Surf & Secrets: Eine Sommerliebe an der Ostsee - Mirko Kukuk - E-Book

Surf & Secrets: Eine Sommerliebe an der Ostsee E-Book

Mirko Kukuk

0,0

Beschreibung

Entdecken Sie "Surf& Secrets: Eine Sommerliebe an der Ostsee", einen packenden New Adult Roman, der Sie auf eine unvergessliche Reise zur Selbstfindung mitnimmt! Treffen Sie Clara, deren perfektes Leben und ihre Karriere als angehende Ärztin durch den immensen Druck ihrer angesehenen Familie bestimmt sind. Auf der Suche nach einer erzwungenen Auszeit vor dem gefürchteten Physikum landet sie auf einer abgelegenen Ostseeinsel – ein idyllischer Ort, der ihr Dasein auf den Kopf stellen wird. Statt stundenlang über Lehrbüchern zu brüten, begegnet Clara Ben, einem charismatischen Surfer Roman und Besitzer einer kleinen Surfschule. Ben lebt im Einklang mit den Wellen, frei und ohne die Zwänge, die Clara so gut kennt. Zwischen ihnen entfaltet sich eine mitreißende Sommerliebe Buch, die Claras Herz öffnet und sie lehrt, dem Flow des Lebens zu vertrauen. Doch Bens geheimnisvolle Vergangenheit birgt ein dunkles Familiengeheimnis, das nicht nur ihn, sondern auch Claras Weltbild erschüttert. Plötzlich muss Clara entscheiden: Folgt sie weiter dem ihr vorbestimmten Weg oder wagt sie den Sprung ins Ungewisse, um eine unerwartete Wendung in ihrem Leben zu finden? Dieser Liebesroman für junge Erwachsene ist mehr als nur eine romantische Geschichte; es ist ein emotionales Inselabenteuer Buch über Mut, Verrat und die Suche nach dem eigenen Platz in der Welt. Erleben Sie Claras Kampf, sich aus den Fesseln familiärer Erwartungen zu befreien und ihren eigenen Karrierewechsel Roman zu gestalten. Kann sie lernen, ihrer Intuition zu vertrauen und ihr eigenes Glück zu finden? Finden Sie es heraus in "Der Ruf des Meeres" – einem Buch, das Sie dazu inspirieren wird, den Ruf Ihres Herzens zu hören.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 153

Veröffentlichungsjahr: 2025

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Surf & Secrets: Ein Sommerliebe an der Ostsee
New Adult Roman – Ostsee Liebesroman
Mirko Kukuk
Inhalt
Titelseite
Prolog
Kapitel 1: Ankunft und die Last der Erwartungen
Kapitel 2: Der erste Blick auf die Welle und den Surfer
Kapitel 3: Eine unerwartete Einladung
Kapitel 4: Der erste Surfversuch
Kapitel 5: Kleine Rebellionen
Kapitel 6: Gemeinsame Stunden am Lagerfeuer
Kapitel 7: Ein tieferer Blick
Kapitel 8: Der Schatten der Vergangenheit holt ein
Kapitel 9: Eine gemeinsame Herausforderung am Meer
Kapitel 10: Der erste, zögerliche Kuss
Kapitel 11: Eine unerwartete Begegnung
Kapitel 12: Die Kluft der Enttäuschung
Kapitel 13: Der Anruf nach Hause
Kapitel 14: Die Suche nach der Wahrheit
Kapitel 15: Die Entscheidung am Scheideweg
Kapitel 16: Die Rückkehr nach Hamburg
Kapitel 17: Die leeren Räume und die offene Tür
Kapitel 18: Die Herausforderung der zwei Wochen
Epilog
Nachwort:
Weitere E-Books/Taschenbücher
Impressum:
Prolog
Der salzige Wind flüsterte Geschichten über die Insel, Geschichten von Ebbe und Flut, von Stürmen und stillen Buchten. Er tanzte durch das blonde Haar eines Mannes, der mit dem Meer verschmolzen schien, seine Augen so blau wie die tiefsten Tiefen des Ozeans. Er umspielte das Gesicht einer jungen Frau, die mit gesenktem Blick am Strand saß, ein Anatomieatlas auf ihren Knien, ihre Stirn von Sorgenfalten gezeichnet.
Clara, angehende Medizinstudentin aus Hamburg, hatte die Insel als Zufluchtsort gewählt, als Ort der Konzentration, um sich auf das bevorstehende Physikum vorzubereiten. Ihr Leben war eine perfekt durchgetaktete Symphonie aus Lernen, Leistung und hohen Erwartungen. Ihre Familie, eine Dynastie renommierter Ärzte, hatte ihr den Weg vorgezeichnet, und Clara folgte ihm mit unermüdlichem Ehrgeiz. Sie war diszipliniert, intelligent, ehrgeizig – die perfekte Verkörperung dessen, was man von einer „Sommer“ erwartete. Doch unter der Oberfläche lauerte eine leise Unzufriedenheit, ein Gefühl der Leere, das sie mit noch mehr Lernen zu füllen versuchte.
Ben, der charismatische Surflehrer, lebte ein Leben, das so gegensätzlich zu Claras war wie Ebbe und Flut. Er war frei, ungebunden, stets im Flow des Augenblicks. Seine Vergangenheit war ein verschlossenes Buch, gefüllt mit Fehlern und schmerzhaften Lektionen, die ihn hierhergespült hatten. Er hatte alles verloren, aber dafür etwas gefunden, das unbezahlbar war: Frieden mit sich selbst und eine tiefe Verbundenheit mit der Natur.
Als ihre Welten auf dieser kleinen Ostseeinsel kollidierten, ahnte niemand, wie sehr sie sich gegenseitig verändern würden. Clara, die Kontrolle über ihr Leben hatte, sollte lernen, loszulassen. Und Ben, der seine Vergangenheit so sorgfältig verborgen hielt, sollte gezwungen sein, sich ihr erneut zu stellen. Der Sommer, der als strenge Lernzeit begann, sollte sich zu einer unerwarteten Reise der Selbstfindung entwickeln, einer Reise, die die Grenzen zwischen Plan und Schicksal verschwimmen ließ und die Frage aufwarf: Was ist wichtiger – die perfekte Karriere oder das eigene, authentische Leben? Das Meer lauschte und bereitete die Wellen vor, die beide fordern und tragen würden.
Kapitel 1: Ankunft und die Last der Erwartungen
Der Wind war das Erste, das Clara wirklich wahrnahm. Nicht der laue, feuchte Wind einer Sommernacht in Hamburg, sondern ein klarer, salziger Hauch, der sich wie ein unsichtbares Tuch um sie legte, als sie die Fähre verließ. Es war kurz nach Sonnenuntergang, und der Himmel über der kleinen Ostseeinsel war in Farbtönen getaucht, die so weit von ihrem klinisch reinen Alltag entfernt waren, dass es ihr den Atem nahm. Von tiefem Orangerot zu zartem Violett verliefen die Schlieren, an denen sich noch die letzten Sonnenstrahlen festkrallten, bevor die Dunkelheit endgültig die Oberhand gewann.
Clara stellte ihren Rollkoffer auf dem Pflaster ab, die Räder rumpelten leise auf den alten Steinen des Fähranlegers. Ihr Blick wanderte über die kleinen Fischerboote, die sanft im Hafen schaukelten, ihre Masten zeichneten sich als feine Linien gegen den verblassenden Himmel ab. Ein paar Möwen schrien heiser und zogen ihre Kreise, als würden sie die Neuankömmlinge begrüßen – oder vielleicht warnen. Clara konnte das Salz auf ihren Lippen schmecken, und die Luft war erfüllt vom Geruch nach Meer, nassem Holz und etwas Unbestimmtem, das sie nur als Freiheit interpretieren konnte.
Freiheit. Ein Wort, das in ihrem Leben in den letzten Jahren kaum vorgekommen war. Ihr Leben war eine akgeplanierte Abfolge von Lehrbüchern, Seminaren und Praktika gewesen, eine minutiös orchestrierte Symphonie aus Wissen und Verpflichtung. Sie war Clara Sommer, Medizinstudentin im siebten Semester, kurz vor dem gefürchteten Physikum. Und diese Insel, ein winziger Fleck im Meer, fernab von den stickigen Bibliotheken und den Erwartungen ihrer Familie, sollte ihr persönliches Refugium für die nächsten acht Wochen werden. Ein Hochsicherheitstrakt des Geistes, um genau zu sein.
Ihre Ferienwohnung lag nicht weit vom Hafen entfernt, aber gerade weit genug, um der kleinen Promenade und den vereinzelt aufleuchtenden Lichtern der Restaurants zu entkommen. Sie hatte sie online gefunden – "Haus Seeblick", ein kleines, reetgedecktes Gebäude mit einem gepflegten Garten. Die Beschreibung hatte von "Ruhe und Abgeschiedenheit" gesprochen, und genau das brauchte sie. Keine Ablenkungen, keine spontanen Treffen, keine familiären Verpflichtungen, die ihr Gewissen plagten. Nur sie, die Lehrbücher und der unbarmherzige Stundenplan, den sie schon vor Wochen erstellt hatte.
Clara zog ihren Koffer weiter, das Geräusch seiner Räder hallte in der Abendstille wider. Jeder Schritt auf dem unebenen Kopfsteinpflaster war eine kleine Erinnerung an die mühsame Reise, die hinter ihr lag. Die überfüllte Bahnfahrt, die kurze, aber turbulente Überfahrt mit der Fähre. Es war alles Teil des Plans. Flucht nach vorn, direkt in die Bücher.
Die Ferienwohnung war kleiner, als sie es sich vorgestellt hatte, aber sauber und gemütlich. Ein Wohn-Schlaf-Raum mit einer kleinen Küchenzeile, ein winziges Bad und ein Balkon, der tatsächlich den versprochenen Blick auf das Meer bot. Allerdings nur einen kleinen Ausschnitt, versteckt hinter ein paar Bäumen und Dächern. Genug, um sich daran zu erinnern, wo sie war, aber nicht genug, um sie zu sehr abzulenken. Perfekt.
Sie ließ den Koffer im Flur stehen und öffnete die Balkontür. Der Wind war hier oben noch stärker, spielte mit ihren Haaren und trug den Geruch des Meeres intensiver heran. Das Meer rauschte leise in der Ferne, ein konstantes, beruhigendes Geräusch, das sie noch nie zuvor so bewusst wahrgenommen hatte. Sie war in ihrem Element eigentlich die Großstadt, das geschäftige Treiben, der Asphalt unter ihren Füßen. Das hier war… anders. Ruhig. Ein bisschen unheimlich. Und genau deshalb ideal.
Mit einem tiefen Seufzer drehte sie sich um und sah das Chaos in ihrem kleinen Reich. Der Koffer. Die Tasche mit den Proviant. Und dann der große Karton, den sie extra aufgegeben hatte. Der Karton mit dem gesamten Anatomieatlas, den Physiologie-Wälzern, den Biochemie-Schinken und unzähligen Karteikarten. Ihr gesamtes Studienleben, komprimiert auf eine Handvoll unerbittlicher Seiten.
Sie schaltete das Licht an, ein warmes, gelbliches Leuchten erfüllte den Raum. Keine grelle Neonröhre wie in den Lesesälen der Uni. Gut. Sie wollte ja keine Assoziationen zum Lernalltag schaffen, sondern nur einen Ort, an dem sie ungestört arbeiten konnte. Ohne die Ablenkungen der Großstadt, ohne die ständigen Fragen ihrer Eltern, die unterschwelligen Zweifel ihrer Kommilitonen, ob sie es wirklich schaffen würde.
Ihre Mutter, Ärztin mit Leib und Seele, hatte ihre Entscheidung für Medizin immer als eine Art natürliches Erbe betrachtet. „Du hast die Intelligenz, Clara. Und das Einfühlungsvermögen. Es ist der richtige Weg für dich.“ Keine Frage, keine Alternativen. Clara hatte es auch immer geglaubt. Seit sie ein kleines Mädchen war, das mit dem Spielzeug-Stethoskop ihren Teddys zuhörte, war der Weg vorgezeichnet. Das Medizinstudium war für sie nie nur eine Option, sondern eine Notwendigkeit. Eine Identität.
Doch in den letzten Semestern hatte sich ein leises, nagendes Gefühl eingeschlichen. Eine Müdigkeit, die nicht nur vom Lernpensum kam. Eine Leere, die sich manchmal in den langen Nächten im Anatomiesaal ausbreitete. War das wirklich alles? War das der einzige Weg zum Glück? Sie schob diese Gedanken beiseite. Jetzt war nicht die Zeit für existenzielle Krisen. Jetzt war Zeit für das Physikum.
Sie begann, ihre Habseligkeiten auszupacken. Die Kleidung wurde säuberlich im kleinen Schrank verstaut, der Proviant in den Kühlschrank geräumt. Dann kam der Karton mit den Büchern. Mit fast schon ritueller Sorgfalt stapelte sie die dicken Bände auf dem kleinen Schreibtisch am Fenster. Sie waren schwer, nicht nur physisch, sondern auch metaphorisch. Jeder Band war ein Versprechen und gleichzeitig eine Bürde.
Als Letztes zog sie ihren sorgfältig erstellten Stundenplan aus einer Mappe. Er war laminiert, um ihn vor Kaffeeflecken und aufkeimenden Zweifeln zu schützen. Montag bis Freitag, 8:00 – 12:00 Uhr: Anatomie. 13:00 – 17:00 Uhr: Physiologie. Abends: Wiederholung und Fallbeispiele. Samstag war für eine halbtägige Wiederholung vorgesehen, Sonntag für eine kurze Pause und Entspannung. Oder mehr Wiederholung, je nach Bedarf. Flexibilität war wichtig, aber nur innerhalb klar definierter Grenzen.
Sie strich über das Papier. Dieses Stück laminiertes Karton war ihr Anker, ihr Kompass. Es würde sie durch die nächsten Wochen tragen, durch die Flut von Informationen, die sie sich noch einprägen musste. Kein Platz für Ablenkungen, keine Zeit für Träumereien. Schon gar nicht für die Art von Träumereien, die der Duft des Meeres und der Anblick des Sternenhimmels hervorrufen konnten.
Sie holte ihren Laptop hervor, klappte ihn auf und öffnete ein Programm für Lernkarten. Ein schneller Blick auf die Uhr. 22:30 Uhr. Eigentlich schon Schlafenszeit, wenn sie morgen um 7:00 Uhr aufstehen wollte, um fit zu sein für die erste Anatomie-Einheit. Aber sie konnte nicht schlafen. Die Gedanken kreisten, die Nervosität vor dem Unbekannten – der Insel und der intensiven Lernzeit – hielt sie wach.
Sie stand auf und ging noch einmal zum Balkon. Der Mond war nun aufgegangen, ein blasser Sichelmond, der ein silbernes Band auf die dunklen Wellen zeichnete. Das Rauschen des Meeres war lauter geworden, fast wie ein Flüstern, das etwas erzählte, das sie nicht verstand. Sie lehnte sich an das Geländer, schloss die Augen und atmete tief ein. Salzig. Frisch. Unendlich.
Für einen winzigen Moment erlaubte sie sich, die Anspannung abfallen zu lassen. Das Gewicht der Bücher, die Erwartungen der Familie, der Druck des Examens – alles schien für diesen einen Augenblick von ihr abzufallen. Sie war nur Clara, allein auf einer Insel, umgeben vom Meer.
Dann schüttelte sie den Kopf. Romantische Anwandlungen waren fehl am Platz. Sie war hier, um zu lernen. Um ihr Leben in die richtigen Bahnen zu lenken, so wie es immer geplant war. Dieses Gefühl der Leichtigkeit, das sie für einen Moment überfallen hatte, war nur eine Illusion, eine Ablenkung. Morgen würde der Ernst des Lebens wieder beginnen. Und sie würde bereit sein.
Mit diesem festen Vorsatz kehrte sie ins Zimmer zurück. Sie verriegelte die Balkontür, zog die Vorhänge zu, als wollte sie das Meer und seine lockenden Geheimnisse aussperren. Der Blick auf die Lehrbücher auf dem Schreibtisch war beruhigend. Das war ihre Realität. Das war ihr Plan. Und Pläne waren dafür da, eingehalten zu werden.
Sie kroch ins Bett, das Licht noch an, und griff nach ihrem Anatomieatlas. Nur ein schneller Blick, nur zur Beruhigung. Eine halbe Stunde später waren ihre Augen schwer, aber ihr Kopf war voller Bilder von Muskeln, Knochen und Nervenbahnen. Das Rauschen des Meeres draußen schien sich in ein monotones Summen zu verwandeln, das sie langsam in den Schlaf wiegte. Der erste Tag auf der Insel war vorbei. Der Countdown für das Physikum hatte begonnen. Und Clara war sich sicher, dass dieser Sommer der produktivste und langweiligste ihres Lebens werden würde.
Kapitel 2: Der erste Blick auf die Welle und den Surfer
Der Geruch von Kaffee weckte Clara am nächsten Morgen. Nicht der bittere Automatenkaffee der Unibibliothek, sondern ein kräftiger, frischer Duft, der aus der kleinen Küche drang. Sie hatte tatsächlich durchgeschlafen, ohne von aufgeregten Gedanken an Synapsen und den Krebszyklus geplagt zu werden. Ein kleines Wunder. Draußen schien die Sonne bereits hoch am Himmel zu stehen und warf helle Flecken auf den Holzboden ihres Zimmers. Das Rauschen des Meeres war leiser geworden, ein sanftes Murmeln, das sie zur Ruhe kommen ließ.
Nach einem schnellen Frühstück – Müsli mit dem mitgebrachten Haferdrink – schlug Clara ihren Anatomieatlas auf. Die ersten Stunden vergingen wie im Flug. Sie war gut im Lernen, das musste sie sich eingestehen. Ihr Gehirn war wie ein Schwamm, der Informationen aufsaugen konnte, sie ordnete und abspeicherte. Doch nach vier Stunden ständiger Konzentration spürte sie ein Ziehen im Nacken und ein leichtes Pochen in den Schläfen. Eine kurze Pause, so stand es in ihrem Plan, war erlaubt. Zehn Minuten frische Luft.
Sie schnappte sich ihr Notizbuch und einen Stift, nur für den Fall, dass ihr eine bahnbrechende Eselsbrücke einfiel, und machte sich auf den Weg zum Strand. Ihre Ferienwohnung lag nur einen kurzen Spaziergang entfernt, eine kleine Gasse hinunter, dann über eine Sanddüne. Der Strand, den sie erwartete, war anders als die überfüllten Badestrände, die sie von Urlaubsprospekten kannte. Hier war es weitläufiger, wilder. Der Sand war feiner, gesprenkelt mit kleinen Muscheln und Treibholz. Nur wenige Menschen waren unterwegs, ein paar Spaziergänger mit Hunden, vereinzelt ein Fischer, der seine Netze überprüfte.
Clara fand eine einsame Stelle abseits des Hauptweges, breitete ihr Handtuch aus und setzte sich in den warmen Sand. Sie zog die Knie an und legte den Kopf darauf, schloss die Augen und atmete tief durch. Der Wind spielte mit ihren Haaren, und die Sonne wärmte ihr Gesicht. Es war eine ungewohnte Sensation – einfach nur sein, ohne etwas zu tun, ohne einen bestimmten Zweck.
Nach ein paar Minuten, als ihr Kopf etwas klarer wurde, öffnete sie die Augen. Ihr Blick wanderte über das glitzernde Wasser. Die Wellen brachen sanft am Ufer, kleine weiße Kronen bildeten sich und zerfielen wieder. Und dann sah sie sie. Weiter draußen, wo die Wellen höher wurden, bewegten sich kleine, dunkle Punkte auf dem Wasser. Surfer.
Clara hatte Surfer bisher nur aus dem Fernsehen oder von Bildern gekannt. Für sie waren das immer diese coolen, sonnengebräunten Typen gewesen, die ein scheinbar sorgloses Leben führten, weit entfernt von ihrer eigenen Realität. Hier auf dieser kleinen Ostseeinsel hatte sie nicht damit gerechnet, welche zu sehen.
Sie beobachtete sie fasziniert. Da war ein junger Mann, der sich mit unglaublicher Leichtigkeit auf sein Brett stellte, die Arme ausbreitete und dann majestätisch auf einer Welle ritt, bis sie sich auflöste. Es sah so… mühelos aus. Eine fast meditative Bewegung, ein Tanz mit den Naturgewalten. Clara war beeindruckt. Sie, die sich im Schwimmbad abmühte, ein paar Bahnen zu ziehen, konnte sich kaum vorstellen, auf einem wackeligen Brett auf dem Wasser zu stehen.
Sie holte ihr Notizbuch hervor, nicht um etwas über den Plexus brachialis zu notieren, sondern um eine kleine Skizze zu machen. Grob zeichnete sie die Silhouette des Surfers, die Welle, das Meer. Eine spontane Handlung, die sie sich normalerweise nicht erlaubte. Ihr Leben war strukturiert, nicht kreativ.
Während sie zeichnete, wanderte ihr Blick weiter den Strand entlang. Etwas weiter weg, zwischen einigen verwitterten Strandkörben und aufgebockten Booten, entdeckte sie ein kleines, bunt gestrichenes Gebäude. Ein hölzernes Schild, das vom Wind schon etwas ausgebleicht war, hing darüber: "Ocean Flow – Surfschule & Verleih". Davor standen einige Surfbretter und Neoprenanzüge zum Trocknen. Offenbar war das hier der Hotspot für die Wellenreiter der Insel.
Sie beobachtete weiterhin den Surfer, der sie so fasziniert hatte. Er paddelte nun zurück ins Wasser, legte sich auf sein Brett und wartete auf die nächste Welle. Er hatte eine athletische Figur, und die Sonne glitzerte auf seinem nassen Haar. Als er sich umdrehte, um eine ankommende Welle zu beobachten, fing ihr Blick den seinen auf.
Clara zuckte leicht zusammen. Sie hatte nicht damit gerechnet, bemerkt zu werden. Schnell senkte sie den Kopf, als ob sie ertappt worden wäre, wie sie etwas Verbotenes tat. Sie versuchte, so beiläufig wie möglich in ihrem Notizbuch zu blättern, so als hätte sie die ganze Zeit über nur studiert. Als sie wieder aufblickte, stand der Surfer plötzlich vor ihr.
Er war größer, als sie gedacht hatte, und hatte eine unglaublich offene, freundliche Ausstrahlung. Sein sonnengebräuntes Gesicht war von feinen Lachfältchen um die Augen gezeichnet, die so blau waren wie das Meer an einem klaren Sommertag. Seine blonden, salzverkrusteten Haare fielen ihm in die Stirn. Er trug einen engen Neoprenanzug, der seine durchtrainierte Figur betonte.
„Hey“, sagte er, seine Stimme war tief und klang leicht heiser, als hätte er viel Zeit damit verbracht, Anweisungen gegen den Wind zu rufen. „Du siehst aus, als wärst du neu hier.“
Clara war völlig überrumpelt. Sie war nicht daran gewöhnt, von Fremden einfach so angesprochen zu werden, schon gar nicht von jemandem, der so… unkompliziert wirkte. „Ähm, ja“, stammelte sie. „Ich bin Clara. Ich bin gerade erst angekommen.“
„Ben“, sagte er und streckte ihr eine nasse, sandige Hand entgegen. „Ich hab dich eben am Steg gesehen. Der Koffer sah nicht nach Urlaubsgepäck aus.“ Er grinste, und seine Augen funkelten belustigt.
Clara schüttelte seine Hand. Sie war warm und fest, und ein leichter Geruch von Salz und Meer haftete daran. „Ich bin hier, um zu lernen“, erklärte sie, vielleicht etwas zu schnell, um ihre wahre Absicht zu betonen. „Physikum. Medizin.“
Ben nickte langsam, sein Grinsen wurde breiter. „Ah, die ganz großen Geschütze. Dann bist du ja hier genau richtig. Absolute Ruhe. Abgesehen vom Meeresrauschen natürlich.“ Er zwinkerte ihr zu. „Aber ich muss dich warnen. Das Meer hat so seine ganz eigenen Ablenkungen.“
Clara lachte überrascht. Es war ein leises, befangenes Lachen, das sie selbst kaum wiedererkannte. Sie lachte selten in Gegenwart von Fremden. „Ich bin da ziemlich resistent, fürchte ich. Mein Stundenplan ist wasserdicht.“ Sie hob ihr laminiertes Papier, das sie vorsichtshalber mitgebracht hatte, um ihre Entschlossenheit zu unterstreichen.
Ben nahm das Blatt in die Hand, begutachtete es mit ernster Miene und pfiff leise. „Beeindruckend. Physikum klingt nach… nun ja, nach viel Kopfkram. Wenn du mal eine Pause brauchst, um den Kopf frei zu bekommen, weißt du ja, wo du mich findest.“ Er deutete auf die Surfschule. „Ocean Flow. Oder einfach hier am Strand. Ich bin so gut wie immer auf dem Wasser.“
Er gab ihr den Stundenplan zurück und warf einen Blick auf die Wellen. „Die nächste Welle ruft. Schön, dich kennenzulernen, Clara die Medizinstudentin. Viel Glück beim Lernen.“
Bevor Clara etwas erwidern konnte, drehte er sich um, sprintete ins Wasser und paddelte geschickt auf seinem Brett hinaus, wo die Wellen höher wurden. In wenigen Sekunden war er wieder ein kleiner Punkt auf dem Meer, der sich mit den Elementen bewegte.
Clara blieb sitzen, sah ihm nach. Ihre Herzfrequenz war leicht erhöht. Was war das gerade gewesen? Ein ganz normales Gespräch, ja. Aber die Art, wie er sie ansah, wie er sprach, diese unbekümmerte, offene Art, das war neu für sie. Sie war es gewohnt, in ihrem Fachbereich als kompetent und ernsthaft wahrgenommen zu werden, nicht als jemand, der über seine Lernpläne scherzen würde.