Umgestaltungen in der St. Nicolauskirche 1938 und 2022 - Uwe Gleßmer - E-Book

Umgestaltungen in der St. Nicolauskirche 1938 und 2022 E-Book

Uwe Gleßmer

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Beschreibung

Nach Heraustrennung und Translozierung der Altarraum-Wand zum neuen Gedenk- und Lernort ist eine zentrale Szene sehr gut und neu erkennbar: auf der Ebene der Betrachtenden ist Heinrich Matthias Sengelmann (1821-1899) zu sehen. Er hatte 1863 die "Alsterdorfer Anstalten" gegründet. Um ihn herum sind vier weitere Personen zu sehen: seine erste Frau Adele (1826-1858) mit dem Sohn Gustav (1849-1850). Der frühe Tod der beiden ist vor der Gründung der Anstalten erfolgt. Im Bild ist für Sengelmann diese Zeit, die bei der Gründung hinter ihm lag, auch durch die Position beider erkennbar gemacht. Noch mit Adele wurde 1850 im Pfarrhaus in Moorfleth eine Arbeitsschule begonnen, die später als St. Nikolai-Stift am Alsterlauf ihren neuen Ort fand. Erst nach der Heirat 1859 mit seiner zweiten Frau Jane Elisabeth (= Jenny, 1831-1913) folgte dann der Landkauf für die Gründung. 1863 ziehen in das neu gebaute Haus "Schönbrunn" die ersten Zöglinge ein. Darunter ist auch Carl Koops (1848-1893), wohl der Junge neben dem Gründer. Durch ihn war Sengelmann auf das besondere Elend aufmerksam geworden, das im Bereich seiner ehemaligen Stadt-Gemeinde um den Hamburger Michel herum herrschte. Das Jubiläum 1938 und das Wandbild kann die Anfänge des langen Wegs vor Augen führen, der die kinderlosen Sengelmann-Familien zu ihrem Engagement brachte: dass "Vater Sengelmann" und Jenny (auch nach seinem Tod) sich um ihre schnell wachsende neue "Anstalts-Familie" kümmerten. Diese Szene der Sengelmann-Familien ist in Entsprechung zu den Kreuzes-Zeugen auf der anderen Seite des Wandbildes gedacht. Auch sie stellt dar, wie die Anfänge der Alsterdorfer Geschichte vom lange zurückliegenden Anfang zu verstehen sind. Unter dem Kreuz des erhöhten Christus hat begonnen, was Vater Sengelmann mit den Worten beschrieb: "Die Liebe Christi dringet uns also!" Diejenigen, die sich bewusst in diese Reihe einordnen, verstehen sich als "Gemeinschaft der Heiligen". Sie tragen die Liebe Christi weiter: als Boten um den Altar werden sie durch den guten Geist und die hintergründigen himmlischen Mächte gestärkt, um für andere Lasten zu tragen. Unter dem Wandbild erinnern am Altaraufsatz fünf Bilder an die gefeierten christlichen Festtage. Der Anfang der Gemeinden wird durch die Gabe des Geistes beim Pfingstfest symbolisiert. Besonders beim Altar erfuhren die ehemals dort Versammelten immer wieder neu, dass der von Jesus Christus herkommende gute Geist sie stärken kann. - Diese Bilder gehören zur Gesamtkonzeption.

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Zum Inhalt:

Nach Heraustrennung und Translozierung der Altarraum-Wand zum neuen Gedenk- und Lernort ist eine zentrale Szene sehr gut und neu erkennbar: auf der Ebene der Betrachtenden ist Heinrich Matthias Sengelmann (1821-1899) zu sehen. Er hatte 1863 die "Alsterdorfer Anstalten" gegründet. Um ihn herum sind vier weitere Personen zu sehen, die ebenfalls mit der Gründung etwas zu tun haben: nämlich indirekt seine erste Frau Adele (geb. von Saß, 1826-1858) mit dem Sohn Gustav (1849-1850).

Das Jubiläum 1938 und das Wandbild kann die Anfänge des langen Wegs vor Augen führen, der die kinderlosen Sengelmann-Familien zu ihrem Engagement brachte: dass "Vater Sengelmann" und Jenny (auch nach seinem Tod) sich um ihre schnell wachsende neue "Anstalts-Familie" kümmerten.

Diese Szene der Sengelmann-Familien ist in Entsprechung zu den Kreuzes-Zeugen auf der anderen Seite des Wandbildes gedacht. Auch sie stellt dar, wie die Anfänge der Alsterdorfer Geschichte vom lange zurückliegenden Anfang zu verstehen sind. Unter dem Kreuz des erhöhten Christus hat begonnen, was Vater Sengelmann mit den Worten beschrieb: „Die Liebe Christi dringet uns also!“ Diejenigen, die sich bewusst in diese Reihe einordnen, verstehen sich als „Gemeinschaft der Heiligen“. Sie tragen die Liebe Christi weiter: als Boten um den Altar werden sie durch den guten Geist und die hintergründigen himmlischen Mächte gestärkt, um für andere Lasten zu tragen.

Unter dem Wandbild erinnern am Altaraufsatz fünf Bilder an die christlichen Festtage. Der Anfang der Gemeinden wird durch die Gabe des Geistes beim Pfingstfest symbolisiert. Besonders beim Altar erfuhren die ehemals dort Versammelten immer wieder neu, dass der von Jesus Christus herkommende gute Geist sie stärken kann. – Da diese Bilder ursprünglich als erklärende Ergänzung zum Wandbild gehörten, werden sie hier mit Erläuterungen als Fotos präsentiert.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1.1 Zum Verständnis des Umbaus/Renovierung von 1938

1.2 Zu den Buch-Veröffentlichungen

Beitrag für die „Evangelischen Stimmen“

2.1 Zwei Altarraum-Umgestaltungen in der St. Nicolauskirche

2.2 Die fünf Kupfertreibarbeiten von Eva Dittrich

2.3 Die Entfernung des gemauerten Altars

2.4 Erzählbare Szenen der 75jährigen Anstaltsgeschichte

2.5 Die Besucherin aus den USA am Lern- und Gedenkort

Dokumentationen

3.1 „Briefe und Bilder – Jubiläumsbericht“ von 1938

3.1.1 Das Weihnachtsbild von Eva Dittrich

3.1.2 Fotos vom Innenraum von Otto Rheinländer

3.1.3 Zur Renovierung der St. Nicolauskirche

3.1.4 Die Einweihungspredigt vom 19.10.1938

3.2 Alle fünf Kupfertreibarbeiten von Eva Dittrich

3.2.1 Jesu Einzug in Jerusalem

3.2.2 Das Weihnachtsbild

3.2.3 Das Osterbild

3.2.4 Himmelfahrt

3.2.5 Pfingsten

Abkürzungen, Archivalien und Kurztitel / Literatur

4.1 Abkürzungen

4.2 Archivalien

4.3 Kurztitel und Literatur

Zu den Autoren

1 Vorwort

Mit dem vorliegenden Heft möchten wir einen Beitrag zum „Gedenk- und Lernort“ bei der Kirche St. Nicolaus in Hamburg-Alsterdorf leisten. Dieser Ort ist in seiner jetzigen Gestaltung mit Informationstafeln versehen, die besonders denjenigen gewidmet sind, die ab 1940 Opfer der sogenannten „Euthanasie“ wurden. Die ehemaligen Alsterdorfer Anstalten haben diese NS-Mordaktionen nicht verhindert. Vielmehr sind ehemalige „Pflegebefohlene“ in andere Anstalten verlegt und dort zu Tode gebracht worden. Die Bilder und Namen von 538 direkt betroffenen Menschen geben Anlass, darüber nachzudenken, wie es zu diesem Unrechtsgeschehen kommen konnte.

Die Informationstafeln des Gedenk- und Lernortes sind um das Zentrum der ehemalige Rückwand der Kirche gruppiert. Sie wurde 2021 bis 2022 aus dem Altarraum herausgetrennt und mit der gedrehten früheren Innenseite in einem „Beton-Trog“ aufgerichtet. So können die Betrachtenden etwa von der Mitte der Bildhöhe das wandfüllende ehemalige Altarraum-Bild betrachten. Dazu gibt es auch bei den Informationstafeln eine schematische Darstellung von einigen Details dieses Bildes.

Foto: Isabel Huster

Diese Informationsauswahl beruht auf einer Deutung, die dringend eine Ergänzung benötigt. Das betrifft vor allem die mit den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Personen rechts unterhalb vom Kreuz. So soll die mit Nr. 5 näher bestimmte Person zwar vermutlich Jenny Sengelmann (geb. von Ahsen; 1831-1913) darstellen. Sie ist aber nicht „die“ Ehefrau von Pastor Heinrich Matthias Sengelmann (Nr. 3; 1821-1899), sondern seine zweite Frau. Seine erste Frau Adele (geb. von Saß; 1826-1858) war gestorben, bevor Sengelmann die Grundlagen für die Alsterdorfer Anstalten 1863 legte. Deshalb ist sie wohl mit seinem ebenfalls früh verstorbenen leiblichen Sohn, Gustav Sengelmann (1849-1850) hinter Sengelmann abgebildet (Nr. 1 und 2). Der unter Nr. 4 erwähnte erste Bewohner, Carl Koops (1848-1893), wird an Sengelmanns Seite dargestellt. Carl gehört zur Gründungsgeschichte der AA. Er erfuhr die persönliche Zuwendung von Sengelmann1 und seiner zweiten Ehefrau - auch ab 1863 in ihrer entstehenden „Alsterdorfer Familie“.

Solche Informationen – etwa zum Kind und der Mutter, der der Engel Gabriel Trost zuspricht – sind eigentlich durch die zur Einweihung erhaltenen Informationen und die Ansprache vom 19.10.1938 im „Jubiläumsbericht“ zugänglich. Doch bleibt auch der weitere Zusammenhang mit dem Jubiläum für die Deutung des Altarbildes ohne eine erklärende Grundlage. Diese Informations-Lücke soll mit diesem Heft verringert werden.

Natürlich gibt es verschiedene Blickwinkel, aus denen Kunstwerke betrachtet werden können. So entstehen z.T. ganz unterschiedliche Deutungen. Das ist ganz normal. Wir fragen nach der Bedeutung, die das Bild zur Zeit seiner Entstehung wohl für damalige Menschen gehabt haben wird. Denn die Zeit des 75jährigen Jubiläums ist es, die gefeiert wurde. 75 Jahre zuvor, 1863, wurde das Fachwerkhaus „Schönbrunn“, neben dem später die Kirche gebaut wurde, zur ersten „Anstalt“, wie man damals sagte. Als neuer Wohnort für die ersten vier Jungen war das Haus auf dem neu gekauften ländlichen Gebiet in Alsterdorf gebaut worden. „Schönbrunn“ wurde es wegen des frischen Wassers genannt, das ärmere Stadt-Kinder aus den engen Gassen um die Michaelis-Kirche kaum kannten.

Erst 25 Jahre nach dem Bau von „Schönbrunn“ begannen die Vorbereitungen für den Bau der Kirche, die 1889 fertiggestellt wurde. Und noch einmal ca. 50 Jahre später fand das 75jährige Fest zur Gründung der Anstalten statt. Dazu war die Renovierung der Kirche 1938 wie ein Festtags-Geschenk gedacht – und der Ersatz des Fensters durch ein Wandbild als Erzähl-Hilfe für die Geschichte der Anstalten.

1.1 Zum Verständnis des Umbaus/Renovierung von 1938

Von dieser Renovierung her blicken wir auch auf das damit verbundene Bild. Denn wir haben ab 2014 versucht, mehr über die beiden Architekten Bernhard Hopp und Rudolf Jäger herauszufinden, die die Umgestaltung vorgenommen haben. Leider war die „Startposition“ für die Suche nach Einzelheiten sehr schmal. Sie bestand nämlich zuerst nur aus genau einer Zeile mit dem Texteintrag

„1938 St. Nicolaus Alsterdorf“.

Sie stand in einer Liste, die für die beiden Architekten möglichst alle von ihnen ausgeführten Bauten nennen sollte. Beide hatten sich ab 1934 besonders um Kirchbau bemüht. Das war in der damals beginnenden Zeit der Herrschaft der