Star Wars: Schablonen der Macht - Coruscant Nights 3 - Michael Reaves - E-Book

Star Wars: Schablonen der Macht - Coruscant Nights 3 E-Book

Michael Reaves

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Beschreibung

Der ehemalige Jedi Jax Pavan fristet sein Dasein als Privatdetektiv in den unergründlichen Slums von Coruscant. Wohlwissend, dass ein gefangener Jedi bald schon ein toter Jedi ist, versucht er, möglichst unentdeckt zu bleiben. Als er aber der Ursache für den Tod seines Vaters näher kommt und gleichzeitig in die Pläne zur Ermordung des Imperators verstrickt wird, ist er gezwungen, aus den Schatten zu treten.

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AUSSERDEMBEIPANINIERHÄLTLICH

Star Wars:CORUSCANTNIGHTS Band 1 – Im Zwielicht

Michael Reaves – ISBN 978-3-8332-2906-0

Star Wars:CORUSCANTNIGHTS Band 2 – Straße der Schatten

Michael Reaves – ISBN 978-3-8332-2983-1

William Shakespeares Star Wars:Fürwahr eine neue Hoffnung

Ian Doescher – ISBN 978-3-8332-2866-7

William Shakespeares Star Wars:Das Imperium schlägt zurück

Ian Doescher – ISBN 978-3-8332-3017-2

Star Wars:GALAXIES – Aus den Trümmern Dantooines

Voronica Whitney-Robinson – ISBN 978-3-8332-2907-7

Star Wars:THEOLDREPUBLIC – Eine unheilvolle Allianz

Sean Williams – ISBN 978-3-8332-2036-4

Star Wars:THEOLDREPUBLIC – Betrogen

Paul S. Kemp – ISBN 978-3-8332-2249-8

Star Wars:THEOLDREPUBLIC – Revan

Drew Karpyshyn – ISBN 978-3-8332-2373-0

Star Wars:THEOLDREPUBLIC – Vernichtung

Drew Karpyshyn – ISBN 978-3-8332-2608-3

Star Wars:IMPERIALCOMMANDO Band 1 – Die 501.

Karen Traviss – ISBN 978-3-8332-1935-1

Star Wars:REPUBLICCOMMANDO Band 1 – Feindkontakt

Karen Traviss – ISBN 978-3-8332-1199-7

Star Wars:REPUBLICCOMMANDO Band 2 – Triple Zero

Karen Traviss – ISBN 978-3-8332-1366-3

Star Wars:REPUBLICCOMMANDO Band 3 – True Colors

Karen Traviss – ISBN 978-3-8332-1653-4

Star Wars:REPUBLICCOMMANDO Band 4 – Order 66

Karen Traviss – ISBN 978-3-8332-1735-7

Nähere Infos und weitere Bände unter:

www.paninicomics.de

SCHABLONEN DER MACHT

Coruscant Nights 3

Von Michael Reaves

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Titel der Amerikanischen Originalausgabe: „Star Wars: Coruscant Nights III – Patterns of Force“ by Michael Reaves, A Del Rey ® Book, published by The Random House Publishing Group.

© & TM 2015 Lucasfilm Ltd.

Deutsche Ausgabe 2015 by Panini Verlags GmbH, Rotebühlstraße 87,

70 178 Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten.

Geschäftsführer: Hermann Paul

Head of Editorial: Jo Löffler

Head of Marketing: Holger Wiest (email: [email protected])

Presse & PR: Steffen Volkmer

Übersetzung: Andreas Kasprzak

Lektorat: Thomas Gießl für Grinning Cat Productions

Umschlaggestaltung: tab indivisuell, Stuttgart

Satz und E-Book: Greiner & Reichel, Köln

YDSWCN003E

ISBN 978-3-8332-3189-6

Gedruckte Ausgabe: ISBN 978-3-8332-2984-8

Findet uns im Netz:

www.paninicomics.de

PaniniComicsDE

Für Christopher Drozd.

 

DRAMATISPERSONAE

Darth Vader; Sith-Lord und rechte Hand des Imperators

Dejah Duare; Empathin, ehemalige Geschäftspartnerin des Lichtkünstlers Ves Volette (Zeltronerin)

Den Dhur; ehemaliger Journalist (Sullustaner)

Haninum Tyk Rhinann; ehemaliger Adjutant Darth Vaders (Elomin)

I-5YQ; empfindungsfähiger Protokolldroide

Jax Pavan; Jedi-Ritter (Mensch)

Kajin Savaros; unausgebildeter Machtnutzer (Mensch)

Laranth Tarak; Graue Paladin (weibliche Twi’lek)

Pol Haus; Polizeipräfekt (männlicher Zabrak)

Probus Tesla; Inquisitor (männlicher Mensch)

Thi-Xon-Yimmon; Anführer der Peitsche (Cereaner)

Tuden Sal; Partisan der Peitsche (Sakiyaner)

Deine Wahrnehmung bestimmt deine Realität.MEISTERQUI-GONJINN

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …

PROLOG

Die Stimmen hoben und senkten sich um ihn, aber er achtete kaum darauf. Anfangs hatte er versucht, zuzuhören, aber als das Wort Schmuggler gefallen war, hatte Haninum Tyk Rhinann jegliches Interesse an der Missionsbesprechung verloren und sich in Gedanken wieder einem Rätsel gewidmet, das er aus ganz persönlichen Gründen zu lösen versuchte. Der Auftrag, über den die anderen diskutierten – der Mord an einem unbedeutenden Wesen, das in den Schmuggel einer besonders süchtig machenden Form von Gewürz verwickelt gewesen war –, war nur für den örtlichen Polizeipräfekten, Pol Haus, von Bedeutung. Mit anderen Worten, es war von keinerlei Bedeutung, weder örtlich, noch kosmisch.

Beinahe war Rhinann versucht, sich die Finger in die haarigen Ohren zu stecken, um das nervenzehrende Knirschen auszusperren, das der Präfekt seine Stimme nannte. Früher, als Haninum noch der persönliche Adjutant Darth Vaders gewesen war, hätten sich alle vier seiner Mägen mit Säure gefüllt, hätte er auch nur den Gedanken an einen solchen Verstoß gegen die Etikette zugelassen, aber inzwischen musste er sich eingestehen, dass ihn die Etikette nicht mehr kümmerte. Stattdessen wünschte er sich, er hätte selbstverschließende Ohrmuscheln wie die Niederen Houdoggin von Klatooine, denn dann könnte er Haus’ Worte ebenso problemlos ignorieren, wie er seinen abstoßenden Anblick auszublenden vermochte, indem er die Augen schloss.

Der Präfekt war das wohl erbärmlichste Exemplar eines Zabrak in der gesamten Galaxis. Während seiner gesamten Zeit in Diensten des Imperiums war Rhinann keinem Vertreter dieser Spezies begegnet, der derart schmuddelig auftrat. Das Haar des Polizisten – zumindest die paar Strähnen, die zwischen seinen Hörnern wuchsen – war so durcheinander, als würde er immer wieder mit den Fingern hindurchfahren; seine Kleider waren zerknittert und unordentlich; seine Haltung war so gelassen, dass es fast schon aussah, als hätte er einen Buckel; und seine schweren, herabhängenden Lider vermittelten den Eindruck, als würde er jeden Moment einschlafen.

Haninum hatte einmal ein Gerücht gehört, wonach seine Spezies, die Elomin, die Abkömmlinge einer Gruppe von Zabrak sein sollte, welche vor zahllosen Jahrtausenden die Oberfläche von Elom kolonisiert hatten. Jetzt in der Gegenwart des Präfekten ausharren zu müssen, erweckte den Wunsch in ihm, die Person zu finden, die diese lächerliche Lüge in die Welt gesetzt hatte, und sie mit einer Rakete ins Herz einer Sonne zu schießen.

Rhinann rutschte auf dem Sessel vor seinem Arbeitspult nach hinten, als ihm bewusst wurde, dass seine Gedanken immer weiter abschweiften, wie ein Kind, das tiefer und tiefer in das Holo-Labyrinth eines Vergnügungsparks hineinirrte. Falls das so weiterging, würde er vermutlich irgendwann den Verstand verlieren. Was eigentlich nicht weiter überraschend wäre, wenn man bedachte, mit welchen Personen er sich nun abgeben musste.

Voller Verachtung blickte er zu den anderen Wesen hinüber, die sich in dem spärlich eingerichteten Hauptzimmer der Mietwohnung versammelt hatten. So etwas nannte man wohl eine buntgemischte Truppe. Neben dem Zabrak-Präfekten, der in der Mitte des Raumes stand, war da noch ein Mensch – mehr noch, einer der Jedi, die vor dem Imperium in den Untergrund geflüchtet waren –, der auf der einen Seite eines niedrigen Sofas saß und immer wieder zu der Frau auf der anderen Seite hinüberlinste; eben diese Frau, eine Zeltronerin, die nicht nur aussah, als würde sie Ärger anziehen, wo immer sie auftauchte; ein sullustanischer „Journalist“ namens Den Dhur – falls man sensationsheischende, schlagzeilenlüsterne Poodoo als Journalismus bezeichnen wollte (Rhinann hatte sich einige seiner Artikel in den Archiven des HoloNetzes durchgelesen, und diese Ergüsse mit dem huttischen Wort für Exkrement zu bezeichnen, war seiner Meinung nach äußerst großzügig). Und dann war da noch die Gestalt, der der Elomin ursprünglich seine Gedanken gewidmet hatte: der Protokolldroide I-5YQ, den alle einfach nur I-Fünf nannten.

Rhinanns Augen wurden schmal, als sein Blick den Droiden streifte. I-Fünf hatte einst Jax Pavans Vater, Lorn, gehört – das heißt, wenn man den Worten der Protokolleinheit Glauben schenkte, waren sie wohl eher so etwas wie Partner und Freunde gewesen. Die intelligente Maschine war mit Den Dhur und einem seltenen botanischen Wundermittel namens Bota nach Coruscant gekommen, um Jax, den Sohn seines ehemaligen Gefährten, aufzuspüren. Je nachdem, wem man glaubte, war der machtempfängliche Junge entweder in die Obhut des Jedi-Tempels gegeben oder als Kleinkind vom Orden entführt worden. Und obwohl I-Fünfs Gedächtnis beinahe vollständig gelöscht worden war, hatte er einen Teil davon irgendwie wiederhergestellt und beschlossen, seine Mission zu vollenden, auch, wenn es ihn zwei Jahrzehnte gekostet hatte, Jax zu finden …

All diese Dinge hatte Rhinann durch seine behutsamen Nachforschungen in Erfahrung gebracht. Er vermutete – nein, allein der Gedanke daran, Vermutungen nachzugehen, bereitete ihm Übelkeit; er betrachtete diese Art von Gedankengängen lieber als kreative Hochrechnung –, dass I-Fünf irgendwie einen Zyklus abgeschlossen hatte, der von Pavan über seinen verstorbenen Vater, einen mysteriösen Sith-Attentäter und den neuen Dunklen Lord, Darth Vader, dem der Elomin bis vor Kurzem noch gedient hatte, zurück zu Jax führte. Seine tagtäglichen Beobachtungen hatten Haninum außerdem zu der Überzeugung gebracht, dass der Droide mehr war als nur eine Maschine.

Doch so faszinierend das auch sein mochte, im Augenblick interessierte Rhinann aber eher eine andere Frage, nämlich die, ob die Protokolleinheit noch im Besitz des Bota war, oder ob sie es inzwischen Pavan übergeben hatte.

Der Elomin hatte lange versucht, sich einzureden, dass sein Interesse an dieser Substanz rein kommerzieller Natur war, aber jetzt, wo ihre bunt zusammengewürfelte Truppe dank des jüngsten Mitglieds – der Zeltronerin, Dejah Duare – über schier unbegrenzte finanzielle Mittel verfügte, konnte er sich nicht länger hinter dieser Motivation verstecken. Er musste sich eingestehen, dass er das Bota aus persönlichen Gründen haben wollte, aber dennoch, oder vielleicht gerade deswegen, war sein Verlangen danach nur umso größer.

Die wenigen Texte, die er im HoloNetz zu diesem Thema gefunden hatte, stimmten alle darin überein, dass das Bota geradezu wundersame Eigenschaften besaß, die bei der Heilung von Wunden und Krankheiten behilflich waren. Die Wirkung war zwar von Spezies zu Spezies unterschiedlich – und in einigen, seltenen Fällen, konnte sie sogar nachteilig sein –, dennoch kam es einem Allheilmittel näher als jede andere Substanz in der Galaxis … so stand es zumindest in den zwanzig Jahre alten Aufzeichnungen aus einer der mobilen Lazaretteinheiten, welche in den Klonkriegen eingesetzt worden waren. Das Bota konnte so vieles für so viele Wesen sein. Wenn man es einem Patienten verabreichte, erkannte es, was in seinem Körper nicht stimmte, und in neunundneunzig Prozent aller Fälle behob es die Schädigung.

Leider war diese unglaubliche Substanz inzwischen kaum mehr als eine historische Fußnote, denn die Bota-Pflanze entwickelte sich unablässig weiter, und von Phase zu Phase veränderten sich ihre Eigenschaften. Was einst ein begehrtes medizinisches Wunder gewesen war, hatte seinen heilenden Effekt verloren und war heute kaum mehr als Unkraut. Nur die wenigsten wussten, dass sie je etwas anderes gewesen war.

Haninum Tyk Rhinann war einer dieser wenigen.

Was das Bota für ihn so interessant machte, waren aber nicht seine medizinischen Anwendungsmöglichkeiten, und es war auch nichts, was er bei seinen Nachforschungen im HoloNetz entdeckt hatte. Nein, von dieser speziellen Eigenschaft hatte er, wie er zu seiner eigenen Schande gestehen musste, nur erfahren, weil er eine Unterhaltung zwischen I-Fünf und Jax Pavan belauscht hatte. Es ging dabei um eine Verbindung mit der Macht, oder genauer, die Intensivierung einer solchen Verbindung – vorausgesetzt natürlich, die betreffende Person verfügte über ausreichend Midi-Chlorianer in ihrem Blut, um die Macht wahrnehmen zu können. Rhinanns eigener Midi-Chlorianer-Wert war leider sehr gering … aber könnte es nicht sein, dass der Bota-Extrakt ihn mit der allumfassenden galaktischen Macht in Berührung zu bringen vermochte?

Seine Spezies war für ihren Fatalismus bekannt, und darum hatte er sich schon vor langer Zeit damit abgefunden, dass er in Armut und Elend sterben würde, aber vor seinem Tod wollte er zumindest einmal die Macht kosten, eins mit ihrer Energie und dem Universum werden; nur einmal die Kraft und die Fähigkeiten besitzen, die nötig wären, um all jene zu bestrafen, die für seinen Niedergang verantwortlich waren. Nur einmal wollte er …

„Ich sagte, ‚Ist das nicht dasselbe, was du herausgefunden hast, Rhinann?‘“

Der Elom blinzelte und sah zu Jax Pavan hinüber, der seine Frage wohl bereits mehrmals wiederholt haben musste, ehe seine Stimme eine ausreichende Lautstärke erreicht hatte, um Rhinanns Gedankengänge zu durchdringen. Der junge Jedi war für gewöhnlich eher ein Mensch der leisen Töne und der milden Gesten – was zweifelsohne nur Berechnung war, damit man ihn für ungefährlich hielt. Selbst jetzt lag keine Verärgerung in seinem Tonfall; da war nur ein Hauch von Ungeduld.

Jedi wurden nicht wütend – oder zumindest versuchten sie, diesen Anschein zu erwecken. Haninum war aber davon überzeugt, dass sie ebenso Zorn verspürten wie jedes andere Wesen im Universum. Sie verbargen ihn nur besser, das war alles. Wie könnte Pavan nicht wütend sein, wo Darth Vader, der für den Tod seines Vaters verantwortlich war, ihm doch einen Attentäter nach dem anderen auf den Hals hetzte? Wie könnte er nicht wütend auf alles und jeden in der Galaxis sein, wo der Jedi-Orden doch …

„Rhinann?“, wiederholte Jax, wobei er dem Elomin direkt in die Augen blickte. Inzwischen hatte sich ein schroffer Unterton in seine Stimme gemischt.

„Entschuldigung, ich hatte nur gerade über … einen anderen Fall nachgedacht.“

„Falls Sie sich dazu durchringen könnten, ein wenig über den aktuellen Fall nachzudenken“, warf Pol Haus ein, „das wäre uns wirklich eine große Hilfe.“

Rhinann blinzelte erneut, länger diesmal, damit es auch jeder sehen konnte, dann stieß er langsam und geduldig den Atem aus. „Falls Sie so freundlich wären, die Frage zu wiederholen?“

Jax war so freundlich. „Ich erzählte Pol Haus gerade von den Daten, die du gefunden hast. Die Daten, wonach Bal Rado keine neuen Gewürzlieferungen mehr erhalten hat, ehe er ermordet wurde.“

„Ah. Ja, genau. Wir gehen davon aus“, erklärte Haninum, wobei er seine Gedanken bewusst auf ihren aktuellen Fall konzentrieren musste, um nicht schon wieder abzuschweifen, „dass sein Lieferant abgesprungen ist, was er seinem Kunden aber verheimlichen wollte …“

„Bei dem es sich um einen Hutten namens Sol Pruufruck handelte“, warf Den Dhur von seinem Platz vor einem der Fenster ein.

„Wie ich gerade sagte“, fuhr Rhinann gereizt fort, „er wollte seinen Käufer – besagten Hutten, der neben dem genannten auch unter mehreren anderen Namen bekannt ist – nicht darüber informieren. Also versuchte er, ihn hinzuhalten, während er nach einer neuen Quelle suchte …“

„Die er aber leider nicht fand“, piepte der Sullustaner dazwischen.

Rhinann bedachte den kleinen, untersetzten Humanoiden mit einem verachtungsvollen Blick. „Natürlich fand er keinen neuen Lieferanten. Andernfalls wäre dieses fehlgeleitete Individuum sicherlich noch am Leben. Meine Nachforschungen“, wandte er sich anschließend wieder an den Präfekten, wobei seine Betonung keinen Zweifel daran ließ, dass Dhur nichts, aber auch rein gar nichts mit der Lösung des Falles zu tun hatte, „legt den Schluss nahe, dass einer der Schmuggler, die Rado wegen seines Problems angesprochen hat – ein gewisser Droo Wabin, bei dem es sich ebenfalls um einen Toydarianer handelt –, den Käufer über diese Situation aufgeklärt hat.“

„Aber das ist reine Spekulation“, entgegnete der Sullustaner. „Weil du den Inhalt der Nachricht nicht rekonstruieren konntest, ist alles, was wir mit Sicherheit wissen, dass Wabbin den guten alten Sol kontaktiert hat.“

I-Fünf, der hinter der niedrigen Couch stand, auf der Jax und Dejah saßen, stieß ein mechanisches Raspeln aus, was wohl die Droidenversion eines Räusperns darstellte.

Rhinann ignorierte diese subtile Warnung. „Hältst du es etwa für puren Zufall, dass Rado keine vierundzwanzig Stunden, nachdem diese Nachricht gesendet wurde, tot war? War es dann vielleicht auch ein Zufall, dass noch am selben Tag eine beträchtliche Geldsumme auf das private Konto seines Schmugglerfreundes überwiesen wurde?“

„Das habe ich nicht gesagt“, wehrte sich Den. „Ich wollte nur festhalten, dass wir keine blastersicheren Beweise für einen Zusammenhang zwischen Wabbins Geldsegen und Rados Tod haben. Obwohl es natürlich zu zufällig wirkt, um wirklich ein Zufall zu sein.“

„Zu zufällig, um ein Zufall zu sein?“, wiederholte Rhinann abfällig, dann klatschte er mit seinen langfingrigen Händen spöttischen Applaus. „Eine brillante Schlussfolgerung.“ Sein Blick wanderte zu Pol Haus zurück. „Tatsache ist, dass …“

„Tatsache ist“, grollte der Präfekt, wobei er sich zu seiner vollen Größe aufrichtete, „dass ich nicht hierhergekommen bin, um mir Ihr Gezänk darüber anzuhören, wer nun was weiß und wer nicht. Ich bin hier, weil ich wissen wollte, ob Sie etwas über den Gewürzhandel in meinem Zuständigkeitsbereich wissen. Und Sie sagten, Sie hätten Informationen darüber.“

„Die haben wir“, bestätigt Jax Pavan rasch, anschließend bedachte er sowohl Rhinann als auch Dhur mit einem tadelnden Blick.

„Gut“, brummte Haus, „denn ich muss mich mit einem toten, toydarianischen ‚Geschäftsmann‘ – sofern man ihn so nennen kann – und einem plötzlichen Überangebot an Gewürz im Zi-Kree-Sektor herumärgern. Ein Sektor, der meinen Nachforschungen nach von niemand anderem als unserem umtriebigen Hutten-Freund kontrolliert wird. Falls Sie mir nichts Nützliches bieten können …“

Rhinann öffnete den Mund zu einer Entgegnung, wobei er voller Empörung sah, dass Dhur ebenfalls die Lippen teilte, um etwas zu sagen. Doch bevor einer von ihnen ein Wort hervorbringen konnte, stieß I-Fünf wieder dieses kratzende Geräusch aus. Das war nun wirklich zu viel – von einem Droiden zur Ordnung gerufen zu werden …

„Wir teilen alle nützlichen Informationen mit Ihnen, die wir in Erfahrung bringen, Präfekt, das versichere ich Ihnen“, erklärte Haninum, mit mehr Nachdruck, als er eigentlich beabsichtigt hatte.

„Aber wie weit kann ich Personen trauen, deren Akten vor Beschwerden wegen Belästigung und Nötigung überquellen, in deren Lebenslauf es so viele so große Lücken gibt, und die immer wieder mit Morden in Verbindung gebracht werden? Vielleicht täte ich besser daran, gegen Sie zu ermitteln, und nicht gegen Sol Pruufruck, oder wie immer dieser gewürzhandelnde Hutte sich dieser Tage nennt.“

Bevor einer ihrer geöffneten Münder eine Erwiderung ausstoßen konnte, stand Dejah Duare von dem Sofa auf, ihre Hand in einer anmutigen, beschwichtigenden Geste erhoben.

Alle Augen richteten sich auf sie, alle Ohren zuckten in Erwartung ihrer Stimme, alle Sinne streckten sich ihr entgegen, hilflos dem Drang erlegen, in den Duftstoffen zu schwelgen, die ihrer glänzenden, karmesinroten Haut entströmten – mit Ausnahme von Rhinann und Dhur, die zwar humanoid waren, sich in ihrer Physiologie aber ausreichend von der Zeltronerin unterschieden, um gegen ihre teleempathischen Reize gefeit zu sein. Und das war wohl zum Besten, überlegte der Elomin, als ihm der träumerische Ausdruck auf Pavans und Haus’ Gesichtern auffiel. Kurz hatte er sogar den Eindruck, dass die Fotorezeptoren des Droiden ein wenig heller leuchteten, aber das war natürlich Unsinn.

Wie alle Vertreter ihrer Spezies verfügte Dejah Duare über ein reichhaltiges Arsenal an Pheromonen, die sie bewusst einsetzen konnte, um die Stimmung ihrer Gesprächspartner zu beeinflussen, und jetzt gerade konzentrierte sie ihre Duftstoffe auf Pol Haus.

„Präfekt“, begann sie, ihre Stimme so weich wie sonnenbeschienene Synthseide, „an meiner Akte gibt es doch sicherlich nichts auszusetzen, oder? Und glauben Sie wirklich, dass ich mich mit Personen einließe, von deren Motiven ich nicht völlig überzeugt bin?“

Hätte Rhinann es nicht besser gewusst, er hätte geglaubt, dass der Zabrak bis zum Ansatz seiner zerzausten, dünner werdenden Haare errötete.

„Bei allem gebotenen Respekt“, sagte er, „ich bezweifle, dass Sie diesem Haufen objektiv gegenüberstehen. Immerhin haben sie sich nach dem Mord Ihres ehemaligen Geschäftspartners bei Ihnen eingeschmeichelt.“

Ein warmes, sinnliches Lachen kam über Dejahs glänzende Lippen. Rhinann wusste von Spezies, die Geräusche sehen konnten, und er war sicher, dass sie diesen Laut als rot schillernde Wolke wahrgenommen hätten; ebenso rot und ebenso schillernd wie ihre Haut. „Eingeschmeichelt! Präfekt, jetzt tun Sie ihnen aber Unrecht! Jax und seine Freunde“ – bei diesen Worten richtete sie ihren Blick und ihr Lächeln auf den Jedi – „haben Ves Volettes Mord aufgeklärt. Und darum habe ich beschlossen, sie auch weiterhin zu unterstützen. Jeder von ihnen ist ein Experte auf seinem Gebiet. Falls Haninum Tyk Rhinann Ihnen Informationen bietet, dann können Sie davon ausgehen, dass sie zuverlässig und präzise sind.“

Haus wirkte betreten und schaute mehr als nur ein wenig verlegen drein. „Nun, ich schätze … die Informationen könnten sich als nützlich erweisen. Das habe ich auch nie bestritten. Und um die Wahrheit zu sagen, sind mir die Lücken in Ihren Lebensläufen egal, solange Sie mich weiter mit derartigen Informationen versorgen.“ Dieser letzte Satz galt Jax, und der Jedi nickte zustimmend.

„Wir werden Ihnen helfen, wo wir nur können, Präfekt. In diesem Fall deuten alle Indizien auf Rados Hutten-Freund. Ich vermute, dass es sich folgendermaßen abgespielt hat: Wabbin hatte seine eigene Bezugsquelle, und als er von Rados Notlage hörte, beschloss er, sich dessen Geschäft unter den Nagel zu reißen.“

Während Pavan die losen Enden der Geschichte zu einer hübschen Schleife zusammenband, widmete Rhinann sich wieder seinen Spekulationen bezüglich I-Fünf. Droiden waren nicht entworfen, um über die Fähigkeiten und Eigenschaften zu verfügen, die diese Einheit auszeichneten, da war er sicher. Und sein ausgeprägtes Bewusstsein ließ sich auch nicht dadurch erklären, dass ein paar Beschränkungen entfernt, ein paar Programme überschrieben und ein paar wohl durchdachte Lernalgorithmen eingefügt worden waren. Derartig modifizierte Droiden gab es zuhauf, und wie der Zufall so wollte, war es eine solche Protokolleinheit gewesen, die Ves Volette ermordet hatte – als Vergeltung dafür, dass der caamasische Lichtkünstler ihrer vindalianischen Besitzerin Sorgen bereitet hatte. Vereinfacht ausgedrückt, hatte die Maschine durch die Modifikationen an ihren Schutzprogrammen eine persönliche Bindung zu der Baroness entwickelt, in deren Diensten er stand.

Doch das war kein Vergleich zu dem Ich-Bewusstsein, das I-Fünf an den Tag legte. Und dieses Bewusstsein hatte er – es, tadelte Rhinann sich im Stillen, es! – sich vor seiner Ankunft auf Coruscant angeeignet. Rhinann wusste, dass der einstige „Partner“ des Droiden, Lorn Pavan, auf dem Schwarzmarkt seltene Waren verkauft hatte und auch diversen anderen Tätigkeiten nachgegangen war – aber ein gewiefter Programmierer war er nicht gewesen.

Das warf natürlich die Frage auf, wie es dann dazu gekommen war, dass die Protokolleinheit I-5YQ eine Bewusstseinsebene erreicht hatte, die sich weit über ihre Programmierung hinwegsetzte.

Wer hatte ihm diese Fähigkeit geschenkt? Und warum?

So sehr Haninum Tyk Rhinann es auch hasste, das zugeben zu müssen, in einem Punkt war er sich mit Dhur einig: Manche Ereignisse waren zu zufällig, um wirklich Zufälle zu sein, und so ziemlich jedes Ereignis, das mit dem Droiden zu tun hatte, schien in diese Kategorie zu fallen.

Nicht zuletzt deswegen würde er die Einheit im Auge behalten. Ganz genau im Auge behalten.

1. TEIL

DIE SÜNDEN DES VATERS

1. Kapitel

Im gesamten Jedi-Tempel gab es keinen Ort, an dem er sich so wohlfühlte wie in der Bibliothek. Wenn er dort war, hatte er das Gefühl, als würde er Informationen ebenso durch die Poren seiner Haut absorbieren wie durch das Studium der zahllosen Texte, die dort archiviert und abgespeichert waren. Oft suchte er die großen Säle auf, um nachzudenken – aber beinahe ebenso oft ging er dorthin, um nicht zu denken.

Auch jetzt war er hier – frei von Gedanken an alltägliche Probleme –, aber im selben Moment, als er den Ort erkannte, wurde Jax Pavan auch klar, dass er träumte. Der Tempel war nur noch ein chaotisches Durcheinander von Trümmern, verbranntem Stein, Asche und Staub. So hatte es die Order 66 vorgesehen, und so war es in jenem nächtlichen Blutbad, das die überlebenden Jedi nur die Flammennacht nannten, auch umgesetzt worden.

Und doch war er hier, in einem der zahlreichen Lesesäle des gewaltigen Bibliotheksflügels, und alles war genauso wie bei seinem letzten Besuch: die heimelig beleuchteten Regale, auf denen sich Bücher, Schriftrollen, Datenwürfel und andere Medien mit Informationen über Tausende Welten und Tausende Jahre reihten; die Tische, jeder in einen eigenen Lichtkreis gehüllt, an denen Jedi und Padawane schweigsam ihren Studien nachgingen; die hohen, schmalen Fenster, die den Blick auf den zentralen Hof freigaben; die gewölbte Decke, die sich unendlich weit hinzuziehen schien. Noch während sein Traum-Ich sich in dem Saal umblickte, überkam ihn ein Gefühl der Trauer und des Verlusts …

Offensichtlich handelte es sich um einen Machttraum. Alles war hell erleuchtet, in einen fast schon glühenden Schein getaucht, und obwohl Jax wusste, dass es nicht echt war, sah alles gestochen scharf aus – und fühlte sich vollkommen real an. Ebenso offensichtlich war, dass es bei diesem Traum um die Vergangenheit ging, denn er würde die Atmosphäre der Jedi-Bibliothek nie wieder in sich aufsaugen können. Bislang hatten sich seine Machtträume ausnahmslos um die Zukunft gedreht … und sie waren noch nie so deutlich und klar gewesen.

Er saß an einem der Tische, ein Buch in den Händen und einen Datenwürfel vor sich. Bei dem Buch handelte es sich um eine Sammlung philosophischer Abhandlungen von den Meistern der Tython-Jedi, die als Erste die These aufgestellt hatten, dass die Macht zwei Gesichter hatte: das kreative Element, von ihnen Ashla genannt, und Bogan, das zerstörerische Element – die helle und die dunkle Seite ein und derselben Essenz. Der Datenwürfel enthielt Master Asli Krimsans Schriften über die Potentium-Perspektive, eine seinerzeit als „Ketzerei“ verleumdete Theorie, welche vom Jedi Leor Hal aufgestellt worden war. Wie einige vor ihm und viele nach ihm hatte Hal die Ansicht vertreten, dass es so etwas wie eine dunkle Seite der Macht überhaupt nicht gab; die Dunkelheit existierte allein in der Person, die die Macht benutzte.

Ja, Jax hatte diese beiden Werke studiert – und viele andere mehr. Vermutlich lasen die meisten Padawane sie irgendwann während ihrer Ausbildung, weil die Frage nach der Natur der Macht sie alle umtrieb und sie sich wünschten, diese galaktische Energie verstehen zu können. Nicht wenige von ihnen hofften, völlig neue Einsichten zu gewinnen und die Jahrtausende alte Debatte darüber zu beenden, ob die Macht nun ein oder zwei Gesichter hatte, ob die Dunkelheit ein Teil von ihr war, oder nur ein Teil der Wesen, die sie durchströmte.

Wann hatte er sich das letzte Mal mit diesem Thema befasst? Zu welchem Moment aus seiner Vergangenheit war er im Traum zurückgekehrt?

Noch während er darüber nachdachte, fiel ein Schatten über den Würfel auf dem Tisch; jemand war hinter ihn getreten und blockierte das Licht, das durch die Fenster hereinfiel.

Jax hob den Kopf.

Es war Anakin Skywalker, ein anderer Padawan, ein Freund – das hieß, Pavan nannte ihn zwar oft und gerne einen „Freund“, aber Anakin wahrte stets Distanz zu ihm, ebenso wie zu den anderen Padawanen im Tempel. Selbst in Momenten der Kameraderie wirkte er distanziert, so, als wäre er von einem unsichtbaren Machtschild umgeben. Und er war grüblerisch. Einmal hatte Jax ihm das ins Gesicht gesagt und dafür nur Gelächter geerntet, aber seine Verbindung mit der Macht hatte ihm gezeigt, dass diese Belustigung nur eine Fassade war.

Jetzt stand Skywalker hinter ihm, mit dem Rücken zum Fenster, sodass sein Gesicht im Schatten lag.

„He, du stehst mir im Licht.“ Die Worte kamen über Pavans Lippen, ohne dass er sie aussprechen wollte. Aber er hatte sie ausgesprochen, an diesem Tag im Jedi-Tempel, und er wusste auch, was danach kommen würde.

Anakin antwortete nicht, streckte nur den Arm vor, als wollte er etwas auf den Tisch fallen lassen, und Jax hob die Hand, um es aufzufangen.

„Es“ war ein Pyronium-Splitter, so groß wie der obere Teil seines Daumens, und selbst im Halblicht umgab ihn ein glasiger Schimmer, der tief aus dem Inneren des Materials zu stammen schien; erst pulsierte der Splitter weiß, dann durchlief sein Schillern sämtliche Nuancen des sichtbaren Farbspektrums, bis er schwarz wurde, nur um sich dann langsam erneut aufzuhellen. Irgendwo – aber so sehr er sich auch anstrengte, Jax konnte sich nicht erinnern, wo – hatte er einmal gelesen, dass Pyronium eine Quelle enormer, beinahe grenzenloser Energie war. Seinerzeit hatte er das für absurd und übertrieben gehalten, war Energie doch ein äußerst dehnbarer Begriff, der für jeden etwas anderes bedeuten mochte.

„Was ist das?“, fragte er nun, genauso, wie er es an jenem Tag getan hatte, und blickte hinauf in das Gesicht seines Freundes.

„Vielleicht möchte ich, dass du darauf aufpasst, bis ich von Tatooine zurück bin“, sagte Skywalker, und sein Mund verzog sich zu einem trockenen Schmunzeln. „Vielleicht ist es aber auch ein Geschenk.“

„Was denn nun?“, fragte Jax.

Damals hatte die Antwort nur aus einem Schulterzucken bestanden, aber jetzt war sie ein kryptischer Satz, geäußert von einer tiefen, grollenden Stimme, die so gar nicht nach der des Padawan klang: „Damit kannst du über die Grenzen der Macht hinaus.“

Pavan lachte. „Die Macht ist der Anfang, die Mitte und das Ende aller Dinge. Das Unendliche hat keine Grenzen, über die man hinausgehen könnte.“

Der Anakin in seinem Traum reagierte mit einem krächzenden Lachen auf diese Worte, und dann begann sein Fleisch sich vor Jax’ entsetzten Augen zu schwärzen, zu verkohlen, zu verschrumpeln, als wäre es ungeheurer Hitze ausgesetzt. Langsam schälte es sich von den Muskeln und den Knochen darunter ab, und gleichzeitig verwandelte sich Skywalkers Lächeln auf schreckliche Weise in das Grinsen eines Totenschädels. Schlimmer als all das war jedoch, dass noch immer polterndes Gelächter über seine schmelzenden Lippen kam.

Pavan schreckte aus dem Schlaf hoch, mit einem Mal hellwach, gebadet in eisig kalten Schweiß.

Über die Grenzen der Macht hinaus.

Das war unmöglich. Es ergab keinerlei Sinn – und warum war Anakin anschließend verbrannt? Der Jedi schauderte, und unter dem klebrigen Schweiß rann ein Schauder über seinen Körper, als er sich an die Gerüchte erinnerte, wonach Anakin auf Mustafar gestorben war. Irgendjemand hatte ihn dort angeblich in die glühenden Magmaströme gestoßen, doch wer … das wusste niemand.

„Stimmt etwas nicht, Jax?“

Pavan blickte von seiner schweißdurchtränkten Schlafmatte auf und sah I-Fünf über sich. Die Fotorezeptoren des Droiden leuchteten hell im gedämpften Licht, und so, wie er dastand, sah es beinahe aus, als wachte er über Jax.

Der Jedi zögerte nur einen Moment. Normalerweise wäre jeder Versuch, sich mit einem Droiden über einen Traum zu unterhalten, zu einem sinnlosen Monolog verkommen, aber I-5YQ war kein gewöhnlicher Droide. Davon abgesehen, wollte Pavan über diese verwirrenden Bilder reden; die Eindrücke dieses Traums laut auszusprechen würde vielleicht helfen, ihnen einen Sinn abzuringen. Insofern machte es eigentlich keinen Unterschied, ob er nun I-Fünf davon erzählte oder einer piepsenden Astromecheinheit. Doch es half natürlich, dass es I-Fünf war.

Er setzte sich auf, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand seines kleinen Zimmers in der Wohnung am Poloda-Platz, die er sich mit den anderen Mitgliedern seiner bunt zusammengewürfelten Gruppe teilte. „Ich habe geträumt.“

„Ich habe gelesen, dass alle Lebewesen träumen“, erwiderte der Droide ausdruckslos.

Diese Aussage ließ Neugier in Jax aufkeimen: Träumte I-Fünf vielleicht auch? War das überhaupt möglich? Er wollte danach fragen, widerstand der Versuchung dann aber und begann stattdessen, seine nächtliche Vision in allen Details wiederzugeben.

Als er schließlich fertig war, schwieg der Droide einen Augenblick, und seine Fotorezeptoren flackerten leicht – eine Geste, die wohl ein menschliches Blinzeln simulieren sollte. Dann sagte er: „Wäre das kein Widerspruch? Die Macht hat Ihnen vor einigen Monaten offenbart, dass Skywalker noch am Leben ist, falls ich Sie daran erinnern darf.“

„Das stimmt.“ Pavan fuhr sich mit den Fingern durch das schweißverklebte Haar. „Aber es könnte sein, dass er auf Mustafar verletzt wurde.“

„Das wäre eine Möglichkeit, aber es gibt noch andere Erklärungen. Vielleicht war dieses Bild des verbrennenden Anakin eher von metaphorischer Bedeutung. Oder es war ein Ausdruck Ihrer inneren Ängste.“

„Normalerweise funktionieren Machtträume nicht so, aber ich schätze, es ist eine Möglichkeit. Etwas Derartiges habe ich noch nie empfunden“, gestand er. „Dass der Traum sich um die Vergangenheit dreht und nicht um die Zukunft, meine ich. Und dass er diese Vergangenheit verfremdet. Anakin sagte nichts über die Macht, als er mir das Pyronium gab, er bat mich nur, darauf aufzupassen, bis er von Tatooine zurückkäme. Und ich glaube, mir wäre aufgefallen, wenn er dabei in Flammen aufgegangen wäre“, schob er nach.

I-Fünfs Augen flackerten erneut, doch diesmal schien die Geste Belustigung auszudrücken.

Der Türsummer erklang, und Jax blickte auf sein Chrono, aber der Droide war bereits einen Schritt weiter.

„Es ist sieben Uhr.“

In der Unterwelt von Coruscant war das gar nicht einmal so früh. Die Wesen, die hier unten im ewigen Dämmerlicht lebten, hielten sich nicht an Tag und Nacht, dennoch gab es auch hier Zeiten, wo es als unhöflich empfunden wurde, jemanden anzurufen oder bei einer Person zu klingeln.

Jax erhob sich und trat nach draußen in das große Wohnzimmer. Die anderen mussten entweder schlafen oder unterwegs sein, denn niemand sonst reagierte auf das Summen der Tür – abgesehen von I-Fünf natürlich, der hinter ihm in den Raum stakste.

Während er zum Eingang der Mietwohnung hinüberging, griff Pavan mit seinen Sinnen hinaus, um die Person auf der anderen Seite der Tür zu erforschen. Vor seinem geistigen Auge sah er die Energie, die das Wesen umgab, aber er konnte keinerlei Verbindung mit der Macht spüren.

Jeder Jedi nahm die Macht auf seine ganz persönliche Weise wahr. In Jax’ Fall sah er die galaktische Energie als Fäden aus Licht oder Dunkelheit, die alle Lebewesen miteinander, mit ihrer Umwelt, ihrer Vergangenheit und ihrer Zukunft verbanden. Doch diesmal waren da keine Ranken … dafür aber eine Art Klecks – eine besser Beschreibung wollte ihm nicht einfallen.

Zum zweiten Mal an diesem Morgen überkam ihn Neugier, und er öffnete die Tür, ein schmales Lächeln auf den Lippen, als er sah, wie I-Fünf sich neben dem Rahmen postierte, wo ihn der Besucher nicht gleich sehen konnte, und dort in Verteidigungsstellung ging.

Draußen, auf dem schmalen, grell erleuchteten Korridor stand ein kurzer, stämmiger Sakiyaner, den Pavan auf Mitte dreißig schätzte, gekleidet in saubere, aber sichtlich abgetragene Kleidung. Der Fremde blinzelte, als sein Blick auf Jax fiel – der Jedi hatte sich nicht die Mühe gemacht, seine Tunika überzustreifen, sondern trug lediglich die weite Stoffhose, in der er geschlafen hatte.

„Ent … äh, entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie zu dieser Stunde störe“, stammelte der Sakiyaner und blinzelte erneut mit seinen großen, runden Augen, die im Vergleich zu seiner bronzefarbenen Haut unnatürlich blass wirkten. „Aber es geht um eine dringende Angelegenheit. Ich muss mit Jax Pavan sprechen.“

Der Jedi musterte sein Gegenüber eingehend und mit allen Sinnen, die ihm zur Verfügung standen. Als er keine böse Absicht in dem Wesen spüren konnte, stellte er sich vor. „Ich bin Jax Pavan.“

Das Gesicht seines Besuchers hellte sich auf, und er stieß einen lauten Seufzer der Erleichterung aus. „Gehört Ihnen zufällig ein Droide der I-Fünf-Ypsilon-Qu-Serie?“

„Er ‚gehört‘ mir nicht“, erwiderte Pavan misstrauisch. „Aber ja, er ist hier. Was wollen Sie von ihm, äh …“

Der Sakiyaner verbeugte sich leicht. „Entschuldigen Sie meinen Mangel an Manieren. Mein Name ist …“

„Tuden Sal“, beendete I-Fünf den Satz für ihn. Er trat hinter dem Türrahmen hervor und richtete einen Zeigefinger auf den Fremden. Ein roter Lichtpunkt leuchtete an der Fingerkuppe auf – die Mündung des Lasers, der in die Hände des Droiden eingebaut war. Seine Fotorezeptoren glühten hell. „Ich habe schon lange auf diesen Moment gewartet …“

2. Kapitel

Kajin Savaros stand in einer kleinen Einbuchtung auf einer der unteren Ebenen des Komplexes, der sich entlang der Längsachse des Plohtekal-Marktes erhob, umgeben von dem Schatten des breiten Laufstegs über seinem Kopf, und blickte auf die chaotische Betriebsamkeit des Basars hinab. Um die Wahrheit zu sagen, war er nicht einmal sicher, auf welchem Stockwerk er sich befand; er wusste nur, dass es dunkel und laut war und der perfekte Ort, um in der Menge unterzutauchen.

Letzteres war der Hauptgrund, warum Kajin den Markt gewählt hatte – auch, wenn er nicht wirklich bereit war, im Zusammenhang mit dem Plohtekal von einem Vorteil zu sprechen. Außerdem konnte er sich hier alles beschaffen, was er zum Leben brauchte, ohne dass jemand auf ihn aufmerksam wurde. Zumindest hatte er das geglaubt, bis ihn am Vortag plötzlich ein Inquisitor gestellt hatte und er nur um Haaresbreite entkommen war.

Die Erinnerung daran ließ ihn schaudern, während er das Knurren seines leeren Magens gegen das Risiko abwog, dass irgendwo dort unten in der Menge jemand auf ihn lauerte; jemand, der womöglich wusste, wie er aussah, jemand, der scharfe Augen hatte und so weit im Umgang mit der Macht geschult war, dass er seine Präsenz spüren könnte. Er war hungrig gewesen – genauso wie jetzt – und hatte ein paar Ebenen weiter oben im Labyrinth des weitreichenden, mehrstöckigen Marktes nach etwas Essbarem gesucht, und dann war es passiert. Der Inquisitor hatte gesehen, wie er einen Straßenhändler mithilfe der Macht überredete, ihm einen herrlich duftenden Spieß geräucherten Fleek-Fleisches zu überlassen, und schon nach dem zweiten Bissen musste Kaj um sein Leben rennen.

Trotz seiner Furcht floss ihm bei dem Gedanken an die Fleischstreifen das Wasser im Munde zusammen. Er musste etwas essen …

Er blickte nach oben und unten, ließ seinen Blick über die überfüllten Ebenen des Marktes schweifen. Schatten und Licht tanzten in den niemals ersterbenden Rauchfahnen, die von zahllosen Kochstellen und Grills aufstiegen; bunte Lämpchen, die an den Verkaufsständen angebracht waren, blinkten und zwinkerten potenziellen Kunden verheißungsvoll zu, während diese sich dichtgedrängt durch die Gänge und Gassen schoben. Keine Spur von dem Inquisitor oder einem anderen Imperialen – aber das wollte nichts heißen. Palpatines Spürhunde verstanden es meisterhaft, mit der Menge zu verschmelzen.

Wenn man bedachte, wie viele Wesen, menschlich, humanoid oder anderer Natur, auf dem Stadtplaneten lebten, sollte es eigentlich kein Problem sein, den Rest seines Lebens in völliger Anonymität zu verbringen, ohne auch nur einmal die Aufmerksamkeit der Behörden zu erregen – solange man sich nur unauffällig verhielt. Coruscant … Kaj schüttelte verärgert den Kopf und ermahnte sich, die galaktische Hauptwelt auch in Gedanken nur noch bei ihrem neuen, offiziellen Namen zu nennen, damit er gar nicht erst in Gefahr geriet, sich zu versprechen: Sie war jetzt das Imperiale Zentrum. Und das Imperiale Zentrum beherbergte Billionen Kreaturen aus allen Ecken und Enden des Universums. In diesem Gewusel eine einzelne Person aufzuspüren, war schwieriger, als ein ganz bestimmtes Sandkorn auf Tatooine zu finden – nein, auf Tatooine, Bakkah und allen anderen Wüstenplaneten der Galaxis zusammengenommen. Inmitten der wuselnden Tausendschaften war er sicher, solange er nur nicht mehr die Macht einsetzte.

Nur leider war das ebenso schwierig wie ein ganz bestimmtes Sandkorn auf Tatooine, Bakkah und allen anderen Wüstenplaneten zusammengenommen zu finden.

Wenn er die Macht längere Zeit nicht nutzte, sondern sie einfach in seinem Inneren einsperrte, dann spürte er dieses Brennen. Es war, als würde ein Brocken weißglühender Lava hinter seinem Brustkorb schwelen; er konnte nicht mehr atmen, nicht mehr still sitzen, sein Blut begann zu kochen, und nach ein paar Tagen hatte er Fieber und schwitzte ohne Unterlass. Falls er die Macht dann noch weiter unterdrückte – und sei es nur für eine Woche … nun, er hatte es einmal versucht. Dann war er mitten in der Nacht aufgewacht, zunächst erfüllt von grenzenloser Erleichterung, die aber rasch herzzermalmender Furcht gewichen war.

Das Bett in dem billigen Zimmer, das er für die Nacht gemietet hatte, war mit Schweiß durchtränkt, und in der gegenüberliegenden Wand prangte ein Loch von etwa einem Meter Durchmesser mit geschwärzten, halb geschmolzenen Rändern.

Von jenem Tag an hatte Kaj versucht, den Druck vorsichtig „abzubauen“, wann immer er spürte, wie die Macht in ihm hochkochte. Er erging sich in kleinen, telekinetischen Fingerübungen, etwa, sein Essen oder andere kleine Gegenstände schweben zu lassen; aus irgendeinem Grund erwies sich das als besonders entspannend. Bislang hatte es funktioniert – dennoch zitterte er nach jeder dieser Übungen vor Furcht, geplagt von der Vorstellung, dass einer der scharfsinnigen Inquisitoren ihn aufgespürt hätte.

Sein Blick wanderte zurück zu dem kleinen Stand, ungefähr zwanzig Meter entfernt, wo mehrere Kunden mit dem Verkäufer über sein Angebot an Obst und Gemüse feilschten – der Großteil der Waren war auf dem Imperialen Zentrum verboten, wie Kaj feststellte. Auf drei Seiten waren Präsentierkörbe um den Stand aufgebaut, die Rückseite war offen. Das war zwar ein Nachteil, aber das benachbarte Verkaufszelt besaß eine Markise aus zerschlissenem Stoff, und eine Ecke war dicht hinter der Rückseite des Gemüsestandes im Boden verankert.

Da seine übliche Machtmanipulation zu riskant war, würde er auf weniger direkte Methoden zurückgreifen müssen, also zog er sich die Kapuze seines Mantels tief in die Stirn und trat zwischen die Marktbesucher, sodass die Wolke aus Energien, Aromen und übelriechenden Ausdünstungen über ihm zusammenschlug. Er spürte die Hitze eines Blickes auf sich, als er eine vorbeischlurfende Frau anstieß, und wich hastig von ihr zurück. Gleichzeitig zwang er die Frustration nieder, die ihn jedes Mal überkam, wenn er sich mit einer großen Menge konfrontiert sah, in der jeder nur an sich selbst zu denken schien, denn er wusste, dass er ihnen in gewisser Weise gar nicht so unähnlich war.

Doch in anderer Weise unterschied er sich sehr deutlich von den Wesen, die ihn umgaben.

Er ging weiter, bis er auf gleicher Höhe mit der Markise war, dann trat er mit einem Seitwärtsschritt aus dem Besucherstrom heraus und schob sich zur Rückseite des Verkaufszeltes, wo die Schatten noch tiefer waren als in der Einbuchtung, in der er zuvor gewartet hatte, und er nutzte diesen Vorteil, um unbemerkt in der schmalen Lücke zwischen der Leinwand des Zeltes und dem schmutzigen Ferrobeton einer nahen Hauswand zu verschwinden.

Als er auf der anderen Seite des Verkaufszeltes wieder zum Vorschein kam – dem Wirbel verschiedener Aromen nach zu schließen wurden dort wohl Kräuter feilgeboten –, trennten ihn nur noch drei Schritte von einer Reihe von Verkaufskörben, in denen sich wenig Vertrautes und viel Fremdes befand. Da er sein Leben nicht für etwas aufs Spiel setzen wollte, das er nicht einmal essen könnte, suchte er die Körbe mit den Augen nach einer bekannten Gemüseart ab, und schließlich wurde er fündig: ein Stapel von Daro-Wurzeln.

Das Wasser lief ihm im Mund zusammen, als er sich näher an das straff gespannte Seil heranschob, mit dem die Markise des Zeltes gesichert war. Die Augen fest auf seine Beute gerichtet, ging er anschließend in die Knie. Daro-Wurzeln wuchsen auf mehreren von Menschen kolonisierten Welten, darunter auch sein Heimatplanet. Als Kind hatte er Geschmack an dem süßen, cremig goldenen Fleisch der Wurzeln gefunden, und so hungrig, wie er nun war, würde ihm das Gemüse sicherlich das köstlichste Mahl bieten, das er seit langer Zeit genossen hatte.

Eine Gruppe von Marktbesuchern näherte sich dem Stand und versperrte Jak den Blick auf das Daro. Er konnte nur hoffen, dass sie das Angebot hier nicht ansprechend finden und weiterziehen würden.

Und das taten sie auch.

Kaj beugte sich vor und streckte die Hand aus, da tropfte Schweiß in seine Augen und riss ihn aus seiner Konzentration. Er fluchte, wischte das salzige Rinnsal von seiner Stirn und hob erneut die Hand. Dabei stellte er fest, dass seine Finger zitterten, aber nicht vor Hunger; die gestrige Begegnung mit dem Inquisitor war mehr als nur beunruhigend gewesen. Er hatte schreckliche Angst, anders ließ es sich nicht ausdrücken – Angst vor allem, was erneut Aufmerksamkeit auf ihn lenken könnte. Oder genauer gesagt: die Aufmerksamkeit des Imperiums. Er wusste, dass er einen Ausweg finden könnte, falls ihm normale Personen unerwünschte Beachtung schenkten, aber das war ein schwacher Trost, denn die Inquisitoren waren alles andere als normale Wesen. Sie waren die Spürhunde des Imperators, und über ihre Fähigkeiten konnte selbst er nur spekulieren.

Kaj konzentrierte sich. Zwei Sekunden. Länger würde es nicht dauern, um sich eine der verlockenden Wurzeln zu schnappen und wieder hinter das Zelt zu verschwinden. Er würde der Macht nur kurz den Weg öffnen und diesen Kanal sofort wieder schließen, sobald er das Gemüse in Händen hielt. Es würde ganz einfach sein.

Mit neuer Entschlossenheit trocknete er die schweißnasse Handfläche am Stoff seiner Hose ab, anschließend streckte er den Arm aus und rief die Macht an. Eine der Wurzeln ganz oben auf dem Stapel zitterte, dann rollte sie über das restliche Gemüse und fiel auf den Boden, ohne dass jemand etwas bemerkte. Ein zweites Mal rief Kaj, und die Daro flog aus dem Schatten des Korbes direkt in seine Hand.

Sein Herzschlag, gerade noch ein wildes Trommeln gegen seine Rippen, beruhigte sich. Nicht schlecht. Und weit und breit kein Inquisitor zu sehen … oder zu spüren. Derart ermutigt, beschloss er, sich eine zweite Wurzel zu nehmen. Er stopfte die dicke, goldene Wurzel in die Innentasche seines weiten Mantels, dann hob er die Hand und …

Ein übelkeitserregendes Prickeln der Furcht rann über seinen Rücken, noch ehe er den Grund dafür bewusst wahrnahm: eine plötzliche Verwirbelung der Macht, als jemand ganz in der Nähe die kosmische Macht einsetzte, um nach ihm zu suchen.

Kaj nahm eine zielstrebige Bewegung in der überfüllten Gasse vor dem Verkaufsstand wahr, dann sah er, wie mehrere Wesen zur Seite traten, um etwas oder jemandem Platz zu machen, der sich schnell einen Weg durch die Menge bahnte. Er unterdrückte seine Furcht und konzentrierte sich auf den Daro-Stapel. Verstärkt durch den Adrenalinschub, traf der Machtstoß den Gemüsekorb mit der Wucht eines Repulsorfeldes, und die Wurzeln stoben in alle Richtungen davon. Sie trafen Marktbesucher, rollten über den Boden oder zerplatzten, und die Wesen in der Nähe wichen zurück oder duckten sich, um dem auszuweichen. Einige, die es zu spät bemerkten, rutschten auf den Wurzeln aus und stolperten in den Strom der Passanten hinaus.

Kaj nutzte diese Ablenkung, um sich zwei weitere der länglichen, köstlichen Daros zu nehmen, dann zog er sich hastig zurück und huschte wie ein Nagetier geduckt hinter drei oder vier Verkaufsständen vorbei, ehe er die Mündung der nächsten Gasse erreichte. Die Wurzeln waren da bereits alle unter seinem Mantel verstaut, und er strich den Stoff glatt, während er sich unter die Menge der Marktbesucher mischte.

Er lächelte grimmig, und eine seltsame Mischung aus Erleichterung und Erregung wärmte seine Brust. Einmal mehr wäre er beinahe entdeckt worden; und einmal mehr war er den Handlangern des Imperators entwischt. Kurz sah er sich selbst vor seinem geistigen Auge, aber nicht als gebeugt dahinschreitende Gestalt, die ihr Gesicht unter einer Kapuze verbergen musste, sondern so, wie das Imperium ihn sehen musste, wenn es noch immer nach ihm suchte: ein schattenhafter Machtnutzer, der den Inquisitoren und frustrierten Sturmtruppen stets einen Schritt voraus war, bereit von einem Wolkenschneider zum nächsten zu springen und über schmale Simse zu sprinten – kaum mehr als ein Schemen, ein Phantom, aber fähig und talentiert im Umgang mit der Macht.

Ein Jedi.

Unwillkürlich stieg ein überwältigendes Gefühl des Zorns in Kaj auf und wischte seine Erleichterung ebenso hinfort wie seine selbstverliebten Tagträume. Einst, in einer besseren Zeit, wäre er sicher ein Jedi gewesen. Man hätte ihm die Wege der Macht gezeigt, seine neuen Fähigkeiten geschärft – Fähigkeiten, die sich ihm vor nicht einmal einem Jahr offenbart hatten. Doch der Jedi-Tempel lag in Ruinen, und der Orden war in der gesamten Galaxis verstreut – falls es überhaupt noch Überlebende des Ordens gab. Wie immer wusste er nicht, ob er sich an dieser Hoffnung festklammern oder an der viel wahrscheinlicheren Alternative verzweifeln sollte … und so begnügte er sich letztlich damit, das Universum und die Macht zu verfluchen.

Kaj knirschte mit den Zähnen und versuchte, den brennenden Zorn zu löschen, der durch seine Adern flammte.

Nein, es gibt keine Jedi mehr, sagte er sich. Ich bin allein. Ganz allein.

Allein mit dieser Kraft, die in ihm heranwuchs und von ihm eingesetzt werden wollte. Er fand sie faszinierend und hatte gleichzeitig schreckliche Angst vor ihr, vor allem in Augenblicken wie diesen, wo der Zorn des Rachsüchtigen in ihm hochkochte und es nichts gab, worauf er ihn richten konnte, kein Ventil, um sich abzureagieren – abgesehen höchstens von den Inquisitoren. Er fürchtete und hasste diese schattenhaften Wesen, und nur zu gern hätte er sich ihnen gestellt, aber das wäre einfach ein zu großes Risiko. Kaj durfte seine Wut nicht an ihnen auslassen, und so blieb sie in ihm eingesperrt, ziellos, auf alle und gleichzeitig auf niemanden gerichtet. Er hielt sie in seinem Innersten fest, denn er wusste: Sollte er sie je herauslassen, wäre das, als würde er ein gewaltiges Leuchtfeuer in der Macht entzünden, eine Einladung für jeden Inquisitor auf ganz Coruscant.

Kaj betrat die Gasse, wobei er sich zwischen einem wartenden Schwebetransporter und den rostigen Stützstreben eines Gerüsts hindurchzwängte, das die halb verfallene Fassade einer ehemaligen Glücksspielhölle vor dem endgültigen Einsturz bewahren sollte.

Erneut zerrte etwas an seinem Bewusstsein, ein Kräuseln in dem Gewebe der Macht, das er so verbissen zu ignorieren versuchte. Er neigte den Kopf und blickte zur anderen Straßenseite hinüber. Ein Mensch starrte ihn vom dunklen, krummen Eingang des gegenüberliegenden Gebäudes her an.

Bevor er sich zurückhalten konnte, hatte Kaj bereits die Erinnerung an sich aus dem Gedächtnis des Mannes gelöscht, indem er mithilfe der Macht in sein Bewusstsein hineingriff und seine Gedanken neu ordnete. Etwas Derartiges hatte er noch nie zuvor versucht, aber es war viel leichter als er zu träumen gewagt hatte.

Anschließend machte er einen Schritt zur Seite, sodass der Transporter ihn vor den Augen des starrenden Menschen verbarg, und schob sich an eine Gruppe von Nicht-Humanoiden heran. Hätte ihn jemand im Umgang mit der Macht unterrichtet, hätte er sich nicht vor dem Mann verbergen müssen; er hätte sich einfach für seine Sinne unsichtbar gemacht. Und es wäre kinderleicht gewesen.

Vielleicht auch zu einfach.

Kaj schauderte, senkte den Kopf und verschwand in der Menge.

Den Dhur stolperte verschlafen in den Hauptraum der Wohnung und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Als seine Sicht sich wieder klärte und er sah, was ihn in dem großen Zimmer erwartete, blieb er mitten in der Bewegung stehen. Da waren Jax, I-Fünf und ein sakiyanischer Fremder, alle wie Statuen am Eingang der Wohnung erstarrt. Der Droide hatte den Finger auf den Sakiyaner gerichtet, fast so, als wollte er ihn rügen – aber auch nur fast, und nur, wenn man nicht von den Lasern wusste, die in seine Fingerkuppen eingebaut waren.

Doch Den wusste von den Lasern.

Er schüttelte sich, um die Müdigkeit abzustreifen, aber er widerstand der Versuchung, sich ein zweites Mal die Augen zu reiben. War I-Fünf vielleicht ein Schaltkreis durchgebrannt? Und warum bei den Sonnen unternahm Jax nichts? Der Sakiyaner könnte schließlich ein potenzieller Kunde sein – und das war sicher nicht die Art, wie man einen Kunden behandelte.

„Äh“, stutzte Dhur. „Leute? Wer ist unser neuer Freund?“

Die Fotorezeptoren der Protokolleinheit blitzten auf eine Weise auf, die unglaublich lebendig wirkte, und noch ehe er dem Drang widerstehen konnte, hatte Den bereits verlegen den Blick gesenkt.

Pavan räusperte sich. „I-Fünf?“

Der Angesprochene gab das Droiden-Äquivalent eines Seufzers von sich und senkte den Arm. „Offensichtlich habe ich zu viel Zeit unter organischen Wesen verbracht – einige ihrer schlechten Angewohnheiten scheinen auf mich abgefärbt zu haben. Zum Beispiel, an einem alten Groll festzuhalten.“

„In Ordnung …“, begann Jax. „Und dürfte ich fragen, weswegen du einen Groll gegen unseren Gast hegst?“

„Ja“, warf Dhur ein, wobei er einen weiteren Schritt auf die drei zumachte. „Oder besser noch: Warum bitten wir unseren Gast nicht erst einmal herein, bieten ihm einen Stuhl und etwas zu trinken an und fragen ihn dann, was er von uns möchte?“

„Was ich möchte“, erklärte der Sakiyaner, als er voller Unbehagen auf dem zweckdienlichen Sofa Platz nahm, das eine der grauen Wände zierte, „ist, mich bei I-Fünf zu entschuldigen.“

Den starrte den Fremden an. „Wie bitte?“

„Offensichtlich“, meinte Jax, „kennen Tuden Sal und I-Fünf einander.“

Der Jedi setzte sich auf die Armlehne auf der anderen Seite des Sofas, sodass er sowohl den Sakiyaner als auch den Droiden im Auge behalten konnte. Was vermutlich gar nicht so dumm ist, dachte Dhur. Er durchquerte den Raum, füllte ein Glas mit Wasser und reichte es anschließend ihrem Gast. Dieser starrte das Getränk an, als hätte er noch nie etwas Derartiges gesehen, und einen Moment lang stieg Panik in dem Sullustaner hoch. Hatten Sakiyaner etwa eine Allergie oder eine spezielle Abneigung gegen Wasser?

Doch schließlich nahm Tuden Sal das Glas entgegen und stieß ein seufzendes Lachen aus. „Wir kennen uns in der Tat. Auch, wenn ich nicht mit einer solchen Begrüßung gerechnet hätte. Ich schätze, ich habe mich noch immer nicht daran gewöhnt, dass I-Fünf – anders kann man es wohl nicht ausdrücken – ein Bewusstsein besitzt.“

„Ich denke, man kann es genauso ausdrücken, vielen Dank“, bemerkte der Droide trocken.

Tuden Sal nickte. „Ja. Das hatte ich wohl ganz vergessen.“ Er starrte die Protokolleinheit an, die ihm genau gegenüberstand – und Dens Meinung nach nur zwei Subroutinen davon entfernt war, doch noch auf ihn zu schießen.

Nach einer Weile wandte der Sakiyaner den Blick ab und strich über die Falten des knöchellangen Mantels, den er über seiner einst eleganten Tunika trug. Als er wieder zu I-Fünf hinaufsah, sagte er: „Es tut mir leid, was ich dir angetan habe, I-Fünf. Es war … kurzsichtig und egoistisch.“

„Ganz zu schweigen davon, dass es unehrenhaft, illoyal, skrupellos und grausam war“, fügte der Droide an. „Oder, um es mit einem Wort zu sagen, es war falsch. Sie haben keine Vorstellung davon, was Ihr Handeln die Jedi und die Republik gekostet hat.“

Tuden Sal schloss seine tiefliegenden Augen, um die Emotionen zu verbergen, die sich in ihnen widerspiegelten. „Nein, das kann ich mir vermutlich wirklich nicht vorstellen.“

Den zog sich auf den Fenstersims neben dem Sofa hoch. Das war sein bevorzugter Sitzplatz, weil er ihm einen gewissen Höhenvorteil verschaffte – ein seltenes Privileg für einen Sullustaner – und er so die Gesichter der anderen aus dem richtigen Blickwinkel betrachten konnte. „Das ist ja alles sehr rührend“, warf er ein, wobei er seine Füße über dem Boden baumeln ließ, „aber könnte mir vielleicht jemand erklären, warum diese Entschuldigung erforderlich ist?“

I-Fünf neigte den Kopf vielsagend in Tuden Sals Richtung, und nachdem der Sakiyaner einmal mehr seinen Mantel glatt gestrichen hatte, räusperte er sich. „Vor einigen Jahren“, begann er, „bat mich ein … ein Freund, dafür zu sorgen, dass I-Fünf und die Daten in seinem Besitz sicher den Jedi-Tempel hier auf Coruscant erreichen.“

Man musste kein Machtnutzer sein, um zu sehen, welche Wirkung diese Worte auf Jax hatten. Der junge Jedi versteifte sich.

„Mein Vater, Lorn Pavan, hat Sie gebeten, I-Fünf zum Tempel zu bringen.“

Tuden Sal nickte. „Damals war mir nicht klar, dass es sich … um eine Art letzten Wunsch handelte. Aber heute ist mir klar, dass Lorn mich nur mit dieser Aufgabe betraut hat, weil er glaubte, er hätte nicht mehr lange zu leben. Eine Befürchtung, die leider zutreffend war.“

„Und warum haben Sie ihm diesen Wunsch dann nicht erfüllt?“, wollte Pavan mit heiserer Stimme wissen.

Den blickte kurz zu I-Fünf hinüber. Obwohl man an seinen metallenen Zügen weder Anspannung noch größeres Interesse ablesen konnte, war dem Sullustaner klar, dass sein Freund seit zwei Jahrzehnten auf diese Antwort wartete.

Der Sakiyaner breitete die Arme aus, das universelle Zeichen der Ratlosigkeit. „Ich dachte, der Droide könnte mir vonnutzen sein, und ich war sicher, ich könnte zwei Mynocks mit einem Blasterstrahl erledigen. Es war die Art von Übermut, die einen oft überkommt, wenn man erfolgreich ist. Mein Plan war es, das Holocron, das I-Fünf bei sich hatte, zu den Jedi zu bringen, ganz so, wie Lorn es gewollt hatte, aber zunächst wollte ich den Speicher des Droiden löschen und ihn zum Leibwächter umprogrammieren lassen, damit er mir bei meinen Geschäften mit der Schwarzen Sonne helfen könnte. Er besaß gewisse … Modifikationen, die ich noch nie bei einer Protokolleinheit gesehen hatte – oder bei irgendeiner Einheit, um ehrlich zu sein. Und ich wollte sie mir zunutze machen.“

„Die wichtigste dieser Modifikationen ist Ihnen aber wohl entgangen“, kommentierte I-Fünf.

„Ja“, räumte Tuden Sal ein. „Um ehrlich zu sein, hat Lorn es mir sogar erzählt, aber ich konnte es einfach nicht glauben. Heute wünsche ich mir, ich wäre nicht so … blind gewesen.“

„Ehrlos“, bot der Droide als Alternative an.

Den fand, dass dieses zweite Adjektiv eindeutig das passendere war. Wie man konnte man einen angeblichen Freund nur derart betrügen? Der Sullustaner hoffte, dass er selbst nie so selbstsüchtig oder abgestumpft sein würde, um seinen eigenen, kurzfristigen Nutzen über seine Freunde oder das Wohl der Allgemeinheit zu stellen.

Sal stieß ein tiefes Seufzen aus. „Du hast recht. Es lässt sich nicht leugnen. Aber ich hatte wirklich vor, das Holocron zum Tempel zu bringen. Das musst du mir glauben.“

„Nach meinen Erfahrungen“, entgegnete der Droide, „reichen gute Absichten alleine nur selten, um böse Tyrannen zu stürzen.“

Es folgte eine Stille, die sich unbehaglich in die Länge zog, bis Jax schließlich fragte: „Was ist dann passiert?“

„Zu jener Zeit war ich in mehrere Geschäfte verwickelt, von denen keines wirklich legal war. Ich schickte I-Fünf zur Umprogrammierung und kehrte in mein Büro zurück, wo ich feststellen musste, dass ein Konkurrent mit einer feindlichen Übernahme begonnen hatte – alle meine Leute waren entweder tot oder gekauft worden. Über Nacht wurde ich von einem wohlhabenden Unterweltgeschäftsmann zum Flüchtigen. Das war auch der Grund, warum ich das Holocron nicht zum Jedi-Tempel bringen konnte – ich hatte schlichtweg nicht die Mittel. Ein Preis war auf meinen Kopf ausgesetzt, ich musste untertauchen. Und um verschwinden zu können, habe ich mich von den meisten meiner verbliebenen Besitztümer getrennt – einschließlich I-Fünf, den ich an einen Gewürzhändler verkaufte, nachdem sein Speicher gelöscht worden war.“

Er hielt inne und musterte den Droiden mit sichtlichem Respekt. „Jedenfalls dachte ich, dein Speicher wäre gelöscht worden. Ich hatte keine Kosten gescheut und die gründlichste Quantenreinigung angefordert, die man nur durchführen konnte. Aber offenbar besitzt I-Fünf Subroutinen und sekundäre Speicher, die selbst gegen solche Mittel gefeit sind.“

„Es dauerte sehr lange