Sumpffieber - James Lee Burke - E-Book

Sumpffieber E-Book

James Lee Burke

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Beschreibung

Megan Flynn, die Tochter des vor Jahrzehnten ermordeten Gewerk­schafters Jack Flynn, kehrt zurück nach New Iberia. Der Mord an ihrem Vater ist ein ungelöster Fall, der auch Sheriff Dave Robicheaux nicht zur Ruhe kommen lässt. Wenige Tage später werden zwei Brüder wegen Vergewaltigung einer jungen Schwarzen kaltblütig ermordet. Offenbar war Alex Guidry, ein berüchtigter Rassist, an beiden Verbrechen beteiligt. Als Dave ihn mit seinen Ermittlungen mehr und mehr in die Enge treibt, will er auspacken. Doch kurz bevor er bei einem geheimen Treffen seine Komplizen verraten kann, wird er erschossen. Dave scheint auf der richtigen Spur zu sein. Es gilt nur noch die letzten Beweise zu finden …

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James Lee Burke • Sumpffieber

JAMES LEE BURKE

Sumpffieber

Ein Dave-Robicheaux-Krimi Band 10

Aus dem Amerikanischen von Christine Frauendorf-Mössel

Bill und Susan Nelson

1

Nur zweimal in meinem Leben hatte ich eine solche Morgendämmerung erlebt: einmal in Vietnam, als auf einer Nachtpatrouille eine Mine vor mir detoniert war und ihre Leuchttentakel um meine Oberschenkel geschlungen hatte, und das andere Mal, Jahre davor, draußen vor Franklin, Louisiana, als mein Vater und ich die Leiche eines Gewerkschaftlers entdeckt hatten, den man mit 16-Penny-Nägeln an Fuß- und Handgelenken an eine Scheunenwand genagelt hatte.

Kurz bevor die Sonne über dem Golf von Mexiko aus dem Wasser stieg, legte sich der Wind plötzlich, der die ganze Nacht hindurch schäumend die Wellenkämme aufgepeitscht hatte, und der Himmel war mit einem Mal blank und bleich wie ein polierter Knochen, als habe man die Atmosphäre zur Ader gelassen und jeder Farbe beraubt. Die Möwen, die sich über meinem Kielwasser in der Luft getummelt hatten, schraubten sich in den Morgendunst, und die Dünung verwandelte sich in eine wellenförmig bewegte Fläche aus flüssigem Aluminium, die sich um die ledernen Rücken der Stachelrochen kräuselte. Am östlichen Horizont ballten sich Regenwolken zusammen, und die Sonne hätte eigentlich wie ein nebelumflortes Eigelb aus dem Wasser tauchen müssen. Stattdessen breitete sich ihr rotes Leuchtfeuer pilzartig entlang des Horizonts aus, erhob sich dann wie ein flammendes Kreuz an den Himmel, und das Wasser nahm die träge, dunkle Farbe von Blut an.

Vielleicht waren die seltsamen Lichtverhältnisse im Morgengrauen nur Zufall und hatten nichts mit der Rückkehr von Megan Flynn nach New Iberia zu tun, die auf unserem Gewissen lastete wie eine im Beichtstuhl preisgegebene Sünde, oder schlimmer noch, die unseren Neid neu entfachte.

Tief im Herzen allerdings wusste ich, dass es kein Zufall war – allein schon wegen der Tatsache, dass der Mann, den man an der Scheunenwand gekreuzigt hatte, Megans Vater gewesen war –, als Megan persönlich an meiner Bootsvermietung mit Köderladen, etwa 25 Kilometer südlich von New Iberia, auf mich wartete. Ich hatte gerade den Motor meines Kabinenboots ausgestellt und glitt, mit Clete Purcel, meinem alten Partner von der Mordkommission beim First District von New Orleans, an Bord durch die Wasserhyazinthen, während grellgelbe Schlammwolken in unserem Kielwasser aufwirbelten.

Mittlerweile hatte es zu nieseln begonnen. Sie trug ein orangerotes Seidenhemd, Khakihose und Sandalen, ihr witziger Strohhut vom Regen mit einem Sprenkelmuster überzogen, ihr Haar rostrot gegen die düstere Kulisse des Tages, ihr Gesicht von einem Lächeln erhitzt, das wie ein Dorn im Herzen brannte.

Clete stand am Seitendeck, sah sie an und schürzte die Lippen. „Wow!“, sagte er atemlos.

Sie gehörte zu jener raren Sorte von Frauen, die mit Augen gesegnet waren, deren Blick zu recht oder zu unrecht die verlockende Aufforderung vermittelte, in das Geheimnis ihres Lebens einzutauchen.

„Die kenne ich doch von irgendwoher“, murmelte Clete, als er sich bereit machte, über den Bug an Land zu springen.

„Letzte Ausgabe vom Newsweek-Magazin “, sagte ich.

„Genau. Sie hat den Pulitzer-Preis gewonnen oder so ähnlich. War ein Hochglanzfoto von ihr abgedruckt“, sagte er. Er kaute schmatzend auf seinem Kaugummi.

Megan war auf dem Cover gewesen, in Tarnanzughose und T-Shirt, mit Erkennungsmarken um den Hals, das Haar zerzaust, die Kleider vom Luftsog des britischen Helikopters an den Leib gepresst, das Lederband der Kamera um ein Handgelenk gewickelt, während unter ihr serbische Panzer in schwarzrote Rauchsäulen aufgingen.

Ich allerdings hatte noch eine andere Megan in Erinnerung: die schwer erziehbare Waise von einst, die, zusammen mit ihrem Bruder, ständig aus Kinderheimen in Louisiana und Colorado weggelaufen war, bis beide das Alter erreicht hatten, um schließlich in jener Armee von Wanderarbeitern bei Obst- und Weizenernten unterzutauchen, die ihr Vater, ein unbelehrbarer radikaler Gewerkschaftler, ein Leben lang versucht hatte zu organisieren.

Ich stieg vom Bug auf den Kai und ging auf meinen Pick-up zu, den ich hinter dem Caravan am Ende der Anlegestelle geparkt hatte. Ich wollte nicht unhöflich sein. Ich bewunderte die Flynns. Aber man bezahlte einen Preis für ihre Freundschaft und ihre Hingabe an den sozialen Hass, der die Triebkraft ihres Lebens geworden war.

„Gar nicht erfreut, mich zu sehen, Streak?“, fragte sie.

„Stets erfreut. Wie geht’s, Megan?“

Sie sah über meine Schulter hinweg zu Clete Purcel, der das Boot längsseits an die Fender aus Gummireifen gelegt hatte und jetzt Kühlbox und Ruten aus dem Heck lud. Die Haut über Cletes muskulösen Armen und seinem kräftigen Nacken war flammend rot und schälte sich vom ersten Sonnenbrand. Als er sich über die Kühlbox beugte, platzte sein Tropenhemd entlang der Wirbelsäule über dem Rücken. Er sah grinsend zu uns herüber und zuckte mit den Schultern.

„Der scheint ja direkt aus dem Irish Channel aufgetaucht zu sein“, bemerkte sie.

„Mit Angeln hast du nichts am Hut, Meg. Bist du geschäftlich hier?“

„Ist dir Cool Breeze Broussard ein Begriff ?“, fragte sie.

„Der kleine Einbrecher und Dieb?“

„Er sagt, dein Kittchen sei eine Kloake. Er sagt, dein Gefängnisverwalter sei ein Sadist.“

„Unser ehemaliger Verwalter hat ins Gras gebissen. Da war ich gerade im Urlaub. Über den neuen weiß ich nicht viel.“

„Cool Breeze sagt, es werden Gefangene geknebelt und an einen Anstaltsstuhl gefesselt. Sie lassen sie in ihrem eigenen Saft schmoren. Das Justizministerium glaubt ihm.“

„Gefängnisse sind keine Luxushotels. Rede mit dem Sheriff, Megan. Bin gerade nicht im Dienst.“

„Typisch New Iberia. Auf Menschlichkeit wird geschissen.“

„Man sieht sich“, sagte ich und ging zu meinem Pick-up. Regen prasselte in großen, kalten Tropfen auf das Blechdach des Angelladens.

„Cool Breeze sagt, du seist anständig und integer. Er sitzt jetzt in Einzelhaft, weil er dem Wärter eins übergebraten hat. Werd ihm ausrichten, dass du nicht im Dienst bist.“

„Diese Stadt hat deinen Vater nicht umgebracht.“

„Nein, sie haben mich und meinen Bruder nur in ein Waisenhaus gesteckt, wo wir die Fußböden mit den Knien polieren mussten. Sag deinem irischen Freund, dass er verdammt gut aussieht. Komm mal zu uns raus und besuch uns, Streak“, sagte sie und ging über die unbefestigte Straße, wo sie ihren Wagen unter den Bäumen meiner Auffahrt geparkt hatte.

Oben an der Anlegestelle schüttete Clete das Eis und die Getränkedosen mitsamt den gefleckten Forellen aus der Kühlbox. Die Fische blieben steif und kalt auf den Planken liegen.

„Je was davon gehört, dass Gefangene im Iberia-Bezirksgefängnis geknebelt und an Stühle gefesselt werden?“, fragte ich.

„Ging’s darum? Vielleicht sollte sie mal nachfragen, was die Kerle angestellt haben, dass man sie dort eingelocht hat.“

„Sie hat gesagt, du siehst verdammt gut aus.“

„Hat sie?“ Er sah den Weg hinunter, wo der Wagen unter dem Dach der Eichen verschwand, die entlang des Bayou wuchsen. Dann öffnete er eine Dose Budweiser und warf mir eine Dose Dr Pepper Light zu. Die Narbe an seiner linken Augenbraue schmiegte sich eng an seinen Schädel, als er versonnen grinste.

Der Schließer war ein berüchtigter Schleifer beim Marine Corps gewesen, trug sein Haar noch immer messerkurz am Schädel und hatte den Nacken penibel ausrasiert. Sein Körper war schlank und mit Muskelsträngen durchzogen, sein Schritt gemessen und aufrecht wie auf dem Exerzierplatz. Er schloss die Zelle am hintersten Ende des Korridors auf, legte Willie Cool Breeze Broussard Hüft- und Fußketten an und geleitete ihn zum Vernehmungszimmer, wo ich wartete.

„Angst, dass er dir wegläuft, Top?“, fragte ich.

„Bei ihm läuft der Mund, das ist das Problem.“

Der Schließer machte die Tür hinter uns zu. Cool Breeze sah aus wie 100 Kilo Nougat in Anstaltskleidung gegossen. Sein Schädel war kahl, eingewachst und glänzte wie Horn, die Augenwinkel waren nach unten gezogen wie bei einem Preisboxer. Einen mehrfach vorbestraften Fassadenkletterer stellte man sich anders vor.

„Wenn sie dich misshandeln, Cool Breeze, dann steht das jedenfalls nicht auf deinem Zettel.“

„Wie würden Sie Einzelhaft nennen?“

„Der Wärter sagt, du hättest die Einzelhaft provoziert.“

Cool Breeze konnte die Handgelenke in den an der Hüftkette befestigten Handschellen nicht bewegen. Er rutschte auf seinem Stuhl hin und her und warf einen Seitenblick zur Tür.

„Ich bin im Camp J oben im Angola gewesen. Das war dagegen ein Zuckerlecken. Ein Wärter hat einen Jungen mit vorgehaltener Waffe gezwungen, ihm einen zu blasen“, sagte er.

„Ich will dir nicht zu nahetreten, Breeze, aber das ist nicht dein Stil.“

„Was is nich mein Stil?“

„Andere zu verpfeifen … nicht mal einen schäbigen Schließer.“

Er rollte die Augen in den Höhlen vor und zurück und wischte sich die Nase an der Schulter ab.

„Ich sitze wegen dieser Scheiße mit den Videorecordern im Bau. War ‚ne ganze Wagenladung voll. Was die Sache noch beschissener macht, ist, dass ich die Ladung aus einem Lagerhaus der Giacanos in Lake Charles geholt hab. Ich muss Distanz zu meinen Problemen gewinnen. Vielleicht sogar bis zu den Islands, begriffen?“

„Klingt logisch.“

„Nein, Sie kapieren’s nich. Die Giacanos sind mit Jungs in New York verbandelt, die Raubkopien von Filmen machen, vielleicht 100 000 pro Woche. Also kaufen sie Massen von Videorecordern zu Vorzugspreisen … Cool Breezes Mitternachts-Lieferservice, geschnallt?“

„Du hast den Giacanos ihr eigenes Zeug angedreht? Du setzt völlig neue Maßstäbe, Breeze.“

Er lächelte flüchtig, aber die hängenden Augenwinkel gaben ihm den melancholischen Ausdruck eines Bluthundes. Er schüttelte den Kopf.

„Sie sind noch immer nicht auf dem Laufenden, Robicheaux. Von denen ist keiner so schlau. Sie haben mit Raubkopien von Kung-Fu-Filmen aus Hongkong angefangen. Das Geld für die Produktion der Kung-Fus kommt von verdammt üblen Typen. Schon mal von den Triaden gehört?“

„Reden wir über China-Weiß?“

„So wird’s gewaschen, Mann.“

Ich zückte meine Visitenkarte und schrieb die Telefonnummer meines Köderladens auf die Rückseite. Dann beugte ich mich über den Tisch und steckte sie ihm in die Hemdtasche.

„Bring hier drinnen bloß deinen Arsch in Sicherheit, Breeze. Besonders vor diesem Ex-Marine.“

„Reden Sie mit dem Gefängnisboss. Ist leicht, ihn nach fünf Uhr zu erwischen. Er schiebt gern Überstunden, wenn keine Besucher mehr da sind.“

Megans Bruder Cisco besaß ein Anwesen oben am Bayou Teche, gleich südlich von Loreauville. Es war westindischen Stil erbaut, einstöckig und weitläufig, von Eichen beschattet. Von den Dachvorsprüngen hingen große Körbe mit Farnen. Cisco und seine Freunde, Filmleute wie er, kamen und gingen mit den Jahreszeiten, jagten Enten im Röhricht, angelten Tarpone und gefleckte Forellen im Golf. Die Bande benahm sich wie Menschen, die geographisches Terrain und ihre Soziokulturen lediglich als Spielwiese für ihren Freizeitspaß missbrauchten. Ihre glamourösen Gartenpartys, die wir nur von der Straße aus und durch die das Grundstück umgebenden Myrthen- und Azaleenbüsche und Bananenstauden sehen konnten, waren in unserer kleinen Zuckerrohrstadt am Teche der Stoff, aus dem Legenden entstehen.

Ich habe Cisco nie verstanden. Er war robust, wie seine Schwester, und er hatte dasselbe gute Aussehen, das beide von ihrem Vater geerbt hatten, doch wenn man in seine bohrenden rotbraunen Augen sah, schien er unter deiner Haut nach etwas zu suchen, das er haben, vielleicht sogar dringend besitzen wollte, jedoch nicht definieren konnte. Im nächsten Moment allerdings war der Eindruck wieder verflogen, und seine Aufmerksamkeit schweifte ab wie ein Ballon im Abendwind.

Er hatte Entwässerungsgräben gezogen und in den Obstplantagen im San-Joaquin-Becken geschuftet und war in Hollywood als straßenerprobter, stadtbibliotheken-gebildeter Gassenjunge gelandet, der völlig perplex feststellte, dass seine hübsche Larve und seine Kreativität ihm sämtliche Türen zur Filmindustrie öffneten, wo er zuerst als Komparse und später als Stuntman arbeitete.

Es dauerte nicht lange, bis er begriff, dass er nicht nur mutiger war als die meisten Schauspieler, die er doubelte, sondern auch intelligenter. Er verfasste fünf Jahre als Co-Autor Drehbücher, gründete zusammen mit zwei Vietnam-Veteranen eine unabhängige Produktionsfirma und stellte einen Low-budget-Film über das Leben von Wanderarbeitern auf die Beine, der Preise in Frankreich und Italien gewann.

Sein nächster Film wurde in Kinos überall in den Staaten gezeigt.

Mittlerweile besaß Cisco ein Büro am Sunset Boulevard, ein Haus in Pacific Palisades und war fester Bestandteil einer Glitzerwelt, in der Bougainvilleen, der Ozean und die Sonne die stellvertretenden Symbole für Gesundheit und all jene Reichtümer waren, die Süd-Kalifornien den Seinen gab.

Am späten Sonntagabend bog ich von der Bundesstraße ab und in die Kiesauffahrt ein, die direkt zu seiner Veranda hinaufführte. Sein Rasen aus St.-Augustin-Gras leuchtete blaugrün, verbreitete den Geruch von Kunstdünger, und Wassersprenger kreiselten zwischen Eichen und Pinien. Ich entdeckte ihn auf seinem Hometrainer strampelnd im seitlichen Gartenteil, seine nackten Arme und Schultern von Muskelsträngen und Adern durchzogen, die Haut in die rötliche Glut der spätnachmittäglichen Sonne getaucht, die durch die Sumpfzypressen am Bayou fiel.

Wie immer’ war Cisco höflich und gastfreundlich, das jedoch auf eine gestelzte Art und Weise, die man eher als abweisend denn als einladend empfand.

„Megan? Nein, die musste nach New Orleans. Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?“, fragte er. Und bevor ich antworten konnte, fuhr er fort: „Kommen Sie rein. Ich brauche jetzt was Kaltes. Wie übersteht ihr Leute hier bloß den Sommer?“

Sämtliche Möbel im Wohnzimmer waren weiß, der Fußboden mit weizenfarbenen Strohmatten ausgelegt, an der Decke drehten sich die hölzernen Rotorblätter der Ventilatoren. Cisco stand ohne Hemd und barfuß an einer Bar und füllte ein Glas mit zerstoßenem Eis, Wodka-Collins und Kirschen. Das Haar auf seinem Bauch quoll wie plattgewalzter Kupferdraht über den Taillenbund seiner Hose.

„Es geht um einen Insassen des Bezirksgefängnisses … einen Typ namens Cool Breeze Broussard“, sagte ich.

Er trank aus seinem Glas, den Blick leer in die Ferne gerichtet. „Soll ich ihr was ausrichten?“, wollte er wissen.

„Der Kerl ist im Gefängnis möglicherweise ziemlich hart angefasst worden. Aber sein eigentliches Problem sind wohl ein paar böse Buben vom Mob in New Orleans. Sie kann mich ja mal anrufen.“

„Cool Breeze Broussard. Mann, den Namen muss man sich auf der Zunge zergehen lassen!“

„Wär was für einen Film, oder?“

„Man kann nie wissen“, erwiderte er und lächelte.

An einer Wand hingen gerahmte Szenenfotos aus Ciscos Filmen, und seitlich daneben erkannte ich jene Bilder, die allesamt Meilensteine in Megans Karriere darstellten: ein tiefer Graben, in dem sich Leichen von Zivilisten in Guatemala stapelten, afrikanische Kinder, in deren ausgemergelten Gesichtern Schmeißfliegen saßen. Legionäre der Fremdenlegion hinter Sandsäcken kauernd, während einschlagende Granaten Dreckfontänen über ihre Köpfe rieseln ließen. Seltsamerweise jedoch hing jenes Foto, das Megans Karriere mit der Veröffentlichung im Life-Magazin begründet hatte, abseits in der untersten Ecke der Serie. Es zeigte, wie ein Überlaufrohr der Straßenkanalisation geöffnet wurde und wie in dem Augenblick, da sich sein Inhalt in den Mississippi ergoss, ein riesiger Schwarzer, in der mit Klärschlamm getränkten Anstaltskleidung des Gefängnisses von New Orleans, aus dem Dunkel ins Freie brach, die Hände der Sonne entgegengestreckt, wie ein Sonnenanbeter, den Nacken von der Kugel eines Scharfschützen durchbohrt, die in einem blutigen Sprühnebel an seiner Kehle wieder ausgetreten war, den Mund aufgerissen, die Lippen zu einem orgiastischen Schrei verzerrt.

Ein zweites gerahmtes Foto zeigte fünf Polizisten in Uniform, die auf die Leiche des Schwarzen hinabsahen, der im Tod jeder Persönlichkeit beraubt und seltsam geschrumpft wirkte, wie ein Ballon, aus dem man die Luft herausgelassen hatte. Direkt im Vordergrund starrte ein Mann in Zivil mit Bürstenhaarschnitt grinsend in das Kameraobjektiv, einen rotbackigen Apfel in der Hand, aus dem ein großes Stück weißen Fleisches herausgebissen war.

„Woran denken Sie?“, fragte Cisco.

„Der Platz da scheint mir reichlich unangemessen, um die hier zu präsentieren“, erwiderte ich.

„Der Typ hat einen hohen Preis bezahlt. Für Megan und mich … für uns beide“, sagte er.

„Für beide?“

„Ich bin bei dieser Aufnahme ihr Assistent gewesen, drinnen im Abflussrohr, als diese Cops beschlossen haben, Hundefutter aus ihm zu machen. Mann, wo leben Sie? Meinen Sie, Hollywood sei der einzige Fleischmarkt dort draußen? Die Cops konnten eine Belobigung einstecken. Der Schwarze hatte eine 16-jährige Weiße vergewaltigt, bevor er ins Gras gebissen hat. Ich konnte mir das Bild an die Wand eines Siebenhunderttausenddollar-Hauses hängen. Die einzige Person, die leer ausgegangen ist, war die Schülerin.“

„Verstehe. Tja, dann gehe ich jetzt lieber.“

Durch die gläserne Flügeltür sah ich einen ungefähr 50-jährigen Mann in Khakishorts und Sandalen, mit offenem Hemd über der Hühnerbrust, die Veranda entlanggehen. Er setzte sich mit einer Illustrierten in einen Liegestuhl und zündete eine Zigarre an.

„Das ist Billy Holtzner. Möchten Sie ihn kennenlernen?“, erkundigte sich Cisco.

„Wer?“

„Beim Papstbesuch im Studio vor ungefähr sieben Jahren hat Billy ihn gefragt, ob er ein Drehbuch für ihn hat. Warten Sie ne Minute.“

Ich versuchte ihn zurückzuhalten, doch es war zu spät. Offensichtlich kam es ihm nicht in den Sinn, dass ich es als Affront auffassen könnte, dass er sich erst die Erlaubnis einholen musste, um mich vorstellen zu dürfen. Ich sah, wie er sich zu dem Mann namens Holtzner hinunterbeugte und leise mit ihm sprach, während Holtzner seine Zigarre paffte und ins Leere starrte. Schließlich richtete sich Cisco auf, kehrte ins Haus zurück, drehte in verlegener Geste die Handflächen nach oben und wandte peinlich berührt den Blick ab.

„Billy geht völlig in seinem Projekt auf. Wenn eine Produktion läuft, ist er wie auf einem anderen Stern.“ Er lachte gekünstelt.

„Sie haben sich gut gehalten, Cisco.“

„Orangensaft, Weizenkeime und täglich fünf Kilometer am Strand entlang joggen. Man hat nur ein Leben.“

„Sagen Sie Megan, es täte mir leid, dass ich sie verpasst habe.“

„Muss mich wegen Billy entschuldigen. Ist ein prima Kerl. Aber ein Exzentriker.“

„Wissen Sie was über Raubkopien von Spielfilmen?“

„Schon. Die kosten der Filmindustrie eine hübsche Stange Geld. Hat das was mit diesem Broussard zu tun?“

„Sie sagen es.“

Als ich durch die Vordertür ins Freie trat, hatte der Mann im Liegestuhl die Außenlaterne ausgeknipst und rauchte versonnen seine Zigarre, ein Bein über das andere geschlagen. Ich fühlte seinen Blick taxierend auf mir ruhen. Ich nickte ihm zu. Eine Reaktion blieb er mir schuldig. Die Asche seiner Zigarre glühte wie heiße Kohle im Dunkeln.

2

Der Gefängnisverwalter, Alex Guidry, lebte außerhalb der Stadt auf einer 25 Hektar großen Pferdefarm, ohne einen Baum oder Schatten. Brütende Sommerhitze knallte auf die Blechdächer, und ein Gemisch aus Sand und getrocknetem Pferdemist wehte aus den Pferdeboxen. Das langgestreckte rote Backsteinhaus aus den Sechzigern, vor dessen rückwärtigem Fenster die Motoren der Klimaanlage täglich 24 Stunden dröhnten, wirkte wie eine Festung, die dem alleinigen Zweck dienen sollte, den Elementen zu trotzen.

Guidrys Familie hatte in einer Zuckermühle unten bei New Orleans gearbeitet. Der Vater seiner Frau hatte den Schwarzen Sterbeversicherungen verkauft. Ansonsten wusste ich wenig über ihn. Er gehörte zu jenen alternden, sich prächtig haltenden Männern, mit denen man ein Foto beim Golfen auf der Sportseite der Lokalzeitung, die Mitgliedschaft in einem Club selbstzufriedener Wohlstandsbürger und einen Wohltätigkeitsdrang ohne jede praktische Konsequenz in Verbindung bringt.

Oder war da noch was? War da nicht irgendeine schmutzige, Jahre zurückliegende Geschichte gewesen? Einzelheiten waren mir entfallen.

Am Sonntagnachmittag stellte ich meinen Pick-up vor seinem Stall ab und ging an einem Hundezwinger aus Maschendraht vorbei zur Reitkoppel. Der Hundezwinger explodierte förmlich vom Gekläffe der zwei deutschen Schäferhunde, die sich gegen den Maschendraht warfen, während sie mit gefletschten Zähnen die Fäkalien auf dem heißen Betonboden unter ihren Pfoten zertraten.

Alex Guidry drehte in leichtem Galopp auf einem schwarzen Wallach in der Koppel seine Runden, englische Sporen an den Reitstiefeln. Der Hals des Wallachs und seine Flanken schillerten schweißnass.

„Was gibt’s?“, fragte er.

„Ich bin Dave Robicheaux. Wir haben telefoniert.“

Er trug eine braune Reithose und ein enganliegendes weißes Polohemd. Er stieg ab, wischte sich den Schweiß mit einem Handtuch vom Gesicht und warf es einem Schwarzen zu, der aus dem Stall gekommen war, um ihm das Pferd abzunehmen.

„Sie wollen wissen, ob dieser Broussard auf einem Anstaltsstuhl festgeschnallt wurde? Tagelang? Die Antwort lautet nein“, erklärte er.

„Er sagt, sie hätten auch andere Insassen auf diese Weise festgehalten. Tagelang.“

„Dann lügt er.“

„Aber ihr habt dort einen Anstaltsstuhl, oder?“

„Für Insassen, die durchdrehen, bei denen die Einzelhaft nichts bringt.“

„Sie knebeln sie?“

„Nein.“

Ich rieb mir den Nacken und sah in Richtung Hundezwinger. Die Wasserschüssel war umgestoßen, und im Eingang der kleinen Hundehütte, dem einzigen Schutz vor der Sonne, brodelte die Luft vor Fliegen.

„Sie haben hier ’ne Menge Platz. Können Sie die Hunde nicht frei rumlaufen lassen?“, fragte ich. Ich versuchte zu lächeln.

„Sonst noch was, Mr. Robicheaux?“

„Ja. Cool Breeze sollte lieber nichts passieren, solange er in Ihrer Obhut ist.“

„Werd’s mir merken, Sir. Machen Sie beim Rausgehen das Gatter zu … wenn ich bitten darf.“

Ich stieg in meinen Pick-up und fuhr die mit Muschelbruch aufgeschüttete Straße entlang zum Weidegatter. Ein halbes Dutzend roter Angus-Rinder graste auf Guidrys Weide, während flaumige Silberreiher auf ihren Rücken saßen.

Dann fiel es mir ein. Es lag zehn oder elf Jahre zurück. Damals war Alex Guidry beschuldigt worden, den Hund eines Nachbarn erschossen zu haben. Guidry hatte behauptet, der Hund habe eines seiner Kälber gerissen und die Eingeweide gefressen. Der Nachbar dagegen hatte eine andere Geschichte erzählt, nämlich dass Guidry eine Stahlfalle mit Köder für das Tier ausgelegt und es aus purer Boshaftigkeit getötet hätte.

Ich blickte in den Rückspiegel und sah, dass er mich vom Ende der Muschelschalenstraße aus beobachtete, die Beine leicht gespreizt, eine lederne Reitgerte am Handgelenk baumelnd.

Montagmorgen kehrte ich an meinen Schreibtisch im Iberia Parish Sheriff’s Department zurück, nahm meine Post aus dem Fach und klopfte ans Büro des Sheriffs.

Er lehnte sich auf seinem Drehstuhl zurück und lächelte, als er mich sah. Seine Wangen waren mit feinen blauen und roten Äderchen durchzogen, die wie frische Tintenlinien auf einer Karte aussahen, wenn sein aufbrausendes Temperament mit ihm durchging. Er hatte sich zu hastig rasiert, und ein Stück blutiges Kleenex klebte an seinem Kinngrübchen. Unbewusst stopfte er sein Hemd wiederholt über dem Bauch in den Hosenbund.

„Was dagegen, wenn ich früher wieder zu arbeiten anfange als geplant?“, fragte ich.

„Hat das was mit Cool Breeze Broussards Beschwerde beim Justizministerium zu tun?“

„Ich bin gestern draußen bei Alex Guidry gewesen. Wie sind wir bloß an einen solchen Kerl als Gefängnisverwalter geraten?“

„Ist nicht gerade ein Job, für den die Leute Schlange stehen“, sagte der Sheriff. Er kratzte sich an der Stirn. „Im Augenblick wartet eine FBI-Agentin in Ihrem Büro. Eine Frau namens Adrien Glazier. Kennen Sie sie?“

„Ne. Woher wusste sie, dass ich hier sein würde?“

„Sie hat zuerst bei Ihnen zu Hause angerufen. Ihre Frau hat’s ihr gesagt. Egal, bin froh, dass Sie wieder da sind. Ich will diesen Mist im Gefängnis aufgeklärt haben. Wir haben gerade einen komischen Fall, den uns das St. Mary Parish zum Fraß vorgeworfen hat.“

Er öffnete einen braunen Umschlag, setzte die Brille auf und starrte auf das Fax in seinen Händen. Das ist die Geschichte, die er mir erzählt hat.

Vor drei Monaten, unter einem Mond mit Hof, der Regen verhieß, und einem Himmel, in dem der Staub aus den Zuckerrohrfeldern hing, war ein 17-jähriges schwarzes Mädchen namens Sunshine Labiche angeblich von zwei weißen Jungen mit ihrem Wagen von einer unbefestigten Straße in den Straßengraben abgedrängt worden. Die beiden hatten sie hinter dem Steuer hervorgezerrt, sie rechts und links untergehakt und waren mit ihr tief im Zuckerrohrfeld verschwunden, wo sie sie vergewaltigt und zum Oralverkehr gezwungen hatten.

Am nächsten Morgen identifizierte das Mädchen die beiden Jungen anhand einer Verbrecherkartei. Die beiden waren Brüder aus dem St. Mary Parish und vier Monate zuvor wegen des Überfalls auf einen Lebensmittelladen in New Iberia verhaftet und mangels Beweisen wieder freigelassen worden.

Diesmal hätten sie ins Gefängnis gemusst.

Irrtum.

Beide hatten Alibis, und das Mädchen gab zu, dass sie mit ihrem Freund Dope geraucht hatte, bevor sie vergewaltigt worden war. Sie zog die Anzeige zurück.

Am späten Sonntagnachmittag tauchte ein Privatwagen vor der Farm der zwei Brüder drüben im St. Mary Parish auf. Der Vater, bettlägerig, war im Vorderzimmer, beobachtete die ungebetenen Besucher, ohne dass diese das merkten, durch die Ritzen in der Jalousie. Der Fahrer des Wagens trug die grüne Uniform eines Deputys aus dem Iberia Parish und eine Sonnenbrille und blieb hinter dem Steuer sitzen, während ein zweiter Mann, in Zivil und mit Panamahut, auf die Veranda trat und den beiden Brüdern erklärte, man müsse noch ein paar Fragen in New Iberia klären, danach würden sie wieder nach Hause gefahren.

„Dauert keine fünf Minuten. Wir wissen, dass ihr Jungs nicht den ganzen Weg nach Iberia kommen müsstet, um Spaß zu haben“, sagte er.

Den Brüdern wurden keine Handschellen angelegt, und sie durften sogar einen Zwölferpack Bier mitnehmen und auf dem Rücksitz trinken.

Eine halbe Stunde später, bei Sonnenuntergang, sah ein Student der University of Southern Louisiana, der draußen in den Atchafalaya-Sümpfen campierte, durch die halb im Wasser stehenden Weiden und Gummibäume, die sein Hausboot umgaben, einen Wagen oben auf dem Damm anhalten. Zwei ältere Männer und zwei Jungen stiegen aus. Einer der Männer trug Uniform. Alle hielten Bierdosen in der Hand. Alle urinierten vom Damm aus ins Schilf.

Dann schien den beiden Jungen, sie trugen Jeans und fleckige bunte Hemden, deren Ärmel herausgetrennt waren, offenbar zu dämmern, dass etwas faul sein musste. Sie drehten sich um und starrten begriffsstutzig auf ihre Begleiter, die jetzt wieder oben auf dem Damm standen und plötzlich Pistolen in den Händen hielten.

Die Jungen versuchten offenbar zu verhandeln, hielten die Hände von sich gestreckt, als wollten sie einen unsichtbaren Feind abwehren. Die olivenfarbene Haut ihrer Arme war von Tätowierungen übersät, das Haar hatten sie mit Wachs zu Spitzen hochgezwirbelt. Der Mann in Uniform hob seine Waffe, rief ein unverständliches Kommando und deutete auf den Boden. Als die Jungen nicht reagierten, ging der Mann mit dem Panamahut zu den Jungen und drehte sie beinahe sanft mit der Hand in Richtung Wasser, trat mit der Schuhspitze gegen die Wade des einen, dann des anderen, zwang sie damit in die Knie, als dekoriere er Puppen in einem Schaufenster. Dann kehrte er zu dem Mann in Uniform oben auf dem Damm zurück. Einer der Jungen starrte immerfort ängstlich zurück über die Schulter. Der andere schluchzte haltlos, das Kinn gereckt, die Arme starr an den Körper gepresst, die Augen fest geschlossen.

Die Umrisse der Männer hoben sich deutlich vor der glühend roten Sonne ab, die hinter dem Damm versank. Gerade als ein Schwarm Vögel vor der Sonne vorbeizog, umfassten die beiden Schützen ihre Waffen mit beiden Händen und begannen zu schießen. Ob das fahler werdende Licht oder die Art ihrer Tat schuld war, jedenfalls zielten sie schlecht.

Beide Opfer versuchten, auf die Beine zu kommen, die Körper im Kugelhagel in grotesken, simultanen Zuckungen verrenkt.

Der Zeuge sagte später: „Das Mündungsfeuer ratterte unaufhörlich. Sah fast so aus, als würde jemand Stücke aus einer Wassermelone schießen.“

Nachdem es vorbei war, trieben Rauchschwaden über das Wasser, und der Schütze mit dem Panamahut machte Nahaufnahmen mit einer Sofortbildkamera.

„Der Zeuge hatte ein Fernglas. Er behauptet, der Kerl in der grünen Uniform habe das Zeichen unserer Abteilung am Ärmel getragen“, sagte der Sheriff.

„Kriminelle weiße Bullen rächen die Vergewaltigung eines schwarzen Mädchens?“

„Einspruch stattgegeben, Dave. Aber schaffen Sie mir diese FBI-Agentin vom Hals, ja.“

Er sah in mein fragendes Gesicht.

„Die Frau geht mir mit ihrem Übereifer auf den Keks.“ Er fuhr sich mit dem Finger über die Lippen. „Habe ich’s Ihnen eigentlich schon gesagt? Ich spiele mit dem Gedanken, wieder ins Wäschereigeschäft zu gehen. Beschissen war ein Tag da nur, wenn du die Golfsocken von einem Kunden waschen musstest.“

Ich sah durch mein Bürofenster auf die FBI-Agentin namens Adrien Glazier. Sie saß in einem taubenblauen Kostüm und weißer Bluse mit übereinandergeschlagenen Beinen mit dem Rücken zur Tür und kritzelte etwas auf einen Notizblock. Ihre Handschrift war voller energischer Kringel und Schlenker, mit spitzen Auf- und Abbewegungen, die an ein Raubtiergebiss erinnerten.

Als ich die Tür aufmachte, sah sie mich aus gletscherblauen Augen an, die von einem Wikinger hätten stammen können.

„Ich bin gestern Abend bei William Broussard gewesen. Er scheint anzunehmen, Sie könnten ihn aus dem Bezirksgefängnis holen“, sagte sie.

„Cool Breeze? So blöd ist der nicht.“

„Wirklich nicht?“

Ich wartete. Sie hatte aschblondes Haar, strohig und an den Enden gespalten. Ihr Gesicht war grobknochig, der Ausdruck feindselig. Sie gehörte zu jenen Menschen, von denen man instinktiv ahnt, welches sorgsam gehegte, jederzeit mobilisierbare Aggressionspotential in ihnen schlummert. Ich wandte den Blick ab.

„Entschuldigung. Darf ich das als Frage verstehen?“

„Sie haben kein Recht, diesem Mann vorzugaukeln, Sie könnten einen Kuhhandel für ihn abschließen“, sagte sie.

Ich setzte mich hinter meinen Schreibtisch, schaute aus dem Fenster und wünschte, ich könnte mich zurück in die Kühle des Morgens flüchten, zurück auf die regenfeuchten Straßen, unter die Palmwedel, die sich im Wind bewegten.

Ich griff nach einer herumliegenden Büroklammer, warf sie in meine Schreibtischschublade und schob diese zu. Ihre Augen wichen keinen Millimeter von meinem Gesicht, und sie verloren auch nicht ihren vorwurfsvollen Ausdruck.

„Was, wenn ihn der Staatsanwalt freilässt? Was geht Sie das dann an?“, fragte ich.

„Sie mischen sich in eine Bundesangelegenheit ein. Dafür sind Sie offenbar bekannt.“

„Mein Eindruck ist, dass Sie ihm Daumenschrauben anlegen wollen. Und sobald er die Burschen verpfiffen hat, gegen die Sie so brennend gern was in der Hand hätten, werfen Sie ihn den Wölfen zum Fraß vor.“

Sie öffnete die Beine und beugte sich vor. Dann stützte sie einen Ellbogen auf meinen Schreibtisch und zeigte mit dem Finger auf mich.

„Megan Flynn prostituiert sich für alles, was ihr zum Vorteil gereicht. Und was sie nicht auf dem Rücken liegend kriegen kann, holt sie sich, indem sie die Jeanne d’Arc der Unterdrückten spielt. Wenn Sie sich von ihr beim Schwanz packen lassen, dann sind Sie noch dämlicher, als die Leute in meinem Büro behaupten“, erklärte sie.

„Das muss ein Witz sein. Wollen Sie mich verarschen?“

Sie zog einen braunen Umschlag hervor und knallte ihn auf meinen Schreibtisch.

„Diese Fotos zeigen einen Kerl namens Swede Boxleiter. Sie sind im Hof des Staatsgefängnisses von Colorado in Canon City aufgenommen worden. Was sie nicht zeigen, ist der Mord, den er am helllichten Tag begangen hat, während ihm eine Kamera über den ganzen Gefängnishof gefolgt ist. So gut ist das Schwein“, sagte sie.

Kopf und Gesicht des Mannes erinnerten an einen hässlichen marxistischen Intellektuellen, das gelbliche Haar war kurz geschoren, Stirn und Schädeldecke waren überproportional groß, und er hatte eine konturlose Wangenpartie, die übergangslos in einen Mund übergingen, der so klein war, dass er schon beinahe obszön wirkte. Er trug eine Nickelbrille auf seiner Hakennase und ein zerfetztes, löchriges Unterhemd mit tiefen Armausschnitten über einem muskulös aufgeblähten Oberkörper.

Die Aufnahmen waren von einem oberen Stockwerk oder von einem Wachturm aus mit einem Teleobjektiv geschossen worden. Sie zeigten, wie er sich durch die grüppchenweise auf dem Hof zusammenstehenden Gefangenen schlängelte, sich Gesichter in seine Richtung wandten, so wie Köderfische das Licht reflektieren, wenn ein Barrakuda in ihrer unmittelbaren Umgebung auftaucht. Ein fetter Mann stand gegen eine Mauer gelehnt, eine Hand an seinen Hoden, während er den im Halbkreis Herumstehenden eine Geschichte erzählte. Seine Lippen waren von einem Wort verzerrt, das sie formten, blutrot von einem Lutscher, den er gelutscht hatte. Der Mann namens Boxleiter ging an einem Insassen vorbei, der einen mit Isolierband umwickelten Silberstreifen hinter dem Rücken hielt. Nachdem Boxleiter ihn passiert hatte, steckte der Mann die Hände in die Taschen.

Das vor-vorletzte Foto zeigte die Häftlinge, die sich an der Mauer zusammengerottet hatten wie Männer aus grauer Vorzeit, die sich am Rand einer Grube versammelten, um dem Todeskampf eines gefangenen Mammuts beizuwohnen.

Dann war der Hof plötzlich wie leergefegt. Übriggeblieben war nur der Fettsack mit einer klaffenden Schnittwunde quer über der Luftröhre, aus der Schleim und Blut blubberten, das mit Isolierband umwickelte Schlächterwerkzeug in der roten Suppe auf seiner Brust versunken.

„Boxleiter ist ein Kumpan von Cisco Flynn. Sie waren zusammen im Waisenheim in Denver. Kann sein, dass Sie bald das Vergnügen haben. Er ist vor drei Tagen aus dem Knast entlassen worden“, sagte sie.

„Miss Glazier, ich würde gern …“

„Special Agent Glazier, wenn ich bitten darf.“

„Sehr wohl. Ich plaudere ja gern mit Ihnen, aber … warum kümmert sich nicht jeder um seinen eigenen Mist?“

„Sie sind vielleicht ein Komiker!“ Sie stand auf und starrte auf mich herab. „Jetzt hören Sie mir mal gut zu. Hongkong gehört in Kürze zum Mutterland China. Und es gibt gewisse Leute, die wir gern aus dem Verkehr ziehen würden, bevor der Weg dorthin über Peking führt. Geht das in Ihren Dickschädel?“

„Nicht wirklich. Sie wissen doch, wie das hier bei uns in der Provinz so läuft … man schlägt Moskitos tot, kümmert sich um Diebstähle von Schweinemist … und so weiter.“

Sie lachte in sich hinein und ließ ihre Visitenkarte auf meinen Schreibtisch flattern. Dann verließ sie mein Büro, ohne die Tür hinter sich zuzumachen, so als wolle sie jede unnötige Berührung in dieser Umgebung vermeiden.

Gegen Mittag fuhr ich die unbefestigte Straße am Bayou entlang zu meinem Bootsverleih und Köderladen. Durch die Eichen entlang der Böschung konnte ich die breite Veranda und das rotgestreifte Blechdach meines Hauses oben am Hang sehen. Am Morgen hatte es erneut geregnet, die Sumpfzypressenbretter an den Hauswänden hatten sich teebraun verfärbt, und der Wind blies einen feinen Tropfennebel aus den Hängekörben mit Blumengewächs. Meine Adoptivtochter Alafair, die ich als kleines Mädchen aus einem über dem Meer abgestürzten Flugzeugwrack gerettet hatte, war auf der anderen Seite des Bayou in ihrem Flachboot beim Fliegenfischen.

Ich ging auf den Anlegesteg hinaus und lehnte mich gegen die Reling. Der salzige Geruch von Humus, Fischschwärmen und Brackwasser wehte draußen von den Sümpfen zu mir herüber. Auf Alafairs Haut lag der Laubschatten einer Weide. Ihr Haar hatte sie mit einem blauen Tuch zurückgebunden. Es war so schwarz, dass es glänzte, sobald sie es bürstete. Sie war in einem einfachen Dorf in El Salvador geboren, und ihre Familie war den Todesschwadronen zum Opfer gefallen, weil sie eine Kiste Pepsi-Cola an die Rebellen verkauft hatten. Jetzt war sie knapp 16, ihr Spanisch und die frühe Kindheit waren fast vergessen. Nur gelegentlich schrie sie nachts im Schlaf und musste aus Träumen wachgerüttelt werden, die vom Klang marschierender Soldatenstiefel, von Bauern, denen man die Daumen auf dem Rücken zusammengebunden hatte, und vom trockenen Knacken des zurückschlagenden Sicherungshebels einer Automatik-Waffe beherrscht wurden.

„Falsche Tageszeit und zu viel Regen“, sagte ich.

„Ach wirklich?“, erwiderte sie.

Sie hob die Fliegenrute in die Luft, ließ den tanzenden Köder über ihren Kopf zischen und platzierte ihn dann am Rand der Wasserlilien. Ihr Handgelenk zuckte leicht, und der Köder hüpfte hörbar im Wasser auf und ab, bis sich plötzlich ein glupschäugiger Flussbarsch wie eine grüngoldene Luftblase aus dem Schlick erhob und die Wasserfläche teilte, die Rückenflossen steif, gezackt und glänzend im Sonnenlicht, den Haken und den gefiederten Balsaholz-Köder im Maulwinkel.

Alafair hielt die Fliegenrute hoch, während diese vibrierte und sich zur Wasserfläche bog, rollte die Schnur mit ihrer linken Hand ein, lenkte den Glotzäugigen zwischen den Inseln schwimmender Wasserhyazinthen hindurch, bis sie ihn nass und zappelnd in ihr Boot holen konnte.

„Nicht schlecht“, bemerkte ich.

„Du hättest noch eine Woche frei gehabt. Warum bist du wieder arbeiten gegangen?“, fragte sie.

„Lange Geschichte. Wir sehen uns drinnen.“

„Nein, warte“, hielt sie mich zurück, legte ihre Rute ins Boot und paddelte über den Bayou zur Bootsrampe aus Zement. Sie stieg ins Wasser, eine Hakenschnur voller Welse und Barsche um das Handgelenk gewickelt, und kletterte die Holztreppe zum Anleger hoch. In den vergangenen beiden Jahren hatte sie ihren Babyspeck gänzlich verloren, und Gesicht und Figur hatten sehr weibliche Konturen angenommen. Wenn sie mit mir im Köderladen arbeitete, richteten die meisten Kunden ihre Aufmerksamkeit ganz bewusst auf alles andere als auf Alafair.

„Eine Lady namens Flynn ist hier gewesen. Bootsie hat mir erzählt, was mit ihrem Vater passiert ist. Du hast ihn gefunden, Dave?“, fragte sie.

„Mein Vater und ich“, verbesserte ich sie.

„Man hatte ihn gekreuzigt?“

„Ist vor langer Zeit passiert, Alf.“

„Und die Leute, die das gemacht haben, sind nie erwischt worden? Ist ja zum Kotzen.“

„Vielleicht haben sie trotzdem irgendwann ihre Strafe gekriegt. Wie alle … auf die eine oder andere Weise.“

„Das ist nicht genug.“ Ihr Gesicht war plötzlich erhitzt, als sei eine alte Erinnerung zurückgekehrt.

„Soll ich dir helfen, die Fische sauberzumachen?“, fragte ich.

Ihre Augen richteten sich auf mich. „Was, wenn ich jetzt ja sagte?“, wollte sie wissen. Dann schwang sie die Hakenschnur so, dass diese über meine blank geputzte Schuhspitze schleifte.

„Megan will, dass ich ihr Zugang zum Gefängnis verschaffe, damit sie Fotos schießen kann“, sagte ich zu Bootsie in der Küche.

„Sie scheint dich eben für einen wichtigen Mann zu halten“, erwiderte sie.

Bootsie stand über den Spülstein gebeugt und kratzte angebranntes Fett von einem Backblech, die Armmuskeln gespannt von der Anstrengung, ihr Polohemd war über die Jeans hochgezogen, so dass die weichen Rundungen ihrer Hüften sichtbar waren. Sie hatte das schönste Haar, das ich je bei einer Frau gesehen hatte. Es hatte die Farbe von Honig mit karamellfarbenen Schlieren darin, und seine Fülle und die Art, wie sie es aufgesteckt trug, verliehen ihr einen besonders schönen und frischen Teint.

„Kann ich sonst noch was arrangieren? Vielleicht eine Audienz beim Papst?“, fragte ich.

Sie wandte sich von der Spüle ab und trocknete sich die Hände an einem Handtuch.

„Die Frau hat’s auf was abgesehen. Ich weiß nur nicht, auf was“, sagte sie.

„Die Flynns sind komplizierte Leute.“

„Sie haben eine Nase dafür, Kriegsschauplätze auszugraben und sie zu ihren Tummelplätzen zu machen. Lass dich von ihr nicht vorführen, Streak.“

Ich schlug ihr mit der flachen Hand aufs Hinterteil. Sie griff sich das Geschirrhandtuch und schleuderte es knapp an meinem Kopf vorbei.

Wir aßen am Redwood-Tisch unter dem Mimosenbaum im Garten zu Mittag. Hinter dem Ententeich am Ende unseres Grundstücks stand das Zuckerrohr meines Nachbarn hoch und grün, die Blätter von Wolkenschatten marmoriert. Die Bambus- und Immergrünsträucher, die entlang unseres Entwässerungsgrabens wuchsen, raschelten im Wind, und von Süden wehte mit Regen und Elektrizität aufgeladene Luft zu uns herüber.

„Was ist in dem braunen Umschlag, den du mitgebracht hast?“, wollte Bootsie wissen.

„Fotos von einem Mega-Soziopathen aus dem Knast von Colorado.“

„Warum bringst du so was mit nach Hause?“

„Ich hab den Kerl irgendwo schon mal gesehen. Da bin ich sicher. Kann mich nur nicht erinnern, wo.“

„Hier in der Gegend?“

„Nein. Nicht hier. Er hat einen Schädel wie ein Eierkuchen. Eine Nervensäge von einer FBI-Agentin hat mir gesagt, er sei ein Freund von Cisco Flynn.“

„Ein Kopf wie ein Eierkuchen? Ein hartgesottener Soziopath? Freund von Cisco Flynn?“

„Yeah.“

„Na wunderbar.“

In jener Nacht träumte ich von Swede Boxleiter. Er hockte in Kauerstellung in einem dunklen Gefängnishof, rauchte eine Zigarette, seine Nickelbrille glitzerte im feuchten Schein der Lichter auf den Wachtürmen. Die frühen Morgenstunden waren kühl und erfüllt vom Duft nach Salbei, vom plätschernden Wasser eines Wildbachs, von einem Waldteppich aus Kiefernnadeln. Die Luft war durchsetzt von nassem, rotem Staub, und inmitten von alldem ging der Mond über dem Saum der Berge auf, wie von einem roten Fadennetz überzogenes Elfenbein.

Doch der Mann namens Swede Boxleiter war nicht der Typ, der sich in den Details jener Gebirgslandschaft verlor, in der er sich plötzlich wiedergefunden hatte. Das Maß seines Lebens und seiner selbst war das Spiegelbild, das er in den Augen der anderen sah, die Angst, die ihre Gesichter verzerrte, die unerträgliche Spannung, die er in einer Zelle oder an einem Esstisch entstehen lassen konnte, indem er einfach nichts sagte.

Er brauchte weder einen Handlanger noch Hofschranzen oder auch nur das narzisstische Vergnügen von Kettengerassel im Hof oder die Masturbation, um Energien freizusetzen, die, unbefriedigt geblieben, ihn veranlassen konnten, mitten in der Nacht aufzuwachen und sich in einen Flecken Mondlicht zu setzen, wie in einen luftleeren Raum, der von den Schreien der Tiere widerhallte. Gelegentlich lächelte er in sich hinein und stellte sich vor, wie er dem Gefängnispsychologen erzählte, wie er sich tief im Inneren tatsächlich fühlte, von jener genussvollen Euphorie, die durch die Sehnen seines Arms strömte, wenn er eine stilettartige Waffe umklammert hielt, die aus einem Stück Winkeleisen auf einer Schleifscheibe in der Gefängniswerkstatt scharf gemacht worden war. Von dem intimen Glücksgefühl jenes letzten Moments, wenn er in die Augen des Opfers sah, von dem Damm der Gefühle, der in seinen Lenden brach, wie Wasser, das durch den Boden einer Papiertüte platzt.

Aber die Gefängnisseelenklempner waren keine vertrauensvollen Leute, zumindest nicht, wenn man wie Swede Boxleiter veranlagt war und unbedingt wieder freikommen wollte.

In meinem Traum erhob er sich aus seiner Kauerstellung, griff hoch und berührte den Mond, als wolle er ihn rauben, doch stattdessen wischte er nur das rote Fadengespinst mit der Fingerspitze von einer Ecke und förderte einen gleißenden weißen Lichtfleck zu Tage.

Ich setzte mich im Bett auf, der Ventilator über dem Fenster sandte flackernde Schatten über meine Haut, und dann erinnerte ich mich plötzlich, wo ich ihn schon einmal gesehen hatte.

Früh am nächsten Morgen ging ich in die Stadtbibliothek an der East Main Street und grub die alte Ausgabe vom Life-Magazin aus, in der Megans Fotos vom Tod des schwarzen Vergewaltigers vor der Mündung eines Straßenentwässerungsrohrs ihre Karriere begründet hatte. Gegenüber dem ganzseitigen Foto mit dem Schwarzen, der vergeblich nach der Sonne gegriffen hatte, war das Gruppenfoto von fünf Polizisten in Uniform abgedruckt, die auf seine Leiche herabstarrten. Im Vordergrund stand Swede Boxleiter, einen roten Delicious-Apfel in der Hand, das Gesicht erstarrt in einem Lächeln intimster Freude.

Ich will mich weder mit den Problemen der Flynns auseinandersetzen, redete ich mir ein, noch mir über eine genetische Missgeburt aus dem Knast von Colorado Gedanken machen.

Ich sagte mir das noch immer, als spät in jener Nacht Mout’ Broussard, New Iberias legendärer Schuhputzer und Cool Breezes Vater, im Köderladen anrief und mir offenbarte, sein Sohn sei gerade aus dem Bezirksgefängnis entflohen.

3

Die Cajuns haben häufig mit dem th im Englischen Schwierigkeiten. Infolgedessen lassen sie das h einfach aus oder sprechen das t als d. Also wurde der kollektiv vereinnahmte Schuhputzer der Stadt, Mouth Broussard, allgemein Mout’ genannt. Seit Jahrzehnten unterhielt er seinen Schuhputzstand unter der Kolonnade vor dem alten Frederic-Hotel, einem schönen, zweigeschossigen, stuckverzierten Gebäude mit italienischen Marmorsäulen im Inneren, einem Ballsaal, einer Bar mit messingbeschlagener Mahagonitheke, Palmen in Töpfen und Spielautomaten in der Lobby und einem Lift, der wie ein Vogelkäfig aus poliertem Messing aussah.

Mout’ war gebaut wie ein Heuschober und arbeitete nie ohne Zigarrenstummel im Mundwinkel. Er trug einen übergroßen grauen Kittel, die Taschen vollgestopft mit Bürsten und Polierlumpen voller schwarzer und ochsenblutfarbener Flecken und Striemen. In den Schubladen unter den beiden erhöhten Stühlen auf dem Podest steckten Flaschen mit flüssiger Schuhwichse, Wachsdosen und Sattelseife, Zahnbürsten und stählerne Zahnstocher, die Mout’ benutzte, um die Nähte entlang der Sohlen zu reinigen. Er bewegte seine Polierlumpen mit einer Geschwindigkeit und einem Rhythmus, der unweigerlich jedem Beobachter stummen Respekt abverlangte.

Mout’ machte das Geschäft auf der ganzen Strecke vom Southern-Pacific-Bahnhof bis zum Hotel, putzte alle Schuhe, die nachts in die Korridore gestellt wurden, und garantierte, dass man sein Gesicht in den Spitzen der Schuhe oder Stiefel sehen konnte, anderenfalls bekam man sein Geld zurück. Er hatte die Schuhe der gesamten Filmcrew von Evangeline im Jahr 1929, die Schuhe vom Harry-James-Orchester und von U. S. Senator Huey Long poliert, kurz bevor Long einem Attentat zum Opfer gefallen war.

„Wo ist Cool Breeze jetzt, Mout’?“, fragte ich am Telefon.

„Wofür halten Sie mich? Das sag ich Ihnen doch nich.“

„Warum rufen Sie dann an?“

„Cool Breeze sagt, dass sie ihn umbringen.“

„Wer ‚sie‘?“

„Der Weiße, der im Gefängnis das Sagen hat. Er hat einen Nigger geschickt, der ihm einen Draht ins Ohr bohren wollte.“

„Bin am Morgen bei euch.“

„Am Morgen? Also … besten Dank.“

„Breeze geht schon lange eigene Wege, Mout’.“

Keine Antwort. Ich fühlte die Spätsommerhitze und die stickige Luft unter dem elektrischen Licht.

„Mout’?“, fragte ich.

„Ham ja recht. Macht’s auch nich leichter. Nee, wirklich nich.“

Bei Sonnenaufgang am nächsten Morgen fuhr ich die East Main hinunter, unter dem Baldachin der immergrünen Eichen hindurch, der die Straße überspannte, an der City Hall, der Bibliothek und der Felsgrotte mit der Statue der Mutter Maria vorbei. Der Asphaltbelag der Bürger steige war von Baumwurzeln aufgebrochen. Blaugrüne Rasenflächen voller Hortensien und Philodendron und dichte Bambussträucher säumten den Weg. Schließlich erreichte ich das Geschäftsviertel. Dann war ich auf der Westseite der Stadt, in Gassen mit offenen Abflussgräben, Bahnschienen, die Hinterhöfe und Asphalt durchschnitten, und schmalen Häusern aus rohem Holz, die wie eine Reihe schlechter Zähne dastanden und früher Puffs gewesen waren, in denen im 19. Jahrhundert Eisenbahner Bier aus Eimern mit den Nutten getrunken hatten und ihre roten Laternen auf den Verandatreppen abstellten, bevor sie drinnen verschwanden.

Mout’ war hinter seinem Haus und streute Vogelfutter für die Tauben aus, die in Scharen von den Telefonleitungen auf seinen Hof herunterflatterten. Er hinkte, die Augen waren von tiefen Hautwulsten umgeben, eine Wange war rosa und weiß marmoriert von einer seltsamen Hautkrankheit, die speziell Farbige befällt. Aber seine hängenden Schultern waren noch breit wie bei einem Stier und seine Oberarme dick wie Abflussrohre.

„War ein schlechter Zeitpunkt für Breeze, sich davonzumachen. Der Staatsanwalt hätte ihn vielleicht sowieso laufenlassen“, sagte ich.

Mout’ wischte sich mit einem blauen Tankstellenlappen übers Gesicht, nahm den Sack Vogelfutter von der Schulter und setzte sich schwerfällig auf einen alten Rasierstuhl, an dem ein aufgeklappter Schirm befestigt war. Er griff nach einem Marmeladenglas mit Milchkaffee und trank. Sein breiter Mund schien sich um die Glasöffnung zu legen wie das Maul eines Welses.

„Is mit mir und seiner Mutter in die Kirche gegangen, als er noch ein Hosenscheißer war“, sagte er. „Hat Ball gespielt im Park, hat Zeitungen ausgetragen, hat Pins beim Bowling aufgestellt neben weißen Jungs und nie Schwierigkeiten gehabt. New Orleans hat das aus ihm gemacht. Hat mit seiner Mutter in den Projects gelebt. Hat beschlossen, kein Schuhputzer zu werden und sich nicht von den Weißen die Zigarrenasche auf den Kopf tippen zu lassen … hat er mir gesagt.“

„Sie haben Ihr Bestes getan. Vielleicht ändert er sich eines Tages, wer weiß.“

„Jetzt knallen sie ihn ab, was?“, murmelte er.

„Nein. Das will niemand, Mout’.“

„Und dieser Schließer, Alex Guidry? Ist hier verkehrt, als er im College war. Schwarze Mädels waren für drei Dollar drüben in der Hopkins zu haben. Dann isser zum Schuhputzstand gekommen, wenn Schwarze da waren, hat sich einen rausgepickt und ihn unverwandt fixiert, ihm mit Blicken den Skalp vom Knochen gepellt, bis derjenige den Kopf hat sinken lassen und die Augen nicht mehr vom Pflaster gehoben hat. So isses damals gewesen. Und jetzt habt ihr euch denselben Kerl als Gefängnishäuptling gekauft.“

Dann beschrieb er den letzten Tag seines Sohnes im Bezirksgefängnis.

Der Gefängniswärter, ehemaliger Aufseher im Bau beim Marine Corps, ging den Korridor in der Isolierstation hinunter und öffnete die Eisengittertür zu Cool Breezes Zelle. Er schwenkte einen Knüppel, den er an einem Riemen ums Handgelenk trug.

„Mr. Alex sagt, du kannst in den Haupttrakt zurück. Das heißt, wenn du willst.“, erklärte er.

„Nichts dagegen.“

„Heute scheint Weihnachten und Geburtstag für dich zusammenzufallen.“

„Wie kommt’s?“, fragte Cool Breeze.

„Wirst schon sehen.“

„Ich werd’s schon sehen?“

„Mann, und dann fragt ihr Typen euch, warum ihr im Knast sitzt. Wo ihr das Nachäffen für ’n Zeichen von Grips haltet?“

Der Wärter führte ihn durch zahllose hydraulisch betriebene Sicherheitsschleusen, befahl ihm, sich auszuziehen und sich zu duschen, überreichte ihm einen orangeroten Overall und schloss ihn in eine Wartezelle ein.

„Sie werden Mr. Alex suspendieren. Aber bevor er geht, will er dir Gerechtigkeit widerfahren lassen. Deshalb hab ich gesagt, muss dein Geburtstag sein“, meinte der Wärter. Er schwenkte den Knüppel an der Schlaufe und zwinkerte.

„Wenn er weg ist, bin ich Gefängnisverwalter. Denk mal über den tieferen Sinn nach.“

Um vier Uhr an diesem Nachmittag blieb Alex Guidry vor Cool Breezes Zelle stehen. Er trug einen Leinenanzug mit roter Krawatte und glänzende schwarze Cowboystiefel. Seinen Stetson hielt er in der Hand an der Hosennaht.

„Willst du saubermachen in der Werkstatt … aufwischen und so?“, fragte er.

„Kann ich machen.“

„Machst du Schwierigkeiten?“

„Is nicht mein Stil.“

„Kannst jede verdammte Lüge erzählen, wenn du hier rauskommst. Aber wenn ich unfair bin zu dir, dann sag’s mir jetzt ins Gesicht“, sagte er.

„Die Leute sehen nur, was sie sehen wollen.“

Alex Guidry drehte seine Handinnenfläche nach oben und pulte mit den Fingern an den Daumenschwielen. Er wollte etwas sagen, schüttelte angewidert den Kopf und ging den Korridor entlang. Die Ledersohlen seiner Stiefel hallten hohl über den Zementboden.

Cool Breeze verbrachte den nächsten Tag damit, Steinwände und Fußsteige mit einer Drahtbürste und Ajax zu bearbeiten und meldete sich um fünf Uhr in der Anstaltswerkstatt zum Aufkehren. Er benutzte einen langen Besen, um Stahlspäne, Sägemehl und Holzspäne zu ordentlichen Haufen zusammenzufegen, die er dann auf eine Schaufel schob und im Mülleimer entsorgte. Hinter ihm schnitt ein Mulatte, dessen goldbraune Haut von dollargroßen Sommersprossen übersät war, an einer elektrischen Stichsäge Formen aus einem Stück Sperrholz. Jedes Mal, wenn sich die Sägezähne ins Holz gruben, ertönte eine Art elektronischer Dauerkreischton.

Cool Breeze beachtete ihn nicht, bis er hörte, wie das Sperrholz von der Säge fiel. Er wandte aus purer Neugier gerade in dem Moment den Kopf, als der Mulatte die Faust ballte und versuchte, einen Drahtkleiderbügel mit scharf gespitztem Ende, den er vertikal durch den Holzgriff eines Rasenmäherstarterseils gesteckt hatte, mitten durch Cool Breezes Ohr und in sein Gehirn zu stoßen.

Die Drahtspitze spaltete Cool Breezes Wange vom Wangenknochen bis zum Mundwinkel.

Er umschloss den Unterarm seines Angreifers mit beiden Händen, drehte sich mit ihm im Kreis und dirigierte ihn in Richtung der jetzt sanft surrenden Stichsäge.

„Zwing mich nicht zum Äußersten, Nigger“, sagte er.

Doch sein Angreifer ließ seine Waffe nicht los, und Cool Breeze schob zuerst den Kleiderbügel und dann die geballte Faust mitsamt dem Holzgriff in das Sägeblatt, so dass ihm Knochen, Metall, Fingernägel und Holzsplitter gleichzeitig ins Gesicht flogen.

Er versteckte sich in der Mischtrommel eines Betonmischers, wo er eigentlich mit großer Sicherheit hätte umkommen müssen. Er fühlte, wie der Laster am Gefängnistor langsamer wurde, hörte die Wärter draußen reden, während sie mit Spiegeln den Unterboden des Lasters prüften.

„Drinnen fehlt uns einer. Hast ihn nicht zufällig in deiner Trommel, was?“, fragte einer der Wärter.

„Das haben wir gleich raus“, sagte der Lastkraftwagenfahrer. „Und zwar todsicher.“

Hebel und Zahnräder rasteten ein, dann vibrierte und schüttelte sich der Laster, und riesige Stahlschneiden begannen sich im rabenschwarzen Innern der Trommel zu drehen und hoben Vorhänge von Zement in die Luft wie Kuchenteig.

„Mach, dass du rauskommst mit deiner Karre. Aus irgendeinem Grund erinnern mich die Geräusche von dem Ding an meine Frau im Badezimmer“, sagte der Wärter.

Zwei Stunden später, auf einer Baustelle südlich der Stadt, kletterte Cool Breeze aus dem Zementmixer und schleppte sich in ein Zuckerrohrfeld wie ein Mann in einer Bleirüstung. Die klaffende Wangenwunde blutete wie verrückt. Die letzte rote Sonnenglut umrandete die Zuckerrohrblätter.

„Ich glaub’s nicht, Mout’“, sagte ich.

„Dass der Kerl ihn alle machen wollte?“

„Dass der Gefängnisverwalter dahintersteckt. Er ist schon vom Dienst suspendiert. Er wäre der erste, auf den der Verdacht fallen würde.“

„Eben weil er’s auch gewesen ist.“

„Wo ist Breeze jetzt?“

Mout’ schob den Sack Vogelfutter über die Schulter und begann erneut, eine Handvoll nach der anderen in die Luft zu werfen. Die Tauben umschwirrten seinen gewachsten kahlen Schädel bald wie Schneeflocken.

Mein Partner war Detective Helen Soileau. Im Dienst trug sie Hose und Männerhemd, lächelte ebenso selten, wie sie sich schminkte. Ihre Körperhaltung war stets defensiv, ihr Gesicht fleischig, der Blick unnachgiebig, und ihr blondes Haar umgab ihren Kopf wie eine Perücke. Sie lehnte mit beiden Armen in meinem Bürofenster und sah dem Kalfakter zu, der die Hecke am Gehsteig schnitt. Sie trug eine Neun-Millimeter-Automatik in einem handgefertigten schwarzen Lederhalfter und ein Paar Handschellen am Gürtel im Rücken.

„Hab die Miss Pisspot von 1962 heute morgen im Gefängnis getroffen“, sagte sie.

„Wen?“

„Diese FBI-Agentin … wie heißt sie doch gleich? Glazier. Sie ist der Meinung, wir hätten’s drauf angelegt, Cool Breeze Broussard in unserem eigenen Gefängnis kaltzumachen.“

„Wie siehst du die Sache?“

„Der Mulatte ist eine Pfeife. Behauptet, Breeze mit einem Typen verwechselt zu haben, der ihn kaltmachen wollte. Und zwar angeblich, weil er dessen kleine Schwester genagelt hat.“

„Glaubst du das?“, fragte ich.

„Bei einem Typ, der gepiercte Brustwarzen hat? Ja, schon möglich. Tust du mir einen Gefallen?“

„Spuck’s aus!“

Sie gab sich betont gelassen. „Lila Terrebonne sitzt besoffen im Country Club. Der Obermufti dort möchte, dass ich sie nach Jeanerette zurückchauffiere.“

„Nein, danke.“

„Konnte mich noch nie mit Lila anfreunden. Keine Ahnung, weshalb nicht. Vielleicht weil sie mir einmal in den Schoß gekotzt hat. Ich rede von deiner Freundin von den Anonymen Alkoholikern, Dave. Nicht vergessen.“

„Sie hat nicht mich um Hilfe gebeten, Helen. Dann wär’s was Anderes.“

„Wenn sie wieder diese Scheiße mit mir anfängt, landet sie in der Ausnüchterungszelle. Geht mir am Arsch vorbei, dass ihr Großvater U. S. Senator war.“

Damit ging sie auf den Parkplatz hinaus. Ich blieb einen Moment hinter meinem Schreibtisch sitzen, dann schnippte ich eine Büroklammer in den Papierkorb. Ich stoppte ihren Streifenwagen mit dem Daumen nach unten, kurz bevor sie auf die Straße einbog.

Lila hatte ein spitzes Gesicht, milchig grüne Augen und goldgelbes Haar, das die Sonne ausgebleicht hatte, bis es schimmerte wie Weißgold. Ihr Luderleben nahm sie auf die leichte Schulter, Katerstimmungen oder Verabredungen mit verheirateten Männern ließen sie unberührt, sie lachte mit rauchiger Stimme in Nachtclubs über die Sucht, die sie mit schöner Regelmäßigkeit in ein Krankenhaus oder eine Entziehungsanstalt brachte. Danach blieb sie erst einmal trocken und nahm für ein paar Wochen, auf Grund einer gerichtlichen Anordnung, an den Treffen der Anonymen Alkoholiker teil. Sie löste Illustrierten-Kreuzworträtsel, während andere von dem Stacheldraht sprachen, der sich um ihre Seelen gelegt hatte, oder starrte mit wohlgefälligem Ausdruck aus dem Fenster, in dem sich keine Spur von Sehnsucht, Reue, Ungeduld oder Resignation widerspiegelte, lediglich ein vorübergehender Schwebezustand, so als warte sie darauf, dass die Zeiger einer unsichtbaren Uhr die vorbestimmte Zeit erreichten.

Von ihrer Jugend bis heute erinnere ich mich an keinen Abschnitt ihres Lebens, da sie nicht Gegenstand von Gerüchten und Skandalen gewesen wäre. Sie war von ihren Eltern an die Sorbonne geschickt worden, dort durch sämtliche Examen gerasselt und zurückgekehrt, um auf der University of Southern Louisiana mit Arbeiterkindern zu studieren, die es sich nicht einmal leisten konnten, die Louisiana State University in Baton Rouge zu besuchen. Am Abend ihres College-Abschlussballs klebten Mitglieder des Football-Teams ihr Foto an den Kondom-Automaten in Provost’s Bar.

Als Helen und ich das Clubhaus betraten, saß sie allein an einem Tisch, den Kopf umgeben von Rauchschwaden aus ihrem Aschenbecher, das leere Glas an den Spitzen ihrer Finger. Die anderen Tische waren von Golfern und Bridgespielern besetzt, die es sorgfältig mieden, ihre Blicke auf Lila und deren bemitleidenswerten Versuch zu richten, ihren Zustand mit Würde zu tragen. Der weiße Barkeeper und der junge schwarze Ober, die zwischen den Tischen hin und her eilten, weigerten sich, in ihre Richtung zu sehen oder die Bestellung eines weiteren Drinks entgegenzunehmen. Als jemand die Vordertür öffnete, traf sie das gleißende Sonnenlicht wie eine Ohrfeige.

„Wie wär’s mit einer Spritztour, Lila?“, fragte ich.

„Oh, Dave! Wie geht es Ihnen? Sie wurden doch nicht schon wieder angerufen, oder?“

„Wir waren gerade in der Gegend. Eines Tages besorge ich mir noch mal eine Mitgliedskarte.“

„Warum treten Sie nicht gleich in die Republikanische Partei ein? Sie sind zum Schreien komisch. Würden Sie mir eventuell aufhelfen? Ich glaube, ich habe mir den Knöchel verstaucht“, sagte sie.

Sie hakte sich bei mir ein, ging mit mir zwischen den Tischen hindurch, blieb an der Theke stehen und nahm zwei Zehndollarscheine aus der Geldbörse. Sie legte sie sorgsam auf den Tresen.

„Ist für dich und den netten jungen Schwarzen. Ist doch immer wieder eine Freude, euch alle zu sehen“, sagte sie.

„Beehren Sie uns wieder, Miss Lila. Jederzeit“, antwortete der Barkeeper, und sein Blick schweifte ab.

Draußen atmete sie Wind und Sonne ein, als habe sie gerade eine andere Biosphäre betreten. Sie blinzelte, schluckte und gab gedämpfte Töne von sich, als habe sie Zahnschmerzen.

„Bitte fahren Sie mich auf den Highway raus und setzen mich ab, wo immer die Leute Kleinholz aus ihren Möbeln machen und Flaschen durch die Fenster werfen“, seufzte sie.

„Wie wär’s zur Abwechslung mal mit zu Hause?“, schlug ich vor.

„Dave, Sie sind ein Langweiler.“

„Sie sollten Ihre Freunde lieber zu schätzen wissen, Ma’am“, meldete sich Helen.

„Kenne ich Sie?“, fragte Lila.

„Yeah. Hatte das Vergnügen aufzuwischen, was Sie …“

„Helen, bringen wir Miss Lila nach Hause und machen, dass wir wieder in die Dienststelle kommen.“

„Du liebe Zeit, ja. Ja, unbedingt“, sagte Helen.

Wir fuhren in südlicher Richtung am Bayou Teche entlang nach Jeanerette, wo Lila in einer Plantagenvilla lebte, deren