Steffen-Bauman-Thriller Sammelband: Die Tote vor der Tür, Schweigende Freunde, Der User, Die Wahrheit liegt in Tötensen - Robin D. Jensen - E-Book
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Steffen-Bauman-Thriller Sammelband: Die Tote vor der Tür, Schweigende Freunde, Der User, Die Wahrheit liegt in Tötensen E-Book

Robin D. Jensen

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Beschreibung

***BAND 1-4 DER SPANNUNGSGELADENEN STEFFEN-BAUMAN-THRILLER-REIHE IN EINEM SAMMELBAND***

Die Tote vor der Tür


Der Journalist Steffen Bauman ist nach einem Streit mit seinem Redaktionschef einfach nur genervt. Obwohl ihm der Magen knurrt und ihm die Augenlider beinahe zufallen, möchte er nach diesem anstrengenden Arbeitstag nichts weiter tun, als zu Hause ein Feierabendbier zu genießen. Im Flur zu seiner Wohnung angekommen, ist Steffen mit einem Schlag hellwach. Vor seiner Tür liegt eine tote Frau.

Noch während Steffen sich nun als Hauptverdächtiger mit der Polizei herumschlagen muss,...

Schweigende Freunde

Vor elf Jahren verschwand eine junge Frau spurlos, nachdem sie sich mit ihrem damaligen Freund von ihrer Clique entfernt hat, um für eine Weile die Zweisamkeit zu genießen. Am nächsten Morgen wurde die Leiche des Freundes entdeckt, aber der Täter nie gefasst.
Nun, ein Jahrzehnt später, ist der leblose Körper einer Frau ans Ufer der Harburger Außenmühle geschwemmt worden. Sie trägt keine Papiere bei sich und die Polizei steht vor einem Rätsel. Als der Journalist Steffen Baumann über den Leichenfund informiert wird und ein Foto der Toten erhält, erkennt sein Kollege sie sofort ...

Der User

Carolin träumt davon, per Dating-Chat die wahre Liebe zu finden. Doch nach wenigen Treffen entpuppt sich ihre vermeintlich charmante Verabredung als wahrer Sadist. Sieben Tage lang hält »Game Master« sie gefangen und misshandelt sie, um sie am Ende, nachdem er Lösegeld für sie erpresst hat, zu töten. Carolin ahnt, dass sie nun sterben muss.

Der Journalist Steffen Baumann wird nach einem stressigen Arbeitstag in der Redaktion bereits von seiner Nachbarin empfangen. Die alte Dame macht sich Sorgen um ihre Enkelin Carolin, die seit vier Wochen spurlos verschwunden ist. Lediglich per SMS standen sie bis vor Kurzem in Kontakt, aber die Nachrichten...

Die Wahrheit liegt in Tötensen

Der Journalist Steffen Baumann wird Zeuge eines schrecklichen Anschlags. Der Kommissar Jens Jacobsen, ein guter Freund, wird vor seinen Augen angeschossen und bricht zusammen. Sofort stürmt Steffen zu dem Opfer und kommt gerade noch rechtzeitig, um zwei Worte zu hören: Rosengarten … töten. Dann verliert Jens Jacobsen das Bewusstsein.

Davon getrieben, die Wahrheit hinter dem Anschlag herauszufinden, fängt Steffen an ...

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Die Tote vor der Tür
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Epilog
Schweigende Freunde
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Der User
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Die Wahrheit liegt in Tötensen
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65

Robin D. Jensen

Die Tote vor der Tür, Schweigende Freunde, Der User & die Wahrheit liegt in Tötensen

Über den Autor:

 

 

 

 

Robin D. Jensen wurde 1959 in Nordenham geboren, studierte BWL und arbeitete über 35 Jahre in Hamburg als IT-Berater in größeren Unternehmen. 2016 begann er zu schreiben und bezeichnet sich selbst als »Zufallsautor«, denn von ihm stammt unter anderem die Krimireihe mit dem Hamburger Kommissar Rainer Zufall. Der sympathische, etwas schüchterne Protagonist seiner Krimis löst gemeinsam mit seinem Team die kniffligsten Fälle, aber auch sein Privatleben nimmt in den Büchern einen größeren Raum ein.

 

 

Buchbeschreibung:

 

Die Tote vor der Tür

 

Der Journalist Steffen Bauman ist nach einem Streit mit seinem Redaktionschef einfach nur genervt. Obwohl ihm der Magen knurrt und ihm die Augenlider beinahe zufallen, möchte er nach diesem anstrengenden Arbeitstag nichts weiter tun, als zu Hause ein Feierabendbier zu genießen. Im Flur zu seiner Wohnung angekommen, ist Steffen mit einem Schlag hellwach. Vor seiner Tür liegt eine tote Frau.

 

Noch während Steffen sich nun als Hauptverdächtiger mit der Polizei herumschlagen muss, erhält er mysteriöse Post von einem unbekannten Absender. In dem Umschlag befindet sich eine Foto der Toten. Es wurde offenbar kurz nachdem sie vor Steffens Tür platziert worden war aufgenommen, denn es zeigt die Leiche in exakt derselben Haltung, in der er sie gefunden hat. Neben dem Foto befindet sich noch etwas in dem Umschlag: eine Grußkarte vom Mörder höchstpersönlich. Und als Steffen beginnt zu begreifen, dass es jemand auf ihn abgesehen hat, liegt bereits die zweite Leiche vor der Tür.

 

Schweigende Freunde

 

Tatort: Außenmühle in Hamburg

 

Eine Mordserie, die sich bereits über ein Jahrzehnt erstreckt und das vollkommen unbemerkt von der Polizei.

 

Vor elf Jahren verschwand eine junge Frau spurlos, nachdem sie sich mit ihrem damaligen Freund von ihrer Clique entfernt hat, um für eine Weile die Zweisamkeit zu genießen. Am nächsten Morgen wurde die Leiche des Freundes entdeckt, aber der Täter nie gefasst.

Nun, ein Jahrzehnt später, ist der leblose Körper einer Frau ans Ufer der Harburger Außenmühle geschwemmt worden. Sie trägt keine Papiere bei sich und die Polizei steht vor einem Rätsel. Als der Journalist Steffen Baumann über den Leichenfund informiert wird und ein Foto der Toten erhält, erkennt sein Kollege sie sofort. Es handelt sich um die junge Frau, die vor elf Jahren auf mysteriöse Weise verschwand. An den Medienrummel erinnert er sich nur zu deutlich.

 

Die Polizei startet direkt einen Öffentlichkeitsaufruf und bittet die Bevölkerung um Hilfe bei der Aufklärung des Falls. Doch warum meldet sich keiner der Cliquenmitglieder zu Wort? Steffen Baumann weiß, dass er einer ganz großen Story auf der Spur ist. Aber auch einem gefährlichen Serienmörder, dem es gelungen ist, über ein Jahrzehnt lang unter dem Radar der Polizei zu agieren. Ein gefährliches Katz-und-Maus-Spiel beginnt!

 

Der User

 

Er nennt sich »Game Master«. Doch sein Spiel bedeutet den Tod.

 

Carolin träumt davon, per Dating-Chat die wahre Liebe zu finden. Doch nach wenigen Treffen entpuppt sich ihre vermeintlich charmante Verabredung als wahrer Sadist. Sieben Tage lang hält »Game Master« sie gefangen und misshandelt sie, um sie am Ende, nachdem er Lösegeld für sie erpresst hat, zu töten. Carolin ahnt, dass sie nun sterben muss.

 

Der Journalist Steffen Baumann wird nach einem stressigen Arbeitstag in der Redaktion bereits von seiner Nachbarin empfangen. Die alte Dame macht sich Sorgen um ihre Enkelin Carolin, die seit vier Wochen spurlos verschwunden ist. Lediglich per SMS standen sie bis vor Kurzem in Kontakt, aber die Nachrichten kamen der alten Dame seltsam vor. Sie klingen nicht nach ihrer Enkelin, noch dazu hat die ihre Oma um eine große Geldsumme gebeten.

 

Bei seinen Recherchen findet Steffen schon bald heraus, dass es sich bei Carolins Verschwinden nicht um einen Einzelfall handelt. Zwei weitere Frauen gelten seit einer Weile als vermisst. Bald darauf wird eine Frauenleiche gefunden – neben ihr liegt eine alte Handheld-Konsole. Dieses Gerät, das der Mörder seinen Opfern hinterlässt, und das auch im Zusammenhang mit Carolins Verschwinden eine Rolle spielt, wird schließlich klar, dass es sich bei Carolins Entführer um einen Täter handelt, der bereits mehrere Frauen auf dem Gewissen hat.

 

Während alle Spuren zu verschiedenen Chatforen führen, entpuppt sich ein vermeintlich einfacher Fall als ein Netz aus Wirrungen und Gewalt. Kann Steffen verhindern, dass »Game Master« erneut zuschlägt?

 

Die Wahrheit liegt in Tötensen

 

Zwei Männer, eine offene Straße in Hamburg-Eimsbüttel und ein Schuss.

 

Der Journalist Steffen Baumann wird Zeuge eines schrecklichen Anschlags. Der Kommissar Jens Jacobsen, ein guter Freund, wird vor seinen Augen angeschossen und bricht zusammen. Sofort stürmt Steffen zu dem Opfer und kommt gerade noch rechtzeitig, um zwei Worte zu hören: Rosengarten … töten. Dann verliert Jens Jacobsen das Bewusstsein.

 

Davon getrieben, die Wahrheit hinter dem Anschlag herauszufinden, fängt Steffen an zu recherchieren. Eine fieberhafte Jagd beginnt, die ihn in das beschauliche Örtchen Tötensen führt, doch der Schein trügt. Im Umfeld von Jens Jacobsen offenbart sich für Steffen eine unerwartete Wahrheit, die sein gesamtes Leben verändert und ihn noch tiefer in ein Netz aus Geheimnissen zieht. Kann er retten, was er liebt?

 

 

 

 

Robin D. Jensen

Die Tote vor der Tür, Schweigende Freunde, Der User & Die Wahrheit liegt in Tötensen

 

Ein Steffen-Baumann-Thriller 1-4

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind

im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

 

© Februar 2025 Empire-Verlag

Empire-Verlag OG, Lofer 416, 5090 Lofer

[email protected]

Ansprechpartner: Thomas Seidl

 

Lektorat: Petra Bülow

Korrektorat: Jasmin Schulte, Johannes Eickhorst und Bianca Kober

 

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise –

nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

 

Cover: Chris Gilcher

https://buchcoverdesign.de/

 

Robin D. Jensen

Die Tote vor der Tür

 

Ein Steffen-Baumann-Thriller 1

 

Kapitel 1

 

Freitag, 17 Uhr

 

Der Schnitt durch die Kehle war für die Frau offenbar vollkommen überraschend gekommen. Sie hatte nicht einmal Zeit gehabt, eine Abwehrhaltung einzunehmen, hatte ihm ihren Hals quasi schutzlos angeboten. Eigentlich hatte er vorgehabt, sich bei seiner Tat ein wenig mehr Zeit zu lassen, um sie genießen zu können. Aber dann war alles viel schneller gegangen, für ihn beinahe zu schnell. Doch der Griff zu dem Messer und die fließende Bewegung zu ihrem Hals waren so etwas wie ein Reflex gewesen. Sein erster Mord – und er war viel weniger spektakulär, als er gedacht hatte. Das war beinahe unbefriedigend.

Blitzschnell war er zurückgesprungen, um von der Blutfontäne, die aus dem Hals der Frau spritzte, nicht völlig eingesaut zu werden. Der Blick, den sie ihm im Sterben zuwarf, drückte eher Überraschung als Entsetzen aus. Er vernahm nur ein kurzes Röcheln, dann stürzte sie zu Boden, und alles war still. Totenstill.

Über seine spontane Tat noch etwas überrascht, aber dennoch zufrieden mit sich, betrachtete er die Tote. Eigentlich hatte er ihr vor dem Tod noch einen einzelnen Finger brechen wollen als sein Markenzeichen und als Erinnerung an seine Jugend, doch dann musste er das eben jetzt tun. Es gab ein kurzes Knacken, als er den Finger der Toten umbog, das war’s. Das Geräusch klang in seinen Ohren unvollständig, denn der Schmerzensschrei fehlte. Seine Gedanken wanderten zu diesem unfähigen Journalisten, der hier in Stellingen im selben Haus wohnte. Mit dem Mord an dieser Frau würde er ihm Beine machen, indem er dem Kerl die Tat quasi kostenfrei ins Haus lieferte. Das sollte DIE Story werden, mit der sie beide, er und dieser Journalist, bekannt werden würden. Er musste sich selbst nur noch einen echt knackigen Namen geben. Wie wäre es mit Mister X? Das erinnerte ihn an das Spiel Scotland Yard, das er früher gern gespielt hatte. Als Arbeitstitel war der Name auf jeden Fall schon einmal gut. Ein besserer fiel ihm zumindest im Moment nicht ein.

Er strahlte zufrieden und lachte in sich hinein. Die Vorstellung, wie der Kerl die Tote fand, war für den Mörder erheiternd, und die netten Fotos würden ein Übriges tun. Die Hauptschwierigkeit lag jetzt nur darin, die Frau unbemerkt vor dessen Wohnungstür zu platzieren. Das war schon ein ziemliches Risiko, hinterließ bei ihm aber auch ein gewisses aufregendes Prickeln. In dem Haus war um diese Zeit zwar wenig los, das hatte er durch tagelange Beobachtungen herausgefunden, aber er konnte natürlich auch Pech haben. Dennoch – es war die Sache wert und würde den Journalisten ganz schön schocken.

Er schoss einige Fotos der Toten und ging zu ihrem Drucker. Schnell war die Verbindung zu seinem Prepaidhandy hergestellt, und er konnte die besten Fotos ausdrucken. Wunderbar, er musste sich selbst loben. Alles klappte wie am Schnürchen. Gute Planung war eben alles.

Nun kam der nach der Tat aufregendste Teil. Er öffnete die Wohnungstür und lauschte. Alles war ruhig, in dem Haus war auch tagsüber selten viel los. Das Blut war mittlerweile weitgehend getrocknet. Der Mörder schulterte die Tote, die überraschend leicht war, und stieg eine Etage tiefer. Vor der Tür des Journalisten legte er sie ab und nahm sich noch kurz Zeit, sein Werk zu betrachten. Hochzufrieden eilte er nach unten und warf das Kuvert mit einer weißen Karte, die er mit dem Blut des Opfers verziert hatte, in den Briefkasten des Journalisten. Er wollte gerade das Haus verlassen, als er sah, dass jemand vor dem Eingang stand. Eilig stürmte er in den Keller, um abzuwarten, bis die Luft rein war. In einem der Kellerräume entdeckte er ein offenes Fenster. Das wäre eine Fluchtmöglichkeit für den Fall der Fälle. Er horchte. Anscheinend war der Mieter oder die Mieterin weg, sodass er nun zur Tür hinauskonnte.

Kapitel 2

 

Freitag, 22.00 Uhr

 

Es war ein langer und anstrengender Tag gewesen, sodass Steffen Baumann erst spät aus der Redaktion seiner Zeitung gekommen war. Doch auf ein wohlverdientes Feierabendbier wollte er auf keinen Fall verzichten. Allerdings hatte der Supermarkt bei ihm um die Ecke bereits geschlossen. Also musste er wohl oder übel zur nächstgelegenen Tankstelle fahren und sich dort mit seinem ›Abendessen‹ eindecken, denn sein Kühlschrank zu Hause war leer. Seit dem Frühstück hatte er nichts mehr zu sich genommen, was sein knurrender Magen ihm mehr als deutlich zu verstehen gab. Also betrat er den Shop und kaufte zusätzlich zu dem Bier noch drei belegte Brötchen, wobei ihm bei dem Preis vor Staunen der Mund offenstehen blieb. Er konnte sich nicht daran erinnern, jemals so teure Brötchen gekauft zu haben. Seufzend steckte er seine Kreditkarte in das Lesegerät und warf der dunkelhaarigen jungen Frau, die an der Kasse stand, einen leicht genervten Blick zu, wohlwissend, dass sie für diese abgefahrenen Preise nichts konnte. Doch er hatte keine große Lust, noch in ein Restaurant zu gehen, um dort etwas zu essen, auch wenn das natürlich noch teurer gewesen wäre.

Steffen nahm die Einkäufe und seine Kreditkarte an sich und verließ den Shop. Ob er die Brötchen bei den Preisen genießen konnte, erschien ihm mehr als fraglich. Aber wegen seines Bärenhungers biss er sofort in eines der Käsebrötchen, als er wieder auf die Straße getreten war. Der Käse war hart, das Brötchen schmeckte nach nichts, eher wie ein Pappkarton, ging es ihm durch den Kopf. Doch zumindest half es, das Loch in seinem Magen ein wenig zu füllen. Also musste er da durch und aß ohne Genuss weiter.

Die Ereignisse des Tages beschäftigten ihn noch, als er sich auf den Weg zu seiner Wohnung in der Volksparkstraße machte. Sein Chef hatte ihm seine aktuelle Story regelrecht um die Ohren gehauen. Langweilig war das Urteil von Klaus Haimann, dem Chefredakteur seiner Zeitung. Es wären zu viele Vermutungen drin und überhaupt … blablabla. Sogar die erfolgreichen Artikel der letzten Monate waren ihm zu weichgespült gewesen, obwohl er damit Missstände aufgedeckt hatte. Aber er hätte mehr daraus machen können. Und bei dem aktuellen Artikel, bei dem es um den Missbrauch mehrerer junger Mädchen ging, hatte Steffen auf Interviews und Details der Taten verzichtet. Das war aus Haimanns Sicht ein unverzeihliches Versäumnis. All das hatte sein Chef ihm um die Ohren gehauen und war dabei so laut geworden, dass es alle Kollegen in der Redaktion mitbekommen hatten.

Dann hatte Haimann ihn einfach stehen lassen und war verschwunden. Das Verhältnis zu seinem Chef war schon lange, eigentlich von Anfang an, nicht besonders gut gewesen, denn ihre Vorstellungen von guter Redaktionsarbeit gingen meilenweit auseinander. Steffen hatte in den letzten Monaten einige, in seinen Augen wirklich überzeugende, Artikel veröffentlicht, doch hatte er seinen Chef damit nicht zufriedenstellen können. Je reißerischer sich die Geschichten lasen, umso glücklicher war sein Chef, ganz im Gegensatz zu Steffen. Er selbst war mehr für seriöse Recherchearbeit und ausgewogene Artikel. Als ihm Haimann vor sechs Monaten als neuer Vorgesetzter vor die Nase gesetzt wurde, hatte es nicht lange gedauert, bis ihre gegenseitige Abneigung überdeutlich zutage getreten war. Seitdem hatte sich die Situation immer mehr verschärft. Haimann hatte an allem, was Steffen ablieferte, etwas auszusetzen. Das meiste war ihm zu brav, nicht reißerisch genug, enthielt zu viel Larifari statt knallharter Aussagen. Mit seinem vorherigen Chef, Albert Fischer, der in den Ruhestand getreten war, hatte sich Steffen prima verstanden. Sie harmonierten perfekt. Seitdem bedauerte Steffen es jeden Tag, dass sein früherer Chef nicht mehr da war. Klaus Haimann war für Steffen schon länger ein realer Kündigungsgrund, doch bisher hatte er nichts Passendes gefunden bzw. er hatte ehrlicherweise aus Bequemlichkeit auch noch nicht wirklich danach gesucht. Er nahm sich fest vor, dies schnellstens zu ändern, was er aber schon seit Wochen vorhatte.

Nach dem Gespräch mit seinem Chef hatte er noch stundenlang an dem Artikel gefeilt in der Gewissheit, dass er es Haimann, wie üblich, ohnehin nicht recht machen konnte.

Steffen erreichte das dreistöckige, alte Haus in der Volksparkstraße, in dem er eine kleine Zwei-Zimmer-Wohnung im zweiten Stock bewohnte. Da er sehr viel unterwegs war, hatte er die meisten seiner Nachbarn bisher gar nicht zu Gesicht bekommen, obwohl er bereits seit fast einem Jahr dort wohnte. Die einzige Ausnahme bildete die alte Dame, die auf dem gleichen Stockwerk wie er wohnte. Der war er ein paar Mal begegnet.

Im Erdgeschoss öffnete er den Briefkasten und entnahm seine Post. Drei Briefe, vermutlich mit Werbung, und ein Umschlag, der an ihn adressiert war, aber keinen Absender enthielt, waren die ganze Ausbeute. Steffen steckte die Post ein und stieg immer noch in Gedanken in den zweiten Stock. Dort angekommen, blieb er erschrocken stehen. Direkt vor seiner Wohnungstür entdeckte er eine reglose Gestalt.

»Hallo? Was machen Sie denn da? Geht es Ihnen nicht gut? Soll ich einen Arzt rufen?«, fragte er und suchte nach einem Zeichen von Bewegung. Aber nichts passierte.

Steffen blickte hilflos auf die reglose Person. Lange Haare, Jeans und Bluse deuteten darauf hin, dass es sich um eine Frau handelte. Er beugte sich über sie und erstarrte. An ihrem Hals erkannte er eine blutige Wunde. An ihrer rechten Hand war der Zeigefinger nach hinten gebogen, ganz offensichtlich gebrochen. Die Frau schien nicht mehr zu atmen. Trotzdem griff Steffen nach seinem Smartphone, rief einen Rettungswagen und informierte die Polizei. Zehn Minuten später erschienen zwei Sanitäter, die sich über die Frau beugten. Einer der Männer berührte die Frau, sah seinen Kollegen an und schüttelte den Kopf. Die Frau war in der Tat tot. Kurz darauf erschienen auch zwei Polizeibeamte, die Steffen Baumann kritisch beäugten. Sie informierten sofort die Kriminalpolizei. In seine Wohnung durfte Steffen nicht, wie ihm unmissverständlich mitgeteilt wurde. Schließlich war der Eingang zu seiner Wohnung ein Fund-, wenn nicht sogar ein Tatort und er ein wichtiger Zeuge. Auf seine Frage, wohin er mit seinen Einkäufen sollte, erntete er nur ein müdes Schulterzucken. Erstmal solle er mit aufs Polizeipräsidium. Wohin er danach gehen könnte, wäre sein Problem.

Während er den Polizeibeamten zu ihrem Wagen folgte, überlegte er genervt, wo er die Nacht verbringen könnte.

Kapitel 3

 

Freitag, 23.45 Uhr

 

»Sie behaupten also nach wie vor, die Frau nicht zu kennen?« Der Ton von Kommissar Helmer war äußerst unfreundlich. Kurz nachdem man ihm den Zutritt zu seiner Wohnung verwehrt hatte, war Steffen ziemlich unsanft in einen Polizeiwagen verfrachtet und zum Präsidium gefahren worden, wo ihn dieser mehr als unfreundliche Herr in Empfang genommen hatte. Der leicht untersetzte und mürrische Mitvierziger mit einem Bürstenhaarschnitt hatte ihn nun schon seit einer guten Stunde in der Mangel. Der Journalist fühlte sich wie ein Schwerverbrecher. Ihm wurden immer wieder die gleichen Fragen gestellt. Außerdem spürte er am Ende dieses anstrengenden Tages eine bleierne Müdigkeit und nach wie vor Hunger.

»Nein, ich habe diese Frau noch nie gesehen«, antwortete Steffen zum wiederholten Mal seinerseits gereizt. »Das habe ich nun bestimmt schon dutzendfach gesagt.«

Kommissar Helmer runzelte die Stirn, was er in den vergangenen 60 Minuten bei fast jeder Antwort von Steffen getan hatte. Bei beiden Männern lagen inzwischen die Nerven blank.

»Das ist aber merkwürdig, schließlich wohnte die Frau direkt über Ihnen.« Das penetrante Kopfschütteln und Stirnrunzeln des Kommissars ging Steffen immer mehr auf die Nerven.

»Ich bin viel unterwegs, komme oft abends erst spät nach Hause, so wie heute. Daher bin ich dieser Frau anscheinend noch nie begegnet.« Er rief sich selbst zur Ruhe, wollte sich nicht provozieren lassen, was ihm von Minute zu Minute schwerer fiel. Außerdem hatte er nach wie vor beißenden Hunger und Lust auf ein Bier, das nun auf der Treppe seines Wohnhauses stand oder bereits Abnehmer gefunden hatte.

»Aha! Anscheinend?!« Wieder schüttelte Helmer zweifelnd den Kopf. »Wie lange wohnen Sie dort?«

Steffen überlegte kurz. »Ein knappes Jahr.« Es waren genaugenommen 11 Monate.

»Und da sind Sie dieser Frau nicht ein einziges Mal begegnet?« Was spielte das eigentlich für eine Rolle, fragte sich Steffen. Suchte dieser Kommissar verzweifelt nach einem Motiv? Warum sollte er die Frau getötet haben, um danach selbst die Polizei zu verständigen?

Steffen zuckte mit den Schultern. »Vielleicht, jedenfalls kann ich mich an das Gesicht nicht erinnern.«

»Soso!« Helmer kratzte sich an seinem Dreitagebart. »Also haben Sie die Frau doch schon mal gesehen?«

Steffen holte tief Luft. »Wie gesagt: Vielleicht bin ich ihr mal begegnet, aber wenn, dann ohne dass ich mich daran erinnern kann, und mir war nicht bewusst, dass sie in dem Haus gewohnt hat.«

Kommissar Helmer starrte vor sich hin. Man merkte, wie es in ihm arbeitete. »Gut, mal angenommen, es stimmt, was Sie sagen, wovon ich nach wie vor nicht überzeugt bin. Wie erklären Sie sich, dass die Frau ausgerechnet vor Ihrer Tür getötet wurde?«

Steffen sah sein Gegenüber einen Moment an, bevor er so ruhig wie möglich antwortete: »Woher soll ich das wissen? Außerdem ist doch wohl nicht sicher, ob der Fundort auch der Tatort ist, oder?«

Kommissar Helmer zog geräuschvoll die Luft ein. »Was soll denn dieser Klugscheißerspruch? Haben Sie den aus dem Fernsehen?« Seine Miene wurde noch eine Idee finsterer, wenn das überhaupt möglich war, die Stirn war ein einziges Faltenmeer.

»Nun«, entgegnete Steffen und verkniff sich ein Schmunzeln, »müsste dann nicht mehr Blut vor meiner Tür sein? Das wird im Fernsehen immer betont«, fügte er nun doch leicht grinsend hinzu.

Helmer verzog genervt das Gesicht.

»Also könnte die Frau auch dort abgelegt worden sein.«

»Und warum gerade vor Ihrer Wohnungstür?«, hakte Helmer nach.

Steffen zog die Schultern hoch und ließ sie demonstrativ wieder fallen. »Woher soll ich das wissen?«, wiederholte er. »Zufall? Es ist doch Ihre Aufgabe, das herauszubekommen«, ergänzte er leicht provokant.

»Wo waren Sie denn zur Tatzeit, also am späten Nachmittag? Die Tatzeit soll nach ersten Schätzungen zwischen 16 und 18 Uhr liegen.«

»In der Redaktion. Das können, ich denke, mindestens fünf Leute bestätigen, inklusive meines Chefs.«

Helmers Telefon klingelte, sodass er nichts darauf erwiderte und das Gespräch annahm.

»Okay«, sagte er und warf Steffen einen Blick zu. »Ja, habe ich verstanden. Jaaaaaa«, fügte er genervt hinzu, legte auf und knallte das Telefon auf den Tisch.

Steffen sah ihn auffordernd an, aber der Kommissar zögerte, bevor er sprach.

»Das war die Spurensicherung. Der Fundort …« Er unterbrach sich.

»… ist nicht der Tatort«, ergänzte Steffen und konnte jetzt das Schmunzeln endgültig nicht mehr unterdrücken.

»Also, Sie bleiben bei Ihrer Aussage?« Kommissar Helmers Laune schien noch einen Tick schlechter geworden zu sein.

»Ja. Kann ich jetzt gehen?«

»Hauen Sie ab!« Helmer machte eine Handbewegung in Richtung Ausgang. »Aber halten Sie sich zu unserer Verfügung! Wir sind noch nicht fertig miteinander. Ihr Alibi überprüfen wir auch noch«, schickte er direkt hinterher.

»Und was ist mit meiner Wohnung?«

Helmers Ton drückte seine Unzufriedenheit deutlich aus. »In Ihre Wohnung können Sie nicht. Sie müssen warten, bis die Spurensicherung fertig ist.«

»Wie lange dauert das denn noch? Muss ich mir ein Hotelzimmer für heute Nacht nehmen?«, hakte Steffen nach.

»Sie werden informiert. Guten Abend!«

Der Rauswurf hätte nicht deutlicher sein können. Steffen beeilte sich, den Raum zu verlassen, drehte sich nicht zu dem Kommissar um und war froh, dass dieses unerfreuliche Gespräch endlich beendet war. Seinen Feierabend hatte er sich wirklich anders vorgestellt. Das Bier und den Rest der Brötchen hatte er ja in seinem Haus auf der Treppe abgestellt. Um die pappigen Brötchen tat es ihm nicht leid, aber das Bier hätte er jetzt gut gebrauchen können.

Nun würde er sich erst einmal um einen Schlafplatz kümmern, und danach musste er sehen, ob er noch irgendwo etwas zu essen bekommen konnte. Er blickte auf die Uhr. Mittlerweile war es bereits nach Mitternacht. Damit war die Chance, noch etwas in den Magen zu bekommen, recht gering. Wo konnte er die Nacht verbringen? Private Unterkünfte? Da fiel ihm allenfalls Charlotte, also Charlie ein. Die war sicher noch wach, aber sie konnte seinen Anruf falsch verstehen, denn ihm war bewusst, dass sie schon lange ein Auge auf ihn geworfen hatte. Das ließ sie bei jeder Gelegenheit mehr oder weniger deutlich fallen. Er fand sie auch ganz nett, mehr aber eben nicht. Um diese Zeit ein freies Hotelzimmer zu finden, war sicher schwierig. Schließlich fanden in der Stadt gerade mehrere Veranstaltungen statt, sodass die meisten Hotels, wie er wusste, ausgebucht sein dürften.

Die Nacht irgendwo auf einer Parkbank zu verbringen, war auch keine Option, dazu war es dann doch etwas zu frisch. Schließlich war es schon Ende September. Ehe er den Gedanken zu Ende gebracht hatte, tippten seine Finger schon auf seinem Handy herum, was er sofort bereute. Aber wo sollte er sonst hin?

»Hallo Steffen-Schatz, was verschafft mir denn diese späte Ehre?« Charlie flötete förmlich ins Telefon. »Hast du etwa Sehnsucht?«

»Hallo, Charlie, es tut mir leid, dass ich dich so spät anrufe, aber mir ist was ganz Blödes passiert. Hast du zufällig für mich noch einen Schlafplatz diese Nacht?«

Die junge Frau am anderen Ende zögerte einen Moment, was Steffen als Theatralik empfand, denn ihm war klar, dass sie ihn selbstverständlich aufnehmen würde, sofern sie nicht gerade einen ihrer zahlreichen Männerbekanntschaften bei sich hatte. Ansonsten würde sie sich diese Gelegenheit sicher nicht entgehen lassen.

»Na, das lässt sich doch machen. Komm vorbei, ich mix uns schon mal zwei Drinks, Schätzchen.«

»Danke!« Steffen legte auf und bestellte sich ein Taxi. Nun musste er es nur schaffen, die Nacht bei ihr zu verbringen, ohne ihr zu große Hoffnungen zu machen, was schwierig werden dürfte, wie er aus Erfahrung wusste. Charlie ging gern auf ihr Ziel los und spielte dabei mit ihren reichlich vorhandenen Reizen.

Kapitel 4

 

Samstag, 0.45 Uhr

 

Die Fahrt zu Charlie nach Wandsbek dauerte etwa 20 Minuten, Zeit genug für Steffen, um diesen verrückten Tag Revue passieren zu lassen. Der Ärger mit seinem Chef und die verbale Auseinandersetzung waren durch die schrecklichen Ereignisse des Abends weit in den Hintergrund gedrängt worden. Die Leiche vor seiner Haustür hatte ihn echt schockiert. Seine Journalistenseele war überhaupt nicht auf die Idee gekommen, aus der Situation eine Geschichte zu machen, die er veröffentlichen könnte. Er konnte sich aber vorstellen, dass sein Chef genau das von ihm erwarten würde, sobald er davon erfuhr: eine Leiche quasi auf dem Präsentierteller mit einem spannenden Exklusivreport.

Vielleicht war die Tatsache, dass er Journalist war, auch mit ein Grund für die schlechte Laune von Kommissar Helmer gewesen. Möglicherweise hatte er einschlägige Erfahrungen mit der Presse gemacht und seinen Unmut darüber nun an ihm ausgelassen. Wobei das natürlich kein Grund war, ihn zu verdächtigen. Dachte er etwa, Steffen hätte um der Schlagzeilen willen einen Mord begangen? Das Gespräch hatte ihn auf jeden Fall sehr angestrengt, und die Aussicht, noch einmal mit diesem Kommissar sprechen zu müssen, war nicht besonders einladend. Um sein Alibi machte er sich keine Sorgen. Er hatte den ganzen Tag bis spät abends in der Redaktion gearbeitet.

Steffen musste allerdings zugeben, dass Journalisten tatsächlich nicht den besten Ruf genossen, wenn es um aufregende Dinge wie den Mord an einem Menschen ging. Es gab nicht wenige Fälle, in denen übereifrige Reporter die Arbeit der Polizei behinderten oder Erkenntnisse hinausposaunten, die sie lieber für sich behalten hätten. Das verabscheute er selbst, und das kam für ihn nicht in Frage.

Abgesehen davon war er zu geschockt gewesen, um überhaupt daran zu denken, die Situation für seine Zwecke auszunutzen. Doch trotz allem war sein Beruf kein Grund für diesen Kommissar, ihn derart unfreundlich und unfair zu behandeln. Schließlich hatte er die Tote nur gefunden und sofort die Polizei informiert. Was konnte er dafür, dass die Frau direkt vor seiner Tür abgelegt worden war? Das hatte ihm nur Ärger eingehandelt. Aber warum lag sie dort, fragte er sich immer wieder? Hatte der Mord doch etwas mit ihm zu tun, wollte der Täter ihm etwas mitteilen, oder war er ein zufälliges Opfer, auch wenn nicht er getötet worden war, sondern diese Frau? Das ergab alles keinen Sinn.

Er zwang sich, davon auszugehen, dass die Tote nur zufällig dort abgelegt worden war und er dabei keine Rolle spielte. Die ganzen Umstände waren mehr als ärgerlich, denn er wäre gern in seine Wohnung gefahren, um sich von dem auch ohne diesen Mord schon anstrengenden Tag zu erholen. Sofort hatte er ein schlechtes Gewissen, sich als Opfer zu sehen, weil er Ärger mit der Polizei hatte und nicht in seine Wohnung konnte. Die arme Frau war tot, und er regte sich über Kleinigkeiten auf.

Nun konnte er nur hoffen, dass Charlie nichts von ihm erwartete und er schnell würde schlafen können. Allerdings war die Frau eine echte Nachteule, sodass er vermutlich noch eine längere Wachphase vor sich hatte. Warum war er bloß auf die Idee gekommen, zu ihr zu fahren? Er wusste es selbst nicht mehr. Aber ihm war sonst niemand anderes eingefallen. Doch nun gab es kein Zurück, sie erwartete ihn.

Das Taxi erreichte sein Ziel, und Steffen zahlte mit einem ordentlichen Trinkgeld. Im ersten Stock brannte Licht, und er bemerkte, dass sich die Vorhänge kurz bewegt hatten, als er ausgestiegen war. Zögernd ging er zum Eingang und drückte auf den Klingelknopf mit dem Namen Schmidt. Fast im gleichen Moment ging der Türsummer, und Steffen drückte die Haustür auf.

Während er die Treppen nach oben stieg, nahm er sich fest vor, auf Distanz zu Charlie zu gehen, damit sie nicht auf falsche Gedanken kam. Die Wohnungstür war nur angelehnt, sodass er sie vorsichtig aufschob und den Flur betrat. Aus dem Wohnzimmer drang leise Musik: ›Imagine Dragons‹, wie er sofort feststellte. Ihr Musikgeschmack deckte sich mit seinem, eine der wenigen Gemeinsamkeiten.

»Hallo?«, rief er, da Charlie sich nicht zeigte.

»Ich bin im Wohnzimmer«, kam es aus dem Raum.

Steffen schloss die Haustür und ging ins Wohnzimmer. Das Erste, was er sah, war Charlie, die sich offenbar schon für die Nacht zurechtgemacht hatte, ihn aber aus wachen Augen ansah. Sie trug ein beinahe durchsichtiges, bauchfreies Oberteil, das mehr zeigte, als es verbarg, und einen knappen Spitzenslip. Ihre langen, dunkelbraunen Haare hingen offen herunter, und sie strahlte ihren Besucher an. Widerwillig musste er gestehen, dass sie zum Anbeißen aussah, aber er nahm sich vor, sich davon nicht locken zu lassen. Wenn er erst einmal nachgegeben hatte, würde er sich kaum noch aus ihren Fängen lösen können, ohne ihr wehzutun, was er auf keinen Fall wollte. Dazu war er nicht der Typ.

Bevor Steffen ihr, wie er geplant hatte, seinen ausgestreckten Arm zur Begrüßung hinhalten konnte, war sie ihm schon entgegengeeilt und fiel ihm lachend um den Hals. Sie drängte sich dicht an ihn, sodass es in seiner Lendengegend gegen seinen Willen reagierte. Ihr Parfum stieg ihm in die Nase.

»Schön, dass du hier bist«, hauchte sie und drückte ihm einen Kuss auf den Mund.

Er hatte Mühe, sich aus ihrer Umklammerung zu befreien und antwortete möglichst distanziert: »Danke, dass ich heute hier übernachten darf.«

Entweder spürte sie die Distanz nicht, die er aufzubauen versuchte, oder sie wollte es nicht bemerken und antwortete: »Aber immer doch, das weißt du. Hier ist stets ein Platz für dich.«

Charlie! Steffen kannte sie schon mehrere Jahre. Sie hatten sich auf der Feier eines Bekannten getroffen, und schon da hatte sie heftig mit ihm geflirtet, was ihm anfangs geschmeichelt hatte. Aber dann hatte er mitbekommen, dass sie für seinen Geschmack Männern gegenüber zu offenherzig agierte. In den nächsten Monaten hatte sie mehrere Beziehungen ›verschlissen‹ und trotzdem kein Geheimnis daraus gemacht, dass er ihr Traummann war und sie nur auf ein Zeichen von ihm wartete. Steffen hatte sich bisher ihrer Umgarnungen erwehren können, indem er andere Frauen als Alibi angegeben hatte, was Charlie nur bedingt zu stören schien. Dass es diese Frauen in der Realität gar nicht gab, empfand Steffen als Notlüge. Immer wieder hatte sie mit ihm heftig geflirtet, wenn sie sich mal begegnet waren. Bisher war er standhaft geblieben und nahm sich das auch für diese Nacht vor. Aber es würde vermutlich schwierig werden.

Er hatte sich oft gefragt, warum er eigentlich nicht mit Charlie zusammenkommen wollte. Sie war eine attraktive junge Frau mit einer tollen Figur, hatte einen gutbezahlten Job und war intelligent. Aber irgendetwas hatte ihn bisher zurückgehalten. Vielleicht war es ihr Verschleiß an Männern? Oder war sie zu fordernd? Er war sich nicht sicher. Ihm war nur klar, dass er niemals, unter keinen Umständen, etwas mit ihr anfangen wollte.

»Mach es dir bequem.« Ihre Worte rissen ihn aus seinen Gedanken. »Hier ist dein Drink.« Sie reichte ihm ein Glas, in dem sich eine hellgrüne Flüssigkeit befand. »Auf einen schönen Abend.« Sie hielt ihr Glas hoch und forderte ihn auf, mit ihr anzustoßen.

Eigentlich würde ich jetzt lieber schlafen, ging es ihm durch den Kopf. Und schöner Abend ist gut, es ist ja schon nach Mitternacht. Aber Charlie schien noch hellwach und unternehmungslustig zu sein, wie es ihm vorkam. Er stieß mit ihr an und nippte an seinem Getränk. Kurzzeitig brannte es im Hals. Der Drink war sehr stark.

»Puh, willst du mich betrunken machen?«, stieß er keuchend hervor.

Er erntete ein Lachen. »Wer weiß?« Sie setzte sich aufs Sofa, schlug ihre wohlgeformten Beine übereinander und klopfte auf das Polster, um ihn aufzufordern, sich neben sie zu setzen. Zögernd nahm er neben ihr Platz und stieß einen Seufzer aus.

»Das war vielleicht ein Tag«, stieß er hervor.

»Ärger auf der Arbeit?«, fragte sie mitfühlend. Das war ihre andere Seite. Sie konnte auch sehr empathisch sein.

Steffen schüttelte den Kopf. »Wenn es nur das wäre. Als ich von der Arbeit nach Hause kam, lag vor meiner Wohnung eine Tote, sodass ich nicht in meine Wohnung konnte und eine Alternative für die Nacht benötigte.«

»O Gott!« Charlie sah ihn bestürzt an. »Das muss ja ein Schock für dich gewesen sein.« Sie strich ihm mitleidig über den Kopf und rückte noch ein Stück näher.

»Und dann hat mich so ein unfreundlicher Kommissar in die Mangel genommen, als ob ich die Frau getötet hätte.« Er atmete geräuschvoll aus. Helmers Worte gingen ihm noch einmal durch den Kopf.

»Armer Schatz! Aber nun bist du ja hier, um dich verwöhnen zu lassen.« Sie strich ihm noch einmal liebevoll über die Stirn. »Dann kann ich dich jetzt ausgiebig trösten.« Sie schlang ihre Arme um ihn.

»Eigentlich möchte ich nur noch schlafen«, entgegnete er in dem verzweifelten Versuch, die Fronten zu klären, und löste sich aus ihrer Umarmung.

»Das kann ich gut verstehen. Aber leider habe ich keinen Schlafanzug in deiner Größe da. Dann musst du wohl …« Sie ließ den Rest des Satzes offen und grinste ihn an.

»Kann ich hier auf dem Sofa schlafen?«, fragte er vorsichtig.

»Ach was, du schläfst natürlich im Schlafzimmer«, widersprach sie.

»Das kann ich nicht annehmen. Ich will dir doch nicht deinen Schlafplatz wegnehmen«, protestierte er.

»Doch, doch, ich bin ohnehin noch nicht müde. Im Bad ist eine unbenutzte Zahnbürste. Du kannst dich also bedienen. Und das Bett ist gerade frisch bezogen.«

»Meinst du wirklich?«

Lächelnd nickte sie ihm zu, griff nach ihrem Glas und hob es an. Steffen nippte an seinem und stellte es dann zur Seite. »Okay, also wenn es für dich wirklich okay ist …«

»Natürlich!«

Er erhob sich, schaute Charlie noch einmal zweifelnd an und ging dann ins Bad, um sich zu waschen und die Zähne zu putzen. Sein Magen knurrte, aber er versuchte, den Hunger zu ignorieren. Zehn Minuten später sagte er ihr ›Gute Nacht‹ und ging ins Schlafzimmer. Er zog sich bis auf die Unterhose aus und schlüpfte ins Bett. Kurz gingen ihm noch die Ereignisse des Tages durch den Kopf, dann war er von einem Moment auf den anderen fest eingeschlafen.

Etwa dreißig Minuten später folgte ihm Charlie. Sie entledigte sich ihres Oberteils und des Slips und schlüpfte zu Steffen ins Bett, der so tief schlief, dass er nichts davon mitbekam. Der Drink hatte seine Wirkung getan. Sie schlang einen Arm um ihn und strahlte. Endlich! Endlich war er zu ihr gekommen. Ihr Wunsch war erfüllt, und am nächsten Morgen würde sie … Lächelnd schlief sie ein, hielt ihn dabei fest im Arm.

 

* * *

 

Es war schon hell, als Steffen aus tiefem Schlaf erwachte. Nur mühsam gelang es ihm, sich zu orientieren. Sein Kopf brummte, als ob er am Vorabend sturzbetrunken gewesen wäre. Da musste etwas in dem Getränk gewesen sein, doch das würde sie sicher abstreiten.

Mit Schrecken spürte er jemanden in seinem Rücken, ein nackter Körper, der sich dicht an ihn gedrängt hatte. Charlie! Ihm fiel plötzlich wieder ein, wo er sich befand. Im nächsten Moment merkte er, dass ihre Hand in seiner Unterhose steckte. Vorsichtig versuchte er, sie herauszuziehen, aber Charlie hatte ihre Finger fest auf seine Hüfte gepresst. Ihm blieb nichts anderes übrig, als die Unterhose nach unten zu schieben, um sich aus Charlies Griff zu befreien. Er hob die Hüfte leicht an und zog sein einziges Kleidungsstück nach unten.

Charlie machte ein Geräusch, das sich wie ein Grunzen anhörte, und krabbelte mit ihrer Hand seine Hüfte nach oben, sie hatte ihn nach wie vor fest gepackt. Es half nichts, er musste sie wecken, um sich aus der Umklammerung befreien zu können. Er drehte sich in ihre Richtung, was zur Folge hatte, dass ihre Hand zwischen seine Beine rutschte.

»Oh!«, stieß sie hervor und öffnete die Augen. So wach, wie sie ihn anblickte, hatte er sofort den Verdacht, dass sie nicht jetzt erst erwacht war, sondern die ganze Situation geplant hatte. Dieses Luder, ging ihm durch den Kopf.

»Guten Morgen, hast du gut geschlafen?«, fragte sie und strahlte ihn an. Ihre Hand lag weiterhin auf seinen edelsten Teilen. Diese reagierten heftig und Steffen fluchte innerlich: Verräter!

»Ja, danke. Ich würde jetzt gern duschen.« Steffen versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass er Charlies Spiel durchschaut hatte.

»Willst du schon aufstehen? Heute ist doch Samstag«, erwiderte sie. Ein leichter Druck mit ihrer rechten Hand gab ihren Sätzen Nachdruck.

»Ja. Charlie, ich kann das nicht.« Er griff zu ihrer Hand, um sich zu befreien.

»Aber es ist doch so gemütlich und verpflichtet dich zu nichts.« Sie unternahm einen letzten Versuch und genoss, dass zumindest Steffens Körper reagierte. Sie lächelte. »Ich denke, du willst es doch eigentlich auch, das merke ich ganz deutlich.« Ihr Mund näherte sich seinem.

Steffen schüttelte den Kopf. »Du, ich habe im Moment ganz andere Sorgen. Vielleicht ein anderes Mal.« Eine Ausrede, aber vielleicht hilfreich, dachte er, wobei es eigentlich gelogen war und möglicherweise nach hinten losging, wenn sie das als Einladung für später interpretierte. Er schob ihre Hand weg und stieg aus dem Bett. Charlie streifte die Decke zur Seite, zog eine Schnute und sah ihm sehnsuchtsvoll hinterher.

Er beeilte sich, ins Bad zu gehen und sich unter die Dusche zu stellen. Die Tür ließ sich nicht abschließen, wie er zu seinem Bedauern feststellte, aber er würde sich beeilen. Durch das laute Prasseln des Wassers bekam er nicht mit, dass sich die Badtür öffnete, und im nächsten Moment stand Charlie neben ihm.

»Ich seife dich schnell ein, und dann kannst du dich ja revanchieren.«

Steffen konnte über so viel Hartnäckigkeit nur staunen. Typisch Charlie! Widerwillig ließ er es zu, dass sie Hand anlegte, denn um aus der engen Dusche entfliehen zu können, hätte er sie beiseite schubsen müssen. Akribisch schäumte sie jeden Quadratzentimeter seines Körpers ein, um anschließend einen großen Klacks Duschshampoo auf ihren Brüsten zu verteilen.

»Jetzt du«, forderte sie ihn auf. Steffen begann, den Schaum auf ihrem Körper zu verteilen, sparte aber ihren Intimbereich aus, was sie zum Anlass nahm, seine Hand zu führen.

»Alles!«, befahl sie und begann, unter seinen Bewegungen zu stöhnen. Steffen drehte das Wasser noch einmal voll auf und spülte den Schaum ab. Charlie stieg als erste aus der Dusche und empfing ihn mit einem großen Handtuch, in das sie ihn einwickelte, um ihn genussvoll abzurubbeln. Anschließend schlang sie ein weiteres Handtuch um sich selbst, um es anschließend herunterfallen zu lassen und sich erwartungsvoll vor ihm aufzubauen.

»Na, das war doch schön, oder?«

Steffen nickte zaghaft und überlegte, wie er heil entkommen konnte. Die Entscheidung, bei Charlie unterzukommen, war definitiv ein Fehler gewesen. Vielleicht hätte er doch eher die Parkbank wählen sollen. Doch dafür war es nun zu spät.

»Aber Zeit für ein gemeinsames Frühstück hast du doch wenigstens noch, oder?« Sie blickte ihn erwartungsvoll an. Vielleicht war das die Gelegenheit, ihr noch einmal deutlich zu sagen, dass er nichts von ihr wollte, überlegte er, und außerdem hatte er Hunger. Er nickte. »Okay!«

»Ich setze schon mal Kaffee auf«, verkündete sie und eilte nackt in die Küche.

Hoffentlich zieht sie sich zum Frühstück etwas über, ging es ihm durch den Kopf. Ihr Körper sah wirklich zum Anbeißen aus, aber er wollte stark bleiben. Steffen eilte ins Schlafzimmer, um sich anzuziehen. Im Bett und auch daneben fand er seine Unterhose nicht und hatte einen Verdacht. Sollte sie die versteckt haben, um ihn doch noch zu verführen? Diesen Triumph würde er ihr nicht gönnen und stieg in seine Jeans. Kurze Zeit später kam Charlie dazu und sah ihn etwas erstaunt an, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen.

Beinahe in Zeitlupe zog sie ihr knappes Oberteil vom Vorabend und ihren Slip über und ging zurück in die Küche. Steffen folgte ihr und ließ sich auf der Bank nieder. Er griff zur Kaffeetasse und nahm einige Schlucke. Dann biss er in sein Brötchen, das deutlich geschmackvoller war, als es die aus dem Tankstellenshop gewesen waren. Schließlich holte er tief Luft und begann, das unangenehme Thema anzusprechen. »Charlie, wir müssen reden!«

Kapitel 5

 

Samstag, 12 Uhr

 

Nach dem Gespräch mit Charlie und den Ereignissen des gestrigen Abends musste Steffen den Kopf freibekommen. Daher war er in die Bahn gestiegen, unternahm danach einen längeren Spaziergang durch den Hayns Park und blickte nachdenklich auf den See. Er fühlte sich beinahe wie ein Obdachloser. Noch immer hatte er keine Information darüber erhalten, wann er in seine Wohnung zurückkehren dürfte. Wie lange konnte so etwas denn dauern, fragte er sich. Der leichte Nieselregen machte es auch nicht besser, an der frischen Luft zu sein. Zumindest war es dadurch im Park nicht so voll wie sonst, was er ganz angenehm fand.

Das Gespräch mit Charlie war schwierig gewesen, zumindest für ihn. Er hatte versucht, ihr so schonungslos wie möglich klarzumachen, dass er sich nur eine Freundschaft, aber keine Beziehung vorstellen konnte. Warum, konnte er ihr allerdings nicht wirklich plausibel erklären, denn dass er sie für oberflächlich hielt, da sie allzu schnell mit Männern ins Bett ging, wollte er ihr nicht vorhalten. Sie hätte ihn vermutlich für spießig gehalten. An ihrer Reaktion auf seine Ausführungen war aber unschwer zu erkennen, dass sie die Hoffnung auf mehr nicht aufgegeben hatte. Zum Abschied hatte sie ihn noch einmal fest in den Arm genommen, sich an ihn gepresst und ihm einen langen Kuss gegeben, sodass er Mühe hatte, sich von ihr zu lösen. Irgendwie tat sie ihm ja auch leid, aber sie war einfach nicht die Frau, mit der er sich eine Beziehung, vielleicht sogar eine Ehe vorstellen konnte. Wobei er momentan sowieso nicht über eine feste Bindung nachdenken konnte, denn seine Zukunft war alles andere als geklärt. Er war mit seinem Job unzufrieden, und wie sich diese Mordgeschichte entwickeln würde, ob man ihn weiter als Verdächtigen behandeln würde, konnte er noch nicht sagen. Was würde als Nächstes kommen?

Wegen des leichten Nieselregens war es heute ungemütlich, ganz im Gegensatz zu den vergangenen Wochen, in denen es ungewöhnlich warm und trocken gewesen war. Er blickte auf seine Uhr. Es war mittlerweile 12.30 Uhr. Das konnte langsam nicht mehr wahr sein, dass seine Wohnung bzw. der Zugang zu seiner Wohnung immer noch nicht freigegeben war. So lange konnte die Spurensicherung doch nicht zu tun haben. Kurzentschlossen wählte er die Nummer dieses Kommissars Helmer. Mailbox! Anscheinend arbeitete der Mann nicht am Wochenende und nahm auch keine Gespräche an. Im Prinzip war er sogar froh, die Stimme dieses unfreundlichen Kommissars nicht hören zu müssen. Steffen probierte es zehn Minuten später noch einmal mit dem gleichen Ergebnis. Also rief er bei der Polizeidienststelle an und erhielt, nachdem man ihn mehrfach durchgestellt hatte, die Auskunft, dass seine Wohnung bereits am frühen Morgen wieder freigegeben worden war. Er konnte seinen Wohnungsschlüssel in der Polizeiwache nahe seiner Wohnung abholen. Vermutlich hatte man vergessen, ihn zu informieren, oder Kommissar Helmer hatte vergessen, seine Telefonnummer weiterzugeben. Typisch!

Einerseits genervt, dass man ihn nicht informiert hatte, andererseits froh, wieder nach Hause gehen zu können, beendete er das Gespräch und machte sich eilig auf den Weg, um seinen Schlüssel abzuholen. Dann ging er nach Hause. Vor der Tür blieb er einige Zeit schweigend stehen. Es war schon ein komisches Gefühl, über die Schwelle, auf der noch vor wenigen Stunden eine tote Frau gelegen hatte, seine Wohnung zu betreten, auch wenn davon im Hausflur nichts mehr zu sehen war. Dieses Bild der Leiche vor seiner Tür hatte sich regelrecht in sein Hirn eingebrannt. Den Anblick würde er so schnell nicht vergessen.

Er wusste nicht, was er erwartet hatte, aber seine Wohnung kam ihm plötzlich fremd vor. Bisher war sie so etwas wie sein Rückzugsraum, wenn er genervt von der Arbeit nach Hause kam, auch wenn er wegen seines Jobs gar nicht so viel Zeit in der Wohnung verbracht hatte. Nun aber war es alles irgendwie anders. Auf der Garderobe hatten die Polizisten sein Bier und die restlichen Brötchen abgelegt. Die trockenen und nunmehr harten Brötchen entsorgte er sofort. Prüfend ging er dann in jedes Zimmer, um nach dem Rechten zu sehen, aber natürlich war alles so, wie er es verlassen hatte. Die Tote hatte schließlich vor der Tür gelegen und war irgendwo, aber sicher nicht in seiner Wohnung getötet worden. Dennoch war auch seine Unterkunft mit Sicherheit von der Polizei durchsucht worden. Aber zum Glück hatten sie alles ordentlich hinterlassen. Immerhin!

Steffen war gerade dabei, sich in der Küche einen Kaffee zu kochen, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen, als sein Telefon klingelte. Auf dem Display erschien der Name ›Boss‹. Es war Klaus Haimann, sein Chef. Was wollte der denn an einem Samstag von ihm? Das hatte kaum etwas Gutes zu bedeuten. Der Typ hatte ihm gerade noch gefehlt. Ihr gestriger Zusammenstoß stand ihm wieder lebhaft vor Augen. Er zögerte, das Gespräch anzunehmen, tat es dann aber doch und bereute es sofort.

»Hallo?«, meldete sich Steffen.

»Baumann, ich hatte Sie hier in der Redaktion erwartet!« Grußlos und in barschem Ton bellte sein Chef ins Telefon, als ob Steffen schwerhörig wäre. So war sein Chef meistens, wie er wusste, seit man ihm diesen als Vorgesetzten vor die Nase gesetzt hatte. Das Betriebsklima hatte in den letzten Monaten deutlich gelitten.

»Warum, heute ist doch Samstag, redaktionsfrei«, erwiderte Steffen.

»Was? Was heißt redaktionsfrei? Nach der Story, die gerade vor Ihrer Haustür passiert ist?«, fauchte sein Chef.

Woher wusste er das denn schon, fragte sich Steffen. Der Mann schien seine Augen und Ohren überall zu haben.

»Woher wissen Sie das denn?«, fragte er verwundert.

»Man hat so seine Quellen. Ich erwarte DIE Story schlechthin von Ihnen. Da können Sie endlich zeigen, was Sie draufhaben, Baumann. Schnappen Sie sich Ihre Notizen und schwingen Ihren Hintern hierher, aber ein bisschen plötzlich.«

»Notizen?« Steffen stutzte. Was denn für Notizen?

»Sie haben doch wohl alle Fakten zusammengeschrieben als fähiger Journalist, für den Sie sich halten, oder?« Seine Stimme hörte sich inzwischen drohend an.

»Äh«, stutzte Steffen. Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Fähiger Journalist? Er hatte eine Leiche direkt vor seiner Tür gefunden. Das war alles andere als alltäglich, auch für einen Journalisten.

»In spätestens 30 Minuten erwarte ich Sie hier, und dann schreiben Sie, wie Sie noch nie geschrieben haben!« Das Gespräch war beendet, bevor Steffen etwas erwidern konnte.

Er starrte einen Moment fassungslos auf sein Telefon, ehe er es zur Seite legte. Das war wieder typisch für seinen Chef – er witterte eine reißerische Story. Sein Blick fiel auf den frischen Kaffee, den er gerade gekocht hatte. Er sah auf seine Uhr. Zur Redaktion benötigte er im Normalfall etwa 22 Minuten, also war noch ein wenig Zeit, um einen Kaffee zu trinken. Notizen? Hatte sein Chef tatsächlich erwartet, dass er sich Notizen gemacht hatte? Ganz offensichtlich! Dabei wusste er nicht einmal den Namen der Toten. Und an Fotos hatte er schon gar nicht gedacht. Der Fund der Leiche hatte ihn verständlicherweise kalt erwischt.

Hastig stürzte er den Kaffee hinunter, nahm sich einen leeren Notizblock und stürmte nach unten. Vor der Klingelleiste blieb er stehen und sah auf die obere Reihe: C. Schulze, P. Meinhardt, L. Nürnberger. Einer der Namen musste es sein, aber welcher? Er notierte alle drei Namen und beschloss, wahllos einen der drei Namen auszuwählen. Für den Vornamen musste er kreativ werden. Als er in der Redaktion ankam, hieß die Tote Luise N.

 

* * *

 

Steffen wurde von seinem Chef schon ungeduldig erwartet, als er das ansonsten beinahe menschenleere Büro betrat. Genervt blickte Haimann auf seine Uhr. Steffen hatte sich frecherweise erlaubt, 35 Minuten bis in die Redaktion zu benötigen.

»Na endlich!«, stieß Haimann hervor. »Warum haben Sie so lange gebraucht?« Es war klar, dass er eigentlich keine Antwort erwartete, sondern nur seinen Unmut über den in seinen Augen unfähigen Mitarbeiter ausdrücken wollte.

Steffen hatte Mühe, nicht patzig zu antworten, denn das würde die Laune seines Chefs erfahrungsgemäß nur noch weiter verschlechtern.

»Entschuldigung, es war mehr Verkehr als ich an einem Samstag erwartet hatte.«

Sein Chef blickte auf das Notizbuch, das sein Mitarbeiter dabeihatte, und rümpfte die Nase. Anscheinend war der noch im analogen Zeitalter steckengeblieben, typisch für diesen Amateur: Papier statt Laptop! Haimann schnaufte einmal tief durch.

»Ich hoffe mal, Sie haben genug Futter dabei, um dieses Mal einen richtigen Kracher herauszubringen. Also erzählen Sie mal, was passiert ist und wie Sie es entsprechend knackig rausbringen wollen. Wie viele Fotos haben Sie gemacht?«

Die Frage musste ja kommen. Als er die Leiche vor seiner Tür gefunden hatte, war ihm nach allem anderen als danach, den Anblick zu fotografieren. Auf die Idee war er überhaupt nicht gekommen. Sein Smartphone hatte er lediglich zum Telefonieren benutzt.

»Nein, dazu hatte ich leider keine Gelegenheit. Ich habe sofort den Notarzt und die Polizei gerufen. Die sind sehr schnell eingetroffen. Ich wusste ja nicht, ob die Frau noch lebte.«

Haimann riss die Augen auf und schlug sich mit der Hand vor die Stirn, sodass es klatschte. »O Mann, Baumann, Sie müssen echt noch viel lernen. Seit wann schreiben Sie für dieses Blatt? Das ist das Erste, wenn Sie an einen Tatort kommen und die Polizei noch nicht da ist. Mannomann! Und dann passiert das noch direkt vor Ihrer Haustür. Unglaublich!«

Der hatte gut reden, ging es Steffen durch den Kopf. Wie der wohl reagieren würde, wenn vor seiner eigenen Tür eine tote Frau lag. Doch so, wie sein Chef tickte, hätte der sicherlich die ganze Angelegenheit ausgeschlachtet, Fotos von allen Seiten geschossen und vielleicht sogar den Artikel geschrieben, bevor er die Polizei gerufen hätte.

»Und was haben Sie mit der Frau zu tun? Was ist ihr Hintergrund? Los, erzählen Sie!«

Steffen war hin- und hergerissen. Sollte er jetzt die Hose runterlassen und gestehen, dass er von der Frau nichts wusste, nicht einmal ihren Namen kannte, also im Grunde keineswegs mit den Fakten vertraut war? Oder sollte er seiner Fantasie freien Lauf lassen und eine Geschichte erfinden, auch wenn ihm das widerstrebte? Hinterher konnte er immer noch sagen, dass man ihn falsch informiert hatte. Mühsam versuchte er, sich an das Aussehen der Frau zu erinnern, um zumindest eine Ahnung davon zu bekommen, wie alt die Frau war, was sie eventuell beruflich gemacht hatte, ob sie Familie hatte und so weiter. Brünette Haare, etwa Mitte 30, ihre Größe war schwer zu schätzen. Ob sie vielleicht Friseurin war oder Sekretärin oder was auch immer?

Steffens Entschluss stand fest. Er würde eine Geschichte erfinden über Luise N., die Sekretärin, die ermordet und vor der Tür eines Journalisten abgelegt worden war. In groben Zügen berichtete er seinem Chef, was er herausgefunden hatte, um es anschließend in einem Bericht festzuhalten. Die nächsten Minuten tippte er wild drauflos und warf dabei immer wieder einen Blick auf seinen Chef, der in seinem Büro unruhig auf und ab lief. Hatte der Mann eigentlich kein Zuhause?

›Brutaler Mord in einem Mehrfamilienhaus‹ lautete die Überschrift. Aus den dürftigen Infos, die Steffen besaß, baute er eine in seinen Augen mitreißende Story zusammen. Als Haimann den fertigen Bericht durchging, hatte er noch ein paar Korrekturen, war aber ansonsten hochzufrieden, bis auf die fehlenden Fotos, was er seinem Mitarbeiter noch einmal deutlich unter die Nase rieb. Steffen blickte auf seinen ausnahmsweise einmal wohlwollend nickenden Chef und ihn beschlich ein ungutes Gefühl. Er konnte nur hoffen, dass er nicht allzu weit neben der Wahrheit liegen würde, um es noch unauffällig korrigieren zu können, bevor der Artikel am Montag veröffentlicht werden würde. Also beschloss er, das Wochenende zu nutzen, um ein wenig zu recherchieren. Als erstes würde er die anderen beiden Mieter oder Mieterinnen befragen, die im 3. Stock wohnten. Er hoffte, dass die etwas mehr über die Tote wussten als er. Auf diese Art und Weise konnte er auch den korrekten Namen der Toten herausbekommen. Dazu musste er sich eine Taktik überlegen, um an die notwendigen Informationen zu kommen, denn mit einem Journalisten würden die Nachbarn wahrscheinlich nicht offen sprechen.

Steffen speicherte seinen Bericht, fuhr seinen Rechner herunter und machte sich auf den Weg nach Hause.

Kapitel 6

 

Samstag, 17 Uhr

 

Er hatte vergessen, die Kaffeemaschine abzuschalten, als er Hals über Kopf aufgebrochen war. So war der restliche Kaffee verdunstet, und die Überreste hatten sich in den Boden der Kanne eingebrannt. Ein strenger Geruch zog durch die Wohnung. Genervt darüber, aber vor allem über seinen Chef spülte er die heiße Kanne mit heißem Wasser kräftig aus, nachdem er sich die Finger verbrannt hatte, und setzte frischen Kaffee auf, um endlich richtig wach zu werden, denn die letzte Nacht und die anstrengende Woche steckten ihm noch in den Gliedern. Als der Kaffee fertig war, nahm er einen Becher und setzte sich damit an den Tisch in der Küche. Beim Blick aus dem Fenster stellte er fest, dass es inzwischen sonnig geworden war. Das Wetter hätte er vorhin bei seinem Spaziergang gebrauchen können.

Tausend Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Warum war die tote Frau ausgerechnet vor seiner Tür abgelegt worden? War es Zufall oder war er gezielt ausgesucht worden? Das mochte er sich gar nicht vorstellen. Aber wenn doch, warum? Man konnte ihm den Mord nicht in die Schuhe schieben wollen?! Oder doch? Wer könnte einen solchen Hass auf ihn haben? Der Gedanke brachte ihn nicht weiter. Vermutlich war er tatsächlich ein ›Zufallsopfer‹, versuchte er, sich selbst zu beruhigen. Zumindest hoffte er das. Schließlich hatte er mit der Frau gar nichts zu tun gehabt, er kannte sie nicht einmal. Das war alles ein Rätsel.

Seine Gedanken wanderten. Charlie fiel ihm plötzlich wieder ein! Ob sie kapiert hatte, dass er nichts von ihr wollte und ihn ihre Annäherungsversuche eher nervten? Er war sich selbst nach dem deutlichen Gespräch heute Morgen nicht sicher, dass sie es begriffen hatte. Wobei er seine Aussagen vorsichtig gewählt hatte, um sie nicht zu verletzen. Zu vorsichtig? Er würde in der nächsten Zeit den Kontakt zu ihr meiden, vielleicht begriff sie es dann. Noch einmal würde er hoffentlich nicht wieder eine Nacht außerhalb seiner Wohnung verbringen müssen. Wenn ja, würde er ganz sicher nicht wieder zu ihr fahren. Das eine Mal hatte gereicht.

Und schließlich die Sache mit seinem Chef! Dessen Auftreten war einfach unglaublich! Hatte er selbst mit seinen erfundenen ›Fakten‹ richtig gehandelt, oder hätte er lieber zugeben sollen, dass er praktisch nichts über den Fall wusste? Er musste das dringend ändern und die Geschichte hieb- und stichfest machen. Es war Zeit, über die Tote und mögliche nähere Umstände der Tat zu recherchieren. Er überlegte eine Weile, trank seinen Kaffee aus, nahm seinen Wohnungsschlüssel und stieg in die dritte Etage. Er blickte sich auf der Etage um und klingelte gedankenverloren als erstes an der linken Tür. Carla Schulze stand auf dem Klingelschild. Steffen hörte den Klingelton in der Wohnung und lauschte. Es war alles still. Vermutlich war Frau Schulze unterwegs. Er wartete noch einen Moment, aber nichts passierte. Merkwürdigerweise fiel ihm erst da das Polizeisiegel auf. Mist, dann war das schon mal sein erster Fehler. Die Tote war also Carla Schulze.

Steffen ging zur nächsten Wohnungstür. L. Nürnberger stand da. Er drückte auf den Klingelknopf und wartete. Auch hier war alles still. Anscheinend war niemand zu Hause, oder der Mieter oder die Mieterin traute sich nicht zu öffnen. Schließlich trat er vor die letzte Wohnung und klingelte. P. Meinhardt stand auf dem Schild. Im nächsten Moment hörte er Schritte, und die Tür wurde einen Spaltbreit geöffnet. Es war nur die Hälfte des Gesichts einer Frau zu sehen.

»Ja bitte?«, vernahm er eine weibliche ängstliche Stimme, ohne dass die Tür weiter geöffnet wurde.

»Guten Tag, entschuldigen Sie die Störung. Ich bin Steffen Baumann und wohne unter Ihnen. Die tote Nachbarin wurde vor meiner Wohnungstür gefunden. Leider weiß ich gar nichts über sie und …« Er stockte. Wie konnte er sich am besten äußern, um nicht gleich abgewimmelt zu werden?

»Ich meine, ich bin echt geschockt, und mich interessiert einfach, wer sie war. Wir wohnen hier im gleichen Haus, und es muss erst so etwas Schreckliches passieren, bevor einem klar wird, dass man über Menschen, die in der direkten Nachbarschaft wohnen, gar nichts weiß.« Er holte tief Luft, ehe er fortfuhr. »Haben Sie sie besser gekannt?«

»Wir waren sehr gut befreundet.« Die Worte gingen in ein Schluchzen über.

»Oh, das tut mir leid. Wenn Sie lieber nicht darüber sprechen wollen, dann ist das in Ordnung.« Er hoffte natürlich, dass das nicht der Fall war, wollte die offensichtlich betroffene Frau aber nicht überfahren. Immer noch war die Tür nur einen Spaltbreit offen, was er gut verstehen konnte. Die Angst der Frau war greifbar. Sie kannte ihn vermutlich auch nicht, hatte ihn wahrscheinlich im Haus auch noch nie gesehen.

»Das ist schon in Ordnung. Vielleicht ist es ganz gut, wenn ich mit jemandem darüber rede. Aber ich kenne Sie ja gar nicht. Haben Sie einen Ausweis dabei?«

Steffen stutzte einen Moment, ehe er antwortete. »Ah, ich verstehe. Natürlich sind Sie vorsichtig, das ist sicher besser so. Ich gehe kurz nach unten und hole meinen Personalausweis. Moment!«

Er lief nach unten und zog seine Geldbörse heraus. Zwei Minuten später stand er wieder vor der Tür und reichte der Frau seinen Ausweis.

»Okay!« Immer noch zögerte sie, rang sichtlich mit sich, ob sie dem Mann trauen konnte und traf schließlich eine Entscheidung. »Gut, dann kommen Sie doch herein.« Die Frau trat beiseite, gab ihm den Ausweis zurück und ließ ihn eintreten, hielt aber vorsichtig Abstand. Erst jetzt konnte er die Frau in Augenschein nehmen. Er schätzte sie auf Anfang dreißig. Sie trug ihre dunkelblonden Haare schulterlang, war sehr schlank und etwa 1,70 Meter groß. Man sah ihr an, dass sie in den letzten Stunden viel geweint hatte. Der Tod ihrer Nachbarin oder vielleicht sogar Freundin hatte sie ganz offensichtlich schwer mitgenommen.