Star Wars: Im Zwielicht - Coruscant Nights 1 - Michael Reaves - E-Book

Star Wars: Im Zwielicht - Coruscant Nights 1 E-Book

Michael Reaves

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Beschreibung

Der Weg aus den Schatten führt über das Licht ... Jax Pavan ist einer der wenigen Jedi-Ritter, die wie durch ein Wunder Palpatines Order 66 überlebt haben. Tief unten, in den zwielichtigen Slums von Coruscant, schlägt er sich nun als Privatdetektiv durch. Während er versucht, Menschen in Not zu helfen und dabei seine Jedi-Identität zu verschleiern, setzt er alles daran, den Häschern des Imperators immer einen Schritt voraus zu sein. Doch als Jax vom Tod seines alten Meisters erfährt und eine beschwörende letzte Nachricht von ihm erhält, bleibt ihm nichts anders übrig, als die trügerisches Sicherheit der Schatten zu verlassen und das Vermächtnis seines Meisters zu ehren - auch wenn dies bedeutet, dass die Schergen der Dunklen Seite der Macht nun seine Fährte aufgenommen haben …

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Nähere Infos und weitere Bände unter:

www.paninicomics.de

IM ZWIELICHT

(CoruscantNights I)

Roman

Michael Reaves

Ins Deutsche übertragen

von Andreas Kasprzak

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation

in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische

Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Deutsche Ausgabe 2014 by Panini Verlags GmbH, Rotebühlstraße 87,

70178 Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten.

© 2014 Lucasfilm Ltd. & TM.

Titel der Amerikanischen Originalausgabe:

„Star Wars: Coruscant Nights I – Jedi Twilight“ by Michael Reaves,

A Del Rey ® Book, published by The Random House Publishing Group.

No similarity between any of the names, characters, persons and/or institutions in this publication and those of any pre-existing person or institution is intended and any similarity which may exist is purely coincidental. No portion of this publication may be reproduced, by any means, without the express written permission of the copyright holder(s).

Übersetzung: Andreas Kasprzak

Lektorat: Marc Winter für Grinning Cat Productions

Redaktion: Mathias Ulinski, Holger Wiest

Chefredaktion: Jo Löffler

Umschlaggestaltung: tab indivisuell, Stuttgart

Satz und eBook: Greiner & Reichel, Köln

ISBN 978-3-8332-2962-6

Gedruckte Ausgabe: 1. Auflage, August 2014

ISBN 978-3-8332-2906-0

www.starwars.com

www.paninicomics.de

Für Michael Meadows.

DRAMATIS PERSONAE

DALPERHI; Unterlord der Schwarzen Sonne (Mensch)

DARTHVADER; Dunkler Lord der Sith (Mensch)

DENDHUR; ehemaliger HoloNet-Nachrichtenreporter (Sullustaner)

EVENPIELL; Jedi-Meister (Lannik)

HANINUMTYKRHINANN; Darth Vaders persönlicher Adjutant (Elomin)

I-5YQ; Protokolldroide

JAXPAVAN; Jedi-Ritter (Mensch)

KAIRD; Mitglied der Schwarzen Sonne (Nediji)

LARANTHTARAK; Jedi-Paladinin und Freiheitskämpferin (Twi’lek)

NICKROSTU; ehemaliger Major der Armee der Republik, Freiheitskämpfer (Mensch)

PRINZXIZOR; Mitglied der Schwarzen Sonne (Falleen)

Nun, wenn Droiden denken könnten, wäre keiner von uns hier, nicht wahr?

– OBI-WANKENOBI

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …

1. TEIL

LEBEN IN KRIEGSZEITEN

1. Kapitel

Auf den untersten Ebenen, in den tiefen, urbanen Schluchten des Stadtplaneten Coruscant, bekam man in der Tat nur selten Sonnenlicht zu sehen. Für die Bewohner der verschnörkelten, leuchtenden Wolkenschneider, Himmelstürme und Superhimmelstürme – welche bis zu zwei Kilometer in die Höhe ragten – mochte die Sonne etwas Selbstverständliches sein, genauso wie die anderen Annehmlichkeiten des Lebens. Das WetterNetz garantierte, dass es erst nach der Abenddämmerung oder noch später regnete, und das strahlende, goldene Sonnenlicht wurde einfach als etwas Normales vorausgesetzt – ebenso wie die Luft zum Atmen.

Doch Hunderte Stockwerke unter den obersten bewohnten Etagen der großen Türme, Zikkurats und Minarette, in Bereichen, die sich de facto sogar unter der Oberfläche des Stadtplaneten befanden, sah die Sache anders aus. Hier lebten und starben Hunderttausende Menschen und Vertreter anderer Spezies, ohne auch nur einmal den sagenumwobenen Himmel gesehen zu haben. Hier war das Licht, das durch die allgegenwärtigen grauen Inversionsschichten herabsickerte, bleich und fahl. Der Regen, der die Oberfläche erreichte, war fast immer sauer, und zwar in solchem Maß, dass er bisweilen winzige Rillen in das Ferrokarbon der Grundmauern fraß. Man mochte kaum glauben, dass etwas in diesen trostlosen Gräben überleben konnte. Doch selbst hier hatte sich das Leben, intelligentes ebenso wie anderweitiges, schon vor langer Zeit an das ewige Zwielicht und die beengten Verhältnisse angepasst.

Ganz unten, am Grund dieser Schluchten, im vielfarbigen Pulsieren der Lichter und Schilder, labten sich Steinmilben und Kabelwürmer am technologischen Abfall. Durabetonschnecken fraßen sich blind einen Weg durch den Müll, Fledermausfalken bauten ihre Nester in der Nähe von Energiewandlern, um ihre Eier warm zu halten, und Panzerratten und Spinnenschaben krochen auf der Jagd durch zwei Stockwerke hohe Abfallberge. Sie und Millionen anderer Arten opportunistischer und parasitärer Organismen – von einzelligen Tierchen bis hin zu Wesen, die intelligent genug waren, sich an einen anderen Ort zu wünschen – versuchten verbissen, hier zu überleben, und ihr Kampf unterschied sich gar nicht mal so sehr von dem auf Tausenden von Dschungelwelten. Auch die Ausgestoßenen der Galaxis, eine bunte Mischung empfindungsfähiger Wesen, die von denen weiter oben einfach nur als „Unterweltler“ bezeichnet wurden, bestritten hier ein Dasein aus Gewalt und Verzweiflung. Schließlich war dies hier lediglich eine andere Art von Dschungel – und wo es einen Dschungel gibt, gibt es auch stets Jäger.

Even Piell hatte Glück gehabt. Auf dem von Gewalt heimgesuchten Planeten Lannik in eine verarmte Familie hineingeboren, hatten die Jedi ihn wegen seiner Verbundenheit mit der Macht im Kleinkindalter geholt, und er war im Tempel aufgewachsen, weit entfernt von der Armut und dem Elend, die ihm einst als das unausweichliche Geburtsrecht seines Heimatplaneten erschienen waren. Zugegeben, sein Leben war äußerst asketisch, aber es war auch geordnet, sauber und – ganz besonders wichtig – zielgerichtet. Es diente einem Zweck. Er war Teil einer Sache, die größer war als er selbst, eines edlen und verehrten Ordens, dessen Geschichte Hunderte von Generationen zurückreichte. Er war ein Jedi-Ritter gewesen – doch jetzt war er ein Ausgestoßener.

Jene, die ihn kannten, respektierten den kleinwüchsigen Humanoiden für seine Furchtlosigkeit und seine Kampfkünste – und sie taten gut daran. Hatte er nicht Myk’chur Zug, einen Terroristen der Roten Iaro, zur Strecke gebracht, obwohl es ihn ein Auge gekostet hatte? Hatte er nicht die Schlacht von Geonosis überlebt und während der Klonkriege viele weitere Gefechte aufseiten der Republik bestritten? Man konnte zu Recht behaupten, dass Even Piell nie in seinem Leben vor einem Kampf zurückgeschreckt war. Ausgestattet mit einem Lichtschwert und einem Ziel, von dem er überzeugt war, gab es keinen mutigeren Krieger auf zwei Beinen – oder auf vier oder auf sechs. Doch jetzt … jetzt war alles anders. Zum ersten Mal in seinem ganzen Leben kannte er nun Furcht.

Hastig schob Even sich durch die bunte Menge, die den Zi-Zhinn-Markt bevölkerte – ein euphemistischer Name für ein dauerhaftes, chaotisches Straßenfest auf der 17. Ebene von Sektor4805, einem Teil des äquatorialen Streifens, der auch als Zi-Kree-Sektor bekannt war – zumindest auf den oberen Ebenen. Hier unten, unter der Schicht aus Rauch und Nebel, wurde er nur der Rote Korridor genannt. Die unteren Ebenen von Coruscant waren generell kein begehrter Lebensraum, aber manche Gegenden waren regelrechte Brennpunkte für Ärger: der Südliche Untergrund, der Fabrikendistrikt, die Hüttenstadt, die Schwarzgrubenslums – farbenfrohe Titel, die der harschen Realität des Lebens unter der ewigen Smogschicht nicht ansatzweise gerecht wurden. Doch ironischerweise konnte man nur in Ghettos wie diesen, zwischen Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, ein gewisses Maß an Anonymität und Sicherheit finden.

Even war nicht sicher, wie viele Jedi noch lebten, aber er wusste, dass es nicht sehr viele sein konnten. Das Blutbad, das auf Geonosis begonnen hatte, war hier auf Coruscant und auf anderen Welten wie Felucia und Kashyyyk ohne jede Gnade fortgesetzt worden. Barriss Offee war tot, ebenso Luminara Unduli, Mace Windu und Kit Fisto, und Plo Koons Sternenjäger war über Cato Neimoidia abgeschossen worden. Soweit Even wusste, war er das einzige hochrangige Mitglied des Rates, das dem Massaker im Tempel entgangen war.

Es fiel ihm noch immer schwer, alles zu begreifen. Es war so schnell gegangen. Ein paar wenige, kurze Tage, und er hatte alles aufgeben müssen. Nie wieder würde er zu den fünf Türmen des Jedi-Tempels hinaufblicken oder über die blumengesäumten Pfade der privaten Gärten und die Mosaikböden der Säle schreiten. Nie wieder würde er stundenlange, stimulierende Diskussionen mit den anderen Gelehrten aus dem Rat des Ersten Wissens führen, nie wieder im Archiv interstellaren Geheimnissen nachspüren oder mit seinen Jedi-Brüdern und -Schwestern die sieben Formen des Lichtschwertkampfes üben.

Doch er konnte nicht aufhören, anderen durch den Einsatz der Macht zu helfen. Die Macht zu verleugnen, das hieße, sich selbst zu verleugnen. Aus Angst, er könnte entdeckt werden, hatte er sie nicht in der Öffentlichkeit eingesetzt, solange es ging. Hilflos hatte er die alltäglichen Grausamkeiten der Übergangszeit mit angesehen, das Chaos und die Anarchie, die den Sturz des Galaktischen Senats und den Aufstieg des neuen Imperators begleitet hatten. Voller Verbitterung hatte er seine Abscheu und Betroffenheit unterdrückt, den verzweifelten Wunsch, etwas zu tun, um diesen nicht enden wollenden Albtraum aufzuhalten. Er war Zeuge geworden, wie Klonkommandanten unter dem Joch der Order 66 seine Jedi-Freunde ermordet hatten, wie Tempelangestellte und Lehrmeister vom Blasterfeuer niedergemäht worden waren, und am schlimmsten von allem: Er hatte die Schreie der Kinder und jungen Padawane gehört, als sie dem Tod ins Auge blickten.

Und er war geflohen. In jener schicksalhaften Nacht, als Zerstörung vom Himmel regnete und Sturmtruppen durch die Straßen marschierten, waren Even Piell und die anderen – die wenigen anderen –, die überlebt hatten, vor dem Massaker fortgerannt. Bis jetzt.

Vorsichtig und verstohlen schritt Even zwischen den flackernden Neonlichtern dahin. Mit Bedacht eingesetzt erlaubte die Macht es ihm, sich so gut wie unbemerkt unter den verschiedensten Spezies – Bothaner, Niktos, Twi’leks, Menschen – zu bewegen, und selbst die wenigen, die ihn wahrnahmen, hatten ihn im nächsten Moment schon wieder vergessen. Fürs Erste war er sicher – aber nicht einmal die Macht konnte ihn ewig beschützen.

Seine Verfolger kamen näher. Er kannte ihre ID-Nummern nicht, doch selbst wenn, hätte das keinen Unterschied gemacht. Sie waren Sturmtruppen, geklonte Soldaten, herangezüchtet in den Bottichen von Tipoca-Stadt auf der Wasserwelt Kamino oder an anderen Orten, Krieger, dazu erschaffen, furchtlos für den Ruhm der Republik zu kämpfen und ohne Frage den Befehlen der Jedi zu gehorchen.

Doch das war vor der Order 66 gewesen. Er konnte sie in der Macht spüren, und ihre bösartigen Auren waren wie Eiswasser, das über seine Nerven rann. Sie kamen näher – er schätzte, dass sie nur noch etwas mehr als einen Kilometer entfernt waren, und duckte sich in einen Hauseingang. Die Tür war verschlossen, aber nach einer Handbewegung und einem bestätigenden Wogen in der Macht glitt die Metallplatte zögerlich zur Seite. Auf halber Strecke blieb sie mit einem kratzenden Quietschen stecken, doch der Spalt war breit genug für ihn, um sich hindurchzuquetschen.

Der Lannik eilte durch Räume, die dem Aussehen nach einst eine Spicehöhle beherbergt hatten. Liegen standen in Nischen entlang der Wände, und die Abdrücke in den Polstern kündeten noch von den Körpern, die dort gelegen hatten, ihr Geist losgelöst und in schläfriger Glückseligkeit gefangen. Es mochte fünfhundert Jahre her sein, dass dieser Ort zum letzten Mal benutzt worden war, aber Even hatte das Gefühl, als könnte er noch immer den geisterhaften Geruch des Glitzerstim wahrnehmen, der einst in dichten Schwaden die Luft und den Verstand der Besucher erfüllt hatte.

Zunächst fragte er sich noch, wie die Sturmtruppen ihn gefunden hatten. Er hatte die Macht mit großer Vorsicht eingesetzt, sich während der letzten zwei Standardmonate möglichst unauffällig verhalten und Unterkunft und Nahrung nur mit Credit-Chips oder Bargeld bezahlt. Es stimmte zwar, dass man nicht allzu viele Lannik sah, nicht einmal auf Coruscant, trotzdem war es ihm ein Rätsel, dass sie ihn so schnell aufgespürt haben sollten. Nicht, dass es jetzt noch einen Unterschied machte. Vielleicht hatte jemand ihn als eines der Ratsmitglieder erkannt und ihn gemeldet. Jetzt zählte nur noch, dass sie näher kamen, angetrieben von einem einzigen Ziel: einen Jedi zu töten – ihn zu töten.

Er hatte noch immer sein Lichtschwert, verborgen in der Innentasche seiner Jacke, aber er widerstand dem Drang, die Waffe zu ziehen, auch wenn sich der kühle Griff jetzt äußerst beruhigend zwischen den Fingern angefühlt hätte. Noch war nicht die Zeit dafür. Alles deutete jedoch darauf hin, dass sie bald gekommen sein würde. Sein letzter Kampf – er zweifelte nicht daran, dass es genau das wäre – durfte an keinem Ort stattfinden, wo Unschuldige ins Kreuzfeuer geraten konnten. Die Agenten des Imperiums mochten sich nicht um Kollateralschäden scheren, ein Jedi hingegen schon. Das allein war Grund genug für ihn, weiter zu fliehen, anstatt zu kämpfen. Doch es gab noch einen anderen Grund: die Mission, die er verfolgte. Sollte er sich seinen Verfolgern stellen, würde nicht nur sein eigenes Leben auf dem Spiel stehen. Hier ging es um viele andere, und um ihretwillen würde er das Unausweichliche so lange hinauszögern, wie es nur ging.

Durch einen halb verborgenen Durchgang führte der Weg aus der Spicehöhle in eine schwach beleuchtete, gewölbte Halle, weitläufig und mindestens drei Stockwerke hoch, wo sich vor langer Zeit ein Kasino befunden hatte. Even arbeitete sich zu einer Turboliftröhre vor, wobei er sich zwischen Möbelstücken und Spieltischen hindurchschieben musste, die so alt waren, dass einige von ihnen zu Staub zerfielen, wenn er sie streifte. Wie viele verlassene, trostlose Orte wie diesen gab es in den unteren Ebenen? Zweifelsohne Millionen, verborgen am Fuße der glänzenden, neuen Türme, wie Fäulnis, die sich langsam an der Wurzel eines Zahns ausbreitete. Die Hauptstadt der Galaxis ragte über einer gewaltigen Nekropolis auf, wie Blumen, die aus den Gräbern eines Friedhofs sprießen …

Even Piell schüttelte den Kopf, um sich von diesen Überlegungen zu befreien. Jetzt war nicht die Zeit, über die Vergangenheit nachzusinnen. Wenn er diese Nacht überleben wollte, brauchte er völlige Konzentration. Wie um diesen Gedanken zu bestätigen, hörte er, kaum wahrnehmbar, die Stimmen seiner Verfolger außerhalb des Gebäudes. Er erreichte den Lift – eine durchsichtige Transparistahlröhre – und trat auf die Plattform. Nichts geschah. Etwas anderes hatte er aber auch gar nicht erwartet. Die Ladung in den Repulsorplatten hatte sich im Lauf der Jahrhunderte entleert. Zum Glück war er nicht auf derlei Technologie angewiesen, um den Turbolift zu benutzen.

Es hieß, jeder würde die Macht auf eine andere Weise wahrnehmen. Für manche war sie wie ein Sturm, in dessen Auge man stand, sicher und ruhig, während man die Naturgewalten um sich herum kontrollierte. Für andere hingegen war sie ein Nebel, dessen dunstige Ausläufer sich manipulieren ließen, oder ein Glühen, das man dämpfen und erstrahlen lassen konnte. Doch diese Vergleiche waren unzureichend, dürftige Versuche, mit den fünf gewöhnlichen Sinnen begreifbar zu machen, was sich nicht beschreiben ließ. Im Vergleich zu dem Gefühl, eins mit der Macht zu sein, verblasste selbst der halluzinogenste Spicerausch zu einem schwachen Schatten.

Für Even persönlich ließ sich der Gebrauch der Macht am ehesten mit dem Eintauchen in warmes Wasser beschreiben. Es beruhigte ihn, entspannte ihn, erfüllte seine müden Muskeln mit neuer Kraft und schärfte seine Sinne. Er hob andeutungsweise den Arm, und die Macht verwandelte sich in einen Geysir, der ihn die gesamte Länge der Röhre nach oben trug. Bevor er die Decke erreichte, hörte er, wie die Tür, durch die er eben erst in den Raum gelangt war, eingetreten wurde …

Fünf Sturmtruppler drangen in voller Rüstung in den Raum ein. Sie hielten Blaster und Projektilwaffen, und einer von ihnen deutete zu Even hinauf. „Da!“, rief er. „In der Röhre!“ Die anderen folgten seinem Blick. Einer – den grünen Markierungen auf der Rüstung nach zu urteilen wohl ein Sergeant – hob seinen Blaster. Es war eine SE-14 von BlasTech, eine Pistole, die dieselbe konzentrierte Strahlenkraft wie ein Energiegewehr von doppelter Größe hatte.

Even wusste, dass die Kristastahlröhre einen Schuss geladener, subatomarer Partikel aus dieser Waffe nicht aufhalten würde, also beschleunigte er den Aufstieg. Unmittelbar, bevor er die Decke erreicht hatte, feuerte der vorderste der Sturmtruppler – aber nicht auf den Jedi, sondern auf die Stelle über ihm. Zu spät erkannte Even, was der Soldat vorhatte. Der Schuss traf die Röhre dort, wo sie in die Decke hineinführte, und der Kristastahl schmolz zu einer Masse zusammen, die den weiteren Aufstieg unmöglich machte. Piell konnte gerade noch rechtzeitig abbremsen. Eine Sekunde später drückte der Imperiale ein zweites Mal ab, und diesmal verwandelte er den Röhrenabschnitt unter den Füßen des Jedi in geschmolzene Schlacke.

Even konnte weder nach oben noch nach unten. Er saß in der Falle, wie ein Käfer in einer Flasche. Doch dieser Käfer hatte scharfe Zangen. Piell griff in seine Jackentasche und zog das Lichtschwert hervor. Noch ehe der Sturmtruppler, der gerade sorgsam den Blaster anlegte, einen weiteren Schuss abgeben konnte, hatte Even die Klinge aktiviert. Mit einem wütenden, elektronischen Zischen stach der Energiestrahl aus dem Griff, als könne er es gar nicht erwarten, nach all dieser Zeit wieder frei zu sein. Piell schwang die Klinge erst in die eine Richtung, dann mit dem Rückschwung in die andere und hackte so ein Loch in den Kristastahl. Anschließend ließ er die Macht durch sich hindurchströmen, ein unsichtbarer Wasserfall, der ihn aus der Röhre hinaus- und dann in einem weiten Bogen auf den Boden hinabtrug. Die fünf Soldaten feuerten mehrmals auf ihn, aber geleitet von der Macht wehrte Even die züngelnden, roten Strahlen mit seiner eigenen Waffe ab. Kein Schuss kam ihm auch nur nahe.

Trotz dieses kurzzeitigen Triumphs wusste Piell, dass der Kampf noch lange nicht gewonnen war. Die Sturmtruppen versperrten den Ausgang. Normalerweise wäre nicht einmal ein Verhältnis von fünf zu eins eine Herausforderung für einen in der Macht erprobten Jedi-Meister, aber Even war nun schon seit Wochen auf der Flucht. Er hatte nur wenig geschlafen und noch weniger gegessen, und der erfrischenden Wirkung der Macht zum Trotz war er weit von seiner Bestform entfernt. Hätte sich die Möglichkeit ergeben, hätte er nicht gezögert zu flüchten. Die Lehren der Jedi betonten, dass Zweckmäßigkeit wichtiger war als Mut. Doch in die Dunkelheit dieser uralten Halle zu rennen, wäre hoffnungslos gewesen. Die Imperialen würden ihn niedermähen wie einen reifen Yahi’i-Halm, sobald er ihnen den Rücken zukehrte. Nein, es gab nur einen Ausweg – und der führte direkt durch sie hindurch.

Die Sturmtruppen hatten ihn fast schon erreicht, als Even Piell Kampfhaltung annahm, sein Lichtschwert hob und sich ganz und gar der Macht hingab.

2. Kapitel

Nick Rostu lebte von geborgter Zeit. Das wusste er, und zwar seit nun bald drei Standardjahren schon. Seit jener Nacht im Kommandobunker auf Haruun Kal, als Iolus Vibroschild ihn aufgeschnitten hatte wie eine zerkochte Balawai-Fleischpastete. Er hatte die Wunde zugepresst, und allein die verschränkten Finger hatten verhindert, dass seine Eingeweide sich über den Durabetonboden ergossen, während er verkrümmt dagelegen hatte. Zunächst war er sich noch vage des entscheidenden Kampfes zwischen Mace Windu und Kar Vastor bewusst gewesen, der nur wenige Meter von ihm entfernt tobte, dann war auch dieses letzte Fünkchen Bewusstsein verblasst. Nick hatte das Gefühl gehabt, als würde der Planet unter ihm aufbrechen, und er war durch ihn hindurchgestürzt, hinaus in die Schwärze zwischen den Sternen.

Es hatte ihm nichts ausgemacht. Als Korun hatte er, soweit er sich erinnern konnte, stets nur den Krieg gekannt. Er war mehr als bereit für ein wenig Frieden – doch noch war ihm dieser Friede nicht vergönnt.

Als er zwei Tage später wieder zu sich gekommen war, hatte er sich an Bord einer MediStern-Fregatte befunden, unterwegs zurück zu den Kernwelten. Man hatte ihm gesagt, dass ihn allein seine Verbindung mit der Macht lange genug am Leben gehalten hatte, bis medizinische Hilfe eingetroffen war, und er hatte darum gebeten, dass die Narbe an seinem Bauch nicht entfernt wurde – sie sollte ihn stets daran erinnern, was geschehen konnte, wenn man auch nur einen Sekundenbruchteil unaufmerksam wurde.

Er hatte sich im Medizentrum von Coruscant erholt, mit der besten Pflege, die man sich nur wünschen konnte – dafür hatte der Jedi-Rat gesorgt. Mace hatte ihn dort besucht – anfangs fast täglich, aber dann immer seltener, als die Klonkriege immer weiter eskalierten. Nick hatte natürlich Verständnis dafür gehabt. Die Lage wurde immer kritischer. Die letzten beiden Male, als er Mace gesehen hatte, war das Gesicht des Jedi-Meisters von Sorge gezeichnet gewesen.

Windu hatte ihn für die silberne Tapferkeitsmedaille vorgeschlagen, die zweithöchste Auszeichnung für herausragenden Mut unter Beschuss, und die Zeremonie fand unmittelbar nach seiner Entlassung aus dem Medizentrum statt. Bei diesem Anlass wurde auch sein Rang als Major in der Großen Armee der Republik bestätigt, und während der nächsten beiden Jahre hatte Major Nick Rostu die 44. Division befehligt, eine Einheit aus Klonen und mehreren anderen Spezies, auch bekannt als Rostus Renegaten. Die 44. nahm an Schlachten auf Bassadro, Ando, Atraken und diversen anderen Planeten teil und zeichnete sich an jeder Front durch ihre Leistungen aus. Zumindest war das das Bild, das im HoloNet von ihnen gezeichnet wurde. Schließlich wollten die Loyalisten der Galaxis sich vergewissert sehen, dass der Krieg sich zugunsten der Republik entwickelte. Sie brauchten jeden Helden, den sie kriegen konnten, und so wurden Rostus Renegaten zu Superkämpfern erhöht, voller Elan und Schwung, die sich, kaum dass sie einen Feldzug abgeschlossen hatten, schon mit Feuereifer auf den nächsten Krisenherd stürzten.

Nick selbst hatte diese Zeit jedoch ein wenig anders im Gedächtnis. Er erinnerte sich an Tage in völligem Chaos, an zahllose Momente, in denen nur das Eingreifen der Verstärkung oder schieres Glück ihnen in letzter Sekunde das Leben gerettet hatten. Andererseits war das die passendste Definition eines Krieges, die ihm einfallen wollte, außerdem hatten sie anderen Divisionen denselben Dienst erwiesen. So glich sich also alles wieder aus.

Doch trotz der Entbehrungen, der Not, den extremen Bedingungen und der alles verschlingenden Furcht, die ein Krieg nun einmal mit sich brachte, wusste Nick, dass er Glück gehabt hatte. Er war einer der jüngsten Offiziere der Republik gewesen, und er hatte gewusst, sollte er die diversen Konflikte überleben, könnte er auf eine Militärkarriere in Friedenszeiten hoffen – aller Wahrscheinlichkeit nach gefolgt von einer komfortablen Pension, einer Familie, einer Eigentumswohnung, vielleicht im Arak-Dünen-Distrikt oder einer ähnlich gehobenen Lage, und zu guter Letzt von wohlgenährten Enkelkindern, die er auf seinen Knien schaukeln konnte. Es wäre vielleicht nicht das glanzvollste oder aufregendste Leben, aber es hätte ihm gereicht, und es wäre um Lichtjahre besser gewesen als das, was ihn auf Haruun Kal erwartet hätte – im besten Falle nämlich ein frühes Grab mit seinem Namen, vermutlich aber eher nur ein anonymer Erdhaufen.

Doch dann war alles ganz anders gekommen, und so fand sich Nick Rostu drei Jahre, nachdem er dank Iolu die Farbe seiner eigenen Eingeweide gesehen hatte, als Mitglied einer aufkeimenden Gruppe von Revolutionären wieder, die sich dem Widerstand gegen das neue Regime verschrieben hatten. In Nicks Ghôsh auf Haruun Kal hatten die Leute ein Sprichwort: Leg dich nicht mit einem Akk-Hund an. Ein guter Vorsatz, zumal in problematischen Zeiten wie diesen. Er war auf der Hauptwelt gewesen, als der Staatsstreich stattgefunden und sich über Nacht – so schien es ihm zumindest – alles verändert hatte, sogar der Name des Planeten. Aus Coruscant war das imperiale Zentrum geworden, wenngleich niemand, den Nick kannte, es so nannte. Plötzlich gab es eine neue Oligarchie in der Stadt, mit Palpatine an der Spitze. Plötzlich war die Armee der Republik die Armee des Imperiums, und es war offensichtlich, dass sie hart gegen jeden vorgehen würde, der nicht in die richtige Richtung salutierte. Plötzlich stand Nick Rostu vor einer Wahl: dem neuen Regime die Treue schwören oder sich einem Erschießungskommando stellen.

Dieses Ultimatum war ihm am selben Tag gestellt worden, als er von Mace Windus Schicksal erfahren hatte. Angeblich war der Jedi-Meister – sein Mentor, sein Fürsprecher, sein Freund – bei einem versuchten Attentat auf den Kanzler getötet worden. Es fiel Rostu schwer, das zu glauben. So gut, wie er Mace gekannt hatte, und angesichts von Palpatines skrupelloser Hetzkampagne gegen die Jedi war er sicher, dass es nicht Windu gewesen sein konnte, der sich eines Verrats schuldig gemacht hatte. Er dachte oft, dass er ohnehin die richtige Wahl getroffen hätte, aber er musste zugeben, dass ihm die Neuigkeit von Maces Tod die Entscheidung deutlich leichter gemacht hatte. Er hatte sich dem Repräsentanten des Imperiums gegenübergestellt, flankiert von zwei mit Blastern bewaffneten Sturmtrupplern, und ihm respektvoll – schließlich war der Mann unter der vorigen Regierung ein vorgesetzter Offizier gewesen – erklärt, dass er ihn mal gernhaben konnte. Anschließend hatte er sich einen der Blaster geschnappt, beide Soldaten und den Repräsentanten erschossen, ein Loch in das große Transparistahlfenster des Konferenzraumes gesprengt und sich hindurchgeschwungen, als der Rest der Sturmtruppen in den Raum stürzte und ein Trommelfeuer in seine Richtung entfachte.

Sie hatten ihn verfehlt – vermutlich hatten sie kurz gezögert, weil sie noch nie gesehen hatten, wie jemand freiwillig aus einem Fenster im 210. Stock sprang. Nick war auch nicht von der Idee begeistert gewesen, aber es hatten sich ihm leider nicht allzu viele Alternativen geboten, abgesehen davon, sich zu einem Brikett verbrennen zu lassen. Zum Glück hatte er noch ein Ass im Ärmel gehabt: seine Verbindung zur Macht. Das war etwas, was er mit allen Bewohnern von Haruun Kal gemein hatte. Den Grund dafür kannte niemand, es hielt sich aber eine Theorie, wonach alle Korunnai die Abkömmlinge einer Jedi-Mannschaft wären, deren Schiff vor vielen Jahrtausenden auf dem Planeten abgestürzt war. Doch welchen Umständen er diese Fähigkeit auch verdankte, hin und wieder war sie ganz nützlich. Zum Beispiel, als sie Nick verraten hatte, dass sich in jenem Moment ein mit Nerfpelzen beladener Schwebeschlepper gerade mal zehn Meter unterhalb des Fensters befand.

Schließlich hatte er sich auf die niederen Ebenen unter der omnipräsenten Inversionsschicht durchgeschlagen, in die dunkle Unterwelt an der Oberfläche. Schon in der ersten Nacht dort war er beinahe von einer Gang mit dem ungewöhnlichen Namen Purpurzombies ermordet worden, und der Großteil der Credits, die er bei sich gehabt hatte, war für eine von Blasenflöhen verseuchte Schlafstatt und eine gegrillte Panzerratte am Stand eines Straßenverkäufers draufgegangen. Das nannte man wohl sozialen Abstieg …

Sechs Wochen später, nachdem er drei Kilogramm und den Großteil seiner Gutmütigkeit verloren hatte, hatte er einer Kitonak-Händlerin das Leben gerettet. Das tat er, indem er sich einem trandoshanischen Antennenknicker in den Weg stellte, der geschickt worden war, um für einen lokalen Gangster Schutzgeld einzutreiben. Rückblickend war diese Tat in etwa so vernünftig gewesen, als hätte ein Schwertschlucker beschlossen, seine Kunststücke fortan mit einem Lichtschwert vorzuführen, aber damals hatte er es für eine gute Idee gehalten. Der Spitzname des Trandoshaners war Brecher – oder vielleicht Drescher; sein Akzent war zu undeutlich gewesen, um das mit Gewissheit sagen zu können. In jedem Fall war es ein passender Name. Der schuppige Schläger war so erzürnt gewesen, als Nick ihn bat, die pummelige, kleine Humanoide in Ruhe zu lassen, dass er Rostu mit einem Hieb quer über die schmale Straße befördert hatte. Beinahe wäre der Korun durch einen Spalt in der Wand in eine der gigantischen, lärmerfüllten Müllgruben gestürzt, welche über die Slums und Industriegebiete von Coruscant verteilt waren.

Brecher – oder Drescher – war nicht groß, aber er hatte Masse – mindestens hundertfünfzig Kilo, vielleicht auch mehr, und jedes Gramm davon hatte sich auf Nick gestürzt, begleitet vom Kampfschrei einer halb von Schleim erstickten Stimme. Rostu hatte gerade noch ausweichen können, sodass der Totschläger an ihm vorbeisauste und kreischend in die Müllgrube hinunterfiel. Dieses lang gezogene Kreischen fand ein abruptes Ende, und nach dem feuchten Knirschen zu schließen, das darauf folgte, vermutete Nick, dass Brecher/Drescher als saftiger Happen für ein Dianoga geendet hatte, einen der gewaltigen Müllwürmer, die in den Gruben hausten. Rostu verspürte aber keinen Drang, sich Gewissheit zu verschaffen.

Wie sich herausstellte, war die Kitonak-Händlerin Mitglied einer frisch gegründeten imperiumsfeindlichen Bewegung, die sich „die Peitsche“ nannte. Sie erzählte ihren Waffenbrüdern von Nick und lobte seinen Mut in den höchsten Tönen, woraufhin man ihm anbot, sich ihrem Kampf gegen das neue Regime anzuschließen. Sie boten ihm keine Bezahlung, wenig Ruhe und ständige Gefahr – Rostu konnte keinen großen Unterschied zwischen der Peitsche und der Widerstandsbewegung in seiner Heimat auf Haruun Kal erkennen. Dennoch hatte er sich einverstanden erklärt. Schließlich war er ein Deserteur und ein Mörder, und jeder Sturmtruppler hatte Befehl, ihn sofort zu erschießen. Die Organisation bot ihm Sicherheit – oder zumindest ein zweifelhaftes Gefühl von Sicherheit –, denn zumindest wäre er dort nicht allein. Und welche andere Wahl hatte er schon? Er war ein Soldat – dazu war er ausgebildet, das war alles, was er kannte. Ob er nun für die Hochland-Befreiungsfront oder die Große Armee der Republik kämpfte, es machte keinen echten Unterschied. Die Uniform war eine andere, aber die Aufgabe war stets dieselbe.

Es war nicht so, als würde es ihm Vergnügen bereiten, in diesem oder irgendeinem anderen Krieg zu kämpfen. Im Gegensatz zu all den Klonen wusste er nämlich sehr wohl, was Angst war, und er war dankbar dafür. Er hatte einmal gesehen, wie eine Phalanx von Klonsoldaten furchtlos einen Hügel erstürmt hatte, der von dreimal so vielen Droidekas verteidigt wurde. Keiner der Klone hatte auch nur gezögert, obwohl die meisten von ihnen im Feuer der Laser-, Plasma- und Partikelstrahlen zerfetzt worden waren, als wären sie Flimsiplastfiguren. Nur ein Viertel der Phalanx hatte diesen Sturmangriff überlebt, aber sie hatten den Hügel eingenommen.

Allen Gefahren zum Trotz bot der Krieg allerdings auch ein seltsames, fast schon tröstliches Gefühl der Sicherheit, bedingt durch die Regeln und Regularien des Militärlebens. Nick war keiner dieser Offiziere, die übereifrig mit den Hacken klickten, aber abseits von Simulationsholos und virtuellen Trainingseinheiten keinerlei Kampferfahrung hatten. Selbst als Anführer seiner eigenen Einheit hatte er den schwachsinnigen Befehlen von Schreibtischgenerälen folgen müssen, und mehr als einmal hätten sie ihn beinahe den Kopf gekostet. Die meisten dieser auf Hochglanz polierten Offiziersfrischlinge knickten nach ihrem ersten oder zweiten Feldzug ein, sofern sie überhaupt lebend daraus zurückkehrten.

Rostu hatte stets nach vorne geblickt, wie so viele andere, einem dauerhaften Frieden entgegen, sobald Dooku, Grievous und der Rest endlich aus dem Weg geräumt wären, einer Zeit, da er die Beine hochlegen und sich ein wenig ausruhen konnte – einer Zeit der Heilung. Stattdessen fand er sich nun hier wieder, zusammengekauert hinter dem rostigen Schutzblech einer ausgemusterten Bauraupe, hinter sich sechs weitere Männer, die angespannt warteten, während ein Quintett von Sturmtrupplern vorbeieilte. Nick schnappte ein paar Gesprächsfetzen auf, und man musste keine tatooinische Hirnspinne sein, um daraus zu schließen, dass sie hinter einem Jedi her waren. Allein, ob es sich dabei um einen Padawan, einen Ritter oder einen Meister handelte, blieb unklar.

Während seiner Dienstzeit und durch seine Freundschaft mit Mace Windu hatte Rostu zahlreiche Jedi kennengelernt, darunter auch ein paar Mitglieder des Rates – und soweit er wusste, waren alle von ihnen inzwischen tot oder „zur Macht zurückgekehrt“, wie einige Jedi selbst es gerne ausdrückten. Doch Nick hatte generell nicht viel für Theorien und Philosophien übrig, die Spekulationen über das Jenseits beinhalteten. Für ihn war das Leben im Diesseits schon anstrengend genug. Der Gedanke, das Ganze noch einmal durchmachen zu müssen, war ermüdend.

Nick blickte über die Schulter und bedeutete seinem Team mit einer Kopfbewegung, den Imperialen zu folgen. Keiner der Männer zögerte, als sie sich in Bewegung setzten. Die Sturmtruppen stets in Sichtweite schlich Nick lautlos durch die verwaisten Straßen. Um diese Zeit gab es hier unten nie sonderlich viel Fußverkehr, und die wenigen Nachtschwärmer änderten besonnenerweise die Richtung, sobald die bewaffneten Soldaten um die Ecke marschierten.

Kurz darauf blieben die Sturmtruppen vor einer halb offen stehenden Tür an einem verlassenen Gebäude stehen. Nick lauschte angestrengt, während sie darüber diskutierten, ob ihre Zielperson sich dort drinnen versteckt haben konnte. Die Entscheidung, den Ort zu durchkämmen, war aber schnell gefällt, nachdem einer der Uniformierten einwarf, dass der Durchgang, den Spuren im Staub und Schmutz nach zu schließen, erst vor Kurzem geöffnet worden war. Ein Tritt von einem der Soldaten reichte, um die Tür ganz aufzuzwingen, und dann verschwanden die Sturmtruppler mit feuerbereiten Waffen im Innern.

„Gehen wir“, flüsterte Nick. „Vielleicht sitzt dort drin ein Jedi in der Falle.“

„Vielleicht sitzen wir gleich auch dort drin in der Falle, wenn wir uns nicht erst umsehen“, entgegnete Kars Korthos. Er war ein kleiner, kompakter Mann voll nervöser Energie, die stets kurz davor war, hervorzubrechen wie eine Sonneneruption. Doch auf seinen Instinkt war in der Regel Verlass.

Nick überlegte. Kars hatte nicht unrecht. Sie sollten das Gebäude zumindest auf weitere Ein- und Ausgänge überprüfen, bevor sie …

Tief aus dem abschreckenden Inneren des Gebäudes erklang das Geräusch von Blasterfeuer.

„Wir gehen rein“, sagte Nick, dann zog er seinen Blaster und trat hastig durch die Tür.

„Sieht ganz so aus“, stimmte Kars zu, während er ihm mit den anderen folgte.

3. Kapitel

Die Macht war eine unsichtbare Stromschnelle, die Even Piell mit sich trug, so leicht und mühelos, als wäre er ein Jekka-Same in schäumendem Wasser. Er gab sich ihr hin, wie er es vor langer Zeit gelernt hatte, ließ sich von ihr leiten und lenken, und sie machte seine offensiven und defensiven Aktionen schneller und präziser, als sein Bewusstsein sie je hätte ausführen können. Das Blasterfeuer der Sturmtruppen wurde in blendend grellen Lichtexplosionen von seiner Klinge abgelenkt, sodass die Schüsse harmlos in die Wände fuhren.

Er erkannte, dass ihm noch eine kleine Überlebenschance blieb: Falls er einen Machtsprung über die Imperialen hinweg machte, könnte er die Tür erreichen. Der Sprung müsste natürlich perfekt ausgeführt werden, und es stand zu befürchten, dass seine Gegner mit diesem Manöver vertraut sein würden. Doch noch während ihm diese Gedanken durch den Kopf huschten, schnellte er bereits auf die fünf Sturmtruppler zu, von denen jeder mindestens doppelt so groß und schwer war wie er selbst.

Dieser unerwartete Zug gereichte ihm zum Vorteil – offenbar hatten die Soldaten noch keine Erfahrung mit diesem speziellen Manöver gesammelt. Even stieß sich vom Boden ab und ließ sich von der Macht in die Höhe tragen. Sie verlagerte sein Gewicht, spannte seine Muskeln, drehte ihn herum, dass er mit dem Gesicht zu seinen Widersachern landen würde. Seine Technik war makellos, seine Füße berührten perfekt ausbalanciert den uralten Parkettboden, sein Lichtschwert war kampfbereit erhoben. Die verwirrten Sturmtruppen wirbelten herum und begannen, wild in seine Richtung zu feuern, aber Evens Hoffnung wuchs, während er ihre Schüsse abwehrte und zurückwich. Der Eingang lag nur ungefähr fünf Meter hinter ihm. Falls er es bis dorthin schaffte …

Einer der Soldaten zog ein rundes Objekt von seinem Gürtel und hob es, als wollte er es werfen.

Eine Granate, erkannte Piell. Sie verlieren die Nerven, dachte er. Wenn ich ihre Energiestrahlen ablenken kann, sollte ihnen doch klar sein, dass ich auch kein Problem haben werde, eine …

Zu spät wurde ihm klar, was der Sturmtruppler vorhatte. Das Objekt, das er in der Hand hielt, war eine Lumagranate, und der Mann hatte gar nicht die Absicht, sie zu werfen. Stattdessen ließ er sie einfach auf den Boden fallen, nachdem er sie aktiviert hatte. Bevor Even seine Augen abschirmen oder auch nur schließen konnte, löste sich die Granate in einem Wirbel gleißend strahlender Helligkeit auf, die die ganze Welt hinfortbrannte.

Dank der polarisierenden Gläser in ihren Helmen konnte das Licht den Imperialen nichts anhaben. Sie konnten Even weiterhin sehen, er hingegen sah nur noch Farbflecken auf seiner verbrannten Netzhaut. Doch sie waren Narren zu glauben, dass ihnen das einen Vorteil verschaffte. Durch die Macht konnte ein Jedi besser „sehen“ als selbst die schärfsten Augen.

Während Even weiter zurückwich und das Lichtschwert in einem abwehrenden Muster schwang, um das Sperrfeuer an Energieblitzen abzublocken, griff er mit der Macht hinaus und ließ sie tun, wozu seine kurzzeitig geblendeten Sehnerven nicht in der Lage waren. Er wunderte sich noch immer über die Naivität seiner Gegner, da flog ihm ein weiteres Objekt entgegen. Die Wellen, die es in der Macht erzeugte, ließen auf einen weiteren kleinen, runden Gegenstand schließen, vermutlich eine zweite Granate – und diese würde bei Kontakt explodieren, das spürte er. Falls er sie mit seinem Lichtschwert abwehrte, könnte sie detonieren. Even hob die Hand, um mit einem Machtstoß ihre Richtung zu ändern …

Im selben Moment feuerte ein Sturmtruppler seinen Blaster ab, doch er zielte nicht auf den Jedi. Der Energiestrahl traf die Granate, die auf ihn zusegelte, und ließ sie explodieren.

Sie hatten ihn überrumpelt, das wurde ihm nun klar. Die Lumagranate war nur ein Ablenkungsmanöver gewesen, um seine Deckung mit ihrem eigentlichen Angriff zu durchbrechen. Die Druckwelle prügelte auf ihn ein, hob ihn von den Füßen und schleuderte ihn nach hinten, gegen eine der Säulen, die die Decke stützten. Die Macht hatte ihn davor bewahrt, zu Staub zu verbrennen, aber auf die Säule war er nicht vorbereitet gewesen. Even spürte, wie seine Knochen brachen und Organe platzten, als er mit schrecklicher Wucht gegen das unnachgiebige Fiberplast donnerte. Er merkte gar nicht, dass er schrie.

Vage, wie aus weiter Ferne, nahm er ein plötzliches Brodeln in der Macht war, wie ein glatter Teich, in den man ohne Vorwarnung einen Stein schleuderte. Er hörte die überraschten Rufe seiner Feinde, die Schüsse von Blastern, deren Zischen aber eine leicht andere Tonlage hatte als die der Sturmtruppen. Mit dem letzten, schwindenden Funken Bewusstsein erkannte Even Piell, dass ihm jemand zu Hilfe gekommen war – nur leider zu spät.

Nick hörte den Schrei, als er und seine Kameraden in das alte Kasino stürmten. Vielleicht sechs Meter entfernt konnte er eine kleine, zusammengekauerte Gestalt am Fuß einer Säule ausmachen und ein Stück hinter ihr die fünf Sturmtruppler, die bereits das Feuer auf die Neuankömmlinge eröffneten. Die ersten Schüsse sausten weit an ihnen vorbei, aber in einer Sekunde würden sie sich von ihrem Schrecken erholt haben, und dann würden sie Nick und sein Team zielsicher niedermähen. „Macht sie fertig!“, brüllte er, während er den Blaster zückte und nach vorne sprang, um den Beschuss der Imperialen auf sich zu lenken. Er landete auf dem Boden, rollte sich unter einer Salve von Energiestrahlen hinweg und richtete sich auf ein Knie auf, die Waffe erhoben. Ein Schuss des vordersten Sturmtrupplers verbrannte das Parkett, wo Rostu gerade noch gekauert hatte, aber er biss die Zähne zusammen und achtete nicht weiter darauf. Stattdessen drückte er selbst den Abzug, und einer der Soldaten wurde nach hinten geschleudert. Um die Rüstung der Imperialen zu durchdringen, wäre schon ein Treffer aus unmittelbarer Nähe und bei maximaler Energieeinstellung nötig, aber der Schuss sollte den Kerl zumindest eine Weile betäuben.

Im Hintergrund war der Schusswechsel zwischen den verbliebenen Sturmtruppen und seinen Leuten zu hören, aber Nicks ganze Aufmerksamkeit galt in diesem Moment der kleinen Gestalt, die völlig reglos am Boden lag. Rostu erkannte sie sofort – Even Piell. Er eilte an die Seite des Jedi, aber schon ein erster Blick zeigte ihm, dass er nichts tun konnte. Es war offensichtlich, dass Meister Piell schwere innere Verletzungen und – dem unnatürlichen Winkel nach zu urteilen, in dem die Gliedmaßen vom Körper abstanden – auch zahlreiche gebrochene Knochen hatte. Als wäre das nicht schon schlimm genug, deuteten die Krümmung seines Rückens und seines Beckens darauf hin, dass die Wirbelsäule durchtrennt worden war.

Nick hatte schon auf diversen Schlachtfeldern Grausames gesehen: Soldaten, denen Arme oder Beine fehlten, die von Granatsplittern zerfetzt oder teilweise verbrannt waren. Es war eine lange Liste und eine, die er jetzt lieber nicht durchgehen wollte, aber nicht einmal er hatte erlebt, dass ein Wesen, das so viel Schaden erlitten hatte, noch lebte. Die meisten gewöhnlichen Personen wären schon längst durch den Blutverlust und den Schock gestorben. Allein die Macht hielt den Jedi noch am Leben, aber auch damit wäre es bald vorbei – das spürte Nick. Er hatte den Lannik nicht sehr gut gekannt, aber doch genug über ihn gewusst, um großen Respekt vor ihm zu haben. Dass er eine Explosion in nächster Nähe überlebt hatte, und sei es auch nur kurzzeitig, war ein beeindruckender Beweis für seinen Mut und die Effizienz der Jedi-Ausbildung. „Es gibt keinen Tod, es gibt nur die Macht“, murmelte Rostu. Das war das finale Mantra des Jedi-Kodex. Etwas anderes wollte ihm nicht einfallen.

Meister Piells Augen klappten auf, und sein Blick richtete sich auf Nick. „Rostu?“, krächzte er. „Seid Ihr das?“

Nick blinzelte überrascht. Er war sicher gewesen, dass der Lannik höchstens noch ein oder zwei Minuten zu leben hatte, und nun war er plötzlich wieder bei Bewusstsein. „Ja, Meister Piell. Sprecht nicht. Ihr müsst Eure Kräfte sparen. Ich werde einen Arzt rufen, und dann werden wir Euch schon wieder …“

„Oh, seid kein Narr“, blaffte Piell, aber seine Stimme war kraftlos. „Sobald Ihr versucht, mich hochzuheben, werde ich auseinanderbrechen wie ein Holopuzzle, und das wissen wir beide. Jemand muss meine Mission zu Ende führen.“ Er hustete, und in Nicks Ohren klang es, als würde Glas zerbrechen. Nach einer kurzen Pause fuhr der Jedi fort: „Jetzt hört genau zu …“

Rostu kehrte zu seinen Kameraden zurück, die am Eingang warteten, und blickte sich um. „Die Sturmtruppen?“

„Sind entkommen“, erklärte Kars. „Den Verwundeten haben sie mitgenommen.“ Genaueres blieb er Nick schuldig, aber da ein anderes Mitglied der Gruppe, ein Nautolaner namens Lex Rogger, gerade eine Brandwunde an Kars’ Arm verband, beschloss Rostu, dass jetzt nicht der richtige Moment war, weitere Fragen zu stellen. „Was ist mit dem Jedi?“, wollte Korthos vielmehr wissen.

Nick seufzte und wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht. „Er ist tot. Aber“, fügte er mit einem Blick auf sein Team hinzu, „vorher hat er mir noch von der Mission erzählt, auf der er gerade war.“

„Und die sollen wir jetzt zu Ende führen“, vermutete Lex.

„Nein, nicht wir. Aber ich kenne genau den Richtigen für diese Aufgabe.“

4. Kapitel

Der Hutt wirkte äußerst ungehalten. Er hatte seinen gewaltigen Leib zu voller Größe aufgerichtet, sodass er über Jax aufragte, die knochenlose Masse seines Oberkörpers leicht platt gedrückt, als wollte er dadurch noch einschüchternder wirken. Es war eine atavistische Geste, wie Jax Pavan wusste, eine unbewusste Reaktion auf Gefahr, die aus einer Zeit rührte, als Hutts sowohl Raubtier als auch Beute gewesen waren. Doch dieses Wissen machte den Anblick nicht weniger beeindruckend. Rokko schien die gesamte Breite der geschwungenen Fußbrücke einzunehmen, auf der die vier standen – nicht, dass es einen Unterschied gemacht hätte, endete die Brücke doch auf halber Strecke in einem Gewirr gesprengten Ferrobetons und verbogener Duraniumstränge. Irgendwann musste hier ein Frachttransporter oder ein anderes Fahrzeug die Kontrolle verloren haben und durch die Brücke hindurchgestürzt sein. Man hatte sie nie instand gesetzt, was auf den unteren Ebenen aber nicht weiter verwunderlich war. Soweit es die Reichen der oberen Ebenen betraf, existierte die Welt unter dem Smogdunst gar nicht, warum also Credits für Reparaturen verschwenden?

Sich an diesem nicht gerade sicheren Ort zu treffen, war die Idee des Hutts gewesen, und er war nicht allein gekommen. Zwei seiner Schläger rahmten ihn ein, ein Klatooinianer und ein roter Nikto, die beide in angemessenem Maße bedrohlich dreinschauten. Rokko der Hutt war ein mächtiges Wesen, zumindest in den Schwarzgrubenslums, und er heuerte nur die besten Leute an. Jax hatte noch nie mit ihm zu tun gehabt, und wenn er die Miene der zu groß geratenen Schnecke richtig deutete, würde er vermutlich auch nie wieder mit ihm zu tun haben – oder mit sonst irgendjemandem.

Rokko bedachte ihn mit einem giftigen Blick. „Ich hätte wissen müssen, dass man einem Menschen nicht trauen kann.“ Seine Stimme klang wie Kies, der eine Rinne aus Alumabronze hinabrutschte. „Aber Braze hat dich in den höchsten Tönen gelobt. Ich hätte ihm nicht vertrauen dürfen – geschweige denn dir.“

„Du hast mich gebeten, diesen cereanischen Trickbetrüger Toh Revo Chryyx zu dir zu bringen“, entgegnete Jax. „Und das habe ich getan. Dass er Selbstmord begangen hat, bevor du ihn befragen konntest, ist nicht meine Schuld.“ Wie genau der Humanoide es geschafft hatte, sein Herz zum Stillstand zu bringen, war sowohl dem Hutt als auch Jax ein Rätsel, aber Pavan hatte Gerüchte gehört, wonach manche Cereaner durch Meditation und Selbstbeherrschung auch ihr vegetatives Nervensystem kontrollieren konnten. Nicht, dass das einen Unterschied machte. Alles, was zählte, war, dass der Hutt ihm fünfzehntausend Credits schuldete und offensichtlich nach einer Möglichkeit suchte, sich um die Zahlung zu drücken.

„Sehe ich wie ein Narr aus?“, brauste Rokko auf. „Unsere Abmachung war ganz klar, dass du ihn mir persönlich übergeben solltest – und zwar lebend. Du hast den Vertrag nicht erfüllt.“

„Er war lebendig.“ Jax hielt seine Stimme ruhig, aber es fiel ihm nicht leicht. „Er hat sich in dem Moment umgebracht, als er dich sah.“ Und wer könnte es ihm verübeln, fügte er in Gedanken hinzu. Rokko stand in dem Ruf, einer der rachsüchtigsten Gangster der Unterwelt zu sein. Sein Einfallsreichtum und sein Enthusiasmus, was immer neue Formen der Folter anging, hatten schon so manchem Kleinkriminellen Albträume beschert.

Die beiden Schläger des Hutts machten jeweils einen Schritt zur Seite, um ihn besser in die Zange nehmen zu können, aber Jax ignorierte sie und konzentrierte sich weiterhin auf Rokko. Die netzartigen Streifen, die sich in der Macht um den Körper des Hutts zusammenzogen, wurden immer dicker und dunkler. Inzwischen sah es fast aus, als wäre die überdimensionierte Schnecke in einen Kokon aus schwarzer Schimmerseide eingewoben. Mehrere Stränge hatten sich auch um seine Leibwächter geschlungen, und Jax konnte „sehen“, wie die Streifen um den riesigen Gastropoden sich außerdem in höhere Dimensionen ausstreckten, wo Zeit und Entfernung bedeutungslos waren. Dort waren sie mit all den anderen Wesen verbunden – auf dieser Welt und auf anderen –, die je den Einflussbereich des Hutts gestreift hatten. Einige von ihnen lebten noch, viele waren tot. Pavan sah keinen Grund, diesen Fäden zu folgen, um herauszufinden, wie es jenen ergangen war, die sich im Netz des Gangsters verfangen hatten. Rokko war skrupellos und gründlich. Er war nicht der Typ, der lose Enden hinterließ.

Was Jax ärgerte, war nur, dass er wissentlich mit einem Kriminellen Geschäfte gemacht hatte. Rokko schmuggelte Diebesgut im großen Stil, ein moderner Pirat, der sich nicht darum kümmerte, woher die Ware kam oder wie sie in seinen Besitz gelangte, und er schreckte auch nicht davor zurück, andere ins Unheil zu stürzen, wenn es ihm zum Vorteil gereichte. Er war grausam und rachsüchtig, und viele Wesen hatten den Tod gefunden, damit er weiter die feinsten Spicemischungen in seiner Hookah-Pfeife rauchen und sich an Delikatessen wie Cho Nor Hoola oder lebenden, saftigen Nuna gütlich tun konnte – und Jax Pavan, der einst ein Jedi-Ritter gewesen war, half ihm dabei.

Der Hutt machte eine abrupte, abtuende Handbewegung und drehte sich herum, um wieder in das Gebäude zu kriechen. „Wir sind hier fertig“, sagte er über seine nicht existente Schulter hinweg. „Der Vertrag wurde nicht erfüllt, ich bin also auch nicht zur Zahlung verpflichtet.“

„Das kann ich nicht akzeptieren“, entgegnete Jax. „Ich habe meinen Teil der Abmachung erfüllt.“

„Wenn du unzufrieden bist“, meinte Rokko noch, bevor er außer Sicht verschwand, „kannst du die Sache gerne mit meinen Geschäftspartnern ausdiskutieren.“

Jax drehte sich wieder zu dem Klatooinianer und dem Nikto herum. Der Erstere lächelte, während seine Hand zu dem tief um die Hüfte geschnallten Blaster glitt, Letzterer plusterte die Hautlappen um seinen Mund auf, was bei dieser Spezies das Äquivalent eines Lächelns war, dann griff auch er nach seiner Waffe. Gemeinsam kamen sie auf Pavan zu.

Jax blieb in gelassener Haltung stehen, die Hände an den Seiten. Er trug keine sichtbaren Waffen bei sich, abgesehen von dem Vibromesser in der Scheide am Gürtel, und er machte keine Anstalten, es zu zücken.

Der Klatooinianer stieß den Nikto mit dem Ellbogen an. „Typisch Mensch“, sagte er. „Bringt ein Vibromesser zu einer Schießerei mit.“

Jax wusste, es gab für ihn nur eine Möglichkeit, lebend aus dieser Sache herauszukommen. Er hatte keine Zeit mehr, sie seine Präsenz vergessen zu lassen, außerdem war er nicht sicher, ob es überhaupt funktionieren würde – ihre Blutgier war geweckt, ihr primitives Bewusstsein von der freudigen Erregung eines möglichen Mordes erfüllt. Also würde er die Macht auf weniger subtile Weise einsetzen müssen. Die „Geschäftspartner“ des Hutts zückten ihre Waffen fast zeitgleich, zweifelsohne in Erwartung leichter Beute. Doch einen Moment später war ihre Zuversicht verschwunden, ebenso wie ihre Waffen, als Jax zwei kleine, beinahe unmerkliche Handbewegungen machte. Die Blaster sprangen aus den Fingern der Schläger, schwebten zwei Meter durch die Luft und landeten mit einem leisen Klatschen in Pavans eigenen Händen. Seine Miene war weiterhin ruhig. „Typisch muskelbepackte Spicehirnis“, meinte er. „Wollen mit Blastern gegen die Macht ankommen.“

Die beiden Leibwächter blickten erst die Waffen an, die nun auf sie gerichtet waren, anschließend Jax und dann einander. Einen Augenblick später rannten sie in dieselbe Richtung davon, in die auch Rokko verschwunden war, wobei sie mehrmals auf der Schleimspur des Hutts ausrutschten und hinzufallen drohten.

Jax musste hastig zur Seite springen, um den beiden auf ihrer panischen Flucht auszuweichen. Als die Echos ihrer Schritte verhallten, sah er auf die Blaster in seinen Händen hinab. Ich hätte sie umlegen sollen, dachte er. Nun würde Rokko erfahren – und das vermutlich schon in ein paar Minuten –, dass Jax Pavan, mit dem er seit zwei Monaten Geschäfte machte, weit mehr war als nur ein gewöhnlicher Kopfgeldjäger.

Ich hätte sie umlegen sollen.

Doch Jax wusste, dass er das nicht hätte tun können, selbst wenn sein Handeln ebenso selbstmörderisch sein mochte wie das des Cereaners. Es war eine Sache, in der Hitze der Schlacht zu töten, aber jemanden kaltblütig hinzurichten, das war etwas völlig anderes. Immerhin hatte er jetzt zwei Blaster, die er zuvor noch nicht gehabt hatte, wenngleich es natürlich nicht sonderlich schwer war, Waffen zu erstehen, erst recht nicht in seinem Beruf. Er schob sie in die Taschen seines Mantels, trat an das Geländer und blickte in die Tiefe. Ein frostiger Windzug zerrte an ihm, und er schlug den Kragen hoch, um sich gegen die Kälte zu schützen. Er befand sich fünfundzwanzig Stockwerke über dem Boden, aber noch immer weit unterhalb der schmutzigen, graubraunen Smogschicht, die die wohlhabenderen Bewohner dieses Sektors vor dem unappetitlichen Anblick dieser heruntergekommenen Tiefen abschirmte. Ein wenig mehr als drei Monate waren vergangen, seitdem es ihn in diese Gegend verschlagen hatte.

Der Smog war an diesem Tag nicht allzu dicht, aber die Schatten der Gebäude, die hier so eng beieinander standen wie die Bäume in den Wäldern von Kashyyyk, hüllten trotzdem alles in Finsternis. Unterhalb der fünfzigsten Ebene gab es in diesem Sektor nur wenig Verkehr, insofern gab es kaum etwas, das ihm die Sicht nach unten versperrte. Auf der Straße summten ein paar Bodenskimmer weniger als einen Meter über der Oberfläche dahin; mehrere Einmannfahrzeuge, die sich Spinngleiter nannten, machten ihrem Namen alle Ehre, während sie von einer Spur auf die andere wechselten, gesteuert allein durch die Gewichtsverlagerung ihrer Fahrer; Rikschadroiden zogen ihre Gäste über die Fahrbahn. Die meisten Bewohner der Slums gingen aber zu Fuß – oder krochen oder schlängelten sich dahin. Oder sie bewegten sich auf andere Weise aus eigenem Antrieb. Die Straßen waren erfüllt von Verkäufern, Händlern, Herumtreibern und Dieben …

Es war, als würde Jax durch ein magisches Portal einen vernachlässigten Planeten im Äußeren Rand betrachten. Kaum zu glauben, dass er noch immer auf Coruscant war, dem Kronjuwel der Kernwelten. Während seiner Zeit als Padawan hatte er zweimal hier herunterkommen müssen, aber beide Male in Begleitung seines Meisters und nur auf kurzen Botengängen. Die Armut und der Schmutz hatten ihn angewidert, und er war ungemein glücklich und erleichtert gewesen, als er wieder in den Schutz des Tempels zurückkehren konnte. Natürlich hatte er sich schuldig gefühlt, derartige Gefühle zu hegen, aber er hatte sie nicht leugnen können. Er wusste noch, er hatte sich gewundert, wie irgendjemand in einer so hoffnungslosen Umgebung überleben konnte. Jetzt kannte er die Antwort: mehr schlecht als recht und in der Regel auch nicht lange.

Jax Pavan war drei Monate vor dem Fall der Jedi in den Rang eines Ritters erhoben worden. Der Orden war nach dem Blutbad auf Geonosis und durch die anschließenden Klonkriege deutlich ausgedünnt gewesen, und dann hatte die Order 66 beinahe den ganzen Rest ausgelöscht. Heute gab es vielleicht noch eine Handvoll Jedi, zu wenige, um vom selbst ernannten Imperator Palpatine noch als ernst zu nehmende oder überhaupt als Bedrohung wahrgenommen zu werden. Es wurden offensichtlich jedenfalls keine weiteren systematischen Maßnahmen unternommen, um sie auszurotten. Dennoch patrouillierten die Sturmtruppen natürlich in den Straßen, um die Gesetze durchzusetzen, und falls ihnen dabei ein Jedi über den Weg lief, musste er sterben. Es hatte ganz den Anschein, als wäre es nur eine Frage der Zeit, bis das Leuchtfeuer des Ordens in der Galaxis endgültig und unwiederbringlich erlöschen würde.

Jax hatte kaum Gelegenheit gehabt, den Stolz des Ritterstandes kennenzulernen, bevor alles zusammengebrochen war, so wie die leuchtenden Türme des Tempels selbst. Wie viele seiner Brüder und Schwestern war er in der blutroten Nacht untergetaucht und hatte sämtliche Spuren verwischt, die auf seine Verbindung zum Orden hindeuteten. Er hatte sich mehr schlecht als recht auf der Straße durchgeschlagen, war immer wieder gezwungen gewesen, Gedanken zu manipulieren, um überhaupt zu überleben. Schließlich hatte er eine Arbeit gefunden, aber es war ein Job, der ihn nur unmerklich über all die Verbrecher und das Gesindel erhob, mit denen er tagtäglich gezwungenermaßen zu tun hatte. Er war etwas geworden, was er zuvor als Bodensatz der Gesellschaft angesehen hatte. Jax Pavan war nicht mehr als ein Kopfgeldjäger.

Anfangs war es ihm vernünftig erschienen, schließlich brauchte er Geld und eine Beschäftigung. Nicht einmal Jedi waren gegen Hunger gefeit, und ebenso wenig gegen Angst und Verzweiflung. Er setzte die Macht auch weiterhin ein, um sein Leben auf subtile Weise zu erleichtern, sei es, indem er Sabacc-Spiele manipulierte, um ein paar Credits zu gewinnen, oder indem er örtlichen Händlern und Gastwirten „vorschlug“, ihn kostenlos mit Nahrung zu versorgen. Doch bevor sie im Chaos jener schicksalhaften und zerstörerischen Nacht getrennt worden waren, hatte sein Meister ihn gewarnt, die Macht nur dann offen zu nutzen, wenn es um Leben oder Tod ging. So unwahrscheinlich es auch erscheinen mochte, es bestand immer die Chance, dass er von einem Sturmtruppler, einem Droiden oder einem anderen Agenten des Imperiums beobachtet wurde, und wenn er sie erkannte, wäre es schon zu spät.

Oberflächlich betrachtet wirkte eine solche Sorge auf geradezu absurde Weise paranoid. Laut der letzten Volkszählung lebten mehr als eine Billion Wesen auf Coruscant – und dabei handelte es sich nur um die registrierten Einwohner. Die Pendler von Himmelsdomen, Hesperidium und den anderen Siedlungen außerhalb des Planeten waren in dieser Zahl noch gar nicht inbegriffen, ebenso wenig die Hunderttausenden Sturmtruppen, die auf dem Stadtplaneten stationiert waren. Und ganz sicher – zwangsweise sogar – fehlten in dieser Aufzählung die unzähligen nicht gemeldeten Einwohner, die in den Tiefen der urbanen Slums hausten. Schätzungen, die diese Gruppe beinhalteten, ließen einige Statistiker vermuten, dass die eigentliche Bevölkerung fast dreimal so groß war wie offiziell angegeben. Unter diesen Umständen sollte eine einzelne Person in der Lage sein, ihr ganzes Leben auf Coruscant in völliger Anonymität zu verbringen, ohne viel dafür tun zu müssen. Was man aber tun musste, und das war ein Problem für Jedi wie Jax Pavan, war, auf den Einsatz der Macht zu verzichten.