Zur Biografie von Pastor Christian Boeck  (1875-1964) - Uwe Gleßmer - E-Book

Zur Biografie von Pastor Christian Boeck (1875-1964) E-Book

Uwe Gleßmer

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Beschreibung

Pastor Christian Boeck begann in der Kaiserzeit seinen Dienst als Pastor. Er hat insgesamt während seiner Lebenszeit (1875-1964) die sich wandelnden politischen und kirchlichen Bedingungen durch vier verschiedene deutsche Staatsformen erlebt. Nicht nur in seinem beruflichen Lebensbereich ist er durch die damit verbundenen Umbrüche geprägt worden. - Auch sein Wirken in und für die Fehrs-Gilde hat sich in den sich wandelnden Konstellationen verändert. In beiden Tätigkeitsfeldern hat er selbst wiederum prägenden Einfluss genommen und über Jahrzehnte bis ins hohe Alter gewirkt. Dabei sind ihm viele Ehrungen zuteil geworden - wie u.a. das Bundesverdienstkreuz sowie die Benennung eines Weges vor dem markanten Wellingsbütteler Torhaus als 'Christian-Boeck-Allee'. Das Buch schildert die biografischen Stationen Boecks: die privaten, die beruflichen, vor allem aber auch die auf dem Gebiet seines Engagements für die Fehrs-Gilde und die Förderung der niederdeutschen Literatur.

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Zum Inhalt:

Pastor Christian Boeck begann in der Kaiserzeit seinen Dienst als Pastor. Er hat insgesamt während seiner Lebenszeit (1875-1964) die sich wandelnden politischen und kirchlichen Bedingungen durch vier verschiedene deutsche Staatsformen erlebt. Nicht nur in seinem beruflichen Lebensbereich ist er durch die damit verbundenen Umbrüche geprägt worden. – Auch sein Wirken in und für die Fehrs-Gilde hat sich in den sich wandelnden Konstellationen verändert.

In beiden Tätigkeitsfeldern hat er selbst wiederum prägenden Einfluss genommen und über Jahrzehnte bis ins hohe Alter gewirkt. Dabei sind ihm viele Ehrungen zuteil geworden – wie u.a. das Bundesverdienstkreuz sowie die Benennung eines Weges vor dem markanten Wellingsbütteler Torhaus als 'Christian-Boeck-Allee'. Das Buch schildert die biografischen Stationen Boecks: die privaten, die beruflichen, vor allem aber auch die auf dem Gebiet seines Engagements für die Fehrs-Gilde und die Förderung der niederdeutschen Literatur.

Uwe Gleßmer

in Zusammenarbeit mit Marianne Ehlers

herausgegeben von der Fehrs-Gilde

Wir danken posthum Eckhard Dose für die Zuwendung,

die das Erarbeiten und Erscheinen dieser Biografie

zusammen mit der Fehrs-Gilde möglich gemacht hat.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort und Kontext der Rückfrage

1.1 Das Geschichtsprojekt der Gemeinde Wellingsbüttel

1.2 Das Boeck-Archiv aus dem Wellingsbütteler Torhaus

1.3 Erschließung weiterer Materialien

Zur Gliederung des Materials

2.1 Zur (Be-)Deutung des Materials über Boeck

2.2 Kirchliche Bemühungen zum Lernen aus Geschichte

2.3 Boecks Wirkung für die Fehrs-Überlieferung

3 Zur Person Christian Boeck

3.1 Eltern – Familie

3.2 Erziehung

3.3 Studium und Vikariat

3.4 Heirat

Berufliche Stationen von Pastor Boeck

4.1 Beginn in Kappeln und Kiel

4.2 Bergstedt

4.3 Gemeindepastor in Bramfeld 1907/8-1933

4.4 Hilfsgeistlicher für den Bezirk Wellingsbüttel 1933-1938

4.4.1 Kirchenpolitischer Kontext

4.4.2 Wohnort in der Wald(ing)straße 39

4.4.3 Kooperation mit der politischen Gemeinde

4.4.4 Bau der Lutherkirche

4.4.5 Kontakt zu Nachbargemeinden

4.4.6 Führung der Kirchengemeinde zur Selbstständigkeit

4.5 Boeck als ‚Altenteiler‘ in Wellingsbüttel 1938-1964

Boecks außerberufliche Aktivitäten: die Fehrs-Gilde

5.1 Literarische Aktivitäten in den ersten Amtsjahren

5.2 Johann Hinrich Fehrs und die Fehrs-Gilde

5.3 Boecks Weg zu J.H. Fehrs

5.4 Die Gründung der Fehrs-Gilde

5.5 Selbstverständnis der Fehrs-Gilde vor 1945

5.5.1 Veröffentlichungen vor 1933

5.5.2 Veröffentlichungen zwischen 1933 – 1945

5.5.3 „Plattdütsche Reden rutgeben vun de Fehrs-Gill“, 1935

5.5.4 1938 und der 100. Fehrs-Geburtstag

5.5.5 1938/39 Boeck als Vorsitzender

5.5.6 Johann-Hinrich-Fehrs-Preis

Die letzten Jahre von Pastor Christian Boeck

6.1 Öffentliche Ehrungen

6.1.1 1955 Das Bundes-Verdienstkreuz für den 80-Jährigen

6.1.2 1957 Die Goldene Hochzeit

6.1.3 1960 Ehrungen zum 85. Geburtstag

6.1.4 1962 Joost van den Vondel-Preis

6.2 Frau Ulrich und die Fehrs-Gilde in Wellingsbüttel

6.3 Trauerfeier in Bergstedt durch die Fehrs-Gilde

6.3.1 Ehrungen des Verstorbenen

Publikationen von Christian Boeck

7.1 1905 Von der neuen Kultur

7.2 1906 Carlyle und Goethe

7.3 1906-1908 Erste Veröffentlichungen zu J.H. Fehrs

7.4 1907 Religion und Reaktion

7.5 1907 Das dichterische Schaffen

7.6 1908 Johann Hinrich Fehrs

7.7 1908 Die Organisation des … Überweisungsverkehrs

7.8 1909 „Die Unbeschränkte Haftpflicht“

7.9 1910 „Schopenhauer und das geniale Schaffen“

7.10 1911 Salon-Feuilleton „David Hume“

7.11 1912 Rezensionen „Ich glaube“ und „Hellenisierung“

7.12 1913 Philosophie als Kunst

7.13 1913: Zu Fehrs 75. Geburtstag

7.14 1916 Grabrede

7.15 1919f „Schleiermachers vaterländisches Wirken 1806-1813“

7.16 1920 Klaus Groths Briefe an Leonhard Selle

7.17 1922 Von Groth zu Fehrs

7.18 1924 Mehrere Beiträge zu Fehrs

7.19 1925 Kritische Selbsthilfe

7.20 1925 Niederdeutsche Dichter und Denker

7.21 1925-1927 Kleinere ‚Fehrs-Bekanntmachungen‘

7.22 1926 Entwurf zu einem plattdeutschen Gesangbuch

7.23 1928 Was ist niederdeutsch?

7.24 1929 Ein Dichter nordischer Art

7.25 1930ff Fehrs-Propaganda

7.26 1934f Das unbekannte Niederdeutschland

7.27 1935 „Plattdütsche Reden“

7.28 1935ff Norddeutsche Nachrichten

7.29 1936 „Niederdeutsche Balladen“

7.30 1938 Wellingsbütteler Urkunden I / 1947 Kurzer Abriß / 1951 Urkunden und Texte, Heft II

7.31 1938ff Mehrere Aufsätze zum 100. Fehrs-Geburtstag

7.32 1939 Voraussetzungen des Kirchenbaus

7.33 1949 Zum neuen Anfang

7.34 1959 Erinnerungen an Johann Hinrich Fehrs

7.35 1964 15 Jahre Verlag der Fehrs-Gilde

Schlussbetrachtung zum Rekonstruktions-Puzzle

8.1 Theologische Positionen des Pastor Boeck

8.2 Politisches und außerberufliches Engagement

8.2.1 Beitrag zur niederdeutschen Sprachpflege

8.3 Vorläufige Rekonstruktion aus Puzzle-Teilen

Kurztitel- und Literaturverzeichnis

Anhang mit dokumentarischen Materialien

10.1 Gespräche mit G. Hoffmann (24. und 31.3.2014)

10.2 Louise (geb. Boeck): „Aus unseren Kindertagen“

10.3 Grabrede für J.H. Fehrs 20.8.1916

10.4 Antrittspredigt in Wellingsbüttel vom 10.12.1933

10.5 Kirchweih-Predigt vom 28.11.1937

10.6 Abschiedspredigt 1938

10.7 Dank Boecks für die Festschrift der Fehrs-Gilde 1960

10.8 Plattdüütscher Gottesdeenst to’n Affscheed

10.9 Das Gemeinde-Blatt (1933 – 1941)

Abkürzungen, Archivalien und Indices zu Themen, Orten und Personen

11.1 Abkürzungen

11.2 Archivalien

11.3 Themen-Index

11.4 Orts- und Straßennamen-Index

11.5 Personen-Index

Danksagungen

Das Zustandekommen dieses Buches ist durch vielerlei Unterstützungen möglich gewesen, die gar nicht alle ausdrücklich genannt werden können. Es sollen jedoch ausgewählt einige Personen und Institutionen aufgeführt werden, die in besonderer Weise dazu beigetragen haben, dass ich mich an das Unternehmen herangewagt habe, einen Beitrag zur Biografie für einen derartigen ‚Vielschreiber‘ wie Christian Boeck zu verfassen.

Kay Dohnke ist zuerst zu nennen: per Mail hat er – als besonderer Kenner auch der Boeck’schen Schriften zu Fehrs – Mut gemacht, im Blick auf Boeck zu versuchen, „die Vielschichtigkeit von menschlichem Verhalten zu verstehen“.1 Als weiterer Boeck-Spezialist ist Dr. Gustav Hoffmann zu erwähnen, der mir von seinen persönlichen Erlebnissen mit seinem älteren Freund und Hausgenossen berichtet hat.

Unterstützend tätig gewesen ist u.a. durch die Aufnahme des Boeck- und Fehrs-Gilde-Nachlasses in das Landesarchiv Schleswig-Holstein Prof. Dr. Dr. Rainer Hering ebenso, wie ohne den unkomplizierten Zugang der Archive der Kirchengemeinden Bramfeld und Wellingsbüttel sowie des Kirchenkreisarchivs HH-Ost das Studium von Archivalien ungleich schwieriger wäre. Auch durch die digitalen Kopien aus dem Kreisarchiv und aus dem Kreismuseums Itzehoe waren wesentlche Dokumente verfügbar. Das Landeskirchliche Archiv Kiel (LKAK) schließlich hat Einblick und Kopien aus der Personalakte des Pastors ermöglicht.

Frau A. Wittenborg hat mit dem Zugang zum Original „Wellingsbüttel Heimatbuch“ von G. Matthiessen eine seit 2009 betriebene Suche nach dieser ortsgeschichtlich bedeutenden Quelle zum Ziel geführt. Ähnlich ist es durch Dr. Ulrike Möller und die Niederdeutsche Bibliothek der Carl-Toepfer-Stiftung gelungen, Bausteine im Puzzle um Boeck 2016 neu aufzuspüren. Ab 2014 bereits hatte der Fotobestand von Otto Rheinländer im Hamburgischen Architekturarchiv (HAA) sowie die Hilfe von dessen Archivaren zentrale Impulse für das ‚Dokumentationsprojekt zu den Architekten Hopp und Jäger‘ gegeben, auf die u.a. der Bau der Wellingsbütteler Kirche 1937 sowie dessen künstlerische Ausgestaltung zurückgehen.

Für den handgreiflichen Hintergrund zu diesem Buchprojekt ist unten eine Schilderung zum Wiederfinden des Boeck- und Fehrs-Gilde-Nachlasses gegeben, aber es ist darüber hinaus hier auch der Ort, ganz ausdrücklich Frau Marianne Ehlers als der Vorsitzenden der Fehrs-Gilde zu danken. Aus dem gemeinsamen Erleben der Sichtung – zusammen mit Dr. G. Engler – im Juni 2014 ist eine Form der Zusammenarbeit und Mitarbeit für dieses Projekt entstanden, für die ich ihr und ihm (sowie dem Zuwendungsgeber Eckhard Dose posthum) besonderen Dank schulde!

Uwe Gleßmer

1 Mail vom 3.4.2014.

Ehe wir zum Thema kommen

Möglicherweise haben Sie beim Öffnen des Buches schon gesehen, dass Fußnoten unten auf den Seiten stehen, und haben erschreckt gedacht: „Das ist ein Buch von der Sorte, die ich nicht lesen mag!“ Aber wir können Sie beruhigen: Sie brauchen die Fußnoten nicht unbedingt zu lesen, denn das stoppt ja auch sehr den Lesefluss. Manche der Angaben darin sind nur darauf bezogen, woher eine Information stammt. Aber manche sollen vor allem helfen, sich zu orientieren, wenn im Text eine Verweisung steht wie: „… oben ist schon darauf hingewiesen, dass …“. Dann hat man am nächsten Tag beim Weiterlesen leicht die Frage „Wo war das denn oben genau?“

Bei einem so umfangreichen Lebenswerk, wie es von dem Pastor Christian Boeck erhalten ist, gibt es viele Dinge, die ihm nach Jahren wieder wichtig geworden sind. Dabei den Überblick zu behalten, helfen viele der Fußnoten, in denen auch oft auf andere Fußnoten verwiesen wird. Und das ist besser, als auf ganze Seiten und deren Seitenzahl zu verweisen, weil man dann noch suchen müsste, wo steht denn die Sache, auf die Bezug genommen ist. Die hochgestellte Fußnotenzahl im Text zeigt sofort die Stelle.

Viele der anderen Fußnoten wollen dokumentieren, woher Informationen stammen. Auch dieser Vorgang ist in der heutigen Zeit noch wichtiger als er früher genommen wurde. Denken Sie an die Diskussionen um wissenschaftliche Redlichkeit beim Zitieren. – Aber es ist noch ein anderes Moment im Spiel: Es gibt keine objektive Wissenschaft, – sondern immer nur eine von Menschen mit bestimmten Perspektiven und Fragen betriebene, die aber ihre Interessen und Informationsauswahl möglichst überprüfbar offenlegen sollte.

In diesem Sinne ist auch das Vorwort unten eher subjektiv im ‚Ich-Stil‘ geschrieben um darzustellen, wie der Hauptautor zu dem Inhalt des Buches gekommen ist. Wir glauben aber, dass wir dadurch dem persönlichen Element einer Biografie und unserer Zusammenarbeit für das Buch am besten gerecht werden können.

Marianne Ehlers und Uwe Gleßmer Bordesholm und Hamburg im September 2016

PS:

Die Fußnotenzahlen in diesem Buch sind übrigens auch für diejenigen gut nutzbar, die es als eBook nutzen werden. Dieses wird es bis 15.12.2016 für 0,00 Euro für die verschiedenen eBook-Systeme geben (nachher 0,99 Euro).

1 Vorwort und Kontext der Rückfrage

„Wie kommt jemand, der selbst kein Mitglied der Fehrs-Gilde ist, dazu, zu deren 100-jährigen Bestehen eine Biografie über ihren langjährigen Ersten Vorsitzenden zu schreiben?“, werden sich manche Leser fragen. – Das muss auch erklärt werden, weil mit der Motivation eines Buches immer Interessen und Perspektiven verbunden sind, die nach Möglichkeit offengelegt werden müssen. Denn es gibt ja keine objektive Geschichtsschreibung – auch nicht, wenn es ‚nur‘ um eine Einzelperson geht. Vielmehr gibt es nur perspektivische Darstellungsweisen, die je nach Standpunkt des Betrachters ganz unterschiedlich ausfallen können – insbesondere wenn ein Mensch, der einen anderen zu beschreiben versucht, aus einem ganz anderen Zeitalter und über eine viel frühere Zeit schreibt. Ich war erst 13 Jahre alt, als Christian Boeck 1964 als 89-Jähriger gestorben ist. Persönlich gekannt habe ich ihn leider auch nicht mehr, da ich erst Jahre später nach Wellingsbüttel zog.

Trotzdem hat mich diese Person seit inzwischen über drei Jahren sehr interessiert. Ich habe über ihn gelesen, habe Menschen befragt, die ihn noch kannten und quasi nach Puzzleteilen gesucht, die Spuren aus seiner Lebenszeit aufzeigen könnten. – Und so ist natürlich auch der Bezug zur Fehrs-Gilde zu Stande gekommen – und zu seiner jetzigen Ersten Vorsitzenden Frau Marianne Ehlers. Das war für beide eine durchaus spannende erste Begegnung, aus der dann auch weitere Begegnungen sowie dieses Buchprojekt entstanden sind. Dieses will ich vorweg schnell erklären, weil es denjenigen hilft, die aus der Perspektive der Fehrs-Gilde dieses Buch in die Hand nehmen. Aber auch andere Leser, die sich der Person von Christian Boeck als langjährigem Pastor annähern, der in Bramfeld (1908-1933) und dann (19331938) in dem Gemeinde-Bezirk Wellingsbüttel im Norden Hamburgs Dienst getan hat, muss das jeweils zweite ‚Standbein‘ dieser Persönlichkeit interessieren. Die Zeit seines ‚Ruhestandes‘, in der er bis zu seinem Tod 1964 – weiterhin in seiner ehemaligen Gemeinde Wellingsbüttel wohnend – gewirkt hat, ist sowohl für die Nachkriegsgemeinde als auch für die Fehrs-Gilde und den Verlag der Fehrs-Gilde mit manchen Neuerungen verbunden.

Mit dem Ortsnamen „Wellingsbüttel“, dem er als Heimatforscher ebenfalls nachgegangen ist und der sich auf vielen Papieren der Fehrs-Gilde und als Verlagsort findet, ist auch der Hintergrund gegeben, über den verständlich wird, wie ich 1. zum Interesse an Boeck und seiner Biografie gekommen bin und 2. wie die Verbindung zu Frau Ehlers sich entwickelt hat. Beide Punkte will ich nacheinander schildern.

1.1 Das Geschichtsprojekt der Gemeinde Wellingsbüttel

Die Kirchengemeinde in Wellingsbüttel verdankt den Bemühungen von Pastor Boeck den Bau ihrer Lutherkirche, für die am 23.5.1937 der Grundstein gelegt wurde und die dann am 1. Advent desselben Jahres eingeweiht werden konnte. Entsprechend konnte man 2012 ihr 75-jähriges Kirchweih-Jubiläum begehen. Allerdings hat die Kirche in Wellingsbüttel einen Haken, der der Gemeinde seit den 1980-er Jahren2 immer wieder Kopfzerbrechen bereitet: genauer gesagt sind es zwei gekreuzte Haken in der Ausfächerung unterhalb der Emporenfenster des südwestlichen Mauerwerks, die als Hakenkreuz eines der 2 mal 6 Mauerdekor-Elemente ausmachen:

Die bauzeitliche Aufnahme von 1937 des Fotografen Otto Rheinländer3 und die Vergrößerung daraus zeigen ganz rechts das Hakenkreuz im Mauerwerk:

2012 entschloss sich der damalige Kirchenvorstand, an der Seite der Kirche eine Bodenplatte einzusetzen, in der es u.a. um eine Stellungnahme zur NS-Zeit gehen sollte. Ein ausführlicher Text dazu wurde in einer Kapsel versenkt, während die Beschriftung der Bodenplatte sich jedoch nicht selbst erklärt; – und das war nicht für alle Gemeindeglieder eine ausreichende Meinungskundgebung. Aus dieser Situation ist ein Geschichtsprojekt entstanden, in dem es darum geht, weiter herauszufinden und zu beschreiben, wie die auf der Tafel eingravierten Worte „Zur Erinnerung und zur Mahnung 1933 – 1939 – 1945“ mit konkreten Inhalten zu füllen sein könnten. Die Gemeinde stellt inzwischen auch auf ihrer Webseite ihr Geschichtsprojekt vor.4

Ebenso sind dort diejenigen Dokumente elektronisch verfügbar, die in der Kapsel enthalten sind, die zusammen mit der am 23. Mai 2012 gesetzten und so genannten „Wellingsbütteler Tafel“ an der Südwestseite der Kirche (unterhalb des im Mauerdekor erkennbaren Hakenkreuzes) im Boden eingelassen wurde.

Mit dieser Erinnerung an die vor 75 Jahren erfolgte Grundsteinlegung hat in der Gemeinde zugleich ein Prozess einer neuen, öffentlichen Beschäftigung mit den Anfängen ihrer Geschichte begonnen, dessen Weiterführung seitdem unter der Leitung eines Gemeindegliedes, Herrn Dr. Günther Engler, engagiert weiter vorangetrieben wurde.5

Herr Engler hatte mich für eine stärkere Mitarbeit gewinnen können, seit ich Anfang 2014 im Ruhestand die nötige Zeit aufbringen konnte. Zuvor hatte ich mich zwar mit Lektüre zur Gemeindegeschichte und zu Boeck aus Festschriften sowie mit niederdeutschem Schrifttum befasst, für die notwendigen Arbeiten im Gemeindearchiv und weitere Recherchen hatte ich jedoch keinen Aufwand treiben können. So habe ich aber dann im ersten Halbjahr 2014 relativ viel Material zusammengetragen, weil wir uns bemühten, jemanden für das Projekt zu gewinnen, der oder die eine wissenschaftlich fundierte Bearbeitung aus einer historischen Perspektive würde leisten können. Das hat dann im Juli 2014 auch dazu geführt, dass glücklicherweise im Rahmen eines Promotionsprojektes unter der Betreuung von Prof. Dr. Dr. Rainer Hering Frau Michaela Bräuninger M.A. bereit war, sich dieser Aufgabe zu stellen. Diese Arbeit ist inzwischen zu Ende gebracht und wird im Frühjahr 2017 im Druck erscheinen. Da Frau Bräuninger auch Niederdeutsch studiert hat, ist damit eine Idealkombination gegeben, und es werden sicher weitere Einsichten zu Boeck künftig aus ihrer Arbeit zu ergänzen sein.6

Naturgemäß war für dieses Projekt ein längerer Zeitraum geplant. Die von mir gesammelten Materialien u.a. aus den Archiven der Kirchengemeinden und zu Boeck sowie die Ausarbeitung dazu, die Frau Bräuninger und Prof. Hering als Vorarbeiten (ebenso wie die dann im Frühjahr 2015 herausgelösten Teile „Materialzusammenstellung zu Hopp u. Jäger als Architekten der Lutherkirche“ in mehreren Versionen) zur Verfügung standen, wollte ich verabredungsgemäß in Form einer zitierbaren Quelle aufbereiten. Daraus stammt ein großer Teil dieser Biografie.7 – Es war jedoch noch Weiteres einzuarbeiten, denn im Juli 2014 kam noch Neues dazu.

1.2 Das Boeck-Archiv aus dem Wellingsbütteler Torhaus

Aus den Recherchen zu Boeck und dem Verbleib seines Nachlasses hatte sich bei der Befragung des Alster-Vereins, dessen Ehrenmitglied Boeck war,8 ergeben, dass 2012 bei einer Leckage im Dach des Torhauses ein dort befindlicher großer Schrank mit Archivalien von der Feuchtigkeit betroffen war. Das Dach musste saniert werden und der Schrank sollte weg. Glücklicherweise hatte der Alster-Verein nicht gleich die ins Auge gefasste „Entsorgung“ vorgenommen, sondern die jetzige Vorsitzende der Fehrs-Gilde, Marianne Ehlers, kontaktiert. Sie konnte durch ihren persönlichen Einsatz alle Dinge aus dem Schrank sicherstellen und in ca. einem Dutzend großer und kleiner Pappkartons bei sich privat in Bordesholm im Keller einlagern. Dort waren sie dann bis 2014 verblieben.

Nach wenigen telefonischen Kontakten mit ihr wurde es dann möglich, dass wir gemeinsam mit Dr. Günther Engler zu dritt am 9.7.2014 bei ihr diese Archivalien erstmals sichten und teils fotografieren konnten, nachdem sie alle Kartons an diesem heißen Julitag in ihr Wohnzimmer hinauf geschleppt und uns nach der Ankunft erst einmal mit Erdbeeren und Eis empfangen hatte.

Mit einem der ersten Fotos (WP_20140709_004) wollte ich ursprünglich die Materialien ‚in situ‘ festhalten, wie wir sie den Kartons (hier ein gekennzeichnetes Bündel mit Gratulationspost zum 85. Geburtstag 1960) entnahmen, um möglicherweise deren frühere Anordnung zu sichern. Ähnlich machen es ja Archäologen bei Ausgrabungen, wenn sie dokumentieren wollen, wie sich Fundobjekte im Boden und dessen Schichtungen zum Zeitpunkt der Sicherung befinden.

Allerdings zeigte sich, dass die Rettungsaktion zwei Jahre zuvor nicht die erste Umschichtung des Materials gewesen war: im Wellingsbütteler Torhaus war bereits alles in den Schrank hineingezwängt worden und die Schichtungen in diesem Durcheinander waren bereits weitestgehend zerstört, als sie von dort in die Kartons verbracht werden konnten.

So blieb unsere Entdecker-Euphorie immerhin von zeitlichen Verzögerungen wegen ‚archäologischer Sicherungsmaßnahmen‘ ungebremst, und wir richteten alle Aufmerksamkeit allein auf die neuen Funde, die jeder vor sich hatte: So fanden sich – auch zur Überraschung von Marianne Ehlers – nicht nur diverse Schrift-Dokumente wie oben die Gratulations-Post, diverse Bücher, Manuskripte, Sonderdrucke und Fotos, sondern auch von den Ehrungen, die C. Boeck empfangen hatte, die Urkunden und Orden – wie die Lornsen-Kette des ‚Schleswig-Holsteinischen Heimatbundes e.V.‘:9

Dieses ‚Fundstück‘ konnte von Marianne Ehlers dem Heimatbund wieder zurück gegeben werden, da es sich eigentlich um eine dem Träger nur für seine Lebenszeit verliehene Auszeichnung handelt, deren Verbleib jedoch zwischenzeitlich unbekannt war. Über den Weg des Boeck‘schen Nachlasses, bevor er ins Wellingsbütteler Torhaus gelangte, soll es unten weiter gehen. Hier im Vorwort war davon ja deshalb die Rede, weil vorweg erklärt werden sollte, wie der Zusammenhang zwischen Fehrs-Gilde und dem Geschichtsprojekt der Kirchengemeinde Wellingsbüttel entstanden war.

Um diese Frage zum Abschluss zu bringen, ist noch ein weiteres Element der Vorgeschichte zu erwähnen, das quasi beide verbindet, nämlich der Kontakt zu Prof. Hering, dem Leiter des Schleswig-Holsteinischen Landesarchivs. Er ist einerseits Doktorvater im o.g. Promotionsverfahren und hat andererseits auch freundlicherweise mit dafür gesorgt, dass die Archivalien von Pastor Boeck und der Fehrs-Gilde in das Landesarchiv (=LASH) mit aufgenommen werden konnten. Dazu hat Frau Ehlers einen entsprechenden Vertrag mit dem Landesarchiv geschlossen. Auf diese Weise ist ein dort bereits existierender älterer Bestand aus den 1920-er Jahren mit diesem Material zusammengeführt worden, das – da Wellingsbüttel vor dem Groß-Hamburg-Gesetz – ursprünglich zu Stormarn und Schleswig-Holstein gehörte, auch sachlich ein angemessener Ort für die Aufbewahrung auf Dauer ist.

Bevor diese dauerhafte Einlagerung zur professionellen Archivierung mit Findbuch10 erfolgt ist, hatten wir uns verständigt, dass wir in zwei Tranchen das Material an das LASH geben würden: der eine Teil, der mehr Interna der Fehrs-Gilde und Bücher aus dem Verlag der Fehrs-Gilde betraf, sollte bei Frau Ehlers weiter gesichtet werden. Für den anderen Boeck im engeren Sinne betreffenden Teil stimmte sie freundlicherweise zu, dass wir diesen mit nach Hamburg nehmen dürften, um ihn zu ordnen und elektronisch zu dokumentieren, bevor wir ihn in das LASH verbringen würden.

Die entsprechenden elektronischen Informationen stehen natürlich inzwischen auch für die Fehrs-Gilde zur Verfügung.

So ist ein wesentlicher Teil des Boeck betreffenden Materials auch als Digitalisat sowohl der Fehrs-Gilde als auch dem LASH verfügbar, nachdem Dr. Engler und ich die 10 Kartons ca. 14 Tage nach dem für uns aufregenden Fund zur weiteren archivalischen Behandlung durch das LASH dorthin bringen konnten.

Links: WP_20140720_035 mit Kartons

Soweit also zur Erläuterung des Zusammenhangs zwischen den ‚konzertierten‘ Bemühungen zwischen der Fehrs-Gilde und der Kirchengemeinde in Wellingsbüttel vor zwei Jahren. Sie haben zahlreiche z.T. auch biografisch wichtige Materialien verfügbar gemacht, die die zuvor wenig erhellte Zeit vor und im Ersten Weltkrieg betreffen. Darüber hinaus sind aus Boecks Nachlass auch Gegenstände, die zwar aus Texten und einigen Bildern bekannt waren, wie die oben erwähnte Lornsen-Kette sowie das Bundes-Verdienstkreuz, jetzt verfügbar, die sich z.B. auf der Internetseite der Bundesregierung nicht finden:

Auf dem Balkon in Bordesholm bei tiefstehender Abendsonne fotografiert – die zwei Orden (groß und klein) sowie die „Verleihungsurkunde … Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland Bonn, den 25. Februar 1955

Der Bundespräsident Theodor Heuss“ 11

Diese Archivalien sind also seit Ende Juli 2014 zusammen mit weiteren den Verlag der Fehrs-Gilde betreffenden im Landesarchiv Schleswig-Holstein im Bestand zugänglich.12

1.3 Erschließung weiterer Materialien

Nach der oben erwähnten erfolgreichen Suche, für das Geschichtsprojekt der Gemeinde eine Bearbeiterin zu finden, konnte sich die Geschichtswissenschaftlerin am 4. November 2014 auf einem Gemeindeabend vorstellen. Ihr Wunsch nach Unterstützung durch Zeitzeugen bzw. Wissensträgerinnen und Wissensträger auch der zweiten Generation fand gute Resonanz. Als einer meiner eigenen Beiträge zum Geschichtsprojekt gehörte auch, der Gemeinde und Interessierten selbst Quellenmaterial online zugänglich zu machen, das einerseits in der fast vergriffenen „Chronik der Kirchengemeinde Wellingsbüttel 1938-1988“ von Ernst König (von 1989) vorliegt und dazu ein Personen-, Sach-, Orts- und Straßen-Register neu als PDF bereitzustellen.13 Auch die Ausgaben des Gemeinde-Blattes von 1933-1941, die sich fast vollständig im Gemeindearchiv finden, und in jeder monatlichen Lieferung auf ihrer vierten Seite von Pastor Boeck verfasste Berichte aus dem Gemeindebezirk Wellingsbüttel bzw. ab 1938 aus der ‚Gemeinde Wellingsbüttel‘ bieten, sind inzwischen online verfügbar.

Für die Gemeindegeschichte ist Pastor Christian Boeck eine der Schlüsselfiguren. Er hat nicht nur die Anfänge in der ideologisch sehr spannungsvollen nationalsozialistischen Zeit vor mehr als 75 Jahren mit geprägt. Als am 1.7.1938 die Selbstständigkeit der Wellingsbütteler Kirchengemeinde amtlich wurde, hatte Christian Boeck bereits mehrere Jahrzehnte hindurch diesen Pfarrbezirk betreut, Menschen begleitet und Beziehungen geknüpft. Offiziell hat er sein Amt dann im selben Jahr, am 1. Oktober 1938, niedergelegt, um Pastor Rudolf Scheuer am Erntedanktag, dem 2. Oktober 1938, als dem ersten regulären Gemeindepastor der jetzt selbstständigen Gemeinde und neu eingeführtem Nachfolger den Platz frei zu machen. Dazu unten mehr.

Sein hauptamtliches Ausscheiden 1938 brachte im selben Jahr zugleich die Übernahme der Aufgabe, als Vorsitzender der Fehrs-Gilde zur Verfügung zu stehen, als deren Vorstandsmitglied er bereits zuvor seit ca. 13 Jahren ebenfalls regelmäßig Beiträge als ‚Schriftwart‘ für die ‚Blätter der Fehrs-Gilde‘ verfasst hatte. Intensives literarisches Schaffen gehörte jedoch nicht erst durch die Fehrs-Thematik zum Persönlichkeitsprofil von Christian Boeck, wie inzwischen die vielen Sonderdrucke im Nachlass des Boeck-Archivs zeigen, die eine erstaunliche Bandbreite seiner Interessen zeigen.

2 Siehe dazu u.a. den Bericht des jetzigen Landesbischofs und früheren Wellingsbütteler Pastors Gerhard Ulrich in Ulrich (2015) SB S. 48f; zur Grundsteinlegung siehe bei Anm. 254.

3 HAA_ORh_50.1_(0403). Aus dem Bestand des Hamburgischen Architekturarchivs digitalisiert im Zusammenhang des Dokumentationsprojektes zu den Architekten Hopp und Jäger; dazu siehe den „Projektbericht 1“ von Gleßmer / Jäger (2016b).

4http://www.kirche-wellingsbuettel.de/index.php/gemeinde/historie/geschichte.

5 Siehe dazu auch ausführlicher in Gleßmer / Engler (2016).

6 Sie hat ihr Projekt u.a. dargestellt in einem Artikel: Bräuninger (2015) Auskunft und eine elektronische Fassung ist unter der Internetadresse der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg (http://ediss.sub.uni-hamburg.de/volltexte/2016/8024/pdf/Dissertation.pdf) als ‚eDissertation‘ verfügbar.

7 Der andere Teil zur Architektur liegt in dem bei Anm. 5 genannten Büchlein vor.

8 Siehe dazu im Jahrbuch des Alstervereins den Beitrag Gleßmer (2016) JAV.

9 WP_20140709_084.

10 Jetzt im Bestand des LASH in der Abt. 399.206. Dank gilt der Archivarin Frau B. Dioum.

11 WP_20140709_110.

12 Der ältere Bestand zur Fehrs-Gilde 1919-1926 findet sich unter LASH 371.827.

13 Verfügbar unter der in Anm. 4 genannten Internetadresse.

2 Zur Gliederung des Materials

Es ist nicht leicht, im zeitlichen Abstand von über 50 Jahren nach Boecks Tod 1964 ein angemessenes Bild von der Person und ihrem Schaffen zu zeichnen. Boeck hat in einer Lebensspanne von 89 Jahren – davon 31 seiner Lebensjahre am Wohnort Wellingsbüttel – sowie davor nochmals weitere 31 Jahre (1902 bis 1933) von Bergstedt bzw. Bramfeld aus gewirkt. Aber immerhin können Spuren, Dokumente und Erinnerungen von Zeitzeugen gesichtet werden, aus denen sich ein Bild wie aus Puzzle-Teilen rekonstruieren lässt.

Wie beim Puzzeln gibt es verschiedene Strategien, die Teile zu sortieren. Häufig sind es die Seitenteile und Ecken, die zuerst als Hilfsgerüst dienen müssen, um dann so nach und nach zur Rekonstruktion im Inneren eines Bildes zu gelangen. Manchmal wird man auch nicht fertig oder presst Teile zusammen, die eigentlich nicht zusammengehören. Aber das merkt man selbst oft erst am Schluss bzw. Andere haben den schärferen Blick für Unstimmigkeiten … – Allerdings gibt es auch für die Anderen, die das Puzzle betrachten, noch ein großes, weiteres Problem: es handelt sich nicht nur um ein „1000-Teile-Puzzle“, sondern zudem um ein „3D-Puzzle“, denn die Mengen von Material, aus denen ggf. Facetten zu rekonstruieren sind, sind schier unendlich.14 Die Auswahl setzt zwangsläufig eine gewisse Willkür voraus, so dass nur die Möglichkeit bleibt offenzulegen, wo ggf. weiteres Material zur Verfügung stehen könnte. So steht dem Betrachtenden ggf. selbst noch eine zusätzliche kritische Sichtung ins Haus, – und außerdem bleibt ihm oder ihr beim „3D-Puzzle“ noch die Wahl der Perspektive auf den Gegenstand: Blicke ich zuerst auf den Berufsweg, so wie ich begonnen habe, oder erst mit der nebenberuflichen Achse des Engagements fürs Niederdeutsche, wie es jetzt etwa mit der Dissertation von Frau Dr. Michaela Bräuninger möglich wird. Das Bild wird zwar nicht vollständig anders, doch die beiden Perspektiven bringen naturgemäß unterschiedliche Bereiche stärker in den Vordergrund.

Bei Boeck ist auf jeden Fall sicher, dass sich seine Wirkungsgeschichte neben der beruflichen Seite insbesondere auf dem schriftstellerisch-verlegerischem Gebiet der Pflege der niederdeutschen Sprache erkennen lässt. Neben der zeitlich-biografischen Abfolge, die sich quasi als die eine Orientierungsrichtung der Puzzle-Seitenteile darstellen lässt (in den Kapiteln „3. Zur Person Christian Boeck“ und „4. Berufliche Stationen von Pastor Boeck“), ergibt sich also durch sein außerberufliches Schaffen als zeitlich größtenteils parallel dazu verlaufend die genannte literarische Ebene, bei einem Puzzle quasi die zweite äußere Orientierungshilfe (in Kapitel „5. Boecks außerberufliche Aktivität“).

Die beiden Kapitel 4 und 5 laufen in „6. Die letzten Jahre von Pastor Christian Boeck“ zusammen. Dort geht es u.a. um seine zahlreichen Ehrungen.

Eine dritte und weitere Dimensionen des „vieldimensionalen Puzzles“ ergeben sich aus den in Kapitel „7. Publikationen“ genannten Details, die sich naturgemäß zwischen den anderen ‚Puzzle-Rahmenteilen‘ eigentlich im Mittelbereich befinden. Sie sind chronologisch angeordnet – teils manchmal auch thematisch, wenn sie in zeitlicher Nähe zu einander verfasst worden sind. Das macht einerseits ein Problem beim Lesen, erklärt andererseits aber auch, warum diese vielen Anmerkungen notwendig sind, um nämlich teils auf Publikationen auch vorweg zu verweisen – oder umgekehrt auf den Lebenszusammenhang hinzuweisen, in den diese Texte hineingehören. Es sind zudem die wechselnden politischen und kirchen-politischen Veränderungen zu berücksichtigen, die sich vom Kaiserreich, der Weimarer Republik, dem „Dritten Reich“, Beginn der BRD sowie durch die Einschnitte durch die zwei Weltkriege in Boecks langem Leben ergeben haben.

Besonders die sich in dieser Zeit in den Gemeinden Bramfeld und Wellingsbüttel vollziehenden Wandlungen, die ausgehend von dörflichen Strukturen – geprägt durch Bauernhöfe und landwirtschaftliche Nutzung – zu Wohnvororten Hamburgs geführt haben, stellten mit ihren sehr unterschiedlichen Entwicklungen in beiden Bereichen besondere Herausforderungen für Boeck dar.

Der Integrationsbedarf der neu Zuziehenden bedeutete (an beiden Arbeitsstellen) für Boeck ein wichtiges Betätigungsfeld, dem er sich unterschiedlich gut zuwenden konnte. Vom eigenen Naturell aus scheint er immer mehr in Richtung eines ‚Kopfarbeiters‘ sich entwickelt zu haben, der gern einen Großteil seiner Aktivität im Zusammenspiel mit ihm wichtigen Personen eingesetzt hat. U.a. hat er sich aber auch als ‚Einzelforscher‘ der Heimat engagiert und dazu mehrere Beiträge für Wellingsbüttel geleistet, die als Quellensammlungen Vorarbeiten darstellen zu einer vor dem Zweiten Weltkrieg (ursprünglich noch geplanten) umfangreichen Veröffentlichung zur Geschichte Wellingsbüttels. Für sehr viele der neu zugezogenen Menschen dieses Stadtteils stellten einige separate Artikel und dann ein erst nach dem Krieg gedruckter 15-seitiger „Kurzer Abriß der Geschichte Wellingsbüttels“ (1947) immerhin Grundinformationen bereit.15

Diese Sachverhalte sind nicht alle in eigenen Kapiteln dargestellt, sondern ggf. in die biografischen oder außerberuflichen Hauptlinien eingearbeitet und können z.T. bisher auch nur als Hinweise in Fußnoten genannt werden. Auf jeden Fall ist der Kontext wesentlich von den ganz konkret erlebten politischen Umbruchsituation(/en) des Ersten Weltkrieges und der 1920-er (u.a. mit Straßenkämpfen in Bramfeld) sowie dann der 1930-er Jahre und dem auch für Boeck in doppeltem Sinn entscheidenden Einschnitt 1933 geprägt. Ob und wie es nach dem Zweiten Weltkrieg für den inzwischen 70-Jährigen einen ‚Neuanfang‘ gegeben hat, ist für ihn und die gesellschaftliche Situation insgesamt sehr stark von der Perspektive abhängig.

Das Kapitel „11. Abkürzungen, Archivalien und Indices zu Themen, Orten und Personen“ besteht nur aus Listen, die aber hoffentlich eine Suche nach Sachverhalten erleichtern. Das Kapitel „9. Kurztitel- und Literaturverzeichnis“ hilft das aufzuschlüsseln, was in den Fußnoten mit Verweisen auf Kurztitel herangezogen wird. Auf das Kapitel „10. Anhang mit dokumentarischen Materialien“ wird innerhalb des Vorangehenden mehrfach verwiesen, weil dort ausführlich sonst nicht verfügbare Quellentexte dokumentiert werden.

2.1 Zur (Be-)Deutung des Materials über Boeck

In den letzten Jahrzehnten sind in den unterschiedlichen Institutionen die – mindestens zwei Generationen über – meist verdrängten Fragen nach der Art wichtig geworden, wie sich die in ihnen wirkenden Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus verhalten haben. Während ab den 1980-er Jahren eher der Fokus war, ‚alte Nazis‘ aufzuspüren, deren Nachwirkungen zwar spürbar, jedoch zuvor wenig explizit Gegenstand der Betrachtungen gewesen sind, kann man sich in der Gegenwart in anderer Weise dieser einschneidenden Zeit zuwenden. Personen oder deren Angehörige und Weggefährten brauchen sich nicht mehr in gleicher Weise angegriffen zu fühlen, weil die Perspektive eher darauf gerichtet ist, zu verstehen, wie es zu ihrer jeweiligen Haltung gekommen ist. Dabei geht es nicht um Beschönigung von vergangenem Geschehen, sondern um Sichtung und Beschreibung der Vorgänge sowie um Nachvollziehen der zeitbedingten Voraussetzungen. Die heutige – ebenfalls zeitbedingte – Betonung etwa für eine Erziehung zur Toleranz und Lernen aus der Geschichte, nach dem berühmten Adorno-Satz

„Die Forderung, daß Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung“16 setzt voraus, mehr über die vielfach verdrängten Sachverhalte zu wissen – um sich in Täter, Mitläufer und Opfer eindenken zu können.

Die Frage nach den Kirchen in der Zeit des Nationalsozialismus ist auch im Zusammenhang der christlich-jüdischen Verständigungen in den Fokus öffentlicher Diskussionen gerückt.17 Die Nord(/-elbische) Kirche hat auf diesem Hintergrund u.a. auch eine eigene Gedenkstätte in Schleswig-Holstein eingerichtet, die der Erinnerungskultur Impulse geben kann und soll.18 Mein erster Besuch dort hängt direkt mit meiner Perspektive auf die Geschichte der Gemeinde Wellingsbüttel und Pastor Boeck zusammen, die ich gern erläutern möchte, bevor ich die weiteren Details zu seiner Person beschreibe.

2.2 Kirchliche Bemühungen zum Lernen aus Geschichte

In der „KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte“ in Ladelund (nahe Flensburg) wurde am 1. Juni 2013 unter dem Titel „Christenkreuz und Hakenkreuz“ eine „Sonderausstellung zu Kirchenbau und sakraler Kunst in der NS-Zeit“ eröffnet.19 Diese basiert auf Arbeiten von Forscherinnen, die unter dem gleichen Titel bereits 2008 erstmalig und auch gedruckt im Ausstellungskatalog einen Überblick über die doch erstaunliche Fülle an neu errichteten Kirchen dokumentieren.20 In der Ausstellung und im zugehörigen Katalog wird u.a. die Wellingsbütteler Lutherkirche als Ganze sowie auch im Detail gezeigt – u.a. das an der Südwest-Seite befindliche Ziegelstein-Dekor aus Runen einschließlich des ursprünglich dargestellten Hakenkreuzes.

Kurz vor der Ladelund-Ausstellung hatte ich durch Zufall beim Besuch unserer ältesten Tochter in Norwegen die Publikation der Johannes-Kirchengemeinde in Hamm / Westfalen zum 75. Kirchweihjubiläum sowie das nebenstehende Bild gesehen – und im Hintergrundbild die Lutherkirche in Wellingsbüttel erkannt.21

Bei mir, der ich selbst 35 Jahre in Wellingsbüttel gewohnt und der Gemeinde angehört und ehrenamtlich mitgearbeitet habe, weckte das natürlich Interesse: Das Architekten-Büro22 von Bernhard Hopp und Rudolph Jäger hatte außer in Wellingsbüttel und in Hamm an zahlreichen weiteren Orten Kirchen während der NS-Zeit gebaut – u.a. auch in der Wellingsbütteler Nachbargemeinde Klein Borstel, in der ich Vikar war, für deren Vorgeschichte ich mich aber damals 1980-1982 leider zu wenig interessierte.

Theologisch ist interessant, wie sehr unterschiedlich in der NS-Zeit mit Emblemen und künstlerischen Ausgestaltungen der Kirchen verfahren worden ist. In Hamm agierte eine ‚bekennende Gemeinde‘, die u.a. einen Taufstein von Ernst Barlach in ihrer Kirche haben wollte.23 – Die Jubiläums-Publikation der Johannes-Kirchengemeinde stellt mit ihrer Geschichte Leser indirekt vor offene Fragen: Wie sieht es mit dem Hintergrund in der eigenen Gemeinde in Wellingsbüttel aus? Wie ist das Verhalten der Akteure zu deuten? Welche Dokumente erlauben überhaupt Deutungen, die auf Grund des eingebauten Hakenkreuzes zwar schnell möglich wären, die aber möglicherweise auch zu grobe Vereinfachungen darstellen?

In der Zusammenstellung „Christenkreuz und Hakenkreuz“ wird Boeck aus dem Gemeindeblatt zitiert:

„Die Zeit des Experimentierens, die vor 1933 Blüten trieb, ist vorbei“.24

Ist es aber von vornherein ausgemacht, dass in diesem Zusammenhang der Fachwerkbau als „rückgewandtes Gegenbild auch zu urbanen Lebensformen und sozialen Veränderungen“25 zu bewerten ist? Hat nicht auch die Schilderung als ‚dörflicher Haftpunkt‘ ihr Recht, wenn er die Verbindung herstellen will zwischen Alteingesessenen und denjenigen, die vor der Großstadt in den damals noch ruhigen Vorort ausweichen?

Wie bei vielen Anfragen, die sich an Taten und Lebensäußerungen anderer Menschen richten, ist zuerst einmal Zurückhaltung und Information über die meist differenzierten Motive geboten, bevor Bewertungen vorgenommen werden. Deutlich ist zumindest für Boeck, dass er sich auch an weiteren Stellen über den Kirchbau geäußert hat26 und dass die Rückfrage nach den Hintergründen des Kirchbaus weiterer Mühen – aber auch einer Quellen-basierten öffentlichen Darstellung durch die Gemeinde – bedarf.27

Auf jeden Fall ist u.a. durch die Ausstellung „Christenkreuz und Hakenkreuz“ die Vergangenheit der Kirchengemeinde insbesondere in der NS-Zeit weiter in das öffentliche Interesse gerückt.28 Die älteren Darstellungen aus den 1980-er Jahren sowohl zur „Geschichte Wellingsbüttels“ als auch zur „Chronik der Kirchengemeinde 1938-1988“ sind mit ihrer Zurückhaltung gegenüber detaillierter Darstellung der NS-Zusammenhänge wohl noch zu ‚nahe dran‘ gewesen, so dass sich Bedarf nach neuer, vorsichtiger Rückfrage und insbesondere zur prägenden Gestalt des Christian Boeck dringend ergibt.

2.3 Boecks Wirkung für die Fehrs-Überlieferung

Auch die Fehrs-Gilde hat sich intern bisher nicht ausführlich mit ihrer Wirkung in dieser Zeit und mit der durch den Vorstand damals repräsentierten Rolle beschäftigt, was (aus den auch bei der Kirchengemeinde genannten Gründen) wohl ‚zu früh‘ war und auch für die Festschrift zum 75-jährigen Jubiläum 1991 nicht als eigenständiges Thema in einem der Beiträge aufgenommen wurde. Zwar wird von Friedrich W. Michelsen vom „Quickborn“ in seinem eröffnenden Beitrag „Der Fehrs-Gilde zu ihrem 75-jährigen Bestehen“ in zwei Sätzen auch die NS- Zeit gestreift und angemerkt, dass sich die „Niederdeutsche Bewegung … problemlos in die nationalsozialistische Kulturpolitik einfügte“.29 Etwas ausführlicher ist die Bemerkung von Wolfgang Lindow vom Institut für Niederdeutsche Sprache im Grußwort ausgefallen, der immerhin schrieb:

„Wohl kaum eine der niederdeutschen Vereinigungen hat je so eindeutig politische Stellung bezogen und sich zu zeitpolitischen Fragen so offen bekannt, wie die Fehrs-Gilde. Das haben wir heute festzustellen und zu interpretieren, aber darüber haben wir nicht zu rechten. Verschwiegen werden aber darf diese Tatsache nicht, denn sie gehört mit zu dem, was wir die ‚Niederdeutsche Bewegung‘ nennen, und sie gehört mit zu unserem Selbstverständnis und zu unserer und zur Geschichte der Fehrs-Gilde.“30

Das war wohl damals schon am Rande des Zumutbaren, denn weitere Konkretisierungen sind mit der formulierten Absicht, nicht zu verschweigen, nicht verbunden. Es hätten ja durchaus etwas genauere Hinweise gegeben werden können, was genau gemeint ist und wie dieser Thematik nachzugehen ist.

Allerdings gibt es dann zwei Jahre zuvor im Zusammenhang der großen kritischen Ausgabe „Johann Hinrich Fehrs Sämtliche Werke“, die Kay Dohnke und Jürgen Ruge von 1986 bis 1993 besorgt haben, immerhin in Band 4.1 von 1989 den Hinweis auf weiterführende Literatur, der im Abschnitt „Grundlegende Literatur zu Fehrs‘ Werk“31 aufgeführt wird. Hier ist als letztes ein bereits 1987 erschienenes Buch aufgeführt, das W. Lindow sicher auch zum Zeitpunkt seines Grußwortes 1991 gekannt haben wird: eine von Kay Dohnke und Alexander Ritter herausgegebene Aufsatzsammlung, in der einzelne Beiträge u.a. auch die Aktivitäten von Christian Boeck darstellen.32

Durch die Biografie, in der es darum geht, Christian Boeck als Person zu schildern, soll weder ‚gerechtet‘ werden, noch werden aus der rückschauenden Perspektive alle Versäumnisse geschichtlicher Aufarbeitungen, die in den Institutionen, für die er gewirkt hat, nachgeholt und quasi über ihm ‚ausgeschüttet‘. Vielmehr geht es mehr darum, zum Verstehen beizutragen, wie sich in seinem langen Leben Sachverhalte so gefügt haben, wie wir sie in der Gegenwart zu rekonstruieren im Stande sein können: ein Lernbeitrag, damit „Auschwitz nicht noch einmal sei…“

14 Neben der als wichtiger Quelle (bei Anm. 13) genannten umfangreichen Chronik von König (1989) existieren vor allem im Archiv der Kirchengemeinde zahlreiche weitere Dokumente. Sie sind durch ein Findbuch erschlossen: Nordelbisches Kirchenarchiv (2007) KG Wellingsbüttel sowie zusätzlich im Archiv der Muttergemeinde Bramfeld.

15 Nutzbarkeit der Quellensammlung ist naturgemäß auf diejenigen beschränkt, die wirklich Quellentexte studieren wollen. Siehe zu Boecks Geschichtsdarstellungen beim Abschnitt 7.30 „1938 Wellingsbütteler Urkunden I / 1947 Kurzer Abriß / 1951 Urkunden und Texte, Heft II.“

16 Vgl. dazu Gleßmer (1997) SB S. 143f.

17 Siehe die Denkschriften „Juden und Christen“ sowie die Bemühungen der NEK-Synode um Schuldbekenntnis und Dialogprozess ab 1998.

18 Vgl. auch Linck (2013ff) und die 2016 begonnene Wanderausstellung „Neue Anfänge?-Nordkirche nach 1945“.

19www.kz-gedenkstaette-ladelund.de.

20 Endlich / Geyler-von Bernus / Rossié (2008). – Vor der Ausstellung in Ladelund war sie nach der Erstausstellung in Berlin, die mit den Anlass zur Forschungsaktivität bildete, bereits an mehreren Orten als Wanderausstellung zu sehen -u.a. 2010 in Hamm/Westfalen (s.u.).

21 Dank gilt Désirée und Markus Wesselmann sowie Pastor Millrath für die dortige Gemeindepublikation zum 75. Kirchbau-Jubiläum. Der WA für die Erlaubnis zur Nutzung des Bildes aus dem Internet http://www.wa.de/lokales/hamm/stadt-hamm/hakenkreuz-christenkreuz-eroeffnet-799631.html; vgl. auch http://www.hammwiki.de/wiki/Johanneskirche.

22 Gelegentlich begegnen von jedem der beiden Architekten auch einzelne Leistungen, die aber der Einfachheit halber im Personen-Index zusammenfassend mit „Hopp und Jäger“ erfasst sind..

23 Siehe dazu KG_Hamm (2006) S. 13-16 sowie mit neuem Material zu den Bemühungen durch Hopp, um den Künstler trotz der inzwischen 1938 für Ernst Barlach sehr schwierigen Situation zur Weiterarbeit an dem Projekt zu gewinnen, bei Gleßmer / Jäger / Hopp (2016).

24 Endlich / Geyler-von Bernus / Rossié (2008) S. 47.

25 So ebda. S. 46f.

26 Boeck (1939) KuK; siehe weitere Materialien unten im Abschnitt „4.4.4.Bau der Lutherkirche“.

27 Ein erster Beitrag zur Baugeschichte liegt inzwischen durch Gleßmer / Engler (2016) vor.

28 Siehe z.B. die Artikel in Evangelische Zeitung vom 28.7.2013 (Hamburg S. 15) und in der TAZ vom 27.12.2013 (Zeitungsartikel_2013f.pdf) sowie auch die Anekdote im Hamburg-Führer von Wolf (2012) S. 138f sowie der oben bei Anm. 2 genannte Beitrag des Landesbischofs G. Ulrich.

29 Michelsen (1991) SB S. 8.

30 Lindow (1991) SB S. 10f.

31 Dohnke / Ruge (1986ff) Bd. 4.1 S. 525f.

3 Zur Person Christian Boeck

Für die Rückfrage nach der biografischen und auch nach der dem Niederdeutschen gewidmeten Entwicklungs-Dimension bei Boeck kann – quasi als Puzzle-Eckstück – der folgende Text dienen: gleichsam als erste Vorstellung der Eigenart Boecks. Er soll ursprünglich auf einem Zettel für einen Besucher geschrieben worden sein, der wohl Boeck damals noch nicht persönlich kannte, aber dessen Namen als Reimwort mit kurzem „ö“ – also Böck – verwendet hatte. Und wer mag schon gern mit der von Max und Moritz verspotteten Figur des Schneiders Böck von Wilhelm Busch in Zusammenhang gebracht werden? Diesem Besucher soll von dem in der Regel zuhörend-schweigsamen Boeck der unten notierte Text zugeschoben worden sein. Wie so viele Dokumente ist dieser Zettel jedoch nicht erhalten, sondern sein Inhalt ist nur sekundär durch den Besucher Hans Henning Holm in der posthumen Festschrift zum 100. Geburtstag 1975 zurückschauend überliefert:

„Ick heff Se girn hier to Besöök –

doch segg’n S‘ nich ‚Böck‘,

nä, segg’n Se: ‚Bööööök‘!“33

Aber schon beim Namen fangen die weiteren Unsicherheiten der genealogischen Rekonstruktion an. Denn neben den rohen Eckdaten ist nur Weniges in bisherigen Publikationen überliefert, was sonst in der Regel über Details der Herkunft zu erwarten wäre, insbesondere von Persönlichkeiten wie Boeck, dem immerhin 1955 das Bundesverdienstkreuz verliehen und andere öffentliche Ehrungen zuteil wurden.

Die „Chronik der Kirchengemeinde Wellingsbüttel 1938 – 1988“ von Ernst König 34 nennt knapp in einer Reihung der Pastoren im Bergstedter Pfarrbezirk Bramfeld die Anfangsdaten: „… Christian Boeck. Letzterer war am 10. März 1875 in Heiligenstedten bei Itzehoe geboren, hatte das Gymnasium in Rendsburg besucht, Theologie studiert in Leipzig, Marburg und Kiel und hatte als Vikar in Kappeln und in Kiel gewirkt, bevor er 1902 den Pfarrbezirk Bramfeld übernahm.“35 – Es war von König zuvor S. 26 erläutert worden, dass „1899 aus Bramfeld und Wellingsbüttel, beide Bergstedt zugehörig, der neue Pfarrbezirk Bramfeld gebildet worden“ war.

3.1 Eltern – Familie

Was in den Überlieferungen zu Boecks Anfängen jedoch regelmäßig fast gar nicht erwähnt wird, ist die Situation seiner Eltern und Familie. – In „Harrt, warr nicht mööd. Festschrift für Christian Boeck. Zum 85. Geburtstag am 10. März 1960“ spricht ihn der Laudator Gustav Hoffmann darauf an:

„Du hast mir gegenüber selten von Deiner Kindheit gesprochen, über der der Schatten des frühen Todes Deiner Eltern liegt. Dafür erzähltest Du gern von den letzten Jahren Deiner Schulzeit auf dem Gymnasium in Rendsburg.“36

Auf die Frage, ob er über die Eltern nichts mitteilen konnte oder – dem Willen des Geehrten respektierend – diese Lebensphase nicht ansprechen wollte, hat der inzwischen 94-jährige Hoffmann im Nachherein die Situation erklärt: er habe tatsächlich über diese Zeit nichts gewusst, obwohl er sieben Jahre mit Christian Boeck gemeinsam im selben Haus gewohnt hatte.

In zwei Gesprächen im März 2014 hat mir Herr Dr. Gustav Hoffmann über diese Zeit berichtet und auch erlaubt, dass aus seiner privaten Lebenserinnerung die entsprechenden Seiten für die Boeck-Biografie und Fehrs-Gilde genutzt werden, in deren Vorstand Hoffmann in den 1950-er Jahren mitgewirkt hat.37 – Zu diesem Zeitzeugen unten mehr.

Das einzige weitere familiäre Detail ist der Verweis auf den – wohl kurz zuvor – erlittenen Verlust durch den Tod seiner Schwester und Gefährtin der Kindheit, deren Name jedoch auch nicht genannt wird.38

Die Geburts- und Sterberegister von Heiligenstedten (jetzt Itzehoe-Land) geben immerhin in die rohen Fakten insofern Einblick, als dass dort die Namen und Geburts- sowie Todesdaten der etwas jüngeren Schwester Louise Juliane Dorothea (*10.6.1876; †14.3.1959) vermerkt sind.39 Auch der frühe Tod seiner Mutter, Magdalena Boeck, geb. Iwers (*1849; †24.10.1877), ist dem Sterberegister Nr. 34/1877 zu entnehmen sowie nur wenige Jahre später auch der Verlust des Vaters Adolf Carl Ludwig Boeck (*1832; †18.6.1882), Sohn des Hans Peter Boeck zu entnehmen.40 Als Beruf des Vaters ist in den Urkunden Gastwirt angegeben. Die Sterbeanzeige des Vaters ist von Witwe Frau Sophia Ohland, geb. Boeck, dem Standesamt bekannt gemacht worden – also von einer der Schwestern des verstorbenen Vaters bzw. Tante des damals siebenjährigen Christian. Wie die beiden zurückbleibenden erst Halb- und dann Voll-Waisenkinder in den Folgejahren versorgt wurden, ist durch die Schwester Louise Liehr 1956 für ihren Bruder in einer Erzählung über die gemeinsame Kindheit rückschauend festgehalten worden, wie er sie gebeten hatte. Daraus seien hier einige Abschnitte zitiert, die die frühe Kinderzeit betreffen oder Anspielungen beleuchten, die sich an anderen Stellen finden. Die Umschrift des gesamten in Sütterlin neun Seiten umfassenden Dokuments ist unten im Anhang wiedergegeben:41

„Aus unseren Kinderzeiten

In nachfolgenden will ich etwas aus meiner früheren Kindheit erzählen. Zurückdenken kann ich wohl bis ins 5. Lebensjahr, den Schmerz, die Mutter zu verlieren haben wir nicht kennen gelernt. Wie sie von uns ging war mein Bruder 2 ½ und ich 1 ¼ Jahre alt. Wir fanden eine so gute Mutter wieder in Vaters Schwester, unseren lieben Mutter Ohland, die wir nicht anders als Mutter gekannt haben. Sie hat mit großer Liebe und Treue uns umsorgt. Ebenfalls ihre Tochter Maria, die wir nicht aus unserer Kindheit wegdenken können u. haben wir sie auch nur als unsere große Schwester betrachtet. …

Ganz dunkel erinnere ich mich, daß mein Bruder u. ich zum Kindergottesdienst gingen, bei Pastor Thausen (?), der im 2 [.] Pastorat wohnte. Hatten wir gut aufgesagt, bekamen wir ein kleines Blättchen mit einen Spruch. Wurde dies Blättchen, in rot, grün oder blauer Farbe, angehaucht, dann bewegte es sich, das war so schön, lesen konnte ich noch nicht. …

Vater lag schon krank zu Bett. Es kam das Pfingstfest, mein Bruder u. ich wurden fein angezogen, zwar weiß ich nicht wie schön mein Bruder war, sicher habe ich mich zu sehr für meine kl. Person interessiert. Ich hatte ein mattgrün, kariertes Kleid an … Maria ging mit uns hinein zu unserem Vater. Sehr gut besinne ich mich auf die traurigen Augen vom Vater, ich war wohl enttäuscht, hatte sicher erwartet, daß Vater sich sehr freuen würde, wie er uns in den Pfingststaat sah. Ach du liebes Kindergemüt, was weiß du von Herzeleid u. Weltenschmerz. Am 18. Juni ist unser Vater heimgegangen. Mutter weckte uns in der Nacht u. sagte: ‚Nun ist der Vater beim lieben Gott‘, Maria fing sehr an zu weinen, ich aber sagte: ‚warum weinst du denn? Wenn Vater beim lieben Gott ist, so macht der ihn gesund u. kommt er bald wieder.‘ Hatten wir bein unseren Abendgebet doch den lieben Gott gebeten, daß er Vater wieder gesund mache. Von der Beerdigung weiß ich noch daß der Sarg auf der Hausdiete stand, nachdem war die große Stube voller Leute, die tranken Kaffee, das kam mir so sonderbar vor. Mit Mutter u. den Verwandten saßen wir in der guten Stube, ich saß auf den Schoß einer Tante, jedenfalls einer Schwester vom Vater. Dann höre ich die Worte von einen Onkel: ‚ja Sophie, dat mut han (?), dat geit ok (?), Sophie.‘ Da ist denn wohl beratschlagt worden wie Mutter es nun machen sollte, wenn doch ihre 3 Kinder wofür sie zu sorgen u. wir beide dazu. …

Wie mag Maria das alles schwer gewesen sein, liebte sie unsern Vater doch auch sehr, sie selbst hatte Ihren Vater 2 Jahre vorher verloren, war sie doch erst 16 Jahre alt. Doch, das Leben geht weiter. …“

Boeck selbst hat sich zwar nicht literarisch ausführlich zu seiner eigenen Biografie geäußert,42 wie er es möglicherweise 1955 vorgehabt hatte, als er das ‚biblische Alter‘ von 80 Jahren43 erreicht hatte. Wann und wie er seine Schwester gebeten hatte, ihm doch ihre Erinnerungen aufzuschreiben, die sie ihm dann mit einem Brief vom 8.3.1956 zu seinem 81. Geburtstag geschickt hatte, klingt an, ist aber nicht sicher. Möglicherweise hat ihn Krankheit in dieser Zeit auch von eigenen Texten (neben den Arbeiten für den Verlag der Fehrs-Gilde) abgehalten oder er hat sich gegen eine Autobiografie entschieden, weil sie ihn selbst zu sehr in den Mittelpunkt gestellt hätte.

Immerhin finden sich – insbesondere in seiner Lebensbeschreibung zu Johann Hinrich Fehrs, die 1959 in den Druck ging, – gelegentlich Episoden, die auch eigene frühere Lebensstationen betreffen. Diese Informationen sind zwar nicht umfangreich oder gar ausführlich, aber sie bilden Anhaltspunkte, die durch den Text seiner Schwester zusätzliche Beleuchtung erhalten. Auf jeden Fall wird durch Boecks Einbeziehung dieser Hinweise in die Fehrs-Biographie der Sachverhalt deutlich, wie stark er seinen eigenen Werdegang mit dem des Dichters verknüpft gesehen hat und uns Späteren diese Sicht vermitteln wollte. Über die geografische Nähe der Orte Heiligenstedten und Itzehoe sowie das später noch zu erwähnende Mühlenbarbek als Geburtsort von Johann Hinrich Fehrs ist damit ein weiterer Puzzle-Eckpunkt gegeben.

3.2 Erziehung

Wie konnte es gelingen, dass Christian seinen Ausbildungsweg so nehmen konnte, dass der mit sieben Jahren verwaiste Junge schließlich das „Gymnasium zu Rendsburg“44 besuchen konnte? In seinem Lebenslauf für das Examen schreibt er ganz lapidar:

„Mein Vater und meine Mutter sind früh verstorben. Bis zum zehnten Lebensjahr besuchte ich die Dorfschule in meiner Heimat. Ostern 1885 wurde ich in die Sexta des Gymnasiums in Rendsburg aufgenommen, und diese Anstalt verließ ich Ostern 1895 mit dem Zeugnis der Reife, um Theologie zu studieren.“45

Früher war nicht sicher erkennbar, wie zeitlich der Zusammenhang des Wechsels nach Rendsburg vorzustellen war. – Im Zusammenhang der Lebensbeschreibung von J.H. Fehrs erwähnt Boeck 1959 mehr beiläufig „in Heiligenstedten Pastor Nikolaus Fries, mein Konfirmator“46 als einen der literarisch Aktiven der Region, so dass man annehmen konnte, Boeck sei bis ins Konfirmationsalter dauerhaft in Heiligenstedten gewesen.47 Da er an einer Stelle schreibt, dass er von Rendsburg in den Ferien nach Hause gefahren sei, so hat er dort also zwischenzeitlich am Schulort gewohnt. Ob aber die Hinterlassenschaft der Eltern die Kosten für Schule und Unterkunft ermöglicht haben? Von Boeck selbst wird 1959 etwas humoristischdistanzierend eine seiner Tanten erwähnt48 – wohl für die Zeit um 1902, als er Hilfsgeistlicher in Bramfeld war:

Siehe zum früheren ‚Restaurant Seehof‘ mit Strandkörben und Bootsfahr-Gelegenheit in den Bramfeld-Büchern.49

„Eines Tages besuchte mich meine Tante Mite, was eine besondere Ehre für mich war, da sie als frühere Gesellschafterin einer Prinzeß und nunmehr als Vorsteherin eines Kopenhagener Damenstiftes den feinsten Ton in unserer Verwandtschaft vertrat und von da aus auch einige Erziehungsversuche an mir gemacht hatte (freilich ohne nennenswerten Erfolg). Wir dinierten feierlich zusammen im Seehof von Bramfeld. …“50

Für die oben offen gebliebene Frage zu den Kosten seiner Schul-Ausbildung könnte der auf Grund der Schilderung zu vermutender Wohlstand der Verwandtschaft und die Anspielung auf die ‚Erziehungsversuche‘ zusammen mit G. Hoffmanns Bericht eine Antwort in dem Sinne geben, es sei dieser Teil der Itzehoer Verwandtschaft gewesen, dem die höhere Schulbildung zu verdanken sei. Zumal Boeck in einem anderen Zusammenhang von einer Episode berichtet, die er als Schüler erlebt hat – und die ihn mit Honoratioren aus Itzehoe zeigt:

„Als Schüler mußte ich einmal aus irgendeinem Anlaß der Prinzeß Louise, Äbtissin des Adligen Klosters Itzehoe, meine Aufwartung machen…“51

Aus dem o.g. Bericht seiner Schwester lassen sich solche Vermutungen über die Umstände von Christians Besuch des Rendsburger Gymnasiums etwas weiter klären:

„Einst wurde großer Besuch erwartet, Onkel Christian aus Rendsburg wollte mit seiner Braut kommen, es war große Aufregung. Leider lagen mein Bruder u. ich krank, …

Sehr gerne erinnere ich mich der Besuche bei unserer Großtante ‚Guste‘, sie war Kammerfrau bei der Prinzessin in Itzehoe. Diese Besuche waren etwas ganz besonderes. Wie wir noch kleiner waren, brachte Maria uns hin, machte dann ihre Besorgungen u. holte uns wieder ab. Es kam vor, daß Hoheit uns sehen wollte, dann ging die Tante mit uns hinauf, ganz feierlich war mir ums Herz. Tante hatte mir einen Hofknicks gelehrt, einen Schritt vor, einen zurück, mein Bruder machte eine tiefe Verbeugung. Nachdem Hoheit ein paar Worte mit uns gesprochen hatte, wurden wir entlassen, bekamen öfter mal eine Süßigspeise. …

Mein Bruder sollte zu unsern Onkel nach Rendsburg, um dort das Gymnasium zu besuchen, es war um die Osterzeit 1885. So stand denn mein Bruder eines morgens reisefertig da u. es hieß Abschied nehmen. Dieser Augenblick hat sich bei mir so eingeprägt, daß mir heute noch fast die Tränen kommen, wenn ich daran denke. Aber auch für meinen Bruder war es schwer, verließ er doch das liebe Elternhaus u. sollte sich an eine ganz neue Umgebung gewöhnen, dazu die neue Schule. Aber wie herrlich war es, wenn mein Bruder in den Ferien nach Haus kam u. wie mag er sich auf sein liebes Heiligenstedten gefreut haben. Ich stand dann wohl schon fast eine Stunde vor Ankunft des Zuges in Itzehoe auf dem Bahnsteig u. wie glücklich war ich, wenn der Zug sich näherte u. mein Bruder winkte schon mit seiner farbigen Mütze aus dem Fenster. Mein Bruder hat auch versucht mir etwas von seiner Gelehrsamkeit bei zu bringen, so sollte ich Latein lernen, amo ich liebe, amamus wir lieben u.s.w. Aber die gute Mutter meinte, ich solle lieber den Strumpf fertig stricken, als Latein zu lernen. Sie hat bestimmt recht gehabt. …

Ich war dann auch hin u. wieder in den Ferien in Rendsburg, bei meinen Onkel. So auch Weihnachten im Jahr 1887. Am 4. Januar sollte ich zurück, Maria sollte mich abholen. …

Da kommt Maria herein, setzt sich zu mir u. sagt: ‚Luise, ich muß dir etwas erzählen, ich feier heute Verlobung‘. Mir fällt die Gabel zur Erde. Wie ich mich von den ersten Schreck erholt habe sagt Maria: ‚So rate doch mal mit wem ich mich verlobe?‘ Ich habe dann verschiedene junge Männer genannt die sie kannte. Aber Maria schüttelte den Kopf u. lachte. Schließlich mußte sie es sagen, es war Pastor Mirow. Wie hätte ich das auch raten können. So saß denn am Abend das glückliche Brautpaar bei uns in der besten Stube im Sofa. Ich hatte vor Staunen die Sprache verloren.

Nachdem Maria denn schon am 4. April geheiratet hat, wurde für mich auch vieles anders. Ich habe Mutter geholfen so gut ich konnte. Hiermit schließe ich meine Erinnerungen“.

Aus diesem Text wird erkennbar, dass wohl primär durch den Onkel Christian in Rendsburg der Wechsel an das Gymnasium dort ermöglicht wurde. Wahrscheinlich handelt es sich dabei auch um den im Auszug der Taufurkunde als ersten der Gevatter genannten „Christian Kock“, der so nicht nur Namensgeber für Christian wurde,52 sondern auch in die früher übliche Verantwortung eines Paten eintrat, nach dem Versterben der Eltern für die christliche Erziehung des Täuflings zu sorgen. Das heißt natürlich nicht, dass die ‚hohe Verwandtschaft‘ in Itzehoe nicht auch den Wechsel nach Rendsburg mit befördert haben könnte.

Das erwähnte Reifezeugnis des „Gymnasium zu Rendsburg“, das sich in der Personalakte findet, ist auf den 18.2.1895 datiert.

3.3 Studium und Vikariat

Die rohe Mitteilung darüber, dass Boeck „Theologie studiert in Leipzig, Marburg und Kiel“53