Schnelles Internet in Deutschland - Jürgen Kaack - E-Book

Schnelles Internet in Deutschland E-Book

Jürgen Kaack

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Beschreibung

Geschäftsmodelle und Fallbeispiele für den Breitbandausbau mit Schwerpunkt Nordrhein-Westfalen In diesem Buch geht es darum, wie Unternehmen und Kommunen zu einem zukunftstauglichen Glasfasernetz kommen. Jürgen Kaack zeigt die Möglichkeiten und Geschäftsmodelle im ländlichen Raum. Er stützt sich dabei auf die praktischen Erfahrungen, die er als Breitbandberater über Jahre hinweg gesammelt hat. Obwohl sich die rechtlichen Rahmenbedingungen ändern, haben sich die Vorgehensweisen und Lösungen bewährt. Die zahlreichen konkreten Fallbeispiele können als Vorbilder und Ideengeber dienen.

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Jürgen Kaack

Schnelles Internet in Deutschland Geschäftsmodelle und Fallbeispiele für den Ausbau mit Schwerpunkt Nordrhein-Westfalen

Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkung

0 Zusammenfassung

1 Entwicklung von Datenvolumen und Bandbreitenbedarf

2 Breitband ist die Basis für eine Smart City

2.1 T-City Projekt liefert Erkenntnisse

2.2 Die Smart-City braucht eine Organisation

2.3 Mit bürgerschaftlichem Engagement zu besseren Ergebnissen

3 Vorgehen zur Analyse der Versorgungssituation

4 Methodik zur Abschätzung der Bedarfe

5 Nutzungslücke bremst die Nachfrageentwicklung

6 Ansätze für einen nachhaltigen Breitbandausbau

6.1 Technologische Alternativen

6.2 FTTB-Ausbaukosten

6.3 FTTC-Ausbaukosten

6.4 Vectoring als Brückentechnologie

6.4.1 Nachteile der Vectoring-Technologie

6.4.2 Auswirkungen von Vectoring auf das Marktgeschehen

6.4.3 Wie Kommunen zum Vectoring-Ausbau kommen

7 Festlegung von Zielen für den Ausbau

8 Prüfung der Rahmenbedingungen

8.1 Prüfung des Einsatzes von Finanzierungsmitteln

8.2 Prüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen

8.3 Berücksichtigung von Förderprogrammen

9 Beispiele für Aktivitäten anderer Kommunen

9.1 Geschäftsmodelle für den Breitbandausbau

9.1.1 Ausbau mit Zuwendungen (Deckungslücke)

9.1.2 Ausbau unter Nutzung vorhandener Infrastrukturen

9.1.3 Ausbau mit bürgerschaftlichem Engagement

9.1.4 Ausbauoptionen mit Stadtwerken

9.1.5 Motivation von Netzbetreibern zum Ausbau

9.1.6 Kooperationen mit Infrastrukturbetreibern

9.1.7 Netzaufbau in Verbindung mit Sanierungsarbeiten

9.1.8 Gründung von Infrastrukturinstitutionen

9.1.9 Zweckverbände als interkommunale Aktivitäten

9.1.10 Eigenausbau der Betreiber mit Vectoring

9.2 Beispiele für umgesetzte Geschäftsmodelle

9.2.1 Ausbau mit Zuwendungen (Deckungslücke)

9.2.2 Ausbau unter Nutzung vorhandener Infrastrukturen

9.2.3 Ausbau mit bürgerschaftlichem Engagement

9.2.4 Ausbauoptionen mit Stadtwerken

9.2.5 Motivation von Netzbetreibern zum Ausbau

9.2.6 Kooperationen mit Infrastrukturbetreibern

9.2.7 Netzaufbau in Verbindung mit Sanierungsarbeiten

9.2.8 Gründung von Infrastrukturinstitutionen

9.2.9 Zweckverbände als interkommunale Aktivitäten

9.2.10 Vectoring als Brückentechnologie

9.2.11 Fazit und Übertragbarkeit auf Kreise und Kommunen

10 Von der Grundversorgung zu Glasfaseranschlüssen

10.1 Ein Umstieg auf Glasfaseranschlüsse ist unausweichlich

10.2 Die Trennung von Netz und Diensten wäre der Schlüssel

10.3 Ohne Nutzung von Synergien wird es zu teuer

10.4 Überbrückungslösungen aktiv suchen

10.5 Die Bedeutung eines Breitbandkoordinators

11 Neue Förderprinzipien für Glasfasernetze

11.1 Kriterium „billig“ statt „nachhaltig“?

11.2 Die Förderkulissen sind ungerecht

11.3 Die Grenzwerte hinken der Realität hinterher

11.4 Der bürokratische Aufwand behindert Projekte

11.5 Die Fristen bei der Abwicklung bergen Risiken

11.6 Ein Ausbau mit Fördermitteln verhindert die Aufrüstung mit Vectoring

11.7 Die Förderung der Grundversorgung einstellen!

11.8 Alternative Ansätze einer nachhaltigen Förderung

12 Maßnahmenplan für die Politik

13 Schritte zur Schaffung einer NGA-Netzinfrastruktur

Anhang

Anlage I: Detailbeschreibung ausgewählter Fallbeispiele

I.1 Kreis Heinsberg: Infrastruktur für Glasfaseranschlüsse

I.2 Arnsberg: Zukunftssicherheit durch NGA-Strukturen

I.3 Ennepetal: Breitbandausbau durch überraschende Leerrohre

I.4 Erftstadt: das bislang größte Ausbauprojekt in Nordrhein-Westfalen

I.5 Erkelenz und Wegberg: Breitbandausbau unter dem Einfluss von Vectoring

I.6 Geilenkirchen: Breitbandprojekt für 12 Stadtteile

I.7 Haltern am See: erfolgreiche Nutzung der Fernwasserleitung

I.8 Kaarst: Breitbandausbau auch ohne Fördermittel

I.9 Nettetal: Technologie-Mix

I.10 Rheurdt: Ausbau mit oberirdischer Verlegung

I.11 Kerken: Breitbandausbau in Streusiedlung und Straßendorf

I.12 Olpe: Kreisweiter Vectoring-Ausbau mit Mitteln aus dem Bundesförderprogramm

Anlage II: Rechtsgrundlagen und Förderprogramme

Anlage III: Glossar

Über STZ-Consulting Group

Vorbemerkung

Der Autor stützt diese Studie zu den Möglichkeiten und Geschäftsmodellen für den NGA-Breitbandausbau im ländlichen Raum auf seine eigenen Erfahrungen als Berater von Kommunen, Kreisen und Versorgungsunternehmen und auf allgemein zugängliche Informationen.

Aussagen zur weiteren Entwicklung des Marktes, des Kundenbedarfs und des Produktangebotes stellen eigene Annahmen dar und unterliegen im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung teilweise nicht vorhersehbaren und unbekannten Einflüssen und Trends. Insbesondere zukünftige technische Entwicklungen und das Verhalten der Marktteilnehmer können den Markt gegenüber den heute absehbaren Entwicklungen beeinflussen und verändern, sodass einige der im Folgenden getroffenen Aussagen vielleicht in dieser Form nicht eintreffen werden. Aussagen zu technischen Lösungen sind im Hinblick auf dynamische Weiterentwicklungen im zeitlichen Zusammenhang zu sehen.

Beschreibungen der rechtlichen und insbesondere beihilferechtlichen Aspekte bei der Umsetzung der Prozessschritte stellen keine rechtlich geprüften Empfehlungen dar (z.B. zur Genehmigungsfrage von Geschäftsmodellen durch die Aufsichtsbehörden, zu Beihilfefragen und zum Vergabe- und Vertragsrecht).

0 Zusammenfassung

Die Bedeutung von digitalen Diensten für viele Bereiche des beruflichen und privaten Lebens steht inzwischen wohl außer Frage, und auch die negativen Implikationen auf die Wettbewerbsfähigkeit einer Region mit schwacher Breitbandversorgung wurden untersucht. Digitale Dienste bedürfen einer leistungsfähigen Breitbandinfrastruktur, sodass sich die öffentliche Diskussion insbesondere mit den Wegen zu einer effizienten Umsetzung des Infrastrukturausbaus beschäftigen sollte. Die Ausgestaltung und der Nutzen von Cloud-Diensten sowie die Fragestellungen rund um Datensicherheit und Datenschutz haben unabhängig davon einen hohen Stellenwert, der zum Teil immer noch unterschätzt wird. Mit diesen Fragestellungen wird sich die vorliegende Abhandlung allerdings nicht weiter befassen. Im Folgenden geht es um die erforderlichen performanten Infrastrukturen, ohne die digitalen Dienste nicht effizient genutzt werden können.

Neben den technologischen Alternativen zur Herstellung eines Internet-Zugangs werden Wege und Geschäftsmodelle zur Verbesserung der Infrastrukturen aufgezeigt, die dann möglich sind, wenn ein Eigenausbau für Netzbetreiber nicht wirtschaftlich ist. Dies betrifft viele ländliche Gegenden, aber auch Randlagen von Städten und Gewerbegebiete. In diesem Fall sind Kreise und Kommunen als Initiatoren und Partner der Netzbetreiber gefordert.

Bei einem über die Jahre stetigen jährlichen Wachstum des über das Internet übertragenen Datenvolumens um über 20 % schaffen längerfristig nur durchgehende Glasfaserleitungen vom Netzknoten bis in die Betriebe und Wohnungen nachhaltig Zukunftssicherheit; andernfalls müsste man die Infrastruktur regelmäßig aufrüsten. Aber die flächendeckende Verlegung von Glasfasertrassen zu allen Haushalten ist unverhältnismäßig teuer und angesichts begrenzter Ressourcen nur über einen längeren Zeitraum überhaupt umsetzbar. Zudem schafft die derzeit gute Versorgung mit Brückentechnologien auf Basis der Kupferdoppelader sowie durch Kabelnetze für die Haushalte und Unternehmen kaum kurzfristige Anreize für einen Umstieg auf einen nachhaltigen Breitbandanschluss. Die generell eher geringe Wechselbereitschaft verhindert eine schnelle Amortisation und insbesondere Netzbetreiber mit einem großen Kundenstamm können mit einem Angebot auf der Basis neuer Infrastrukturen nur marginale Mehrumsätze erlösen, sodass der wirtschaftliche Anreiz in diesem Fall begrenzt bleibt.

Aus diesen Gründen ist in vielen Fällen ein Infrastrukturausbau in Phasen und über einen längeren Zeitraum sinnvoll. Dabei …

ist vordringlich zunächst eine verbleibende

Unterversorgung

(< 6 MBit/s im Downstream) zu beseitigen,

ist, falls möglich, gleichzeitig oder sequenziell

NGA-Fähigkeit

(> 30 MBit/s) sicherzustellen, und schließlich

ist die flächendeckende Errichtung von

durchgehenden Glasfaseranschlussnetzen

voranzutreiben, die in transparenter Form (Open Access) allen heutigen und zukünftigen Dienstebetreibern bei Interesse zur Verfügung gestellt werden.

Größere unterversorgte Gebiete (< 6 MBit/s) gibt es 2016 kaum noch in Deutschland. Wohl aber gibt es kleinere Ortschaften und Siedlungen in Randlagen, die Mangel leiden. Auch unterversorgte Gewerbegebiete gibt es noch in größerer Zahl, da es für manche Netzbetreiber wirtschaftlich sinnvoller erscheint, hochpreisige Direktanschlüsse für individuelle Geschäftskundendienste in einzelne Betriebe zu legen, als flächendeckend auszubauen.

Am Beginn jedes Breitbandvorhabens steht eine ausführliche Analysephase, in der die bestehende Versorgungslage möglichst detailliert untersucht wird, Bedarfspotenziale abgeschätzt, vorhandene Infrastrukturen identifiziert und Planungen von Infrastruktur- und Netzbetreibern abgefragt werden. Im Ergebnis lassen sich dann die Ortsteile und Gewerbegebiete im Untersuchungsgebiet geografisch und mit Kennzahlen beschreiben sowie beispielsweise in drei Gruppen unterteilen:

Gut versorgte Regionen

haben mehrheitlich > 30 MBit/s und in der Regel mehr als einen Anbieter mit eigener Infrastruktur.

Schwach versorgte Ortsteile

sind mit mehrheitlich zwischen 6 und 30 MBit/s versorgt, typischerweise nur durch einen Anbieter (z.B. die Deutsche Telekom).

Unterversorgte Wohn- oder Gewerbegebiete

verfügen nur über eine unzureichende Bandbreite < 6 MBit/s.

Ende November 2015 traf die Bundesnetzagentur die Entscheidung zum Ausbau der Nahbereichskabelverzweiger im Umkreis von 550 m um die ca. 7900 Hauptverteiler mit Vectoring. Das kann die Wettbewerbssituation unter den Telekommunikationsanbietern behindern – für den Ausbau von weißen NGA-Flecken bringt sie in der überwiegenden Zahl der Anschlüsse keinen Vorteil, da das Umfeld um die Hauptverteiler bereits heute ziemlich umfassend mit NGA-Werten > 50 MBit/s versorgt ist. Zudem finden sich in diesen Gebieten oft auch Anschlussnetze der Kabelnetzbetreiber mit Bandbreiten bis 400 MBit/s. Der 550-m-Umkreis um die Hauptverteiler ist somit in vielen Kommunen nicht nur ein grauer, sondern sogar ein schwarzer Fleck mit mehreren NGA-Infrastrukturen.

Eine Verbesserung der Versorgungslage in schwach und unterversorgten Gebieten kann entweder durch den Ausgleich der Deckungslücke erfolgen, die der Netzbetreiber für einen Ausbau ermittelt (für einen FTTC-Ausbau mit ADSL/VDSL), oder durch die Schaffung von Microduct-Netzen für die Verlegung von Glasfaserstrecken bis zum Hausanschluss (FTTB). Gebietskörperschaften sollten den Ausbau gemäß der Vorgaben der NGA-Rahmenregelung durchführen.

Eine effiziente Umsetzung setzt die langfristige Beschäftigung mit dem Breitbandausbau voraus. Mit einer vorausschauenden Planung und dem Aufbau eines Leerrohranschlussnetzes, z.B. in Verbindung mit allen Sanierungsarbeiten im Straßenraum bzw. in den Versorgungsnetzen, kann verhindert werden, dass in zehn bis 15 Jahren unverhältnismäßig hohe Investitionen in Breitbandinfrastrukturen anfallen. Sinnvolle Schritte können sein:

die Bestellung eines Breitbandkoordinators für die Gebietskörperschaft,

die Analyse der vorhandenen Infrastrukturen und der Versorgungslage,

die Festlegung von Zielen und die Ausgestaltung eines Geschäfts- und Kooperationsmodells für die Umsetzung,

die Ermittlung des derzeitigen und absehbaren Bedarfs bei Haushalten und Betrieben,

die Aufstellung eines Masterplans (im Sinne einer technischen Netzplanung auf Straßenzugebene mit Festlegung der erforderlichen Microduct-Strukturen) sowie

der mittelfristige Ausbau der Anschlussnetze unter Nutzung von Synergien bei Sanierungsarbeiten gemäß Masterplan.

1 Entwicklung von Datenvolumen und Bandbreitenbedarf

Durch die Entwicklung des World Wide Webs in den Neunzigerjahren hat sich das Nutzungsverhalten einer Mehrheit in der Bevölkerung erheblich verändert. Dies betrifft sowohl den privaten Bereich als auch das berufliche Umfeld. Gleichzeitig sind neue Dienste entstanden, die das Internet neben der Aufgabe als Informationsmedium um weitere, zunehmend multimediale Dienste erweitert haben.

In Deutschland nutzen derzeit (2014) laut Erhebung der Initiative D21 76,8% der Bürger das Internet (Abb. 1). Dies entspricht einem Wachstum von 0,3% gegenüber dem Vorjahr. Nach jährlichen Wachstumsraten von ca. 3% in den Vorjahren ist dies der schwächste Anstieg seit 2001. Die Breitbandnutzung ist von 2013 auf 2014 von 58,3% auf 59,2% gestiegen. In der Grafik beginnt Breitband bei 2 MBit/s, Schmalband umfasst DSL-light und Modem-Verbindungen.

Abb. 1: Internet-Nutzer und Internet-Zugang in Deutschland 2014 (Bild: (N)Onliner Atlas, Initiative D21, 2014)

Im Saarland liegt die Internet-Nutzung bei unterdurchschnittlichen 70,3 %, allerdings mit dem stärksten Zuwachs gegenüber dem Vorjahr in Höhe von 2,9%. Im Vergleich zeigt die aktuell intensivste Internet-Nutzung (83,5 %) im Stadtstaat Hamburg den weiteren Trend: Selbst bei dieser hohen Rate ist die Nutzung in Hamburg noch einmal um 1,9 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Die schwächste Internet-Nutzung findet sich in Sachsen-Anhalt mit 67,4 %.

Damit einher geht die laufende Zunahme des im Internet übertragenen Datenvolumens. Abb. 3 verdeutlicht, dass pro Anschluss in Deutschland jährlich um über 15% mehr Daten übertragen werden. Multipliziert mit dem immer noch zu verzeichnenden Teilnehmerwachstum führt dies zu einem erheblichen Anstieg des gesamten Internet-Datenvolumens in Deutschland. Weltweit steigt die übertragene Datenmenge jährlich um ca. 24%. Dies gilt sowohl für die letzten zehn Jahre als auch in der Prognose für die kommenden Jahre.

Die Entwicklung in den letzten Jahren zeigt, dass sowohl die Anzahl der Breitbandnutzer gestiegen ist als auch der monatliche Datenverkehr je Anschluss. Eine Studie von Cisco geht davon aus, dass sich das Datenvolumen in Deutschland in den nächsten vier Jahren verdreifachen wird. Laut Marktanalyse 2014 des VATM-Verbandes ist das übertragene Datenvolumen bis Ende 2014 auf 9,3 Mrd. GByte angestiegen – ein Zuwachs um 31% gegenüber 2013!

Diese Datenvolumen müssen nicht nur über die vorhandenen (Glasfaser-) Backbone-Netze transportiert, sondern auch am Hausanschluss übergeben werden. Da große Datenmengen bei der Übertragung umso länger benötigen, je geringer die verfügbare Bandbreite ist, wächst mit steigenden Volumen gleichzeitig die Forderung nach Anschlüssen mit hoher Bandbreite.

Auch bei der Breitbandnutzung hat sich eine Abschwächung des jährlichen Zuwachses ergeben: Während dem (N)Onliner Atlas 2015 der Zuwachs in Berlin von 2013 auf 2014 mit 3,3 % an der Spitze in Deutschland liegt, stagnieren die Zahlen für das Saarland gegenüber 2013.

Abb. 2: Entwicklung des IP-Datenvolumens in Deutschland in Millionen GByte; Werte für 2015 geschätzt (Bild: Dialog Consult/VATM-Analysen und -Prognosen, 21.10.2015)

Abb. 3: Entwicklung des IP-Datenvolumens pro Anschluss in Deutschland in GByte; Werte für 2015 geschätzt (Bild: Dialog Consult/VATM-Analysen und -Prognosen, 21.10.2015)

Von den derzeit 59,2% Breitbandnutzern in Deutschland hatten 44% im Jahr 2013 einen Anschluss mit < 10 MBit/s, bei den DSL-Anschlüssen hatten 2014 immer noch 35 % eine Bandbreite < 6 MBit/s. Gerade einmal 15,7% hatten 2013 einen Anschluss auf NGA-Niveau mit > 30 MBit/s. Dabei liegt der Wert für die Verfügbarkeit von NGA-Anschlüssen in Deutschland bei durchschnittlich ca. 75 % der Haushalte. Die Zurückhaltung, die hier zu beobachten ist, liegt an einer Vielzahl von Gründen, z.B. an den höheren Kosten für einen schnelleren Zugang, einem Wohnort ohne NGA-Verfügbarkeit, aber auch fehlenden Nutzungsanreizen oder der Verfügbarkeit schneller Anschlüsse am Arbeitsplatz. Allerdings belegt Abb. 4, dass es in den letzten Jahren einen stetigen Anstieg bei schnellen Breitbandanschlüssen gegeben hat. Erstmalig nutzt die größte Gruppe eine Bandbreite von 6 bis 16 MBit/s, und im Bereich von 16 bis 50 MBit/s liegt der Zuwachs gegenüber 2013 bei 30 % (von 17,4 auf 22,6 %)!

Abb. 4: Verteilung der vermarkteten Bandbreiten nur für DSL und FTTB-Anschlüsse; Werte für 2015 geschätzt (Quelle: Dialog Consult/VATM-Analysen und -Prognosen, 21.10.2015

Abb. 5: Verteilung von DSL und alternativen Breitbandtechnologien in Millionen Anschlüssen; Werte für 2015 geschätzt (Quelle: Dialog Consult/VATM-Analysen und -Prognosen, 21.10.2015)

Es herrscht unter Experten Einigkeit, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre 100 MBit/s am Hausanschluss in der Fläche verfügbar sein könnten. Dies können die Netzbetreiber allerdings nur über einen längeren Zeitraum und nicht vollständig flächendeckend erbringen.

NetCologne als einer der Vorreiter bei der Versorgung mit Glasfaseranschlüssen hat schon 2010 den ersten kommerziellen 1-GBit/s-Anschluss außerhalb von Sondervertragslösungen angeboten. Allerdings gibt es derzeit noch keine massenmarkttauglichen Dienste, die Bandbreiten > 50 MBit/s benötigen. Den höchsten Bandbreitenbedarf im Massenmarkt haben derzeit HD-Fernsehprogramme (ca. 20 MBit/s). Bei IPTV (Fernsehen über VDSL) steigt der Bandbreitenbedarf bei paralleler Nutzung (z.B. mehrerer unterschiedlicher HD-Programme), bei Fernsehen über ein Kabel-TV-Netz steht die Bandbreite für Daten unabhängig vom Fernsehen zur Verfügung, d.h. auch bei gleichzeitiger Nutzung mehrerer HD-TV-programme bleiben bis zu 200 MBit/s fürs Internet. Abb. 5 gibt einen Überblick über die Verteilung und Veränderung der Internet-Nutzung in Deutschland im Jahr 2014.

Höhere Bandbreiten werden derzeit noch eher individuell benötigt, z.B. für Rechner-Rechner-Kopplungen (Peer to Peer) oder für Videostreaming. Bei asymmetrischen Anschlüssen (ADSL, VDSL, DOCSIS 3.0) buchen Kunden gelegentlich höhere Bandbreiten, um die damit verbundenen höheren Upstream-Geschwindigkeiten zu erhalten. Das weitere Wachstum der Datennutzung wird zum einen getrieben von der steigenden Nutzung von Internet-TV (IPTV) und zum anderen von einer intensiveren Nutzung von Cloud-Diensten. Nach dem (N)Onliner-Atlas 2014 weisen Cloud-Applikationen mit 28 % das stärkste Wachstum gegenüber dem Vorjahr auf.

Neben diesen Mensch-Maschine-Applikationen wird dem M2M-Segment (Machine to Machine) für das Internet der Dinge ein starkes Wachstum zugesprochen. Im Bereich der Versorgungswirtschaft sind die Treiber die zeitnahe Ablesung von Zählerständen sowie die Steuerung in Smart-Grid-Zellen. Aber auch die individuelle Nutzung im Bereich der Hausautomation erzeugt zukünftig wachsende Datenströme. Zwar handelt es sich bei Zählerablesung und Aktuatorik um geringe Datenvolumen je Transaktion, allerdings mit einer sehr hohen Zahl einzelner Messstellen und Aktuatoren.

Eine leistungsfähige Telekommunikationsinfrastruktur stellt einen wesentlichen Standortfaktor für alle Kommunen dar. Dies belegen auch die von der IHK durchgeführten Erhebungen. Schnelle Breitbandzugänge gehören dabei zu den Faktoren, die Unternehmen als die wichtigsten nennen. Aufgrund der Zukunftssicherheit über einen längeren Zeitraum von ca. 50 Jahren wird in vielen Ländern verstärkt in den Ausbau von Glasfasernetzen investiert. In der Regel geht er von staatlichen Initiativen aus (z.B. in Großbritannien, Südkorea, Australien) und er ist teilweise mit erheblichem Mitteleinsatz verbunden. Bei Glasfaseranschlüssen liegt Deutschland heute nach OECD-Daten im relativen Vergleich nur im Mittelfeld auf Platz 9 hinter den skandinavischen Ländern, aber auch hinter den Niederlanden, Luxemburg und der Schweiz.

Es ist davon auszugehen, dass Deutschland für einen wirtschaftlich effizient durchgeführten flächendeckenden Glasfaserausbau 10 bis 20 Jahre benötigen wird. Anders als bei den heutigen Telekommunikationsinfrastrukturen wird dies nicht mehr alleine durch die Netzbetreiber erfolgen können und auch staatliche Initiativen alleine wären nicht effizient. Die Grafik in Abb. 5 illustriert, wie schwach die Präsenz von anderen Zugangstechnologien neben DSL in Deutschland bislang ist (Stand 2014). Sie umfassen u.a. Kabel-TV-Anschlüsse, Satellitenzugänge und Glasfaseranschlüsse (FTTB und FTTH) und machen nur 16,8% aller Breitbandzugänge aus. Dabei entfallen von den 4,7 Millionen alternativen Breitbandanschlüssen alleine 4,4 Millionen auf die Kabelnetzbetreiber (Jahresbericht der Bundesnetzagentur 2013), die mit derzeit 22% das stärkste jährliche Wachstum bei der Vermarktung von Breitbandanschlüssen erreichen.

Abb. 6: Entwicklung der Glasfaserhausanschlüsse (FTTB/FTTH) in Deutschland; Werte für 2015 geschätzt (Quelle: Dialog Consult/VATM-Analysen und -Prognosen, 21.10.2015)

2014 wurden in Deutschland lediglich 1,598 Millionen Haushalte mit Glasfaseranschlüssen versehen; das entspricht 0,5% aller Breitbandanschlüsse! Geschaltet wurden aufgrund konkreter Nachfrage 0,385 Millionen Anschlüsse – gerade mal 24,1 % der verfügbaren Anschlüsse (siehe Abb. 6). Das derzeit stärkste Wachstum verzeichnen hier die Kabelnetzbetreiber, die mittlerweile fast alle Netze rückkanalfähig ausgebaut haben und somit auch mit Vectoring-Angeboten der DSL-Anbieter konkurrieren können (allerdings mit schwächeren Upload-Werten). Da ca. 60% der Haushalte in Deutschland einen Kabel-TV-Anschluss im Haus oder in der Straße vor dem Haus haben, werden diese Werte voraussichtlich weiter steigen.

2 Breitband ist die Basis für eine Smart City

Neben den Standardanwendungen wie Telefonie, Internet und Fernsehen (Triple Play) ermöglicht ein offenes NGA-Netz die Realisierung von „kleineren“ und regional begrenzt interessanten Breitbandanwendungen. Dabei können Unternehmen, Organisationen und Vereine eigene Anwendungen als Dienste umsetzen und über die Diensteplattform zur Verfügung stellen.

Es gibt kaum Grenzen für solche Anwendungen; das Spektrum reicht von Online-Services für Kultur- und Sportvereine und lokalen Fernsehsendern mit Beiträgen zu Vorgängen, die keinen Eingang in überregionale Sender finden, über Transparenzangebote der Verwaltung, Mitmachvorhaben der Kommunalpolitik (E-Partizipation) und Bildungsangebote der Schulen bis hin zu rein kommerziellen Cloud-Computing-Diensten. Auch Älteren und pflegebedürftigen Menschen kann durch medizinische Unterstützung und Überwachung ein länger selbstbestimmtes Leben ermöglicht werden.

Im Bereich der Wohnungswirtschaft können vernetzte Hausautomationslösungen (Smart Homes) Mietobjekte attraktiver machen, Video- und Sensorüberwachung können die Sicherheit erhöhen und die Überwachung und Steuerung von elektrischen Verbrauchern reduziert den Strombedarf. Mithilfe einer intelligenten Steuerung von lokalen Energieverbrauchern und -erzeugern kann der Stromzukauf und -transport minimiert werden (Smart Grid). Für Stadtwerke entstehen so neue technische Möglichkeiten einer effizienten Netzsteuerung.

Neben den kommerziell ausgerichteten Angeboten ermöglicht ein offenes Breitbandnetz aber auch Anwendungen, die überwiegend aus bürgerschaftlichem Engagement oder ehrenamtlich geprägt sind. Damit sich diese Initiativen bilden können, bedarf es unter Umständen einer Unterstützung und Koordination durch den Kreis oder die Kommune. Gemeinsam mit dem Netzbetreiber müssen die technischen Voraussetzungen und Anbindungen geschaffen werden. Neben der Koordination durch die Verwaltung sollte eine Überwachung der Angebote erfolgen, damit weder illegalen Aktivitäten noch verfassungsfeindlichen Organisationen eine Plattform geboten wird. Insbesondere diese Kontrollfunktion kann in Zukunft eine besondere Herausforderung im Zusammenhang mit offenen Glasfasernetzen darstellen.

Ein erfolgreiches Beispiel für die Umsetzung eines Smart-City-Projektes ist die T-City in Friedrichshafen als Gemeinschaftsvorhaben der Deutschen Telekom, des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) und der Stadt Friedrichshafen: Über eine Projektlaufzeit von fünf Jahren wurden am Bodensee über 40 Projekte in allen Lebenslagen umgesetzt und in der Praxis erprobt (s. Anlage I.12).

Smart-City-Anwendungen laufen über Internet-Zugänge, und je nach Anwendung werden dabei schnelle Anschlüsse benötigt. Glasfaserhausanschlüsse dabei zu Recht als Inbegriff einer nachhaltigen Telekommunikationsinfrastruktur. Zunehmend mehr Kommunen, Kreise und Stadtwerke beschäftigen sich mit Konzepten für einen solchen Netzausbau. Der Aufwand ist allerdings nicht unerheblich, da für einen Glasfaseranschluss zunächst eine Verbindung zwischen dem Netzknoten und der Hauswand hergestellt werden muss. Üblicherweise muss man hierfür dünne Leerrohre, sogenannte Microducts, unterhalb der Bürgersteige verlegen.

Unter wirtschaftlichen Aspekten lohnen sich diese Investitionen, wenn sich ein möglichst hoher Teil der Bevölkerung für den neuen Anschluss entscheidet. Welche Quote dabei erzielt werden muss, hängt von den jeweiligen Voraussetzungen und den Zielen des verlegenden Unternehmens ab. Sie wird aber in den meisten Fällen zwischen 30 und 60 % liegen. Der Wechsel vom bisherigen Anbieter wird durch das Beharrungsvermögen der Nutzer erschwert (Anbieter-Loyalität) sowie dadurch, dass der Bedarf an höheren Geschwindigkeiten nicht besteht oder nicht erkannt wird. Schon mit 6 MBit/s können Nutzer Standardanwendungen im Internet erledigen; mit 25 MBit/s können sie ein HD-Fernsehprogramm empfangen. Wenn nicht mehrere Nutzer gleichzeitig volumenintensive Anwendungen ausführen, reichen 50 MBit/s noch über längere Zeit aus.

2.1 T-City Projekt liefert Erkenntnisse

Das T-City-Projekt in Friedrichshafen ist eines der frühen Beispiele für die Erprobung von Breitbandanwendungen in einer Kommune. Es wurde Anfang 2007 an Friedrichshafen vergeben und mit einer Laufzeit von fünf Jahren gestartet. Die Stadt erhielt nicht nur einen weitgehend flächendeckenden Ausbau mit Breitband nach VDSL-Standard, sondern auch ein Budget für die Umsetzung von innovativen Breitbandanwendungen in allen Lebensbereichen.

Als Innovationsprojekt ist T-City in beachtlichem Maße erfolgreich. Während der Laufzeit konnten in Friedrichshafen über 40 Vorhaben durch die Deutsche Telekom gemeinsam mit unterschiedlichen Partnern geplant und umgesetzt werden. Unter Berücksichtigung der Breite der fünf Innovationsfelder und der Komplexität der Vorhaben, die von Gesundheits- über Bildungs-, Verwaltungs-, Wirtschafts- bis zu Verkehrsthemen reichten, konnte eine funktionierende Zusammenarbeit mit vielen Partnern etabliert werden.

Diese Breite an Themen und Partnern stellte eine Herausforderung für das Projektmanagement dar. Im Nachhinein ist zu sagen, dass man das Projektmanagement vermutlich hätte vereinfachen können, wenn es eine integrierte Projektorganisation von Stadt und Deutscher Telekom gegeben hätte, anstatt zweier organisatorisch getrennter Projektbüros mit einer manchmal komplizierten Entscheidungs- und Abstimmungsstruktur. Zudem gibt es im Gemeinwesen einer Stadt nicht für alle der Themen formale Zuständigkeiten. Die Überwindung der meisten operativen Erschwernisse kann als eine weitere Erfolgskomponente verbucht werden.

Trotz großem Engagement der Partner ließen sich nicht in allen Projektfeldern Erfolge erzielen, da eine Umsetzung von manchen Themen mit Partnern aus der Stadt nur begrenzt möglich ist. Dies gilt z.B. für den Bereich der schulischen Bildung, für die das Land erster Ansprechpartner ist, aber auch für Projekte im Gesundheitswesen, die erst Eingang in den Leistungskatalog der Krankenkassen finden müssen. Obwohl einige Projekte die Testphase nicht überlebt haben – was für ein mutiges Innovationsprojekt nicht ungewöhnlich ist –, ist die Summe der erfolgreichen Einzelprojekte beeindruckend.

2.2 Die Smart-City braucht eine Organisation

Eines ist der Mehrzahl der Projekte allerdings gemeinsam: Sie strahlen kaum auf die anderen Projektfelder oder gar auf das Gemeinwesen der Stadt aus. Tatsächlich hätten die meisten Vorhaben in völlig getrennten Kommunen realisiert werden können. Innovationsgrad und Nutzen werden sicher bei den meisten der Projekte (z.B. Smart Grid, Smart Metering, Tumorkonferenz, die mobile Visite, das Bürgertelefon D115, die Prozessoptimierung in der Verwaltung) zu einer nachhaltigen Wirkung führen. Der hohe Aufwand der projektbegleitend durchgeführten Informationsveranstaltungen und Zielgruppenmaßnahmen ist dagegen nur bedingt erfolgreich gewesen. Von den zahlreichen Zielgruppenmaßnahmen hat nur das während der Projektlaufzeit geschaffene Senioren-Internet-Helfer-Netzwerk das Potenzial, sich über das Projektende hinaus zu verselbstständigen. Längerfristige Wirkung werden wohl auch die in allen Schulklassen durchgeführten Medienkompetenz-Seminare entfalten.

Ein umfassender Erfolg wird durch den „Konstruktionsfehler“ verhindert, dass die T-City Friedrichshafen zu Beginn nicht auf einer Bewegung in der Bevölkerung aufzusetzen konnte. Auch ist es nicht gelungen, dass das Projekt von der Bevölkerung mit eigenen Initiativen und Ideen „übernommen“ wurde. Einzelne technische Lösungen schaffen selbst bei einem hohen Innovationsgrad immer nur für begrenzte Zielgruppen einen Nutzen. Um eine breite Bewegung zu begründen, scheint mehr erforderlich als die Summe begrenzter Einzelnutzen. Zusätzlich hat die Mutmaßung der Bevölkerung, man habe es mit einer Werbe- oder gar Verkaufskampagne der Telekom zu tun, die Projektwahrnehmung behindert. Auch der durchgehend technische Ansatz hat den Fokus eingeengt. Für das Gelingen eines umfassenden Smart-City-Projektes hätte es vielleicht neben der Deutschen Telekom weiterer Projektträger ohne oder mit anderem Technikansatz bedurft.

2.3 Mit bürgerschaftlichem Engagement zu besseren Ergebnissen

Bürgerbeteiligungsprojekte (klassisch oder online) als vorlaufende und begleitende Maßnahmen hätten vielleicht die erforderliche „Bewegung“ in der Bevölkerung geschaffen. Dabei sollte E-Partizipation nicht mit Themen beginnen, die komplex und vorbelastet sind (wie der städtische Haushalt); zudem sollte sie regelmäßig „geübt“ werden. Wenn die Themen für eine ausreichende Zahl von Bürgern relevant sind und die Ergebnisse bei der anschließenden Entscheidungsfindung für die Umsetzung berücksichtigt werden, ergeben sich häufig vielversprechende Ansätze.

Leider konnte während der Projektlaufzeit in Friedrichshafen kein E-Partizipationsprojekt aufgesetzt werden – vermutlich, weil Politik und Verwaltung Forderungen und Wünsche der Bürger fürchteten und sich für eine Durchführung organisatorisch noch nicht gut genug aufgestellt wähnten. Dabei könnten Kommunen ein Bürgerbeteiligungsprojekt gerade durch moderne Kommunikationstechnik effizient und transparent gestalten. Als Ergebnisse stünden Ideen für Innovationsvorhaben, die eine Chance auf eine bessere Breitenwirkung und mehr Strahlkraft haben. Es wäre es wert, einen neuen Versuch zu wagen und die Erkenntnisse aus der T-City für ein neues Smart-City-Vorhaben zu nutzen!

3 Vorgehen zur Analyse der Versorgungssituation

In vielen Kommunen vermarkten die Deutsche Telekom und Unitymedia Dienste über eine eigene leitungsgebundene Infrastruktur an private Verbraucher. Für Unternehmen sind mit eigener Infrastruktur primär die Deutsche Telekom und auf Geschäftskunden spezialisierte Anbieter tätig (z.B. Versatel). Neben diesen Anbietern gibt es Reseller und Service Provider, die die TAL (Teilnehmeranschlussleitung) der Deutschen Telekom nutzen. Die vier Mobilfunkbetreiber Vodafone, T-Mobile, E-Plus und O2 sind mit UMTS, HSDPA und teilweise mit LTE-Netzen tätig. Gelegentlich finden sich im Stadtgebiet neben den Telekommunikationsinfrastrukturen auch Leerrohr- oder Glasfaserinfrastrukturen von Industrieunternehmen oder Betreiber von Ferngas- und Fernwasserleitungen.

Da es im Rahmen eines NGA-Projektes aufwendig ist, alle geeigneten Infrastrukturen ausfindig zu machen, können Kreise und Kommunen gezielte Abfragen über den Infrastrukturatlas der Bundesnetzagentur starten. Bislang war die Meldung der Infrastruktureigentümer zwar freiwillig, aber zumindest diejenigen Betreiber, die ein Interesse an einer Vermietung haben, dürften bereits heute erfasst sein. Informationen über den Infrastrukturatlas, Muster des Nutzungsvertrages und des Abfrageantrags finden sich zusammen mit Kontaktdaten für Ansprechpartner auf der Seite der Bundesnetzagentur: http://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/Telekommunikation/Unternehmen_Institutionen/Breitband/Infrastrukturatlas/infrastrukturatlas-node.html.

Dass Klarheit über die tatsächliche Versorgungssituation besteht, ist eine wesentliche Voraussetzung für eine Beschäftigung mit dem Breitbandausbau. Bevor eine vertiefende Analyse z.B. durch eine Befragung bei Haushalten und Unternehmen durchgeführt wird, gibt der Breitbandatlas des Bundeswirtschaftsministeriums einen schnellen Überblick über die verfügbaren Bandbreiten. Unter dem Link http://www.zukunft-breitband.de/Breitband/DE/Breitbandatlas/BreitbandVorOrt/breitband-vor-ort_node.html ist die Abfrage öffentlich und kostenfrei zugänglich. Durch die Zoom-Funktion kann man die Versorgung auf Flächen bis zu einer Genauigkeit von 250 × 250 m unterscheiden. Die Ergebnisse basieren auf Meldungen der verschiedenen Netzbetreiber; mögliche Unschärfen können meistens durch gezielte Abfragen bei den vor Ort tätigen Netzbetreibern ausgeräumt werden; genauere Ergebnisse liefert erst eine breite Befragung von Haushalten und Betrieben. Wie viele Einwohner und Betriebe betroffen sind, ist den Breitbandatlas-Angaben nicht zu entnehmen. Bei der Identifikation von Netzbetreibern unterstützt der Breitbandatlas mit dem „Anbieter- und Technologieverzeichnis“.

Bei den DSL-Technologien, die auf die Kupferdoppelader als Anschlussmedium für die „letzte Meile“ setzen, ist eine genaue Angabe der Bandbreite kompliziert, da sie durch die Signaldämpfung wesentlich von der Länge der Teilnehmeranschlussleitung vom Knoten bis zum Hausanschluss abhängt, aber auch vom Durchmesser und von der Qualität der Kupferleitung. Anhand der statistischen Angaben lässt sich aber bereits ableiten, welche maximale Bandbreite erreicht wird und wie viele Anschlüsse in welche Bandbreitenkategorie fallen. Genauere Informationen liefern Übersichten mit den Standorten der Kabelverzweiger und Angaben zur Dämpfung. In vielen Kommunen trifft dies insbesondere auf die flächendeckend vertretene Deutsche Telekom mit ihrem ADSL-/VDSL-Netz zu.

Abb. 7: Leitungsgebundene Versorgung mit mindestens 6 MBit/s (Quelle: Breitbandatlas des BMVI, Januar 2016)

Abb. 8: Leitungsgebundene und drahtlose Versorgung mit mindestens 6 MBit/s (Quelle: Breitbandatlas des BMVI, Januar 2016)

Falls vor Ort ein Kabelnetz (in Teilen) vorhanden ist, ergibt sich dieses Problem durchschnittlicher Bandbreitenwerte nicht, da im Koaxialkabel in den Anschlussnetzen nur eine zu vernachlässigende Dämpfung zu messen ist. Somit kann man davon ausgehen, dass in den gekennzeichneten Gebieten der Versorgungskarte alle Anschlüsse mit der maximalen Bandbreite erreicht werden (bei DOCSIS 3.0 derzeit 150 MBit/s im Downstream).

Die im Breitbandatlas sichtbaren Gebiete mit < 6 MBit/s zeigen noch vorhandene Unterversorgung (Abb. 7). Berücksichtigt man auch mobile Zugangstechnologien (Abb. 8), so werden die unterversorgten Gebiete noch einmal sehr viel kleiner.

Abb. 9: Leitungsgebundene Versorgung mit mindestens 16 MBit/s (Quelle: Breitbandatlas des BMVI, Januar 2016)

Bei Auswahl einer Bandbreite > 16 MBit/s (Abb. 9) zeigt sich immer noch eine sehr weitgehende Versorgung. Allerdings fällt die Bandbreite insbesondere in den östlichen und mittleren Gegenden Deutschlands deutlich ab. Das liegt an den dort typischerweise häufiger anzutreffenden längeren Anlaufstrecken und der dünneren Siedlungsdichte. Dort ist die Versorgung mit 16 MBit/s auch 2016 noch nicht befriedigend.

Abb. 10: Leitungsgebundene Versorgung mit mindestens 50 MBit/s (Quelle: Breitbandatlas des BMVI, Januar 2016)

Bei Auswahl > 50 MBit/s (Abb. 10) bleiben in erster Linie DOCSIS 3.0 und VDSL- sowie Vectoring-Anschlüsse übrig. Ganze Landstriche verfügen derzeit noch nicht über einen Zugang zum Internet, der dem heutigen Standard und dem Ziel der Bundesregierung für 2018 entspricht.

Bei Funklösungen ist die Beurteilung der Versorgungssituation schwieriger. Der tatsächliche Versorgungsgrad ist aufgrund der Physik der Funkausbreitung nur schwer anzugeben. Wegen Abschattung, Reflexionen und Interferenzen sind die Ergebnisse lokal nicht einfach vorhersehbar. Trotzdem geben die Abdeckungskarten (Abb. 11 für LTE) auch für diese Technologien einen ersten Überblick: Bis auf ländliche und dünn besiedelte Gegenden sowie topografisch anspruchsvolle Gebiete wie Mittelgebirge sind laut Breitbandatlas die meisten Orte in Deutschland mit LTE (T-Mobile, Vodafone, O2) unversorgt.

Abb. 11: Mobilfunkversorgung mit LTE (Quelle: Breitbandatlas des BMVI, Januar 2016)

Bei der Bandbreite wird in der Regel – wie bei einer DSL-Versorgung – die maximal verfügbare Bandbreite angegeben. Da sich aber alle Nutzer die in einer Funkzelle verfügbare Übertragungskapazität teilen (Shared Medium), kann die tatsächliche Bandbreite über den Tagesverlauf in einem größeren Bereich schwanken. Das LTE-Netz ist primär im Hinblick auf die mobile oder portable Internet-Nutzung zu sehen und ergänzt in diesem Sinne eine Festnetzanbindung. Ein Ersatz für eine leitungsgebundene Anbindung stellt Funk nur in Ausnahmefällen und dabei insbesondere als Brückentechnologie dar.

Zur genaueren Bestimmung der Versorgung an einem bestimmten Ort müssen die Ergebnisse einer Abfrage bei den einzelnen regional tätigen Anbietern übereinandergelegt und mit den Daten zur Verteilung der Bevölkerung und der Gewerbebetriebe abgeglichen werden. Auf diesem Wege ergibt sich auf der Ebene der Ortsteile und Teilorte ein erster Überblick über die tatsächliche Versorgungssituation und die maximal verfügbaren Bandbreiten; genauer als auf Ortsteilebene wird dieser Analysemethode nur bei den Kabelnetzbetreibern. Korreliert man nun die Bevölkerungs- und Gewerbeverteilung mit den Abdeckungskarten, so lässt sich in erster Näherung abschätzen, wie viele Haushalte und Unternehmen mit welcher maximalen Bandbreite erreicht werden.

Diese Analysemethode hat aufgrund teils fehlerhafter, teils veralteter Angaben der Netzbetreiber allerdings mehr oder weniger große Unschärfen. Mögliche Begrenzungen in der Port-Kapazität bei ADSL-/VDSL-Netzen lassen sich damit ebenfalls nicht erkennen. Genauere Daten erhält man nur durch Dämpfungsmessungen an den einzelnen Anschlüssen bzw., mit geringerer Präzision, durch eine vollständige Erhebung durch Fragebogen. Vor einer Investitionsentscheidung sollten also vertiefende Analysen durchgeführt werden.

Bei Unitymedia kann man eine Versorgungstabelle auf der Ebene von Wohneinheiten mit Angabe von Straßen und Hausnummern abfragen, sodass sich die Versorgung punktgenau ablesen lässt. Bislang hat Unitymedia allerdings kaum Gewerbegebiete ausgebaut, sodass sich die Ergebnisse nur auf Wohngebiete und Privathaushalte beziehen. Durch die Leistungsfähigkeit des Koaxialkabels mit Bandbreiten von heute 150 MBit/s und theoretisch bis über 400 MBit/s bietet das Kabelnetz eine hochleistungsfähige Infrastruktur, die für die Ansprüche der nächsten Jahre voll ausreicht. Ein Überbau dieser Netze ist sowohl beihilferechtlich als auch unter Marktgesichtspunkten kritisch zu sehen. Allerdings kann die Schaffung von Leerrohranschlussnetzen im Beilauf zu anderen Maßnahmen als Zukunftssicherung sinnvoll sein (z. B. im Rahmen von Sanierungen im Versorgungsnetz). Eine beihilferechtliche Prüfung für diesen Fall liegt noch nicht vor.

Die Deutsche Telekom stellt grafische Übersichten der Dämpfungswerte zur Verfügung, die einen unmittelbaren Vergleich mit der Versorgungskarte von Unitymedia erlauben. Ein Aufbruch nach Straßen und Hausnummern ist allerdings nicht verfügbar.

In vielen Regionen sind neben der Deutschen Telekom und den Kabelnetzbetreibern (z.B. Kabel Deutschland und Unitymedia mit DOCSIS 3.0) auch die Anbieter Vodafone (DSL, LTE und Mobilfunk), E-Plus (LTE und Mobilfunk), NetCologne (Kabel-TV) und Telefónica (Mobilfunk) vertreten. Außerdem sind einige Reseller tätig, die auf das Anschlussnetz der Deutschen Telekom zurückgreifen. Satellitendienste werden unter anderem von DSL-o-Sat, Eusanet, Eutelsat, Filiago, iP Softcom, skyDSL und StarDSL angeboten.

Da die Infrastrukturen der Kabelnetzbetreiber und der Deutschen Telekom auf den alten Netzstrukturen der „grauen“ Post basieren, sind die Ergebnisse nach Anschlussbereichen weitgehend vergleichbar. Bei der Bewertung ist zu beachten:

Kabelnetzbetreiber geben die Versorgung in Wohneinheiten an (und das bedeutet nicht zwangsläufig Haushalte, z.B. bei Häusern mit Einliegerwohnung oder bei Mehrgenerationenhäusern), die Telekom verwendet Anschlüsse, wobei insbesondere bei Mehrfamilienhäusern mehrere Haushalte über einen Anschluss versorgt werden. Die Vergleichbarkeit der Werte hat somit ihre statistischen Grenzen, die erst durch eine Befragung aufgelöst werden können.

Weder die Angaben zu Anschlusszahlen noch zu Wohneinheiten lassen eine einwandfreie Umrechnung in Haushalte und Betriebe zu.

Zahlen der Kabelnetzbetreiber beziehen sich nur auf Privathaushalte, da historisch keine Gewerbegebiete erschlossen wurden.

Bei Unternehmen wird aufgrund des höheren Kommunikationsbedarfs (z.B. in Form von Multiplex-Anschlüssen) mit 1,4 Anschlüssen je Betrieb kalkuliert.

Telekom-Daten enthalten nur die eigenen Kunden, keine Wechsler zu anderen Netzbetreibern oder Resellern.

Telekom-Anschlussbereiche können über die Stadtgrenzen hinausgehen.

Bei Telekom-Angaben sind neben Privathaushalten alle (Telefonie-) Anschlüsse der Unternehmen enthalten, die nicht vollständig gewechselt haben.

Durch einen ersten überschlägigen Abgleich der Versorgungsgebiete lassen sich unterversorgte Bereiche finden. Bei einer zusätzlich durchzuführenden Feinanalyse sind die oben genannten Fehlerquellen zu berücksichtigen. Genauere Werte können erst in Verbindung mit einer flächendeckenden Befragung oder durch eine Dämpfungsmessung ermittelt werden; aber auch hierbei werden Unsicherheiten verbleiben: Mehrfachanschlüsse bei Unternehmen, Mehrfamilienhäuser und Einzelanschlüsse bei Mehrgenerationenhaushalten etc.

4 Methodik zur Abschätzung der Bedarfe