Träume leben - Werner Leippold - E-Book

Träume leben E-Book

Werner Leippold

0,0

Beschreibung

Träume leben - ist eine Sammlung von Geschichten, die auf subjektiven Beobachtungen nach dem Phänomen 'Zeitzeuge' basieren: "Ich bin mir ziemlich sicher, ... aber vielleicht ...". Sicher ist dagegen, dass Andalusien und Flamenco in einem Atemzug zu nennen sind. Beide sind Emotion pur. In jeder Sequenz. Der Ursprung ist multikulturell, genauso wie die Community im B.C. Wer sich an diesem Ort länger aufhält, spürt bald einen besonderen 'Spirit'. Verbirgt sich dahinter eine Kraft, die Berge versetzen kann und Träume leben lässt? Ich bin mir sicher: Ja.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 93

Veröffentlichungsjahr: 2018

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Der Spirit

Lerchen

Ein Traum

Afrika in Sicht

Gier frisst Hirn

Flow

Gesagt, getan

Real

Hola

Birdie

Perspektivwechsel

N.I.E.

Kindergeburtstag

Blackout

Ama de Casa

Sandburgen

Essentiell

Gegensätze

Schirmallergien

Monsignore

Agility

Könner

Meisterschaft

Gesucht, gefunden

Maitre de Cuisine

Verzweiflung pur

BSE und mehr

Mein Traum lebt

Kapitel 1: Der Spirit

Auf den Untertitel‚The Spirit of B.C.’ hat mich eine Lady aus London gebracht. ‚Healer’ stand auf ihrer Visitenkarte. Ich habe sie vor einiger Zeit in Andalusien kennen gelernt. Purer Zufall? Ich persönlich glaube nicht mehr an Zufälle, seitdem ich verstanden habe, dass Zufall genau das ist, was einem zu-fällt. Wie dem auch sei, die Lady und ich haben nur kurz miteinander gesprochen. Es war ein bemerkenswerter Tag. Warum? Weil ab diesem Tag das Leben mich reichlich beschenkt. Man könnte auch sagen, es fällt mir zu, wird mir sozusagen auf einem goldenen Tablett serviert. Ich muss es nur sehen und annehmen. So viel zunächst zum Ursprung dieser Geschichtensammlung, die im Übrigen chronologisch geordnet ist.

Ein neugieriger Mensch möchte nun natürlich mehr darüber erfahren. Das verstehe ich. Okay. Ich mache dich gerne mit unserer Community vertraut. Die B.C.-Community besteht einerseits aus ganz normalen Menschen, wie du und ich, andererseits aber auch aus ganz anderen, aus meiner Sicht ganz besonderen. Keine Sorge, unser ‚Spirit’ hat mit Scientology oder ähnlichen Glaubensgemeinschaften nichts am Hut. Eines steht auf jeden Fall für mich fest: Unser ‚Spirit’ ist lebendig. Er ist kein Fossil vergangener Zeiten. Obwohl er seit 1988 bestimmt eine Menge miterlebt hat. Der Franke würde sagen: „Do geht immer woas. Wia im Daubenschloag’. Und zwar unabhängig von Geschlecht, Alter, Nationalität und Migrationshintergrund.

Kommen wir nun zu dem ersten Buchstaben, dem ‚B’. Das ist der Anfangsbuchstaben von ‚Birdie’. Dieses Wort kommt aus dem Englischen und heißt so viel wie ‚Vögelchen’. Der oben zitierte Franke scheint auf den ersten Blick ganz richtig zu liegen, denn seine ‚Dauben’, können fliegen. Andererseits ist ‚Birdie’ aber auch ein Begriff aus dem ABC des Golfsports und bedeutet, dass man ‚eins unter Par’ abschließt, wobei Par die Vorgabe für die entsprechende Golfbahn darstellt. Für den Nicht-Golfer sollte das reichen. Und für den Golf-Fan ist das ohnehin bekannt. Darüberhinaus ist laut Dr. Google ‚Birdie’ der Name einer jüngeren Bar in München. Dies jedoch nur der Vollständigkeit halber.

Das ‚C.’ steht für Club einschließlich des dazugehörigen, burgähnlichen Gebäudekomplexes mit Türmen und unzähligen Schornsteinen. Und so ein richtiger Club hat natürlich einen gewählten Vorstand, der bei uns ‚Präsident’ heißt. Wir haben aber auch einen TV-Club, dem jedoch nicht alle beigetreten sind. Für mich nicht leicht nachvollziehbar. Aber, selbst in einem vereinten Europa ticken die Uhren von Alpenländlern, Nordlichtern und Südeuropäern manchmal sehr asynchron. Komplizierter ist es auch mit dem ‚Spirit’, da dieser per se nicht so leicht fassbar ist. Ist eigentlich klar, denn jede Geisteshaltung bzw. jeder Geist, selbst der in der Flasche, ist nicht wirklich zu fassen. Dagegen kann er uns sehr wohl packen. Dann wird es meist schwer, sich ihm zu entziehen oder gar gänzlich zu entkommen.

Die Geschichten sind in der Ich-Form geschrieben, aus meinem ganz speziellen Blickwinkel. Warum? Weil das Spüren, Empfinden, Wahrnehmen eines Spirits etwas zutiefst Subjektives ist. Falls beim Lesen meiner Geschichten allerdings Parallelen zum eigenen Leben aufkommen sollten, könnte dies ein Zeichen des ‚Spirits’ sein. Aber, wie bereits gesagt, es könnte sein.

An den zwischen 2009 und 2016 von meinem ‚Alter Ego’ Stem Paulson geschriebenen Geschichten gebührt jeweils einer ganz besonderen Person die Miturheberschaft. Aus Gründen des Datenschutzes müssen Namen natürlich anonym bleiben. Ich habe die Geschichten dieses Jahr überarbeitet, da in der Zeit nach 2016 eine Menge in unserer Community passiert ist. Auch bei uns scheint mittlerweile die Beschleunigung einzukehren, zumindest was die Verweildauer der Nestbewohner anbelangt. Der eingangs erwähnte Zeitgenosse aus Franken lag genau richtig mit seiner Vermutung: „Do geht immer woas. Wia im Daubenschloag’. Bei uns herrscht wirklich ein Kommen und Gehen. Wie im richtigen Leben.

Ach ja, gegenüber der ersten Auflage habe ich noch einige Bilder eingefügt.

Und nun viel Vergnügen beim Lesen und Betrachten.

Werner Leippold

Im November 2018

Kapitel 2: Lerchen

Als bekennender Bewegungsenthusiast renne ich früh am Morgen über den knöcheltiefen Sand der Costa Bella, begleitet von einem gleichförmigen Rauschen der Wellen. Nach einem kurzen Blick auf die Uhr steigere ich das Tempo. Es gibt auch heute nur eine Richtung: Nach vorne. Vereinzelt spüre ich Blicke von badenden Frühaufstehern, teils gelangweilt, teils mit völligen Unverständnis. „So ein Irrer“, vernehme ich von hinten. Irgendwann bremse ich doch ab und checke meine Polaruhr. Es passt. Warum ich mich in diesem Moment an einen meiner Marathonläufe erinnere? Keine Ahnung. Es geschah damals jedenfalls an einem sehr warmen Tag im April, ungewöhnlich für diese Jahreszeit.

Strammen Schrittes geht es weiter. Ich ziehe mein triefendes Hemd über den Kopf, ohne dabei Sonnenbrille und Baseballmütze abzunehmen, verknote es an meinem Gürtel, und laufe dann wieder los. Erst gemächlichen Schrittes, dann mit deutlich gesteigertem Tempo. Ich nähere mich dem Nikki-Beach, wo um diese Uhrzeit noch nicht allzu viel los ist. Außer ein paar Sonnenanbeterinnen, zwei muskelbepackten Fitnessfreaks und einigen Sunbed-Rückern herrscht gähnende Leere in der Arena. Ich nehme davon jedoch so gut wie keine Notiz, erreiche bald das Ende der sandigen Rennbahn, erklimme einige Stufen und verschwinde um die Ecke. Mein Gefühl sagt mir, es läuft.

Zurück im Hotel geht es direkt unter die Dusche. Danach suche ich meine morgendlichen Lieblingsplatz auf und bilde mich weiter, die WELT am SONNTAG in den Händen haltend. Warum ich am Immobilienteil Ausland hängen bleibe? Keine Ahnung. Einfach nur so. Mein Auge klebt plötzlich an einer kleinen, unauffälligen Anzeige: „Notverkauf. ... Weitere Infos unter Telefonnummer ...“. „Hä? Notverkauf?“ durchzuckt es mich. „Soll ich diese Nummer in Deutschland anrufen und fragen, ob man sich das in den nächsten Tagen mal ansehen kann?“

Eine gefühlte Ewigkeit später bewege ich mich gemächlichen Schrittes aus Richtung Toilette, frage mich im Türrahmen stehend: „Warum eigentlich nicht? Andererseits, willst du dich wirklich an einen festen Ort binden?“ „Gemach, gemach“, beruhige ich mich, „ist doch nur eine fixe Idee.“ „Das ist mir schon klar“, grummele ich vor mich hin und mache mich auf die Suche nach meinem Handy.

Ich gehe zurück auf die Toilette, greife mir den Immobilienteil und lese gedankenverloren immer wieder diese kleine Anzeige. Plötzlich höre ich wie von einem anderen Stern kommend: „Guten Tag, Paulson hier, mit wem spreche ich bitte?“ ... „Fläche? ... Ach so, entschuldigen Sie bitte, die Leitung ... Ja, ja ... Also, ich habe ihre Anzeige in der Welt gelesen. ... Das wäre schön. ... Wo soll ich mich melden? ... Wie war der Name noch mal? ... Ingles? ... Ohne ‚G wie Gustav’? ... Ist in Ordnung. Also diese Frau hat die Schlüssel zu dem Appartement? ... Haben Sie zufällig die Telefonnummer parat? ... Bitte etwas langsamer, ich schreibe mit: 0034 95... . ... Gut. Und wann kann ich dort anrufen? ... Jederzeit? ... Das ist ja prima. Danke für die Auskunft. Und entschuldigen Sie bitte die Störung so früh am Morgen. ...Ja, ja, Ihnen auch. Sie hören von mir.“ „Sag mal“, ermahnt mich mein Gewissen, „was war denn das für eine Aktion? Warum musst du immer solche Dinge aus dem Bauch heraus machen?“

„Was ein schöner Tag. Wer hätte das gestern gedacht?“ Ich blicke gen Himmel, weile nirgendwo mit meinen Gedanken, bis diese wieder zu dieser Anzeige springen. In diesem Moment habe ich wirklich nicht die geringste Vermutung, was sich daraus entwickeln sollte. Auf jeden Fall hatte mich irgendetwas gepackt. Was, konnte ich nicht wissen. Aber ich ortete ein verdammt gutes Gefühl.

Gefühle am Morgen sind je nach persönlicher Taktung eine ganz besondere Sache. Die Lerche ist meist früh und hellwach unterwegs. Die Eule sieht um die gleiche Zeit die Welt etwas anders und fühlt dementsprechend auch. Demzufolge ist mir nun klar, wie mein persönlicher Tages-/Nachtrhythmus aussieht. Eigentlich hatte ich mich bisher ganz anders eingeschätzt. Als Student lernte ich überwiegend nachts. Klar, tagsüber hieß es Geld verdienen. Als Familienvater kam ich meist erst spät ins Bett, galt es doch den Nachwuchs mit Gute-Nacht-Geschichten zu versorgen, und anschließend sich noch etwas Zeit für die Ehefrau zu nehmen. Was sein muss, muss sein. Es waren mehr äußere Umstände gewesen, die meinen Tages-/Nachtrhythmus bestimmten, nicht meine originären Bedürfnisse. So viel dazu. Auf jeden Fall brachte dieser Morgen meine Gefühlswelt nicht nur in Bewegung, nein, er verschaffte mir darüberhinaus noch einen nicht zu unterschätzenden Erkenntnisgewinn für meine Persönlichkeits-Entwicklung.

Mein ganz besonderer Dank dafür gebührt der Dame mit der Anzeige in der WELT.

PS: Was nehme ich aus der Geschichte mit? Erstens, achte darauf, was du in entspannten Momenten in die Hand nimmst und liest. Zweitens, lass dich nicht von äußeren Umständen in die Irre führen. Und drittens: Ich zähle zu den Lerche..

Kapitel 3: Ein Traum

Manche Geschichte hat einen längeren Vorspann. Diese sogar einen sehr langen. Dass ich irgendwann einmal in die Fussstapfen meines Vaters treten sollte, er war ein begnadeter Schreiber von Gedichten, Reimen und Reden, ist für mich ein Beleg dafür, dass es keinen Zufall gibt. Vielleicht liegt es aber auch mit an der jod- und ozonhaltigen Luft hier, dass mir, so ganz aus dem Nichts, auf der Sonnenliege nachfolgende Zeilen zu-fielen:

„Einst als Student ich nach Andalusien wollte,

Sand, Sonne, Kultur, doch der Käfer schmollte.

Ich sprach ihm gut zu, zwei Liter Öl als Bonus,

zu Franco war’s weit, die Kiste da hin muss.

Der Koffer klein, das Budget äußerst eng,

alles lief bestens, bis es macht peng.

Ein Schlauch geplatzt, das Auto demoliert,

die Insassen bleich, und die Finanzen ruiniert.

Die Polizei war schnell, die Guardia Civil,

mit dem Knüppel in der Hand, sie redete nicht viel.

Meine Erklärung, sie nicht wirklich interessierte,

dafür den Lappen, die Pässe sie einkassierte.

Drei Tage war Zeit zum Überlegen,

dann kam die Rettung, was für ein Segen.

Ein Telex der Botschaft, ich wurde entlassen,

das reichte aus, fortan Diktaturen zu hassen.

Die Stimmung war übel, die Pesos rar,

ich schlich dahin, Richtung Gibraltar.

La Heradura, das war dann die Wendung,

ein kleines Fischerdorf, wie in Vollendung.

Am Strand eine Kneipe, wurd mein Quartier,

ich jobte tagsüber, für Brot und für Bier.

Ein Hütte mit Stroh, raus die Matratzen,

was ein Leben, unterm Sternenhimmel zu ratzen.

Der Besitzer, ein Schwede, mit brauner Perle,

ein cleverer Typ, engagierte mich gerne.

Brutto gleich netto, und das auf die Hand,

könnt einem rauben, den Rest an Verstand.

Wasserski, Tennis, ich lehrte den Gästen,

konnte dabei auch die Frauenwelt testen.

Ob Engländer, Deutsche oder Franzosen,

nahte die Abreise, ging’s ganz ohne Rosen.

Yo te quiero, corazon y dolores,

statt ewigem Uni-Stress mit Professores.

Das Leben ganz leicht, ohne Eile und Sorgen,

es gibt nur das Heute, und morgen ist morgen.

Oberhalb des Strandes, ein Haus mit Turm,

warum bin ich nur ein mitteloser Wurm?

Mit Blick übers Meer, Afrika in Sicht,

die Ewigkeit nah, die Sonne, sie sticht.

Der Tag der Entscheidung, er musste kommen,

ich sitze im Auto, ziemlich benommen.

Das Hirn hat gesiegt, doch groß war der Schmerz,