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Lissi Engels ist außer sich vor Aufregung: Sie darf gemeinsam mit ihrer Chefin über den großen Teich nach New York reisen, um Hollywood-Star Lucas Hayes für das Hochglanzmagazin "Vanity" zu treffen. Als die Vorgesetzte vor dem Interview krank wird, nutzt Lissi die Gelegenheit - und führt das Gespräch mit dem Traummann kurzerhand selbst. Ohne Erlaubnis. Die Konsequenz: Sie wird gefeuert. Plötzlich steht sie ohne Job, ohne Geld und ohne Plan in New York. Doch Lucas ist von dem Interview mit der charmanten jungen Deutschen beeindruckt. Als sie sich erneut begegnen, engagiert er Lissi kurzerhand als Fahrerin. Was er nicht weiß: Lissi kennt ihn von früher - nicht als umjubelten Actionhelden, sondern als sensiblen, ausgegrenzten Jungen. Während die beiden gemeinsam vor der Presse fliehen, kommen sie sich näher. Doch ihre Geheimnisse - und das gnadenlose Rampenlicht - drohen alles zu zerstören, bevor es überhaupt richtig beginnen kann ...
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Seitenzahl: 131
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Der Kuss des Stars
Vorschau
Impressum
Der Kuss des Stars
Über das Leben im Rampenlicht und die Sehnsucht nach Liebe
Von Carolin von Campen
Lissi Engels ist außer sich vor Aufregung: Sie darf gemeinsam mit ihrer Chefin über den großen Teich nach New York reisen, um Hollywood-Star Lucas Hayes für das Hochglanzmagazin »Vanity« zu treffen. Als die Vorgesetzte vor dem Interview krank wird, nutzt Lissi die Gelegenheit und führt das Gespräch mit dem Traummann kurzerhand selbst. Ohne Erlaubnis. Die Konsequenz: Sie wird gefeuert. Plötzlich steht sie ohne Job, ohne Geld und ohne Plan in New York.
Doch Lucas ist von dem Interview mit der charmanten jungen Deutschen beeindruckt. Als sie sich erneut begegnen, engagiert er Lissi kurzerhand als Fahrerin. Was er nicht weiß: Lissi kennt ihn von früher – nicht als umjubelten Actionhelden, sondern als sensiblen, ausgegrenzten Jungen. Während die beiden gemeinsam vor der Presse fliehen, kommen sie sich näher. Doch ihre Geheimnisse – und das gnadenlose Rampenlicht – drohen alles zu zerstören, bevor es überhaupt richtig beginnen kann ...
Hoch über den Wolken und dem Atlantischen Ozean schenkten die Stewardessen in der Business Class eifrig Champagner und in der »Holzklasse« widerstrebend Tomatensaft aus.
Es war früher Nachmittag, und bis zur Landung auf dem La Guardia Airport blieben noch gut zwei Stunden Zeit. Die meisten Passagiere auf dem Nonstopflug von Frankfurt nach New York machten nach ihrer Erfrischung nun ein Nickerchen oder sahen sich einen Spielfilm im Bordfernsehen an.
Nicht so Elisabeth Engels. Die hübsche Deutsche mit dem kastanienbraunen, zu einem Pferdeschwanz gebundenen Haar war nonstop im Dienst. Seufzend blickte die Siebenundzwanzigjährige auf den Bildschirm ihres Laptops. In zehn Minuten erwartete ihre Chefin einen Text zum Thema »Fitness und Karriere« von ihr.
Als Assistentin bei Vanity, einem deutschen Hochglanzmagazin, war Elisabeth, die von allen nur Lissi genannt wurde, unterwegs nach New York, um einen Hollywoodstar zu interviewen.
Doch so traumhaft, wie das zunächst klang, war es nicht.
Zur Wahrheit gehörte nämlich auch, dass Lissi bloß kurzfristig eingesprungen war, weil ein teuflischer Magen-Darm-Virus fast alle anderen Redaktionsmitglieder außer Gefecht gesetzt hatte. Lissi war außerdem noch in der Probezeit, und das war besonders brenzlig. Ihre Chefin, die exzentrische Bibiana von Blatzberg, liebte es, sie zu quälen.
Und der Gipfel der Gemeinheit war, wie Lissi fand, dass Bibiana ihr noch nicht mal verraten hatte, um welchen Hollywoodstar es sich handelte!
Neben Lissi saß schlafend Dr. Janice Weber, eine elegante, dunkelhäutige Dame mit schön geschwungenen Mund und warmen braunen Augen. Lissi schätzte sie auf Anfang vierzig. Janice arbeitete als chirurgische Notärztin in einer Klinik in Manhattan und war in Frankfurt auf der Beerdigung ihrer Großmutter gewesen. Zu Beginn der Reise hatte Lissi sich sehr nett mit ihr unterhalten, doch dann hatte Bibiana, die vorne in der Business Class saß, Lissi zu sich befohlen. Als sie zurückkam, war Janice eingeschlafen. In ihrem schwarzen Hosenanzug und der prächtigen, mehrreihigen Perlenkette sah die Frau sehr elegant aus. Nun erwachte sie und blickte Lissi erstaunt an.
»Arbeiten Sie etwa immer noch?«
Lissi lächelte verschmitzt. »Leider ja.«
»Sie Ärmste«, murmelte die Ärztin und fuhr sich nachdenklich durch die kurz geschnittenen schwarzen Locken.
»Was genau machen Sie denn als Assistentin bei diesem Magazin?«
»Naja, eigentlich bin ich Texterin«, antwortete Lissi zögernd. »Ich war selbständig, aber seit man immer mehr mit Künstlicher Intelligenz erledigen kann, haben sich meine Kunden nach und nach verkrümelt, und ich musste mir etwas anderes suchen.« Sie zuckte seufzend die Schultern. »Ich musste umsatteln, und durch eine Bekannte habe ich vor zwei Monaten den Job bei Vanity bekommen.«
»Dann sind Sie jetzt also Journalistin?«, hakte Janice nach und ließ ihre lange schimmernde Perlenkette durch die Finger gleiten.
»Sagen wir lieber Mädchen für alles und ihre Leibeigene.« Lissi machte eine Kopfbewegung in Richtung Business Class, und ihr schiefes Grinsen zeigte Janice, dass sie es mit Humor nahm.
»Ich verstehe«, sagte Janice lächelnd. »Ich hoffe, Sie können sich bald befreien. Sie wirken auf jeden Fall nicht wie der Typ, der sich lange herumkommandieren lässt. Denken Sie daran, den Rebellen gehört die Welt!« Sie zwinkerte verschwörerisch.
»Ich versuche es.« Lissi schenkte der netten Janice ein warmes Lächeln, doch dann beugte sie sich wieder über das Gerät und vertiefte sich in ihren Text. Gerade als sie den ganzen letzten Absatz löschen wollte, weil er ihr viel zu platt vorkam, ließ ein seltsames prasselndes Geräusch sie jedoch aufsehen.
Es klang, als ob neben ihr eine Packung roher Erbsen ausgekippt würde. Zwischen ihren Füßen rollten plötzlich dutzendweise kleine schimmernde Kugeln und verteilten sich schnell in alle Richtungen.
»Good Lord!« Erschrocken starrte die Ärztin auf die leere Schnur in ihren Händen. Jetzt begriff auch Lissi, dass Janices wunderschöne Perlenkette gerissen war.
»Die gehörte meiner German granny!« Die Amerikanerin sah aus, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen.
»Das haben wir gleich«, sagte Lissi, klappte ihren Laptop zu und bückte sich.
In den nächsten Minuten waren die beiden Frauen damit beschäftigt, auf allen Vieren durch den schmalen Gang zu krabbeln und die Perlen unter fremden Füßen und Handgepäck hervorzukramen.
Hilfe bekamen sie dabei selten, denn in dem Actionfilm explodierte gerade das Pentagon, und das hielt die anderen Fluggäste in Bann. Als die Stewardess von hinten mit ihrem Wagen angerollt kam, mussten sie aufhören, aber die meisten Perlen waren gerettet.
»Das vergesse ich Ihnen nie«, sagte Janice und drückte glücklich und dankbar die Perlen an die Brust, als sie wieder auf ihren Plätzen saßen. Sie waren nun nicht ganz vornehm, aber sicher in einer der Spucktüten aufbewahrt.
»Keine Ursache«, erwiderte Lissi vergnügt.
Janice warf einen besorgten Blick auf ihre Armbanduhr. »Schaffen Sie Ihre Arbeit jetzt noch?«
»Nö«, erwiderte Lissi schulterzuckend, »aber meine Chefin beschwert sich so oder so. Vielleicht ist das der erste Schritt zur Rebellion?« Sie zwinkerte, schnappte sich ihren Laptop, lud die Datei auf einen Datenträger und machte sich auf den Weg nach vorne.
»Da bist du ja endlich«, kläffte Bibiana erwartungsgemäß angriffslustig. Die Neununddreißigjährige war Leiterin des Ressorts Lifestyle und Mode und erfüllte, zumindest in Lissis Augen, jedes Klischee, das damit einherging.
Heute trug sie ein giftgrünes Kunstlederkleid, das zu ihren hellgrünen Kontaktlinsen passte, und darüber einen eng geschnittenen Blazer mit Leoprint. Auf beiden Teilen prangte das Label eines luxuriösen Designers. Bibianas Lippen glänzten in einem leuchtenden Karmesinrot, und die übergroße goldene Brille rundete das extravagante Outfit ab.
In ihrem bequem aussehenden Ledersitz lehnte sie wie eine Ränke schmiedende Königin in ihrem Thron.
Ohne ein Wort des Dankes nahm sie den Datenträger aus Lissis Hand, stöpselte ihn in ihren Laptop und begann kurz darauf, mit skeptischer Miene zu lesen.
Lissi stand wie eine dumme Schülerin im Gang herum. Ihr Magen knurrte. Neidvoll blickte sie auf eine großen Teller mit Shrimps und Avocadotoast, der neben einem halbvollen Champagnerglas auf Bibianas Tisch stand. Lissi lief das Wasser im Mund zusammen. Offensichtlich ließ Bibiana es sich auf Kosten des Magazins gut gehen. Im Gegensatz zu Lissi, die sich von ihrem eigenen Geld eine fade Laugenstange für acht Euro fünfzig hatte kaufen müssen.
»Nicht schlecht«, sagte Bibiana schließlich gnädig und unterbrach damit Lissis Grübeleien.
»Jetzt musst du nur noch das Skript fürs Interview bearbeiten«, sagte sie, rückte ihre Brille zurecht und richtete die giftgrünen Augen auf Lissis schon etwas fadenscheiniges graues Top.
Verlegen kreuzte Lissi die Arme vor der Brust. »Was soll ich genau machen?«
»Was wohl?«, ätzte Bibiana. »Du sollst Korrekturlesen, was sonst! Aber wehe, du änderst was am Inhalt.«
»Dann erfahre ich also doch noch, um wen es geht?«, erwiderte Lissi, eher trotzig als untertänig.
Bibianas glänzende Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln. »Jetzt kannst du ja wohl nichts mehr ausplaudern.«
Sie griff nach einem der Magazine, die neben ihr lagen, und hielt eines davon wie eine Siegestrophäe vor Lissi in die Luft. »Um ihn geht es!«
Lissi starrte ungläubig auf das Cover. Einen Moment blieb ihr vor Schreck die Luft weg. »Ist das dein Ernst?«
Sie schluckte, und ihr Blick wanderte wieder zu dem Titelfoto. In sexy Pose, lässig an einen Sportwagen gelehnt, war ein dunkelblonder Mann darauf zu sehen. Aber es war nicht irgendein Mann. Es war Lucas Hayes. Der zurzeit attraktivste und begehrteste Schauspieler Hollywoods.
Die stahlblauen Augen des Amerikaners blickten provozierend und fordernd in die Kamera, und der sinnliche große Mund konnte niemanden kalt lassen. Ebenso wenig die muskulöse Brust des Actiondarstellers. Lissi wurde ein bisschen schwindelig, aber nicht nur wegen der ansehnlichen Bauchmuskeln.
»Wir ... wir treffen wirklich Lucas Hayes?«
Bibiana weidete sich an Lissis Reaktion. Vor allem, weil sie ihr sogleich einen Dämpfer verpassen würde.
»Ich treffe ihn«, berichtigte sie. Dann schlug sie die schlanken Beine übereinander und wandte sich ihren Shrimps zu. »Und jetzt schwirr ab.«
Ohne Widerspruch und wie betäubt schlich Lissi zurück zu ihrem Platz. In ihr herrschte das reinste Chaos.
»Na?«, fragte Janice besorgt, als sie sich neben ihr in den Sitz sinken ließ. »War es schlimm?«
Lissi schüttelte langsam den Kopf. »Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht.« Sie war noch immer geschockt.
Lucas Hayes hatte ein halbes Dutzend Blockbuster gedreht, war bereits für einen Oscar nominiert worden und galt als männliches Sex-Symbol. Doch das war nicht das, was Lissi als Erstes einfiel, wenn sie seinen Namen hörte.
Sie dachte stattdessen an eine Abstellkammer in ihrer alten High School, als sie für ein Jahr in den USA gewesen war. An den Geruch von Reinigungsmittel und einen schlaksigen Jungen mit langen blonden Haaren. An traurige blaue Augen ... und an Blut.
Mit aufgeregt klopfendem Herzen starrte Lissi aus dem Kabinenfenster. Die Sache war jetzt zwölf Jahre her. Damals war er natürlich noch nicht berühmt gewesen, sondern bloß ein Schüler wie sie. Heute war er so unerreichbar wie der Papst, eher noch unerreichbarer. Lissi hatte sich deshalb all die Jahre den Gedanken an ihn regelrecht verboten, denn er lebte quasi in einem anderen Universum.
Aber jetzt würde sie in derselben Stadt sein wie er! Vielleicht sogar im selben Gebäude? Schon bei der Vorstellung bekam sie feuchte Hände vor Aufregung.
Und doch würde sie ihm nicht begegnen, dachte sie traurig. Das würde nur die ätzende Bibiana.
Das war so ungerecht! Lissi ballte die Fäuste und hob das Kinn. Ein Hauch von Trotz mischte sich in ihre Enttäuschung. Janice hätte es wohl das zarte Erwachen der Rebellion genannt.
♥♥♥
Am nächsten Tag stieg der hochgewachsene Mann mit dunkler Sonnenbrille, dessen breite Schultern sich unter seinem maßgeschneiderten Sakko abzeichneten, aus einem haltenden Wagen, überquerte zügig den Gehweg und betrat ein kleines italienisches Lokal in Lower Manhattan.
Höflich nickte er einer hübschen, dunkelhaarigen Kellnerin zu, die hinter der Theke stand und ihn hingerissen anstarrte. Doch ohne weiter auf sie zu achten, ging er zielstrebig an den Tischen im Vorderraum vorbei, erleichtert, dass sonst kaum jemand aufgesehen hatte. Ganz am Ende setzte er sich in einer intimen Nische dicht am Hinterausgang an einen Tisch.
Zufrieden atmete er auf. In diesem wenig glamourösen Lokal würde seine Managerin ihn sicher nicht aufstöbern. Es sei denn, sein Chauffeur würde ihn verraten. Was nie auszuschließen war. Alle Menschen in seinem Leben waren käuflich.
»Buon giorno, Signore Hayes«, sagte der beleibte Kellner, der nun zu ihm eilte. Er hatte einen dichten schwarzen Schnauzbart und ein ehrliches Lächeln auf den Lippen. »Hier sind Sie wie immer ungestört.«
»Danke, Mauro«, sagte der Filmstar und nahm seine Sonnenbrille ab.
Der Italiener sah den Mann mit einer Mischung aus Bewunderung und Mitleid an. Lucas Hayes war über einen Meter und neunzig groß, hatte im Gegensatz zu ihm einen unfassbar athletischen Körper und das wohl attraktivste Gesicht, das er jemals gesehen hatte. Aber er wirkte immer etwas melancholisch.
»Wie üblich?«, fragte er den Star, und Lucas nickte.
»Grazie, Mr. Hayes.« Der Kellner verschwand.
Lucas lehnte sich einen Moment vor und spähte kurz zum Hinterausgang, den er, wenn nötig, als Fluchtweg nutzen konnte. Er hatte keine Personenschützer dabei und musste deshalb selber auf der Hut sein.
Nach der Premierenfeier morgen Abend wäre der Irrsinn fürs Erste endlich vorbei. Er würde tatsächlich so etwas wie Urlaub haben. Wie sehr er sich nach Ruhe und Frieden sehnte! Nachdenklich blickte er zur Fensterscheibe, an der ein winziger Käfer krabbelte.
Seit den frühen Morgenstunden gab er ein Interview nach dem anderen, und in vierzig Minuten würde der Marathon weitergehen.
Er konnte natürlich von Glück reden, dass er nicht in L.A war, dachte Lucas, und betrachtete das kleine Insekt, das nun orientierungslos im Kreis lief.
In Kalifornien hätte er niemals in ein normales Restaurant zum Essen gehen können. Überall waren Menschen. Aufdringliche Menschen. Paparazzi, Fans oder einfach irgendwelche Leute, die alle etwas von ihm wollten. Bei der Vorstellung bekam er schon Herzrasen. Warum er sich das eigentlich alles antat, wusste er selbst nicht.
»Prego, Signore Hayes!« Der Kellner stellte beflissen eine Flasche Wasser und einen Korb mit frischem Weißbrot auf den Tisch, schenkte ihm ein und verschwand.
Lucas tröpfelte ein wenig Olivenöl auf das weiche Brot und begann zu essen. Dabei fiel sein Blick wieder auf den Käfer, der noch immer keine Fortschritte gemacht hatte. Armes Vieh, dachte er.
In diesem Moment erklang das Geräusch von klackernden Absätzen, und Lucas drehte den Kopf.
Er stöhnte leise, als er die elegant gekleidete Frau erkannte. So viel zur Käuflichkeit der Menschen.
»Typisch, dass du dich hier verkrochen hast.«
Die fünfzigjährige Candice Jackson, eine attraktive Blondine mit fransigem Kurzhaarschnitt und markanten Zügen, fegte mit angeekelter Miene einige Krümel vom Stuhl und nahm dann ihm gegenüber Platz.
»Sicher hast du vergessen, dass wir in der Pause die Analyse der Mediadaten durchgehen wollten.« Sie grinste spöttisch und schlug die langen Beine übereinander, die in flatterigen pinkfarbenen Hosen steckten.
In diesem Moment näherte sich eine der hübschen Kellnerinnen und servierte Lucas mit zitternden Händen seine Pasta.
»Kohlehydrate?« Candice zog missbilligend eine Braue hoch.
Lucas nahm sich demonstrativ auch noch eine Scheibe Weißbrot und tauchte es in die Soße. »Willst du mir ernsthaft vorschreiben, was ich esse, als wäre ich ein Nobody?« In seinen stahlblauen Augen blitzte Ärger auf.
Candice stöhnte. »Meine Güte, bist du heute empfindlich.«
Doch sie hatte den Wink verstanden. Mittlerweile war Lucas so erfolgreich, dass er sie eigentlich gar nicht mehr nötig hatte. Doch Lucas war loyal, und Candice war seit zehn Jahren seine Managerin.
»Schieß los«, sagte er und spießte eine Teigtasche mit der Gabel auf.
Candice strich sich die blonden Strähnen aus der Stirn und begann über die anstehenden Social-Media-Kampagnen zu berichten. Lucas war zutiefst gelangweilt.
»Es geht nur noch um Klicks.«
»Du bist naiv, wenn du denkst, es wäre anders«, entgegnete sie mit ironischem Lächeln. Lucas zuckte mit der Schulter und aß weiter.
Die Stimmung zwischen ihnen hatte immer ein wenig etwas von einem Ringkampf. Im Showgeschäft ging es um so viel Geld, dass man niemandem mehr trauen konnte, das wusste Lucas. Er hielt Candice für eine Raubkatze in Designerkleidern. Und die Managerin sah in dem Superstar einen Goldesel. Kostbar, aber stur und unberechenbar.
»Ich habe übrigens einen Termin für dich bei Gabriel Fontaine bekommen«, sagte sie, als sie mit den Zahlen durch waren.
Lucas sah jetzt überrascht auf und ließ die Gabel sinken.
»Er wird sich mit dir auf der Premierenparty treffen«, sagte Candice triumphierend.
Lucas sah nachdenklich zum Fenster. Gabriel Fontaine war ein scheuer und recht unbekannter französischer Filmemacher, den Lucas aber zutiefst bewunderte. Er träumte schon lange von einem gemeinsamen Projekt mit dem begnadeten Künstler. Doch der Europäer war wählerisch, und die Tatsache, dass Lucas bisher meist brachiale Actionhelden gespielt hatte, sprach nicht für ihn.
Deshalb leuchteten seine Augen nun umso hoffnungsvoller. »Das ist toll, Candice. Danke.«
Ein spöttisches Lächeln erschien auf ihren Lippen. »Dafür bezahlst du mich, Süßer.« Dann lehnte sie sich vor. »Da ist aber noch etwas anderes«, sagte sie mit gesenkter Stimme.
»Du erinnerst dich ja sicher noch an unseren Plan.«
Lucas räusperte sich unzufrieden. Natürlich erinnerte er sich. Und er durchschaute Candice. Sie hatte ihn mit Fontaine geködert, und nun kam der Haken.