Star Wars. Die Macht des Todessterns - Michael Reaves - E-Book

Star Wars. Die Macht des Todessterns E-Book

Michael Reaves

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Beschreibung

»Das ist kein Mond – das ist eine Raumstation!« OBI-WAN KENOBI

Modell: Mobile Weltall-Kampfstation

Chefkonstrukteur: Bevel Lemelisk

Entwurf: Großmoff Wilhuff Tarkin

Durchmesser: 120 km

Umfang: 376 km

Besatzung: 27.048 Offiziere, 774.576 Mannschaftsgrade, 378.685 Mann Hilfs- und Wartungspersonal 25.984 Sturmtruppler, 400.000 Droiden

Bewaffnung: 1 Superlaser, 5.000 Turbolaser-Batterien, 5.000 Schwere Turbolaser-Batterien, 2.500 Laserkanonen, 7.000 TIE-Fighter 4 Angriffskreuzer, 20.000 verschiedene Fahrzeuge und Läufer

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Seitenzahl: 604

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Michael Reaves & Steve Perry

Die Macht des Todessterns

Aus dem Englischen

von Andreas Kasprzak

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen. Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel

»Star Wars™: Death Star«

bei Del Rey/The Ballantine Publishing Group, Inc., New York.

1. Auflage

Deutsche Erstveröffentlichung Juli 2008 by Blanvalet,

in der der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München.

Copyright © 2007 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.

All rights reserved. Used under authorization.

Translation Copyright © 2008 by

Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.

Covergestaltung: HildenDesign, München

Cover Art Copyright © 2007 by Lucasfilm Ltd.

Cover illustration by John Harris

Redaktion: Peter Thannisch

HK · Herstellung: Heidrun Nawrot

Satz: omnisatz GmbH, Berlin

ISBN 978-3-641-07820-1V002

www.blanvalet.de

Für Deborah

MR

Wie immer für Dianne,

und für unser jüngstes Enkelkind Nate

SP

»Das ist kein Mond. Das ist eine Raumstation.«

– OBI-WAN KENOBI

Dramatis Personae

Atour Riten; Archivar im Rang eines imperialen Commanders (Mensch)

Celot Ratua Dil; verurteilter Schmuggler (Zelosianer)

Conan Antonio Motti; imperialer Flottenadmiral (Mensch)

Daala; imperiale Flottenadmiralin (Mensch)

Darth Vader; Dunkler Lord der Sith (Mensch)

Kornell »Uli« Divini; Captain des imperialen Chirurgencorps (Mensch)

Memah Roothes; Barkeeperin (Twi’lek)

Nova Stihl; Sergeant der imperialen Sturmtruppler (Mensch)

Rodo; Rausschmeißer (Ragithianer)

Teela Kaarz; Architektin, Sträfling (Mirialanerin)

Tenn Graneet; imperialer Flottenobergeschützoffizier (Mensch)

Villian »Vil« Dance; Lieutenant Commander, imperialer TIE-Jäger-Pilot (Mensch)

Wilhuff Tarkin; imperialer Flottengroßmufti (Mensch)

Erster Teil

Konstruktion

1

FLUGDECK, STERNENZERSTÖRER STEEL TALON, IMPERIAL-KLASSE, POLARE UMLAUFBAHN, PLANET DESPAYRE, HORUZ-SYSTEM, ATRIVIS-SEKTOR, OUTER-RIM-TERRITORIEN

Die Alarmsirenen erzeugten ein durchdringendes Heulen, das kein Lebewesen an Bord, das Ohren und einen Puls hatte, überhören konnte. Die Sirenen hatten etwas zu verkünden, und das taten sie laut und unmissverständlich.

Antreten!

Der schmetternde Alarm riss Lieutenant Commander Villian »Vil« Dance aus tiefem Schlaf; er setzte sich auf und sprang von seiner Pritsche auf das metallene Deck des Bereitschaftsquartiers. Er trug bereits seinen Raumanzug – alles, was noch fehlte, war der Helm. Eines der ersten Dinge, die ein TIE-Pilot in Bereitschaft lernte, war, in voller Kampfmontur zu schlafen.

Er lief zur Tür, erreichte sie einen halben Schritt vor dem direkt nach ihm erwachten Piloten, schnappte sich seinen Helm, jagte hinaus in den Gang und wandte sich nach rechts, um in Richtung Startdeck zu sprinten.

Möglicherweise war es eine Übung. In letzter Zeit hatte es eine Menge davon gegeben, um die Piloten auf Zack zu halten. Aber vielleicht war es diesmal anders. Doch hoffen konnte man immer.

Vil rannte in den Aufmarschbereich. Die Antischwerkraft auf dem Flugdeck wurde leicht unter einem G gehalten, sodass sich die Piloten, die durchweg menschlich oder zumindest humanoid waren, ein wenig schneller bewegen und so ein bisschen schneller zu ihren Stationen gelangen konnten. Der beißende Geruch von Startschmiere lag in der kalten Luft, und die pulsierenden Lichter überzogen den Bereich mit hellen, gleißenden Blitzen. Techniker eilten umher, um die TIE-Jäger vor dem Start ein letztes Mal zu überprüfen, während Piloten auf die Schiffe zuhasteten. Vil bemerkte, dass es bloß seine Einheit war, die sich sammelte. Was auch immer das Problem war, offenbar war es keine große Sache.

Das Oberkommando sagte, dass es keine Rolle spielte, welchen Jäger man bekam. TIE-Jäger waren alle gleich, bis hin zur letzten Schraube und zum letzten Bolzen. Aber dennoch hatte jeder Pilot sein bevorzugtes Schiff. Natürlich war es ihnen nicht erlaubt, sie individuell zu gestalten, aber es gab Möglichkeiten, sie auseinanderzuhalten – eine Schramme hier, ein Kratzer dort … Nach einer Weile lernte man, zu erkennen, welcher Jäger welcher war. Und ganz egal, was das Oberkommando sagte, einige waren besser als andere – ein bisschen schneller, dazu imstande, ein bisschen engere Kurven zu fliegen, oder die Laserkanonen feuerten einen Hauch rascher, wenn man den Auslöser drückte. Vil wusste, dass das Schiff, das man ihm bei diesem Turnus zugewiesen hatte, Black 11 war, einer seiner Lieblingsjäger. Womöglich war es bloßer Aberglaube, aber das Atmen fiel ihm gleich ein wenig leichter mit diesem Wissen.

Der Führungsoffizier an Deck, Captain Rax Exeter, winkte Vil zu sich herüber.

»Was gibt´s, Cap? Noch eine Übung?«

»Negativ, Lieutenant. Einer Gruppe Gefangener ist es irgendwie gelungen, eines der neuen Shuttles der Lambda-Klasse zu übernehmen. Sie versuchen, weit genug wegzukommen, um in den Hyperraum zu springen zu können. Das wird während meiner Wachschicht aber nicht passieren. Die Kennungscodes und die Signatur finden Sie in Ihrem Kampfcomputer. Lassen Sie sie nicht entkommen, Junge.«

»Nein, Sir. Was ist mit der Besatzung?« Vil wusste, dass die neuen Shuttles lediglich einen Piloten und einen Kopiloten brauchten.

»Vermutlich tot. Wir haben es hier mit üblen Burschen zu tun, Dance – Hochverräter und Mörder. Es gibt Gründe genug, sie zu rösten, aber wir wollen nicht, dass sie von hier verschwinden, um jedem zu erzählen, was das Imperium hier draußen treibt, nicht wahr?«

»Nein, Sir!«

»Los, Lieutenant, los!«

Vil nickte, ohne sich damit aufzuhalten, zu salutieren, dann drehte er sich um und rannte los. Dabei setzte er seinen Helm auf und fixierte ihn. Das Zischen der Luft, die ihm ins Gesicht schlug, als die Anzugsysteme aktiviert wurden, war metallisch und kalt. Es fühlte sich sehr behaglich an. Das auf extreme Temperaturen ausgelegte, aus Durastahl und Plastoid bestehende Gewebe des Druckanzugs und der polarisierende Densekris-Helm waren die einzigen Dinge, die ihn vor dem massiven Unterdruck schützen würden. Eine Fehlfunktion des Anzugs konnte dazu führen, dass ein kräftiger Mann in unter zehn Sekunden das Bewusstsein verlor und in weniger als einer Minute starb. Er hatte das schon miterlebt.

In dem Bemühen, Masse einzusparen, hatten TIE-Jäger keine Verteidigungsschildgeneratoren, keine Hypertriebwerke und keine Notfall-Lebenserhaltungssysteme. Entsprechend waren die Schiffe zwar anfällig, aber schnell, und das ging für Vil in Ordnung. Er wich Feindbeschuss lieber aus, als darauf zu hoffen, dass die Schilde den Beschuss auffingen. Es erforderte kein sonderliches Talent, einen schwerfälligen Haufen Durastahl zu steuern; da konnte man ebenso gut mit hochgelegten Füßen an einer Turbolaserkonsole hier auf dem Schiff sitzen. Wo blieb da der Spaß?

Der TIE-Techniker hatte bei Black 11 die Zugangsluke oben, als Vil über die Einstiegsrampe den Jäger erreichte. Es dauerte nicht länger als einen Augenblick, runterzuklettern und in das behagliche Cockpit des Jägers zu steigen.

Die Luke glitt nach unten und schloss sich mit einem Zischen. Vil betätigte den Startknopf, und das Innere des TIE – benannt nach den beiden Zwillingsionentriebwerken, den Twin-Ione-Engines, von denen das Schiff angetrieben wurde – leuchtete auf. Er bedachte die Kontrollen mit einem raschen und erfahrenen Blick. Alle Systeme waren einsatzbereit.

Der Techniker hob fragend die Hand. Vil winkte zurück. »Los!«

»Verstanden, ST-Eins-Eins. Bereit machen zum Start.«

Vil spürte, wie seine Lippen zuckten. Das Imperium war entschlossen, alle Anzeichen von Individualität auszulöschen, die seine Piloten hatten, und zwar gemäß der absurden Theorie, dass namenlose, gesichtslose Einsatzkräfte irgendwie effektiver waren. Deshalb die Klassifizierungsnummern, die anonymen Fluganzüge und Helme und die zufällige Rotation der Raumschiffe. In den Klonkriegen hatte der Standardisierungsansatz ausgesprochen gut funktioniert, aber jetzt gab es in dieser Hinsicht einen wichtigen Unterschied: Weder Vil noch irgendein anderer TIE-Pilot, den er kannte, war seines Wissens ein Klon. Keins der Mitglieder der Alpha-Einheit hatte die Absicht, sich zu einer Maschine reduzieren zu lassen. Wenn es wirklich das war, was das Imperium wollte, sollten sie Droidenpiloten einsetzen und sehen, wie gut das klappte.

Seine Grübeleien wurden von einem kurzen Ruck des Halterungsgreifers unter der Einstiegsrampe unterbrochen, und Vils Schiff glitt auf das Tor des Startdecks zu. Er sah, wie der Techniker seinen eigenen Helm überstreifte und ihn einrasten ließ.

Die Landedeckpumpen arbeiteten bereits mit voller Kraft, um den Druck im Bereich abzusenken. Als die Starttore schließlich offen standen, war die Luft wieder im Lüftungskreislauf. Vil nahm einen tiefen Atemzug und bereitete sich auf den harten Stoß der G-Kraft vor, der ihn zurück in seinen Sitz pressen würde, wenn ihn die Triebwerke nach vorn schleuderten.

Die Stimme der Startkontrolle knisterte in seinen Kopfhörern. »Alpha-Team-Leader, bereit machen zum Abschuss.«

»Verstanden«, sagte Vil. Die Starttore glitten mit quälender Langsamkeit zurück; das hydraulische Dröhnen ihrer Bewegung versetzte den Boden und die Hülle von Black 11 in leichte Vibrationen.

»Sie haben Freigabe zum Abschuss in fünf, vier, drei, zwei … los!«

Außerhalb der räumlichen Grenzen des Sternenzerstörers umfing Lieutenant Vil Dance die unermessliche Weite des Weltraums, als die Ionentriebwerke den TIE an den letzten Gischtschleiern gefrorener Luft vorbei in die grenzenlose Dunkelheit beförderten. Er grinste. Das tat er immer. Er konnte einfach nicht anders.

Wieder da, wo ich hingehöre …

Die gleichmäßige Schwärze des Alls umgab ihn. Er wusste, dass die Steel Talon hinter ihm zu schrumpfen schien, während sie sich davon entfernten. Backbords »unter« ihr befand sich die Wölbung des Strafkolonieplaneten. Obwohl sie sich in polarer Umlaufbahn befanden, zeigte die Achsenneigung von Despayre mehr Nacht als Tag. Die dunkle Hemisphäre bestand größtenteils aus undurchdringlicher Schwärze, mit ein paar vereinzelten Lichtern hier und dort.

Vil schaltete seinen Kommunikator ein – obwohl er beim Start automatisch aktiviert wurde, schaltete ein guter Pilot ihn immer kurz aus und ein, bloß um auf Nummer sicher zu gehen. »Alpha-Team, Pyramidenformation mit mir an der Spitze, sobald ihr draußen seid«, sagte er. »Wechselt zu Taktikkanal fünf, also Tak-fünf, und klinkt euch ein.«

Vil schaltete seinen eigenen Kommunikationskanal auf fünf um. Dabei handelte es sich um ein Niedrigfrequenzband mit kürzerer Reichweite, aber genau darum ging es – man wollte nicht vom Feind belauscht werden. Und manchmal war es ebenfalls ganz gut, wenn der Kommunikationsoffizier, der einen vom Basisschiff aus überwachte, nichts von den Gesprächen mitbekam. Vil und die anderen neigten dazu, ein bisschen zwangloser miteinander umzugehen, als es dem Imperium recht gewesen wäre.

Von den anderen elf Piloten seiner Einheit kam ein Chor aus »Verstanden, Alpha-Leader!«-Erwiderungen, als sie zu dem neuen Kanal wechselten.

Es dauerte bloß ein paar Sekunden, bis der letzte Jäger gestartet war, und nur ein paar weitere, bis sich das Team hinter Vil formiert hatte.

»Was liegt an, Vil?« Das war Benjo alias ST-Eins-Zwei, sein zweiter Offizier und rechter Flügelmann.

»Alpha-Schwadron, wir haben ein Shuttle der Lambda-Klasse, das von Gefangenen gekapert wurde. Sie wollen in den Hyperraum. Entweder geben sie auf und kommen zurück, oder wir blasen sie weg.«

»Lambda-Klasse? Das ist eins von den Neuen, stimmt’s? Haben die irgendeine Bewaffnung?«

Vil seufzte. Das war Raar Anyell, ein Corellianer wie Vil selbst, aber nicht unbedingt jemand, den man als Musterexemplar der menschlichen Spezies bezeichnet hätte. »Machen Sie sich überhaupt die Mühe, die Mitteilungen zu lesen, Anyell?«

»Genau das wollte ich tun, als der Alarm losging, Sir. Hab sie mir gerade angesehen. Hatte die letzten Benachrichtigungen gerade in Händen, Sir.«

Die anderen Piloten lachten, und sogar Vil musste grinsen. Außerhalb des Cockpits war Anyell ein fauler Hund, aber als Pilot war er so gut, dass Vil gewillt war, ihm einen gewissen Spielraum zu lassen.

Sein Sensorschirm gab einen Ping von sich und zeigte ihm ein Bild ihrer Beute. Er änderte die Koordinaten, um auf Abfangkurs zu gehen.

»Alle, die sonst noch mit ihren Hausaufgaben hinterher sind – hergehört«, sagte er. »Das Shuttle der Lambda-Klasse ist zwanzig Meter lang, besitzt eine Höchstgeschwindigkeit von vierzehnhundert G, einen Klasse-Eins-Hyperantrieb und kann zwanzig Sturmtruppler in voller Kampfmontur befördern – Verurteilte in Zivilkleidung vermutlich noch ein paar mehr.

Das Schiff verfügt über drei Zwillingsblasterkanonen und zwei Zwillingslaserkanonen. Die Beschleunigung des Schiffs ist nicht der Rede wert, und es wendet langsamer als ein Komet, aber wenn es euch ins Visier bekommt, kann es euch in klitzekleine Stückchen pusten. Es wäre ziemlich peinlich, eure Familien darüber informieren zu müssen, dass ihr von einem Shuttle weggeblasen wurdet, also seid auf der Hut.«

Es folgte ein weiterer Chor von Bestätigungen.

»Verstanden, Sir.«

»Ja, Sir!«

»Keine Sorge.«

»Anyell, ich habe Ihre Antwort nicht gehört.«

»Oh, tut mir leid, Sir, ich habe ein kleines Nickerchen gemacht. Wie war noch mal die Frage?«

Bevor der Team-Commander darauf etwas erwidern konnte, zeichnete sich vor ihnen mit einem Mal das Shuttle ab. Es flog so unauffällig wie möglich, ohne Lichter, aber als seine Flugbahn das Schiff über den Terminator und aus Despayres Nachtseite herausführte, brachen sich die Strahlen des Sonnenlichts auf seiner Außenhülle.

»Da ist unser Ziel, vier Kilometer direkt voraus. Ich will einen schnellen Vorbeiflug, damit sie uns sehen können, und dann will ich einen Ausbruch in Fontänenformation mit Schleife, mindestens zwei Klicks Abstand. Danach nehmen wir sie in die Zange, eins, vier, vier und zwei, ihr wisst, wo eure Position ist. Ich gehe dann dicht ran und rede mal ein Wörtchen mit dem, wer auch immer das gestohlene Raumschiff fliegt.«

Benjo: »Ach, kommen Sie, Lieutenant, lassen Sie uns auch mal eine Salve anbringen.«

»Negativ. Wenn Sie irgendeine Ahnung von diesem Schiffstyp hätten, vielleicht, aber da die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass ihr einander ebenso erwischt wie die Beute, haltet ihr die Formation.«

Noch mehr Bestätigungen, aber ohne sonderliche Begeisterung. Er konnte es seinem Team nicht verübeln – seit man sie diesem Projekt zugewiesen hatte, hatte es abgesehen von den Übungen keinerlei Action gegeben –, aber sein Sekundärziel lautete, all seine Männer lebend wieder nach Hause zu bringen. Das Primärziel bestand natürlich darin, ihre Mission zu erfüllen. Dafür brauchte er keine Einheit; jeder Jägerpilot, der auch nur das Geringste taugte, hätte imstande sein sollen, mit einem schwerfälligen Shuttle fertig zu werden. Das Lambda-Delta-Triebwerk war nicht besonders effizient, aber mit konstantem Antrieb konnte es über das Sonnenfeld aufsteigen und sich weit genug aus der Anziehungskraft des Planeten entfernen, um schon sehr bald seinen Hyperantrieb zu zünden – und sobald sie erstmal im Hyperraum waren, würden sie das Shuttle niemals finden.

Aber das würde nicht passieren.

Die pyramidenförmige Formation zischte an dem fliehenden Shuttle vorbei, dicht genug, dass Vil den Piloten im Kommandosessel sehen konnte. Er wirkte natürlich nicht überrascht – er hatte sie schon auf den Sensoren näher kommen sehen. Aber er konnte sie nicht abschütteln, er konnte ihnen nicht ausweichen, und selbst wenn er der beste Schütze gewesen wäre, der je gelebt hatte, wäre es ihm unmöglich gewesen, eine komplette Schwadron TIE-Jäger auszuschalten, nicht in diesem Schiff. Und abgesehen davon hatte Vil auch nicht vor, ihm die Gelegenheit zu geben, es überhaupt nur zu versuchen.

Das Team ging wie angeordnet zu einem Streumanöver über, sie brachen mit Loopings zur Seite weg und entfernten sich, um ihre vorgegebenen Positionen einzunehmen, während angewinkelte Druckdüsen an ihren Aufbauten für Manövrierfähigkeit sorgten. Vil zog den Jäger in eine enge Schleife im oberen G-Bereich und zog mit einem Abstand von ein paar hundert Metern parallel mit dem Shuttle gleich, ein kleines Stück darüber. Er ließ die Geschütze an den Flügeln nicht aus den Augen. Sobald sie ihn anvisierten, kippte er nach backbord weg, dann nach steuerbord, wurde langsamer und beschleunigte dann wieder. Sie versuchten, mit ihm mitzuhalten, aber sie waren eine Winzigkeit zu langsam.

Vil schaltete auf einen Breitbandkanal um. Er wusste, dass sie ihn jetzt auch hinten im Zerstörer hörten.

»Achtung, Shuttle RLH-Eins. Wenden Sie das Schiff und kehren Sie unverzüglich in Reichweite des Traktorstrahls des Sternenzerstörers Steel Talon zurück.«

Es erfolgte keine Reaktion; nichts, außer dem leisen Rauschen der Frequenz.

»Shuttle, haben Sie meine Übertragung empfangen?«

Noch eine Pause. Dann: »Ja, wir haben Sie gehört, Raketenjockey. Wir haben aber nicht die Absicht, Ihrer Aufforderung nachzukommen.«

Vil warf einen Blick auf seine Steuerkonsole. Es waren noch zwei Minuten bis zum Minimalen Sicherheitsabstand – bis zu dem Punkt also, der weit genug von Despayre entfernt war, dass man den Sprung zur Lichtgeschwindigkeit gefahrlos wagen konnte. Sprang man, wenn man der Schwerkraft eines Planeten zu nahe war, wurde das Schiff auseinandergerissen. Falls der Kerl, mit dem er sprach, genügend Talent hatte, um das Shuttle zu fliegen, wusste er das. Seine Steuerkonsole würde ihm mitteilen, wenn er den MSA erreichte, und dann wäre es vorbei. Lieutenant Commander Dance hätte zum ersten Mal eine Mission vergeigt.

Das wird nicht passieren, dachte er. »Machen Sie kehrt, oder wir eröffnen das Feuer«, sagte er.

»Das würden Sie tun? Uns einfach wegpusten? Einfach so fünfzehn Männer ermorden – und zwei Frauen? Eine davon ist alt genug, um Ihre Oma zu sein. Könnten Sie damit leben?«

Vil wusste, dass der Typ versuchte, Zeit zu schinden. Die Personen in diesem Shuttle waren übel genug, dass man sie zum sichersten Strafkolonieplaneten der Galaxis geschickt hatte, und das tat der Imperiale Gerichtshof nicht mit irgendwelchen kleinen Dieben oder Verkehrssündern. Seine Oma hatte keine Banken überfallen oder irgendwen umgebracht. Zumindest nicht, soweit er wusste.

»Shuttlepilot, ich sage es noch einmal …«

Vil sah, dass das Backbordgeschütz des Shuttles aktiviert wurde. Er schnitt den Flugweg des Schiffs und brach nach achtern weg, als die Steuerbordkanone zu feuern begann. Er gab volle Energie auf seine Antriebe, schoss in einem halben Looping nach oben und wich dem heranschießenden Laserfeuer aus.

Selbst ein guter Schütze hätte ihn in diesem Schusswinkel nicht erwischen können, und diese Kerle waren weit davon entfernt, gut zu sein. Trotzdem kamen ihm die pulsierenden, weiß glühenden Strahlen zu nahe.

»Lieutenant …!« Das war Benjo.

»Haltet eure Position, Alpha-Schwadron, es ist alles unter Kontrolle.« Cool und ruhig. Als würden sie darüber diskutieren, was es zum Abendessen gab.

Er zog Black 11 außer Reichweite.

Die Zeit lief ab. Weniger als eine Minute bis zum MSA.

»Letzte Chance, Shuttle. Kehren Sie um. Sofort!«

Als Antwort darauf zog der Pilot das Shuttle nach oben, sodass sein Schütze einen besseren Winkel bekam. Der begann erneut zu feuern.

Die Schüsse waren schlecht gezielt, aber es bestand stets das Risiko, von einer verirrten Salve getroffen zu werden, wenn auch nur zufällig. Und wäre das ein ruhmreiches Ende für eine makellose Laufbahn? Von einem Sträfling in einem schwerfälligen Shuttle getötet zu werden?

Jetzt reicht’s! Vil betätigte die Steuerkontrollen und nahm den Schub ganz weg. Dann gab er volle Energie auf die Triebwerke, brach nach backbord weg, stieg höher, machte eine Rolle und einen Looping und drehte um, um von der Seite auf das Shuttle zuzukommen.

Er drückte den Feuerkontrollknopf.

Zwillingslaserblitze schossen aus den Niedrigtemperaturlasern von Black 11 – Zsch-zsch, Zsch-zsch, Zsch-zsch …

Vil Dance war mehr als nur ein guter Schütze. Die Laserblitze schlugen in das Shuttle, schüttelten es durch, und als er darüber hinwegjagte und steuerbords nach unten wegkippte, flog die Lambda-Klasse auseinander, um inmitten einer Wolke aus blitzartig gefrorener Luft, Flüssigkeit und Trümmern in mindestens ein halbes Dutzend großer und Hunderte kleinerer Stücke zu explodieren.

Und dazwischen trieben Leichen.

Vil schaltete wieder auf Tak-fünf. »Anyell, Lude – geht näher ran und überprüft, ob es Überlebende gibt.« Er hielt seine Stimme ruhig, emotionslos, keine große Sache. Sein Herzschlag raste, aber das mussten sie nicht wissen. Besser, sie denken zu lassen, sein Herz würde flüssigen Sauerstoff pumpen.

»Keiner von denen hat einen Anzug getragen, Lieutenant«, sagte Lude einen Augenblick später. »Keine Überlebenden. Zu schade um dieses brandneue Schiff.«

»Guter Schuss, Vil«, sagte Benjo. »Glückwunsch.«

Vil verspürte einen warmen Hauch der Zufriedenheit. Es war ein guter Schuss gewesen. Und sie hatten auf ihn geschossen, also war es nicht so, als hätte er auf Tontauben auf dem Schießstand gefeuert. Es war die angemessene Reaktion gewesen.

Er schaltete zurück auf den Haupteinsatzkanal. »Jägerkontrolle, hier spricht ST-Eins-Eins, Lieutenant Commander Dance von TIE-Jäger-Schwadron Alpha. Mission abgeschlossen. Vielleicht sollten Sie ein Bergungsschiff herschicken, um die Trümmer einzusammeln.«

»Verstanden, ST-Eins-Eins«, sagte Captain Exeter. »Gute Arbeit.«

»Vielen Dank, Sir. Kehren wir zur Basis zurück, Alpha-Team.«

Vil lächelte, als er darauf wartete, dass sich sein Team wieder neu formierte. Das hier war einfach der beste Job der Galaxis: Jägerpilot zu sein. Er konnte sich keinen besseren vorstellen. Er war jung, noch nicht einmal fünfundzwanzig, und unter seinen Kollegen schon so etwas wie eine Legende – und unter den Damen ebenfalls. Das Leben war gut.

Als sie sich auf den Weg zum Zerstörer machten, sah Vil in der Ferne den Umriss der gigantischen Kampfstation, die in der Umlaufbahn des Planeten gebaut wurde. Sie waren hundert Kilometer von dem Bauwerk entfernt, das noch immer skelettartig war; der Innenausbau hatte gerade erst begonnen, aber selbst jetzt und auf diese Entfernung sah es unfassbar groß aus. Wenn es fertig war, würde es die Größe eines kleinen Mondes haben und den größten Sternenzerstörer zum Zwerg degradieren.

Unglaublich, sich das vorzustellen. Und wenn er weiter erfolgreich Missionen absolvierte wie die, die er gerade abgeschlossen hatte, bestand eine ziemlich gute Chance, dass man ihn an Bord der neuen Station zum Schwadronskommandanten machte.

Er führte sein Team zurück zur äquatorialen Landebucht. Als er die Ehrfurcht gebietende Basis betrachtete, spürte er eine Woge des Stolzes auf das Imperium und ein Gefühl der Dankbarkeit dafür, ein Teil dieser glorreichen Mission zu sein, die ganz der Tarkin-Doktrin verpflichtet war. Abgesehen von Kampfstation gab es bislang keine offizielle Bezeichnung oder Kennung für die Vision des Großmuftis, von der er wusste, aber es gab einen Namen, den alle, die er kannte – Offiziere und Bedienstete gleichermaßen – benutzten.

Sie nannten es den Todesstern.

2

LQ-FLAGGSCHIFF HAVELON IM GEOSYNCHRONEN ORBIT ÜBER DEM PLANETEN DESPAYRE

Wilhuff Tarkin – jetzt Großmufti Tarkin, wobei diese überschwängliche Beförderung der Lohn für ebendieses Projekt war – stand vor dem vom Boden bis zur Decke reichenden Transparistahl-Sichtfenster auf dem Aussichtsdeck, blickte auf seine Schöpfung hinaus und fand, dass sie gut war.

Er baute einen Planeten.

Sicher, wenn man von Planeten sprach, musste man zugeben, dass das, was dreihundert Kilometer von seinem Flaggschiff entfernt Gestalt annahm, nicht annähernd so imposant wie das Imperiale Zentrum sein würde oder – sagen wir – Alderaan. Aber wenn es fertig war, wäre es größer als zwei der Trabanten seines eigenen Heimatplaneten Eriadu und würde mehr als eine Million Lebewesen beherbergen.

Was jedoch noch wichtiger war: Seine Schöpfung würde unzählige Welten unter ihre – seine – Knute zwingen.

Es war beinahe drei Jahrzehnte her, seit ihn Raith Sienar erstmals in die Pläne für den »Kampfstationsplanetoiden« eingeweiht hatte, und es dauerte beinahe ein Jahrzehnt, um die Idee durch die Wirrungen der Bürokratie zu bekommen und die Geonosianer mit an Bord zu holen, um die Entwürfe zu verbessern und umzusetzen. Das Projekt war unter einer Vielzahl von Codenamen bekannt – wie etwa die Große Waffe –, und die ursprünglichen Pläne waren vom Anführer der Geonosianer, Poggle dem Geringeren, deutlich verbessert worden. Aber es hatte Jahre gedauert, bis der Entwurf die langsamen Mühlen der Regierungsbürokratie durchlaufen hatte und schließlich der Befehl kam, mit der Konstruktion zu beginnen. In den ursprünglichen Plänen hatte es noch immer gewisse Mängel gegeben, aber viele davon waren während des Baus eines Prototyps zum Nachweis der Machbarkeit im Schlundzentrum zur Sprache gekommen, und andere hatte man beheben können, sobald man sie entdeckte. Die klügsten Köpfe in der Galaxis waren angeheuert oder darum gebeten worden, ihre Fachkenntnis zum Bau dieser ultimativen Waffe beizusteuern. Der brillante Dr. Ohran Keldor, der verrückte Waffenmeister Umak Leth, das junge, jedoch nichtsdestotrotz blitzgescheite Omwati-Wunderkind Qwi Xux, der Twi’lek-Chefwissenschaftler Tol Sivron … Sie und viele, viele andere ebenbürtige Geister waren von Tarkin persönlich ausgewählt und ernannt worden. Sie waren das Beste, was das Imperium zu bieten hatte, ob nun gewillt mitzumachen oder nicht.

Darüber hinaus hatte er eine wahre Armee von versklavten Wookiees zwangsverpflichtet sowie Zehntausende Sträflinge aus den dampfenden Dschungeln des Strafkolonieplaneten Despayre eingesetzt, und eine Unmenge von Arbeitsdroiden, bei der es sich um die gewaltigste Ansammlung von Robotern handelte, die jemals zusammengestellt worden war. Sie alle, organische und künstliche Wesen, arbeiteten rund um die Uhr, mit nur einem einzigen Ziel: seine größte Schöpfung Realität werden zu lassen.

Das Projekt mit dem Codenamen Todesstern.

Tarkin schürzte leicht die Lippen. Dem Namen haftete ein gewisser melodramatischer Beigeschmack an, der ihm nicht gefiel, aber das spielte keine Rolle. Die Bezeichnung und die Existenz der Kampfstation selbst würden ihren schrecklichen Zweck im Übermaß verdeutlichen.

Man hatte die Rohstoffe des Horuz-Systems geplündert; sowohl die Inneren als auch die Äußeren Gürtel von Asteroiden und Kometen waren abgeerntet und in die Bestandteile Sauerstoff, Wasserstoff, Eisen, Nickel und andere Elemente aufgespaltet worden; riesige Massenguttransporter, Erzschlepper, Tanker und Frachtschiffe waren entkernt und zu im Orbit kreisenden Labors, Fertigungsanlagen und Wohnbereichen umgebaut worden, alle voll mit Arbeitern, die Glasfaserkabel, elektronische Bauteile und Tausende anderer technischer Instrumente und Baumaterialien herstellten. Nach annähernd zwei Jahrzehnten der Frustration, der Fehlstarts, der endlosen Debatten, Verwaltungsabläufe und politischer Winkelzüge war die Konstruktion des Vernichtungsgeräts des Imperiums endlich unwiderruflich im Gange.

Natürlich hatte es Schwierigkeiten gegeben. Tarkin war überrascht und verärgert gewesen, als sich zeigte, dass Raith Sienars ursprüngliche Entwürfe – genau dieselben, die er persönlich Palpatine vorgelegt und die der Imperator mehr als zehn Jahre zuvor abgelehnt hatte – die Grundlage für die Pläne bildeten, die Palpatine ihm schließlich übergeben hatte, um sie umzusetzen. Nun, vielleicht war es angesichts der Launen von Krieg und Politik letztlich doch nicht so überraschend. Nichts, was in den Besitz des Imperiums geriet, war jemals für alle Zeiten verloren, obwohl Dinge manchmal verlegt wurden. Und Entwürfe von jemand anderem, die ursprünglich abgelehnt worden waren, sahen häufig besser aus, wenn man sie überdachte und als seine eigenen ausgab. Wie es schien, war selbst der Imperator vor dieser besonderen Überheblichkeit nicht gefeit.

Nachdem der Prototypentwurf im Herzen eines Schwarms Schwarzer Löcher, bekannt als Schlund-Sternhaufen, gebaut und verfeinert worden war, hatten Tarkin und der Chefingenieur Bevel Lemelisk das Todesstern-Projekt mehrmals an andere Orte verlegt, um mögliche Sabotageversuche der Rebellen zu vermeiden, bis sie es schließlich endgültig im Horuz-System angesiedelt hatten, wo es sicherer war. Natürlich bestand bei einem so gewaltigen Projekt wenig Hoffnung, dass man es ewig geheim halten konnte – aber zu wissen, dass die Kampfstation existierte, ja sogar zu wissen, wo sie gebaut wurde, war nicht dasselbe, wie imstande zu sein, etwas dagegen zu unternehmen. Admiralin Daala, die vier Sternenzerstörer der Imperial-Klasse und unzählige kleinere Angriffsschiffe befehligte, behielt von ihrer Station innerhalb des Schlunds alles wachsam im Auge; sämtliche unautorisierten Schiffe, die in das Gebiet vordrangen, würden es nicht wieder verlassen, um andernorts Gerüchte zu verbreiten.

Tarkin starrte den unvollendeten Sphäroiden an, der gelassen in der Leere schwebte, von hinten unheimlich vom Sonnenglanz erhellt, der von Despayre zurückgeworfen wurde. Bislang war es noch nicht einmal ein vollständiges Rohbauskelett. Wenn es vollendet war, würde die Kampfstation allerdings einen Durchmesser von hundertsechzig Kilometern aufweisen. Es würde vierundzwanzig Bereiche geben, zwölf auf jeder Halbkugel. Jeder Bereich, Sektor genannt, würde über seine eigenen Nahrungsreplikatoren, Hangarbuchten, hydroponischen Systeme, Inhaftierungsblocks, Sanitätsstationen, Waffenkammern, Kommandozentren und alle anderen Anlagen verfügen, die nötig waren, um ausreichende Mittel für jede Mission zu liefern, die als nötig erachtet wurde. Bei einem Notfall bot die Kommandozentrale eines jeden Sektors volle Kontrolle über die Waffen- und Steuerkontrollen der gesamten Station, was die anderen Kommandozentren in diesem Moment entbehrlich machte. Sobald sie voll funktionsfähig war, würde die Kampfstation die mit Abstand mächtigste Kraft im Universum darstellen.

Und sie stand unter Tarkins Befehl.

Als Kommandant einer solchen Angriffswaffe würde er zwangsläufig zum mächtigsten Mann der Galaxis werden. Tatsächlich war ihm sogar schon der Gedanke gekommen, dass selbst der Imperator ihm nicht die Stirn bieten konnte, falls er sich dazu entschloss, Palpatines Herrschaft anzufechten. Doch Tarkin kannte den Imperator. Wären die Verhältnisse umgekehrt gewesen, hätte Tarkin auf keinen Fall zugelassen, dass irgendjemand über eine solche Macht verfügte – nicht ohne irgendeine Art Rückversicherung. War bereits irgendwo in der Station ein Zerstörungsmechanismus eingebaut, dessen roter Knopf sicher in Palpatines Gemächern installiert war? Gab es etwas Vergleichbares wie Befehl 66, der nur bestimmten Offizieren und Streitkräften an Bord bekannt war? Oder war es etwas noch Verschlageneres? Tarkin war sicher, dass der Imperator irgendeine Art Versicherung gegen jede theoretische Rebellion besaß. Nicht dass der Großmufti beabsichtigt hätte, so einen Kurs einzuschlagen; er war weder ein Narr, noch hegte er Selbstmordabsichten.

Abgesehen von dem Furcht einflößenden, planetenvernichtenden »Superlaser« – der auf dem Projekt »Hammerstab« basierte und sich einer Energiequelle bediente, die während der Klonkriege von der 501. Sturmtruppenlegion heimlich auf Mygeeto sichergestellt worden war – würde die Station ein vollständiges Sortiment von Kampffahrzeugen sowohl für den Weltraum- als auch für den Bodeneinsatz beherbergen, vergleichbar mit einer großen Planetenbasis: vier Schlachtschiffe, hundert TIE/In-Raumjäger sowie Angriffsshuttles, Kanonen-, Landungs-, Versorgungsschiffe und Landfahrzeuge, die zusammengenommen in die Zehntausende gingen. Für den Betrieb war eine Besatzungsstärke von mehr als einer Viertelmillion nötig, wozu allein schon annähernd sechzigtausend Geschützoffiziere zählten. Die Station konnte problemlos mehr als eine halbe Million voll ausgerüsteter Soldaten befördern und noch einmal eine halb so große Anzahl von Unterstützungseinheiten – Piloten, Mannschaft und andere Arbeiter. Der logistische Aufwand für all das war atemberaubend. Oh, der Todesstern würde wirklich ein Furcht einflößendes Monstrum sein. Aber ein gezähmtes Monstrum, das unter Tarkins Kontrolle stand; ein Monstrum, ummantelt von einer Panzerung aus Quadaniumstahl, unangreifbar und unüberwindlich.

Nun, beinahe unangreifbar. In dieser Hinsicht hatte Lemelisk ihn enttäuscht. Die größte Herausforderung beim Entwerfen der Kampfstation, sagte er, sei nicht das Erschaffen einer Laserkanone, die groß genug war, um einen Planeten zu zerstören, noch der Bau einer mondgroßen Raumstation, die von einem Klasse-Drei-Hypertriebwerk angetrieben wurde. Die größte Herausforderung bestand darin, diese beiden Systeme mit Energie zu versorgen. Man müsse Kompromisse machen, hatte er gesagt. Um eine Waffe mit unvergleichlicher Zerstörungskraft installieren zu können, sei es nötig, die Schildkapazitäten bis zu einer rudimentären Stufe abzurüsten. Selbst auf einer Station dieses Ausmaßes, die der größte Hypermateriereaktor speiste, der jemals gebaut worden war, sei Energie nicht unbegrenzt vorhanden, hatte Bevel erklärt. Jedoch würde angesichts der Oberflächen-Weltraum-Verteidigungssysteme, der Anzahl der Jäger, der Turbolaserbatterien, der Ionenblaster, der Magnetschienenkanonen, der Protonentorpedogruppen, der Ionenkanonen und einer Vielzahl anderer Verteidigungsvorrichtungen kein Flottenschiff, gleich welcher Größe, auch nur die geringste Bedrohung darstellen. Eine Flotte von Sternenzerstörern der Imperial-Klasse – selbst eine ganze Flotte von Sternenzerstörern der Super-Klasse, sollte es so was jemals geben – wäre keine echte Gefahr für die Kampfstation, sobald sie erst einmal voll einsatzfähig war. In Anbetracht all dessen war ein Schutzschildsystem, das bisweilen nicht ganz perfekt war, kein sonderlich hoher Preis für die Fähigkeit, einen Planeten zu vernichten.

Sobald die Station komplett einsatzbereit war, würde die Tarkin-Doktrin – vom Imperium offiziell anerkannt und so betitelt – die bekannten Welten unter ihr Joch zwingen. Die Tarkin-Doktrin war so einfach wie effektiv: Angst würde die Galaxis unter Kontrolle halten. Sobald die Macht dieses »Todessterns« demonstriert worden war, würde seine bloße Existenz genügen, um den Frieden zu bewahren. Die Rebellenallianz würde es nicht wagen, sich ihnen zu stellen. Ein Aufrührer nahm vielleicht den eigenen Tod freudig hin, aber er würde vor Angst zittern bei dem Gedanken, dass sein gesamter Heimatplanet in weiß glühendes Plasma verwandelt wurde.

Tarkin wandte sich von dem Sichtfenster ab. Es hatte bereits Sabotage und Rückschläge gegeben, und weitere würden folgen; bei einem Projekt dieser Größenordnung war das unvermeidlich. Sklaven hatten versucht zu fliehen, Droiden hatten Fehlfunktionen, und Männer, die es eigentlich besser hätten wissen sollen, hatten gedacht, dass sie durch politische Intrigen persönlichen Einfluss gewinnen konnten. Zusätzlich zu diesen Ärgernissen pflegte Darth Vader, des Imperators Liebling, hin und wieder unangekündigt aufzutauchen, um sich vom Stand der Dinge persönlich zu überzeugen. Leider stand Vader nicht unter Tarkins Befehl, aber Tarkin war als Erster der neuen Großmuftis ein Mann, dessen Wort in den gesamten Outer-Rim-Territorien Gesetz war. Es stimmte, dass Vaders eigene Vorgehensweise im Grunde dieselbe Philosophie vertrat wie die Tarkin-Doktrin, wenn auch in kleinerem Rahmen; dennoch war es … nun, beunruhigend, einem Mann gegenüberzustehen, der imstande war, einen Admiral oder einen General auf der anderen Seite des Raumes mit einer bloßen Geste zu Boden zu zwingen, als wäre er erschossen worden. Vader nannte es die Macht, jene mystische Kraft, die angeblich ausschließlich den Jedi und den Sith vorbehalten war. Tarkin war Zeuge geworden, wie er mit seinem Lichtschwert Blasterbolzen in der Luft abgefangen hatte – oder manchmal sogar mit nichts als seinen schwarzen Handschuhen –, ohne dass es ihm mehr Mühe bereitet hätte, als Flitterfliegen zu zerquetschen. In gewisser Weise war Vader ein Rätsel: Es hieß, dass die Jedi ausgerottet waren, genau wie die Sith, und doch trug der Mann in Schwarz eine der charakteristischen Waffen, die von beiden Parteien bevorzugt worden waren, und hatte ebenso die Fähigkeit, sie zu benutzen. Verwirrend. Tarkin hatte munkeln gehört, dass Vader unter dieser Rüstung mehr Maschine als Mensch war. Er wusste, dass der Cyborg-Droidengeneral Grievous imstande gewesen war, vier Lichtschwerter gleichzeitig zu handhaben, also war es letzten Endes vielleicht doch nicht so überraschend, dass Vader so geübt im Umgang mit dieser Waffe war. Natürlich konnte das niemand mit Sicherheit sagen, weil niemand – abgesehen vielleicht vom Imperator selbst – das Gesicht hinter dem Visier des schwarzen Helms kannte.

Tarkin hatte allerdings seine eigene Theorie über das frühere Leben des Dunklen Lords, basierend auf Informationen, die er sowohl aus vertraulichen Unterlagen und Unterhaltungen als auch aus allgemein zugänglichen Aufzeichnungen zusammengetragen hatte. Er hatte vom vermeintlichen Tod des Jedi-Kriegshelden Anakin Skywalker auf Mustafar gehört und wusste, dass kein Leichnam gefunden worden war. Natürlich konnte die Leiche einfach in einem der weißglühenden Lavaflüsse versunken sein. Aber war es wirklich bloß Zufall, dass Darth Vader, unmittelbar nachdem Skywalker von der Bildfläche verschwunden war, zum neuen Liebling des Imperators wurde – in einen Lebenserhaltungsanzug gehüllt und eine meisterhafte Beherrschung der Macht demonstrierend, die vermutlich nur den mächtigsten Jedi vorbehalten war?

Tarkin zuckte die Schultern. Wer immer oder was immer Vader war oder wozu er geworden war, er hatte große persönliche Macht, und es war wohlbekannt, dass er das Vertrauen des Imperators genoss. Aber das spielte keine Rolle. Alles, was für Tarkin zählte, war, dass der Bau der Kampfstation zügig voranschritt. Sollte Vader oder irgendjemand anders versuchen, den Bau zu behindern, würde man sich um ihn kümmern, ohne Wenn und Aber. Sein ultimativer Traum musste Wirklichkeit werden. Verglichen damit war alles andere bedeutungslos.

Wirklich alles.

3

IMPERIALES GEFANGENENTRANSPORTSCHIFF GLTB-3181, AUF SUBORBITALEM KURS ZU ARBEITSSTATION NEUN, TODESSTERN

Teela Kaarz saß in dem Sitz, den man ihr zugewiesen hatte, und starrte auf die schwarze Schiffswand neben ihr. Im Passagierbereich des Shuttles gab es keine Sichtfenster, also gab es nicht viel zu sehen – abgesehen von den anderen Gefangenen. Es waren vielleicht dreihundert davon – Männer und Frauen von vermutlich einem Dutzend unterschiedlicher humanoider Spezies, die sich in dichten Reihen in dem Transporter drängten. Die Mischung verschiedenster Körperausdünstungen roch sauer und durchdringend. Sie sah keine anderen Mirialaner, wie sie selbst eine war. Sie wusste, dass sich einige von ihrer Heimatwelt unten auf diesem schrecklichen Planeten namens Despayre befanden – wenn sie nicht schon gestorben waren. Auf dem Strafkolonieplaneten wimmelte es von Gefahren – wilde Tiere, Giftpflanzen, heftige Stürme –, und die sprunghafte Umlaufbahn sorgte für extreme Hitze und Kälte. Nicht unbedingt ein Ort, zu dem sich jemand von ihrer Spezies – oder einer der meisten anderen – freiwillig begab, es sei denn, sie verspürten einen ernstzunehmenden Todeswunsch.

Teela hegte keinen Todeswunsch, aber im Moment spielte es keine große Rolle, was sie sich wünschte. Ihr Recht, sich etwas zu wünschen, war ihr ebenso aberkannt worden wie beinahe jedes andere Recht auch. Sie war nicht länger eine galaktische Bürgerin. Seit einem Standardjahr war sie eine Kriminelle und eine Gefangene.

Ihr »Verbrechen« hatte schlichtweg darin bestanden, bei einer planetenweiten Wahl auf ihrer Heimatwelt für den falschen politischen Kandidaten zu stimmen. Der Imperator hatte beschlossen, dass der Mann, der kandidierte, ein Hochverräter war, genau wie seine einflussreichsten Anhänger. Deshalb hatte er befohlen, dass eine Reihe bessergestellter Mirialaner zusammengetrieben wurden, einen schnellen »Prozess« bekamen und man sie wegen Hochverrats verurteilte. Angesichts der öffentlichen Empörung über diese Verhöhnung der Gerechtigkeit war es als politisch unpassend erachtet worden, sie an Ort und Stelle zu exekutieren, und so hatte man Teela und ihre Landsleute abtransportiert, um auf einem Planeten zu sterben, der viele Lichtjahre entfernt lag – ein Planet, der so gefährlich und unwirtlich war, dass es beinahe schien, als wäre er allein für den Zweck geschaffen worden, als Strafkolonie zu dienen.

Es war ein ziemlicher Schock gewesen, unter denen zu sein, die ausgewählt wurden. Im Laufe einer einzigen Planetenrotation war sie von einer einflussreichen und wohlhabenden Künstlerin zu einer Kriminellen geworden, womit sie bereits seit einem Standardjahr leben musste. Sie war froh – und überrascht – darüber, dass sie so lange überlebt hatte. Sie war Architektin gewesen, spezialisiert auf verkapselte Arkologiedesigns – nicht unbedingt ein Beruf, der einen darauf vorbereitete, auf einem Planeten zu überleben, wo jedes herumschleichende Tier einen als Beute betrachtete oder jede Pflanze Dornen besaß, bei denen schon ein winziger Kratzer ausreichte, um quälende Schmerzen zu verursachen, bevor ihr Gift einen umbrachte.

Bevor sie in Ungnade gefallen war, war sie praktisch ganz oben gewesen, eine viel gesuchte Fachkraft, die die Ralthhok-Verkapselung auf Corellia und die Schwarzstern-Raumstation im Sagar-System entworfen hatte. Man hatte sie gefeiert und umschwärmt; sie war Gast von Monarchen und Senatoren gewesen, von den Köpfen der Industrie und von Sternenflottenadmiralen. Es war für sie selbstverständlich gewesen, mit einem Atmoskimmer halb Mirial zu umrunden und jede Mahlzeit mit Freunden auf anderen Kontinenten einzunehmen.

Jetzt war es schon ein Luxus, eine Mahlzeit vor sich zu haben, die einen nicht ihrerseits verspeisen wollte.

Sie hatte Glück gehabt, aber ihrem Glück war ihr Überleben nicht ausschließlich zu verdanken. Ihr Vater hatte die Natur geliebt, und als junges Mädchen war sie regelmäßig mit ihm campen gegangen. Er hatte sie in der Jagdkunst unterwiesen, und obwohl sich die Pflanzen und Tiere auf dem Strafkolonieplaneten Despayre von denen auf Mirial unterschieden – zumindest die meisten –, waren die Methoden, wie man mit ihnen umging, dieselben. Hatte es Zähne und Klauen, war es am besten, ihm aus dem Weg zu gehen. Hatte es Dornen oder gezackte Ränder, war es keine gute Idee, sich ihm zu dicht zu nähern. Man musste seine Wahrnehmung stets im Hier und Jetzt halten und durfte sich nicht in den Luxus von Luftschlössern und Tagträumen flüchten, bis man sich sicher hinter behelfsmäßigen Wänden verbarrikadiert hatte, die aus weggeworfener Kampfpanzerung oder aus notdürftig zusammengebastelten Kraftfeldern bestanden. Und man tat gut daran, selbst dann nicht unachtsam zu werden, da es nicht bloß außerhalb der Verschläge Raubtiere gab, sondern auch drinnen. Raubtiere, die statt vier oder sechs nur zwei Beine hatten, aber dennoch genauso tödlich waren.

Ein Jahr. Und bis zu diesem Morgen hatte es für sie keinen Grund zu der Annahme gegeben, dass sie Despayre jemals wieder verlassen würde, ganz gleich, wie viel Zeit ihr noch zum Leben blieb. Aber als imperiale Wachen draußen vor der provisorischen Barackenstadt landeten, die von den Bewohnern Kerkerstadt getauft worden war, hatte sich die Neuigkeit rasch verbreitet, dass es im Orbit ein Bauvorhaben gab und sie weitere Arbeitskräfte brauchten.

»Ich hab gehört, die haben zwannigtaus’nd Wookiee-Sklaven, die an diesem Ding arbeit’n«, sagte der Mann rechts von ihr. Er sprach mit dem Gefangenen zu seiner Rechten und nicht mit Teela, aber so nah, wie er war, hätte sie schon taub sein müssen, um die Unterhaltung zu überhören. Er war ein Bakuraner, ungehobelt und, den Prahlereien nach zu schließen, die er seinen Sitznachbarn gegenüber zum Besten gab, wegen mehrerer Verbrechen verurteilt worden: Raub, Waffenschieberei, Körperverletzung, Mord. Er roch wie Schleimpilz.

»Echt wahr?« Der andere Gefangene war ein Brigianer, ein großer Humanoider mit violetter Haut, den Teela ein paarmal in der Kerkerstadt gesehen hatte. Der einzige Brigianer in ihrer Stadt, hatte sie gehört. Er sprach leise, während er dem Bakuraner antwortete, aber Teela hatte mitgekriegt, dass er als Auftragskiller gearbeitet hatte und so gut mit seinen bloßen Händen umzugehen wusste, dass er nur selten eine Waffe brauchte. Vorhin hatte er erzählt, dass er einmal einen Virevol – eine Art wolfsgroße Ratte mit Säbelzähnen, die es nur auf Despayre gab – mit nichts weiter als einem Stock getötet hatte. Und dass er das Vieh anschließend gekocht und gegessen hatte.

Diebe und Mörder. Angenehme Gesellschaft für eine Frau, die – bevor sie lediglich wegen ihrer politischen Haltung verhaftet worden war – noch nicht einmal einen Strafzettel im Luftverkehr bekommen hatte. Nicht dass sie dieses Wissen öffentlich bekannt gemacht hätte. Je gefährlicher man in der Kerkerstadt eingeschätzt wurde, desto höher war die Chance, dass man in Ruhe gelassen wurde. Wenn jemand sie danach fragte, wofür man sie verurteilt hatte, lächelte Teela immer bloß. Das brachte den Fragesteller für gewöhnlich dazu, es sich zweimal zu überlegen, sich mit ihr anzulegen.

»Jar«, sagte der Bakuraner. »Eine halbe Million Droiden und dazu noch ’ne Ladung Arbeitsroboter – Pressen, Fräsen, Metallverarbeitung und so weiter. Muss ein verdammt großes Scheißding sein, das die da baun, was auch immer das für’n Apparillo is’.«

Der violette Humanoide zuckte mit den Schultern. »Auf einem Planeten zu sterben oder im Weltall – spielt doch keine Rolle.«

Der Transporter wurde langsamer und stoppte dann. Einen Moment später vibrierte ein Klank! durch das Schiff.

»Klingt wie eine Rampe, die gerade angedockt hat«, sagte der Brigianer. »Scheint so, als wären wir da angekommen, wo immer wir hinsollten.«

Der Bakuraner drehte sich um, um Teela anzusehen; er musterte sie lange und anzüglich von oben bis unten und schenkte ihr dann ein Grinsen, das seine Zähne sehen ließ. »Hätte nichts gegen einen Kojenkameraden, falls nich’ so viel Platz is’«, sagte er. »Wie wär’s mit dir?«

»Der letzte ›Kojenkamerad‹, den ich hatte, ist eines Nachts ganz zufällig im Schlaf gestorben«, sagte Teela und lächelte.

Der Bakuraner blinzelte. »Jar?«

Sie sagte nichts mehr. Sie lächelte bloß weiter.

Das Grinsen des Bakuraners verblasste.

Eine Wache erschien. »Hoch mit euch und im Gänsemarsch mir nach!«

Der Brigianer saß am dichtesten am Gang, der Bakuraner hinter ihm und Teela hinter dem Bakuraner. Er schenkte ihr noch ein paar flüchtige und nervöse Blicke, während sie nacheinander das Schiff verließen und in die gewundene Röhre der unter Druck stehenden Andockrampe traten.

Sie wurden in einen großen und kalten Versammlungsbereich geführt, und Teela sah, dass noch Tausende anderer Gefangener durch mehrere Röhren, die mit anderen Transportern verbunden waren, hereinkamen. Sie konnte den Schweiß und die Angst der Gefangenen riechen, vermischt mit dem schalen, metallischen Geruch recycelter Luft. Hinter Scannern postierte Wachen überprüften jede ankommende Reihe. Jedes Mal, wenn ein Gefangener einen der Scanner passierte, erklang ein melodischer Ton.

Sie nahm an, dass sie ihre Implantate einlasen. Die meisten Töne klangen gleich, aber hin und wieder hörte man einen anderen Ton, eine ganze Tonlage tiefer, und dann wurde der entsprechende Gefangene von den anderen getrennt und von der Hauptgruppe weg zu einer Treppe geführt, die zu einer tieferen Ebene führte. Vielleicht einer von fünfzig, schätzte sie.

Sie fragte sich, wer die wohl waren? Unbrauchbare? Ausgesonderte? Leute, denen eine Reise durch die nächste Luftschleuse bevorstand – ohne Rückfahrschein?

Als Teela durch den Scannerbogen ging, war der Ton, der erklang, der tiefere. Sie spürte, wie ihr Herz schneller schlug, und sie hielt den Atem an, als die Wache ihr barsch befahl, aus der Reihe zu treten.

Anscheinend würde sie schon bald herausfinden, was dieser Ton für jene, die ausgesondert wurden, zu bedeuten hatte.

4

DIE SOFT-HEART-CANTINA, SÜDLICHES VERGNÜGUNGSVIERTEL, PLANQUADRAT 19, IMPERIALES ZENTRUM, CORUSCANT-SEKTOR, KERNWELTEN

»Soll ich ihnen die Schädel einschlagen?«, fragte Rodo.

»Nein«, sagte Memah Roothes. »Wirf sie einfach bloß raus.«

»Sind Sie sicher? Würde mir nichts ausmachen.«

»Sosehr ich einen Mann auch bewundere, der seine Arbeit genießt, muss ich dich doch darum bitten, zu versuchen, deinen Enthusiasmus ein wenig zu zügeln.«

»Sie sind der Boss.«

Von hinter der Theke, wo sie bisweilen eine Runde Getränke mixte, sah die Inhaberin der Soft-Heart-Cantina zu, wie sich Rodo, der Rausschmeißer der Kneipe, wieder um die außer Dienst befindlichen und kontinuierlich lauter werdenden Gäste kümmerte. Dass es sich dabei um zwei betrunkene imperiale Sturmtruppler handelte, die auf eine Prügelei zusteuerten, bereitete ihr keine Sorgen. Rodo – falls er noch einen anderen Namen hatte, hatte niemand, den sie kannte, ihn je gehört – war einer der größten Menschen, die sie je zu Gesicht bekommen hatte. Rodo war ein Nachkomme menschlicher Kolonisten, die über Generationen genetisch gezüchtet und ausgelesen worden waren, um an die Umgebung von Ragith III angepasst zu werden, wo er geboren und aufgewachsen war und die Schwerkraft das Anderthalbfache des Normwerts betrug. Er war mit über zwei Meter Größe und einem Gewicht von hundertzehn Kilo kein Mann, von dem man sich wünschte, dass er sauer auf einen war. Einmal hatte jemand einen Landspeeder auf seinem Stellplatz draußen vor der Cantina geparkt. Rodo hatte das als Beleidigung empfunden und unverzüglich etwas dagegen unternommen.

Zu sehen, wie jemand ohne Hilfe ein Fahrzeug hochwuchtete und umstürzte, machte ziemlichen Eindruck – seitdem parkte jedenfalls niemand mehr auf Rodos Abstellplatz. Außerdem war er ausgesprochen schnell und sehr, sehr gut in irgendeiner abgedrehten Art von Kampfkunst, die er anwenden konnte, um schneller einen Knoten in einen betrunkenen und streitlustigen Kunden zu machen, als man die imperialen Ruhestifter rufen konnte, damit sie herkamen und das Problem beseitigten.

Es war Rodos Gegenwart zu verdanken, dass es in der Cantina für gewöhnlich ziemlich ruhig blieb, selbst an einem Zahltag wie diesem. Wenn irgendwer zu laut oder aggressiv wurde, genügte es normalerweise, dass Rodo am Tisch auftauchte, um das Problem zu beheben.

Normalerweise, aber nicht immer …

Memah wandte sich um, um die bestellten Getränke fertig zu machen. Aus dem Augenwinkel heraus sah sie einen Menschenmann, seiner Kleidung nach ein Raumfahrer, der sie verträumt anstarrte, das Kinn in eine Hand gestützt, während er über seinen Drink gebeugt dasaß. Sie ließ sich nicht anmerken, dass sie sich seiner Bewunderung wohl bewusst war. Sie war eine rutianische Twi’lek von Ryloth, mit dunkeltürkiser Haut, die im Schein der Hochglanzlampen zu leuchten schien. Sowohl von der Färbung als auch vom Farbton her war ihre Haut eines ihrer herausragendsten Merkmale, die sie zur Schau zu stellen pflegte, indem sie Shorts und ärmellose Kleider trug.

Sie wusste, dass sie in den Augen der meisten humanoiden Rassen überwältigend schön wirkte; selbst ihre Lekku, die beiden großen fleischigen Tentakel, die statt menschlichen Haars über ihre Schultern hingen, schienen auf Menschen eine gewisse exotische Anziehungskraft auszuüben. Und dank ihres täglichen Schwimmens und ihres regelmäßigen Null-G-Fitnesstrainings war sie ausgesprochen gut in Form, auch wenn sie selbst stets den Eindruck hatte, dass es gut wäre, ein Kilo weniger auf den Hüften zu haben.

Memah leitete dieses Lokal seit zwei Jahren und besaß es schon zwei länger, seit den Tagen, bevor die Galaxis verrückt geworden war. Natürlich war das gut fürs Geschäft einer Cantina. Lebewesen, die drauf und dran waren, zu einer Schlacht auf irgendeinem abgelegenen Planeten mitten im Nirgendwo aufzubrechen, neigten für gewöhnlich zu einer gewissen Pfeif-auf-das-was-morgen-ist-Einstellung, die für Memah ansehnliche Gewinne mit sich brachte.

Das Heart war gut besucht, und Rodo brauchte eine Minute, um sich seinen Weg zu den Möchtegern-Streithähnen zu bahnen, die sich an einem Zweiertisch nahe der Ostwand befanden. Einer von ihnen war aufgestanden, und der andere erhob sich, als der große Rausschmeißer zu ihnen trat. Er war einen Kopf größer und beinahe so breit wie die beiden zusammen. Er verfinsterte das Licht, und die beiden Männe schauten auf, um zu sehen, was einen so gigantischen Schatten warf.

Wieder grinste Memah. Es war unmöglich, zu hören, was Rodo zu ihnen sagte. Das Lokal dröhnte vor Unterhaltungen und Gelächter, vom Klirren der Gläser, während die Gäste anstießen, und vom Kratzen der Stuhlbeine auf dem harten Fußboden. Sie hatte zwei weitere Barkeeper, die an der Theke arbeiteten; beide mixten geschäftig Drinks und drückten die Zapfhähne nach unten. Es war wirklich nicht ruhig hier, dennoch wusste sie, was der riesige Mann den beiden Soldaten sagte. Sie störten, und daher mussten sie gehen – sofort.

Wenn sie klug waren, würden sie lächeln und nicken und schleunigst in Richtung Tür huschen. Wenn sie dämlich waren, würden sie sich mit Rodo anlegen. Wenn sie richtig dämlich waren, würden einer oder beide zu dem Schluss gelangen, dass es den Rausschmeißer nicht das Geringste anging, wie sie sich benommen hatten, und sie würden begierig darauf sein, ihm ihre imperiale Kampfausbildung zu demonstrieren.

Wie Rodo darauf reagierte, hing stets von seiner Stimmung ab. Wenn sie sich anständig verhielten, konnten sie morgen wiederkommen, als wäre nichts geschehen, ohne irgendein schlechtes Gewissen. Alles, was danach kam, war situationsabhängig. In diesem speziellen Fall hatten die beiden offenbar beschlossen, dass der Rausschmeißer nicht so hart war, wie er aussah; sie schienen zu denken, dass sie es sich zumindest leisten konnten, ihm ein paar ausgesuchte Beleidigungen um die Ohren zu hauen, vermutlich über seine Eltern oder Geschwister und seine unsittliche Beziehung zu ihnen.

Bevor einer der Trooper noch mehr sagen oder tun konnte, packte Rodo beide am Kragen, wobei er sich für einen so großen Mann unglaublich schnell bewegte, und mit einer beeindruckenden Zurschaustellung roher Kraft hob er sie hoch und schlug ihre Köpfe gegeneinander. Wenn nicht bewusstlos, waren sie offenbar so benommen, dass sie kein Interesse mehr an irgendwelchen Feindseligkeiten hatten. Ohne sie runterzulassen, ging Rodo zur Tür, und es sah aus, als würde ihm das Ganze nicht mehr Mühe bereiten, als würde er zwei große Humpen Bier tragen.

Er brauchte nicht lange, um zum Ausgang zu gelangen – jeder zwischen ihm und der Tür machte ihm bereitwillig Platz. Im Raum war es fast völlig still, als sich die Tür mit einem Zischen öffnete und Rodo die beiden hinauswarf.

Als sich die Tür wieder schloss, stieg der Lärmpegel aufs normale Maß an, und Memah wandte sich wieder ihrer Getränkebestellung zu. Niemand war verletzt worden, und deshalb gab es keinen Grund, sich Sorgen wegen der Behörden zu machen. Falls die Trooper dumm genug waren, mit anderen von ihrem Kaliber zurückzukommen, um ihren imperialen Status auszunutzen … Nun, hier unten gab es von offizieller Seite nicht sonderlich viel Unterstützung, um mit solchem übersteigerten Diensteifer fertig zu werden.

Memah seufzte. Als sie angefangen hatte, in diesem Geschäft zu arbeiten – sie hatte in einer Spelunke namens Villynay’s gekellnert, tief im Herzen von Gnarlytown –, waren die meisten imperialen Soldaten noch Klone, und jeder Einzelne davon war gleichermaßen höflich gewesen, ohne irgendwelche Probleme zu machen. Es stimmte, dass sie nach ein bisschen zu viel Alkohol ein bisschen ungestüm wurden, aber das war nie ein Problem gewesen, und es hatte auch nie jemand gezögert, ihr dabei zu helfen, jemanden auf die Straße zu setzen, der Ärger machte. Sie hatte gehört, dass man sie alle irgendwie so programmiert hatte, dass sie nur dem Gegner gegenüber Feindseligkeit zeigten. Ob das nun zutraf oder nicht, es war stets eine Freude gewesen, die Klone zu bedienen.

Aber das war damals, und nun war sie hier. Vielleicht betrachtete sie die Vergangenheit ja durch rosarote Droptaks, aber ihr schien es so, als hätte sich seitdem eine Menge verändert. Heutzutage war ein Abend, an dem Rodo nicht ein paar aufmüpfige Trunkenbolde rauswarf, eher die Ausnahme als die Regel.

Während sie einen Bantha-Sprenger mischte und die Zutaten einrührte, bemerkte Memah ein weiteres Gästepaar. Sie sorgten nicht für Unruhe; falls überhaupt, dann waren sie zu ruhig. Es handelte sich um Menschen – einen Mann und eine Frau –, wie man sie hier zu dieser Abendstunde überwiegend antraf. Beide trugen unscheinbare schwarze Arbeitsoveralls. Sie nippten an Krügen mit Membrosia und saßen einander an einem Zweiertisch in der Ecke gegenüber, von dem aus sie so unauffällig wie möglich den Schankraum im Auge behielten.

Und obwohl Memah sie nie dabei ertappte, dass sie direkt in ihre Richtung starrten, beschlich sie das deutliche Gefühl, dass sie ein besonderes Interesse an ihr hatten.

Rodo kehrte einer andockenden Schwerkraftladerampe gleich an die Theke zurück. Er ließ den Blick durch den Raum schweifen, um zu sehen, ob noch jemand Ärger wollte. Im Moment schien niemand diese Absicht zu hegen.

Memah mixte den Sprenger fertig und stellte ihn auf die Bar. »Ell-Neun, die Bestellung ist fertig!«

Der neue Servierdroide – ein mülltonnengroßes Modell auf Rädern, dessen Bezeichnung sie sich einfach nicht merken konnte – rollte zur Theke. »Verstanden, Boss«, zwitscherte der Droide mechanisch. Mit ausfahrbaren Armen ergriff er das Tablett, verankerte es auf der magnetischen Platte oben auf seinem »Kopf« und machte sich davon, um die Getränke zu servieren.

Memah wanderte zum anderen Ende der Theke. »Rodo, siehst du die beiden in Schwarz in der Ecke?«

Rodo schaute weder das Paar an, noch schien er Memah zu beobachten. »Jup.«

»Weißt du, wer die sind?«

»Keine Ahnung. Hab die hier noch nie zuvor gesehen. Ich hab da allerdings eine ziemlich gute Idee.«

Es folgte eine lange Pause, die Memah schließlich brach. »Willst du mir diesen Gedanken vielleicht mitteilen?«

Er brachte ein kleines Lächeln zustande. Rodo mochte sie, obwohl er nie den ersten Schritt unternommen hatte, und sie wusste, dass er das auch niemals tun würde. »Imperiale Geheimdienstler.«

Sie runzelte überrascht die Stirn. Was wollte ein Schnüfflerpaar in ihrem Lokal? Sie betrieb eine Bar für die Arbeiterklasse, und die Wahrscheinlichkeit für irgendwelche Bespitzelungen war da nicht besonders groß. Schließlich war dies das südliche Vergnügungsviertel; die meisten Bewohner des Viertels konnten Spionage nicht einmal buchstabieren, geschweige denn, dass sie darin verwickelt waren.

»Bist du sicher?«

»Ziemlich. Sie sehen so aus. Wenn Sie wollen, kann ich mich ein bisschen umhören, sie überprüfen.«

Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Wir sollten keine schlafenden Hunde wecken. Behalt sie einfach im Auge.«

Rodo lehnte sich zurück. »Dafür bezahlen Sie mich, Boss.«

5

OFFIZIERSKASERNE, IMPERIALER STERNENZERSTÖRER STEEL TALON, HORUZ-SYSTEM

Flottenobergeschützoffizier Tenn Graneet rollte aus seiner Koje und setzte seine bloßen Füße auf das kalte Metall des Fußbodens. Das ließ ihn umgehend wach werden. Sollte da unten wirklich einen kleinen Teppich hinlegen … Das hatte er tun wollen, seit man ihn vor acht Wochen dem Schiff zugewiesen hatte, aber andere Dinge hatten Vorrang gehabt, und S’ran Droot und Velvalee, die anderen Geschützoffiziere, mit denen er die Kabine teilte, schienen sich nicht darum zu scheren. Natürlich glichen Droots Füße eher Hufen, und Velvalee war an wesentlich kältere Temperaturen gewöhnt – vielleicht fühlte sich der verfluchte Boden unter Tenns Füßen sogar warm für ihn an. Die beiden hatten diese Woche Nachtschicht, was bedeutete, dass sie etwa zu der Zeit in die Kabine zurückkehren würden, wenn er sich zu seinem Posten begab.

Im Geiste zuckte Tenn die Schultern. Eines Tages würde er sich darum kümmern. Vielleicht konnte er sich mit dieser Frau von Alderaan arrangieren, die strickte, wenn sie nicht im Dienst war, damit sie ihm einen Synthetikwollteppich strickte, der groß genug war, um den Boden zu bedecken. So schwierig sollte das nicht sein. Er hatte seit jeher die Gabe, Frauen dazu zu bringen, alles Mögliche für ihn zu tun.

Er tapste den Gang hinunter zur Waschkabine, nahm schnell eine Schalldusche, klatschte Depilcreme auf seine Bartstoppeln und wischte sie ab. Dann kehrte er in ein Handtuch gewickelt in seine Kabine zurück, um die Uniform anzuziehen.

Tenn Graneet war über fünfzig, aber für einen Mann seines Alters war er in sehr guter körperlicher Verfassung. Er hatte in verschiedenen Schlachten ein paar Narben davongetragen, die nicht kosmetisch entfernt worden waren. Einige stammten auch aus Cantina-Prügeleien, wenn er nicht schnell genug gewesen war, um einer zerbrochenen Flasche oder Vibroklinge auszuweichen. Nichtsdestotrotz war er schlank und muskulös und konnte es mit Kerlen aufnehmen, die halb so alt waren wie er, wenn ihm das auch nicht mehr ganz so leichtfiel wie früher. Die Zeiten, als er die Nächte durchfeiern und dann am nächsten Tag eine volle Schicht hinlegen konnte, waren vorüber, das stimmte, aber auf dem Hindernisparcours wussten selbst die Neulinge, dass es nicht klug war, ihm in die Quere zu kommen, es sei denn, man wollte überrannt werden. Selbst nach dreißig Jahren in der Flotte war es eine Frage des Stolzes, dass niemand in Tenn Graneets Schützenteam mehr trinken, besser kämpfen oder mehr Frauen rumkriegen konnte als er.

Er holte seine älteste Uniform hervor, deren Hellgrau zur Farbe von Asche verblasst war, und schlüpfte hinein. Sie würden an diesem Tag ohnehin schmutzig werden und stinken; es gab keinen Grund, eine neuere zu versauen. Aus den oberen Ebenen war zu vernehmen, dass es in der Mittagsschicht eine weitere nicht vorher angekündigte Kampfübung geben würde. Der Oberkommandant der Schwere-Blaster-Station an Backbord, Captain Nast Hoberd, war ein Saufkumpan von Lieutenant Colonel Luah, dem Assistenten des Admirals, und als Folge davon bekam die Schwere-Blaster-Station immer eine Vorwarnung, wenn eine Übung oder eine Inspektion bevorstand. Der Captain wollte, dass seine Einheit gut aussah, und da sie stets schon vorher wussten, wann es drauf ankam, hatten sie bisher auch immer gut ausgesehen. Selbst wenn man mit einem weißen Handschuh über eine Oberfläche von einem der sechs Turbolasergeschütze oder der beiden schweren Ionenkanonengeschütze fuhr, blieb nicht das geringste Krümelchen Schmutz haften. An Inspektionstagen konnte man auf dem Geschützstand vom Fußboden essen. Wenn der Gefechtsalarm losging, war die Backbordgeschützbatterie die erste, die sich kampfbereit meldete. Jedes Mal.

Gerüchte besagten, dass Hoberd zum Major befördert werden sollte, und die praktisch makellose Leistung seiner Einheit bei allen Übungen hatte seine Chancen sicherlich nicht geschmälert. Nicht dass die Geschützmannschaft sonst irgendwelche Schwächen hätte. Man durfte die großen Kanonen nicht abfeuern, bevor man jede Menge Erfahrung mit den kleinen gesammelt hatte, und jeden, der seinen Ansprüchen nicht gerecht wurde, schaffte sich Tenn derart schnell wieder vom Hals, dass die dabei entstehende Reibungshitze Verbrennungen hinterließ. Er musste seinen eigenen Ruf wahren. OGO Tenn Graneet war der beste Geschützmeister in der gesamten Flotte. Wenn jemand ihm ein Ziel gab und es irgendwie möglich war, es zu treffen, erwischte sein Team es auch, und zwar so sicher, wie es auf Crystan V kleine grüne Männchen gab.

Angezogen betrachtete Tenn sich im Spiegel. Jeder Zentimeter des Gesichts, das ihm entgegensah, war der eines grauhaarigen alten Flottenoffiziers. Er grunzte. Er war der Imperialen Flotte beigetreten, bevor sie die Imperiale Flotte gewesen war, und er ging davon aus, dass er auf seinem Posten sterben würde. Das war ihm nur recht. Soweit es ihn betraf, war ein Leben ganz im Militärdienst keineswegs ein schlechtes Leben. Er verließ sein Quartier und trat in den Korridor hinaus.

Die Steel Talon war das neunte Schiff, auf dem er diente; auf den letzten vier davor hatte er als Obergeschützoffizier Dienst getan. Die Talon, ein Sternenzerstörer der Imperial-Klasse, war das Rückgrat der Flotte. Tenn hoffte, dass er eines Tages auf einen der vier neuen Sternenzerstörer der Super-Klasse versetzt würde, die momentan gebaut wurden. Das waren echte Ungetüme, acht- oder zehnmal so groß wie die Schiffe der Imperial-Klasse, die bereits über anderthalb Kilometer lang waren. Die Super-Sternenzerstörer sahen ein wenig aus wie Tortenstücke, die man aus einem Asteroiden herausgeschnitten und mit Waffen versehen hatte. Wenn er die richtigen Gefallen zur richtigen Zeit einforderte, war es ihm vielleicht möglich, einen Posten auf dem nächsten Schiff zu ergattern, das planmäßig gravitätisch aus der Werft von Kuat Drive Yards schwebte. Er hatte immer noch ein paar gute Jahre vor sich, und wer war besser dafür geeignet, die große Geschützbatterie auf einem dieser Monsterschiffe zu bedienen, als er? Er hatte seinen Antrag gestellt, und vielleicht legte Hoberd, wenn er befördert wurde, ein gutes Wort für ihn ein, bevor er ging. Solange Hoberd allerdings die Leitung über die Geschützbatterie innehatte, würde das wahrscheinlich nicht passieren; er wollte mit Sicherheit nicht den besten Obergeschützoffizier im ganzen Sektor verlieren.

Nun, dachte Tenn, es ist schön, wenn man geschätzt wird … Dennoch wusste er tief in seinem Innern, dass er nicht eher zufrieden wäre, bis er sagen konnte, dass er die größten und besten Geschütze in der Galaxis bedient hatte.

Der Schichtwechsel stand bevor, und Offiziere und Besatzungsmitglieder, die unterwegs zu ihren Posten waren, füllten die Gänge. Auch wenn es bloß eine Übung war, bereitete sich Tenn innerlich darauf vor, die Generatoren aufheulen zu hören, wenn sich die Kondensatoren aufluden, gefolgt von den schweren Vibrationen und der verbrannt riechenden Luft, wenn die Ionenkanonen und Laser feuerten, um geballte Energie durch den leeren Raum zu speien und die Übungsziele zu zerstören. Über eine Reichweite von mehr als hundert Klicks zu verfügen und imstande zu sein, ein Schiff in atomaren Staub zu verwandeln – das war wahre Macht. Und niemand verstand sich besser darauf als er.

Wie immer erreichte Tenn seinen Dienstbereich fünf Minuten vor der Zeit. Obwohl sich der Schichtwechsel näherte, war das fünfzig Meter durchmessende Areal ruhig. Er sah Chief Droot und nickte ihm zu. »Chief. Wie sieht’s aus?«

»Alles bestens, Gee.« Der große Chagrianer, einer der wenigen Fremdweltler, die es in der Imperialen Flotte zu irgendeinem Rang gebracht hatten, schaute sich um. »Sie wissen, dass für elf Uhr dreißig eine unangekündigte Übung angesetzt ist?«

»Ja.«

»Wir haben die Decks geschrubbt, die Kanonen geladen und sind feuerbereit.«

Tenn grinste. »Danke, Droot. Ich schulde Ihnen einen.«

»Nee, ich bin immer noch zwei im Rückstand – bei der letzten Inspektion haben Sie dafür gesorgt, dass die Station geglänzt hat wie ein Spiegel. Da hab ich sogar den Admiral höchstselbst zum Lächeln gebracht.«

Tenn nickte. Jeder behielt im Hinterkopf, wer auf dem Schiff wem etwas schuldete, und man ließ nicht zu, dass ein Offizierskamerad schlecht dastand, wenn man irgendwie aushelfen konnte. Auch wenn du selbst gerade nicht Dienst hast, es ist immer noch deine Station, und was dich schlecht aussehen lässt, lässt sie alle schlecht aussehen. Das galt natürlich auch umgekehrt.

»Die Station gehört Ihnen«, sagte Droot. »Ich gehe jetzt zum Abendessen. Ich hab gehört, in der Messe stehen heute berbersianische Krebse auf der Speisekarte.«

»Wahrscheinlich nichts anderes als zurechtgepanschtes Soypro«, sagte Tenn.