UNAUFHALTSAM - Urs Aebersold - E-Book

UNAUFHALTSAM E-Book

Urs Aebersold

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Beschreibung

Hauptkommissar RICK HUIZMAN, seit Jahren von einem Alptraum heimgesucht, in dem er zu ertrinken droht, jagt gemeinsam mit seiner Kollegin MELANIE MELZER einem vermeintlichen Serienmörder hinterher, der scheinbar kein Motiv hat und keine Spuren hinterläßt, bis er schließlich erkennen muß, daß sie beide Teil eines dunklen Geheimnisses sind, welches das Schicksal der Menschheit nachhaltig verändern wird..

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EPUB
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Seitenzahl: 165

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Urs Aebersold

*1944 in Oberburg/CH

1963 Matur in Biel/Bienne (CH)

1964 Schauspielschule in Paris, Kurzspielfilm "S"

Studium an der Universität Bern. Weitere Kurzspielfilme:

"Promenade en Hiver", "Umleitung", "Wir sterben vor"

1967-70 Studium an der HFF München

1974 Erster Kinospielfilm DIE FABRIKANTEN

Diverse Drehbücher für "Tatort"

Ab 2016 erste Buchveröffentlichungen

VERZAUBERT / NOVEMBERSCHNEE / DAS BLOCKHAUS - Drei Erzählungen

JULIA / AM ENDE EINES TAGES / DUNKEL IST DIE NACHT - Drei Erzählungen

NUITS BLANCHES - Roman

DER BAUCH MEINER SCHWESTER / EIN PERFEKTES PAAR / DIESES JÄHE VERSTUMMEN - Drei Erzählungen

BLUT WIRD FLIESSEN - Psychothriller

TÖDLICHE ERINNERUNG - Psychothriller

DER LETZTE BUS - Psychothriller

DAZED & DAZZLED - Roman

ALBATROS - Roman

UNAUFHALTSAM - Mystery-Thriller

UNAUFHALTSAM

Mystery-Thriller

Urs Aebersold

© 2021 Urs Aebersold

Coverfoto: Pixabay

Verlag und Druck: tredition GmbH

Halenreie 42

22359 Hamburg

ISBN

 

Paperback:

978-3-347-08372-1

Hardcover:

978-3-347-08373-8

e-Book:

978-3-347-08374-5

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

UNAUFHALTSAM

Sie schrie und schrie seit Stunden, und immer noch wollten die Zwillinge nicht kommen. Man verabreichte ihr Mittel, um die Geburt künstlich einzuleiten, und schob sie in den OP. Nach äußerster Anstrengung aller Beteiligten zeigte sich schließlich der Kopf des ersten Zwillings, und plötzlich, wie von Geisterhand bewegt, schoß der ganze Körper ungehindert in einem glatten Schwung heraus.

Und dann geschah etwas, das hinterher das Leben aller Anwesenden außer der Mutter, die davon nichts mitbekam, bis in den Kern erschütterte. Von einem bläulichen Licht umgeben, schien der Säugling sauber, wie frisch gewaschen, ohne die blutigen Spuren der natürlichen Geburt und auch ohne Nabelschnur, sein Gesicht war glatt und rosig wie das eines Einjährigen, seine porzellanblauen Augen waren weit geöffnet und musterten die Umstehenden wie ein Auserwählter mit wachem, lächelndem Blick. Doch dieser Moment währte nur kurz, dann erlosch die Erscheinung, er nahm die normale Gestalt eines Neugeborenen an, lag da mit seinem zerknautschten Kopf, glitschig und blutig vom Geburtsvorgang und schrie aus Leibeskräften, seine Ansprüche als neuer Erdenbürger resolut anmeldend.

Doch schon machte sich das zweite Baby bemerkbar, stumm, leblos, mit geschlossenen Augen und beträchtlich kleiner glitt es neben seinen Bruder, an einer schrumpeligen Nabelschnur hängend, die zum Entsetzen aller auf unerklärliche Weise zu einer Schleife verknotet war.

Wie in Trance verrichteten Arzt und Schwestern ihre Arbeit, versuchten vergeblich, den Zweitgeborenen wiederzubeleben, versorgten das gesunde Kind und konnten keinen Augenblick vergessen, was sie gesehen hatten.

Von Grauen gelähmt, redeten sie nie über diese furchteinflößende, verstörende Vision, in der trügerischen Hoffnung, sie durch Schweigen in Bann halten und vergessen zu können. Doch der Arzt wurde zum Alkoholiker und verlor später seine Approbation, die eine Schwester schloß sich einer Erlösungssekte an und die zweite landete mit wahnhaften Wiedergeburtsphantasien in der Psychiatrie.

Die Mutter, die von all diesen wundersamen Begleiterscheinungen nichts erfuhr, schenkte nach einem Jahr der Trauer ihre ganz Fürsorge dem Erstgeborenen, ohne ihm je von seinem Bruder zu erzählen, um ihn nicht zu belasten, und so blieb offen, ob das Klinikpersonal einer kollektiven Wahnvorstellung zum Opfer gefallen oder Zeuge eines realen, wenn auch unerklärlichen Vorgangs geworden war.

1

Sie hatten sich schon eine Weile nicht mehr gesehen und trafen sich diesmal in seiner Wohnung. Sie zogen sich im Schlafzimmer aus, dann trat Rick hinter Natalie und umfaßte lüstern ihre runden, nackten Brüste, die genau in die Höhlungen seiner kräftigen Pranken paßten, in denen sich überraschend viel Feingefühl verbarg. Er war ein Mann Anfang vierzig, groß, massig, der ganze Körper behaart, wie von Fell bedeckt, mit dicken, schwarzen Locken, die ihm in die Stirne fielen. Er bewegte sich langsam, seine dunklen Augen ahnten Bewegungen voraus, noch bevor das Hirn des Betreffenden den Impuls dazu gab, und er konnte Angst riechen wie ein Tier. Dennoch hatte er nichts Bedrohliches an sich, sein Gesicht wirkte im entspannten Zustand wie das eines gesättigten Bären.

Vor drei Jahren, als die Leiterin der Werbeagentur, in der Natalie damals als deren Assistentin arbeitete, unter mysteriösen Umständen ums Leben kam, hatten sie sich kennengelernt. Als einer der Hauptkommissare der örtlichen Mordkommission hatte er sie routinemäßig befragt. Sie war zur mutmaßlichen Todeszeit zu Hause gewesen und hatte mehrere geschäftliche E-Mails verschickt. Ihre Chefin, eine kinderlose, herrschsüchtige Intrigantin, die mit wechselnden Liebhabern ein undurchsichtiges Leben geführt und sich viele Feinde gemacht hatte, wurde frühmorgens vom Hausmeister leblos in ihrem Porsche Macan auf dem Firmenparkplatz aufgefunden. Eine ihrer Marotten hatte darin bestanden, abends grundsätzlich als Letzte die Firma zu verlassen. Ein Anwohner, der zur Todeszeit zufällig aus dem Fenster sah, wollte einen bläulicher Schimmer in dem Auto bemerkt haben, was man dahingehend interpretierte, daß vermutlich genau in diesem Augenblick die Frau eingestiegen und die Innenbeleuchtung angegangen war. Trotz intensiver Ermittlungen blieb der Fall rätselhaft, auch eine kaum wahrnehmbare Hüftverletzung blieb ungeklärt. Als Ursache für den plötzlichen Herzstillstand einigte man sich schließlich auf die reichlich in ihrem Blut vorhandenen Aufputschmittel.

Natalie stieg zur künstlerischen Direktorin auf, und Rick schaute noch ein paarmal bei ihr vorbei, um ein paar letzte Details zu klären. Schließlich trafen sie sich auch privat, und jedesmal, wenn er ihr nahekam oder sie wie zufällig berührte, hatte sie das Gefühl, in einen Urwald einzutauchen. Nie wurde er grob oder ungeduldig, er schien mit unerschöpflicher Energie ausgestattet, die es ihm erlaubte, nur einen winzigen Teil davon zu aktivieren und sich anderen Menschen gegenüber duldsam zu zeigen. Sie konnten sich alles sagen und stimmten vollkommen in ihrer Weltsicht überein, dazu kam ihre beidseitige, unverstellte erotische Anziehungskraft.

Ihre aparte Attraktivität gepaart mit ihrem feinnervigen Wesen waren in ihrem Beruf von unschätzbarem Wert. Während ihre Verhandlungspartner, fasziniert von ihrem Anblick, vergeblich versuchten, sie abzuschätzen und sich ein Bild von ihr zu machen, konnte sie in ihnen lesen wie in einem offenen Buch, ohne von sich selbst etwas preiszugeben.

Mit ihren langen, schmalen Fingern griff sie nach Ricks Händen, die immer noch auf ihren Brüsten ruhten, und genoß das Gefühl von Wärme, die von ihnen ausging und durch sie hindurchströmte. Sie war einen Kopf kleiner als er, lockige, kupferrote Haare fielen ihr auf die Schultern. Ihr geschmeidiger, straffer Körper drückte sich eng an ihn, dann drehte sie sich langsam um, packte ihn an den Schultern, warf ihn spielerisch rücklings aufs Bett, ließ sich mit ihm fallen und blieb auf ihm liegen. Ihre alabasterfarbene Haut bildete einen scharfen Kontrast zu seinem Olivton, und wenn sie beide ausgingen, was selten geschah, zogen sie die Aufmerksamkeit auf sich. Hinter ihrem Rücken tuschelten die Leute, man hielt sie für ein Promipaar. Rick legte seine Arme um sie und hielt sie wie in einem Schraubstock umfangen.

"Es ist mir immer noch ein Rätsel, warum du ausgerechnet mit mir zusammen bist… in deiner Agentur wimmelt es doch von hübschen Bengeln…"

Natalie hob den Kopf, und der Blick ihrer Augen, die von einem samtenen Dunkelblau waren, tastete forschend über sein Gesicht, ob die Frage ernst gemeint war, doch sie entdeckte nicht den leisesten Funken Ironie.

"Diese hübschen Bengel haben Spiegel in ihren Schlafzimmern, schauen sich dabei zu, wie sie es treiben, und platzen vor Bewunderung, wie toll sie sind… oder sie sind schwul…"

Rick drückte sie fester an sich, seine Stimme wurde leiser.

"Und was ist mit Kindern?"

Natalie stützte sich auf einen Ellbogen und fuhr ihm sanft durch sein welliges Haar.

"Entweder sie kommen, oder sie kommen nicht…"

"Dann gibt es nur uns beide…"

"Zum Teufel, ja…"

Behutsam tastete seine Hand über ihren Körper, und er spürte ihre Bereitschaft.

"Ich bin froh, daß du das sagst…"

Natalie wand sich unter seinen Berührungen, ein leises Stöhnen löste sich von ihren Lippen. Seine Hand wanderte weiter.

"…und es macht dich immer noch an, wenn ich in Fahrt komme…"

"Nichts ist vergleichbar mit deiner Naturgewalt…"

Rick rollte sich auf Natalie und stützte sich mit seinen Armen ab.

"Du bist diejenige, die sie entfesselt…"

Danach schliefen sie friedlich ein wie Kinder, die ihr Lieblingsstofftier fest im Arm halten, doch nach unruhigem, von Wachzuständen unterbrochenem Schlaf hatte Rick wieder seinen Alptraum. Wie immer lag er am Boden eines engen, mit einer trüben Flüssigkeit gefüllten Behälters und versuchte verzweifelt, an die Oberfläche zu gelangen. Vor seinem Gesicht wand und drehte sich ein dünnes Seil, das glitschig war und keinen Halt bot, wenn er sich daran hoch zu ziehen versuchte. Trotzdem geriet er nicht in Panik zu ertrinken, es war mehr dieses Gefühl von Enge und Gefangenschaft, das ihn in rasende, ohnmächtige Wut versetzte und ihn nach dem Aufwachen noch lange mühsam atmen ließ.

2

Nach einer langgestreckten Kurve tauchte das Ortsschild unvermittelt im Scheinwerferlicht auf, Rick Huizman trat behutsam auf die Bremse und brachte seinen Dienstwagen auf der Einbiegung zu einem Schotterweg, der rechterhand von der Landstraße abbog, zum Stehen. Der Frühling war noch fern, die Nacht war schon fast vollständig hereingebrochen, nur ein paar helle Streifen über dem dichten Wald im Westen zeugten noch von dem Tag, der eben zuendeging.

Huizman ließ den Motor laufen und das Licht an und trat ein paar Schritte die Böschung hinunter. Der Einsatz, der ihm bevorstand, würde für Stunden seine ganze Konzentration und alle seine Kräfte beanspruchen, eine volle Blase wäre dabei nur hinderlich. Er stellte sich breitbeinig hin, öffnete den Reißverschluß seiner Hose, ließ es genußvoll strömen und ging in Gedanken noch einmal die Stationen des Falls durch, den er mit seinen Kollegen vom Sonderkommando, dem SEK und der örtlichen Polizei hoffentlich heute nacht abschließen konnte.

Seit Jahren hatte eine Autoschieberbande, die sich auf die großen SUVs der Premium-Marken spezialisiert hatte, ihr Unwesen getrieben, ohne je verwertbare Spuren zu hinterlassen, bis auf einmal gewaltsame, nächtliche Banküberfälle hinzukamen, bei denen die Täter mit gestohlenen, extra präparierten SUVs die Eingangstüren durchbrachen und sich mit Sprengstoff Zugang zu den Tresorräumen verschafften.

Experten beim LKA fanden heraus, daß es sich um Explosivmaterial aus alten russischen Heeresbeständen handelte, das vor Jahrzehnten auch nach Tschechien geliefert worden war. In enger Zusammenarbeit mit den tschechischen Behörden stieß man auf einen alten Militärhangar kurz hinter der Grenze, in dem eine legal eingetragene Firma tagsüber landwirtschaftliche Fahrzeuge reparierte, während nachts, in einem unterirdischen Bereich, der über einen Geheimzugang verfügte, die Bande offenbar die gestohlenen SUVs umlackierte und mit gefälschten Kennzeichen versah.

Gleichzeitig war Huizman mit seinem Team dem Mann auf die Schliche gekommen, welcher der Bande, die mit den Autodieben identisch war, offensichtlich Tips für die Überfälle gab, denn es waren ausschließlich die Filialen der Bank für Handel+Gewerbe, BfHG, betroffen. Mal ging es um kurzfristig überdurchschnittlich viel gelagertes Gold, mal um alte, aussortierte Banknoten, die zum Weitertransport und Austausch für die Bundesbank bestimmt waren. Bei den drei Anschlägen waren bisher gut vier Millionen Euro an Beute zusammengekommen.

Die Justiz sorgte dafür, daß die Inhaftierung des Komplizen nicht publik wurde, und Huizman und seine Leute kümmerten sich darum, daß der Kontakt zur Bande über den Kanal, den der Insider benützt hatte, nicht abbrach – denn die Soko hatte einen Plan. In der Kleinstadt unweit der Grenze, vor deren Ortsschild Huizman eben ausgetreten war, befand sich eine Niederlassung der Bank in einem zweigeschossigen, schmucklosen Bau, das ihr gehörte und früher einmal die Zentrale gewesen war. Der Schalterbetrieb war zwar schon seit längerem eingestellt worden, doch es gab noch einen Geldautomaten, in den Büros im ersten Stock wurde nach wie vor gearbeitet, und Geschäftskunden gingen ein und aus. Diese Außenstelle sollte demnächst geschlossen, das Gebäude abgerissen und ein Wohnblock errichtet werden, ein idealer Ort für eine Falle.

Über den geheimen Kanal wurde die Bande darüber informiert, daß an diese Filiale an einem bestimmten Tag Gold geliefert werde, hundert Barren zu je einem halben Kilo in einem Gesamtwert von etwa zweieinhalb Millionen Euro, das am Morgen darauf an die Dependancen weiterverteilt werden sollte. Über abgehörte Telefongespräche erfuhr die Soko, daß die Gauner den Köder geschluckt hatten, und um sie in Sicherheit zu wiegen, falls sie heimlich überprüften, ob das Edelmetall wirklich eingetroffen war, hatte man heute mittag den Transporter einer Sicherheitsfirma vorfahren und zum Schein Metallkisten in die Bank bringen lassen, die mit Aufschrift und Größe der angekündigten Lieferung entsprachen – und jetzt saßen alle wie auf Kohlen, ob die Bande heute nacht tatsächlich zuschlagen würde.

Huizman zog den Reißverschluß seiner Hose hoch, stapfte zu seinem Auto zurück und setzte sich ans Steuer. Auch wenn er heute erst zum Schluß der Aktion, sobald die Täter alle verhaftet waren, zu seinem eigentlichen Einsatz kam – die Überprüfung ihrer Identität -, war er mit allen anderen Polizeikräften für einen reibungslosen Ablauf verantwortlich und mußte jederzeit auf alle möglichen Überraschungen gefaßt sein.

Huizman schob den Ganghebel auf Drive, fuhr auf die Straße hinaus und rollte langsam an den ersten Häusern vorbei in den Ort hinein.

3

Die BfHG-Filiale befand sich im Zentrum der Ortschaft auf der Südseite eines kleinen Parks, der von einem mächtigen Brunnen mit der Statue des Stadtgründers beherrscht wurde. Der graue, unauffällige Zweckbau aus den 50er-Jahren unterschied sich kaum von den anschließenden Häuserzeilen, und von außen waren keinerlei Anzeichen sichtbar, daß schon bald ein Abriß bevorstand. Als einziger Zugang zum Ortszentrum führte vom Westen und vom Osten her die Hauptstraße zu diesem Platz, die sich südlich und nördlich jeweils als Einbahnstraßen um ihn herum wand.

Nicht weit entfernt, auf dem Parkplatz einer Spedition, von der Straße aus nicht einsehbar, hatten sich die Polizeikräfte versammelt, die sich auf ihren Einsatz vorbereiteten. Auffällig waren zwei gepanzerte Fahrzeuge vom SEK und ein Kleinbus, vollgestopft mit Abhörtechnik. Die Zufahrt wurde von der örtlichen Polizei abgeschirmt.

In einem improvisierten, nach vorne offenen Zelt saßen der Leiter des Einsatzkommandos, Armin Gruber, und Valentin Bubek von der Soko <Feuerball>, der auch Huizman angehörte, vor Monitoren, die aus unterschiedlichen Perspektiven den gesamten Bereich vor der BfHG-Bank zeigten, allerdings nur im funzligen Licht der Straßenlaternen, als Huizman die Kontrolle passierte und sich sofort zu ihnen gesellte. Nach einem Blick auf die Uhr funkelte ihn Bubek boshaft an.

"Na, Rick, wir waren wohl schwer zu finden… was sagen die Auguren?"

"Daß es sehr laut werden wird… und ein ziemlicher Schock für die Einheimischen…"

Bubek sah entschuldigend zu Gruber hinüber, dann wandte er sich wieder an seinen Mitarbeiter.

"Das hatten wir doch schon… ein einziges falsches Wort zur falschen Person, und die ganze Stadt hätte Bescheid gewußt… einschließlich unserer <Klienten>…"

Huizman zuckte die Achseln.

"Ich sage ja nur… ich möchte nur nicht erleben, daß nach dem Riesenknall plötzlich Zivilisten in der Schußlinie stehen…"

Gruber, der bisher gleichgültig zugehört hatte, hob seinen hageren Kopf mit dem eisgrauen Stoppelhaar um ein paar Zentimeter in Richtung Huizman, ohne ihn direkt anzuschauen.

"Das lassen Sie unsere Sorge sein. Bevor jemand kapiert, was los ist, sitzt die Bande fest…"

Huizman wiegte den Kopf.

"Das heißt, wir halten an unseren Plänen fest?"

Gruber sah Bubek an, der mit seinem runden Gesicht und dem altmodischen Knebelbart an einen Zirkusdirektor erinnerte. Nur wer ihn gut kannte, wußte, daß er blitzschnell begriff und nichts lieber tat, als seine Untergebenen zu demütigen.

"Haben Sie es immer noch nicht kapiert? Wir müssen sie auf frischer Tat ertappen, sonst ist der ganze Aufwand umsonst…"

Gruber nestelte an seinem Headset.

"Wir können froh sein, wenn sie den Köder geschluckt haben und nicht plötzlich mißtrauisch werden… nicht auszudenken, wenn sie einfach zu Hause bleiben…"

Bubek setzte sein fatalistisches Lächeln auf und sah Huizman verächtlich an.

"Unsere Strategie ist perfekt… wir dürfen nur den richtigen Zeitpunkt für den Zugriff nicht verpassen…"

Huizman nickte.

"Dafür haben wir ja den richtigen Partner…"

Bubek und Gruber sahen sich an, doch beide verzichteten auf eine Erwiderung. Huizman warf einen raschen Blick auf das geschäftige Treiben auf dem Parkplatz.

"Sind sie schon unterwegs?"

Bubek rückte sein Headset zurecht.

"Sie treffen offenbar Vorbereitungen…"

Er deutete mit dem Kopf auf den Kleinbus, aus dem Antennen und eine Satellitenschüssel ragten.

"Fragen Sie die Kollegen…"

Mit dem rechten Zeigefinger deutete Huizman einen Gruß an und ging weiter zum Van, dessen seitliche Schiebetür offenstand. Der Fahrer kaute in aller Ruhe an einem Sandwich, während zwei Techniker mit aufgesetzten Kopfhörern konzentriert an Knöpfen drehten. Der jüngere machte kurz ein Ohr frei.

"Hey, Rick, gut, daß du da bist…"

"Sind sie schon losgefahren?"

Der Techniker machte Huizman ein Zeichen, ruhig zu sein, setzte sich den Kopfhörer wieder ganz auf und lauschte angestrengt. Dann entspannte sich seine Miene.

"Sie haben gerade die Motoren gestartet, es müssen drei Fahrzeuge sein…"

Huizman drehte sich um, winkte zum Zelt hinüber und hob den Daumen. Bubek und Gruber nickten gleichgültig, als ob ihnen die Ungewißheit nicht die ganze Zeit auf den Nägeln gebrannt hätte. Huizman wandte sich wieder an den Techniker.

"Wie lange brauchen sie?"

"Falls sie sich an die Geschwindigkeitsbeschränkungen halten…"

"…das tun sie, sie wollen ja nicht auffallen…"

"…dann etwa eine Stunde…"

"Sie werden nicht gleich zuschlagen… nicht vor morgens um zwei… das wird noch eine verdammt lange Warterei…"

Huizman stieg in den Bus und setzte sich auf einen freien Platz.

"Wenn ihr mal eine Pause braucht… ich löse euch ab… ich kenne ja die Herrschaften…"

4

Wie sprungbereite Tiere standen die drei riesigen, schwarzen SUVs – ein Audi, ein Mercedes und ein Volvo – nebeneinander auf der Waldlichtung. Scheinwerfer und Motoren waren aus, die Türen geöffnet, in allen drei Fahrzeugen brannte die Innenbeleuchtung. Vier Männer standen um die Autos herum, zwei saßen jeder für sich unter der Heckklappe auf der Ladefläche eines der SUVs. Alle trugen schwarze, einteilige Monteuranzüge aus glänzendem Kunststoff, ihre Füße steckten in derben Stiefeln und ihre Hände in schwarzen Gummihandschuhen. Keiner sprach ein Wort, sie tranken heißen Tee, rauchten oder schoben sich den letzten Bissen eines Sandwiches in den Mund. Auf ein Zeichen von einem der Männer stiegen sie je zu zweit in die Geländewagen, die Innenbeleuchtung erlosch, die Motoren wurden angelassen, die Abblendlichter eingeschaltet, dann glitten sie lautlos hintereinander auf die Straße zurück, die durch dichten Wald führte. Die Front des Volvo, der in der Mitte fuhr, war mit einem unauffälligen, schwarz lackierten Gitter aus Stahl verstärkt, das sich nach vorne hin zu einem leichten V zuspitzte.

Huizman stieß den jungen Techniker an, den er abgelöst hatte und der sich draußen die Beine vertrat.

"Sie kommen…"

Der Techniker riß ihm die Kopfhörer aus der Hand, und Huizman eilte zum Zelt hinüber.

"Es geht los…"

Gruber sah Huizman scharf an.

"Sind sie schon an unserem Posten vorbei?"

"Nein, aber das kann jederzeit der Fall sein…"

Bubek sprach zu Huizman, ohne die Monitore aus dem Blick zu lassen.

"Sagen Sie den Technikern, sie sollen den Ton auf Kanal 3 freischalten… wir wollen die Bande hören…"

Kurz vor dem Ortseingang, am anderen Ende der Stadt, beobachtete der Polizeiposten, wie sich die drei riesigen SUVs langsam näherten, peinlich darauf bedacht, die vorgeschriebene Geschwindigkeit einzuhalten, und mit einem Abstand, der sie nicht als Kolonne verdächtig machte. Leise sprach er in sein Mikro.

"Das Schaf ist im Gatter…"

Zuerst bog der Mercedes auf den menschenleeren Platz ein, dann folgte der Volvo und zuletzt der Audi. Da sie von Osten kamen, mußten sie erst den Platz umrunden, um vor die Bank zu gelangen, und das taten sie in majestätischer Ruhe. Vor der Bank beschrieb der Mercedes eine halbe Drehung und setzte zurück, bevor er zum Stillstand kam, sodaß sein Heck nach Osten gerichtet war, der Volvo stellte sich mit seiner Front vor der Tür auf, und der Audi blieb in einigem Abstand so stehen, daß sein Heck nach Westen sah.

Gruber und Bubek starrten gebannt auf die Monitore, Gruber beugte sich vor und sprach in sein Mikro.

"P1 und P2… auf Sichtweite vorrücken… Gefechtsbereitschaft…"

Die beiden gepanzerten Fahrzeuge preschten auf die Hauptstraße hinaus und näherten sich rasch von Westen und Osten her dem Park, an dem sich die Bank befand. Hinter ihnen riegelte die örtliche Polizei sofort sämtliche Zugänge ab.