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Sabine Schmidt

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Beschreibung

Nasti, eine 18-jährige Münchnerin, wird 1984 von einem berühmten Modedesigner auf der Straße als Fotomodell entdeckt. Voller Lebenshunger und Sehnsucht nach Liebe überlässt sie dem charismatischen Modezaren die Führung. Er bringt ihr Leben auf wundersame Weise zum Leuchten. Sabine Schmidt zeigt, dass hinter der Welt der Schönen und des Scheins mehr steckt als Oberflächlichkeit, nämlich ein Geheimnis, das bewahrt werden will.

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Sabine Schmidt

Schnuller

Eine Liebe während der Fashion Week

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Schnuller

Sie saß vor ihrem Laptop und sah, wie Carsten Freudenreich mit seinem fünfzehn Jahre alten weißen Pudel namens Schnuller im Park seines schlossartigen Hauses herumtollte. Der Modedesigner war wie sie auch in die Jahre gekommen, sah aber trotz seiner vielen Falten noch sehr attraktiv aus. "Wie lange ist das jetzt her, dass ich ihn zum ersten Mal traf?", fragte sich Nastassja Albers.

Sie fand es furchtbar, dass Freudenreich den Pudel als Markenzeichen für sein Modeimperium benutzte. Auf einem zu diesem Zweck eingerichteten Facebook-Account warb Schnuller für die neuesten Kreationen des Meisters, indem er andachtsvoll mit Schleife um den Hals neben den Models saß oder sich auf deren Schoß kuschelte und wie ein Partylöwe in die Kamera blickte.

"Man sollte den Tieren ihre Würde lassen!", sagte Naomi, Nastassjas 30-jährige Tochter, die soeben in den Salon gekommen war. Mutter und Tochter sahen sich überhaupt nicht ähnlich. Als sie die Neugeborene zum ersten Mal im Arm hielt, hatte Nastassja angenommen, dass es sich um eine Verwechslung handeln müsste, denn das Baby besaß eine relativ dunkle Hautfarbe und dichtes pechschwarzes Haar, während sie selbst eine überaus helle Haut und hellblondes Haar hatte. Mit dem Vater bestand ebenfalls keine Ähnlichkeit, da Carsten Freudenreich in jungen Jahren eine dunkelblonde Mähne hatte, auf die er sehr stolz war, und sehr helle empfindliche Haut. Er ahnte bis zum heutigen Tag nichts von seiner Vaterschaft und das war auch gut so. Nastassja Albers wollte das auch nicht ändern, denn sie war überzeugt davon, dass ein Modedesigner von internationalem Ruf als Vater für das Kind eher von Nachteil gewesen wäre.

"Ich finde es auch schrecklich, dass Carsten Freudenreich Schnuller so für seine Werbezwecke missbraucht!", ließ Nasti verlauten. 

"Ich werde gleich mal einen kritischen Videoclip zu diesem Thema auf YouTube hochladen.", sagte Naomi und eilte in ihr Zimmer. Sie war stets darauf bedacht, möglichst viel Feedback zu ihren Beiträgen auf ihrem Kanal zu bekommen und ein Post über den weltbekannten Modeschöpfer Carsten Freudenreich erfüllte alle Voraussetzungen für einen Erfolg im Netz. Sie war stolz auf ihre 100 000 Follower. Natürlich hatte sie ihre Bekanntheit ihrer berühmten Mutter zu verdanken, die in den 1980er Jahren weltweit als Topmodell die Titelseiten der größten Modezeitungen geschmückt hatte. Alle wussten, wer Nasti Albers war, seit die Vogue getitelt hatte: "Superblond, superschön, super Nasti!"

Der Designer und das Mädchen

Carsten Freudenreich war die 18-jährige Nastassja Albers 1984 in München aufgefallen, wo sie als Hundesitter jobbte. Sie führte damals 7 Hunde verschiedenster Rassen aus, als Freudenreich mit seinem Cabrio vorbeifuhr und anhielt. Er war damals 45 Jahre alt und hatte bereits den Höhepunkt seiner Karriere erreicht. Trotz ihrer verwaschenen Jeans und des Schlabbershirts hatte der Designer das große Potential erkannt, das in Nastis Auftreten steckte, denn sie sah Kim Basinger zum Verwechseln ähnlich. Nasti stammte aus einer bescheidenen Familie, weswegen sie sich ihr Taschengeld durch verschiedene Jobs aufbessern musste. Ihr Vater war Postangestellter und konnte sich keine großen Sprünge erlauben, die Mutter kümmerte sich als Hausfrau um ihren Mann und die zwei Kinder. Neben Nasti hatten sie noch eine zwei Jahre ältere Tochter, die auf Lehramt studierte.

"Hallo, schönes Fräulein!", sprach sie der Modezar von seinem roten Alfa Romeo Spider aus an und fuhr im Schritttempo neben ihr her. Es war ein wunderschöner warmer Frühlingstag, weswegen er das Dach seines Zweisitzers zurückgeklappt hatte.

Das junge Mädchen war anfangs überrascht und wusste nicht, wie es sich verhalten sollte. War das wieder so ein Typ, der sie bloß anmachen wollte, um mit ihr auszugehen und sie dann rumzukriegen, mit ihm ins Bett zu gehen? Sie ging weiter und rief ab und zu den Hunden etwas zu, doch aus den Augenwinkeln heraus musterte sie den Fremden mit unverhohlenem Interesse. Er hatte ein schmales sensibles Gesicht und volles seitlich gescheiteltes Haar mit einem akkuraten Schnitt - es fiel ihm leicht in die Stirn - was ihm ein jugendliches Aussehen verlieh. Als er seine Sonnenbrille abnahm, kamen ein paar sympathische Lachfältchen um die Augen herum zum Vorschein, sein Lächeln entblößte makellose Zähne wie sie eigentlich sonst nur berühmte Schauspieler vorzuweisen hatten. Er trug eine karierte Jacke und dazu ein fein gestreiftes Hemd mit schwarzer Krawatte.

"Was wollen Sie von mir? Sehen Sie nicht, dass ich voll und ganz beschäftigt bin?", sagte Nasti Albers mit einem stolzen Blick auf die bunte Schar ihrer vierbeinigen Schützlinge. "Oliver, bleib stehen, damit ich deine Leine richten kann!", rief sie einem freundlich dreinblickenden Collie zu, dessen rechter Fuß sich im braunen Lederband verheddert hatte. Während sie den Fuß des Collies befreite, hielt Carsten Freudenreich seinen Sportwagen an und stieg aus. Er war großgewachsen und sehr schlank. Vom Akzent her schien er eher aus dem Norden zu stammen als aus München.

"Darf ich Ihnen helfen?", fragte der Modezar und hielt eine winzige Chihuahua-Hündin fest, die sich soeben aus Nastis Griff befreit hatte und dabei war, sich unter Carstens Sportwagen zu verstecken.

"Danke, das ist sehr nett von Ihnen.", erwiderte die Hundebetreuerin verlegen. Ihr Herz begann zu rasen. Was wollte so ein gutaussehender Millionär von ihr?

"In einem Sommerkleid sehen Sie bestimmt aus wie das Bond-Girl Kim Basinger!", rief Carsten voller Begeisterung.

Nasti fühlte sich geschmeichelt, doch ihre Eltern hatten sie dazu erzogen, stets bescheiden zu sein und sich nichts auf ihr gutes Aussehen einzubilden.

"Lern was Anständiges, denn Schönheit vergeht!", tönte es ihr noch in den Ohren.

"Hätten Sie Lust, meine neue Kollektion auf der Fashion Week in Paris zu präsentieren?", fragte sie der Designer ohne Umschweife. Er hatte eine entwaffnende Art, mit Menschen umzugehen und meistens erhielt er das, was er wollte. Nastis uneingeschränkte Sympathie gewann der Modemacher jedoch durch eine Geste, die nicht jedermanns Sache gewesen wäre. Er war sich nämlich nicht zu fein, die Exkremente einer Dogge, die sich in diesem Moment völlig unverfroren unmittelbar vor dem Modezaren erleichtert hatte, einzusammeln, nachdem er Nasti um eine Plastiktüte gebeten hatte, die sie zu diesem Zweck stets bei sich führte, und sie samt Inhalt vorschriftsmäßig in einem Abfalleimer zu entsorgen. Nun lächelte Nasti ihn zum ersten Mal an. In diesem Moment sah sie wirklich aus wie Kim Basinger in "Sag niemals nie".

"Gern, aber wie stellen Sie sich das vor?", fragte das junge Mädchen unsicher.

"Ganz einfach: Treffen wir uns heute Abend um acht in der Seerose in Schwabing und dort besprechen wir dann alles Weitere."

"OK, ich werde dort sein.", antwortete Nastassja Albers.

"Hier ist meine Karte." Der Modeschöpfer reichte ihr seine Visitenkarte.

Auf Leinenpapier konnte man in goldenen Lettern lesen: Carsten Freudenreich – Modeschöpfer – Turmweg 33 Hamburg-Pöseldorf.

Darauf hatte der Designer mit schwarzem Filzstift seine Telefonnummer geschrieben, unter der er in München zu erreichen war. 

"Tschüssi!", rief er ihr noch zu, dann stieg er in seinen Spider und raste davon. Nasti blieb einen Augenblick reglos stehen, dann fasste sie sich wieder, streichelte dem Collie und der Dogge übers Fell und machte sich auf den Heimweg.