Sinneslust 1 - Alisha Bionda - E-Book

Sinneslust 1 E-Book

Alisha Bionda

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Beschreibung

Unsere Sinne sind es, die uns Mensch sein lassen. Besonders unsere körperlichen. Bei dem einen sind sie zarter, bei dem anderen stärker ausgeprägt. Wir alle wollen sie leben, die Lust genießen. Egal in welcher Form. In SINNESLUST 1 entführen die Autoren Robin Aurelia, Barbara Büchner, Tanya Carpenter, Guido Krain, Aino Laos, Karl-Georg Müller und Jennifer Schreiner die Leser in fantastische Erotikgeschichten. Mit einem Vorwort von Alisha Bionda

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2020

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 SINNESLUST 1

Fantastische Erotikgeschichten

Hrsg. Alisha Bionda

Ashera Verlag

 

 

 

 

 

 

 

Das RosenRote Schlüsselloch

Band 1

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

Erstausgabe 2019

Copyright © 2019 dieser Ausgabe

by Ashera Verlag

Hauptstr. 9

55592 Desloch

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder andere Verwertungen – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des Verlags.

Covergrafik: istock

Innengrafik: istock

Szenentrenner & Innenillustartion: Fotolia

Coverlayout: Atelier Bonzai

Lektorat & Satz: TTT

ashera.verlag@gmail.com

www.ashera-verlag.de

 

 

ISBN: 978-3-948592-08-0

 

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Tynvars Kätzchen

Guardia Tempera

Die Grotten der Lust

Die Echsenhüterin

Just married – with a Personal Demon

Schwarze Schmetterlinge

BLUTJUNG - Der Vampir, der mich liebte.

Die Katzenfrau

S.A.D.

Gefangen

Die Ruine

Blut & Rosen

Die Autoren

Die Herausgeberin

Vorwort

Alisha Bionda

 

Schon seit gut einem Jahrzehnt spiele ich mit dem Gedanken die erotische Reihe „Das RosenRote Schlüsselloch“ herauszugeben.

Eine Reihe, die dem Leser einen Blick durch das „Schlüsselloch“ in fremde „Betten“ erlaubt – auf Erotisches, Frivoles und Sinneslust.

Wobei es jedem überlassen bleibt, wo für ihn Erotik anfängt. Daher wird es Prisen der Sinneslust oder deutlichere Texte geben – die volle Bandbreite. Sowohl phantastische Erotik, aber auch Erotik in der realen Welt.

Wir alle werden durch unsere Sinne bestimmt und geleitet, wir alle sollten sie möglichst frei leben und genießen dürfen.

Auch das soll in dieser Reihe in so manchem Werk deutlich werden.

   Nun – im eigenen Verlag mit Partnerin Annika Dick – habe ich die Möglichkeit, mich nach Herzenslust literarisch auszutoben.

Somit startet nun auch endlich „Das RosenRote Schlüsselloch“ mit den Anthologien SINNESLUST 1 (Phantastische Erotikstorys) und SINNESLUST 2 (Erotikstorys).

Folgen wird mit DIE HERRIN DER DORNEN ein BDSM-Roman von Karl-Georg Müller, zu dem eine Prologstory in der SINNESLUST 1 enthalten ist, und mit MOON OF WITCHCRAFT ein Roman von Sophia Rudolph.

 

Lassen Sie sich überraschen – und sich in das Reich der Sinne entführen.

Viel Spaß und erotisches Knistern wünsche ich Ihnen dabei.

 

Alisha Bionda, April 2019

Tynvars Kätzchen

Guido Krain

 

Heißes Blut spritzte ihm ins Gesicht, durchtränkte seine Kleidung und vermischte sich mit dem Ruß auf seiner verschwitzten Haut. Dies waren die Augenblicke, für die Tynvar lebte. Er brüllte wie ein Tier, riss die Streitaxt über den Kopf und beobachtete, wie die kopflose Leiche die in den Fels geschlagenen Stufen hinunterstürzte. Doch der eigentliche Kampf war lange entschieden. Die kleine Festung hatte seiner Horde außer Mut, halbwüchsigen Jungen und einigen alten Veteranen nichts entgegenzusetzen gehabt. Allein zu seinen Füßen lagen vier tote Männer, die ihr Schicksal nicht kampflos hingenommen hatten. Nur an kleinen Brennpunkten war noch Kampflärm zu hören. Flammen schlugen aus einigen Fenstern und über allem lag das süße Geschrei der Weiber, das Tynvar vielleicht mehr als alles andere liebte.

Vielleicht.

Heute jedoch war er auf eine andere Beute aus. Der blaue Diamant würde ihm mehr Silber einbringen, als alle seine bisherigen Beutezüge zusammen. Und mit Silber konnte er alles haben. Auch Frauen. Es war ihm unverständlich, warum jemand einen Schatz für einen dummen Stein ausgab und es war ihm auch vollkommen gleichgültig. Für ihn zählte nur, dass außer einem Pfaffen, der den blöden Stein am Finger tragen sollte, niemand mehr zwischen ihm und seinem Schatz stand.

Immer zwei Stufen auf einmal nehmend trampelte er der kopflosen Leiche hinterher. Der kahlköpfige Riese Gantin folgte und riss unterwegs eine der Fackeln aus einer Wandhalterung. Wie ein Spiegelbild aus dem Inneren der von Blut und Tod aufgeputschten Barbaren leckten die Flammen gierig über die verrußte Decke. Die seltsame Ausstrahlung dieses Ortes schien das Feuer des Kriegers in ihnen noch weiter anzufachen; ein regelrechter Jagdrausch hetzte die Männer durch den dunklen Gang. Was ein christlicher Priester hier, in diesem heidnischen Tempel tat, war Tynvar nicht bekannt. Und wie die meisten Details interessierte es ihn auch nicht.

Am Ende des Gangs blockierte eine von Zeit und Ruß schwarz gewordene Eichentür den Weg. Prachtvolle Schnitzereien kündeten von wunderschönen Göttinnen, die hinter dem uralten Holz verehrt wurden. Als das schwere Hindernis nicht sofort nachgab, zerrte Tynvar unbeherrscht am Öffner, doch der Zugang blieb verschlossen. Nach einem Augenblick des lautstarken Zorns fielen die kostbaren Schnitzereien der Streitaxt des wütenden Eindringlings zum Opfer. Aber auch nach minutenlanger Misshandlung hielt das schwere Türblatt noch immer stand. Tynvar lief der Schweiß in Sturzbächen über das Gesicht, und schließlich zwang ihm sein Körper eine Pause auf. Als er sich keuchend an die Wand lehnte, war plötzlich ein zaghaftes Schaben hinter der Tür zu hören. Jemand entfernte einen Riegel! Ohne eine weitere Überlegung trat Tynvar die Tür auf und katapultierte sich brüllend in den Raum. Auf den Anblick, der sich ihm bot, war er jedoch nicht vorbereitet.

Der Tempel war offenbar eine natürliche Höhle, deren Wände aus blutroten, geschichteten Gesteinen bestanden. Der Boden war von leuchtendem feinstofflichen Rauch bedeckt, der den gesamten Raum in düsteres Licht tauchte. An der Rückwand beherrschte ein fast bis zum Heft in den Boden gerammtes Schwert den Raum. Allein der Griff war über zwei Schritt lang. Was dem schwer zu beeindruckenden Krieger aber wirklich den Atem raubte, war die Frau.

Sie schwebte im Zentrum des Tempels und schien sich unter schrecklichen Qualen zu winden. Doch der Schmerz vermochte ihre riesigen, seltsam zeitlosen Katzenaugen nicht zu erreichen. Sie betrachteten ihn durch einen Schleier unbestimmbarer Gefühle. Aber der Blick des Kriegers verweilte nur kurz in den Augen der Fremden, bevor er lüstern den biegsamen, sich windenden Körper erkundete. Ihre Rundungen wurden nur notdürftig von hauchdünnem Stoff bedeckt, und ihre Beine ließen ihn beinahe das Atmen vergessen. Nie hatte Tynvar solche Schönheit oder ein solches Gewand gesehen.

»Nein! Seht sie nicht an!« Die krächzende Stimme riss den Krieger aus seinem Starren. Erst jetzt bemerkte er den alten Mann im Gewand eines Priesters, der sich mühsam vom Boden aufrappelte. Offenbar hatte er direkt hinter der von Tynvar aufgestoßenen Tür gestanden. »Sie ist eine verderbte Dämonin!« Nur wenige Menschen wagten, Tynvar zu sagen, was er zu tun hatte. Noch weniger konnten heute noch davon berichten. Ohne das geringste Zögern schlug der Krieger dem alten Mann die Axt in den Bauch und teilte den ausgemergelten Körper damit beinahe in zwei Teile. Noch ehe die Leiche zusammengesunken war, hatte Tynvar den Zwischenfall bereits vergessen. Die Schönheit der schwebenden Frau nahm ihn vollkommen gefangen. Trotz ihrer offensichtlichen Qualen lächelte sie ihn mit dieser geheimnisvollen Abgehobenheit an.

»Bitte befreie mich«, hauchte sie und betonte die Worte in einem merkwürdigen Singsang, als würde sie seine Sprache eher fühlen als kennen.

»Ich bin kein Befreier. Wenn ich dich da raushole, gehörst du mir«, meinte er barsch. Ja, sie war schön und vielleicht eine Dämonin. Seine Augen sahen jedoch in erster Linie eine Frau, und Frauen hatten sich wie gute Beute seinem Willen zu fügen. Zweifellos war sie jedoch die erste Frau, die seine bedrohlichen Worte mit einem milden Schmunzeln beantwortete.

»Wie du wünschst«, sagte sie erneut in diesem leisen Singsang. »Wenn du mich befreist, werde ich jeden deiner Wünsche erfüllen, bis du mich frei gibst oder das Leben verlierst.«

Trotz ihrer Gelassenheit konnte er großen Ernst in ihren Augen sehen. Tynvar schwankte zwischen Wut und Freude über ihre Worte; wie konnte sie glauben, eine Wahl zu haben? Er war Tynvar der Schlächter! Irgendwie ließ die Ernsthaftigkeit ihres Versprechens jedoch sein Herz schneller schlagen.

»Wie kann ich dich befreien?«, fragte er rau.

»Der Priester trägt einen Ring mit einem blauen Diamanten.« Ein langer Fingernagel wies auf die Hand des Toten. »Brich den Stein aus der Fassung, und ich werde dir zu Diensten sein.« Tynvar bleckte die Zähne. Das hätte er wohl auf jeden Fall getan. Ohne viel Federlesens tat er, wie ihm geheißen.

Es ging viel leichter, als er erwartet hatte. Mit einem hellen, singenden Ton löste sich der Diamant von dem Ring. Einen Herzschlag später setzte die seltsame Frau leichtfüßig auf dem Boden auf.

»Ich danke dir ...« Ihr Satz brach ab, als er sie grob an sich riss und ihr genüsslich über das Gesicht leckte. Doch sie benahm sich nicht, wie er es gewöhnt war. Sie weinte nicht, sie schlug nicht um sich und sie ließ seine grobe Annäherung auch nicht teilnahmslos über sich ergehen. Stattdessen keuchte sie erregt und zog ihn heißblütig an sich. Als er überrascht stockte, lachte sie leise. In ihren Augen brannte eine animalische Wildheit, die zivilisierteren Männern Angst eingeflößt hätte.

Tynvar fühlte sich herausgefordert. Mit einer Art Kampfschrei riss er ihr die fremdartige Kleidung herunter und stieß sie zu Boden, wieder lachte sie. In ihren Augen war jedoch keine Spur von Spott zu sehen. Seine unbeholfene Gier freute sie! Das erste Mal in seinem Leben blickte Tynvar in die Augen einer Frau, die begierig darauf wartete, ihn endlich in sich zu spüren. Sie wollte ihn und hungerte nach seiner Berührung! Die Erkenntnis war so unglaublich, dass er ihr ein Dutzend Herzschläge lang fassungslos ins Gesicht starrte und seine Blicke dann erst über ihren nackten Körper gleiten ließ.

Ihre Schönheit war kaum zu fassen. Es war nicht allein ihr perfekter Busen, der flache Bauch oder die endlosen Beine, sondern auch die Art, wie sie sich bewegte. Lasziv wie eine Katze und anmutig wie eine Tänzerin räkelte sie sich vor ihm; war eine Verlockung reiner Weiblichkeit, wie Tynvar sie noch nicht erlebt hatte. Sie hielt den Kopf in den Nacken gelegt, als wolle sie ihm die schutzlose Kehle darbieten. Ihr Hals schien geradezu unanständig entblößt zu sein und stellte die Nacktheit ihres sonstigen Körpers in den Schatten. Ihr hungriger Blick brachte ihn beinahe um den Verstand.

Plötzlich war er über ihr und drang mit der Brutalität in sie ein, mit der er Frauen immer in Besitz genommen hatte. Wieder war es völlig anders als sonst. Sie bäumte sich mit einem lustvollen Seufzen unter ihm auf und huldigte damit seiner Männlichkeit. Ihre langen Fingernägel zerkratzten seinen Rücken, als sie vergeblich versuchte, ihn noch tiefer in sich hineinzuziehen. Sie war so wild, dass er Mühe hatte, die Oberhand zu behalten, doch er war stärker. Er nahm sie härter, als er je eine Frau genommen hatte, und sie wand sich wollüstig unter ihm. Sie unterwarf sich seiner Kraft und Männlichkeit. Als sie sich während ihres Höhepunktes seltsam hilflos in seiner Brust verbiss, fühlte er sich wie ein Gott. Er hatte nicht einmal gewusst, dass Frauen so etwas wie einen Höhepunkt erleben konnten. Grunzend brach er über ihr zusammen und drückte sie an sich.

Fast eine Stunde hielt er sie so in seinen Armen. Den größten Schatz, den er in seinem Leben jemals finden sollte.

 

 

Tynvars Aufstieg hielt vier Jahre an. Die geheimnisvolle Dämonin, die er einfach »Kätzchen« nannte, war immer an seiner Seite und vor allem in seinem Bett. Jede Nacht teilte sie das Lager mit ihm und lehrte ihn, auch auf anderen Frauen wie auf einem Instrument zu spielen. Er lernte, seine Bettgefährtinnen gezielt in ein Himmelreich zu führen oder zu seinem Genuss viel schlimmer zu missbrauchen, als er dies vorher je vermocht hatte. Das »Kätzchen« half ihm nicht nur dabei, Frauen und Mädchen in jeder Weise zu genießen. Sie erweckte erschlagene Feinde von den Toten, damit Tynvar sie noch einmal töten konnte. Sie öffnete magische Tore in Burgmauern, um Tynvars Horde das Plündern zu erleichtern, und sie warnte ihn, wann immer ihn jemand anlog. Und dennoch blieb sie für viele nichts als der Schatten einer gehorsamen Sklavin zu den Füßen eines unbesiegbaren Kriegers. Ein Schatten, um den ihn viele beneideten.

Dann kam der Tag, an dem Tynvars immer größer gewordene Horde Laktum eingenommen hatte ...

 

 

»Weißt du, warum du verloren hast?« Tynvar fielen Brocken fettigen Fleisches aus dem Mund. Beleidigend zeigte er mit der zerfledderten Gänsekeule auf den gestürzten Monarchen, auf dessen Thron er gerade saß. »Ich hatte zu wenig Männer auf meinen Mauern.« Mit nichts als seiner Würde um sich zu kleiden, stand der alte König in dem, was von seinem Thronsaal übrig geblieben war. Eine kleine Armee von Tynvars Spießgesellen bildete eine Wand aus grölenden, saufenden, fressenden Leibern, dennoch stand er hoch aufgerichtet vor dem Zerstörer seiner Stadt.

»Falsch!« Die halb gegessene Gänsekeule flog dem stolzen Monarchen ins Gesicht. »Du hattest gar keine Männer in deiner Stadt! Und meine Männer sind gerade dabei, deinen Weibern genau das beizubringen!«

Johlendes Gelächter brandete durch den verwüsteten Saal. Nur der alte Mann und die allgegenwärtigen Sklavinnen schienen den weinseligen Humor der Sieger nicht zu teilen.

»Deine Männer haben gerade genug Disziplin, um ihre Triebe zu befriedigen und wie wilde Tiere über friedliche Menschen herzufallen.« Der Zorn hatte die königlichen Wangen gerötet, aber seine Stimme blieb beherrscht und wohlmoduliert. »Ihr könnt alle nur zerstören, aber nicht einmal eure eigenen Waffen selbst herstellen.«

Grabesstille legte sich über den Saal. Tynvars Horde betrachtete den stolzen Mann wie einen Toten, dem man das Reden noch verbieten musste. Ein überlautes Rülpsen aus den hinteren Reihen des Publikums sorgte kurz für Erheiterung. Dann brachte Tynvar die Meute mit einer herrischen Handbewegung zum Schweigen.

»Genau dafür haben wir doch euch«, nahm er das Gespräch wieder auf. »Und jetzt habt ihr endlich genug Zeit für eure Arbeit, weil wir uns ja bereits um eure Frauen kümmern.«

Erneut setzte derbes Gelächter ein und verhinderte jede Entgegnung. Mit einem Wink bedeutete der Hordenführer einigen noch nicht vollständig betrunkenen Männern, den Gefangenen hinauszubringen.

»Tanz für mich«, sagte er zu dem »Kätzchen«, das wie immer abgehoben lächelnd zu seinen Füßen kniete. Sie stand auf und kletterte auf die reichlich geplünderte Tafel. Sie war barfuß und jede ihrer Bewegungen so perfekt, dass schon der kurze Weg zur improvisierten Bühne ein Tanz wurde, der die Männer im Saal verstummen ließ. Als sie sich dann im Takt einer unhörbaren Melodie zu bewegen begann, hielt es die Männer kaum auf ihren Plätzen. Sie beneideten die Äpfel, die das »Kätzchen« geheimnisvoll lächelnd über ihren Körper gleiten ließ und den Tisch, den ihre Füße mit jeder Berührung adelten. Nur ein Mann, der beinahe noch ein Junge war, schien sich ihrem Zauber entziehen zu können.

Rinvo, der Bruder des Hordenführers, beugte sich zu Tynvar herüber. »Glaubst du nicht, dass etwas Wahres an den Worten des alten Mannes war?«, fragte er vorsichtig.

»Was?«, erwiderte Tynvar gedehnt. »Dass meine Männer keine Disziplin haben?« Kurz funkelte Wut in seinem Blick. »Meine Männer brauchen keine Disziplin; sie gehorchen Befehlen. Meinen Befehlen! Und denen widersetzt sich niemand. Sie haben gar keine Wahl!«

»Aber ...«

»Ich zeige es dir«, verkündete Tynvar grinsend. Schwerfällig stand er auf und hob die Arme. »Leute! Egal, was jetzt passiert, jeder bleibt sitzen, klar?« Seine Zunge war durch den Alkohol etwas ungelenk, aber seine Männer schienen sich unter dem drohenden Unterton seiner Stimme zu ducken. Viele von ihnen sahen furchtsam oder verständnislos zu ihm herüber; andere hatten dem Wein so stark zugesprochen, dass sie noch Minuten brauchen würden, um seine Worte zu begreifen. Tynvar gab ihnen diese Zeit nicht. Leicht schwankend richtete er den ausgestreckten Finger auf sein »Kätzchen« und befahl ihr: »Und du machst jetzt weiter und ziehst dich dabei aus.«

Das erste Mal, seit er mit ihr zusammen war, wich das geheimnisvolle Lächeln aus ihren Augen. Sie zögerte einen winzigen Augenblick, doch er bemerkte ihre Reaktion nicht einmal. Schwer ließ er sich wieder auf den Thron fallen.

Nichts als Kälte lag in ihrem Blick, als sie ihren Tanz wieder aufnahm. Anmutig wie eine zornige Göttin wirbelte sie über die lange Tafel und ließ die Männer kaum zu Atem kommen. Ihre Bewegungen übten eine hypnotische Macht aus, der jedes Auge zu folgen gezwungen war. Schließlich begann sie sich, wie eine sich häutende Schlange unendlich langsam aus ihrer ohnehin freizügigen Kleidung zu schälen. Nicht nur die Männer begafften jedes frisch entblößte Fleckchen ihrer Haut, als wäre es ein Wunder aus einer anderen Welt. Und vielleicht entsprach genau dieser Gedanke der Realität. Das »Kätzchen« ließ jeden im Raum jedes Gefühl für Zeit vergessen. Und obwohl sie diese unwiderstehliche Macht über sie alle ausübte, war jedem absolut klar, dass sie Tynvar für diesen Befehl aus ganzem Herzen verachtete.

Als schließlich ihre Brüste zum Vorschein kamen, begannen sich die ersten Münder zu öffnen – und auch so zu bleiben. Doch als das »Kätzchen« den feinen Stoff von ihrem Kätzchen herunterrutschen ließ, hielten es die Männer nicht mehr auf ihren Plätzen aus. Reine, besudelnde Gier lief aus von Geilheit und Alkohol trunkenen Mündern. Tynvar war es schließlich, der sie packte und grob über die voll beladene Tafel legte. Mit einem Ruck drang er in sie ein, aber sie war beinahe trocken. Ihre fehlende Erregung fachte das Feuer in ihm nur noch mehr an. Genüsslich packte er sie am Nacken, um sie so hart er nur konnte von hinten zu nehmen. Er wollte sie schreien hören, wollte seine Dominanz über sie fühlen.

Aber sie schrie nicht. Stoisch, ohne jede Regung, ließ sie die Misshandlung über sich ergehen und nahm ihm so die Männlichkeit, die sie ihm vor vier Jahren so freimütig geschenkt hatte. In seinem halb umnebelten Geist bemerkte er tief in seinem Innersten, dass er etwas Kostbares verloren hatte. Nach wenigen Minuten war es vorbei. Unter den Augen der vor Geilheit sabbernden Horde entlud er sich brüllend in ihr und blieb dann einen Moment keuchend auf ihr liegen.

»So, Rinvo!«, rief er mit rauer Stimme. »Jetzt zeige ich dir meine Macht und die Disziplin, die mein Wort verursacht!« Während er ihr wohlgeformtes Hinterteil knetete, zog er seine Männlichkeit aus ihr heraus. Am Nacken zog er sein »Kätzchen« hoch und drückte es auf die Knie vor sich.

»Du wirst mich jetzt mit deinem Mund säubern und dich dann um meinen Bruder kümmern. Er muss auch endlich wissen, wie sich ein richtiger Mann fühlt.« Unter der grölenden Begeisterung seiner Horde hielt er ihr auffordernd sein Gemächt vor den Mund.

Sie schaute mit ausdruckslosem Gesicht zu ihm auf. Ihre Pupillen begannen immer größer zu werden, und ließen sein selbstsicheres Grinsen maskenhaft erstarren. Schließlich war die ganze Fläche ihrer Augen schwarz wie polierter Obsidian. Ihr Zorn füllte wie eine stetig ansteigende, eiskalte Flüssigkeit den Raum. Furcht ließ einige der Männer mit den Zähnen klappern; Weinbecher fielen zu Boden, doch die meisten waren von der plötzlichen Wendung wie gelähmt. Tynvar war schlagartig nüchtern und unternahm einen unsicheren Schritt zurück. Für ihn war der kalte Blick weitaus schlimmer. Er fühlte sich entmannt. Sie kastrierte ihn wie ein Haustier, mit dem die Eigentümerin viel Spaß gehabt hatte, bis es ihr Bett als Toilette genutzt hatte. In ihren Augen konnte er lesen, dass sie vor ihm noch weniger Respekt als vor einem Tier hatte. Schlimmer. Sie hatte weniger Respekt vor ihm als vor der Gänsekeule, die er dem Monarchen vorhin ins Gesicht geworfen hatte.

»Du hast gewonnen, mein Gebieter.« Ihre Stimme war klar, wohlmoduliert und freundlich. Noch vor ihm kniend verneigte sie sich ehrerbietig und verwirrte Tynvar damit vollends. »Ich habe dir mein Wort gegeben und kann es nun nicht halten.« Anmutig wie eine Göttin erhob sie sich und lächelte ihn so warm an, wie sie es noch nie getan hatte. Nur das Schwarz ihrer Augen war geblieben. »Also bitte ich dich, mich aus meinem Schwur zu entlassen. Als Gegenleistung werde ich alle Macht, die mir in dieser Welt noch bleibt, darauf verwenden, dich und deine Armee unbesiegbar zu machen.«

Etwas verdattert sah er erst sie, dann seine Männer an. Diese taten das, was sie am liebsten machten – sie johlten. Diesmal jedoch schienen sie vor allem erleichtert zu sein. Eine Erleichterung, die er auch verspürte, doch er konnte ihre Worte nicht so leicht verdauen.

»... unbesiegbar?«, fragte er unbeholfen.

»O ja«, bestätigte sie lächelnd. »In einigen Jahren werdet ihr noch viel mehr als heute sein. Mehr als man zählen kann. Und ihr werdet Tod und Schrecken durch ganz Europa tragen. Nichts wird euch aufhalten können. Noch in Jahrtausenden werden eure Nachkommen unbesiegt über ganze Reiche herrschen.« Tynvars Augen waren kreisrund geworden. »Und das Beste für dich werden deine Frauen sein. Tausende junger Dinger werden dir gehören und verrückt nach dir sein. Aus deinen Nachkommen allein wird man eine Armee aufbauen können!«

Ihre unheimlichen Augen ließen ihm, der nie vor irgendetwas Angst gehabt hatte, das Blut in den Adern gefrieren. Aber um ihre Lippen spielte das gleiche erregte Lächeln, das sie immer gezeigt hatte, wenn sie sich auf etwas besonders freute.

»Das ... das kannst du tun?« Irgendwie hatte Tynvar den Eindruck, dass sein Kopf viel zu langsam funktionierte. Sie nickte und schenkte ihm ihr strahlendes Lächeln, das jedoch die Augen nicht vollends erreichte.

»Du musst es nur wollen ... und mich freigeben.«

Er nickte und sie brach in ein sardonisches Gelächter aus, das ihnen allen beinahe das Herz aus dem Leibe hüpfen ließ. Mit beiden Händen griff sie in die Wirklichkeit, verformte sie und ließ sie wieder los. Einen Lidschlag später begann sie wie ein Bild, das zu lange in der Sonne gestanden hatte, zu verblassen. Noch lange, nach dem sie verschwunden war, war ihr Lachen in dem Saal zu hören.

Doch die einzigen Zuhörer interessierten sich nicht dafür. Heute war ein Grund zu feiern – ein Festbankett war angerichtet. Gierig stürzten sich die Ratten auf die Essensberge, die ihnen schon als Menschen groß vorgekommen waren. Nur einer Ratte namens Tynvar war nicht zum Feiern zumute. Als besonderes Geschenk seines »Kätzchens« hatte er seinen menschlichen Verstand behalten dürfen.

Guardia Tempera

Tanya Carpenter

 

Seine Finger fühlten sich wie Eis auf ihrer Haut an und ließen sie erschauern. Dabei wusste Vanity, dass ihr gegenwärtiger Gespiele alles andere als kalt war. Doch ihre Hitze vermochte er nicht zu erlangen. Vanitys Körper glühte – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Jeder Stoß seines Speeres in ihre Mitte schürte das Feuer weiter, das auf dem Gipfel ihrer Lust seinen eigenen Höhepunkt finden und ihre Flamme zünden würde. Besessen von ihrem sich windenden Leib, der ihm bislang ungekannte Genüsse bereitete, spürte der Mann nicht, wie sich seine Haut bereits rötete und an einigen Stellen sogar Blasen warf. Auch den Geruch des Lakens unter ihnen, das bereits kokelte, nahm er nicht wahr. Er war so vollkommen gefangen in diesem Spiel der Leidenschaft, dass nichts mehr für ihn existierte als nackte Wollust. Sein Denken und Handeln war reduziert auf das sehnsuchtsvolle Pochen seiner Männlichkeit, die in Vanitys Schoß immer stärker anzuschwellen schien. Sie schürte sein Verlangen, indem sie ihr Becken schneller und schneller kreisen ließ und spitze Schreie der Lust ausstieß, während er ihre Brüste mit seinen kundigen Händen knetete und ihre Nippel hart wie Stein wurden.

Als er sich mit einem kehligen Schrei in sie ergoss, verloschen Zeit und Raum für ihn. In Bruchteilen einer Sekunde umfing ihn die Flamme der Guardia Tempera, die so heiß brannte, dass sie alles in blendendes Weiß tauchte.

Erschöpft blieb Vanity Sepultura einen Moment liegen. Ihr Liebhaber, der ihr ekstatische Stunden geschenkt hatte, lag nun wie weicher Puder auf ihr, der sie ein letztes Mal liebkoste, um dann, als sie sich erhob, von ihrer glatten Haut herabzurieseln, um einen kleinen Kegel zu ihren Füßen zu bilden.

Was von ihm geblieben war, glich einer Art Asche – der Sand der Zeit – und diesen hier würde Vanity nun dem Kreislauf zurückgeben. Wie alle Dinge auf der Welt, ist auch die Lebenszeit der Menschheit begrenzt. In ihrer reinsten Form entspricht sie einem Sediment, so feinkörnig und rein wie Götterstaub. Aufbewahrt wird es in den Sanduhren der Ewigkeit, vermindert sich mit jeder Geburt und mehrt sich mit jedem Todesfall. Die Guardia Tempera wachen darüber, dass die Uhren niemals leerlaufen und der Kreislauf von Leben und Tod stets ausgewogen bleibt.

Zwei Dinge waren es jedoch, die dieses empfindliche Gleichgewicht inzwischen nachhaltig störten. Zum einen die Gier der Menschen nach Unsterblichkeit, die sie dazu trieb, das Altern mit allen Mitteln aufhalten zu wollen, um den Tod so lange wie möglich hinauszuzögern. In den letzten Jahren stieg die Zahl der Menschen ständig an und die Lebenszeit wurde knapp, weshalb die Zeitwächterinnen begonnen hatten, aktiv in die Zyklen einzugreifen, um dafür zu sorgen, dass immer genug Sand in den Uhren war. Vanity hatte dabei eine besonders angenehme Art und Weise gefunden, ihre Pflichten zu erfüllen, indem sie sich mit den potenziell Todgeweihten vergnügte, ehe ihre Flamme sie verschlang. Ein schlechtes Gewissen überkam sie dabei nicht, denn was konnte es Schöneres geben, als auf dem Gipfel sexueller Ekstase aus dem Leben zu scheiden? Der zweite Störfaktor für den Kreislauf der Lebenszeit waren die Praedo. Sie entsprachen praktisch dem Gegenstück der Guardia Tempera. Statt die Lebenszeit im ewigen Kreislauf zu halten, stahlen sie diese, denn nur so konnten sie überleben. Dabei minderten sie die Asche der Zeit mit jedem Raub. Gottlob gab es nicht allzu viele von ihnen, und die Curari – die höchste Instanz in der Gilde der Zeitwächter – machte beständig Jagd auf diese Diebe, um die gestohlene Lebenszeit zurückzuholen und diese frevelhaften Existenzen auszulöschen.

Vanity hatte noch nie einen Curari gesehen, doch sie wusste – wie jede Zeitwächterin – dass mit ihnen nicht gut Kirschen essen war. Sie kontrollierten die Zeitgläser und die Wächterinnen. Ahndeten jede Verfehlung ohne Mitleid. Schon so manche Guardia Tempera, die ihren Pflichten nicht nachgekommen war, hatte die Konsequenzen tragen müssen und war selbst zu einem Häufchen Asche geworden, das die Uhren der Ewigkeit durchlief. Die Vorstellung jagte ihr eine Gänsehaut über den Rücken. Sie schüttelte den Kopf und beeilte sich, die gewonnene Lebenszeit aufzusammeln, um sie zügig in den Kreislauf zurückzubringen.

 

 

Mit der Asche, die sie in einen kleinen Beutel gefüllt hatte, kam Vanity wenig später in ihrem Zuhause an. Dort öffnete sie die verborgene Kammer, in der sich eine der Sanduhren befand. Dabei wurde sie von ihrem Hausgenossen Saki, einer weißen Ratte, beobachtet, die eifrig hinter ihr herlief, um die heutige Ausbeute zu begutachten. Vanity hob die obere Abdeckung und ließ das weiße Pulver ins Glas rieseln. Mit gerunzelter Stirn ging sie in die Hocke und betrachtete den unteren Teil der Sanduhr. Der Sand türmte sich lediglich zu einem kleinen Hügel, während der Krater oben immer tiefer wurde, trotz der neuen Beigabe. Es schien, als käme nur ein Teil dessen, was durch die schmale Verbindungsöffnung rieselte, wirklich an. Die Diskrepanz zwischen den beiden Hälften wuchs mit jeder Umdrehung des Glases und mit jedem Sprung, den das aus grünem Fels geschliffene Rad der Ewigkeit tat. Saki hielt seine rosa Nase an das Glas und schnupperte, ehe er das feine Gesicht verzog. »Lange wird das nicht reichen. Du solltest dich am besten sofort wieder auf die Suche nach einem weiteren Delinquenten machen, den man dem Kreislauf zurückgeben kann.«

Vanity erhob sich mit einem Seufzer und kehrte der Uhr den Rücken. Egal wie sehr sie sich bemühte, es war nie genug. Ihre schlanke Gestalt wiegte sich beim Laufen grazil, um ihre schwarz geschminkten Lippen spielte ein zynisches Lächeln. Es war ja nicht so, dass sie diese Tatsache aus tiefstem Herzen bedauert hätte. Immerhin ergab sich so die Notwendigkeit eines weiteren erotischen Ausflugs, und derer wurde sie nie überdrüssig. Dennoch sorgte es sie, dass ihr Bemühen so wenig sichtbare Erfolge zeigte.

»Es wird immer schwieriger, Saki. Und so langsam frag ich mich, warum wir es nicht einfach drauf ankommen lassen und die Menschheit dem Aussterben zuführen. Verdient hätte sie es.«

An dem Tag, an dem die Zeitgläser leerliefen, würden sie zerspringen und ihr Staub in einer riesigen Wolke die Sonne verdunkeln. Das Ende allen Lebens auf diesem Planeten. So stand es in den Prophezeiungen. Aber Vanity machte sich weniger Gedanken um das Armageddon, als vielmehr um ihr Outfit für den nächsten Beutezug.

Ihr schwarzes Kleid war so kurz, dass man den Spitzenslip sehen konnte, während sie sich vorbeugte und in einer Schublade nach ihrem Schleier suchte. Saki ließ ein anzügliches Lachen vernehmen. »Das würdest du nie tun. Dafür bist du viel zu süchtig nach den Vergnügungen, die sie dir bereiten.«

Im Aufrichten strich sich Vanity über die durchsichtige Spitze, die ihre Taille betonte, und rückte das ebenfalls transparente Dekolleté zurecht, das gerade so die dunklen Monde ihrer Brüste verbarg. Sie zog einen Schmollmund.

»Willst du etwa behaupten, ich sei lüstern?«

Saki richtete sich auf seine Hinterbeine auf und kräuselte die Nase. »Nymphoman trifft es eher.«

Vanity fuhr herum und schlug mit ihrer grazilen Hand nach der weißen Ratte, verfehlte sie aber ob der Halbherzigkeit, mit der sie diese Geste ausführte, um Haaresbreite.

»He! Was soll das?«, empörte sich Saki.

»Sei nicht so frech«, zischte Vanity. »Ich bin durchaus wählerisch und picke mir nur die wirklich Ergiebigen heraus. Für den Rest lohnt die Mühe kaum.« Mit Sorgfalt streifte sie die schwarzen Gazestulpen über. Schlüpfte in die roten Strumpfbänder und legte den Gürtel mit der Silberschnalle an. Saki hatte wirklich keine Ahnung. Aber was erwartete sie auch von einer Ratte? Das Paarungsverhalten seiner Gattung hatte weniger mit Lust, denn mit schlichter Vermehrungsgier zu tun. Wie also sollte er das Vergnügen nachvollziehen, das sie empfand? »Komm, mach dich nützlich«, bat sie Saki versöhnlich. »Mit deiner Hilfe werde ich wie immer unwiderstehlich sein und einen besonders leckeren Happen ergattern.«

Sogleich kam ihr treuer Freund herbeigeeilt, nahm den Halbschleier von ihr entgegen und steckte ihn mit kaum sichtbaren Nadeln in ihrem schwarzen Haar fest. Dabei achtete er darauf, dass die rote Strähne in ihrem Pony gut zur Geltung kam, indem sie unter dem Stoff hervorlugte.

Vanity schloss die Lider, damit er ihre Augen mit schwarzem Lidstrich betonen konnte. Dabei setzte er geschickt seinen langen Rattenschwanz ein. Anschließend zog sie selbst noch einmal den Lippenstift nach und tupfte sich etwas Rouge auf die Wangen.

»Denkst du, ich kann so gehen?« Sie musterte ihr Spiegelbild kritisch.

»Süße kleine Lolita!«, kommentiere Saki. Grinsend schlüpfte Vanity in ihre Wildlederstiefel. Beim Rausgehen blies sie die Kerzen aus.

 

 

Auf der Straße dauerte es nicht lang, bis ihr die ersten Kerle nachpfiffen. Sie machte sich einen Spaß daraus, ihre Hüften mit besonderem Schwung zu bewegen und ihnen einen lasziven Augenaufschlag zu schenken. Aber mehr würden sie von ihr nicht bekommen. Sie wollte ein besonderes Exemplar, eines, das die Sanduhr deutlich auffüllte und ihr wieder ein kleines Zeitpolster verschaffte.

Ihr Blick fiel auf eine Leuchtreklame aus Schwarzlicht. ›Seduction‹ – na, wenn das nicht passte. Der Club musste relativ neu sein. Bei ihrem letzten Ausflug in dieses Viertel hatte es ihn noch nicht gegeben. Aber das war auch schon eine Weile her, da sie in letzter Zeit eher am Hafen gejagt hatte, statt im Zentrum. Neues Terrain war immer interessant. Entschlossen schritt sie auf den Eingang zu.

»He, bist du nicht noch ein wenig zu jung für so was?« Der Türsteher baute sich vor ihr auf und stemmte die Hände in die Hüfte. Innerlich verdrehte Vanity die Augen, äußerlich setzte sie ihr bezauberndstes Lächeln auf und klimperte mit den Wimpern.

Davon bekam der Herkules allerdings nichts mit, da sein Blick ungeniert auf ihrem Busen haftete, den sie daraufhin noch ein bisschen mehr vorstreckte, sodass der dünne Stoff verrutschte und die dunklen Vorhöfe ihrer Brustwarzen hervorschimmern ließ.

Sie streckte ihre Hand aus, legte ihrem Gegenüber den Zeigefinger unters Kinn und lenkte seine Aufmerksamkeit auf ihr Gesicht.

»Ich hab dummerweise meinen Ausweis nicht mit. Aber du wirst mich doch nicht hier draußen im Kalten stehen lassen?« Vanity neigte den Kopf zur Seite und setzte eine Unschuldsmiene auf.

Zu ihrem Glück grinste der Kerl übers ganze Gesicht und gab ihr einen Klaps auf den Po. »Dann immer rein in die gute Stube. Vielleicht trinken wir ja später noch Bruderschaft.«

Sein Lachen erinnerte Vanity an einen Bären.

Der Club verfügte über einen gläsernen Boden hinter dem Eingang, durch den man die Tanzenden eine Etage tiefer sehen konnte. Ein bizarres Gefühl. Vanity wurde schwindlig von den blinkenden Lichtern und zuckenden Leibern, die das Glas verzerrte. Instinktiv stützte sie sich mit der Hand an der Wand ab und schloss die Augen. Dadurch gewannen Geruch und Akustik einen Moment die Oberhand. Sie vernahm wummernde Bässe und elektronische Beats, untermalt von geschrienen Unterhaltungen. Es roch nach süßen Energydrinks, um die Nacht durchzuhalten, und vielerlei Alkohol. Sie verzog die Lippen zu einem zynischen Lächeln. Ein völlig normaler Club eben.

Auch die Stufen der Treppe waren aus Glas, aber milchig. Wärme schlug ihr entgegen, fuhr unter den kurzen Rock und zwischen ihre Schenkel. Vanity ließ den Blick schweifen und fand die Ursache. Am Absatz jeder zweiten Stufe waren kleine Ventilatoren eingebaut. Wohl um für ein wenig Abkühlung und Luftzirkulation zu sorgen. Doch zu dieser Stunde und mit so vielen Menschen wälzten sie nur noch die Hitze um.

Die Tanzfläche war brechend voll, darum entschied sie sich, erst einmal einen Drink an der Bar zu holen. Von dort konnte man sich einen guten Überblick verschaffen, da sie auf einer Empore lag.

Vanity bestellte einen Cosmopolitan und nippte genüsslich an dem süßen Cocktail, während sie sich die Gäste genauer ansah. Alle waren sehr jung. Ihr Jagdrevier. Die Guardia Tempera kamen sich untereinander nicht ins Gehege. Jede Zeitwächterin hatte ihre spezielle Beute, für die sie Verantwortung trug, und somit auch eine eigene Jagdtechnik. Vanity musste zugeben, dass sie das große Los gezogen hatte, denn nicht jede Wächterin konnte ihre Arbeit mit so viel Vergnügen ausführen wie sie. Während sie sich ihren Drink schmecken ließ, gewann Vanity einen Überblick, welcher von den Typen in Frage käme.

»Eine kleine Naschkatze«, raunte ihr da jemand vertraulich ins Ohr. Gerade laut genug, dass sie es verstand.

Vanity drehte sich lässig um und hatte schon einen passenden, kecken Spruch auf der Zunge, als ihr dieser buchstäblich im Halse stecken blieb, weil ihr gänzlich die Sprache versagte.

Was für ein Mann! Was da vor ihr stand, war kein Sterblicher, sondern ein Gott! Gut, das vielleicht nicht, aber auf jeden Fall der Inbegriff dessen, was sie sich als einen solchen vorstellte. Keiner in diesem Raum wäre perfekter für sie geschaffen gewesen als er.

Seine Augen hatten die Farbe von sattem Moos, und auch sein Duft erinnerte sie an einen schattigen Bachlauf im Wald, wo das Wasser über moosbewachsene Steine plätschert. Frisch und wild und eine Spur geheimnisvoll.

---ENDE DER LESEPROBE---


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