Sterne, Zimt und Winterträume - Stina Jensen - E-Book
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Sterne, Zimt und Winterträume E-Book

Stina Jensen

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Beschreibung

Ein Roman, traumhaft wie ein Blick zu den Sternen …

Nach einem Schicksalsschlag ist Johanna mit ihrem kleinen Sohn Oskar auf sich gestellt. Besonders der Wiedereinstieg in den Job macht ihr zu schaffen, und auch Oskar wehrt sich beharrlich gegen die Veränderung. Als Johanna den Astrophysiker Nick kennenlernt, spürt sie sofort eine Verbindung zu ihm. Vielleicht, weil er ihr die Sterne nahebringt und damit ihren verstorbenen Mann. Oder weil er mindestens genauso einsam zu sein scheint wie sie. Dabei könnten der rationale Denker und die chaotische Träumerin nicht verschiedener sein. Wie gut, dass beide nur eine Freundschaft wollen. Doch dann verrät Nick Johanna seinen sehnlichsten Traum …

Dies ist der dritte Teil der WINTERknistern-Reihe. Alle Romane können unabhängig voneinander gelesen werden.

Die WINTERknistern-Reihe: Plätzchen, Tee und Winterwünsche; Misteln, Schnee und Winterwunder; Sterne, Zimt und Winterträume; Muscheln, Gold und Winterglück; Vanille, Punsch und Winterzauber; Mondschein, Flan und Winterherzen; Engel, Blues und Winterfunkeln; Pancakes, Samt und Winterglanz.

Lesen Sie auch die Insel- und Gipfelfarben-Reihe von Stina Jensen.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2019

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STERNE, ZIMT UND WINTERTRÄUME

STINA JENSEN

SÓTANO

INHALT

Impressum

Über die Autorin

Wunsch-eBook

Die Winterknistern-Reihe

Das Buch

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Nachwort

Eine persönliche Bitte

Alle Bücher von Stina Jensen

Leseprobe zu Inselrot

Erstausgabe: November 2019

© Stina Jensen

Bahnhofstraße 11

61118 Bad Vilbel

[email protected]

www.stina-jensen.de

Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung der Texte und Bilder, auch auszugsweise, ist ohne schriftliche Zustimmung der Verfasserin urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen.

Die Autorin behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44b UrhG ausdrücklich vor. Jede unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Es gilt das ausdrückliche Verbot, die Textinhalte dieses Buchs zum Training und zur kommerziellen Nutzung von KI zu verwenden.

Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werkes sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten zu existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.

Lektorat und Korrektorat: Ricarda Oertel www.lektorat-oertel.de

Covergestaltung © Traumstoff Buchdesign traumstoff.at

Covermotive © Konstantin Aksenov und Julia Pajumae shutterstock.com, Marisa Sias pixabay.com

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STINA JENSEN schreibt Insel- und Gipfelromane, romantische Wintergeschichten und Krimis.

Sie liebt das Reisen und saugt neue Umgebungen in sich auf wie ein Schwamm. Meist kommen dabei wie von selbst die Figuren in ihren Kopf und ringen dort um die Hauptrolle in ihrem nächsten Roman. Die Autorin hat ein Faible für authentische Figuren und Geschichten, die genau so passiert sein könnten. Sie mag Familiengeheimnisse und auch ein bisschen Drama. Eben genau das, was das Leben für uns alle bereithält!

Wenn sie nicht verreist, lebt die Autorin mit ihrer Familie in der Nähe von Frankfurt am Main.

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DIE WINTERKNISTERN-REIHE

Bisher erschienen:

1. Plätzchen, Tee und Winterwünsche

2. Misteln, Schnee und Winterwunder

3. Sterne, Zimt und Winterträume

4. Muscheln, Gold und Winterglück

5. Vanille, Punsch und Winterzauber

6. Mondschein, Flan und Winterherzen

7. Engel, Blues und Winterfunkeln

8. Pancakes, Samt und Winterglanz

Alle Titel sind in sich abgeschlossene Romane und können unabhängig voneinander gelesen werden.

DAS BUCH

Liebe ist nicht berechenbar. Und die Zukunft liegt in den Sternen.

Nach einem Schicksalsschlag ist Johanna mit ihrem kleinen Sohn Oskar auf sich allein gestellt. Besonders der Wiedereinstieg in den Job macht ihr zu schaffen, und auch Oskar wehrt sich beharrlich gegen die Veränderung.

Als Johanna in der Vorweihnachtszeit den Astrophysiker Nick kennenlernt, spürt sie sofort eine Verbindung zu ihm. Vielleicht, weil er ihr die Sterne nahebringt und damit indirekt ihren verstorbenen Mann. Oder weil er insgeheim genauso einsam zu sein scheint wie sie. Dabei könnten der rationale Denker und die chaotische Träumerin nicht verschiedener sein.

Wie gut, dass beide nur eine Freundschaft wollen.

Doch dann verrät Nick Johanna seinen sehnlichsten Weihnachtswunsch …

1

MÄRZ

8. März

An: [email protected]

Von: [email protected]

Betreff: Ankunft

Liebe Johanna,

heute Morgen bin ich in Delhi angekommen, und was ich dir jetzt, in meinem Hotelzimmer sitzend, schreiben muss, fällt mir unendlich schwer. Aber ich muss es tun, denn ich habe dir versprochen, mich zu melden, und ich will nicht, dass du dich sorgst, wenn ich es nicht tue. Und vormachen will ich dir auch nichts.

Seitdem ich hier angekommen bin, habe ich einen Flashback nach dem anderen. Die vielen Menschen, der Verkehr, der Lärm, die Farben, die Gerüche. Ich bin wie betrunken von allem. Dazwischen all die Tiere (du denkst vielleicht an Hühner, und die gibt es. Aber auch viel anderes Getier – die Einzelheiten erspare ich dir lieber …), und ja, leider auch der Müll. Aber so ist es hier eben. Dieses Wilde, Ungezügelte ist es, was mir all die Jahre in Deutschland gefehlt hat. In denen ich mich wie gekappt gefühlt habe von meiner Identität.

Ich weiß, dass es dich viel gekostet hat, mir dein Einverständnis für diesen Trip ausgerechnet jetzt zu geben, wo Oskar noch so klein ist. Und ich habe eingesehen, dass es für dich niemals infrage kommen würde, mit mir und ihm für immer nach Indien zu gehen. Aber ich sitze jetzt hier, und mir wird klar: Hier gehöre ich hin. Hier bin ich geboren, hier soll eines Tages meine Asche verstreut werden. Was soll ich tun gegen diese starken Gefühle für mein Land? Die letzten Jahre habe ich mir vorgemacht, dass ich das alles hier gar nicht so dringend bräuchte. Dass ich es mir nur vor Heimweh so schön ausmalen würde, obwohl es das gar nicht ist. Aber das stimmt nicht.

Was soll ich tun?

Natürlich werde ich wie geplant in drei Wochen zurückkehren, um meinen endgültigen Umzug vorzubereiten. Lass uns eine gemeinsame Lösung für dieses Dilemma finden, ohne dass Oskar Schaden nehmen wird. Ich liebe euch – auch das weiß ich. Vielleicht denkst du ja doch noch mal darüber nach, hier zu leben? Es wäre noch immer mein größter Traum.

In drei Tagen fliege ich weiter nach Punjab zu meinen Eltern. Ich melde mich dann von dort wieder. Vorher werde ich euch noch etwas schicken, ich habe ein paar hübsche Sachen entdeckt.

Gib Oskar einen Kuss von mir! Bis bald.

Rahul

10. März

An: [email protected]

Von: [email protected]

Re: Ankunft

Lieber Rahul,

wie kannst du mir aus der Ferne eine solche Nachricht schreiben? Willst du mich wirklich verlassen, wenn ich mich nicht entschließen kann, dir in ein Land zu folgen, in dem ich völlig fremd bin? Ich habe dich nicht nach Indien fliegen lassen, damit du mir gleich am ersten Tag mitteilst, dass du dort bleiben möchtest.

Wir sind doch verheiratet, wir haben ein Kind!

Ich dachte, wir lieben uns. Aus tiefstem Herzen. Und dass diese Krise, die wir seit Oskars Geburt haben, wieder vorübergehen wird.

Dass diese Reise dir dabei helfen sollte, herauszufinden, was du wirklich willst – klar. Aber doch nicht so! Und nicht gleich am ersten Tag!

Vielleicht wird es ja schrecklich bei deinen Eltern, hast du daran schon gedacht? Vielleicht wirst du dich nach drei Wochen ungezügelter Wildheit sogar darauf freuen, wieder zurückzukehren? Allein schon wegen Oskar, er wird dir doch schrecklich fehlen, oder etwa nicht?!

Ich kann einfach nicht fassen, dass du ernsthaft in Erwägung ziehst, ihn und mich zu verlassen. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt.

Johanna

13. März

An: [email protected]

Von: [email protected]

Betreff: Rahul

Meine liebste Johanna,

ich sollte dir keine E-Mail schreiben, sondern dich anrufen. Aber ich bringe es nicht fertig. Meine Eltern genauso wenig.

Heute habe ich leider die schreckliche Aufgabe, dir eine unendlich traurige Nachricht zu übermitteln. Es geht um Rahul. Er ist gestern mit einer kleinmotorigen Maschine auf dem Weg von Neu-Delhi zu uns nach Punjab abgestürzt. Zusammen mit dreizehn Mitreisenden, dem Piloten und der Flugbegleiterin kam er ums Leben. Ich mag mir nicht vorstellen, was diese Zeilen in dir auslösen. Wahrscheinlich hast du schon auf ein Lebenszeichen von ihm gewartet. Wir alle stehen unter Schock. Es tut mir so leid.

Bitte ruf mich an, sowie du dich dazu in der Lage siehst. Sobald Rahuls Leichnam freigegeben wird, würden wir ihn gern hier in seinem Heimatland bestatten. Natürlich steht es dir als seine Ehefrau zu, auf die Überführung nach Deutschland zu bestehen. Doch bitte frage dich, was sein letzter Wille gewesen wäre. Ich hoffe, ihr habt irgendwann darüber gesprochen. Natürlich würden wir mit der Zeremonie warten, bis du und Oskar hier eingetroffen seid.

In unendlicher Trauer

Kavya

2

ACHT MONATE SPÄTER

Hey, Johanna!« Rahul winkte mir vom Ende der belebten Straße aus zu. Dann legte er die Hände an den Mund. »Wann kommst du denn endlich?«

Ich wollte ja. Aber es schien unmöglich. Zwischen uns waren hunderte von Menschen unterwegs. Einige zu Fuß, andere mit dem Fahrrad oder einem Karren. Das Stimmengewirr der Leute klingelte in meinen Ohren.

Eine Rikscha fuhr an mir vorüber, der dunkelhäutige Fahrer trug einen roten Turban. Ich versuchte aufzuspringen, doch jemand stieß mich herunter. Es gab schon einen Passagier. Oskar. Wo brachte der Chauffeur ihn denn hin?

Wieder sah ich zu Rahul. Ich musste unbedingt zu meinem Mann. Er wollte mir etwas Wichtiges mitteilen!

»Hier!«, rief Rahul nun von einer anderen Stelle. Dabei hatte ich mich endlich ein paar Meter voran gearbeitet. Ich watete durch die Menge, als klebten meine Füße am Boden.

Mit einem Schreck fuhr ich aus dem Schlaf. Mein Großvater hatte die Tür des Gästezimmers mit einem Knarzen geöffnet. »Guten Morgen, ihr zwei, Zeit zum Aufstehen«, brummte Papu. »Es ist schon halb acht.«

Einen Protest murmelnd zog ich die Bettdecke enger um mich. Warum musste er Oskar und mich immer so früh wecken? Und mich damit aus diesem Traum holen, in dem ich fast mit Rahul geredet hätte.

Seit Monaten träumte ich das Gleiche. Entweder stand mein Mann inmitten einer Menschenmenge, so wie heute, und ich kam nicht an ihn heran. Oder er rief von der Spitze eines Berges nach mir, dessen Höhe unüberwindbar erschien. Manchmal standen wir auch in tiefem Morast, in dem wir zu versinken drohten. Und jedes Mal weckte mich irgendetwas anderes. Es kam einfach nicht dazu, dass Rahul und ich uns aussprachen!

Ich schaute zur Seite. Mein siebzehn Monate alter Sohn lag in seinem Gitterbettchen und rührte sich nicht. Seit ich vor acht Monaten bei Papu eingezogen war, erstaunte es mich jeden Tag aufs Neue, dass dieses Baby nach dem Tod seines Vaters begonnen hatte, durchzuschlafen. Als hätte es gespürt, dass es mir neben meiner Trauer nicht eine einzige schlaflose Nacht mehr zumuten könnte. Dafür liebte ich unser Kind nur noch mehr.

Gerade zog Papu die Vorhänge beiseite und ließ Licht ins Zimmer, brachte damit die Rumpelkammer zum Vorschein, in der Oskar und ich schliefen. Mein ehemaliges Kinderzimmer in der Wohnung meiner Großeltern in der Leopoldstraße in München hatte sich nach meinem Auszug vor ein paar Jahren zur Abstellkammer entwickelt. Hier hatten ausrangierte Möbelstücke und abgelegte Klamotten Platz gefunden. Dazwischen tummelten sich eine halb verwelkte Yuccapalme, eine brüchige Küchenlampe aus Korb und drei Kisten voller Bücher.

Mamu hätte wahrscheinlich darauf bestanden, alles zu beseitigen und Platz zu schaffen. Doch sie war Anfang des Jahres verstorben. Der Verlust meiner Großmutter nagte auch an mir, obwohl es irgendwann absehbar gewesen war, dass es mit ihr zu Ende ging. Auf den Punkt gebracht: Es war ein beschissenes Jahr. Und es konnte nur besser werden.

Nach Kavyas E-Mail vor acht Monaten hatte ich stundenlang fassungslos auf ihre Worte gestarrt. Las die Nachricht wieder und wieder, in der irrsinnigen Hoffnung, ich könnte mich täuschen. Oder träumen. Und irgendwann aufwachen. Doch das war nicht geschehen.

In meinem Schock rief ich als erstes Papu an und sagte ihm, dass ich mit Oskar zu ihm kommen würde. Und dann schrieb ich Kavya, dass sie und ihre Eltern Rahul seinem Wunsch gemäß in seinem Heimatland bestatten sollten. Ohne mein Beisein.

Wie hätte ich an der Zeremonie teilnehmen können? Mir fehlte zu alledem die Kraft. Und ich hatte ein Baby. Besonders die Nachricht, die Rahul mir so kurz vor seinem Tod geschickt hatte, lähmte mich.

Kavya und ihre Eltern hatten Bilder von Rahuls Beisetzung geschickt. Oder besser gesagt, von der Verbrennung seiner menschlichen Überreste. Und davon, wie sie die Asche über den örtlichen Fluss hinweg in alle Winde verstreut hatten. Damit seine Seele, wenn sie wiedergeboren wurde, nicht an einen festen Ort gebunden war.

Der Gedanke an Wiedergeburt war wenig tröstlich für mich. Es würde mir nichts nützen, wenn Rahul an irgendeinem anderen Ort dieser Welt je wiedergeboren werden sollte. Außerdem hatte er ja ohnehin nicht mehr bei mir sein wollen!

Als ich mit Oskar von Frankfurt hierher geflüchtet war, hatte Papu uns stumm in die Arme geschlossen, und ich hatte mich kurz darauf auf das Bett in meinem alten Zimmer fallen lassen. Drei Tage und Nächte hatte es gedauert, ehe ich wenigstens wieder in der Lage war, mich meinen alltäglichen Aufgaben als Mutter zu stellen. Der Abschied von Rahul und der einstigen Hoffnung, dass doch noch alles gut werden könnte und wir trotz unserer Krise den Rest unseres Lebens miteinander verbringen würden, verlangte mir alles ab. Es ist schlimm, einen geliebten Menschen zu verlieren. Aber es ist noch schlimmer, einen geliebten Menschen zu verlieren, von dem man weiß, dass er einen eigentlich nicht mehr wollte.

Dass dies so war, wusste nur ich. Bisher war ich noch nicht in der Lage gewesen, auch nur mit einer Menschenseele über Rahuls Trennungsabsichten zu sprechen.

Auch Papu hatte mächtig damit zu kämpfen, dass Mamu und dann auch noch mein Mann gestorben waren. Meinen Schmerz zu erleben machte es für ihn nicht leichter – stehen wir uns doch sehr nah, denn als Kleinkind hatte ich meine Eltern verloren und war bei meinen Großeltern aufgewachsen. Irgendwie schien sich dieses Schicksal von Verlusten durch mein Leben zu ziehen. Wusste der Teufel, warum.

Papu warf mir von der Zimmertür einen mahnenden Blick zu. »Komm dann bitte, ja? Frühstück ist fertig.« Damit verließ er den Raum.

Mein Großvater klammerte sich an einen normalen Tagesablauf, und dazu gehörte, dass wir mit ihm frühstückten. Da ließ er nicht mit sich verhandeln. Wenn er nicht gewesen wäre, wäre ich wahrscheinlich schon verhungert. Noch immer bekam ich kaum etwas hinunter. Und wenn, dann knabberte ich so lange an einer Scheibe Brot, bis er die Geduld verlor und den Tisch abräumte. Am liebsten hätte er es gesehen, wenn ich mindestens einmal pro Woche ein Steak verdrückt hätte, so wie er es tat. Einmal hatte er Essen bei einem indischen Restaurant bestellt, aber allein der Geruch nach Curry, Koriander und Zimt hatte mir die Kehle zugeschnürt.

Ich richtete mich auf und spähte wieder hinüber zu Oskar, der sich zu räkeln begann.

»Ma-ma!« Er reckte im Gitterbettchen die Arme nach mir. Das feuerrote Haar stand ihm vom Köpfchen ab, seine schwarzen Augen funkelten erwartungsfroh. Er sah so süß aus. Mein Herz zog sich zusammen.

Ich schob die Beine aus dem Bett und schlang mir die Haare im Nacken zusammen, tappte hinüber zu meinem Söhnchen, der auf seinen kurzen Beinen aufgeregt auf und ab wippte. Er konnte noch nicht lange laufen. Doch seit er es vor zwei Monaten endlich gelernt hatte, war er nicht mehr zu stoppen. Nichts konnte man schnell genug vor ihm in Sicherheit bringen.

Ich hob meinen Kleinen aus dem Bett und gab ihm einen zärtlichen Kuss. »Na, gut geschlafen?«, murmelte ich in sein Haar.

»Pa!«, rief Oskar und zeigte zur Zimmertür. Damit meinte er seinen Uropa.

Ich selbst hatte meine Großeltern nie Oma und Opa genannt. Bei meiner Geburt waren sie erst knapp über vierzig gewesen und fühlten sich viel zu jung, um so gerufen zu werden.

Nach dem Wickeln zog ich Oskar eine Latzhose und den senfgelben Pulli mit Eisbäraufdruck an, den Doris, Papus Haushaltshilfe, ihm mitgebracht hatte. Sie kam zweimal pro Woche, und das schon seit Jahren, auch als Mamu noch gelebt hatte. Manchmal passte sie auf Oskar auf, wenn Papu mich dazu überreden konnte, mit ihm ins Theater zu gehen. »Irgendetwas muss ich doch davon haben, dass du hier bist«, sagte er dann, und ich konnte ihm den Wunsch nicht abschlagen, machte mich sogar ein wenig schick. Doch heute schlüpfte ich in mein bequemes Joggingoutfit wie nahezu jeden Tag, an dem ich nicht das Haus verließ. An manchen Tagen war es auch der abgelegte Trainingsanzug von Rahul, den ich bei meiner Abfahrt getragen hatte. Ich hatte bei aller Ambivalenz meiner Gefühle etwas dabeihaben wollen, das nach ihm roch. Um mich dann und wann der Illusion hinzugeben, dass er noch da wäre.

In der Küche hielt Papu den Kopf über die Tageszeitung gebeugt und schlürfte geräuschvoll den Kaffee aus seiner Tasse.

»Na endlich«, brummte er und tippte auf die Überschrift eines Artikels. »Die Krippenplätze sind knapp«, las er und sah auf. »Du hast aber eine feste Zusage, oder?«

Ich setzte Oskar in den Hochstuhl und gab ihm ein Butterhörnchen in die Hand, in das er augenblicklich hineinbiss.

Ich hockte mich im Schneidersitz auf die Küchenbank und goss mir einen Kaffee ein. »Klar. Das weißt du doch. Es ist eine private Einrichtung. Nichts Staatliches.«

Papus Bemerkung erinnerte mich schmerzlich daran, dass ich demnächst nach Frankfurt zurückkehren musste. Meine Elternzeit war bald vorüber. Am zweiten Dezember erwartete man mich an meinem alten Arbeitsplatz in einer renommierten Rechtsanwaltskanzlei zurück, wo ich zuletzt als Partnersekretärin gearbeitet hatte. Der Gedanke daran versetzte mich in Unruhe. Nicht nur aufgrund der Tatsache, dass ich mit Oskar in die Wohnung würde zurückkehren müssen, in der wir zuletzt zu dritt gelebt hatten. Sondern auch, weil ich meinen Sohn mehrere Stunden am Tag in fremde Obhut würde geben müssen. Zwei Wochen Eingewöhnung wären besser gewesen, das hatte auch die Leiterin der Krippe gesagt. Ich hatte der Dame meine Situation erklärt, und sie hatten eine Ausnahme gemacht.

Dabei hatte Oskar in den letzten Monaten kaum andere Menschen als Papu und mich um sich gehabt – wenn man von Ulli, Papus bestem Freund, oder Doris einmal absah. Außer bei den Skype-Sessions mit meinen Frankfurter Freundinnen Milla und Sina hatte ich kaum Kontakt zur Außenwelt. Die Zwillingsschwestern waren derzeit der einzige Lichtblick, wenn ich an meine Rückkehr nach Frankfurt dachte.

Bei einem dieser virtuellen Treffen vor ein paar Wochen hatte ich Sina darum gebeten, meine Wohnung umzugestalten, um mir den Schmerz zu ersparen, alles so vorzufinden, wie es zuletzt gewesen war. Ich wollte einen Neustart, und nichts, das mich in die Vergangenheit katapultiert hätte. Sina war genau die Richtige dafür. Sie besaß ein erstklassiges Händchen, was Inneneinrichtungen betraf und hatte ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht.

»Hier.« Papu legte mir unaufgefordert eine Semmel auf den Teller. »Du musst etwas essen, Kind.«

Oskars Butterhörnchen war schon halb aufgegessen. Krümel verteilten sich über seinen Platz und den Fußboden. Ein paar schimmerten in seinen Haaren. Ich stupste ihn auf die Nasenspitze. »Du kleines Krümelmonster.«

Dann schnitt ich das Brötchen, das Papu mir auf den Teller gelegt hatte, in zwei Hälften, bestrich eine davon mit Butter und nahm einen Bissen. Mehr als eine halbe Semmel würde ich nicht runter bekommen. Aber damit gab Papu sich inzwischen zufrieden.

Während ich kaute, lauschte ich seinem Gemurmel beim Zeitunglesen. Oft las er aus den Kleinanzeigen vor, wie heute, wo er sich darüber wunderte, wer in Gottes Namen am Nikolausabend für einen Fake-Nikolaus einhundertfünfzig Euro hinblätterte, damit dieser ein paar Kinder verschreckte.

»Ach was«, kommentierte ich und nahm einen Schluck Kaffee. »Die Kids von heute haben bestimmt keine Angst mehr vorm Nikolaus, die freuen sich.«

Papu winkte ab und war schon beim nächsten Artikel. Er hatte die Angewohnheit, alles Gelesene zu kommentieren, sodass ich, seitdem ich hier eingezogen war, immer auf dem neuesten Stand des Weltgeschehens war. Nach Oskars Geburt dagegen war ich selten dazu gekommen, mich mit Politik oder etwas anderem als dem Baby zu beschäftigen. An manchen Tagen hatte ich es erst nachmittags aus dem Schlafanzug geschafft, weil Oskar mich auf Trab hielt. Ich war einfach überfordert und oft so erschöpft vom dauernden Herumtragen des Babys, dass ich kaum Körperkontakt darüber hinaus ertrug. Was auch damit zusammenhing, dass ich mein Kind stillte, und sobald Rahul meine Brüste berührte, schoss Milch ein und mein Busen begann zu tropfen. Das war nicht besonders erotisch, wenn man mich fragte. Ob Rahul sich zu sehr von mir zurückgewiesen gefühlt hatte? Aber irgendwann hätte sich das doch bestimmt wieder eingerenkt. Kein Grund, alles hinzuschmeißen!

Wie sehr ich darauf gehofft hatte, nach Rahuls Rückkehr aus Indien noch mal neu mit ihm anzufangen. Ich hatte wieder die alte werden wollen. Die energiegeladene, unbeschwerte Johanna. Vielleicht hätte ihn das ja umgestimmt?

Mein Magen verkrampfte sich. »Ich kann nicht mehr«, sagte ich nach nur zwei Bissen und legte die Semmelhälfte auf dem Teller ab.

Papu schnalzte kopfschüttelnd mit der Zunge.

Milla und Sina meinten, mein Appetit würde schon irgendwann zurückkehren. Genauso mein Sinn für hübsche Klamotten, den ich mal gehabt hatte. Wahrscheinlich spätestens, wenn der Arbeitsalltag in der Kanzlei mich wiederhatte.

Oskar stopfte sich das letzte Stück des Hörnchens in den Mund, zeigte auf die angebissene Semmel und schmatzte. Ich lächelte gequält und überließ ihm mein Frühstück.

Kurze Zeit später waren mein Sohn und ich allein. Papu half, seit er Rentner war, an einigen Tagen ehrenamtlich bei der Nachbarschaftshilfe, damit ihm nicht die Decke auf den Kopf fiel, denn außer einzukaufen oder wie in diesen Tagen mit Oskar spazieren zu gehen, musste er sich nicht um vieles kümmern. Seine Perle Doris wusch und putzte, brachte oft Eintöpfe und Aufläufe vorbei. Ich hatte in dieser Wohnung eigentlich auch nichts anderes zu tun, als ein bisschen aufzuräumen, gelegentlich zu kochen und mich um meinen Sohn zu kümmern. Doch selbst damit war ich oft überfordert. Meine Traurigkeit überschattete alles. Natürlich deuteten alle diese Traurigkeit als echte Trauer um meinen geliebten Mann. Und selbstverständlich schmerzte mich sein Tod zutiefst, wie auch der Gedanke, dass Oskar ohne seinen Vater aufwachsen würde. Doch gleichzeitig spürte ich auch eine kaum zu bändigende Wut auf Rahuls Trennungsgedanken, die es mir so schwermachten, uneingeschränkt um ihn zu trauern und mit seinem Tod abzuschließen.

Um Oskar nicht mit meinen zwiespältigen Gefühlen anzustecken, schaltete ich leider oft den Fernseher ein. Auf den Streaming-Kanälen gab es Programme für die Allerkleinsten. Und ich betäubte mich auch selbst in dieser Zeit gern mit Fernsehen, wenn Oskar schlief.

Leider kam aber auch der blutigste Thriller oft nicht ohne Liebesgeschichte aus. Wenn man sich allein und verlassen fühlt – so viel kann ich zumindest sagen – scheint ohnehin die ganze Welt voller glücklicher Paare zu sein.

Auch heute setzte ich Oskar vor eine Kindersendung. Wie gut, dass er von alledem nichts ahnte. Genauso wenig wusste er davon, dass die Tage bei Papu nun gezählt waren. Genau genommen waren es noch fünf. Fünf Tage in Sicherheit.

Was Oskar und mich danach erwartete, erschien mir wie ein riesiges schwarzes Loch, das mich zu verschlucken drohte.

3

Hast du auch alles?«

Doris rang die Hände. Sie, Papu und sein Freund Ulli standen neben meinem Auto vor dem Haus Spalier. Die drei hatten mich bereits dreimal geherzt und mir versichert, ich würde das schaffen. Aber ihre Gesichter drückten das Gegenteil aus.

»Weihnachten kommst du ja schon wieder zurück«, tröstete Papu mich und nahm mich noch einmal in den Arm. »Das ist schon in einem Monat.«

Der Verkehr auf der Leopoldstraße floss an uns vorüber. Einige Häuser und Vorgärten der nachbarschaftlichen Umgebung waren schon seit einigen Tagen weihnachtlich mit leuchtenden Sternen oder Weihnachtsmännern geschmückt, die sich an Fassaden entlanghangelten. Ansonsten erinnerte aber nichts daran, dass das Fest der Liebe so bald schon vor der Tür stand. Oskar saß angeschnallt in seinem Kindersitz auf der Rückbank meines alten Peugeot. Mein Sohn war es nicht gewohnt, mit dem Auto zu fahren und wand sich unter den engen Gurten, reckte die Ärmchen nach mir. In seinen Augen schimmerten empörte Tränen.

Vielleicht spürte er, wie viel Angst ich hatte, und wenn ich ehrlich bin, wäre es mir am liebsten gewesen, Papu hätte mich begleitet. Aber die Fahrt war lang, und irgendwann mussten wir uns schließlich trennen. Ich hatte außerdem mit Milla und Sina vereinbart, sie von unterwegs anzurufen, wenn ich meine Ankunftszeit absehen konnte. Sie wollten in meiner Wohnung auf mich warten. Und wenn Sina ganze Arbeit geleistet hatte, würde ich die Räume kaum wiedererkennen, und nichts dort würde mich an die gemeinsame Zeit mit Rahul erinnern. Also stieg ich endlich ein, winkte ein letztes Mal und fuhr mit einem dicken Kloß im Hals davon.

Irgendwann begann es unterwegs zu regnen, ich schaltete die Scheibenwischer ein. Im Übergang zwischen Bayern und Hessen veränderte sich mehr und mehr die Landschaft, und meine Angst wuchs. War es ein Fehler, schon zurückzukehren? War es für alles noch zu früh? Würde ich mein Leben hier meistern können? Alleinerziehend. Als Witwe.

Um kurz nach vier traf ich in Frankfurt ein. Ich fuhr ein paarmal um den Block, bis ich endlich einen Parkplatz ergatterte. Die Straße war mit weihnachtlichen Girlanden überspannt, deren Licht auf dem feuchten Asphalt und in den Schaufensterscheiben reflektierte. Im Fenster der benachbarten Apotheke wünschte man in leuchtenden Lettern »Merry christmas«. Klopfenden Herzens lud ich den Buggy aus dem Kofferraum, hievte Oskar, der irgendwann eingeschlafen war, in die Karre. Und dann stand ich vor dem Altbau, den ich vor acht Monaten Hals über Kopf verlassen hatte, und wäre am liebsten wieder nach München umgekehrt.

Mit zitternden Fingern steckte ich den Schlüssel ins Schloss und öffnete die Tür. Der vertraute Geruch des Mietshauses schlug mir entgegen. Eine Mischung aus Keller und Staub, dazwischen waberte der Duft nach Waffeln. Aus dem dritten Stock schallten die Stimmen und Schritte von Milla und Sina, die mich vom Fenster aus gesehen haben mussten und jetzt zu mir nach unten kamen.

Schon tauchten meine beiden Freundinnen auf der Treppe auf, und wir fielen uns in die Arme. Die zwei hielten mich umklammert, bis ich nach Luft japste. Ich konnte nicht anders, als zu lachen. »Ich habe euch auch vermisst.«

Bei Oskars Anblick stießen die Zwillingsschwestern verzückte Schreie aus. »Ist der groß geworden! Er ist ja ein richtiger Riese!«

Oskar starrte sie entsetzt an und brüllte los.

»O je«, murmelte ich und nahm ihn auf den Arm, flüsterte sanfte Worte in sein Ohr und streichelte ihm über den Kopf.

Milla schob den Buggy im Flur an die Seite. »Jetzt kommt erst mal mit hoch, bestimmt beruhigt er sich gleich wieder. Dein Gepäck können wir ja später noch aus dem Auto holen.«

Zögernd folgte ich den beiden die Treppe nach oben und hörte das fröhliche Krähen eines Babys. Oskar verstummte und lauschte. Ich kniff ihn zärtlich in die Wange. »Hörst du das Baby? Es ist noch kleiner als du!«

»Sie liegt im Wohnzimmer in der Babytrage«, klärte mich Milla auf und lief einen Schritt schneller.

Als ich nach München aufbrach, war meine Freundin schwanger gewesen; bisher hatte ich Millas knapp vier Monate alte Tochter nur via Skype bewundern dürfen. Ich freute mich darauf, das kleine Mädchen endlich mal auf den Arm zu nehmen.

Das weiße Schuhregal neben der Kokos-Fußmatte vor meiner Wohnungstür war neu.

---ENDE DER LESEPROBE---