Tractatus logico-philosophicus (Logisch-philosophische Abhandlung) - Ludwig Wittgenstein - E-Book

Tractatus logico-philosophicus (Logisch-philosophische Abhandlung) E-Book

Ludwig Wittgenstein

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Beschreibung

Ludwig Wittgenstein: Tractatus logico-philosophicus Logisch-philosophische Abhandlung | Für die eBook-Ausgabe neu lektoriert, voll verlinkt, mit eBook-Inhaltsverzeichnis und Fußnoten | Der Tractatus logico-philosophicus ist eines der bedeutendsten Werke der Philosophiegeschichte. Ludwig Wittgenstein stellt darin den Erkenntnisgewinn traditioneller Philosophie in Frage, als Folge der Unschärfe der in philosophischen Abhandlungen verwendeten Begriffe. Konsequenz: Ehe man philosophiert, muss ein konsistenter logischer Rahmen geschaffen werden. Wittgenstein setzt dies in seinem Tractatus in mathematischer Präzision um und stellt damit die Philosophie vom Kopf auf die Füße. Bis heute gibt der Tractatus breiten Raum für Interpretationen, so dass die Spannweite der Deutungen von einer wortwörtlichen Auslegung der Wittgensteinschen Überlegungen über eine Wissenschafts-Therapie bis hin zu einer fast spöttischen Parabel auf die Unzugänglichkeit philosophischen Denkens inklusive des Tractatus selbst reicht.

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— INHALT —

Innentitel

Vorwort des Herausgebers

Vorwort

TRACTATUS LOGICO-PHILOSOPHICUS

Impressum

Fußnoten

Vorwort des Herausgebers

Der Tractatus logico-philosophicus ist eines der bedeutendsten Werke der Philosophiegeschichte. Ludwig Wittgenstein stellt darin den Erkenntnisgewinn traditioneller Philosophie in Frage, als Folge der Unschärfe der in philosophischen Abhandlungen verwendeten Begriffe. Konsequenz für ihn: Ehe man philosophiert, muss ein logischer Rahmen mit konsistenten Begriffen geschaffen werden. Wittgenstein setzt dies in seinem Tractatus in mathematischer Präzision um und stellt damit die Philosophie vom Kopf auf die Füße. Nicht von ungefähr wird man diese Entwicklung später als ›linguistic turn‹ der Philosophie bezeichnen. Im Laufe seines Lebens wurde Wittgenstein der traditionellen Philosophie gegenüber immer kritischer, er hielt die »großen philosophischen Probleme« letztlich für »Geistesstörungen«, die unter anderem entstünden, »indem man [basierend auf einem unzulänglichen Sprachgebrauch] philosophiere« –. So entstünden Hirngespinsten ähnliche fixe Ideen, die einen nicht mehr loslassen.

Bis heute gibt der ›Tractatus‹ breiten Raum für Interpretationen, sodass die Spannweite der Deutungen von einer wortwörtlichen Auslegung der Wittgenstein’schen Überlegungen über eine ›Wissenschafts-Therapie‹ bis hin zu einer fast spöttischen Parabel auf die Unzugänglichkeit philosophischen Denkens, – inklusive des Tractatus selbst – reicht.

Der Text folgt der von Ludwig Wittgenstein autorisierten deutsch-englischen Ausgabe von 1922, London & New York.

Ludwig Wittgenstein (1889–1951) war ein faszinierender, vielschichtiger Wissenschafter, der in seinem Leben zahlreiche Wendungen vollzog. Vom Studenten der Aeronautik, der an neuen Flugzeugmotoren forschte, führte ihn eine radikale Wendung hin zur Philosophie am Trinity College in Cambridge, die in sein erstes Frühwerk, den ›Tractatus‹ mündet. Da damit alles gesagt sei, wendet er sich dann von der Philosophie ab, lässt sich zum Volksschullehrer ausbilden und arbeitet in Schulen in der Nähe von Wien. Während dieser Zeit schreibt er ein ›Wörterbuch für Volksschulen‹. Nach dem Abgang aus der Schule schließlich hilft er als Gärtner in einem Kloster und spielt mit dem Gedanken, als Mönch dem Klosterorden beizutreten.

Wittgenstein entstammte einer der reichsten Familien Wiens, sein Vater war musikbegeisterter Großindustrieller, im Palais Wittgenstein verkehrten Größen wie Clara Schumann, Gustav Mahler, und Richard Strauss. – Ludwig aber überschrieb schon in jungen Jahren sein enormes Vermögen den Geschwistern und unterstützte als Mäzen Schriftsteller und Künstler, darunter Adolf Loos, Georg Trakl und Rainer Maria Rilke. Nebenbei betätigte er sich als Bildhauer und Innenarchitekt – so entwarf er etwa Türklinken und Fenstergriffe, die heute als Industrieklassiker gelten.

1929 geht Wittgenstein zurück nach Cambridge, wo er 1939 zum Professor der Philosophie berufen wird. Die Professur behält er bis 1947, unterbricht die Tätigkeit aber während des Zweiten Weltkriegs, um als Pfleger in einem Londoner Krankenhaus zu arbeiten, wo er dann auch Laborgeräte zur kontinuierlichen Messung von Puls, Blutdruck, Atemfrequenz und Atemvolumen konstruiert. – Sein zweites Hauptwerk, die ›Philosophischen Untersuchungen‹, stellte Ludwig Wittgenstein 1949 in Cambridge fertig; es wurde 1953 postum veröffentlicht und erregte, wie der Tractatus, großes Aufsehen in Fachkreisen.

© Redaktion eClassica, 2022

Vorwort

Dieses Buch wird vielleicht nur der verstehen, der die Gedanken, die darin ausgedrückt sind – oder doch ähnliche Gedanken – schon selbst einmal gedacht hat. – Es ist also kein Lehrbuch. – Sein Zweck wäre erreicht, wenn es einem, der es mit Verständnis liest, Vergnügen bereitete.

Das Buch behandelt die philosophischen Probleme und zeigt – wie ich glaube – dass die Fragestellung dieser Probleme auf dem Missverständnis der Logik unserer Sprache beruht. Man könnte den ganzen Sinn des Buches etwa in die Worte fassen: Was sich überhaupt sagen lässt, lässt sich klar sagen; und wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen.

Das Buch will also dem Denken eine Grenze ziehen, oder vielmehr – nicht dem Denken, sondern dem Ausdruck der Gedanken: Denn um dem Denken eine Grenze zu ziehen, müssten wir beide Seiten dieser Grenze denken können (wir müssten also denken können, was sich nicht denken lässt).

Die Grenze wird also nur in der Sprache gezogen werden können und was jenseits der Grenze liegt, wird einfach Unsinn sein.

Wieweit meine Bestrebungen mit denen anderer Philosophen zusammenfallen, will ich nicht beurteilen. Ja, was ich hier geschrieben habe macht im Einzelnen überhaupt nicht den Anspruch auf Neuheit; und darum gebe ich auch keine Quellen an, weil es mir gleichgültig ist, ob das was ich gedacht habe, vor mir schon ein anderer gedacht hat.

Nur das will ich erwähnen, dass ich den großartigen Werken Freges1 und den Arbeiten meines Freundes Herrn Bertrand Russell2 einen großen Teil der Anregung zu meinen Gedanken schulde.

Wenn diese Arbeit einen Wert hat, so besteht er in Zweierlei. Erstens darin, dass in ihr Gedanken ausgedrückt sind, und dieser Wert wird umso größer sein, je besser die Gedanken ausgedrückt sind. Je mehr der Nagel auf den Kopf getroffen ist. – Hier bin ich mir bewusst, weit hinter dem Möglichen zurückgeblieben zu sein. Einfach darum, weil meine Kraft zur Bewältigung der Aufgabe zu gering ist. – Mögen andere kommen und es besser machen.

Dagegen scheint mir die Wahrheit der hier mitgeteilten Gedanken unantastbar und definitiv. Ich bin also der Meinung, die Probleme im Wesentlichen endgültig gelöst zu haben. Und wenn ich mich hierin nicht irre, so besteht nun der Wert dieser Arbeit zweitens darin, dass sie zeigt, wie wenig damit getan ist, dass diese Probleme gelöst sind.

Wien, 1918.

L. W.

TRACTATUS LOGICO-PHILOSOPHICUS

1 Die Welt ist alles, was der Fall ist. (3)

1.1 Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge.

1.11  Die Welt ist durch die Tatsachen bestimmt und dadurch, dass es alle Tatsachen sind.

1.12  Denn, die Gesamtheit der Tatsachen bestimmt, was der Fall ist und auch, was alles nicht der Fall ist.

1.13  Die Tatsachen im logischen Raum sind die Welt.

1.2 Die Welt zerfällt in Tatsachen.

1.21 Eines kann der Fall sein oder nicht der Fall sein und alles übrige gleich bleiben.

2 Was der Fall ist, die Tatsache, ist das Bestehen von Sachverhalten.

2.01 Der Sachverhalt ist eine Verbindung von Gegenständen. (Sachen, Dingen)

2.011  Es ist dem Ding wesentlich, der Bestandteil eines Sachverhaltes sein zu können.

2.012  In der Logik ist nichts zufällig: Wenn das Ding im Sachverhalt vorkommen kann, so muss die Möglichkeit des Sachverhaltes im Ding bereits präjudiziert sein.

2.0121 Es erschiene gleichsam als Zufall, wenn dem Ding, das allein für sich bestehen könnte, nachträglich eine Sachlage passen würde. Wenn die Dinge in Sachverhalten vorkommen können, so muss dies schon in ihnen liegen.

(Etwas Logisches kann nicht nur-möglich sein. Die Logik handelt von jeder Möglichkeit und alle Möglichkeiten sind ihre Tatsachen.)

Wie wir uns räumliche Gegenstände überhaupt nicht außerhalb des Raumes, zeitliche nicht außerhalb der Zeit denken können, so können wir uns keinen Gegenstand außerhalb der Möglichkeit seiner Verbindung mit anderen denken.

Wenn ich mir den Gegenstand im Verband des Sachverhalts denken kann, so kann ich ihn nicht außerhalb der Möglichkeit dieses Verbandes denken.

2.0122  Das Ding ist selbstständig, insofern es in allen m ö g l i c h e n Sachlagen vorkommen kann, aber diese Form der Selbstständigkeit ist eine Form des Zusammenhangs mit dem Sachverhalt, eine Form der Unselbstständigkeit. (Es ist unmöglich, dass Worte in zwei verschiedenen Weisen auftreten, allein und im Satz.)

2.0123  Wenn ich den Gegenstand kenne, so kenne ich auch sämtliche Möglichkeiten seines Vorkommens in Sachverhalten. (Jede solche Möglichkeit muss in der Natur des Gegenstandes liegen.) Es kann nicht nachträglich eine neue Möglichkeit gefunden werden.

2.01231 Um einen Gegenstand zu kennen, muss ich zwar nicht seine externen – aber ich muss alle seine internen Eigenschaften kennen.

2.0124 Sind alle Gegenstände gegeben, so sind damit auch alle m ö g l i c h e n Sachverhalte gegeben.

2.013 Jedes Ding ist, gleichsam, in einem Raum möglicher Sachverhalte. Diesen Raum kann ich mir leer denken, nicht aber das Ding ohne den Raum.

2.0131 Der räumliche Gegenstand muss im unendlichen Raum liegen. (Der Raumpunkt ist eine Argumentstelle.)

Der Fleck im Gesichtsfeld muss zwar nicht rot sein, aber eine Farbe muss er haben: er hat sozusagen den Farbenraum um sich. Der Ton muss e i n e Höhe haben, der Gegenstand des Tastsinnes eine Härte usw.

2.014 Die Gegenstände enthalten die Möglichkeit aller Sachlagen.

2.0141 Die Möglichkeit seines Vorkommens in Sachverhalten, ist die Form des Gegenstandes.

2.02 Der Gegenstand ist einfach.

2.0201 Jede Aussage über Komplexe lässt sich in eine Aussage über deren Bestandteile und in diejenigen Sätze zerlegen, welche die Komplexe vollständig beschreiben.

2.021 Die Gegenstände bilden die Substanz der Welt. Darum können sie nicht zusammengesetzt sein.

2.0211  Hätte die Welt keine Substanz, so würde, ob ein Satz Sinn hat, davon abhängen, ob ein anderer Satz wahr ist.

2.0212  Es wäre dann unmöglich, ein Bild der Welt (wahr oder falsch) zu entwerfen.

2.022  Es ist offenbar, dass auch eine von der wirklichen noch so verschieden gedachte Welt Etwas – eine Form – mit der wirklichen gemein haben muss.

2.023  Diese feste Form besteht eben aus den Gegenständen.

2.0231  Die Substanz der Welt k a n n nur eine Form und keine materiellen Eigenschaften bestimmen. Denn diese werden erst durch die Sätze dargestellt – erst durch die Konfiguration der Gegenstände gebildet.

2.0232  Beiläufig gesprochen: Die Gegenstände sind farblos.

2.0233  Zwei Gegenstände von der gleichen logischen Form sind – abgesehen von ihren externen Eigenschaften – voneinander nur dadurch unterschieden, dass sie verschieden sind.

2.02331 Entweder ein Ding hat Eigenschaften, die kein anderes hat, dann kann man es ohne Weiteres durch eine Beschreibung aus den anderen herausheben, und darauf hinweisen; oder aber, es gibt mehrere Dinge, die ihre sämtlichen Eigenschaften gemeinsam haben, dann ist es überhaupt unmöglich auf eines von ihnen zu zeigen.

Denn, ist das Ding durch nichts hervorgehoben, so kann ich es nicht hervorheben, denn sonst ist es eben hervorgehoben.

2.024  Die Substanz ist das, was unabhängig von dem was der Fall ist, besteht.

2.025  Sie ist Form und Inhalt.

2.0251 Raum, Zeit und Farbe (Färbigkeit) sind Formen der Gegenstände.

2.026  Nur wenn es Gegenstände gibt, kann es eine feste Form der Welt geben.

2.027  Das Feste, das Bestehende und der Gegenstand sind Eins.

2.0271  Der Gegenstand ist das Feste, Bestehende; die Konfiguration ist das Wechselnde, Unbeständige.

2.0272  Die Konfiguration der Gegenstände bildet den Sachverhalt.

2.03 Im Sachverhalt hängen die Gegenstände ineinander, wie die Glieder einer Kette.

2.031  Im Sachverhalt verhalten sich die Gegenstände in bestimmter Art und Weise zueinander.

2.032  Die Art und Weise, wie die Gegenstände im Sachverhalt zusammenhängen, ist die Struktur des Sachverhaltes.

2.033  Die Form ist die Möglichkeit der Struktur.

2.034  Die Struktur der Tatsache besteht aus den Strukturen der Sachverhalte.

2.04  Die Gesamtheit der bestehenden Sachverhalte ist die Welt.

2.05  Die Gesamtheit der bestehenden Sachverhalte bestimmt auch, welche Sachverhalte nicht bestehen.

2.06  Das Bestehen und Nichtbestehen von Sachverhalten ist die Wirklichkeit. (Das Bestehen von Sachverhalten nennen wir auch eine positive, das Nichtbestehen eine negative Tatsache.)

2.061  Die Sachverhalte sind voneinander unabhängig.

2.062  Aus dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Sachverhaltes kann nicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines anderen geschlossen werden.

2.063  Die gesamte Wirklichkeit ist die Welt.

2.1 Wir machen uns Bilder der Tatsachen.

2.11 Das Bild stellt die Sachlage im logischen Raum, das Bestehen und Nichtbestehen von Sachverhalten vor.

2.12  Das Bild ist ein Modell der Wirklichkeit.

2.13  Den Gegenständen entsprechen im Bild die Elemente des Bildes.

2.131 Die Elemente des Bildes vertreten im Bild die Gegenstände.

2.14 Das Bild besteht darin, dass sich seine Elemente in bestimmter Art und Weise zueinander verhalten.

2.141 Das Bild ist eine Tatsache.

2.15 Dass sich die Elemente des Bildes in bestimmter Art und Weise zueinander verhalten stellt vor, dass sich die Sachen so zueinander verhalten.

Dieser Zusammenhang der Elemente des Bildes heiße seine Struktur und ihre Möglichkeit seine Form der Abbildung.

2.151 Die Form der Abbildung ist die Möglichkeit, dass sich die Dinge so zueinander verhalten, wie die Elemente des Bildes.

2.1511  Das Bild ist s o mit der Wirklichkeit verknüpft; es reicht bis zu ihr.

2.1512  Es ist wie ein Maßstab an die Wirklichkeit angelegt.

2.15121 Nur die äußersten Punkte der Teilstriche b e r ü h r e n den zu messenden Gegenstand.

2.1513  Nach dieser Auffassung gehört also zum Bild auch noch die abbildende Beziehung, die es zum Bild macht.

2.1514  Die abbildende Beziehung besteht aus den Zuordnungen der Elemente des Bildes und der Sachen.

2.1515  Diese Zuordnungen sind gleichsam die Fühler der Bildelemente, mit denen das Bild die Wirklichkeit berührt.

2.16 Die Tatsache muss um Bild zu sein, etwas mit dem Abgebildeten gemeinsam haben.

2.161 In Bild und Abgebildetem muss etwas identisch sein, damit das eine überhaupt ein Bild des anderen sein kann.