Star Wars. MedStar 1. Unter Feuer - Michael Reaves - E-Book
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Star Wars. MedStar 1. Unter Feuer E-Book

Michael Reaves

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Beschreibung

Tödliche Kämpfe und lebensgefährliche medizinische Operationen: Mehr Spannung geht nicht!

Auf dem Sumpfplaneten Drongar tobt einer der blutigsten Kriege der Republik. Die Jedi-Schülerin Barriss Offee wird ausgesandt, um die Ärzte mit Hilfe der Macht dabei zu unterstützen, die Leben der Klonsoldaten zu retten. Doch während ihre Ideale mit der Wirklichkeit konfrontiert werden, kommt es zu einem Verrat an höchster Stelle. Plötzlich kämpfen sie nicht mehr nur um die Leben der Klone – jetzt steht ihr eigenes Überleben auf dem Spiel.

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Michael Reaves

UNTER FEUER

MedStar 1

Aus dem Englischen

von Andreas Kasprzak

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel »Star Wars™ Medstar 1. Battle Surgeons« bei Del Rey/The Ballantine Publishing Group, Inc., New York.

Deutsche Erstveröffentlichung Mai 2011 bei Blanvalet, einem Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, München.

Copyright © 2004 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.

All rights reserved. Used under authorization.

Translation Copyright © 2011 by Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, München

Umschlaggestaltung: HildenDesign, München

Cover Art Copyright © 2004 by Lucasfilm Ltd.

Cover illustration by Craig Howell

Redaktion: Marc Winter

HK · Herstellung: sam

Satz: omnisatz GmbH, Berlin

ISBN 978-3-641-07821-8V002

www.blanvalet.de

Für meinen Sohn Dashiell.

»Sag mir nie, wie meine Chancen stehen!«

– M. R.

Für Dianne. Und für Cyrus, den Neuen im Ort.

– S. P.

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit,

weit entfernten Galaxis …

1. Kapitel

FLEHR-7

Die Jasserak-Tiefebene von Tanlassa, nahe der Kondrus-See

Planet Drongar

Jahr 2 nach der Schlacht von Geonosis

Blut schoss hervor, das im Schein des Antisepsisfelds beinahe schwarz wirkte, und spritzte heiß gegen Jos’ von einem Handschuh geschützte Finger. Er fluchte.

»Hey, ich hätte da eine Idee: Wäre vielleicht irgendjemand, der gerade nichts Besseres zu tun hat, so freundlich, diese Blutung mit einem Druckfeld zu stillen?«

»Der Druckgenerator ist mal wieder kaputt, Doc.«

Der republikanische Militärchirurg Jos Vondar wandte den Blick von dem blutigen Operationsfeld ab, das die offene Brust des Klonsoldaten darstellte, und schaute zu Tolk, seiner OP-Schwester, hinüber. »Natürlich ist er das«, meinte er. »Was ist, hat unser Medidroide vielleicht Urlaub? Wie soll ich diese Rankgraspaffer ohne funktionstüchtige medizinische Ausrüstung wieder zusammenflicken?«

Tolk le Trene, eine Lorrdianerin, die seine Laune mit derselben Leichtigkeit zu lesen vermochte wie die meisten empfindungsfähigen Lebewesen eine Karte, sagte nichts laut, doch ihr spitzer Blick war deutlich genug: Hey, ich hab ihn nicht kaputt gemacht!

Mit einiger Mühe zügelte Jos sein Temperament. »In Ordnung. Verpassen Sie ihm eine Aderklemme! Wir haben doch noch Hämostate, oder?«

Doch sie war schneller als er, schloss die Stahlklammer bereits um das gerissene Blutgefäß und benutzte einen Hämoschwamm, um das Blut aufzusaugen und das Blickfeld zu säubern. Die Soldaten dieser Einheit waren zu dicht an einer Granate gewesen, als diese explodiert war, und die Brust des Trupplers war von einer vollen Ladung Schrapnell zerfetzt worden. Das jüngste Gefecht im Knallbaumwald war übel gewesen – vor Ende der Nacht würden die Medibergetransporter mit Sicherheit noch mehr Verwundete herbringen, zusätzlich zu denen, die bereits hier waren.

»Ist es hier drin so heiß, oder liegt das bloß an mir?«

Eine der im Kreis umhergehenden Schwestern wischte Jos die Stirn ab, um zu verhindern, dass ihm der Schweiß in die Augen lief. »Die Luftkühler sind schon wieder außer Betrieb«, sagte sie. Jos antwortete nicht. Auf einem zivilisierten Planeten hätte er sich Schweißstopper ins Gesicht gesprüht, bevor er zu operieren begann, doch wie an allem anderen – einschließlich ruhiger Gemüter – herrschte hier auf Drongar auch daran ein akuter Mangel. Selbst jetzt, gegen Mitternacht, war die Temperatur draußen noch immer etwa so hoch wie die menschliche Körpertemperatur – morgen würde sie höher sein als die eines wollüstigen H’nemthe. Die Luft würde feuchter sein und noch ärger stinken. Schon zu den besten Zeiten war dies bereits eine wirklich hässliche Welt. Jetzt, wo hier ein Krieg tobte, war es noch viel schlimmer. Nicht zum ersten Mal fragte sich Jos, welcher hochrangige republikanische Beamte so nachlässig beschlossen hatte, sein Leben zu ruinieren, indem er befahl, ihn zu einem Planeten zu verschiffen, der, so weit das Auge reichte, bloß aus Schimmel, Moder und pilzartiger Vegetation zu bestehen schien.

»Ist hier eigentlich alles im Eimer?«, fragte er ganz allgemein in die Runde.

»Anscheinend alles, abgesehen von deiner Klappe«, entgegnete Zan freundlich, ohne von dem Truppler aufzuschauen, den er gerade versorgte.

Jos verwendete eine Wundzange, um ein Metallstück von der Größe seines Daumens aus dem linken Lungenflügel seines Patienten zu graben. Er ließ den scharfkantigen Metallsplitter in eine Pfanne fallen – es schepperte. »Verpassen Sie ihm einen Klebeflicken!«

Die OP-Schwester platzierte das sich selbst auflösende Klebepflaster fachmännisch auf der verletzten Lunge. Das Pflaster, das aus geklontem Zellgewebe und einem Klebstoff bestand, der aus einer talusianischen Muschel gewonnen wurde, versiegelte unverzüglich die Verletzung. Zumindest davon hatten sie noch jede Menge, sagte Jos sich. Andernfalls würde er auf Wundklammern oder Nadel und Faden zurückgreifen müssen, wie die Medidroiden es für gewöhnlich taten, und wäre das dann nicht ein Spaß und netter Zeitvertreib?

Er schaute auf den Patienten hinunter, entdeckte im hellen Schein des OP-Strahlers einen weiteren glänzenden Schrapnellsplitter und packte ihn sanft mit der Wundzange, um ihn langsam herauszuwackeln. Der Splitter hatte die Aorta knapp verfehlt. »In diesem Typen steckt genügend Altmetall, um zwei Kampfdroiden zu bauen«, murmelte er, »und dann hätte man immer noch jede Menge für Ersatzteile übrig.« Er ließ das Metall mit einem neuerlichen Klirren in die Stahlschale fallen. »Ich weiß nicht, warum sie sich überhaupt die Mühe machen, sie in Rüstungen zu stecken.«

»Da hast du recht«, meinte Zan. »Dieses Zeug hält nichts ab, das mehr Durchschlagskraft besitzt als eine Kinder-Luftpistole.«

Jos legte zwei weitere Granatsplitter in die Schale, ehe er sich aufrichtete und spürte, wie die Muskeln in seinem Kreuz gegen die Haltung protestierten, die er den ganzen Tag lang innegehabt hatte. »Scannen Sie ihn!«, verlangte er.

Tolk fuhr mit einem Handbioscanner über den Klon. »Er ist sauber«, sagte sie. »Ich denke, Sie haben alles erwischt.«

»Das werden wir wissen, wenn er anfängt, beim Gehen zu klappern.« Ein Pfleger rollte die Trage rüber zu den beiden FX-7-Medidroiden, die das Zusammenflicken erledigten. »Der Nächste!«, rief Jos müde. Er gähnte hinter seinem Mundschutz, und bevor er damit fertig war, lag ein weiterer Soldat vor ihm auf dem Rücken.

»Offene Brustverletzung«, berichtete Tolk. »Könnte sein, dass er eine neue Lunge braucht.«

»Er hat Glück, da haben wir diese Woche gerade ein Sonderangebot.« Jos führte den ersten Einschnitt mit dem Laserskalpell durch. Klonkrieger zu operieren – oder, wie die Belegschaft von Flehr Sieben das zu nennen pflegte, am »Fließband« arbeiten –, war in vielerlei Hinsicht einfacher, als an gewöhnlichen Individuen herumzuschnippeln. Da sie alle dasselbe Genom besaßen, waren ihre Organe im wahrsten Sinne des Wortes austauschbar, ohne dass man sich Sorgen um Abstoßungsprobleme zu machen brauchte.

Er schaute zu einem der vier anderen Organärzte hinüber, die in dem dicht gedrängten OP-Saal arbeiteten. Zan Yant, ein Zabrak-Chirurg zwei Tische weiter, summte eine klassische Melodie, während er schnitt. Jos wusste, dass Zan viel lieber in der Wohneinheit gewesen wäre, die sie miteinander teilten, um auf seiner Quetarra zu spielen und sie perfekt so zu stimmen, dass das Instrument widerhallende Töne wie vom Gekreische irgendeines Zabrak-Wilden hervorbrachte. Die Musik, mit der sich Zan in letzter Zeit beschäftigte, klang, soweit es Jos betraf, wie zwei Kraytdrachen bei der Paarung, doch für einen Zabrak – und für viele andere empfindungsfähige Spezies in der Galaxis – war sie erbauend und bereichernd. Zan besaß die Hände und die Seele eines Musikers, doch er war außerdem ein anständiger Chirurg, weil die Republik Ärzte in diesen Tagen dringender brauchte als Entertainer – jedenfalls auf diesem Planeten.

Die übrigen sechs Chirurgen im Saal waren Droiden, und eigentlich hätten es zehn sein sollen. Zwei der anderen vier waren in der Reparatur, und zwei waren zwar angefordert, aber nie geliefert worden. Hin und wieder verwandte Jos seine Zeit auf das nutzlose Ritual, einen weiteren 22K97(MD)-Anforderungsantrag auszufüllen, der dann sogleich für alle Zeiten im Strudel computerisierter Ablagesysteme und der Bürokratie verschwand.

Er gelangte rasch zu dem Schluss, dass der Sergeant – auf den Überresten seiner Rüstung befanden sich noch die grünen Markierungen, die seinen Rang kennzeichneten – in der Tat eine neue Lunge benötigte. Tolk holte ein frisch geklontes Organ aus den Nährlösungsbehältern, während Jos mit der Pneumonektomie begann. Weniger als eine Stunde später hatte er das geschädigte Organ herausgeschnitten und die neue Lunge, die zusammen mit Dutzenden anderen identischen Organen aus kultivierten Stammzellen gezüchtet und für Notfälle wie diesen in einer kryogenetischen Stasis gehalten wurde, ruhte in der Pleurahöhle des Sergeants. Der Patient wurde zur Nahtversorgung rübergerollt, derweil Jos sich streckte und dabei spürte, wie sich seine Wirbelsäule streckte und die Gelenke knackten.

»Das war der Letzte«, meinte er, »fürs Erste.«

»Mach’s dir mal nicht zu gemütlich!«, sagte Leemoth, ein Duros-Chirurg, der auf amphibische und teilweise im Wasser lebende Spezies spezialisiert war. Er schaute von seinem gegenwärtigen Patienten auf – einem Otolla-Gungan-Beobachter von Naboo, dessen Mundhöhle nach einem Schallpistolentreffer am Vortag massiv varikös war. »Es geht das Gerücht, dass innerhalb der nächsten drei Stunden noch ein paar Mediberger von der Front hier eintreffen werden, wenn nicht schon eher.«

»Genügend Zeit, um einen Drink zu nehmen und eine weitere armselige Bitte um Versetzung einzureichen«, sagte Jos, als er auf die Desinfektionskammer zumarschierte und sich unterwegs die Hautschutzhandschuhe abstreifte. Er hatte schon vor langer Zeit gelernt, mit dem klarzukommen, was jetzt im Argen war, und sich erst dann Gedanken über künftige Probleme zu machen, wenn er musste. Das sei das mentale Äquivalent der Triage, hatte er Klo Merit erklärt, dem Equani-Mediziner, der außerdem der »hauseigene« Empath von Flehr Sieben war. Merit hatte mit seinen großen, braunen Augen geblinzelt, deren Tiefen so sonderbar beruhigend wirkten, und verkündet, dass Jos’ Einstellung gesund sei – bis zu einem gewissen Grad.

»Es gibt einen Punkt, an dem persönliche Abwehr zu Leugnen wird«, hatte Merit gesagt. »Für jeden von uns liegt dieser Punkt woanders. Ein Großteil der geistigen Gesundheit ergibt sich schon allein daraus zu wissen, wann man nicht mehr ehrlich zu sich selbst ist.«

Jos schreckte aus seiner kurzzeitigen Tagträumerei auf, als ihm bewusst wurde, dass Zan mit ihm gesprochen hatte. »Was ist?«

»Ich sagte, der hier hat eine eingerissene Leber. Ich bin in ein paar Minuten fertig.«

»Brauchst du Hilfe?«

Zan grinste. »Was bin ich, ein Assistenzarzt an der Coruscant-Klinik im ersten Jahr? Keine Sorge! Hast du einen von denen genäht, hast du alle genäht.« Er summte wieder vor sich hin, während er sich an den Eingeweiden des Trupplers zu schaffen machte.

Jos nickte. Wohl wahr, die Fett-Klone waren allesamt identisch, was bedeutete, dass nicht nur keine Abstoßungsgefahr bestand, sondern sich die Chirurgen darüber hinaus auch keine Gedanken darüber zu machen brauchten, wo ein Organ hingehörte und wie man es transplantiert bekam. Selbst bei Individuen derselben Spezies gab es häufig beträchtliche Unterschiede in Bezug auf die physiologische Struktur und Funktionalität. Beispielsweise funktionierten menschliche Herzen alle auf dieselbe Art und Weise, doch die Größe der Klappen konnte variieren, die Aortenverbindung konnte bei einem höher liegen als bei einem anderen … Es gab unzählige Möglichkeiten, wie die individuelle Anatomie voneinander abwich. Das war der Hauptgrund dafür, dass Chirurgie selbst unter den besten Umständen niemals zu hundert Prozent sicher war.

Doch bei den Klonen war das anders – oder vielmehr, eben nicht. Sie waren allesamt aus demselben genetischen Quellcode gezüchtet worden: dem eines menschlichen Kopfgeldjägers namens Jango Fett. Sie alle waren einander sogar noch ähnlicher als eineiige Zwillinge. Schau dir einen an, mach einen auf, mach dich mit seinem Innersten vertraut! Das war bei Jos’ Studium auf Coruscant das Mantra gewesen. Die Ausbilder scherzten gern, dass man einen Klon mit verbundenen Augen operieren konnte, wenn man seine Anatomie kannte, und das stimmte beinahe tatsächlich. Normalerweise arbeitete Jos nicht an einfachen Frontsoldaten, doch angesichts von zwei Chirurgiedroiden in der Reparatur bestand die einzige andere Möglichkeit darin, die Verletzten draußen auf den Gängen der Feldlazaretteinheit zu triagieren und sterben zu lassen. Ganz gleich, ob es sich nun um Klone handelte oder nicht, das konnte er nicht zulassen. Er war Arzt geworden, um Leben zu retten, und nicht, um darüber zu urteilen, wer am Leben blieb und wer nicht.

Mit einem Mal erloschen die Lichter flackernd, um dann wieder anzugehen. Jeder in der Kammer erstarrte für einen Moment.

»Hölle und Teufel!«, sagte Jos. »Was ist jetzt los?«

In der Ferne hallten Explosionen wider. Das könnte Donner gewesen sein, dachte Jos nervös. Er hoffte, dass es Donner gewesen war. Hier regnete es so ziemlich jeden einzelnen Tag und meistens auch in den Nächten, was das betraf – kräftige, tropische Stürme, die mit heulenden Winden und Blitzen vorüberzogen, die in Bäume, Gebäude und Leute einschlugen. Manchmal fielen die Schildgeneratoren aus, und dann waren die Blitzableiter das Einzige, das das Lager noch schützte. Mehr als nur ein paar Truppler waren auf der Stelle gegrillt worden, wo sie standen, von den starken Spannungen innerhalb eines Herzschlags vollkommen verbrannt. Einmal, nach einem schlimmen Unwetter, hatte Jos ein Paar Stiefel gesehen, das dastand, während Rauch von dem harten Plastoid aufstieg, fünf Körperlängen von der verkohlten Gestalt des Soldaten entfernt, der sie eben noch getragen hatte. Alles im Lager, das es wert war, gerettet zu werden, war mit tief in der sumpfigen Erde verankerten Blitzableitern versehen, aber manchmal genügte das nicht.

Noch während ihm diese Gedanken durch den Kopf gingen, hörte er, wie das stakkatoartige Trommeln des Regens auf dem Dach des Operationssaals einsetzte.

Jos Vondar war in einem kleinen Bauerndorf auf Corellia geboren worden und aufgewachsen, in einer Klimazone, in der das Wetter den Großteil des Jahres über freundlich war, und selbst während der Regensaison war es mild. Mit zwanzig war er von dort nach Coruscant gegangen, dem Hauptplaneten der Republik, auf eine Stadtwelt, auf der das Wetter sorgsam kalibriert und fein abgestimmt war. Er wusste stets, wann es regnen würde, wie viel und für wie lange. Nichts, womit er es in seinem bisherigen Leben zu tun gehabt hatte, hatte ihn auf die apokalyptischen Stürme und die beinahe abscheuliche Fruchtbarkeit der auf Drongar einheimischen Lebensformen vorbereitet. Man sagte, dass es im Großen Jasserak-Sumpf Stellen gab, an denen einen der Pilzbewuchs mit einer zweiten Haut überwucherte, bevor man aufwachen konnte – wenn man töricht genug war, sich dort hinzulegen und zu schlafen. Jos wusste nicht, ob das wirklich stimmte, aber es fiel ihm nicht schwer, es zu glauben.

»Verdammt!«, rief Zan.

»Was ist?«

»Hab hier ein Stück Schrapnell, das in der Pfortader steckt. Wenn ich es rausziehe, gibt’s hier drin eine ziemliche Sauerei.«

»Ich dachte, du hättest gesagt, du hättest den Burschen schon abgezeichnet, eingetütet und transportbereit gemacht.« Jos nickte Zans OP-Schwester zu, die eine frische Packung Handschuhe für Jos öffnete, in die er seine Hände schob. Er wackelte mit den Fingern, ehe er neben seinen Freund trat. »Rück rüber, Hornrübe, und lass da mal einen richtigen Arzt ran!«

Zan schaute sich um. »Einen richtigen Arzt? Wo? Kennst du einen?«

Jos blickte auf den Patienten hinab, dessen Innenleben von den Deckenstrahlern und dem Sterilisationsfeld hell angeleuchtet wurde. Er senkte die Hände in das Feld und spürte das leichte Kribbeln, das diese Bewegung stets begleitete. Zan wies mit der Wundzange auf das betreffende Stück gezackten Metalls, das tatsächlich schräg in der Pfortader steckte und den Blutfluss blockierte. Jos schüttelte den Kopf. »Wie kommt es eigentlich, dass die uns solche Sachen nie auf der Akademie gezeigt haben?«

»Wenn du später Leiter der Chirurgie im Coruscant Medizentrum bist, kannst du ja dafür sorgen, dass der nächste Haufen naiver Möchtegern-Chirurgen eine bessere Ausbildung bekommt. Der alte Doc Vondar, der über die Großen Klonkriege schwadroniert, und darüber, wie leicht es diese jungen Leute heutzutage haben.«

»Ich werde daran denken, wenn sie dich als Studienobjekt reinbringen, Zan.«

»Mich nicht. Ich werde auf deiner Beerdigung tanzen, du corellianischer Dreckskerl. Womöglich spiele ich sogar eine hübsche selonianische Etüde für dich, vielleicht ein Stück aus den Vissëncant-Variationen.«

»Bitte«, sagte Jos, während er behutsam Gewebe auseinanderspreizte, um einen besseren Blick zu bekommen, »spiel wenigstens etwas, das den Leuten gefällt! Irgendwas Schmissiges oder so richtig Schwermütiges.«

Zan schüttelte traurig den Kopf. »Selbst ein unmusikalischer Gungan hat mehr Geschmack als du.«

»Ich weiß einfach, was ich mag.«

»Tja, nun, und ich mag es, diese Burschen am Leben zu halten, also hör auf, dich weiter in aller Öffentlichkeit zu blamieren, und hilf mir, diese Leber in Gang zu bringen!«

»Schätze, du hast recht.« Jos griff nach zwei Zangen und einem Schwamm. »Sieht so aus, als würde ihm das zumindest eine kleine Chance verschaffen, mit dir als seinem Chirurg.« Er grinste seinen Freund hinter der Maske an.

Gemeinsam gelang es ihnen, das Schrapnell mit minimalen Schäden aus der Arterie zu entfernen. Als sie damit fertig waren, schaute sich Jos mit einem merklich erleichterten Seufzen um.

»Also, Kinder, sieht nach einer makellosen Bilanz aus. Wir haben keinen einzigen Truppler verloren. Die Drinks in der Cantina gehen auf mich.«

Die anderen grinsten erschöpft – und erstarrten dann, um zu lauschen. Das beständige Trommeln des Regens auf dem Formschaumdach wurde von einem anderen Geräusch übertönt, von einem, das sie nur zu gut kannten: vom lauter werdenden Heulen näher kommender Medibergetransporter.

Die Pause hatte sich schon erledigt – und genau das waren die meisten von ihnen auch –, bevor sie überhaupt angefangen hatte.

2. Kapitel

Der Pilot erklärte ihr, dass der Sinkflug vom Orbit runter auf den Planeten aufgrund der Masse an Sporen schneller vonstatten ging als gewöhnlich.

»De verkleb’n alles«, sagte er in schwer akzentuiertem Basic. Er war ein Kubaz, graugrün und mit spitz zulaufendem Schädel, ein Angehöriger jener langschnäuzigen Spezies, die von ihren Feinden verächtlich als »käferfressende Spitzel« bezeichnet wurde. Als Jedi-Padawan und Heilerin hatte Barriss Offee früh gelernt, eine Spezies nicht nach ihrem Aussehen zu beurteilen, doch sie wusste, dass viele Wesen in der Galaxis da weniger unvoreingenommen waren.

»B’sonners de Lüftas«, fuhr er fort. »De fress’n sich in ’na Stunne durch de best’n Filta, vielleich weniga. Man musse vor jed’m Fluch austausch’n – tut man’s nich, kommt de Spor’nkrankheit innes Schiff und dann in ein selba. Nich schön, so abzutret’n, das könnta mich glaub’n, so mit Blut hochwürg’n un im eign’n Saft schmor’n.«

Barriss blinzelte angesichts der bildlichen Beschreibung. Sie schaute aus dem nächstgelegenen Fenster der kleinen Raumfähre. Die Sporen waren in der Luft bloß als bunte Punkte in Rot, Grün und anderen Farbtönen auszumachen, sowie als gelegentliche Spritzer winziger Partikel auf dem Transparistahl, die wieder verschwunden waren, bevor sie sie deutlich sehen konnte. Sie sondierte ihre Umgebung ein bisschen mit der Macht, nahm jedoch natürlich nichts Empfindungsfähiges wahr, sondern bloß einen chaotischen Eindruck von Bewegung, von rasendem Wandel.

»De Spor’n sinn, ähm, adepto … äh …«

»Adaptogen«, half sie aus.

»Ja, das isses! Imma, wenn sich Mechanikas un Sanitätas was Neues einfall’n lass’n, zum Behanneln un so, verännern sich de Spor’n, un da funktionier’n de Behannlung’n nich mea. Kommisch is, dass se unnen auf’m Bod’n kein Ärga mach’n, bloß, wenn se üba de Bäume aufsteig’n, ne?«

Barriss nickte. Das klang nicht angenehm. Tatsächlich klang nur wenig, was diesen Planeten betraf, sonderlich angenehm, obwohl ihre Informationen über Drongar immer noch lückenhaft waren. Der hastigen Einsatzbesprechung im Tempel auf Coruscant zufolge waren die Streitkräfte der Republik und der Separatisten auf Drongar mehr oder weniger ausgewogen. Der Krieg hier beschränkte sich größtenteils auf Bodentruppen. Wegen der Sporen fanden nur wenige Gefechte in der Luft statt. Auf dem Boden war die Lage in vielerlei Hinsicht noch schlimmer. Zu den Schwierigkeiten, mit denen beide Seiten zu kämpfen hatten, gehörten Monsununwetter mit verheerenden elektrischen Stürmen, Temperaturen nahe des Siedepunkts und eine Luftfeuchtigkeit von über neunzig Prozent. Als wäre das noch nicht genug, war die Sauerstoffdichte zudem höher als auf den meisten Welten, die für Menschen und Humanoide bewohnbar waren. Das führte bei nicht einheimischen Lebensformen häufig zu Schwindelgefühlen und Hyperoxygenierung und bei den Kampfdroiden der Separatisten zu Rostbildung. Barriss fand, dass das kaum zu glauben war, doch selbst die unglaublich widerstandsfähige Durastahllegierung, aus der die Droiden bestanden, oxidierte, wenn die Umweltbedingungen extrem genug waren. Außerdem beschränkte die hohe Sauerstoffkonzentration militärische Auseinandersetzungen aufgrund des großen Risikos, dass durch Laser- und Partikelstrahlwaffen Feuer entfacht wurden, größtenteils auf den Einsatz von Kleinwaffen, sprich: auf Schallpistolen, kleine Blaster, Projektilwaffen und dergleichen.

Das, was beide Seiten dazu veranlasste, um die Vorherrschaft über diesen verpesteten Sumpf von einem Planeten kämpfen zu lassen, war Bota, eine Pflanze, die irgendwo zwischen Schimmel und einem Pilz einzustufen war und bislang praktisch nirgendwo anders in der Galaxis entdeckt wurde. Auf diesem abgelegenen Planeten wuchs Bota in Massen, doch alle Versuche, die Pflanze auf anderen Welten anzupflanzen, waren fehlgeschlagen. Die Pflanze war deshalb für beide Seiten so ausgesprochen kostbar, weil Bota – genau wie die Sporen und die übrige Flora und Fauna auf Drongar – in höchstem Maße adaptogen war, was seine Wirkung betraf. Viele Spezies konnten ihren Nutzen daraus ziehen – Menschen verwendeten Bota als wirkungsvolles, auf breiter Basis einsetzbares Antibiotikum; bei den Neimoidianern war es ein gefragtes narkotisches Schmerzmittel; für die Hutts war es ein profitables Stimulans, das fast so stark war wie Glitzerstim-Spice, und etliche andere Spezies hatten noch für viele andere Dinge Verwendung dafür. Darüber hinaus besaß das Zeug praktisch keine Nebenwirkungen, was Bota zu einem wahren Wundermittel machte.

Gefriergetrocknet war das Bota rasch transportbereit. Der einzige Nachteil bestand darin, dass die Pflanze nach der Ernte schnell verarbeitet werden musste, da sie sich andernfalls zu einem nutzlosen Schleim zersetzte. Um die Sache noch schlimmer zu machen, war Bota zudem ziemlich anfällig. Wenn zu dicht bei den Pflanzen Explosionen losgingen, genügte das bereits, damit sie abstarben, und offensichtlich brannte das Bota ungeachtet der allgemeinen Feuchtigkeit überall ringsum wie Raketentreibstoff, wenn man es anzündete. Da das Bota für beide Seiten der Anlass war, hier zu sein, war das noch ein weiterer Grund dafür, warum militärische Gefechte nur eingeschränkt möglich waren – es wäre nutzlos, um ein Feld von diesem Zeug zu kämpfen, wenn die Pflanzen verbrannten, abstarben oder verdarben, bevor sie geerntet werden konnten.

Das Bota war auch einer der Hauptgründe dafür, warum Barriss hier war. Es stimmte, dass ihre primäre Aufgabe darin bestand, mithilfe ihrer Fähigkeiten als Heilerin die Ärzte zu unterstützen, die die republikanischen Truppen versorgten, doch sie sollte außerdem auch ein Auge auf die Erntemaschinen haben, um sicherzustellen, dass das Bota verpackt und zu republikanischen Raumhäfen auf anderen Planeten verschifft wurde, so, wie es geplant war. Die Ernteoperationen waren mit den Flehr-Aktivitäten zusammengelegt worden, um Geld zu sparen und die Verschiffung des Wundermittels zu beschleunigen. Weder sie noch ihre Vorgesetzten hatten damit ein Problem. Jeder Vorteil, den die Republik gegenüber der Konföderation erlangen konnte, war wertvoll und wünschenswert – die Jedi hatten mit Sicherheit keine Sympathien für den skrupellosen Count Dooku übrig, der so vielen von ihnen zwei Standardjahre zuvor auf Geonosis den Tod gebracht hatte.

Sie nahm stark an, dass sie auch noch aus einem anderen Grund hier war: Weil es sich bei diesem Auftrag um einen Teil ihrer Prüfungen handelte oder sie sogar komplett darstellte. Ihre Jedi-Meisterin, Luminara Unduli, hatte ihr zwar nicht mitgeteilt, dass das der Fall war, doch nicht alle Padawane wurden im Vorfeld darüber informiert, dass sie dabei waren, auf die Probe gestellt zu werden. Die Natur der Prüfung und ob der Padawan vorher darüber Bescheid wusste oder nicht, waren Dinge, die ganz allein im Ermessen des jeweiligen Jedi-Meisters lagen.

Einmal, vor etwa sechs Monaten, hatte sie Meisterin Unduli gefragt, wann sie damit rechnen könne, mit ihren Jedi-Prüfungen zu beginnen. Ihre Mentorin hatte mit einem Lächeln auf diese Frage reagiert und gesagt: »Immer. Zu jeder Zeit. Sofort.«

Nun, falls es sich bei ihrem Aufenthalt auf dieser Welt um ihre Feuerprobe handelte, um den Test, der bestimmen würde, ob sie das Zeug dazu hatte, eine Jedi-Ritterin zu sein oder nicht, würde sie das wahrscheinlich eher früher als später …

Der Transporter schwankte, als das Shuttle eine abrupte, schlingernde Drehung vollführte und die Trägheit Barriss fest in ihren Sitz stieß. Das interne Schwerkraftfeld des Schiffs war offensichtlich deaktiviert worden.

»Tut mia leid, das«, sagte der Pilot. »In dies’m Sektor gibt’s ’ne Geschützbattarie vonne Separatist’n, un hin und widda versuch’n die, ein von uns auffe Kimme zu nehm un ihn abzuschieß’n. Is ganz normal, auf’m Weg nach un’n ’n paar Ausweichmanövas durchzuführ’n – Standardprozedua, ne? Kanushka!«

Der überraschte Ausruf in der Muttersprache der Kubaz erregte Barriss’ Aufmerksamkeit. »Was ist?«

»Da is ’ne Ries’nschlacht am Lauf’n, drüb’n an Steuabord. Paar Mech-Einheit’n un Truppla hau’n sich auffe Glocke – da, sehta? Ich fliech ma drüba wech – wia sinn hoch g’nug, dass de uns nich mit Handfeuawaff’n erwisch’n könn. Festhalt’n!«

Der Pilot ging in eine weite Rechtskurve. Barriss schaute hinunter auf das Schlachtfeld. Sie schätzte, dass sie sich etwa tausend Meter hoch befanden, und die Luft war halbwegs klar. Sie waren unterhalb der Hauptsporenschicht, ohne Wolken oder Nebel, um ihr die Sicht zu versperren.

Als Jedi-Padawan war sie mit den Methoden der Kriegsführung vertraut. Sie war zudem von Kindesbeinen an im Umgang mit ihrem Lichtschwert trainiert worden, sodass ihre Beobachtungsgabe geschulter war als die der meisten anderen.

Die Truppen bewegten sich über ein Feld mit kleinwüchsigen, stummelartigen Pflanzen, mit der Sonne im Rücken – ein kluger taktischer Schachzug, wenn man es mit biologischen Gegnern zu tun hatte, jedoch von wenig Nutzen gegen Kampfdroiden, deren Fotorezeptoren sich mühelos so anpassen konnten, dass sie blendende Lichter ausblendeten. Insgesamt waren dort unten vielleicht zweihundert Soldaten. Sie waren den Droiden zahlenmäßig leicht überlegen, die Barriss’ Schätzung zufolge vielleicht siebzig oder achtzig Einheiten auf dem Schlachtfeld hatten. Aus dieser Höhe war die halbmondförmige Angriffsformation der republikanischen Streitkräfte deutlich zu erkennen, die versuchten, die Droiden einzukreisen und sich das bessere Schussfeld zu verschaffen.

Die Kampfdroiden gehörten größtenteils zur Baktoid-B1-Serie, soweit sie das von hoch über ihnen zu sagen vermochte. Außerdem waren da mehrere B2-Superkampfdroiden, bei denen es sich im Wesentlichen um das Standardmodell mit einer speziell gepanzerten Gehäuseplattierung und mehr Waffensystemen handelte. Die Droiden hatten sich in Vierergruppen aufgeteilt, wobei jede Vierereinheit fächerförmig ausschwärmte, um gegen die Einkreisung anzugehen und ihr Feuer auf denselben Truppenabschnitt zu konzentrieren.

Sie wusste, dass die Entscheidung beim Einsatz klassischer Formationen auf einem offenen Schlachtfeld grundlegend davon abhing, welche der beiden Seiten am schnellsten den zielgenauesten Beschuss auf den Gegner zuwege bekam. Beinahe konnte sie die Stimme ihrer Meisterin hören, die in ihrer Erinnerung widerhallte:

Es spielt keine Rolle, wie flink du bist, wenn du dein Ziel verfehlst. Am Ende wird derjenige den Sieg davontragen, der am meisten Schaden anrichtet …

Blastersalven schossen lanzengleich durch die Reihen der kämpfenden Truppen, die nun kaum noch eine kurze Sprintdistanz voneinander entfernt waren. Von Fehlschüssen, die statt der Feinde die Vegetation trafen, brodelte Dunst empor, und rasch loderten hier und dort kleine Feuer auf. Soldaten fielen, schwarz verkohlt und rauchend, und Kampfdroiden kamen abrupt zum Stillstand, mit Brandmalen und Blitzen von Elektrizität auf ihren weißen Metallgehäusen, die anzeigten, wo sie von Blasterfeuer getroffen worden waren.

Das alles passierte in unheimlicher Stille. Kein Laut drang in diese Höhe hinauf, als der Pilot langsamer wurde, um ihr einen eingehenderen Blick zu gestatten.

Es sah so aus, als würden die republikanischen Streitkräfte diese Schlacht gewinnen – beide Seiten schienen im selben Verhältnis Kämpfer zu verlieren, und in solchen Fällen gewann für gewöhnlich die Seite mit der größeren Truppenstärke –, auch wenn dieser Sieg einen hohen Preis forderte. Eine Einheit, die acht von zehn Soldaten verlor, gewann bloß im technischen Sinne.

»Wia könn nich hierbleib’n«, sagte der Pilot. »In fuffzehn Minut’n sinn de Filters im rod’n Bereich, un wia sinn noch fünf Minut’n von Flehr Sieb’n wech. Ich hab gern ’nen Puffa.«

Das Shuttle wurde schneller, und sie ließen das Gefecht hinter sich.

Während der Transporter über Tieflandvegetation und dampfende, giftige Sümpfe hinwegschoss, grübelte Barriss darüber nach, was sie gesehen hatte. Was immer dieser Auftrag sonst noch sein mochte, langweilig würde er mit Sicherheit nicht werden.

Jos gönnte sich gerade ein paar kostbare Augenblicke des Schlafs in der Wohneinheit, die er sich mit Zan teilte, als er das Shuttle näher kommen hörte.

Zuerst, noch im Halbschlaf, dachte er, es sei ein weiterer Mediberger, der noch mehr Verwundete brachte, doch dann wurde ihm bewusst, dass der Repulsorlärm anders war, höher.

Das muss der neue Arzt sein, dachte er. Niemand sonst, der bei klarem Verstand ist, würde auf Drongar landen, ohne hierherbeordert worden zu sein.

Er trat durch das osmotische Feld, das den Eingang der Wohneinheit bedeckte. Das Feld war so eingestellt, dass es die Luft frei zirkulieren ließ, jedoch die achtbeinigen, zweiflügeligen Insekten draußen hielt, die sie »Flatterstecher« nannten und die in einem fort um die Einheit herumbrummten. Er hatte gehört, dass die Felder neuerer Bauart mit einer entropischen Überlagerungsfunktion ausgestattet waren, die den Luftmolekülen, die die Trennbarriere passierten, Energie entzog, was die Innentemperatur um gute zehn Grad senkte. Er hatte einen Schwung davon angefordert. Mit etwas Glück trafen sie vielleicht ein oder zwei Tage vor Ende des Krieges ein.

Im grellen Lichtschein von Drongar Prime verfolgte er blinzelnd, wie der Transporter spiralförmig zum Landefeld hinunterschwebte. Er bemerkte, dass auch Zan, Tolk und ein paar andere die Lazaretteinheit verließen. Bei Flehr Sieben herrschte momentan eine Phase relativer Ruhe, was bedeutete, dass sich keine zugeteilten Patienten stauten, die auf eine Operation und medizinische Versorgung warteten, und dass sich die Chirurgen kein Rennen auf Leben und Tod mit der Zeit lieferten, um sie zu retten. Sie genossen die Ruhepause, solange sie währte.

Zwei Bothan-Techniker liefen zum Shuttle hinüber und sprühten die Außenhülle mit Sporendesinfektionsmittel ein. Jos wusste, dass diese spezielle Mischung von Chemikalien vermutlich noch einen Standardmonat lang Wirkung zeigen würde – ungefähr so lange dauerte es, bis die Sporen, die die Versiegelung des Schiffs angriffen, immun gegen das Spray wurden. Dann mussten verschiedene chemische Ausgangsstoffe modifiziert und die molekulare Zusammensetzung gerade genug verändert werden, um eine neue Behandlungsmethode hervorzubringen, die wieder Wirkung zeigen würde – zumindest für gewisse Zeit. Das Ganze war ein fortwährender Tanz zwischen den geordneten Mechanismen der Wissenschaft und dem blinden Opportunismus der Natur. Nicht zum ersten Mal fragte Jos sich, wie die Chancen dafür standen, dass die Sporen zu einem noch bösartigeren Krankheitserreger mutieren würden, der eine Lunge innerhalb von Sekunden und nicht Stunden ruinierte.

Dann öffnete sich das Schott der Raumfähre, genauso wie Jos’ Mund – vor Überraschung.

Der neue Arzt war eine Frau – und eine Jedi.

Die schlichte dunkle Kleidung und die Ausrüstung des Ordens waren unverkennbar, was auch für die Figur darunter galt, die unzweifelhaft weiblich war. Ihm war zu Ohren gekommen, dass es sich bei der neuesten Verstärkung für ihr Team um einen Mirialaner handelte – was im Grunde bedeutete: um einen Menschen, also um ein Mitglied der Spezies, der er selbst angehörte. Seine Vorfahren hatten sich vor langer Zeit in mehreren Enklaven quer durch die Galaxis ausgebreitet, um solche Welten wie Corellia, Alderaan, Kalarba und Hunderte anderer zu kolonisieren. Die Menschheit war von einem Spiralarm zum anderen allgegenwärtig, sodass es eigentlich keine große Überraschung war, hier auf einen weiteren Vertreter seiner Art – ob nun männlich oder weiblich – zu treffen.

Doch eine Jedi zu sehen, hier auf Drongar – das war überraschend.

Wie die meisten anderen Wesen, die intelligent genug waren, um sich Zugriff aufs HoloNet zu verschaffen, hatte auch Jos die Aufzeichnungen des Gefechts der Jedi in der Arena von Geonosis gesehen. Schon davor war der Orden nur sehr dünn über die Galaxis verteilt gewesen. Dennoch war eine Jedi hierher abkommandiert worden, zu Flehr Sieben, zu einer bunt zusammengewürfelten militärischen Feldlazaretteinheit der Republik, auf einen Planeten, der so weit abseits der bekannten Raumrouten lag, dass die meisten galaktischen Kartografen mindestens einen Parsec danebenliegen würden, wenn sie ihn lokalisieren sollten. Darauf hätte Jos sein letztes Hemd verwettet.

Er fragte sich, warum sie hier war.

Colonel D’Arc Vaetes, der menschliche Kommandant der Einheit, empfing die Jedi herzlich, als sie die Raumfähre verließ. »Willkommen bei Flehr Sieben, Jedi Barriss Offee«, sagte er. »Im Namen aller hier hoffe ich, dass Ihr …«

Doch bevor er seinen Satz zu Ende bringen konnte, hielt Vaetes inne, da in der dichten, feuchten Luft ein Geräusch lauter wurde – ein Geräusch, das jeder Einzelne von Flehr Sieben sehr gut kannte.

»Bergetransporter im Anflug!«, rief Tanisuldees, ein dresselianischer Soldat. Er war der Adjutant von Filba, dem Hutt-Versorgungsoffizier. Er wies nach Norden.

Jos schaute in die angezeigte Richtung. Ja, sie kamen, kein Zweifel – fünf Schiffe, schwarze Punkte vor dem Hintergrund des Himmels, der zu dieser Tageszeit eine schwach grünspanige Färbung besaß, wie die Algen, die die Oberfläche der Kondrus-See überzogen. Jeder Medibergetransporter konnte bis zu sechs verwundete Männer befördern – Klone und möglicherweise noch andere Kämpfer. Das bedeutete mindestens dreißig Verletzte, vermutlich ein oder zwei mehr.

Nach dem ersten Augenblick der Erkenntnis setzten sich alle zielstrebig in Bewegung. Jeder bereitete sich darauf vor, seine Pflicht zu tun. Zan und Tolk eilten im Laufschritt auf den Operationssaal zu. Jos war drauf und dran, ihnen zu folgen, drehte sich stattdessen jedoch um und ging rasch zu der Stelle hinüber, wo die Jedi stand, die leicht verwirrt dreinschaute.

Vaetes ergriff ihre Hand und wies auf Jos. »Jedi Offee, das ist Captain Jos Vondar, mein Chefchirurg. Er wird Euch einweisen und auf alles vorbereiten, was jetzt auf Euch zukommt.« Der Colonel seufzte. »Leider ist das etwas, woran wir alle hier schon ziemlich gewöhnt sind. Noch trauriger ist, dass Ihr Euch ebenfalls sehr schnell daran gewöhnen werdet.«

Jos war sich nicht sicher, was die angemessenen Benimmregeln bei der Begrüßung einer Jedi waren, doch er fand nicht, dass es viel Sinn hatte, sich jetzt darüber Gedanken zu machen. »Hoffen wir, dass die Macht mit Euch ist, Jedi Offee«, sagte er. Er musste die Stimme heben, um sich über das anschwellende Heulen der Repulsoren hinweg Gehör zu verschaffen. »Weil uns allen ein langer, heißer Tag bevorsteht.« Er eilte auf die offene Landezone in der Mitte des Lagers zu, wo die erste Selektion der Verwundeten durchgeführt wurde, sobald man sie aus den Transportern brachte.

Barriss Offee beeilte sich, um mit ihm Schritt zu halten. Er vertraute darauf, dass sie bereit war, das anzupacken, was immer auf sie wartete. Sie ist eine Jedi, sagte Jos sich. Sie hat wahrscheinlich das Zeug dazu zu tun, was nötig ist.

Er hoffte, dass dem so war – um ihretwillen und zum Wohle der Soldaten.

3. Kapitel

Das Vollspektrumlicht in seinem Büro war gedämpft – als Sakiyaner konnte Admiral Tarnese Bleyd im Infrarotbereich besser sehen als die meisten anderen Lebewesen, und er zog es vor, sich die grelle Helligkeit zu ersparen, die viele Spezies der Galaxis als Beleuchtung brauchten. Die meisten empfindungsfähigen Wesen betrachteten sich selbst bis zu einem gewissen Grad als aufgeklärt, doch für jene, die die Dinge wirklich so sehen konnten, wie sie waren, taumelte die übrige galaktische Bevölkerung halb blind umher. Bedauerlicherweise erwies sich die Blindheit der Massen für die wenigen Sehenden allzu oft als Nachteil.

Bleyd runzelte die Stirn. Er wusste, dass er einer der fähigsten Admiräle der Republik war: klug, gerissen und geschickt. Mit den richtigen Möglichkeiten hätte er es in kurzer Zeit mühelos bis an die Spitze der militärischen Befehlskette gebracht. Dann wäre er mittlerweile mindestens Flottenkommandant gewesen, vielleicht sogar Oberbefehlshabender eines Prioritätssektors. Stattdessen jedoch hatten seine Vorgesetzten es als angemessen erachtet, ihn auf diesem vom Schöpfer verlassenen, abgelegenen Planeten irgendwo im Nirgendwo aufs Abstellgleis zu schieben, damit er sich um die Leitung eines einfachen MediSterns kümmern konnte, einer Lazarettfregatte, die Feldlazaretteinheiten der Republik – Flehrs – in den Einsatz schickte, deren Aufgabe es war, Klone wieder zusammenzuflicken und eine einheimische Pflanze zu ernten.

Er fürchtete um die Stabilität eines Gemeinwesens, das imstande war, solche unüberlegten Entscheidungen zu treffen.

Bleyd stand auf und ging zu dem großen Transparistahlsichtfenster hinüber. Drongar füllte ein Viertel des Firmaments »unter« ihm. Sogar aus dem Orbit wirkte der Planet abscheulich und verseucht. Er wusste, dass der Himmel von der Oberfläche aus betrachtet eine kränkliche kupferfarbene Tönung besaß, die von den Sporenwolken herrührte, die konstant in der oberen Atmosphäre trieben, und von der ungezügelten, beinahe virulenten Vegetation, die alles überwucherte.

Er fröstelte und rieb sich die Oberarme. Seine Haut besaß die Farbe und Textur alter, gebürsteter Bronze, doch das bedeutete nicht, dass Tarnese Bleyd nicht gelegentlich auch die Kälte spürte. Und das, obwohl die Temperatur auf angenehme achtunddreißig Grad Celsius eingestellt war.

Die einzigen Bereiche des Planeten mit seinen ausgedehnten, Kontinente übergreifenden Urwäldern und Feuchtgebieten, die ihn entfernt an die Steppen seines Heimatplaneten erinnerten, waren die wenigen isolierten Flecken, wo das Bota wuchs. Diese Stellen konnte er vom Orbit aus nicht einmal ausmachen. Die mit Abstand größten Felder befanden sich auf Tanlassa, der größeren der beiden Landmassen in der südlichen Hemisphäre. Die Jasserak-Schlacht – und damit das gegenwärtig einzige akute Kampfgebiet auf dem Planeten – wurde am Westufer von Tanlassa ausgetragen.

Bleyd wandte sich vom Sichtfenster ab und vollführte eine Handbewegung. Vor ihm erschien eine holografische Anzeige, die ihm eine durchscheinende Abbildung des rotierenden Planeten zeigte. Zu beiden Seiten der Weltkugel kaskadierten alphanumerische Kartenerklärungen. Der Admiral brütete über den Daten. Die meisten davon kannte er auswendig, und dennoch fühlte er sich häufig versucht, sie sich noch einmal anzusehen. Irgendwie war es beruhigend, alles über den Planeten zu wissen, der ihn reich machen würde.

Dem Nikto-Aufklärungsteam zufolge, das das System vor annähernd zwei Jahrhunderten überhaupt erst entdeckt hatte, war Drongar eine relativ junge Welt, mit einem Durchmesser von 6259 Kilometern und einer Oberflächenschwerkraft von 1,2 Standard-G. Der Planet besaß zwei kleine Monde – eigentlich nichts weiter als Asteroiden, die von der Gravitation »gefangen gehalten« wurden. In diesem System gab es noch drei andere Planeten, allesamt Gasriesen, die in den Außenbereichen kreisten, was bedeutete, dass Drongar vor Meteor- und Kometeneinschlägen gut geschützt war. Der Stern Drongar Prime war schätzungsweise genauso groß wie Coruscant Prime, brannte jedoch heißer. Das erklärte Drongars gegenwärtige, fast tropische Klimazonierung. Allerdings bedeutete das Fehlen eines großen Mondes, um die Schieflage des Planeten zu stabilisieren, dass Drongar in ein paar Millionen Jahren vermutlich zu einer »Schneeball«-Welt werden würde, auf der es so kalt oder noch kälter wäre als auf Hoth.

Bleyd vollführte eine weitere Geste, und das Holo verschwand. Er dachte an Saki, seinen Heimatplaneten. Gewiss, dort war es ebenfalls größtenteils tropisch, mit großen Dschungel- und Marschflächen – aber anders als auf Drongar. Selbst Neimoidia und Saki zusammen konnten in puncto stinkender, widerlicher Gebiete nicht mit Drongar mithalten.

Auf Saki gab es auch Wälder, Savannen und Seen … und im Gegensatz zu Drongar hatte Saki eine stabile Achse, verankert durch die Gravitation eines einzelnen, großen Mondes. Aus diesem Grunde waren die saisonalen Unterschiede auf Saki gering. Die Luft war süß, und man konnte gut jagen. Saki Prime war ein älterer Stern, dessen Farbspektrum eher zum Rötlichen tendierte. Von der Oberfläche des Planeten sah der Stern aus wie ein angeschwollenes, purpurnes Juwel, das am azurblauen Himmel hing.

Bleyd hatte gelegentlich mitbekommen, wie jemand sagte, dass Sakiyaner zu engstirnig seien – dass sie es vorzogen, auf ihrer eigenen Welt zu bleiben, anstatt sich in die Galaxis hinauszuwagen und mit den großen Jungs zu spielen. Er ging nie auf diese Vorwürfe ein. Er wusste, dass die meisten der empfindungsfähigen Wesen, die solche Behauptungen vorbrachten, verstehen würden, warum so wenige Kinder des Planeten Saki jemals verlassen wollten, wenn sie die Chance hätten, auch nur einen einzigen Tag dort zu verbringen.

Gewiss, er war fortgegangen – aber nur, weil die Umstände ihn dazu gezwungen hatten, sein Glück andernorts zu suchen. Sein Sippenvater, Tarnese Lyanne, hatte massiv in verschiedene Schwarzmarkt- und Schmuggelunternehmungen investiert – viel zu massiv. Shiltu der Hutt, ein Vigo der Schwarzen Sonne, hatte Lyanne aufs Kreuz gelegt. Der Tarnese-Clan war ruiniert worden – und Bleyd war aufgebrochen, um seinen Dienst in der republikanischen Armee anzutreten.

Doch eines Tages würde er zurückkehren. Daran bestand kein Zweifel. Und er würde mit Stil zurückkehren.

Die Sakiyaner waren eine stolze und raubtierhafte Spezies – Bleyds Vorfahren waren legendäre Jäger. Seine Monthræl gebot es ihm, zu einer ebensolchen Legende zu werden, wie sie es waren.

Bleyd hörte auf, in Erinnerungen zu schwelgen. Er konnte es sich jetzt nicht leisten, unaufmerksam zu sein. Eine Entscheidung musste getroffen werden, eine Entscheidung, die den restlichen Verlauf seines Lebens bestimmen würde.

Allerdings blieb ihm tatsächlich bloß eine einzige Wahl. Falls die Republik außerstande oder nicht bereit dazu war, seine Fähigkeiten zu erkennen, dann war das ein Verlust für die Republik, nicht für ihn. Immerhin hatte er die ganze Zeit über gewusst, dass es an ihm war sicherzustellen, aus diesem Krieg weiser hervorzugehen – und wohlhabender.

Viel wohlhabender.

Mit genügend Credits konnte Bleyd die Besitztümer seines Clans zurückerlangen. Es war zu spät, um mit einiger Verspätung Rache an Shiltu zu nehmen – der alte Gestrauchelte war bereits ein Jahrzehnt zuvor an plötzlicher, massiver zellulärer Hämorrhagie verreckt, einer Art Ganzkörper-Schlaganfall, der dem Leben des Hutts Bleyds Ansicht nach ein viel zu rasches und schmerzloses Ende bereitet hatte.

Doch vielleicht war es gut, dass er dieser Versuchung nicht erliegen konnte. Er wusste, dass Vergeltung ein kostspieliger und gefährlicher Luxus war. Den Krieg als reicher Mann hinter sich zu lassen würde seine beste Rache an einem Militär sein, das zu dumm war zu erkennen, was es an ihm hatte.

Falls Filba sich weiterhin als zuverlässig erwies …

Die Ironie, die der Umstand barg, einem anderen Hutt zu vertrauen, um erneut mit der Schwarzen Sonne Geschäfte zu machen, entging Bleyd nicht. Die Sache war riskant – sehr riskant. Sich mit der Schwarzen Sonne zu verbünden war wie ein Glücksspiel mit einem Wookiee: Selbst wenn man wusste, dass er einen betrog, war es manchmal besser, ihn einfach gewinnen zu lassen. Allerdings stand zu viel auf dem Spiel, um jetzt noch einen Rückzieher zu machen. Dank der Credits, die er hierbei verdienen konnte, würde er eine wohlhabende Persönlichkeit werden, vielleicht sogar in die Politik gehen. Er schloss die Augen und malte es sich aus: der reiche Senator von Saki, mit seinem eigenen prunkvollen Turm auf Coruscant, der mit seinen Entscheidungen die Leben von Billionen beeinflusste … An so einen Lebensstil konnte er sich mit Sicherheit gewöhnen.

Ja, es war riskant. Das war es immer, wenn man ganz oben mitmischen wollte. Doch er hatte in den Staubgruben von Yurb Messerschwanztiger gejagt. Er hatte gegen Lyniks gekämpft, die sein Blut gekostet hatten und deshalb jeden Schritt kannten, den er machen würde. Er hatte sogar einen Nexu eingefangen, eins der bösartigsten Raubtiere der Galaxis.

Er war mehr als fähig, selbst eine vielköpfige Bestie wie die Schwarze Sonne zu überlisten.

Sein Sekretärdroide erschien im Türrahmen. »Admiral, Sie baten mich darum, Sie an die Zeit zu erinnern.«

Bleyd starrte den Droiden düster an, verärgert darüber, aus seinen Visionen des Ruhms herausgerissen zu werden. »Ja, ja. In Ordnung, jetzt hast du mich daran erinnert. Kümmer dich weiter um deine Angelegenheiten!«

Der Droide, eine Standard-Protokolleinheit, schlurfte rasch davon. Er wusste, dass es unklug war zu zögern, wenn Bleyd einem sagte, man solle verschwinden.

Der Admiral blickte auf seinen Schreibtisch mit den Flimsistapeln und Bergen von Datapads hinab, die sich darauf türmten. Bleyd machte sich an die Arbeit. Es würde am besten sein, einen klaren Verstand zu haben, unbelastet von trivialen Angelegenheiten, damit er sich auf seine Pläne konzentrieren konnte. Er musste dafür sorgen, dass die Dinge auch weiterhin glattliefen. Es stand zu viel auf dem Spiel, als dass er sich zu diesem Zeitpunkt irgendwelche Fehler erlauben konnte. Bleyd dachte an die Milliarden von Credits, die ihm das Vorhaben des Hutts einbringen würde. Diese Milliarden würden ihm das Obergeschoss einer Monade in Coruscants prestigeträchtigem Äquatorialgürtel verschaffen – und Diener, die jeder seiner Launen Rechnung trugen. Die Mittel, um all das zu erlangen, waren da – alles, was er tun musste, war, den Mut aufzubringen, die Gelegenheit beim Schopf zu packen.

Den Dhur stolzierte in die Cantina.

Eigentlich war es kein richtiges Stolzieren. Immerhin war er ein Sullustaner, der den meisten der Gäste im Inneren gerade bis zur Hüfte reichte und kaum die Hälfte ihres Gewichts auf die Waage brachte. Es war verständlich, dass die Gespräche nicht verstummten und sich keine Köpfe umdrehten, um seinen Auftritt zu dokumentieren. Damit konnte er leben.

Schwerer war es, sich mit den Lichtern und dem Lärm abzufinden. Auf jedem Tisch standen fluoreszierende Kugeln, und aus einer Quadrobox nahe der Tür dröhnte etwas Lautes, Pochendes und Synkopisches, das sie heutzutage Musik nannten. Was für eine Überraschung, sagte er sich. Eine laute Cantina. Wer hätte das gedacht? Allerdings machte der Umstand, dass das Gedröhne belanglos war, es nicht weniger unangenehm.

Zu dem Krach, der aus den Lautsprechern hämmerte, gesellte sich der Lärm der Gäste. Die meisten davon waren Soldaten, und alle unterhielten sich lautstark, was die Kakofonie bloß noch verschlimmerte. Wie alle Sullustaner, die sich an das Leben unter der Erde angepasst hatten, besaß Den verglichen mit den meisten anderen empfindungsfähigen Wesen relativ große Augen und feine Ohren. Er trug polarisierte Hornhautlinsen und Schalldämpfer, aber er wusste, dass er dennoch mörderische Kopfschmerzen bekommen würde, wenn er zu lange hier drin blieb. Andererseits war er Reporter, und an Orten wie diesem hörte man die interessantesten Geschichten. Vorausgesetzt, dass man bei diesem Getöse überhaupt etwas hören konnte …

Er stieg die Rampe zur Bar hinauf, die für kleinere und beinlose Spezies konstruiert worden war, was ihm genügend Höhe verschaffte, um ihn auf Augenhöhe mit dem Wirt zu bringen, den er mit einem Winken zu sich rief.

Der Wirt, ein phlegmatischer Ortolaner, kam herüber. Er sah Den an, ohne ein Wort zu sagen – zumindest sagte er nichts, das Den hören konnte. Die meisten Ortolaner unterhielten sich in akustischen Ultrahoch- oder Ultraniedrigfrequenzen. Selbst die Lauscher des Sullustaners, so scharf er damit auch hören mochte, waren nicht so gut wie die blauen Schlappohren des Barmanns. Den war sich sicher, dass der untersetzte Fremdweltler mit seinem langen Rüssel ebenso leistungsfähige Schalldämpfer trug wie er selbst, wenn nicht noch bessere.

Glücklicherweise verfügten die Dämpfer über eine selektive Blockfunktion – entweder das, oder der Ortolaner verstand sich aufs Lippenlesen, denn kaum hatte Den »Bantha-Blaster« gesagt, begann der Wirt auch schon, Flüssigkeiten in ein Glas zu gießen, um ein sprudelndes orange-blaues Gebräu zusammenzumixen. Den bemerkte, dass er ziemlich gut war. Innerhalb weniger Sekunden reichte der Ortolaner Den das Getränk. »Zum Wohl!«, meinte der Wirt. Seine Stimme war tief und nachhallend.

Den nickte. Er nahm einen langen, langsamen Schluck. Ah …

Der erste Drink des Tages war stets der beste. Nach einigen mehr konnte man sie nicht mehr so richtig schmecken.

Er nahm genügend Züge, dass die grellen Lichtsäume ein wenig abgeschwächt wurden, bevor er sich umschaute. Das Erste, was ein guter Reporter tat, den es auf einen neuen Planeten verschlug, war, die örtlichen Lokale aufzusuchen. In Cantinas gingen mehr Geschichten um als irgendwo sonst. Dieser Laden machte mit Sicherheit nicht viel her: ein baufälliges Formschaumgebäude inmitten eines Sumpfs – bei der Landung des Shuttles war Den aufgefallen, dass der Großteil des Planeten entweder aus Dschungel oder aus Sumpf zu bestehen schien –, das so hergerichtet worden war, um die Armee und allerlei Hilfspersonal zu versorgen. Da dies eine Feldlazaretteinheit war, handelte es sich bei Letzteren wohl vornehmlich um Ärzte.

Draußen zuckten Blitze und ließen ihm in den Augen vorübergehend alles mit einem schwachblauen Nachglühen erscheinen. Beinahe gleichzeitig dröhnte Donner, der ihm trotz der Dämpfer in den Ohren schmerzte. Wenn das Wetter hier genauso funktionierte wie auf den meisten anderen Planeten, die Den kannte, dann bedeutete das Rumpeln, das den Himmel zerriss, dass es gleich regnen würde. Er verfolgte, wie sich die meisten Besucher der Cantina einen neuen Platz suchten. Oh, oh. Das Dach ist leck. Zweifellos kannten die Stammgäste die Stellen, an denen das Wasser durchtropfen würde. Er sah zu, wie sich in der Menge Lücken auftaten, als sie sich mit fast unbewussten Bewegungen in andere Bereiche verzogen. Der Regen kommt, bleib nicht da stehen, sonst wirst du klatschnass! Es sei denn natürlich, man gehörte einer Wasserspezies an. In diesem Fall waren die undichten Stellen heiß begehrt. Des einen Freud, des anderen Leid …

Ein weiterer Donnerschlag – ein Geräusch, das sich merklich von dem von Artillerie unterschied, wie jeder wusste, der so viel Zeit in Kriegszonen verbracht hatte wie er – ertönte. In der vorübergehenden Stille, die darauf folgte, prasselten erste Vorboten des Unwetters auf das Formschaumdach. Innerhalb von Sekunden tat sich der Himmel auf, und das Trommeln des Regens wurde zu einem konstanten Sperrfeuer.

Und genau, wie er es erwartet hatte, begann die Feuchtigkeit durch die Lecks zu strömen.

Der Großteil des Wassers sammelte sich in Pfützen auf dem Boden, ohne irgendwen zu treffen, als es wasserfallartig nach unten platschte. Hier und da jedoch wurde ein Neuling von den Sturzbächen überrascht und erntete durchnässt Gelächter von seinen Kameraden. Am Ende der Theke streifte ein Ishi-Tib-Mechaniker seinen von Schmieröl befleckten Overall ab und tanzte unter einem steten Strom, um im Takt der Musik seine Augenstiele zu bewegen und mit dem Schnabel zu klackern.

Den schüttelte den Kopf. Was für ein Leben! Cantina-Herumschnüffeln in irgendeinem weiteren Drecksloch, und alles im Dienste des öffentlichen Interesses.

Eine Woge heißer, feuchter Luft wirbelte über ihn hinweg, als sich die Türversiegelung teilte. Ohne sich auch nur umzudrehen, wusste Den, wer da gerade hereingekommen war. Das verriet ihm der Geruch nach feuchtem Hutt, der plötzlich den Raum erfüllte.

Der Hutt schüttelte sich, ignorierte die verärgerten Blicke und Ausrufe, die das umherspritzende Wasser bei den Gästen in der Nähe hervorrief, und glitt auf die Theke zu. Er kam auf Bodenhöhe neben Den zum Stillstand.

Den trank den Rest von seinem Drink und nahm sich einen Moment, um sich zu sammeln, bevor er den Hutt ansah. »Filba«, sagte er, »na, wie läuft’s?«

Der Hutt schien nicht überrascht, ihn hier zu sehnen – zweifelsohne war er über das Eintreffen der Presse unterrichtet worden. Er hatte kaum einen Blick für Den übrig. »Dhur! Warum bist du nicht irgendwo da draußen und denkst dir noch mehr Lügen über unser rechtschaffenes, hart arbeitendes Volk aus?«

Den lächelte. »Die kann ich mir genauso gut in einer trockenen – na ja, vergleichsweise trockenen – Cantina ausdenken.« Rechtschaffenes, hart arbeitendes Volk, meine Güte, dachte er. Vermutlich wäre der riesige Bauchfüßler ebenso verschrumpelt und verreckt wie seine entfernten Verwandten, wenn man sie mit Salz überzog, wäre so etwas wie ehrliche, harte Arbeit auch nur in Filbas Nähe gekommen.

Der Wirt trat zu ihnen. »Dopa boga noga«, knurrte Filba auf Huttesisch und hielt zwei Finger hoch.

Der Wirt nickte und goss etwas Gelbes und Sprudelndes in zwei Krüge, die er vor den Hutt stellte. Filba schüttete beide hinunter, ohne zwischen den Krügen kaum einen Atemzug zu nehmen.

»Wie ich sehe, gehörst du nicht zu denen, die einen Drink in Ruhe genießen«, meinte Den.

Filba drehte ein gewaltiges, gallertartiges Auge in seine Richtung. »Hutt-Bier muss man schnell trinken«, erklärte er. »Andernfalls frisst es sich durch den Krug.«

Den nickte mit weisem Verständnis. Der Wirt füllte sein Glas erneut, und der Reporter hob es. »Auf den Krieg und die Steuern!«, rief er und trank.

»Koochoo«, murmelte Filba. Den war nicht bewandert genug in Huttesisch, um das Wort zu erkennen, doch Filbas Tonfall nach zu urteilen klang es wie eine Beleidigung. Natürlich klang das meiste von dem, was Filba sagte, wie eine Beleidigung. Der Sullustaner zuckte mit den Schultern. Entweder hatte Filba nach wie vor ein Problem mit ihm, oder er ließ einfach bloß Dampf ab. So oder so machte Den sich keine nennenswerten Sorgen. Seiner Erfahrung nach gab es in dieser Galaxis nur sehr wenige Probleme, die sich nicht durch großzügige Mengen Alkohol oder seine vielen Pendants lösen oder zumindest in die richtige Perspektive rücken ließen.

Der Regen hörte fast genauso abrupt auf, wie er eingesetzt hatte. Den musterte die Pfützen auf dem Boden in dem Wissen, dass es Tage dauern würde, bis sie in der feuchten Luft verdunsteten, und lange, bevor es so weit war, würde es von Neuem regnen. Er fragte einen Bothaner, der einige Schritte entfernt an der Theke stand: »Warum platziert ihr Jungs kein Kraftfeld über diesem Laden, um ihn trocken zu halten?«

Der Bothaner sah ihn an. »Ich sag dir was: Wenn du eins von der Zentrale beschaffen kannst oder hier eins findest, das noch nicht verwendet wird, dann würde ich das nur zu gern machen. Und spar dir den Vorschlag, das Dach auf die altmodische Art zu reparieren – das tun wir ständig. Sobald wir ein Loch geflickt haben, fressen diese verfluchten Sporen ein neues.«

Den zuckte wieder mit den Schultern – er hatte das Gefühl, dass er das auf Drongar noch sehr häufig tun würde – und wandte sich wieder seinem Drink zu. Doch bevor er seinem Glas die Aufmerksamkeit schenken konnte, die es verdiente, bemerkte er eine Gruppe, die einige Meter entfernt an einem Tisch saß. Sie waren zu viert: zwei Männer und zwei Frauen. Einer der Männer war ein Zabrak, die übrigen waren Menschen. Den zog ein schiefes Gesicht. Obgleich er versuchte, unvoreingenommen und tolerant zu sein, musste er zugeben, dass er für Menschen nur wenig übrig hatte. Sie neigten dazu, lauter zu sein als die meisten anderen Spezies, und wann immer es an einem Ort wie diesem Krawall gab, steckte für gewöhnlich ein Mensch mitten drin. Er erinnerte sich an dieses eine Mal auf Rudrig, als …

Er blinzelte.

Eine der Menschenfrauen trug die Gewänder und Insignien einer Jedi.

Daran bestand kein Zweifel. Der schlichte, dunkle Kapuzenmantel, das Lichtschwert, das von ihrem Gürtel hing, und vor allem anderen etwas ebenso Undefinierbares wie Unverkennbares an der Art und Weise, wie sie sich gab – all diese Dinge identifizierten sie so sicher, als würde über ihrem Kopf ein Neonholo mit dem Wort JEDI blinken. Den wusste, dass der Orden in letzter Zeit ziemlich häufig in den Holonachrichten gewesen war. Er spürte, wie sich sein Puls ein wenig beschleunigte, als er an die möglichen Gründe dafür dachte, dass sie hier war, auf Drongar. Hatte das möglicherweise etwas mit dem Bota zu tun? Oder ging es um etwas Geheimeres, um etwas Verstohleneres …?