Sharpes Geheimnis - Bernard Cornwell - E-Book
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Sharpes Geheimnis E-Book

Bernard Cornwell

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Beschreibung

Major Richard Sharpes Regiment befindet sich in tödlicher Gefahr. Sie geht jedoch nicht vom französischen Feind aus, sondern von den Bürokraten in Whitehall. Vergebens wartet Sharpe in Spanien auf Verstärkung für sein Regiment. Fest entschlossen, seine Männer vor dem sicheren Untergang zu bewahren, kehrt er nach England zurück, um Hilfe zu holen. Doch dort stößt er auf ein Nest hochrangiger Verräter - und sieht sich einem Kampf gegenüber, der härter sein wird als alle Schlachten, die er jemals geschlagen hat.


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Inhalt

Cover

Über den Autor

Titel

Impressum

Widmung

Zitat

VORWORT

PROLOG

ENGLAND

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

KAPITEL 12

KAPITEL 13

KAPITEL 14

KAPITEL 15

KAPITEL 16

KAPITEL 17

KAPITEL 18

KAPITEL 19

KAPITEL 20

EPILOG

HISTORISCHE ANMERKUNG

Über den Autor

Bernard Cornwell wurde 1944 in London geboren. Er arbeitete lange für die BBC, unter anderem in Nordirland, wo er seine Frau kennenlernte. Heute lebt er die meiste Zeit in den USA. Er ist Autor zahlreicher international erfolgreicher historischer Romane und Thriller. Die Sharpe-Serie, die er in den 80er-Jahren zu schreiben begann, hat Kultstatus erreicht und wurde von der BBC mit Sean Bean in der Hauptrolle verfilmt.

Bernard Cornwell

SHARPESGEHEIMNIS

Richard Sharpe und die Invasionvon Frankreich Juni und November 1813

Aus dem Englischen vonJoachim Honnef

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Überarbeitete Fassung des 1992 bei Bastei Lübbe erschienenen Romans»Sharps Geheimnis«

Für die Originalausgabe:Copyright © 1986 by Bernard CornwellTitel der englischen Originalausgabe: »Sharpe’s Regiment«Published by arrangement withMarco Vigevani & Associati Agenzia Letteraria,on behalf of Toby Eady Associates Ltd.

Für die deutschsprachige Ausgabe:Copyright © 2016 by Bastei Lübbe AG, KölnTextredaktion: Rainer DelfsTitelillustration: © Bao PhamUmschlaggestaltung: Guter Punkt, München

E-Book-Produktion: Urban SatzKonzept, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-2284-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Sharpes Geheimnisist mit großem Respekt Sharpes Nachfolgern,

Hätte also irgendwer Lust, sich zum Heeresdienst zu meldenEinige ehemalige Kriegsteilnehmer oder enttäuschte HeldenFreunde des Aufenthalts im Freien, unruhige GeisterLehrlinge mit einem allzu strengen MeisterSöhne mit pflichtvergessenen Eltern, allenfallsEin Tagelöhner mit zu wenig Leben, ein Ehemann mit zu viel Frau am Hals:All das wendet sich an Sergeant Barras Kite im Gasthaus »Zum Raben«. Als welchen ehrlichen Mann Sie hiermit oberflächlich kennengelernt haben.

Bertholt Brecht,aus dem Prolog zu Pauken und Trompetennach: The Recruiting Officer

VORWORT

Das ist (bis jetzt) der einzige Sharpe-Roman, der zu großen Teilen in Großbritannien spielt, angereichert mit Szenen, die in Spanien und Frankreich spielen. Heutzutage ist nur schwer zu verstehen, dass der Krieg kaum Auswirkungen auf die britische Gesellschaft gehabt hat. Es gab noch keine Zeitungsreporter; also haben die Zeitungen und Zeitschriften jener Zeit sich darauf beschränkt, offizielle Bekanntmachungen und Gerüchte abzudrucken, die zuvor bereits auf dem Kontinent veröffentlicht worden waren. Größtenteils haben sie sogar überhaupt nichts gedruckt, und es ist schon oft angemerkt worden, dass der Krieg in Jane Austens Romanen, die zu eben jener Zeit geschrieben worden sind, noch nicht einmal erwähnt wird. Natürlich hat sie davon gehört. Ihre Brüder dienten in der Royal Navy, doch für Menschen wie Jane war der Krieg weit entfernt. Nur wenige einfache Soldaten schrieben nach Hause, schlicht aus dem Grund, dass viele nicht schreiben konnten, und vermutlich sind viele Soldaten von ihren Familien mehr oder weniger vergessen worden, nachdem sie nach Spanien gegangen sind. Offiziere haben jedoch nach Hause geschrieben. Allerdings hat es mich immer wieder erstaunt, wie wenig sie in ihren Briefen über den Krieg berichten. Stattdessen geht es zumeist um Geldforderungen.

Wenn dann doch einmal der Krieg nach Großbritannien drang, dann in Form von Siegesmeldungen. Die Kirchenglocken läuteten, ein Adeliger gab ein Festmahl, in den Straßen hielt man Paraden ab, und auf den Londoner Bühnen waren Historienspiele zu sehen, die »den glorreichen Tag« wieder zum Leben erweckten. Solch ein Historienspiel, wie es im Roman beschrieben wird, war eine patriotische Show mit französischen Memmen, wehenden Fahnen, Böllern und hurrapatriotischer Musik. Die Feiern dauerten stets ein paar Tage; dann war der Krieg wieder vergessen, bis überall im Land die Gefallenenlisten an den Kirchentüren angeschlagen wurden. Zwei, drei Monate später kamen dann die Verwundeten nach Hause, um fortan den Gemeinden zur Last zu fallen.

Kriege kosten Geld, und die Kriege gegen das revolutionäre und das napoleonische Frankreich waren so lang und teuer, dass in Großbritannien die Einkommensteuer eingeführt wurde. Als die Steuer nach dem Krieg wieder abgeschafft worden war, schlug Lord Brougham vor, sämtliche Aufzeichnungen darüber zu verbrennen und die Asche in alle Winde zu verstreuen, auf dass niemand je erfahren möge, dass solch eine abscheuliche Steuer je existiert hatte. Unglücklicherweise hörte niemand auf seinen Rat, aber die Steuer war zweifelsohne auch notwendig gewesen. Ein großer Teil der Einnahmen wurde dafür verwendet, wankende Verbündete zum Weiterkämpfen zu ermutigen. Das Geld hatte die Form von Goldguineen mit einem Bild des heiligen Georg als Drachentöter darauf, weshalb man es auch die »Kavallerie von St. George« nannte. Frankreich hatte den hoch entwickelten Financiers nichts entgegenzusetzen, die Großbritanniens Kriegswirtschaft managten, und so ritt die Kavallerie von St. George eine Attacke nach der anderen und mobilisierte Armeen an Frankreichs Ostgrenzen. Gleichzeitig mangelte es Wellington oft an Geld. Dabei musste er nicht nur seine Armee bezahlen und dafür Sorge tragen, dass seine Soldaten mit Proviant versorgt wurden und ihn nicht plündern mussten. Als er in Frankreich einfiel, wurde die Situation sogar so verzweifelt, dass er jeden verurteilten Geldfälscher in der Armee zu sich rief (und davon gab es offenbar eine Menge) und ihnen befahl, französische Francs zu fälschen, denn das war die einzige Währung, welche die französischen Bauern akzeptierten. Doch der Herzog wäre nicht der Herzog gewesen, hätte er nicht darauf bestanden, dass die gefälschten Münzen genau den gleichen Silberanteil enthielten wie die echten. So wurde schlussendlich noch nicht einmal jemand betrogen.

Geld steht auch im Mittelpunkt von Sharpes Geheimnis, auch wenn es in diesem Fall schlicht um Gier geht. Die Geschichte des Romans dreht sich um das sogenannte »Crimping«. Die britische Armee zu jener Zeit setzte sich ausschließlich aus Freiwilligen zusammen, doch Freiwillige fand man nicht so leicht. Deshalb setzten die Regimenter Kopfgelder für jeden Mann aus, der sich verpflichtete. Ein paar gerissene Leute betrachteten das als Möglichkeit, Profit aus dem Personalmangel der Armee zu schlagen. Diese »Crimper« genannten Männer versorgten die Einheiten ständig mit neuen Rekruten. Allerdings griffen sie dabei häufig auf eher unlautere, ja sogar kriminelle Mittel zurück. Die Hauptverantwortung für die Rekrutierung lag bei Sergeants, die von Stadt zu Stadt zogen und potenziellen Rekruten das Blaue vom Himmel versprachen. Ich nehme an, Sergeant Horatio Havercamp ist ein typisches Beispiel für diese Art von Mann. Aus heutiger Sicht scheint diese Rekrutierungsmethode der französischen, also der Wehrpflicht, deutlich unterlegen zu sein, doch es waren diese Freiwilligen zusammen mit der goldenen Kavallerie von St. George, die den Krieg gewonnen haben.

PROLOG

SPANIEN, JUNI 1813

MacLaird, der Sergeant Major des Regiments, war ein kräftiger Mann, und der Druck seiner Finger, die Major Richard Sharpes linke Hand umklammerten, war schmerzhaft. Der sterbende Sergeant Major öffnete langsam die Augen. »Ich will nicht weinen, Sir.«

»Ja.«

»Niemand soll sagen, er hätte mich weinen gesehen, Sir.«

Sharpe nickte.

Eine Träne rann dem Sergeant Major übers Gesicht. Sein Tschako war heruntergefallen und lag einen halben Yard von seinem Kopf entfernt.

Sharpe überließ dem Sergeant Major seine linke Hand und zog mit der Rechten behutsam den roten Uniformrock des Verwundeten auseinander.

»Vater unser, der Du bist im Himmel.« Dann versagte MacLaird die Stimme. Er lag auf dem harten Kopfsteinpflaster. Einige der dunklen Pflastersteine waren mit seinem Blut befleckt. »O Jesus!«

Sharpe starrte auf den aufgerissenen Bauch des Sergeant Major. MacLairds schmutziges Hemd war in die Wunde hineingepresst worden, aus der glänzend rotes Blut quoll. Sharpe bedeckte sanft den grauenvollen Anblick mit dem Rock. Da war nichts mehr zu machen.

»Sir«, die Stimme des Sergeant Major klang schwach.

»Bitte, Sir?« Sharpe war verlegen. Er wusste, was dieser harte Mann wollte, der einst gerauft und gehurt und seine Pflicht getan hatte. Sharpe sah die Entschlossenheit des starken Mannes, angesichts des Todes keine Schwäche zu zeigen, und er packte MacLairds Hand, als könne er dieser letzten Äußerung von Soldatenstolz förderlich sein.

MacLaird blickte zu dem Offizier auf. »Sir?«

»Vater unser, der Du bist im Himmel, geheiligt werde Dein Name«, die Worte gingen Sharpe stockend von den Lippen. Er wusste nicht, ob er sich an das ganze Gebet würde erinnern können. »Dein Reich komme, Dein Wille geschehe, wie im Himmel also auch auf Erden.« Sharpe hing keiner Glaubensrichtung an, konnte sich jedoch vorstellen, dass er im Sterben ebenfalls den Trost altbekannter Worte suchen würde. »Unser täglich Brot gib uns heute, und vergib uns unsere Schuld, wie wir vergeben unsern Schuldigern.« Es waren die verfluchten Franzosen gewesen, die sich versündigt hatten. Wie lauteten die nächsten Worte? »Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel, denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, amen.«

Sharpe nahm an, dass ihm alles eingefallen war, aber das war jetzt unerheblich. MacLaird war tot, gestorben an einem bajonettgroßen Steinsplitter, der sich beim Einschlag einer französischen Kanonenkugel von einem Felsbrocken gelöst hatte. Das Blut hatte aufgehört zu fließen, und an MacLairds Hals war kein Pulsschlag zu ertasten.

Sharpe bog ihm langsam die Finger auf. Er legte die Hand auf die Brust des Toten, wischte ihm die Tränen vom Gesicht und stand auf. »Captain Thomas?«

»Sir?«

»Der Sergeant Major ist tot. Lassen Sie ihn begraben. Captain d’Alembord!«

»Sir?«

»Die Feldposten sollen fünfzig Yards weiter hügelaufwärts vorrücken. Wir halten hier, verdammt noch mal, kein Manöver ab! Bewegung!« Die Posten waren genau richtig platziert, das wusste jeder, aber Sharpe machte seinem Ärger Luft.

Der Boden war durchnässt vom nächtlichen Regen. Auf dem Pfad hatten sich Pfützen gebildet. Einige waren mit Blut verfärbt. Links von Sharpe, hügelabwärts, hackte ein Arbeitstrupp den dürren Boden auf, um dort Gräber auszuheben. Zehn Leichen, ohne Röcke und Stiefel, die zu wertvoll waren, um mit begraben zu werden, warteten neben der flachen Grube.

»Lieutenant Andrews!«

»Sir?«

»Zwei Sergeants! Zwanzig Mann! Steine sammeln!«

»Steine, Sir?«

»Keine Fragen!« Sharpe wirbelte herum und wiederholte barsch den Befehl. In dieser Stimmung wäre es töricht gewesen, den großen dunkelhaarigen Offizier zu erzürnen, der aus den Mannschaften aufgestiegen war.

Sharpe ging zu der Stelle zwischen den großen Felsen, wo die Verwundeten geschützt vor dem beißenden Wind untergebracht waren. Sharpes Scheide mit dem schweren Säbel, den er mit der Wucht einer Axt zu schwingen verstand, schlug klirrend auf, als er in die Hocke ging. »Dan?« Daniel Hagman, Rifleman und ehemaliger Wilderer, grinste ihm zu. »Bin gar nicht so übel dran, Sir.« Seine linke Schulter war verbunden. Uniformrock und Hemd waren über den Verband drapiert wie zwei Umhänge. »Kann mir nur nicht die Pfeife stopfen, Sir.«

»Hier.« Sharpe nahm die kurze Tonpfeife, kramte in Hagmans Munitionsbeutel nach dem Tabak und stopfte die Pfeife. »Wie ist das passiert?«

»Verdammter Plänkler. Hab den Bastard für tot gehalten, Sir.« Hagman war der älteste Mann im Bataillon, er war möglicherweise über fünfzig, aber das wusste niemand so genau. Außerdem war er der beste Schütze im Regiment. Er nahm seine Pfeife entgegen und sah zu, wie Sharpe seine Zunderbüchse hervorholte. »Hab den Kerl getroffen, Sir. Dann wollte ich hin zu ihm, aber er hat mich erwischt, der Halunke.« Hagman paffte, blies Rauch aus und sog erneut an der Pfeife. »Angel hat den Kerl mit dem Messer getötet.« Er schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Sir.«

»Sei kein Narr, Dan. Ist nicht deine Schuld. Du wirst bald wieder gesund sein.«

»Wir haben die Kerle geschlagen, Sir.« Hagman und Sharpe gehörten beide den Riflemen an, einer Kompanie, die es wie Treibgut im Ozean dieses Krieges in die rotberockten Reihen des South Essex Bataillons verschlagen hatte. Sei es aus Trotz oder aus Stolz, jedenfalls trugen sie nach wie vor ihre grünen Uniformröcke. Sie waren Riflemen. Sie waren die Elite. »Wir haben die Kerle noch immer geschlagen, Sir.«

»Ja.« Sharpe lächelte, und der spöttische Ausdruck seines Gesichts, der durch die Narbe an seiner linken Wange hervorgerufen wurde, verschwand plötzlich. »Wir haben die Schweinehunde besiegt, Dan.«

Natürlich hatten sie gesiegt. Das South Essex, ein Bataillon, das mit weniger als halber Sollstärke marschierte und vom Krieg zermürbt war wie ein Bajonett, das durch ständigen Gebrauch und Nachschärfen abgenutzt ist, hatte die Franzosen besiegt. Sharpe dachte an Leroy, den Amerikaner, der früher der kommandierende Offizier des Bataillons gewesen war. Leroy wäre heute stolz auf sie gewesen.

Aber Leroy war tot, war eine Woche zuvor bei Vitoria gefallen, und bald, wusste Sharpe, würde ein neuer Lieutenant Colonel kommen, dazu neue Offiziere, neue Männer. Diese Männer würden aus England eintreffen, und Sharpe würde das vorübergehende Kommando über diese dezimierte Truppe verlieren, die am heutigen Tag keine Schlacht hätte schlagen sollen.

Sie waren unterwegs nach Pasajes gewesen, nach dem großen Sieg von Vitoria dorthin befohlen. Da hatte sie per Kurier der Befehl erreicht, das South Essex solle diesen Pfad aus den Bergen blockieren. Der Kurier hatte nicht gewusst, was vorging, hatte nur erschrocken von den französischen Truppen berichtet, die über die Grenze geströmt waren, und gesagt, dass das South Essex zufällig diesem Pfad am nächsten war. Sie hatten ihre Frauen und das Gepäck an der Straße zurückgelassen und waren nach Norden gezogen, um die Franzosen zu stoppen.

Das war gelungen. Sie hatten am Pfad entlang Stellung bezogen und im tödlichen Rhythmus des Pelotonfeuers ihre Musketen abgeschossen. Sie hatten den Zugang von Norden her gedeckt und die Reihen des blauberockten Feindes zerfetzt.

Das South Essex hatte standgehalten. Die Verwundeten hatten sich selbst in Sicherheit gebracht oder waren an Ort und Stelle verblutet. Selbst als die Kanone des Feindes zu schießen begonnen und die Männer reihenweise in blutiges Chaos gestürzt hatte, waren sie nicht zurückgewichen. Sie hatten die Bastarde gestoppt und dann verjagt, und nun sah Major Richard Sharpe, welchen Preis er dafür gezahlt hatte.

Elf Tote, und noch mehr, die an ihren Wunden sterben würden. Mindestens zwölf der Verwundeten würden nie mehr in die Glieder zurückkehren. Ein weiteres Dutzend, darunter auch Hagman, würden überleben und wieder kämpfen, allerdings nur, wenn sich ihre Verletzungen nicht entzündeten und sie nicht den fiebrigen langsamen Tod starben.

Sharpe spuckte aus. Er hatte kein Wasser, denn eine feindliche Kugel hatte seine Feldflasche leckgeschlagen. »Sergeant Harper!«

»Sir?« Der hünenhafte Ire kam zu ihm. Im gesamten Bataillon war dieser Rifleman wohl der Einzige, der Richard Sharpes Zorn nicht fürchtete, denn Harper hatte in jeder Schlacht dieses Krieges an Sharpes Seite gekämpft. Sie waren durch Spanien marschiert und waren jetzt, im Sommer 1813, nahe der französischen Grenze. »Wie geht es Dan, Sir?«

»Er wird es überleben. Hast du noch Wasser?«

»Ich hatte welches, aber jemand hat damit ein Wunder bewirkt.« Harper, der verbotenerweise Rotwein in seiner Feldflasche mit sich führte, bot Sharpe davon an. Der Major trank und verkorkte anschließend die Flasche.

»Danke, Patrick.«

»Ist noch reichlich da, wenn Sie’s brauchen, Sir.«

Harper hatte vor zwei Tagen geheiratet, und Sharpe hatte dem großen Iren befohlen, bei seiner jungen spanischen Frau zu bleiben, als der Kampfbefehl eingetroffen war, aber Harper hatte sich geweigert. Nun spähte Harper nordwärts zum menschenleeren Horizont. »Was wollten die Scheißer hier?«

»Sie hatten sich verlaufen.« Sharpe konnte es sich nicht anders erklären. Er wusste, dass eine Reihe französischer Einheiten, die durch die Niederlage Joseph Bonapartes bei Vitoria versprengt worden waren, auf Umwegen zurück nach Frankreich marschierte. Diese Einheit war Sharpes Trupp zahlenmäßig überlegen gewesen, und es war ihm rätselhaft, warum sie auf einmal den Kampf aufgegeben hatte. Er konnte sich die Sache nicht anders erklären, als dass der Feind plötzlich erkannt haben musste, dass das South Essex ihm nicht den Weg nach Frankreich versperrte und es darum keinen Grund gab, weiterzukämpfen. Die Franzosen hatten sich verirrt gehabt, sie waren in einen sinnlosen Kampf gestolpert, und nun waren sie verschwunden. »Bastarde!« Sharpe sagte es voller Wut, denn seine Männer waren für nichts und wieder nichts gestorben.

Harper runzelte die Stirn. »Schrecklich, das mit dem Sergeant Major.«

»Ja.« Sharpe blickte zum Himmel und fragte sich, ob es noch mehr Regen geben würde. Dieser Sommer war der schlimmste, an den man sich in Spanien erinnern konnte. »Du übernimmst seinen Job.«

»Sir?«

»Du hast es gehört.« Solange Sharpe das Bataillon befehligte, konnte er ihm wenigstens den besten Regiment Sergeant Major geben, den es je haben würde. Der neue Colonel würde nicht in der Lage sein, die Ernennung rückgängig zu machen. »Lieutenant Andrews!«

»Sir?« Der Lieutenant führte einen missmutigen Trupp von Männern, die unter dem Gewicht von Felsbrocken schwankten.

»Legen Sie die Steine auf die Gräber!« Sie würden Tiere daran hindern, die Leichen auszuscharren.

»Auf alle Gräber, Sir?«

»Nur auf unsere.« Sharpe war es gleichgültig, ob Füchse und Raben sich an Leichen von Franzosen vollfraßen, aber seine Männer sollten in Frieden ruhen. »Sergeant Major?«

»Sir?« Harper grinste ein wenig und war sich nicht sicher, ob das in diesem Moment angebracht war.

»Wir brauchen einen Karren für unsere Verwundeten. Bitten Sie einen berittenen Offizier, einen vom Tross zu holen. Dann können wir vielleicht den verdammten Marsch fortsetzen.«

»Jawohl, Sir.«

Der Abendregen fiel auf den Pass, auf dem das South Essex Bataillon gelitten hatte und wo seine Toten lagen. Der Regen wusch die Erde von den französischen Leichen, die nicht begraben, sondern nur mit Erdreich bedeckt worden waren. Das Wasser spülte weißes, steifes Fleisch frei, und am Morgen würden die Aasfresser kommen. Der Pass hatte keinen Namen.

Pasajes war ein Hafen an der Nordküste Spaniens, nahe der französischen Grenze. Es war eine tiefe Bucht in den Felsen, in der ein sicherer, geschützter Hafen lag, der voller Schiffe aus Britannien war. Der Nachschub, der Wellingtons Armee ernährte, kam jetzt nach Pasajes und wurde nicht mehr von Lissabon aus mit Ochsenkarren über das Bergland transportiert. In Pasajes sammelte die Armee die Waren, die für die Invasion Frankreichs gebraucht wurden, aber das South Essex, das schon vor dem Kampf auf dem namenlosen Pass als zu geschrumpft galt, um an der Front mitzukämpfen, war stattdessen nach Pasajes befohlen worden. Bis die Verstärkung eintraf, war es die Aufgabe des Bataillons, die Kais und Lagerhäuser gegen Diebe zu schützen.

Sie waren Kampfsoldaten, und man hatte sie zu Nachtwächtern degradiert.

»Verdammtes Land! Verdammter Gestank! Verdammte Leute!« Major General Nairn unterstrich jede Bemerkung, indem er eine Orange aus dem Fenster warf. Er hielt inne und wartete hoffnungsvoll auf einen Schrei des Schmerzes oder Protests von unten, aber es war nur das Klatschen der Apfelsinen auf dem Kopfsteinpflaster zu hören. »Sie müssen verdammt enttäuscht sein, Sharpe.«

Sharpe zuckte mit den Schultern. Er wusste, dass sich Nairn auf die Bewachung der Kais und Lagerhäuser bezog. »Jemand muss es tun, Sir.«

Nairn schnaubte über Sharpes Duldsamkeit. »Sie können hier nur verhindern, dass uns die verdammten Spanier in die Suppe pinkeln. Ich bin an Ihrer Stelle enttäuscht!« Er erhob sich und ging zum Fenster. Er beobachtete zwei spanische Zollbeamte, die langsam über die Kais schritten. »Wissen Sie, was uns diese Bastarde antun?«

»Nein, Sir.«

»Wir befreien ihr verdammtes Land, und jetzt berechnen sie uns verdammte Zollgebühren für jedes Fass Pulver, das wir nach Spanien bringen! Das ist, als rette man eine Frau vor der Vergewaltigung und müsse anschließend für das Privileg zahlen! Ausländer! Gott weiß, warum Er Ausländer gemacht hat. Sie sind für keinen von Nutzen.« Er starrte finster auf die beiden Zollbeamten und überlegte, ob er seine letzte Apfelsine nach ihnen werfen sollte, entschied sich dagegen und wandte sich zu Sharpe um. »Wie ist Ihre Stärke?«

»Zweihundertvierunddreißig Mann einsatzfähig. Sechsundneunzig Mann in verschiedenen Hospitälern.«

»Allmächtiger!« Nairn starrte Sharpe ungläubig an. Er hatte den Rifleman an Weihnachten kennengelernt, und die beiden Männer hatten sich auf Anhieb gemocht. Jetzt war Nairn vom Hauptquartier der Armee aus nach Pasajes gekommen, um Sharpe zu suchen. Der Major General grunzte und nahm wieder auf dem Stuhl Platz. Nairn hatte weiß buschige Augenbrauen, die erstaunlich aufwärts wuchsen, als wollten sie sich mit seinem weißen Haupthaar vereinen. »Zweihundertvierunddreißig Mann einsatzfähig?«

»Jawohl, Sir.«

»Ich nehme an, Sie haben neulich welche verloren?«

»Ja, einige.« Drei weitere Männer waren an den Verwundungen gestorben, die sie auf dem Pass erlitten hatten. »Aber wir sollen Ersatz bekommen.«

Major General Nairn schloss die Augen. »Er soll Ersatz bekommen! Von woher, bitte?«

»Ein zweites Bataillon, Sir.« Das South Essex Regiment hatte bisher immer nur aus einem Bataillon bestanden, aber jetzt war in der englischen Kaserne Chelmsford ein zweites Bataillon aufgestellt worden. Die meisten Regimenter hatten zwei Bataillone, das erste zum Kämpfen, das zweite zum Rekrutieren und Ausbilden von Männern, die dann nach Bedarf dem Ersten Bataillon zugeteilt wurden.

Nairn öffnete die Augen. »Sie haben ein Problem, das haben Sie. Sie wissen, wie man mit Problemen zurechtkommt?«

»Sir?« Sharpe fühlte sich unsicher.

»Man ersäuft sie in Alkohol, das macht man. Gott sei Dank habe ich etwas vom Brandy des Peers geklaut. Hier, Mann.« Nairn zog die Flasche aus seiner Säbeltasche und schenkte großzügig in zwei schmutzige Gläser ein, die er auf dem Tisch fand. »Erzählen Sie mir von Ihrem verdammten Ersatz.«

Da gab es nicht viel zu erzählen. Lieutenant Colonel Leroy hatte eine lebhafte Korrespondenz mit der Chelmsford-Kaserne geführt, bevor er gefallen war. Die Briefe aus England, die im vergangenen Winter eingetroffen waren, hatten von acht Rekrutierungstrupps berichtet, die unterwegs waren, von überfüllten Kasernen und begeisterter Ausbildung. Nairn hörte zu. »Sie haben darum ersucht, dass Männer geschickt werden?«, fragte er dann.

»Selbstverständlich!«

»Und wo sind sie?«

Sharpe zuckte mit den Schultern. Genau das hatte er sich ebenfalls gefragt und sich damit getröstet, dass der Ersatz in dem Durcheinander hängen geblieben war, das durch die Verlegung der Nachschubbasis von Lissabon nach Pasajes entstanden war. Die neuen Männer konnten in Lissabon oder auf See sein oder durch Spanien marschieren oder – im schlimmsten Fall – noch in England warten. »Wir haben im Februar darum ersucht. Jetzt ist es Juni. Sie müssten bald kommen.«

»Das hat man vor tausendachthundert Jahren über Christus gesagt.« Nairn grunzte. »Wissen Sie mit Sicherheit, dass die Männer losgeschickt wurden?«

»Nein.« Sharpe schüttelte den Kopf. »Aber sie müssen geschickt werden!«

Nairn starrte auf sein Brandyglas, als wäre es die Kugel einer Wahrsagerin. »Sagen Sie mal, Sharpe, haben Sie jemals etwas über einen Mann namens Fenner gehört? Lord Simon Fenner?«

»Nein, Sir.«

»Politiker, Sharpe. Verdammter Bastard von Politiker. Ich habe Politiker schon immer gehasst. Erst kriechen sie einem in den Hintern, weil sie gewählt werden wollen, und im nächsten Augenblick sind sie zu aufgeblasen, um einen auch nur eines Blickes zu würdigen. Eingebildete Affen! Ich hasse sie! Ich hoffe, Sie hassen Politiker ebenfalls, Sharpe, und lassen sich nicht einlullen.«

»Lord Fenner, Sir?« Sharpe spürte, dass schlechte Nachrichten kamen. Major Generals ritten nicht so weit, um Brandy mit Majors zu trinken, so freundlich sie auch sein mochten.

»Ein verdammter, großkotziger Bastard ist das«, ereiferte sich Nairn. »Arbeitet für den Heeresminister, und vermutlich würde keiner von beiden wissen, was ein Krieg ist, wenn sie mit dem Hintern drinsitzen würden. So schrieb er uns.« Nairn nahm ein Schriftstück aus seiner Säbeltasche. »Oder ließ einen seiner syphiliskranken Angestellten an uns schreiben.« Nairn starrte Sharpe an. »Er behauptet, dass es keine verfügbare Verstärkung für das South Essex gibt, dass keine geschickt worden ist und keine geschickt werden wird. Keine! Bitteschön.« Er überreichte Sharpe den Brief.

Sharpe konnte es nicht glauben. Er schaute auf den Brief und stellte fest, dass er vom Heeresministerium via Gardekavallerie geschickt worden war und aller Ersatz aufgelistet war, der in den nächsten Wochen erwartet werden konnte. Am Ende der Liste stand das South Essex, und der Vermerk daneben lautete: »Zweites Bataillon jetzt Kadereinheit. Keine Rekruten verfügbar.« Das war alles, und wenn es stimmte, bedeutete es, dass das Zweite Bataillon des South Essex Regiments nur noch eine Einheit von Kadetten war, in der Jungen von dreizehn und vierzehn Jahren, die zu jung zum Kämpfen waren, auf ihren Geburtstag warteten oder in das Männer zur vorübergehenden Verwendung oder Verwundete gesteckt wurden, um dort auf ihre Abkommandierung zu warten. Ein bunt zusammengewürfelter Haufen, ein Bataillon ohne Stolz und von geringem Nutzen.

»Das kann nicht wahr sein! Es gibt Rekruten! Acht Rekrutierungstrupps waren unterwegs!«

Nairn stieß einen Grunzlaut aus. »In einem Zusatzschreiben, diktiert von seiner verdammten Lordschaft persönlich, empfiehlt er, dass Ihr Bataillon aufgelöst wird. Ich wollte Ihnen ersparen, das zu lesen.«

Einen Augenblick lang glaubte Sharpe, sich verhört zu haben. Draußen rief ein spanischer Maultiertreiber etwas, vom Hafen her klang das Quietschen einer Winde, und in Sharpes Kopf hallte das Wort »aufgelöst« wider.

»Aufgelöst, Sir?« Sharpe fröstelte trotz der Wärme in diesem Raum.

»Lord Fenner schlägt vor, Sharpe, dass Ihre Männer auf andere Bataillone verteilt werden, dass Ihre Fahne heimgeschickt wird und Ihre Offiziere entweder zu anderen Regimentern wechseln, ihr Patent verkaufen oder sich zu einer Verfügung bereithalten.«

Sharpe schaute Nairn ungläubig an. »Das kann man doch nicht machen!«

Nairn lachte bitter. »Sharpe! Das sind Politiker! Von diesen Bastarden können Sie keinen Verstand erwarten!« Er neigte sich vor. »Wir werden alle erfahrenen Einheiten brauchen, die wir zusammenkratzen können, alle! Aber erwarten Sie nicht, dass Lord Fenner das versteht. Er ist im Heeresministerium und kann kein Bajonett von einem Ladestock unterscheiden. Ein Zivilist! Er verwaltet das Geld der Armee, und deshalb gibt es keines.«

Sharpe sagte nichts dazu. Vor seinem geistigen Auge sah er die Bataillonsfahne in irgendeiner englischen Kirche hängen, während die Männer, die dafür gekämpft hatten, in der Armee verstreut waren. Zorn erfüllte ihn, bitterer Zorn, weil seine Männer, die für diese Fahne gekämpft und gelitten hatten, die Männer, deren Kameraden auf vielen Schlachtfeldern in namenlosen Gräbern lagen, aufgelöst werden würden. Ein Bataillon, in dem es Streit und Gelächter, Herzlichkeit und Stolz wie in einer Familie gegeben hatte, sollte geopfert werden!

»Sie werden aufgelöst.« Nairn sagte es mit brutaler Offenheit. »Verdammte Schande. Busaco, Talavera, Fuentes d’Onoro, Ciudad Rodrigo, Badajoz, Salamanca, Vitoria – welch große Schlachten! Und dann ein solcher Abgang. Als jage man eine Meute Hunde davon, wie?«

»Aber es waren acht Rekrutierungstrupps unterwegs!«

»Das brauchen Sie mir nicht zu sagen, Sharpe, ich bin nur einer, der die Drecksarbeit machen muss.« Nairn schniefte. »Und selbst wenn wir Sie zu einem provisorischen Bataillon machen, werden Sie ständig Männer verlieren. Sie brauchen Ersatz durch Rekruten!« Es stimmte. Wenn das South Essex mit einem anderen Bataillon zusammengeschlossen wurde, würde es immer noch Verluste geben, bis das zusammengeschlossene Bataillon von Neuem zusammenschrumpfte. Anstatt aufgelöst zu werden, würde das South Essex einfach dahinvegetieren und sterben, die Fahnen würden vergessen werden, und die Moral würde verfallen.

»Nein!« Sharpe schrie es fast. »Das können sie nicht tun!«

»Hoffen wir es.« Nairn lächelte. »Der Peer ist nicht glücklich darüber. Er ist verdammt sauer deswegen. Wellington hat die sonderbare Vorstellung, dass ihm das South Essex in Frankreich von Nutzen sein kann.« Das Kompliment war berechtigt. Ein erfahrenes Bataillon wie das South Essex hatte eine Moral und Kenntnisse, die ihre Kampfkraft verdoppelten, selbst wenn es halb mit unerfahrenem Ersatz aufgefüllt wurde. Das South Essex war zu einer Tötungsmaschine geworden, die es mit allem aufnehmen konnte, was die Franzosen dagegen einsetzten, während ein neues Bataillon, selbst wenn es noch so gut in England ausgebildet worden war, Monate brauchen würde, um die gleiche Leistungsfähigkeit zu erreichen. Nairn goss Brandy in die beiden Gläser. »Der Peer traut diesen Bastarden in London nicht, Sharpe! Heeresministerium! Gardekavallerie! Auswärtiges Amt! Waffenamt! Wir haben mehr verdammte Ämter und Ministerien als Bataillone, die diesen verdammten Krieg führen. Sie haben ein heilloses Durcheinander angerichtet, kommen nicht mehr mit ihrem Papierkram klar, haben die Hosen runtergelassen und rufen vergebens nach Mama, die sie ihnen hochziehen soll. Wer hat das Kommando in Chelmsford?«

Sharpe musste nachdenken. Er war durcheinander vor Zorn und Fassungslosigkeit darüber, dass sein Bataillon aufgelöst werden sollte. »In Chelmsford, Sir? Ein Mann namens Girdwood. Lieutenant Colonel Girdwood.«

»Haben Sie ihn jemals kennengelernt?«

»Nein, ich habe ihn nie gesehen.«

»Er hat Männer! Er will sie nur nicht verlieren! Das gibt es immer wieder, Sharpe. Jemand hat ein Zweites Bataillon, bildet die Männer aus, macht sie zu Spielzeugsoldaten und kann es dann nicht ertragen, sie ins Ausland zum Ersten Bataillon zu schicken, wo sie sich schmutzig machen! Also reisen Sie zu diesem Girdwood und sprechen mit ihm. Überreden Sie Girdwood, Ihnen einige Männer von diesem sogenannten Kaderbataillon zu geben! Lecken Sie Girdwood die Stiefel ab! Machen Sie ihn betrunken! Bieten Sie an, seine Frau zu befriedigen! Sie werden einige Männer in Chelmsford bekommen!« Nairn lachte über Sharpes Miene und gab ihm dann einen Stapel versiegelter Befehle. »Die Genehmigung für Sie und drei andere, nach England zu reisen und Ersatz auszusuchen. Sie müssen im Oktober zurück sein. Sie haben also fast vier Monate Zeit.«

Sharpe starrte den Schotten an. »Ich soll nach England?«

»Ich weiß, es ist ein grausiger Gedanke, Sharpe.« Nairn grinste. »Aber hier wird nichts passieren, gar nichts! Die verdammten Politiker lassen uns nicht in Frankreich einmarschieren, bis Preußen sich entscheidet, ob es wieder beim Tanz mitmacht. Wir werden nur San Sebastian und Pamplona einnehmen und dann herumsitzen und Däumchen drehen! Sie können also beruhigt heimkehren, es wird Ihnen nichts entgehen. Reisen Sie nach Chelmsford.«

»Ich kann nicht heimreisen!« Sharpe wollte seine Männer nicht verlassen.

»Das müssen Sie, verdammt noch mal! Wollen Sie, dass das South Essex eingeht? Wollen Sie Lagerverwalter werden?« Nairn trank seinen Brandy. »Der Peer will Sie nicht auflösen. Er wird Sie zu einem provisorischen Bataillon machen, wenn es sein muss, aber es wäre ihm lieber, wenn Sie sich selbst auf volle Stärke bringen. Reisen Sie nach Chelmsford und treiben Sie dort Männer auf! Wenn es dort keine gibt, suchen Sie sich andere!«

»Und wenn es überhaupt keine gibt?«

Der Schotte machte die Geste des Halsabschneidens. »Dann ist das der Tod eines Regiments. Verdammte Schande.«

Ausgerechnet jetzt! Gerade jetzt, wenn die Armee ihre Kräfte am Rand von Napoleons Herzland sammelte, an der Grenze Frankreichs? Schon bald, vielleicht in diesem Herbst oder im nächsten Frühjahr, würden die Männer, die damals in Lissabon gelandet waren, in Frankreich einmarschieren, und das South Essex würde mitmarschieren. Dieses Privileg hatten sie sich verdient. Am Tag, an dem das Kaiserreich fiel, sollten die Fahnen des South Essex beim Sieg flattern. Sharpe wies auf Lord Fenners Brief. »Wie komme ich dagegen an?«

»Es ist ein Irrtum, Sharpe!«, erwiderte Nairn. »Es muss einer sein. Aber das kann man nicht mit Korrespondenz klarstellen! Wir haben an die nutzlosen Typen geschrieben, doch Briefe an die Gardekavallerie werden in eine Schublade mit der Aufschrift: ›Dringend zu ignorieren‹ gelegt. Aber Sie, Sharpe, kann man nicht ignorieren. Sie sind ein Held!« Er sagte es mit freundlichem Spott. »Reisen Sie nach Chelmsford, suchen Sie sich Ihre Männer und bringen Sie sie her. Das wird halb so lange dauern wie per Brief.«

»Jawohl, Sir.« Sharpe fühlte sich benommen. Er reiste nach England!

»Und bringen Sie mir Whisky mit, das ist ein Befehl! Da gibt es einen Laden in der Cornhill Street, der guten Whisky aus Schottland führt.«

»Jawohl, Sir.« Sharpe war nicht ganz bei der Sache. Er reiste heim! Nach England!

Er wollte es nicht, aber wenn die Alternative darin bestand, zuzuschauen, wie sein Bataillon starb, das es verdient hatte, über die Straßen Frankreichs zu marschieren, dann würde er sogar durch die Hölle gehen. Für sein Regiment und dessen Fahnen, die im Kanonenrauch eines halben Kontinents geflattert hatten, würde er nach England reisen, damit er in Frankreich einmarschieren konnte. Er würde in die Heimat zurückkehren.

ENGLAND

JULI-AUGUST 1813

KAPITEL 1

Als Richard Sharpe in Chelmsford eintraf, konnte er sich nicht an den Weg zur South-Essex-Kaserne erinnern. Er hatte die Kaserne nur einmal kurz im Jahre 1809 besucht, und jetzt war er gezwungen, einen Pfarrer, der sein Pferd an einem öffentlichen Wassertrog tränkte, nach dem Weg zu fragen. Der Pfarrer schaute missbilligend Sharpes ungepflegte Uniform an, doch dann fand er eine gute Erklärung für das vagabundenhafte Äußere des Soldaten. »Sie kommen von Spanien zurück?«

»So ist es, Sir.«

»Gut gemacht! Gut gemacht! Erstklassig!« Der Pfarrer wies den Soldaten den Weg nach Osten.

»Und Gott segne Sie!«

Die vier Männer marschierten ostwärts. Sharpe und Harper ernteten sonderbare Blicke wie schon in London, denn sie sahen aus, als kämen sie geradenwegs von einem spanischen Schlachtfeld und rechneten immer noch damit, selbst in den stillen Straßen der Stadt auf dem Land, auf eine französische Patrouille zu stoßen. Captain dAlembord war eleganter gekleidet als Sharpe oder Harper, doch auch seine Uniform zeigte wie die von Lieutenant Price die Spuren des Kampfes.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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