damit zu den ältesten Dokumenten der Kulturgeschichte über den Tod. Das Epos entschlüs-selt die Unvermeidlichkeit des Todes: Noch während Gilgamensch um seinen Freund Engidu trauert, er-wacht in ihm die Einsicht, dass auch er sich auf das gleiche schreckliche Schicksal vorbereiten muss. Die Unvermeidbarkeit des Todes ist vor dem Hintergrund der langen Zeit, in der bereits Menschen auf der Welt leben, also eine relativ junge Erfahrung.

Dies war natürlich in der Geschichte des Todesgedan-kens nur ein erster Schritt. Hatte doch der Gilgamesch noch nicht den Tod vor Augen. Zerstört wurde allein sein Glaube an die irdische Unsterblichkeit und an eine Welt ohne Tod. Die Einsicht, dass der Tod die ab-solute Vernichtung darstellen könnte, wurde höch-stens befürchtet. Denn in der assyrischen und babylo-nischen Kulturgeschichte wurde der Tod keinesfalls als das absolute Ende des Lebens begriffen und dem-gemäß auch nicht als völlige Auflösung des von Be-wusstsein getragenen Daseins. Vielmehr verkörperte der Tod die Trennung von Körper und Geist, den Ver-fall des Körpers und das Übertreten der Seele von ei-ner Existenz in eine andere, die alles andere als ver-lockend war: Die Seele taucht ab in eine Unterwelt und verharrt dort bis in alle Ewigkeit.

Das Altertum, das auch die klassische griechisch-rö-

mische Antike umfasst, beschreibt den Zeitraum vom Ende der Frühgeschichte bis zum beginnenden Mit-telalter (ab dem 6. Jahrhundert).

Die Römer hatten konkrete Vorstellungen bezüglich des Weiterlebens des Menschen nach dem Tode Die Seele (anima) des Toten, so glaubten die Römer, lebt in seinem Grab weiter und hat dieselben Bedürfnisse, die der Verstorbene auch im Leben hatte. So wurde dem Toten mitgegeben, was man für im Jenseits als nütz-lich erachtete. Von großer Bedeutung waren bei-spielsweise Speisen - Obst, Gemüse oder Fleisch - und diverse Getränke, die die Seele für das Reich der Toten stärken sollte. Selbstredend wurde auch das passende Geschirr mit in das Grab gegeben. Auch sollten Lam-pen für Licht in der ewigen Dunkelheit sorgen. Für die Angehörigen war die Bestattung und die Totenfür-sorge Pflicht, nicht zuletzt, weil man den Toten durch die Gaben wohlwollend stimmen wollte. Denn nach der römischen Vorstellung waren die Toten befähigt, das Schicksal der Lebenden positiv oder negativ zu beeinflussen. Schlimmer noch - konnten sie doch gar als Wiedergänger ihr Unwesen treiben. Somit wurde stets genauestens darauf geachtet, dem Verstorbenen ein formidables Begräbnis zu bereiten und die Ge-denktage im Jahresturnus einzuhalten. Die Totenwelt selbst wurde als gefährlich und düster erachtet, mit der Folge, dass sich die Begräbnisplätze (Nekropolen) stets außerhalb der Stadtmauern befanden (11).

Dass es nach dem Tod war auch für die alten Griechen gewiss. So befindet einer ihrer größten Philosophen,

Platon (427-347 v.Chr.):

„In der unstofflichen Welt gibt es keine Zeit. Der verän-derliche, stoffliche Körper ist der zeitweilige Träger der See-le, die ewig besteht…Die Seele, unabhängig vom Körper, tritt in Verbindung zu Verstorbenen. Ihr stehen beim Über-gang Schutzgeister zur Seite…Der Tod ist ein Erwachen, ein Sicherinnern der Seele. Während des Lebens hat das Be-wusstsein die Wahrheiten aus der unstofflichen Welt ver-gessen. Kurz nach dem Tod wird die Seele beurteilt…Die Seele ist im Körper gefangen und wird von den Sinnen in ihrer Wahrnehmung beschränkt.“

Sein kongenialer Kumpan Sokrates (469-399 v.Chr.) schlägt in die gleiche Kerbe:

„Dennoch scheint ihr…auch zu fürchten, wie die Kinder, dass nicht gar buchstäblich der Wind sie, wenn sie aus dem Leibe herausfährt, auseinanderwehe und zerstäube, zumal wenn einer nicht etwa bei windstille, sondern in recht tüch-tigem Sturmwinde stirbt…Ist der Tod wohl etwas anderes als die Trennung der Seele von dem Leibe? Und dass das heiße tot sein, wenn abgesondert von der Seele der Leib für sich allein ist…Ähnlicher also als der Leib ist die Seele dem Unsichtbaren, er aber dem Sichtbaren. …Dass dem Gött-lichen, Unsterblichen, Vernünftigen, Eingestaltigen, Un-auflöslichen und immer einerlei und sich selbst gleich sich Verhaltenden am ähnlichsten ist die Seele, dem Mensch-lichen und Sterblichen und Unvernünftigen und Vielge-staltigen und Auslöslichen und nie einerlei und sich selbst gleich Bleibenden diesem wiederum der Leib am ähnlichsten ist?...Tritt also der Tode den Menschen an, so stirbt, wie es schein, das Sterbliche an ihm, das Unsterbliche aber und Unvergängliche zieht wohlbehalten ab, dem Tode aus dem Wege…Wenn also das Unsterbliche auch unvergänglich ist, wäre dann nicht die Seele, wenn sie doch unsterblich ist, zugleich auch unvergänglich?...Ganz sicher also ist die Seele unsterblich“ (12).

Gemäß der Sichtweise der Griechen gelangten die Verstorbenen in die Unterwelt, die einen äußerst trost-losen Ort darstellt. Die Vorstellung von Himmel und Hölle fand sich als erstes in der griechischen Mytho-logie. Den Dahingeschiedenen war je nach Lebens-führung entweder ein Weiterleben auf der „Insel der Glückseligen“, auch Elysion genannt, die am Ende der Welt über den Wassern des Atlantiks verborgen ist, beschieden oder aber sie gingen in den Hades, die Un-terwelt, ein. Für die Überfahrt über den Fluss Styx leg-te man einen Obolus für den Fährmann Charos auf die Augen oder in den Mund des Leichnams (13).

Die Ägypter stellten sich das Leben im Jenseits als ewige Fortsetzung ihres biologischen und sozialen Lebens vor. Dabei konnte diese Existenz im Jenseits auf unterschiedliche Weise erfolgen: In den „Gefilden der Seligen“ im Reich des Gottes Osiris fand man bes-sere Umstände vor als im irdischen Leben, dramatisch schlechtere Bedingungen hingegen erwarteten den Verstorbenen, wenn er im Jenseits in einer Art „Hölle“ landete. Über das Schicksal der Dahingeschiedenen entschied das Totengericht des Osiris. Dabei wurde der Lebenswandel der Verstorbenen „gewogen“: Er-füllten die geprüften Taten die Forderungen der Ge-rechtigkeit nicht ausreichend, verfiel der Tote der Ver-dammnis (14).

Die Menschen im Mittelalter (500-1500 n.Chr.) imagi-nierten die Seelen ihrer Verstorbenen im Jenseits durchaus körperlich und wie ein Abbild der lebenden Person. So konnten die Seelen im Jenseits auch körper-liche Empfindungen und Gefühle wie etwa Schmerz und Freude haben. Dort erhielten sie eine Art „Zwi-schenkörper“, also sozusagen eine “Light-Variante“ des echten Körpers. Ihren vollen Körper sollten die Verstorbenen erst bei der Auferstehung am Ende der Welt zurückerhalten, dann freilich in einer tadellosen 1A-Version. Laut Thomas von Aquin galt dies auch für jene Zeitgenossen, die von wilden Tieren zer-fleischt wurden oder zu Lebzeiten Körperteile verlo-ren hatten. Weil die Tiere die entsprechenden Arme und Beine einfach wieder ausspuckten. Die Menschen im Mittelalter waren der festen Überzeugung, dass der Tod nur der Übergang in ein besseres Leben nach dem Tod war, so dass sie ihn in gewisser Weise we-niger dramatisch sahen (15).

Die Frühe Neuzeit (19tes und 20tes Jahrhundert) war geprägt vom Einfluss der Reformation (1517-1648).

Diese war eine Art theologische Erneuerungsbewe-gung und hatte grundlegende Veränderungen in den Jenseitsvorstellungen nach sich gezogen. Zu den wichtigsten Elementen der Reformation zählte Lut-hers Übersetzung der Bibel, die es bisher ausschließ-lich in Latein gab. Luther und Zwingli übersetzten sie ins Deutsche, John Wycliff ins Englische und viele andere in ihre jeweilige Muttersprache. Die Guten-berg-Bibel aus den Jahren 1452-54 ist das erste mit be-weglichen Metalllettern gedruckte Buch der Mensch-heitsgeschichte. Der Buchdruck machte es fortan billi-ger, eine Bibel zu kaufen, so dass der christliche Glau-be zunehmend Verbreitung fand. Die Folge war ein fundamentaler Wandel in den Vorstellungen vom Da-sein nach dem Tode. Die Reformatoren vertraten die Überzeugung, dass Jesus am Kreuz stellvertretend für die Menschen alle Sünden abgebüßt hat. Allein da-durch, also durch diese Gnade, würde ein Mensch in den Himmel kommen, wenn sein Lebenswerk vor dem abschließenden Weltgericht Gnade findet (16).

Auferstehung im christlichen Kontext heißt zunächst einmal, dass alle Menschen nach ihrem Tod ganz nah bei Gott sein werden. Aber keinesfalls mit dem Leib, mit dem sie geboren wurden. Im ersten Brief des Paulus an die Korinther steht zu lesen: "Es wird gesät ein natürlicher Leib und es wird auferstehen ein geist-licher Leib." Wie der aussehen wird, wird nicht be-schrieben (17).

Das, was mit dem Körper des Homo Sapiens passiert, wenn das irdische Leben ein Ende findet, hat die Erd-bewohner in allen Epochen der Zeitgeschichte umge-trieben.

Es ist das wohl bedeutendste ungelöste Rätsel der Menschheit.

II Das Leben danach im Fokus der Naturwissenschaften

„Meine Einstellung zum Tod hat sich nie geändert: Ich bin vehement dagegen“

03 Das Leben nach dem Tod aus materialistischer Sicht

Wo beginnt man eine Suche nach dem Leben nach dem Tod?

Am besten bei denen, die am ehesten eine Antwort wissen, sich am intensivsten um ein solche bemühen sollten und zudem überzeugt davon sind, dass sie die-se bereits kennen: Bei den Naturwissenschaftlern.

Die materialistische Weltsicht ist in unserer Gesell-schaft der Status quo, sie gilt gemeinhin als kompro-misslos akzeptiert. Nicht zuletzt, weil sie uns schon von Kindesbeinen an Schulen und Hochschulen alter-nativlos vermittelt wird. Denn das materialistische Denken schuf elementare wie bedeutende Grundla-gen der modernen Naturwissenschaften.

Die philosophische Lehre des Materialismus geht da-von aus, dass alles, was wir sehen und anfassen kön-nen, Materie ist oder mit Materie zu tun hat. Danach können auch Gedanken und Dinge auf Materie zu-rückgeführt werden. Dinge, die nichts mit Materie zu tun haben - wie zum Beispiel Gott – gibt es nach dieser Lehre nicht. Das Credo der materialistischen Weltan-schauung besagt, dass nur das Stoffliche wirklich exi-stiert und somit die Grundlage der gesamten Wirk-lichkeit ist. Die Vertreter des Materialismus führen al-le Vorgänge und Phänomene der Welt auf Materie und deren Gesetzmäßigkeiten wie Verhältnisse zu-rück. Selbst Gedanken, Gefühle oder das Bewusstsein können auf Materie zurückgeführt werden. Auch See-le und Geist können somit ausschließlich als Funktionen des Stofflichen interpretiert werden.

Der Materialismus verneint die Existenz einer nicht-stofflichen Seele, somit gibt es aus materialistischer Sicht nichts, das körperlos nach dem Tod des Körpers fortbestehen kann. Also müsste die Seele, so sie denn existiert, stofflicher Natur sein (18). Denn die gegen-ständliche wie die geistige Wirklichkeit bestehen aus-schließlich aus Materie oder sind auf materielle Pro-zesse zurückzuführen.

In den Augen der Materialisten ist alles, was natur-wissenschaftlich nicht belegbar ist, auch nicht existent.

Wie ist diese materialistische Weltsicht entstanden?

Den berüchtigten Stein ins Rollen brachte wohl Sir Francis Bacon (1561-1626). Ihm verdanken wir den auch heute noch gern zitierten Satz: „Wissen ist Macht. “

Mit Beginn der mechanischen Naturwissenschaft im 17ten Jahrhundert wurden geistige Aspekte sukzes-sive immer mehr aus der Diskussion über das Leben und die Welt verbannt. Wissenschaftler wie Johannes Kepler, Galileo Galilei und Isaac Newton legten den Grundstein für ein sich zunehmend verfestigendes materialistisches Weltbild. Das in der Gesellschaft verankerte religiös geprägte Glaubenssystem hielt dem zunehmend die Oberhand gewinnenden mate-rialistischen Gedankengut nicht stand. Sprachen doch wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Paläontologie, der Geologie sowie aus Biologie, Chemie und Physik unzweifelhaft gegen Adam und Ewa, in dem Sinne, in dem die Bibel die Menschen an sie glauben machte.

Der britische Naturforscher Charles Darwin trug mit seiner Evolutionstheorie nicht unwesentlich zu dieser Entwicklung bei. Erklärt dieser Erklärungsansatz doch das Leben, seine Entstehung und Weiterent-wicklung in einer behaupteten Selbstverständlichkeit, sodass der Eindruck entsteht, alle Fragen dazu seien beantwortet, zudem alle Erkenntnisse verifiziert. Evo-lution wird als bewiesene Tatsache gelehrt und akzep-tiert. Wer Zweifel äußert, gilt fortan vielfach als Spin-ner oder religiöser Fanatiker (19).

Was bedeutet diese materialistische Perspektive für ein mögliches Leben nach dem Tod?

Ein körperloses Weiterleben, also der dauerhafte Fort-bestand der eigenen Seele in der Allseele, dem Großen und Ganzen oder dem Paradies, wie immer man es nennen will, muss aus materialistischer Sicht bereits aus begrifflichen Gründen ausgeschlossen werden. Wer eine über das körperliche Ableben hinausgehen-de, körperlose seelische Aktivität unterstellt, wird plausibel darlegen müssen, wie es die Seele nach dem Tod des Körpers anstellt, weiterhin Gedanken, Erin-nerungen, Emotionen und Wahrnehmungen zu ha-ben. Wie sollen diese, die vor dem Tod körperlich wa-ren, nunmehr im Jenseits körperlos funktionieren?

Ein Wiederauferstehungsglaube hingegen erscheint grundsätzlich mit dem Materialismus vereinbar. Al-lerdings müsste hierfür eine durchgehende Kontinui-tät des individuellen Lebens, für die gewöhnlich die immaterielle Seele steht, gegeben sein. Aber eben deren Existenz schließt der Materialismus ja aus. Ergo wird die Person als solche den Aufenthalt in der gei-stigen Dimension, in der sie zwischen Tod und Wie-derauferstehung verweilt, kaum überdauern. Also müsste jemand (Gott?!) den Leib des verstorbe-nen Menschen für eine Auferstehung wiederherstellen. Ist doch der ursprüngliche Leib der verstorbenen Person zum Zeitpunkt der Auferstehung ja unwiderruflich verwest (20).

Also: Aus Sicht des Materialismus müssen wir uns mit dem begnügen, was wir hier auf Erden an Lebens-spanne erhalten. Denn Pflanzen, Tiere - alle Lebewe-sen sind vergänglich. Warum sollte der Homo Sapiens oder dessen Seele als einzige Art unsterblich sein?

Das frugen sich bereits große Denker über alle Epo-chen und kamen zu ernüchternden Einsichten:

Der französische Philosoph Paul Henry Tiry d‘Holbach (1723-1789):“Wenn alles entsteht und vergeht, …wie sollte der Mensch von dem allgemeinen Gesetz ausgenommen sein…“ (21).

Der schottische Philosoph David Hume (1711-1776): „Die Schwachheit des Körpers und

des Geistes sind in der Kindheit einander genau angepasst, ihre Stärke im Mannesalter…ihr ge-meinsamer allmählicher Verfall im Alter. Der weitere Schritt scheint unvermeidlich: ihre ge-meinsame Auflösung im Tod“ (22).

Theodor Fontanes (1819-1898) in seinem Werk Effi Briest: „Es ist nicht so viel mit uns, wie wir glauben“ (23).

Der deutsche Naturwissenschaftler und Philosoph Ludwig Büchner (1824-1899): „Es liegt in der Natur alles Lebendigen, dass es ent-steht und vergeht, und noch kein Lebendiges hat jemals eine Ausnahme davon gemacht“ (24).

Der österreichische Psychologe Sigmund Freud (1856-1939): „Es gibt im Leben kaum ei-nen Bereich, wo wir uns so schnell mit Antwor-ten zufriedengeben, wie in religiösen Fragen, weil wir darin einfach nicht verunsichert wer-den wollen“ (25).

Bertrand Russel (1872-1970), britischer Philosoph: „Ich glaube, dass ich verwesen wer-de, wenn ich sterbe, und dass nichts von mei-nem Ego übrigbleibt. Auch das Denkvermögen eines Einzelnen kann den körperlichen Tod nicht überleben, weil dieser Tod den Aufbau des Gehirns zerstört“ (26).

Der deutsche Dichter Gottfried Benn (1886-1956) polemisierend „Das Hirn verwest genauso wie der Arsch“ (27).

Der deutsch-britische Soziologe Norbert Elias (1897-1990). „Der Tod ist das absolute Ende der Person“ (28).

Bertolt Brecht (1898-1956), deutscher Dramatiker: „Lasst Euch nicht verführen! Es gibt keine Wiederkehr. Der Tag steht in den Türen, ihr könnt den Nachtwind spüren. Es gibt kein Morgen mehr“ (29).

Die französische Schriftstellerin Simone de Beauvoir (1908-1986): „Ich sterbe ganz und gar“ (30).

Der britische Maler Francis Bacon (1909-1992):“Wir kommen aus nichts und werden zu nichts. Das ist alles“ (31).

All‘ diese berühmten Herrschaften sind sich einig: Menschliches Leben manifestiert sich einzig und al-lein körperlich. Der Korpus ist der Quell` aller Wahr-nehmungen und Empfindungen, jedweder Gedanken und sämtlicher geistiger Ergüsse. Sie vertraten eine philosophische Anschauung, die jedes spirituelle Prinzip zurückweist, nur die Materie als einzige Rea-lität anerkennt und alles für auf diese zurückführbar hält.

Der Tod verbirgt kein Mysterium. Er ist weder ein lösbares Rätsel noch ein ergründbares Geheimnis, sondern einfach nur das Ende des Lebens. Im Au-genblick des Todes werden wir lediglich der Gegen-wart entrissen.

Mit dem Tod beginnt weder die letzte Reise noch

macht man sich auf zur Heimkehr. Er ist kein Übertritt in eine neue Lebensform und keine Transformation in eine andere Dimension.

Der Tod ist das Ende, die Zerstörung des Menschen, mit dessen Eintritt dieser ein für alle Mal seiner Exi-stenz beraubt ist.

Trübe Aussichten!

04 Gibt es wirklich nur eine Wahrheit?

Macht es angesichts der ernüchternden Aussichten im letzten Kapitel überhaupt noch Sinn, meine Suche nach einem Leben nach dem Tod fortzuführen, besser gesagt, sie überhaupt erst zu beginnen?

Ja, denn: Die materialistische Wissenschaft kann kei-nen Anspruch auf ein allumfängliches Verständnis der Realität für sich beanspruchen. Sie besitzt mitnich-ten das Monopol der unumstößlichen Wahrheit. Al-lein schon deshalb nicht, weil sie, wie jedes andere Weltbild auch, letztendlich allein auf als der Weisheit letzter Schluss angesehenen Glaubensgrundsätzen be-ruht. So werden Objektivität, Kausalität, also Ursache-Wirkungszusammenhänge, ebenso wie auch Zeit und Raum wie selbstverständlich vorausgesetzt.

Und so gibt es durchaus mehr als genug schlaue Köp-fe, die den zitierten materialistisch geprägten Herr-schaften die Stirn bieten.

Immanuel Kants zweite Auflage der „Kritik an der Vernunft“, 1787 erschienen, gilt weltweit als eines der bedeutendsten Werke der Aufklärung. Der deutsche Philosoph (1724-1804) glaubt zu wissen: Wir kennen die Wirklichkeit nicht. Sie ist lediglich unsere subjekti-ve Interpretation der Welt, wie wir sie sehen. Unsere Realität ist also stets das Produkt unserer subjektiven Wahrrnehmung der Wirklichkeit.

Oliver S. Lazar bemüht in diesem Zusammenhang ei-nen, wie ich finde, vortrefflichen Vergleich: Ein Hund nimmt die Welt mit seinem ausgeprägten Geruchs-sinn ganz anders wahr als wir. Eine Biene sieht die Welt in ultraviolettem Licht. Eine Fledermaus nimmt die Welt durch das Senden und Empfangen von Ultraschall wahr. Mit einem Menschen, einem Hund, einer Biene und einer Fledermaus haben wir nun be-reits vier verschiedene Wahrnehmungen von Realität. Welche entspricht der wahren Wirklichkeit?

Ähnlich wie der große Philosoph Immanuel Kant den-ken viele weitere bekannte Zeitgenossen:

Tenzin Gyatso (*1935, 14ter Dalai Lama): „Das Nicht-Wahrnehmen von etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz.“

Physiker Hans-Peter Dürr (1929-2014): „Es ist grob unzulässig und falsch, unsere Wahr-nehmung der Wirklichkeit mit der Wirklichkeit schlechthin gleichzusetzen. Genau dies passiert jedoch, wenn wir wissenschaftliche Erkenntnis als allumfassend betrachten.“

Der in Deutschland geborene, internatio-nal renommierte Arzt und Philosoph Karl Jas-pers (1883-1969): „Das Unheil menschlicher Exi-stenz beginnt, wenn das wissenschaftlich Ge-wusste für das Sein selbst gehalten wird und wenn alles, was nicht wissenschaftlich wissbar ist, als nicht existent gilt.“

Ein Philosoph, ein Dalai Lama, ein Physiker und ein Arzt kommen letztendlich alle zu ein und derselben Auffassung. Vielleicht sollten wir uns auf dem Weg zur Erkenntnis nicht allein auf unsere oberflächliche, grobstoffliche Wahrnehmung verlassen (32).

Bei der Frage nach der Unendlichkeit der Seele und jener nach einem Leben vor der Geburt wie auch nach dem physischen Tod erreichen materialistische Er-kenntnisse schnell ihre Grenzen. Dies führt zu der Fehldeutung, dass dies alles gar nicht existiere.

Was natürlich keinesfalls im Umkehrschluss bedeutet, dass es dies tut. Darum: Aus wissenschaftlicher Sicht müsste die Antwort, die ich in diesem Buch suche – Stand Frühjahr 2022 - nein lauten. Aber es gibt durch-aus Hoffnung, dass sich dies vielleicht mittelfristig än-dert. Denn es existiert eine wissenschaftliche Strö-mung, die dieses Weltbild vielleicht zum Wanken bringen wird. Die Quantenmechanik, die in den 1920-er Jahren ihren Anfang fand, und auf die ich in einem späteren Kapitel noch ausführlich eingehe, liefert schlagkräftige Argumente dafür, jede einzelne der ge-nannten materialistischen Annahmen infrage zu stel-len.

Ob das im Rahmen meiner durchaus überschaubaren Restlebenszeit zu veritablen Ergebnissen führt, sei einmal dahingestellt…

Trotzdem mache ich mich weiter auf meiner Reise zur Erkenntnis. Und gebe im übernächsten Kapitel jenen die Chance, mich zu bekehren, die fest an ein „Da-nach“ glauben. Wie sieht es mit den bedeutenden Weltreligionen wohl aus – können die einen „Normal-sterblichen“ von einem Dasein nach dem Tod über-zeugen?

05 Warum hoffen wir auf ein Leben nach dem Tod?

In Deutschland und vielen anderen Ländern scheint der Glaube an ein Leben nach dem Tod langsam, aber sicher zu verschwinden.

In verschiedenen Befragungen zeigt sich das deutlich: 2021 glaubten lediglich noch 31 Prozent der Befragten an eine Existenz nach dem Tod (33). 2019 waren es noch 40 Prozent gewesen, 2005 sogar 45 Prozent (34). 38 Prozent glauben nicht daran, 26 Prozent gaben „Weiß nicht“ an und 5 Prozent gaben nichts an. Frau-en glauben zu 36 Prozent und Männer zu 26 Prozent an ein Weiterleben (35).

Selbst unter den Mitgliedern der Religionsgemein-schaften glauben nicht alle an unseren Fortbestand über den Tod hinaus: Laut einer Studie der Konrad Adenauer Stiftung sind es 68 Prozent der befragten Muslime, 62 Prozent der Katholiken, und nur 42 Pro-zent der Protestanten.

Überraschend ist auch, dass die älteren Befragten, die auf die Zielgerade des Lebens eingebogen sind und den Tod vor Augen haben, besonders skeptisch rea-gieren. Nur 29 Prozent aller Befragten, die älter als 65 Jahre sind, erwarten ein Leben nach dem Tod. Bei den Jüngeren liegt der Anteil hingegen über 40 Prozent, was als Überraschung zu werten ist (36).

Auch, wenn der Glauben daran, dass „da noch etwas ist“, offensichtlich abzunehmen scheint – immer noch glaubt ein Großteil der Menschen auf der ganzen Welt an ewiges Leben im Himmel oder Reinkarnation?

Warum ist das so? Was bewegt „Menschen wie Du und ich“, „Otto Normalbürger“, oder wie immer man sie bezeichnen möchte, jene also, die sich nicht einge-hend mit der Materie befassen, dazu, eine Existenz nach unserem irdischen Dasein anzunehmen – wie immer sie auch aussehen mag?

Alles hat einen Sinn hat und nichts ge-schieht zufällig

Die Religionen sind sich hier einig: Alles im Leben hat einen Sinn. Ist dieser für uns auch bei manchen Ge-schehnissen kaum erkennbar, erscheint er in vielen Si-tuationen gar ausgeschlossen. Manchmal jedoch ver-hält es sich so, dass wir uns zunächst keinen Reim da-rauf machen können, weshalb und wieso Sachen pas-siert sind, weil sie uns in diesem Moment alles andere als positiv erscheinen. Später jedoch glauben wir mit-unter, den Sinn des Geschehenen zu erkennen oder zumindest zu erahnen. “Alles hat irgendeinen Sinn im Leben!” seufzen wir dann meist. Und folgern aus der Erfahrung, dass auch uns Erdenbürgern sinnlos erscheinende Ereignisse, Schicksalsschläge, persönli-che oder globale Tragödien letztendlich sinnstiftend sind.

Aber warum sollte ein endliches Leben keinen Sinn haben? Hat es diesen nur, wenn es - wie auch immer - ewig weiter geht?

Warum dies den Glauben an ein Leben nach dem Tod untermauern soll, erschließt sich mir nicht wirklich. Warum bedingt ein Sinn des Lebens ein ewiges

Dasein?

Dieses Argument pro „es geht weiter“ wird oft zu Ra-te gezogen, wenn uns etwas Schlimmes widerfahren ist: man verliert einen geliebten Menschen an den Tod, den Job, eine Beziehung endet. Dann suchen wir Trost – und den kann die Binsenweisheit, dass „alles seinen Sinn“ hat, zumindest ein wenig verschaffen.

Verhält es sich mit dem Leben nach dem Tod nicht genauso? Man fürchtet das unwiderrufliche Ende der eigenen Existenz („da kommt nichts mehr“) und tröstet sich mit der Aussicht, dass, wenn es denn so kommt, auch dies wohl „seinen Sinn“ haben wird.

Die Ursache von Allem liegt im Karma

Als Karma bezeichnen Hindus und Buddhisten das göttliche Gesetz, nach dem sich jede Tat in diesem Le-ben auf das nächste Leben auswirkt. Besonders gute oder schlechte Taten haben auch im nächsten Leben noch Folgen. So werden zum Beispiel Betrug oder Neid im nächsten Leben mit Armut oder Krankheit „bestraft“, Hilfsbereitschaft und Großzügigkeit dage-gen mit Gesundheit und Glück „belohnt“ (37).

Würde Sinn machen. Scheint es sich doch oft so zu verhalten, dass man auf Erden für seine Missetaten nicht (ausreichend) bestraft oder aber für seine Dien-ste an der Menschheit nicht (genügend) gewürdigt wird. Aber wäre es nicht einfacher und vor allem logischer, wenn das Karma auf irdischer Ebene seine Erfüllung finden würde? Und kann man aus der über die Jahrhunderte zu beobachten Tatsache, dass dem eben oft nicht so ist, schlussfolgern, dass jeder „ir-gendwo anders“ das bekommt, was er - im Guten wie im Schlech-ten - verdient? Wohl kaum. Wo sind die konkreten Anhaltspunkte dafür, dass das „Gute“ oder „Schlechte“, was man auf Erden tut oder lässt, in ei-nem folgenden Leben abgegolten werden?

Bei dieser Argumentation für ein Leben nach dem Tod scheint insbesondere der - durchaus verständliche - Wunsch der Vater des Gedanken zu sein. Einen wirk-lichen Glauben daraus abzuleiten, ist höchst spekula-tiv.

Es muss eine gewisse Gerechtigkeit geben

Ein ähnliches, nein eher das gleiche Argument wie das vorherige. Und eines, mit dem sich die Menschen of-fenbar durchaus anfreunden können. So glauben einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts INSA Consulere im Auftrag der katholischen Zeitung „Die Tagespost“ (Würzburg) aus dem Jahr 2021 zufolge 24 Prozent, also jeder vierte Deutsche, dass er nach dem Tod für sein Leben zur Rechenschaft gezogen wird.

Egal, ob nun im Guten oder im Schlechten.45 Prozent der Befragten sind gegenteiliger Ansicht. 23 Prozent wissen nicht, wie sie zu dieser Frage stehen. Am häufigsten stimmen 30- bis 39-Jährige der Aussage zu (29 Prozent), am geringsten ist der Wert bei den über 50-Jährigen (21 Prozent).

Bei den konfessionell gebundenen Bürgern glauben

mit 41 Prozent vor allem freikirchliche Christen, dass sie im Jenseits einmal Rechenschaft ablegen müssen (34 Prozent nicht). Von den katholischen Befragten sind 34 Prozent dieser Meinung (36 Prozent nicht), bei den landeskirchlichen Protestanten nur 26 Prozent (41 Prozent nicht). Am stärksten verbreitet ist der Glaube, dass man nach dem Tod zur Rechenschaft gezogen wird, bei Muslimen. 46 Prozent von ihnen glauben dies und 18 Prozent nicht (38).

Wie bereits gesagt – ein durchaus reizvoller Gedanke. Wenn schon nicht auf Erden, dann eben im Himmel oder bei der irdischen Wiederkehr: am Ende bekom-me ich doch das, was ich - im Positiven wie im Negati-ven - verdient habe. Kann ich mich mit anfreunden, ja. Aber allein daraus, dass es „irgendwo gerecht“ wäre, wenn’s denn so ist, einen Glauben an ein Leben nach dem Tod zu generieren, ist doch sehr weit hergeholt.

„Weil es Gerechtigkeit geben muss“ ist mir dann doch zu wenig.

Das, was wir in diesem Leben nicht schaf-fen, können wir im nächsten Leben schaffen“ Wer legt fest, was das „das“ ist, was wir im Le-ben schaffen müssen? Und was impliziert dieses „das“? Muss man alles, was das „das“ ist, wirk-lich im Dasein auf Erden abarbeiten? Und rei-chen dazu ein paar Lebensjahrzehnte nicht aus?

Fragen über Fragen…

Und eine Begründung für einen Glauben an das ge-

wisse etwas „danach“, die an Banalität kaum zu

überbieten ist. Zudem eine, die obendrein sehr gefähr-lich sein kann: Denn dieser Maxime folgend, kommt der Mensch schnell auf die Idee, alles, was unange-nehm ist, worauf er keine Lust hat, kurzerhand zu ver-schieben.

„Im nächsten Leben mache ich Sport.“

„Im nächsten Leben achte ich auf die Umwelt“

„Im nächsten Leben bin ich weniger egoistisch.“

„Im nächsten Leben glaube ich an ein Leben da-nach“…

Die Welt ist eine Schule, in der man Lektio-nen lernen kann und Zeit und Gelegenheit hat, diese Lektionen irgendwann wirklich zu lernen (39).

Die Aussage geht in die gleiche Richtung wie die vorige. Wenn die Welt wirklich eine Schule ist: kann man sie dann nicht innerhalb einer Lebensphase ab-schließen? Warum werden die zu lernenden Lektio-nen erst in Leben 3,4 oder 25 begriffen?

Reicht eine Lebensspanne auf Erden nicht aus, um die entsprechenden Lektionen zu lernen? In der uns be-kannten Schule lernt man doch auch unmittelbar, in der Weltschule hingegen erst einige Leben später? Sind etwa die Lerninhalte dessen, was jeder Mensch lernen muss so groß, dass ein Leben dafür nicht aus-reicht? Heißt, dass, dass die „Cleveren“ so zwei-, drei-mal, die weniger Schlauen wieder und wieder die Er-de bevölkern? Da komme ich nicht mit.

Das waren sie also, die Hauptgründe, derentwegen

wir Menschen an ein Leben nach dem Tod glauben. Man kann von ihnen halten, was man will - für die Majorität der Menschen ist die Perspektive, dass nach dem irdischen Leben noch etwas kommt, schlicht und ergreifend eine sinnstiftende, beruhigende, und nicht zuletzt auch tröstliche Vorstellung. Für die es mehr als genug nachvollziehbare Beweggründe gibt. Die Angst vor dem Nichts, jene vor dem Tod als solchem, Ver-lustschmerz, aber auch Lebensfreude, der nicht ver-siegen wollende Drang nach Selbstverwirklichung und die Gier nach einem Mehr unseres irdischen Da-seins.

So ist es sehr viel leichter, entspannt zu leben, wenn man die Gewissheit hat, dass sich das Leben nach dem physischen Tod fortsetzt. An die Existenz eines Jen-seits zu glauben schenkt Hoffnung, verringert negati-ve psychische Auswirkungen wie Stress, Furcht und Angst - und trägt so auch zu einer besseren Gesund-heit bei.

Trotzdem - die Zahlen vom Anfang des Kapitels zei-gen es – ist die Tendenz eindeutig: der Glaube an ein Leben nach dem Tod sinkt stetig. Dafür mag es ver-schiedene Gründe geben.

Zunächst einmal sind die christliche Heilslehre und viele ihre Dogmen sind aus heutiger Sicht so schwer nachvollziehbar, dass viele Gläubige, dem sehnlichen Wunsch danach, dass „es weitergeht“, zum Trotz, ins Zweifeln geraten. Aus den Ansichten der großen Weltreligionen einen Glauben an ein Leben nach dem Tod abzuleiten, fällt zunehmend schwerer, was im nächsten Kapitel ausführlich diskutiert wird.

Auch das Miteinander von uns Erdenbürgern und die Prüfungen, die der Menschheit in Zeiten wie den un-seren auferlegt werden, tragen nicht wirklich dazu bei, an Karma, Gerechtigkeit, die Schule des Lebens und nicht zuletzt an einen Sinn des solchen zu glau-ben. Terrorismus, Rassismus, die fortschreitende Um-weltzerstörung, zwei Jahre Corona-Pandemie, Flut-katastrophen, nicht zuletzt der aberwitzige Ukraine-Krieg…Es passiert einfach viel zu viel Schreckliches und Unerklärliches auf der Welt, als das man in allem einen Sinn sehen und daraus unsere Weiterexistenz nach dem irdischen Tod ableiten könnte.

Nicht zuletzt fehlen vielen Menschen vielleicht auch belegbare Fortschritte beim Bemühen, der Frage „was kommt danach“ auf den Grund zu gehen. Wir erfreu-en uns an selbstfahrenden Autos und Traktoren und können – der Weltraumtourismus macht’s möglich - statt am Ballermann bald in kosmischen Raum urlau-ben.

Intelligente Automatisierung und Künstliche Intelli-genz führen dazu, dass Chatbots in Geschäftsprozesse integriert werden, sodass sich die Mitarbeiter allein auf wertschöpfende Tätigkeiten konzentrieren kön-nen.Die Zunahme der Remotearbeit, der explodieren-de E-Commerce und das grenzenlose Streaming ha-ben den Einsatz von Cloud-Infrastrukturen vorange-trieben. Weltweit vernetzte Gesundheitssysteme be-finden sich im Aufbau, die mRNA-Technologie er-möglicht individuelle Krebstherapien.