Romy & Alain - Günter Krenn - E-Book
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Romy & Alain E-Book

Günter Krenn

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Beschreibung

Das Traumpaar des europäischen Kinos - Schönheit, Erfolg und Sex Appeal machten sie für die einen zur Projektionsfläche, die anderen feindeten sie wegen ihrer vermeintlich lockeren Moral an. Es war das Zusammentreffen zweier Mega-Stars, als Romy Schneider Alain Delon im Jahre 1958 bei den Dreharbeiten für „Christine“ kennen lernte. Sie war dank der „Sissi“-Filme in Deutschland bereits berühmt, Alain war der Vorzeigebeau des französischen Kinos. Die Presse überschlug sich, auch mit Gerüchten über eine Liebelei. Doch die Beziehung dieser beiden großen Schauspieler hielt nur fünf Jahre und endete tragisch. Weniger bekannt ist, dass Delon nach den erneuten gemeinsamen Dreharbeiten zu „Der Swimmingpool“ Romy Schneider über Jahrzehnte weiterhin als treuer Freund zur Seite stand. Günter Krenn erzählt unterhaltsam und emotional eine der größten, tragischen Liebesgeschichten des europäischen Kinos. „Der wichtigste Mann in meinem Leben war und ist Alain Delon.“ Romy Schneider.

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Seitenzahl: 403

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Günter Krenn

Romy & Alain

Eine Amour fou

Impressum

ISBN 978-3-8412-0662-6

Aufbau Digital,

veröffentlicht im Aufbau Verlag, Berlin, September 2013

© Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin

Die Originalausgabe erschien 2013 bei Aufbau, einer Marke der Aufbau Verlag GmbH & Co. KG

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlages zulässig. Das gilt insbesondere für Übersetzungen, die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das öffentliche Zugänglichmachen z.B. über das Internet.

Umschlaggestaltung hißmann, heilmann, Hamburg unter Verwendung eines Motivs von akg images

E-Book Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, www.le-tex.de

www.aufbau-verlag.de

Inhaltsübersicht

Cover

Impressum

Von der Unmöglichkeit, mit dem Lieben davonzukommen

29. Mai 1982

I. »In der Liebe will man alles von einem einzigen Mann haben. Und das ist nicht möglich.«

1958

Flucht aus der »Blatzheimwelt«

10. April 1958

»Die blonde Gans«

Alain

Ein ideales Paar?

H. H. B.

»Wo ist Alain?«

Deutsch-französische Freundschaft

Ein Nervenkrieg

Paris – kein Fest fürs Leben

Halbzart

1959

Lugano

22. März 1959

Ein Engel wird ausgebuht

1960

Der talentierte Monsieur Delon

Luca

Mutlosigkeit ist ein Gebrechen

Rocco

»Der Teufel soll Sie holen, wenn Sie nichts aus Ihrem Talent machen ...«

1961

My Fair Romy

Verdammt die jungen Sünder nicht

»Endlich auf dem richtigen Weg«

Avenue de Messine 22

Boccaccio 70

1962

Die Möwe

»Nicht Sissi!«

Forever my love?

Vernichtungserklärungen

1963

»Unsere beiden Welten«

Das Leben ist kein deutscher Film ...

»Immer Ärger mit Romy«

Vorzeichen

Hollywood

Die Spaziergängerin von Versailles

II. »Freundschaft ist ein Gefühl, das dem Verschleiß durch die Zeit widersteht bis in die Ewigkeit.«

1964–1968

»Und dann rief Alain an«

»... und plötzlich kam nur Romy Schneider in Frage«

12. August 1968

Eine Legende wird verfilmt

Herr Delon lässt sich scheiden

1969–1972

»Wenn die Kamera aus ist, musst du ein Leben haben«

Zurück in Paris

Der Mann, der Hunde liebte

Sisi statt Sissi

1973–1980

Zwischenzeit(en)

1980–1981

»Freunde, die Glück bringen«

1981

David

Marlene

1982

Einer für den anderen

»Geh nur schlafen ...«

2. Juni 1982

1982 –

»Ave moi!« – In der Vergangenheit

Fragmente einer Sprache der Freundschaft

Ein unzivilisierter kleiner Muskel in der Brust

Anhang

Anmerkungen

Personenregister

Dank

Bildteil

Bildnachweis

Informationen zum Buch

Informationen zum Autor

Wem dieses Buch gefallen hat, der liest auch gerne ...

Für Ilse und Karl Krenn

From you have I been absent in the spring,

When proud-pied April, dressed in all his trim,

That heavy Saturn laughed and leaped with him.

Yet nor the lays of birds, nor the sweet smell

Of different flowers in odour and in hue,

Could make me any summer’s story tell,

Or from their proud lap pluck them where they grew:

Nor did I wonder at the lily’s white,

Nor praise the deep vermilion in the rose;

They were but sweet, but figures of delight

Drawn after you, – you pattern of all those.

Yet seem’d it winter still, and, you away,

As with your shadow I with these did play.

William Shakespeare, Sonnet 98

Von der Unmöglichkeit, mit dem Liebendavonzukommen

Vielleicht beinhalten unsere Liebesbriefe alles, was von uns bleiben sollte. Möglicherweise sollte statt dem kartesianischen »Ich denke, also bin ich« vielmehr ein »Wir lieben, also sind wir« gelten. Nicht uneingeschränkt wohl, denn wir »lassen auch lieben«, suchen Entsprechungen für unser Erl(i)eben oder den Wunsch danach, finden diese in Lyrik und Musik, auf Bühnen und heute wohl vor allem in bewegten Bildern.

Wir imitieren die auf der Leinwand vorgegebene Körpersprache von Kinoliebespaaren, suchen zumindest Vergleiche mit diesen Vorbildern. Umso bemerkenswerter wird die Angelegenheit, wenn das Filmpaar auch eines im Leben ist oder war. In diesem Falle erscheint uns alles Geschaute realer, werden wir zu Beteiligten einer als authentisch empfundenen Leidenschaft, erhalten wir intime Einblicke. Oder glauben es zumindest. Was heute für prominente Paare wie Angelina Jolie und Brad Pitt gilt, fand früher beispielsweise in Elizabeth Taylor und Richard Burton seine Entsprechung. Vor allem aber, so scheint es, in Romy Schneider und Alain Delon. Obwohl die eigentliche Liebesbeziehung nur etwa sechs Jahre dauerte, haben spätere gemeinsame Leinwandauftritte, zahlreiche Fotografien und beider Freundschaft in Schneiders letzten Lebensjahren ihre Namen zu einem bleibenden Synonym für ein legendäres Paar werden lassen, dessen Faszination sich auch im Abstand von Jahrzehnten nicht verloren hat.

Die Biographien von Romy Schneider und Alain Delon sind uns vertraut, wir vergleichen sie mit den Erfahrungen aus unserer eigenen. »Die Erfahrung des Biographen gleicht der des Liebenden«, schreibt einer der Chronisten von Alain Delon, »der weiß, daß ein ganzes Leben, dem anderen geweiht, nicht soviel Wissen über diesen vermittelt, wie eine Minute in seiner Haut«.1 Manche Biographie, manche fremde Liebesgeschichte gleicht in vielem unserer eigenen. Jede Liebe, von der wir erfahren, wird zum Spiegelbild unserer persönlichen Erfahrung, zur Erweiterung derselben, schafft neue Möglichkeiten zu träumen, das persönliche Erleben zu bereichern. Sie ist eine Bestätigung für Möglichkeit und Unmöglichkeit zugleich. Das Alltägliche, die Gewohnheit, Langeweile, Gleichgültigkeit, Enttäuschungen, die wir anderen oder uns selbst bereiten, sind in jenen Momenten eigener wie fremder Leidenschaft vergessen. Das Unmögliche scheint zumindest für diese Momente möglich – und letztlich besteht das Leben aus unzähligen Momenten, von denen jene der Liebe die entscheidenden sind, in denen wir uns in anderen begegnen wollen. Manchmal bleibt die Liebe Phantasie, wird die begehrte Person zu einer Variablen, die nach der jeweiligen Vorstellung besetzt wird, eine Sublimierung, die sich letztlich auch in Glaubensvorstellungen wiederfindet. »In Wahrheit ist es kaum von Bedeutung, wen wir lieben: Deshalb können wir ein ums andere den gleichen Gefühlsausbruch erleben. Wie der heilige Antonius sagt: Das, was der Verliebte liebt, ist die Liebe. Eine sehr schöne Droge zwar; doch das richtige und bescheidene Leben beginnt genau da, wo das Märchen endet. Jenseits der Prinzen und Prinzessinnen.«2

Jenseits dessen sind wir zu finden. Oftmals ist das, was von mancher Beziehung bleibt, im besten Falle etwas, das Roland Barthes in einem seiner bekanntesten Bücher treffend als Fragmente einer Sprache der Liebe bezeichnet hat. Ein Fragment ist der erhalten gebliebene Teil eines nicht mehr vorhandenen Ganzen. Und Liebe an sich ist stets etwas Vielschichtiges, nie zur Gänze Einsehbares. Selbst bei den literarischen Chronisten des Themas wie Stendhal oder Roland Barthes wird man auf der Suche nach Ausdeutung persönlicher Erfahrung nur bedingt fündig. Untersucht man die populärsten Mythen und Geschichten, so bestätigt sich die Ansicht des Schweizer Philosophen Denis de Rougemont: »Die glückliche Liebe hat keine Geschichte. Es gibt Romane nur von der Liebe, die zum Tode führt, d. h., von der bedrohten und vom Leben selbst verdammten Liebe. [...] es ist weniger erfüllte Liebe als die Leidenschaft der Liebe.«3 Die Dichter, so Rougemont, besingen nur scheinbar das Leben, denn dieses wirkliche Leben ist zugleich das unmögliche Leben. Im Grunde spricht man demnach bei solchen Lieben von Leidenschaft, ein Begriff, der sich auf Leiden gründet.

Leidenschaft ist kein Prinzip, das reifen und altern kann, sie ist jung, zeitlos, stets neu. In der irrigen Gleichsetzung zwischen Liebe und Leidenschaft versiegt unsere Hoffnung, jemals mit dem Lieben, statt nur dem Leben davonzukommen. Denn auch hier vollziehen wir eine Gleichsetzung. »Incipit vita nova« überschreibt der italienische Dichter Dante Alighieri im dreizehnten Jahrhundert seine erste Begegnung mit der Liebe seines Lebens, Beatrice: »ein neues Leben beginnt«. Jede neue Liebe ist ein neuer Lebensbeginn, entspricht der Sehnsucht nach etwas zunächst Unerreichbarem, birgt Verlustängste, bevor Besitz definiert werden kann. »Enttäuschung« bedeutete ursprünglich ein positiv besetztes »aus einer Täuschung Herausreißen« und den Beginn von Wahrheitserkenntnis.

Warum brauchen wir solche Liebesgeschichten, die mit anderen handelnden Personen doch stets etwas über uns erzählen sollen? Was interpretiert man in sie hinein – und warum? Sind es moderne Pendants zu archaischen Sagengestalten und Heiligenlegenden, taugen tragische Liebesgeschichten besser dafür, sich darin wiederzufinden? Sollen sie das von uns allen erlebte Scheitern mancher Beziehung überhöhen oder im umgekehrten Fall weniger tragisch erscheinen lassen? Überlebt im Scheitern der anderen dennoch die Möglichkeit, dass es gut hätte gehen können, man sich dadurch ein Bild einer jungen, attraktiven Liebe bewahren kann, das keine Korrektur mehr zu fürchten braucht? Die Filmhistorikerin Daniela Sannwald, Kuratorin der international gezeigten Ausstellung »Romy Schneider: Wien – Berlin – Paris«, meint dazu: »Ich denke, dass es weniger um die Vergangenheit als um die Unerfülltheit der großen, einzigen Liebe geht. Man denkt doch, dass Romy ihr ganzes Leben lang niemanden mehr so geliebt hat wie Alain Delon, und bei ihm scheint es ja auch immerhin so gewesen zu sein, dass er in allen anderen Bereichen außer der Liebe zuverlässig und loyal war. Unerfüllte, große Lieben, verbunden mit Leid und Verzicht, sind Melodramen ...«4

Stilisierende Bezeichnungen wie ein »erotischer Mythos«, die Geschichte zweier »ewiger Verlobter«, »die größte Romanze des Jahrhunderts«, wie man die Verbindung zwischen Romy Schneider und Alain Delon unter anderem nannte, bergen, wie alle Superlative, Gefahren der Überzeichnung. Längst haben sich Fakten mit Legenden vermischt, und »Legende« bedeutet in Printmedien bezeichnenderweise auch »Bildunterschrift«. Das macht Sinn, denn vieles rund um die Amour fou zwischen Romy und Alain entstand als kurzer Satz unter Bildern, die ständig neu interpretiert wurden und werden. Wenn man sich dem Phänomen nähert, wird man akzeptieren müssen, dass es, wie alle Liebesgeschichten, nicht bis ins letzte Detail rekonstruiert werden kann – und muss. Vieles wird zu Recht verschlossen bleiben, für immer Privatsache zweier Liebender, die sich nach einigen Jahren entliebt und -lobt haben, um später zu einer bemerkenswerten Freundschaft – und daher auch einer besonderen Form der Liebe – zu finden. Ihre Geschichte wurde bereits in Ansätzen erzählt, dennoch lohnt es sich, den dabei entscheidenden Fakten nachzuspüren, sie präziser nachzuzeichnen, sich an ihnen neu zu orientieren.

Spontan betrachtet wirkt alles wie eine gut erfundene Story: Ein Flirt auf einem Filmset, aus dem Liebe wird. Einer heftigen Auseinandersetzung mit der Familie folgt die Entscheidung für den Geliebten. Der Aufbruch aus behütender Umgebung in ein fremdes Land zieht das Abflauen einer bis dahin sensationell verlaufenden Filmkarriere nach sich. Dafür ergeben sich erste internationale Kontakte, neue Rollenfächer sind in Aussicht, eine Kurzvisite in Hollywood, das Ende der Beziehung, festgeschrieben auf einem banalen Zettel. Zusammenbruch, Ende des ersten Akts, dem nach einem halbbürgerlichen Intermezzo ein noch dramatischerer zweiter folgt, in dem der frühere Geliebte zum verlässlichen Freund wird.

Man muss wohl im Grunde mit dem Ende beginnen, damit sich die Teile wieder zu einem Ganzen fügen, das ein neues, besseres Verständnis ermöglicht. Vieles lässt sich rekonstruieren, anderes bleibt im Privaten zweier Menschen verborgen, das zu teilen niemand außer ihnen ein Recht hat. Manches lässt sich spekulativ oder anhand von Aussagen anderer belegen, wobei die Möglichkeit, sich gelegentlich zu irren, in Kauf genommen werden muss. Man vertraue in diesen speziellen Fällen auf Péter Esterházys Satz: »Es ist elend schwer zu lügen, wenn man die Wahrheit nicht kennt.«5

29. Mai 1982

Es sind Szenen wie aus einem Film.

»Außen. Paris. Tag.«, würde man auf einer imaginären Drehbuchseite lesen können. Schauplatz, so die weitere Szenenanweisung, ist das moderne Appartementhaus Nr. 11 in der schmalen, ansonsten von historischen Gebäuden gesäumten Rue Barbet-de-Jouy im siebenten Pariser Arrondissement. Es ist der Vormittag des 29. Mai 1982, der Samstag des Pfingstwochenendes. Eine Horde an Fotografen und Fernsehteams hat sich versammelt, Schaulustige sich dazugemengt, die schnell erfragen, was der Anlass des Interesses ist. Auf der Windschutzscheibe eines Autos liegt die Morgenausgabe von France Soir, die Schlagzeile auf ihr lautet: »Romy Schneider s’est suicidée – Romy Schneider hat Selbstmord begangen«. Nur langsam ist die Öffentlichkeit bereit, das amtliche Verdikt »Herzversagen« zu akzeptieren.

Über den Rest darf man, wenn man möchte, spekulieren, denn die Stunden davor im gedachten Drehbuch anzusetzende Szene »Innen. Paris. Nacht.« war nicht für die Öffentlichkeit vorgesehen. Ihren letzten Auftritt gönnt das Schicksal Romy Schneider, der zu viel Beobachteten, im Off.

Freunde und Bekannte werden informiert, manche machen sich auf den Weg zur Totenwache, darunter auch Romys vertrautester Freund in Paris, Jean-Claude Brialy. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die zentrale männliche Gestalt in Romys Leben sich ebenfalls dort einfindet. »Ich war gerade fünf, zehn Minuten dort, als sich plötzlich die Türe öffnet [...] und Alain Delon steht im Zimmer«, erzählt Brialy. »Wir haben uns nicht abgestimmt, wir haben überhaupt nicht miteinander gesprochen. Und er kommt herein, schließt die Tür, tränenüberströmt. Er nimmt meine Hand und weint. Nach fünf Minuten sagt er mir diesen formidablen Satz: ›Lass uns, lass uns allein, sie und mich. Du hast hier nichts mehr zu tun.‹ Und ich bin gegangen.«6

Als Delon Stunden später das Haus verlässt, ist die Menge der Wartenden, die mittlerweile von Polizisten vom Eingangsbereich des Wohnhauses entfernt gehalten müssen, weiter angewachsen. Bevor der Schauspieler wieder ins Auto steigt, sagt er ein paar Worte. Es ist symptomatisch, welcher von Romy Schneiders »Lebensabschnittspartnern« sich im entscheidenden Moment der Presse stellt. Es ist weder ihr letzter Lebensgefährte noch ihr geschiedener zweiter Ehemann, sondern die bestimmende männliche Figur in ihrem Leben, obwohl die intime Beziehung der beiden fast zwanzig Jahre zurückliegt. Polizisten weisen ihm den Weg, seine Schritte sind weitausholend wie immer, die Hände fest in den Taschen seiner Anzugshose verankert, am Hosenbund glänzt ein Schlüsselbund. Fast in derselben Haltung führte er vierundzwanzig Jahre zuvor die Gesellschaft mit Romy und den anderen beiden Partnern aus der ersten gemeinsamen Filmproduktion, Christine, bei einem Stadtbummel an, die anderen hatten Mühe, mit ihm Schritt zu halten, nur Romys Hand gelang es, ihn zu erreichen. Für damals wie für heute gilt: Seine Miene ist angespannt. Diesmal ist der Grund jedem klar, er wirkt sichtlich betroffen, er verbirgt nicht, dass er geweint hat. Die ersten Worte seiner rauen, kehligen, aber nun leisen Stimme sind kaum verständlich, gehen unter in den Zurufen der Fotografen und Journalisten, die exklusive Fotos machen und Statements hören wollen. Später werden Bruchteile seiner improvisierten Rede zitiert, bei der er sich immer wieder unterbricht, Atem holt, mit der Fassung ringt. Zu den Dingen, die man seither zitiert, gehören: »Ich habe Romy gesehen ... Ihr Gesicht strahlt Ruhe aus ... Ich bin fast erleichtert für sie ... Dort, wo sie jetzt ist, hat sie Frieden gefunden [...] Es kann sich um einen Schwächeanfall gehandelt haben, aber ich glaube eher, daß ganz einfach das Herz einer Mutter nicht mehr konnte ... Ihr Tod begann, als sie David verlor [...] Das Schicksal hat ihr mit der einen Hand das genommen, was es ihr mit der anderen Hand gegeben hatte ... Der Preis für den Ruhm, wie man so sagt, sie hat ihn wirklich teuer bezahlt ... Für mich bedeutet es, daß 25 Jahre meines Lebens, meiner Karriere mit einem Schlag zuende sind. Ich werde ihr Lächeln nie vergessen, denn es kam aus ihrer Seele.«7 Danach geht er zu seinem Auto, ignoriert weitere Rufe, niemand wagt, sich ihm in den Weg zu stellen, es hätte der Einsatzkräfte, die ihn abschirmen, nicht bedurft.

Abgesehen von einer Betroffenheitsbekundung hat Delon mit seinem Statement auch etwas anderes erreicht. Was er sagt, steht am nächsten Tag in allen Zeitungen. Der Sinn der Botschaft war primär, den Verdacht des Selbstmords zu widerlegen. Auch dafür fand er ein paar explizite Worte: »Keiner von uns, nicht einmal ihr Arzt, konnte das vorhersehen. Man kann von ihrer schlechten Gesundheit sprechen, von einer Krise.« Und er wiederholt: »In Wirklichkeit ist Romy an gebrochenem Herzen gestorben. Ihr Sterben begann mit dem Tod von David.«8

Am 29. Mai 1982 wurde Romy Schneider amtlich für tot erklärt. Von nun an kann keine Wirklichkeit mehr das Bild korrigieren, das man sich längst von ihr gemacht hat, in aller Widersprüchlichkeit und Mannigfaltigkeit. Für das Publikum bleibt Romy Schneider in über sechzig Rolleninterpretationen lebendig. Sie habe so viele Figuren überzeugend darstellen können, meint die Journalistin Christiane Höllger über ihre Freundin, an eine Rolle allerdings habe die Schauspielerin selbst nie zur Gänze glauben können: an die, Romy Schneider zu sein.

Schon lange vor ihrem Tod war Romy Schneiders Leben Ausgangspunkt einer Legendenbildung, die seither unablässig anhält. In ihren letzten Lebensjahren hatte Schneider auf die Journalistenfrage »Haben Sie sich Ihr Leben ausgesucht, oder waren die Umstände ausschlaggebend?« in der ihr eigenen fatalistischen Art und Weise mit einer Gegenfrage geantwortet: »Kann man sich sein Leben überhaupt aussuchen?«9

I. »In der Liebe will man alles von einem einzigenMann haben. Und das ist nicht möglich.«

(Romy Schneider)

1958

Flucht aus der »Blatzheimwelt«

»Rosemarie Magdalena Albach war eine hervorragende Schauspielerin, sie war aber auch, was in dieser Branche selten ist, eine sehr intelligente Frau und eine hochsensible dazu«, stellt der Anwalt Heinrich Senfft zehn Jahre nach dem Tod seiner Klientin Romy Schneider fest, »in ihrer Jugend gab es leider niemanden, der ihr sagte, wie sie mit diesen Anlagen hätte umgehen sollen.«10

Dreiundvierzig Jahre und acht Monate vor jenem fatalen Tag im Mai 1982 wird Romy Schneider geboren. In Wien, jedoch nicht in Österreich, denn seit dem März 1938 liegt die Stadt in der »Ostmark«, einem Teil des Deutschen Reiches. Väterlicherseits waren ihre Vorfahren bis in die fünfte Generation Schauspieler. Ihre Großmutter, die Burgschauspielerin Rosa Albach-Retty, wird 1874 in Hanau geboren und stirbt 105 Jahre später in Baden bei Wien. 1906 kommt ihr Sohn Wolf zur Welt, der mit zwanzig Jahren ans Burgtheater engagiert wird. 1937 heiratet Wolf Albach-Retty die deutsche Schauspielerin Magda Schneider, ihr erstes Kind, Rosemarie Magdalena Albach, die sich später Romy Schneider nennen wird, kommt am 23. September 1938 zur Welt. Die ersten Lebensjahre verbringen Romy und ihr 1941 geborener Bruder Wolf-Dieter im oberbayrischen Schönau bei Berchtesgaden. Die Eltern sind zumeist mit Filmarbeiten beschäftigt, gehören zu den vielbeschäftigten Schauspielern des Dritten Reiches. 1945 wird die Ehe geschieden, die Kinder Magda Schneider zugesprochen. 1953 erhalten Romy und ihr Bruder einen Stiefvater, Magda Schneider heiratet den Kölner Großgastronom und Unternehmer Hans Herbert Blatzheim.

Nach der Volksschule besucht Romy das von geistlichen Schwestern geführte Internat auf Schloss Goldenstein bei Salzburg. Am 12. Juli 1953 verlässt sie die Schule, drei Tage später trifft sie in München ein, wohin Magda sie beordert hat. Der Produzent Kurt Ulrich hatte sie gefragt, ob sie sich vorstellen könnte, dass ihre Tochter an ihrer Seite in spielen könnte. Ihr Bruder Wolf-Dieter Albach erinnert sich »an die allerersten Tage ihrer Karriere. Vor den Dreharbeiten zum mussten erst einmal von dem vierzehnjährigen Mädchen Probeaufnahmen gemacht werden. Wäre sie nicht schon als Kind so außerordentlich fotogen gewesen, hätte womöglich alles einen anderen Weg genommen. In den ersten Jahren hat sie vor allem durch ihre Natürlichkeit begeistert, ihr wahres Talent und ihre Persönlichkeit zeigte sich jedoch erst in Frankreich, wo sie ihre große internationale Karriere begann.«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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